Des Tigers neuer Freund von Mayari ================================================================================ Ich bin wütend. Aber vor allem bin ich enttäuscht. Diese... diese Menschen haben mich verraten, mich hintergangen und mich benutzt. Und ich war so dumm gewesen sie als meine Freunde zu betrachten. Das waren sie wohl nie gewesen. Beim Gehen binde ich mir meine Schwerter um die Hüfte. Ich muss mir eine Höhle suchen, in der ich meine Sachen lassen kann, wenn ich ein Tiger werde. Doch meine Füße bringen mich ans Meer. Im Mond glitzernd erstreckt es sich bis an den Horizont. Nur langsam beruhige ich mich. Gegen einen Baum gelehnt sitze ich einfach nur da und starre auf das Meer hinaus. Ich habe Zeit. Niemanden mehr wegen dem ich mich beeilen muss. Keinen mehr, der auf mich wartet. Nur langsam beruhige ich mich. Das Meer rauscht leise und klingt wie Musik in meinen Ohren. Das Zirpen der Grillen vermischt sich mit dem Meeresrauschen. Es ist eine seltsame Mischung, doch sie klingt gut. Beruhigend wirkt sie auf mich und ich genieße es. Ab und an mischt sich ein Rascheln im Gras in die Musik und haucht ihr etwas geheimnisvolles und mysteriöses ein. Ich sitze ewig so da und lausche. Ich erhebe mich mit einem Seufzer, als die Nacht nicht mehr ganz so dunkel ist und sich der neue Tag ankündigt. Ich streife durch das hohe Gras, stolpere über steinige Wege und schlängle mich zwischen riesigen Bäumen hindurch, auf der Suche nach einem geeigneten Versteck. Ich finde eine kleine Höhle an einer Felswand weit entfernt der Stadtmauer. Sie ist weit oben zwischen den Felsen und kaum sichtbar. Ich klettere hinaus. Sie ist leer. Natürlich. Warum sollte sich ein Tier auch hier hoch mühen? Die ersten Sonnenstrahlen werfen ihren schönen Glanz über das freie Land. Schnell lege ich meine Schwerter ab und wappne mich. Wieder beginnen meine Glieder zu schmerzen und ich habe das Gefühl, als würde alles in mir zerquetscht werden. Mit zitternden Muskeln stehe ich da. Langsam verändern sich meine Hände. Meine Finger werden kürzer und nehmen die Gestalt der Zehen einer Tatze an. Langsam beginnt Fell aus meiner sich verdunkelnden Haut zu sprießen. Als ich an mir runter sehe, sehe ich, dass das gleiche mit meinen Beinen passiert. Unfähig mich in dieser Position zu halten senke ich meinen Körper nach vorn und setzte meine voll verwandelten Tatzen auf dem kalten Fels ab. Diese schmerzvolle Verwandlung zieht sich über meinen Körper hinweg fort, bis nur noch mein Kopf menschlich ist. Doch auch dieser bleibt nicht verschont. Schmerzvoll zieht es an meinem Kiefer. Meine Nase wird breiter und länger. Mit kurzem feinen Fell bedeckt nimmt sie die Form einer Schnauze an. Meine Augen brennen wie Feuer und als ich sie wieder öffne ist mein Blick schärfer. In meiner vollendeten Verwandlung trete ich aus der Höhle heraus und blicke über das von der Sonne erhellte Land. Die Stadtgrenze liegt in weiter Ferne, das selbst mit Tigeraugen kaum zu erkennen ist. Die Verwandlung hat ewig gedauert. Und obwohl ich meine mich langsam an diese Prozedur gewohnt zu haben, ist das Ganze nicht weniger schmerzvoll. Eine ganze Weile bleibe ich einfach so stehen und präge mir die Umgebung ein. Ich bin nicht wirklich gut darin mir Wege zu merken und verlaufe mich leicht, daher bin ich jetzt sehr aufmerksam und konzentriert. Hunger nagt an mir und ich steige von den Felsen runter. Den Baum, der in der Nähe des hohen Grases steht markiere ich durch meine Krallen in dem ich mich mit den Vorderpfoten an den Baum stelle und mit ausgefahrenen Krallen tiefe Striemen in dem Baum reiße. Langsam mache ich mich auf Futtersuche. Auf Kaninchen habe ich keine Lust und zudem viel zu klein um nur von einem satt zu werden. Vögel fallen auch aus meiner Liste, denn die sind schwierig zu fangen und noch weniger sättigend. Grillen sind gar nicht erst auf meiner Liste, denn Ungeziefer esse ich nicht! Ziellos streife ich umher auf der Suche nach Fleisch bis mir ein Tier über den Weg läuft das einem Wildschwein ähnelt. Ich folge diesem Tier eine Weile unauffällig und unentdeckt um mich zu versichern, dass es zum Einen ungefährlich ist und zum Anderen nicht von einem noch viel größeren Tier beschützt wird. Im hohen Gras versteckt warte ich auf den richtigen Moment um meine Beute zu fangen. Mein Körper ist in Spannung und ganz dicht über dem Boden. Jede Faser ist so angespannt, dass ich jeden Moment wie ein Pfeil los sprinten oder auch mich im Sprung auf meine Beute werfen kann. Und dann ist der richtige Moment gekommen. Die Beute hat sich sehr nah bei mir von mir abgewendet und grast ruhig von dem saftigen Gras zu seinen Hufen. Blitzschnell springe ich auf meine Beute und grabe meine Zähne und Krallen in das Tier, das erschrocken aufquiekt. Ich arbeite mir mühsam meinen Weg zu dessen Kehle und beiße meinem Opfer die Hauptschlagader durch. Die Augen des Tieres verdrehen sich und langsam werden die Versuch mich abzuschütteln weniger und vor allem schwächer bis sie ganz aufhören und das Tier zu Boden sinkt. Langsam löse ich meine Zähne von der Kehle meiner Beute und lasse mich von ihr runter auf den Boden gleiten. Die Jagd liegt mir im Blut, das spüre ich und trotzdem bin ich etwas erschrocken über mich selbst, dass ich mit solcher Präzision, mit solcher Hingabe meine Beute erlegt habe. Doch weiter reichen meine Gedanken nicht, denn mein Hunger schaltet meinen Kopf aus und meine Instinkte an. Kraftvoll schlage ich meine Reißzähne in das frische und weiche Fleisch und reiße große Stücke heraus die ich genüsslich verschlinge. Blutverschmiert stehe ich vor dem Knochengerüst des Tieres. Ich bin satt, fast schon überfressen. Ich habe kein bisschen Fleisch an den Knochen gelassen, nur den Kopf des Tieres habe ich unberührt gelassen. Genüsslich lecke ich mir meine Pfoten sauber auf mein Maul lecke ich sauber und wende mich dann von meinem Essen ab. Gemächlich wandere ich zum Meer um mich in den Schatten der Bäume vor der Mittagssonne zu verstecken und mich faul auf der Erde zu rekeln. Als ich endlich einen schönen Platz finde, lasse ich mich unter diesem alten knorrigen Baum fallen. Das Gras unter mir duftet und das Meer singt noch immer das gleiche Lied. Vollkommen ruhig liege ich da und halte meine Augen geschlossen, dem Meer lauschend. Nur mein Schwanz peitscht unruhig auf und ab um die Fliegen abzuhalten, die sich aber davon nicht abhalten lassen sich auf mir nieder zu lassen. Diese dreisten Biester! Mit zuckenden Ohren setzte ich mich auf. Da kommt etwas auf mich zu. Mit einem Satz bin ich in dem Baum, der zum Glück seine Krone tief über der Erde hängen hat. Ohne eine Regung sitze ich in meinem Baum und warte gespannt. Ich schnuppere in der Luft, doch ich rieche keine Bedrohung. Gleichzeitig frage ich mich, wie wohl Bedrohung riechen würde. Vielleicht nach Schweiß und Blut? Ich weiß es nicht. Doch ich weiß, dass ich es wissen werde, wenn ich es rieche! Noch immer liege ich angespannt gegen den Ast gedrückt da, in einem einzigen Augenblick bereit zu fliehen oder mich auf einen möglichen Angreifer zu stürzen. Und plötzlich taucht ein Tiger aus dem hohen Gras auf. Er scheint mich zu wittern, denn er hält direkt auf meinen Baum zu. Noch verharre ich auf meinem Ast, denn noch besteht die Möglichkeit, dass ich unbemerkt bleibe. Der Tiger legt sich direkt unter mir auf das Gras. Genau auf die Stelle an der ich zuvor gelegen hatte. Unruhig peitscht mein Schwanz hin und her. Diesmal nicht wegen der Fliegen. Irgendetwas stimmt hier nicht! Er müsste mich doch wittern. Ich atme tief durch und steige langsam aus meinem Baum hervor. Der fremde Tiger sieht mich an und richtet sich auf. Er ist vollkommen entspannt und ruhig. Und diese Ruhe überträgt sich irgendwie auf mich. Ich trete an ihn heran und wir beschnuppern uns ausgiebig. Er schnaubt freundlich, was ich mit einem freundlichen Schnauben meinerseits kommentiere. Gemeinsam legen wir uns unter meinen Baum in den Schatten und lauschen dem Lied des Meeres. Nach einer Weile setzte ich mich erneut mit zuckenden Ohren auf. Doch mein neuer Freund bleibt vollkommen ruhig liegen. Ein Tigerbaby kommt aus dem Gras gesprungen dicht gefolgt von seiner Mutter und 3 weiteren Tigerweibchen. Es ist ein Rudel. Und das Männchen hat mich überprüft. Das ist mir jetzt klar. Ein wenig wundere ich mich darüber, dass das Männchen so einfach ein zweites Männchen neben sich akzeptiert. Ausgiebig beschnuppern wir uns gegenseitig und ich werde in das Rudel aufgenommen. Eine Weile spiele ich mit dem Kleinen bis es erschöpft ist und sich ins weiche Gras plumpsen lässt. Auch ich lege mich wieder ins Gras und schließe träge die Augen. Meine neue Familie. Der Gedanke gefällt mir. Ohne sie wäre mein neues Leben wohl ziemlich einsam und langweilig geworden. Wir liegen ewig hier und ich öffne meine Augen erst wieder, als es kühler wird. Erschrocken stelle ich fest, dass die Sonne bereits unter geht, als mein Blick zum Meer wandert. Der Himmel ist in einem wunderschönen rot-orange. Ich springe auf, denn mir ist klar, dass ich hier weg muss. Denn meine Tigerfamilie würde wohl kaum akzeptieren, dass ich ein Mensch bin. Mit einem Blick zu ihnen bemerke ich, dass sie verschwunden sind. Etwas irritiert will ich im hohen Gras verschwinden, doch ich werde von einem der Tigerweibchen abgehalten. Ich schlage einen anderen Weg ein, doch auch hier versperrt man mir den Weg. Ich bin umzingelt. Unruhig stehe ich zwischen ihnen. Was mache ich jetzt? Sie werden mich angreifen, wenn ich mich verwandle. Doch dann geschieht etwas womit ich nicht gerechnet habe. Die Gestalt der Tiger um mich herum verändert sich. Ihre Glieder werden länger. Das Fell verschwindet. Ihre Körper nehmen die Form von Menschen an. Auch das Tigerbaby ist zum Menschen geworden. Und mit dem letzten Licht der Sonne verwandle auch ich mich in einen Menschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)