The doctor, the cob and the pathologist von abgemeldet (Wenn Leben und Tod aufeinander treffen.) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das Rascheln von Stoff war das einzige Geräusch, das man in den gefliesten Gängen hören konnte. Darauf folgten schnelle Schritte und eine Stimme, die leise seufzte. Eine Frau mit hüftlangen, weißem Haar und gelblichen Augen flog durch die Kellergänge des Krankenhauses, hinab zu ihrem Arbeitsplatz: der Pathologie. An ihrem Kittel baumelte ein kleines Namensschildchen, was, wie sie fand, total überflüssig war, da Tote nicht lesen konnten. Darauf stand: „Pathologin Dr. Shiro Tenshi“. Ein schöner Name, worauf die Frau auch sehr stolz war. Noch eine Ecke und sie kam auf den Gang, welcher ihr Ziel war. Sie fummelte ein Schlüsselbund aus der Hosentasche und schloss direkt mit dem richtigen Schlüssel die Doppeltür auf, knipste das Licht an und schnippte den Schlüsselbund auf ihren Platz. Sie arbeitete hier unten mir ihren Assistenten Tobi und Mizumi zusammen, die aber erst gegen sieben hier aufkreuzen würden. Shiro beschloss, einfach mal zur Rezeption zu gehen und dort mit Hana zu quatschen. Also drehte sie auf den Hacken um und lief durch die Flügeltür aus undurchsichtigem Glas, dessen Aufschrift „Pathologie“ lautete. Am Aufzug drückte sie auf den Pfeil nach oben, der gleich blau aufleutete. Als der Aufzug endlich ankam und sich öffnete huschte die zierliche Frau in den kleinen Raum und drückte auf „E“. Die Tür schloss sich und der Aufzug setzte sich mit einem sachten Ruck in Bewegung. Im Erdgeschoss angekommen holte sie sich erst einmal einen Kaffee, den sie mit reichlich Zucker versüßte und schlückchenweise trank. Auf den Weg zu Hana kamen ihr schon die ersten bekannten Gesichter in Kitteln oder verschiedenfarbigen Kluften entgegen, die sie alle mit einem „Morgen“ begrüßte. Auch ein paar Besucher und Kranke kamen ihr entgegen, doch sie ignorierte diese Leute so gut es eben ging. Nur einmal krachte sie in einen Mann, der sie argwöhnisch musterte. Sie lief geschwind durch die Gänge. »Gott sei Dank habe ich nicht meine Pumps angezogen«, dachte sie sich, kurz auf ihre schwarzen Chucks lächelnd. Sie kam auch an vielen Fenstern vorbei, wo die ersten Sonnenstrahlen auf das Krankenhaus herabschienen. Es war kurz nach sechs. Endlich kam Shiro bei der kleinen Empfangstheke an, wo sich schon so manch' ein Anderer tummelte. Ihre Augen fanden den braunen Lockenschopf von Hana, die Heute lachsfarbene Krankenschwesterklamotten trug. Sie redete gerade mit einem älteren Herren. Wartend lehnte sich Shiro an die Säule neben der Theke und schlürfte ihren Kaffee. Es war, wie jeder Morgen eben war, irgendwie eintönig. Hoffentlich änderte sich das, denn Langeweile konnte die gelernte Gerichtsmedizinerin nicht vertragen. Das Pony fiel ihr leicht ins Gesicht und zwei Strähnen lagen ruhig auf dem weißen, geöffneten Kittel, der Rest fand sich hoch oben am Kopf in einer schwarzen Schleife wieder. »Guten Morgen Shiro!«, erklang die warme und freundliche Stimme von Hana. Mit einem Lächeln im Gesicht stellte sich die Medizinerin auf und schlenderte die paar Schritte zu ihrer Freundin vor. »Morgen Hana«, lächelte sie, immer wenn sie lächelte, wurden ihre Augen zu Schlitzen, wo das gelbgold hinausstrahlte. »Was machst du denn hier oben? Aber ehrlich: Wie hältst du es da unten ohne Tageslicht eigentlich aus?«, fragte die Brünette ihre Freundin aus Schulzeiten. »Man gewöhnt sich dran. Gibt es etwas Neues, was ich wissen müsste?« »Oh, ja! Wir haben – endlich! - einen neuen Chirurgen bekommen! Gott, der ist zum niederknien', sagt zumindest Shika! Sie macht heute Visite mit ihm und als sie vorhins schnell vorbeigeschneit ist war sie ganz außer sich«, erzählte Hana den neuesten Klatsch. Shiro verdrehte nur leicht die Augen. Ihre Cousine Shika, die als Krankenschwester hier arbeitete, neigte oft zum übertreiben. Außerdem war Shiro noch nie ein Freund von Klatsch und Tratsch gewesen, ebenso wenig, Männern hinterher zu träumen. Aus dem Alter war sie heraus, mit 23 kümmerte man sich um seinen Job und nicht um anderes Zeug. Hana war 25 und damit älter als sie, aber da sie mit 5 eingeschult und eine Klasse übersprungen hatte, war das verständlich. Ihre Cousine war „schon“ 26 und damit die Älteste von ihnen, was die Drei aber nicht sehr störte. ~Ihre Sicht~ »Neue Tote?«, fragte ich nun aus der Kalten heraus. Über meinen Emotionswandel wurden die Anderen wohl nie schlau, zumindest machte Hana ein verwundertes Gesicht und zeigte erst ganze drei Sekunden später eine Reaktion und übergab mir die Totenakten, die ich, an der Rezeption lehnend, schnell überflog. Und da geschah es. In meinem Dusel stand ich nur auf einem Bein da, beachtete aber nicht, das ein etwas gestresster Mann um die Ecke kam und voll in mich reinrauschte, so fiel ich natürlich zu Boden. Wäre zu Boden geflogen, wenn der Roudy mich nicht aufgefangen hätte. »Immer schön langsam mit den jungen Pferden«, ließ ich schon den Spruch ab, den ich immer an die Praktikanten und andere abgab, wenn sie mich anrempelten oder ihnen sonstige Ungeschicklichkeiten passierten. Aber in dem Falle passte es überhaupt nicht. »Wohl eher Hengst«, lachte eine dunkle Stimme neckend und zog mich nach oben. Ich sah in ein etwas gebräuntes Gesicht mit schwarzem Haar und grauen Augen, die belustigt funkelten. »Sorry«, brachte ich nur raus, starrte ihn aber weiter an. Das Gesicht konnte ich nicht zuordnen. Erst als Shika hinter den breiten Schultern auftauchte, zählte ich eins und eins zusammen. Man sah förmlich die Glühbirne über meinem weißem Haupt, als ich ausprach: »Willkommen im Kenkō-hosupitaru Krankenhaus, Dr. Trafalgar.« Er grinste auf mich herab und schüttelte meine Hand. »Vielen Dank. Und wie ich sehe, haben Sie den Weg zur Kaffeemaschine schon gefunden, könnten Sie mir vielleicht sagen, wo ich diese finden kann? Meine Nerven liegen schon so früh blank!«, meinte er. Ungewollt musste ich mitgrinsen. Stimmt, auf der Theke stand noch mein halbvoller Kaffeebecher. »Shika kann den Ihnen doch sicherlich zeigen«, meinte ich dann kleinlaut. Als würde ihm jetzt erst wieder einfallen, dass die Krankenschwester in hellblau hinter ihm stand, drehte er sich um. »Ach, Sie sind ja auch noch da...«, murmelte er dann etwas geistesabwärtig. Hana, die das Spektakel kichernd von ihrem Dresen aus beobachtet hatte und aufgefallen war, das Shika doch nicht so begeistert von dem Neuen zu sein schien, sah es nun als ihre Aufgabe an, sie durch mich auszutauschen. »Krankenschwester Shika hat jetzt Besuch in der Kinderstation und bei Dr. Tenshi kommt erst ab 9Uhr die Verstärkung und eher fängt sie eh nie an also von daher ... «, lachte sie fröhlich und schob Shika sachte zum Lift, nachdem sie hinter der Rezeption hervor kam. »Na wenn das so ist«, grinste Dr. Trafalgar erneut, oh Gott, das Lächeln ist schöner als das der Promis. Er nahm sich die Akten, die er in der Zwischenzeit von einer anderen Krankenschwester zugeschoben bekommen hatte und sah mich erwartungsvoll an. Ich schaltete, nahm meinen Kaffee, die Akten in die andere Hand an meine Brust gedrückt und ging los. Nach kurzer Zeit liefen wir nebeneinander her und redeten ein bisschen. »Und Sie sind auch Ärztin?«, fing er mit Smalltalk an. »Nein, ich leite die Pathologie«, gab ich stolz von mir und reckte das Kinn etwas in die Höhe. Der Doktor sah mich etwas von der Seite an. »Sie sehen aber schon jünger aus als die anderen Ärzte und Schwestern hier ... «, murmelte er nachdenklich. »Passiert.«, gab ich knapp von mir. Wir schwiegen eine Weile. »Na, schon etwas eingelebt in die Klinik?«, fragte ich ihn dann, als wir erneut um eine Ecke bogen. »Ich lebe mich nicht an meinem Arbeitsplatz ein«, kam es unerwartet kühl von Herrn Trafalgar. Ich merkte, dass ich die Grenzen überschritten hatte. »Tut mir Leid, manchmal bin ich auch zu neugierig...«, entschuldigte ich mich. Oh super, keine drei Minuten alleine mit einem neuen Tier im Rudel und schon verkackt... »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, lächelte der Mann neben mir. Schweigend blieb ich bei der Kaffeemaschine stehen und wartete grundlos, bis er fertig war. Er drehte sich zu mir um und meinte dann ungewohnt freundlich: »Ich bin Law«, und hielt mir die Hand erneut hin. Etwas perplex starrte ich den doch schon recht großen Mann an, bis ich Reaktion zeigte. »Shiro«, lächelte ich und schüttelte fest und entschlossen seine Hand. Ein kurzer Blick auf die Uhr ließ mich wie vom Blitz getroffen zusammen fahren. »Oh, ich muss mal runter, Pflicht ruft. Viel Spaß hier oben, wenn was ist, ganz runter, Gang hinter, links Gang entlang und dann durch die große Tür«, lachte ich und machte mich vom Acker. Kapitel 2: Der Heini von der Kripo ---------------------------------- Als ich endlich unten angekommen war und den Gang entlanglief, kamen mir schon die Stimmen meiner Mitarbeiter entgegen. Als ich hineinkam und ein enthusiastisches „Morgen“ in die Runde brüllte, verteilte ich schon die Akten der Toten, die in der Kammer hinten lagerten und noch untersucht werden müssen. Wir wuschen uns gründlich die Hände, danach zogen wir die Handschuhe über und schrubbten uns noch einmal die Finger. Anschießend schloss ich die Kammer auf und wir holten uns die Toten, verfrachteten sie auf die Liegen und schoben sie in den gegenüberliegenden Raum, wo mehrere OP-Tische standen, um sie zu untersuchen. Meine Finger kitzelten schon, als ich den Toten untersuchte. Er kam von der Mordkommission, während die anderen im Krankenhaus >verunglückt< waren. Ich schaute noch kurz prüfend über den Mann Mitte 30, seine kurzen schwarzen Haare standen in alle Richtungen ab. Schon alleine bei dem Anblick seines Oberkörpers wusste ich, dass er erschossen wurde. Zehn Einschüsse zählte ich, da war einer aber ganz schön sauer. »Leute, wer war bei dem hier am Tatort?«, fragte ich meine Kollegen. Mizumi antwortete nach kurzer Denkpause: »Wir nicht … vielleicht der Gerichtsmediziner der Staatsanwaltschaft?« Ich knurrte. »Der soll sich nicht in meine Arbeit einmischen … « Ich zückte mein Skalpell und schnitt den Körper sauber auf, dann machte ich mich daran, die Kugeln zu suchen. Doch ich fand nach der Dritten etwas, das meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog: In die Patronen waren Zeichen geritzt. »Leuts, kommt mal her und schaut euch das an«, meinte ich und starrte weiter auf die Buchstaben. Ich nahm eine kleine Greifzange, holte die anderen vorsichtig heraus und legte sie auf ein Tablett. Danach hielt ich sie ins Licht, um die Buchstaben besser erkennen zu können Die Anderen schauten mir über den Rücken. »Was zum Teufel...«, murmelte Tobi. »Das Wort, das sie suchen lautet „Todesengel“, meine Damen und Herren«, kam eine Stimme aus Richtung der Tür und wir fuhren herum. Da lehnte ein Mann. Ein Mann, mit Muskeln ohne Ende, dunkel umrahmte Augen und feuerroten Haaren, die wild abstanden. »Aha und woher bitte wollen SIE das wissen?«, zickte ich und kam, wohl wissend, dass meine Handschuhe blutig waren, auf den Mann zu. Er grinste nur schräg und zuckte mit den Schultern. »Wir werden in Zukunft zusammenarbeiten«, lächelte der, ich kann es nicht anders sagen, Vollidiot, »Mein Name ist Hauptkommisar Kid Eustass.« »Erfreut, Dr. Tenshi«, meinte ich extrem kühl und ging wieder zurück zum Toten. Er sollte ruhig merken, dass ich ihn nicht mochte. Endlich Feierabend. Erschöpft schlurfte ich aus dem Krankenhaus heraus, endlich war ich den Trottel mit dem roten Haaren los. Ich straffte die Schulter, als ich Schritte vernahm und setzte ein paar Gänge zu, geradewegs zur anliegenden Tiefgarage, indem mein Aston Martin schon brav wartete. Obwohl ich schon im Schnellschritt zu meinem Auto ging, holte mich ein großer Schatten ein. Ein Blick und ich erkannte Dr. Trafalgar. »Na, wie war der Erste Tag bei uns?«, meinte ich etwas trocken. »Bisschen hektisch, ganz schön groß alles... Ich habe gehört, Eustass und du versteht euch blendend?«, kam es neckend von Law. »Oh Gott, bleib mir mit dem vom Leib!«, stieß ich unachtsam aus. Schnell schlug ich mir die Hand vor den Mund. Law lachte los. Nach einer Zeit musste ich ebenfalls grinsen. Wir gingen die ganze Zeit nebeneinander, da sein Auto, wie es der Zufall wollte, direkt neben meinem stand. Doch als wir bei den Autos ankamen, musste ich laut fluchen. Fragend sah mich der Chirurg an. Ich grummelte: »Hab die Schlüssel im Labor vergessen, die Privatschlüssel nehme ich immer Einzeln und habe sie da liegen lassen... ich geh; sie holen...«, und machte auf dem Absatz kehrt. »Hol sie doch einfach Morgen«, kam es von Law. »Und wie soll ich nach Hause? Laufen???«, kam es leicht sarkastisch von mir. »Ich hätte dich ja mitgenommen, aber wenn dir laufen lieber ist«, grinste Law, der schon die Autotür seines schwarzen Sportwagens geöffnet hatte. Etwas entrüstet starrte ich ihn an und entschied mich doch zurück zum Krankenhaus zu gehen, so schnell ging ich jetzt nicht auf ihn ein. »Nein danke, Doktor, ich fahre lieber selbst als gefahren zu werden.« »Na dann, Gute Nacht Shiro!«, rief er, Belustigung schwappte in seiner Stimme. Ich hob kurz die Hand und lief erhobenen Hauptes zurück zum Eingang, an der Rezeption vorbei, runter in Keller und um die Ecke, durch die Flügeltüre und dann ins Labor. Dort krallte ich mir meinen Schlüssel und wollte hinaus, als ich feststellte, dass Eustass gerade aus der anderen Türe kam und zuschloss. Den ganzen Tag verbrachte der schon hier, statt in seinem Büro zu sitzen. Als ich mit einem lauten WUSCH! die Türe zuschmiss, zuckte er kurz zusammen und drehte sich zu mir herum. Ich musste ungewollt dunkel grinsen. Sarkastisch gab ich von mir: »Keine Angst, nur weil hier unten Leichen liegen, dessen Mörder noch gefasst werden müssen und wir uns unter der Erde – also wie in einem Grab – befinden, heißt es nicht, dass es hier spuckt!« Eustass sah mich leicht entblößt an, ehe er herablassend zurückschnarrte: »Wer weiss das schon bei Ihnen.« Ich setzte nur einen dunklen Blick auf und lief wieder zum Aufzug, den ich so schnell wie möglich betrat und absichtlich mehrmals auf „E“ drückte, um den Vorgang zu beschleunigen. Die Türen schlossen sich in der Sekunde, in der mein neuer Kollege um die Ecke gebogen kam, mein Winken hatte er jedoch noch gesehen. Kapitel 3: Unbekannte Situation ------------------------------- Leise klackte das Schloss meiner Wohnungstür und ich trat ein. Den klimpernden Schlüssel schmiss ich achtlos auf die Komode, die Schuhe zog ich ohne sie aufzumachen aus und ließ sie im Flur liegen. Den Arztkittel hängte ich fürsorglich auf einen Bügel aus meiner Garderobe. In dem Moment streifte mich auch schon etwas Weiches an meinen Beinen und ich grinste. Ich drehte mich um und bückte mich zu meiner Katze hinunter. »Na, Neko«, begrüßte ich das getigerte Tier und strich ihr über den Kopf, den sie mit entgegendrückte. Maunzend lief sie mir hinterher als ich in die Küche ging, das Licht anschaltete und ihr Futter zubereitete. Glücklich fraß sie los. Ich machte mir noch einen Tee und ließ mich auf einen der beiden Stühle des kleinen Tisches fallen. Langsam schlürfte ich die dampfende Flüssigkeit in mich hinein. Wohlige Wärme breitete sich in meinem Körper aus und ließ mich schmunzeln. Ich saß noch lange dort und sah mich einfach um, oder las die Inhaltsliste von den verschiedenen Marmeladen vom Frühstück durch, danach goss ich noch einmal die Blumen in der ganzen Wohnung. Das nahm ziemlich Zeit in Anspruch, da ich ein echter Naturfreak war. Letzten Endes fand ich mich in Mitte meines Wohnzimmers wieder. Streng sah ich noch einmal über die Möbel, ehe mein Blick sich auf die Uhr richtete und ich erstaunt feststellte, dass es schon halb zwölf war. Ich stellte die Gießkanne in der Küche ab und schlurfte gähnend in mein Schlafzimmer. Grinsend sah ich zu Neko, die sich schon auf meinem Bett zusammengerollt hatte und den Schlaf der Gerechten schlief. Ich zog mir eine Boxershorts und ein schlabbriges T-Shirt an, machte noch einen kurzen Ausflug ins Badezimmer und schmiss mich dann in mein ungeheuer bequemes Bett, knipste die Nachttischlampe aus und schlummerte sofort ein. Ein dröhnendes Geräusch ließ mich zusammenfahren und sogleich fiel ich aus dem Bett. Jemand klingelte Sturm. Ich tastete nach der kleinen Lampe neben dem Bett und sah, als ich endlich Licht hatte, auf den Wecker. Halb drei in der Nacht. Mit wachsender Wut sprang ich auf und lief Richtung Wohnungstür. »Sach mal – habt ihr sie noch alle?! SCHAUT MAL AUF DIE UHR!«, rief ich schon, obwohl ich erst durch die Tür des Schlafzimmers kam. Im Vorbeigehen knipste ich das Licht an und war schon fast bei der Tür, doch ich stolperte und während des Fallens sah ich aus den Augenwinkel meine schwarzen Chucks, die verräterisch zu grinsen schienen. Polternd knallte ich auf den Teppichboden des Flurs und fluchte lautstark. Als eine weitere Sturmklingelorgie ertönte, rappelte ich mich auf und öffnete mit Schwung die Tür. »HABT IHR DIE FALSCHE ZEITZONE ERWISCHT?!«, schimpfte ich schon los, ehe ich die Augen aufmachte und sah, wer vor meiner Tür stand. Eine Polizeistreife und ein gewisser Arsch mit rotem Haar. Eustass. Grrr. Der pure Zorn stand in meinem Gesicht. »Was ist denn jetzt schon wieder? Und woher haben Sie bitteschön meine Adresse?«, zischte ich dem Mann ins Gesicht. Der schaute mich nur argwöhnisch an, musterte kurz meine Garderobe um dann zu sagen: »Ich habe ihre Adresse aus dienstlichen Gründen bekommen...«, er genoss es, mich warten zu lassen und zu zusehen, wie ich ihn ungeduldig anfunkelte, »wir brauchen Sie, eine neue Leiche.« Ich begann zu lachen. »Sind sie so hilflos, sodass sie arme Frauen aus ihren Träumen klingeln müssen? Keinen anderen Pathologen in der Nähe?« »Nein, aber Dr. Trafalgar hielt es für das Beste, dass wir SIE dazu holen«, meinte Eustass angefressen. Ich zog eine Augenbraue hoch. »Was hat denn jetzt Dokt-«, fing ich an. »-sehen Sie, wenn wir da sind!«, fiel mit der Trottel ins Wort, »Ziehen Sie sich etwas Vernünftiges an und kommen Sie mit!« »Aye aye, Käpt'n«, knurrte ich und knallte die Haustüre vor seiner Nase zu. Eine Leiche – endlich mal ein Außeneinsatz. Aber was hat Law damit zu tun? Schnell schlüpfte ich in eine Röhrenjeans und ein Top, zog meine Chucks an, schnappte im Vorbeigehen meine schwarze Lederjacke und den Schlüsselbund und verließ meine Wohnung. Ich sprang die Treppen hinunter und verließ das Mehrparteienhaus. Unten warteten schon das Polizeiauto und ein schwarzer Jaguar. Angeber. Bestimmt nur sein Dienstwagen. Der Jaguarfahrer hielt mir die Beifahrertür auf, doch ich stieg provokant in das Streifenauto und so fuhren wir los. Schon Meter vor dem Ziel sah man die blauen Lichter, die sich an den ganzen Wänden der Wohnhäuser widerspiegelten. Ein undeutbarer Gesichtsausdruck schlich sich in meine Züge, als ich darüber nachdachte, dass der Tote noch ein ganzes Leben vor sich gehabt haben könnte und vielleicht Familie, Freunde und nette Leute um sich hatte. Genaueres würde ich gleich herausfinden. Ich stieg aus, obwohl der Wagen noch nicht ganz zum Stehen gekommen war und ging im Schnellschritt auf eines der großen, modernen Häuser zu, welche hier standen. Ein Polizist am Eingang nickte mir zu und hielt das Absperrband hoch, ich schlüpfte hindurch und betrat die Designerbude. Mehrere Leute in weißen Ganzkörperanzügen kamen mir entgegen oder taten das, was eine Spurensicherung eben tat. Als ich an einen Raum, der aus den Augenwinkeln wie eine Küche aussah, vorbeilief, stockte ich und ging ein paar Schritte zurück. Und tatsächlich: Ein Mann von der Mordkommission stand neben Law und stellte ihm Fragen. Völlig aus der Fassung blieb ich einfach stehen und sah zu den beiden Männern hinüber. Da der Kommissar seinen breiten Rücken zu mir gewendet hatte sah ich dem Chirurgen direkt in sein nachdenkliches Gesicht. Mitten im Gespräch richteten sich seine grauen Augen auf einmal auf mich und er sah mir in meine gelben Seelenspiegel. Er lächelte mild und nickte mir zu. Ehe ich reagieren konnte griff jemand nach meinem Arm und zog mich mit sich. Ein Blick hinauf und ich wusste, wer es war: Eustass. Ich knurrte und entzog mich seinem Griff. »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen«, grinste er auf mich hinunter. Für einen kleinen Moment entgleisten mir meine Züge, ich fing mich aber wieder und entgegnete schnippisch: »Keine Angst, ich nehm' ihn Ihnen nicht weg.« Und nun standen wir im Wohnzimmer. Ein beigefarbener Teppich bedeckte die Mitte des dunklen Parkettbodens, weiße Designersessel und eine Couch standen auf ihm, daneben ein Glastisch. An der Wand hing ein riesiger Flachbildschirmfernseher und eine komplett verglaste Wand gab den Blick auf den gepflegten Garten preis. An einer der Wände hing ein Bild, welches meiner Meinung nach kaum als Kunst bezeichnet werden konnte: Es war komplett schwarz, nur ein weißer Punkt auf der linken Hälfte stach hervor. Hinter dem langen Sofa schauten Füße mit teuren Schuhen hervor. Langsam ging ich um die Couch und betrachtete den Toten. Auf dem ersten Blick zählte ich vier Einschüsse in Bauchbereich. Ich zog weiße Gummihandschuhe aus meiner Tasche und streifte sie über, danach beugte ich mich fachmännisch über die Leiche. »Erschossen«, kam es knapp vom Polizisten. »Was Sie nicht sagen«, grummelte ich. »Hey«, erklang eine bekannte Stimme neben mir. »Hey, Tobi«, meinte ich zurück, »schreibst du mit?« Ein einfaches „Jo“ war die Antwort und ich legte los: »Mann, Ende dreißig, circa 1,80 groß, normales Gewicht, Gesundheitszustand schätzungsweise gut, vier Einschüsse...« Ich griff nach seinem Hals, um seinen Kopf nach Verletzungen zu untersuchen und erstarrte. »Oh mein Gott! Der Tote lebt! EINEN KRANKENWAGEN, schnell!«, rief ich. Etwa die gesamte Belegschaft starrte kurz zu mir herüber, ehe einer sein Handy zückte und den Notruf betätigte. Die raue Stimme von Dr. Trafalgar war die Nächste, die die plötzliche Stille zerbrach. Er hockte sich neben mich und verlagerte den Körper des Mannes. Langsam stellte ich mich wieder auf und betrachtete wie hypnotisiert die Lage. Noch nie habe ich einen Toten untersuchen müssen, der noch lebte. Mit dieser Situation war ich nicht vertraut und ich stand tatenlos da. Nach wenigen Minuten kam der Notdienst und kümmerte sich um den Mann. Als sie mit dem Mann wegfuhren, erwachte ich wieder aus meiner Starre und ging langsam gen Ausgang. »Wo wollen Sie hin?«, rief Eustass. »Wonach schaut's aus?«, fragte ich zurück, »Wenn es keinen Toten gibt, braucht man keinen Pathologen.« Noch einmal wurde ich von jemandem am Arm berührt, doch diesmal fühlte es sich nicht so grob an. Ich drehte mich herum und sah in die Augen des Chirurgen. »Es gibt da glaube ich etwas, was du sehen solltest«, meinte er ruhig. Verständnislos sah ich ihn an. Während wir eine Treppe emporstiegen, fragte ich ihn, was mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte: »Wieso bist du hier?« »Ich wohne direkt daneben und hörte die Schüsse«, antwortete er. In diesem Moment zuckte eine Erinnerung durch meinen Kopf, vorbei an meinem inneren Auge: Als ich aus dem Streifenauto stieg und die Tür zuwarf, habe ich aus dem Augenwinkel ein schwarzen Sportwagen im Blaulicht auf funkeln sehen, der in der Einfahrt des anderen Hauses stand, welches ich unter „Darin-wohnt-ein-eingebildeter-Schnösel-mit-Haufen-Kohle“ abgeheftet hatte. Law's Auto. Als wir durch eine Tür gingen, entfuhr mir ein kurzer Quietscher. An der Wand hingen mehrere groß entwickelte Bilder. Eine junge Frau war darauf zu sehen. Eine Frau mit weißem Haar und gelben Augen. Das war ich! »Was soll d-«, fing ich an, doch einer der Polizisten im Raum kam schon auf mich zugeschossen. »Kennen Sie den Mann?« Eine eindeutige Anspielung auf den Verletzten. Langsam schüttelte ich den Kopf. In dem Moment durchfuhr mich wieder eine Erinnerung: »Leuts, kommt mal her und schaut euch das an«, meinte ich und starrte weiter auf die Buchstaben. Ich nahm eine kleine Greifzange und nahm die anderen vorsichtig heraus vorsichtig hinaus und legte sie auf ein Tablett. Danach hielt ich es ins Licht, um die Buchstaben besser erkennen zu können Die Anderen schauten mir über den Rücken. »Was zum Teufel...«, murmelte Tobi. »Das Wort, welches sie suchen lautet „Todesengel“, meine Herren und Dame«, kam eine Stimme von der Tür und wir fuhren herum. Es war eine Anspielung auf mich! Mein Beruf, in dem ich Tag täglich mit dem Tod in Berührung kam und mein Name ‚Tenshi‘, was so viel bedeutete wie Engel. »Oh mein Gott«, entfuhr es mir. Zwei Paar fragender Augen sahen auf mich hinab. »Nicht die Männer sind seine Opfer – sondern ich«, hauchte ich. Wenig überzeugt sah der Polizist auf mich hinab, doch Laws Augen weiteten sich. »Der erste Tote: 10 Schüsse, ich die Patronen war das Wort „Todesengel“ geritzt. Mein Name. Nun hier: Die Fotos von mir an der Wand. Keinen der beiden Männer kenne beziehungsweise kannte ich – der Mörder wusste, dass die Leichen zu mir kommen würden«, klärte ich auf. »Gibt es jemanden, der es auf sie abgesehen hat?«, fragte der Kommissar. »Ich wüsste nicht, wer … «, meinte ich. Der Mann sah zu Law, der nickte. »Sie bekommen auf jeden Fall Personenschutz! Wir werden Sie rund um die Uhr überwachen!«, meinte der Polizist bestimmend. »Ich werde bei ihr bleiben«, hörte ich Law sagen. Entgeistert sah ich ihn an. »Ich werde zusätzlich mehrere Polizisten in Zivil in ihrer Nähe stationieren lassen, die sie bewachen werden«, meinte der Polizist väterlich, »wir haben es mit einem Serienmörder zu tun, junge Dame, vertrauen sie keinem – jeder aus ihrem Umfeld könnte es sein.« Perplex sah ich ihm hinterher, wie er aus dem Zimmer lief und mit den Worten: »Josh – wir haben eine Spur!« durch das Haus lief. Entgeistert sah ich nun hinauf zu dem Chirurgen. »Wa-«, fing ich erneut an, doch wurde diesmal von dem Arzt unterbrochen: »Es ist unauffälliger wenn ich bei dir bleibe. Besser auf jeden Fall, als irgendein Bulle.« Und in dem Moment wusste ich: Ich war nicht mehr sicher und es würde entweder im Leben oder im Tod enden. Kapitel 4: Hilfe, ich habe einen Undercoverbodyguard!!! ------------------------------------------------------- Ich hätte nicht gedacht, dass ein Leben MIT einem Beschützer anstrengender und teils auch gefährlicher sein kann als ohne. Law hatte darauf bestanden, dass ich bei ihm schlafen würde. Nachdem er aber von meiner Katze erfahren hatte, konnte er diese Idee schön von der Liste streichen, im Klartext: Er fuhr mich nach Hause, davor holte er nur schnell seine Sachen von seiner Wohnung. Daheim angekommen wurde er erst einmal von Neko angefallen, die ihn auch des Nachts massakriert hatte, da er im Wohnzimmer bleiben 'durfte'. Duzen hin oder her, aber dass er gleich bei mir im Bett schlafen hätte sollen – das ging dann doch zu weit. Schlaftrunken stand ich nun in der Küche und begann mit meinem Morgenritual: Kaffee machen, währenddessen meiner Kampfkatze Fressen zubereiten, Toast mit Erdbeer-Blutorangen-Marmelade verspachteln, Klamotten anziehen gehen, im Bad fertig machen und dann losgehen. Nach kurzer Zeit musste ich feststellen, dass ich mit Laws Anwesenheit diesen Plan komplett umstellen durfte. Als ich nämlich meinem Stubentiger das Essen kredenzt hatte und mich wieder aufstellen wollte, rempelte ich etwas – beziehungsweise mich etwas – an und ich geriet ins Schwanken. Als ich halbwegs normal stand, musste ich feststellen, dass es nicht wie vermutet irgendein Stuhl war, sondern ein gewisser Chirurg in Boxershorts und Handy in der Hand, der sich an meinem Kaffee zu Schaffen machte. Spätestens jetzt hatte der Spaß ein Loch. Ich versuchte ihn mit Blicken in die Seite umzubringen. Leider drangen meine Mordwaffen nicht durch seine Bauchmuskeln hindurch … Kurzerhand entschied ich mich für Plan B: Als er es sich auf einem Küchenstuhl bequem machen wollte, nahm ich ihm den Kaffee weg, schmiss Zucker hinein, schwenkte die Tasse kurz und trank das heiße Getränk selbst. Seine dunklen Augen funkelten gereizt und fixierten meine Kehle, die regelmäßig auf und ab ging, um das Gesöff runter zu kippen. Ich stellte die Tasse vorerst auf der Arbeitsfläche ab und drehte mich kokett lächelnd zu Law um. »Hast du gerade versucht, mir mit Blicken die Luft abzudrücken?«, feixte ich, während ich eine neue Tasse aus einem Hängeschrank angelte und sie unter die Kaffeemaschine stellte. »Nee, ich hab versucht, dir die Kehle durchzuschneiden«, kam es todernst von ihm. Hmm, jetzt hatte 'Todernst' eine ganz neue Bedeutung … Ich blinzelte mehrmals, ehe ich erwiderte: »Aber der liebe, nette Law muss doch auf die hilflose, kleine Shiro aufpassen.« Ha, nun war er es, der nachdenken musste, doch zum Antworten blieb keine Zeit, da sich die Küchenuhr in mein Blickfeld geschoben hatte und ich erschrocken quiekend in mein Schlafzimmer geeilt war und ich mir Anziehsachen aussuchte. Ich hopste durch den Flur, um in die schwarze Jeans zu kommen, die Bluse, die noch halboffen war, ignorierte ich erst einmal gekonnt. Natürlich musste ich über den Teppich im Flur stolpern und flog hin. Mein Blick war gen Decke gerichtet, als ich eine Haarsträhne aus meinem Gesicht pustete und Laws Gestalt über mir auftauchte. Fragend und leicht kopfschüttelnd sah er zu mir hinab. Musste ja auch komisch aussehen: Eine junge Frau, die Hose nur halb über den Hintern, die Bluse noch offen und mit wirrem Haar, welches am Boden verteilt war, liegt unter Einem am Flurboden über einem buntgestreiften Teppich. Andererseits, wer mich kannte, sollte so etwas gewöhnt sein … »Was genau … tust du denn da?«, kam es von dem Halbnackten, der in der Küchentür lehnte. Ich setzte eine ruhige Stimme auf: »Wenn du mal bitte auf die Uhr schauen würdest.« »Moment«, meinte er ebenso ruhig, zückte sein iPhone, schaltete den Display ein und hielt mir den Startbildschirm vor die Nase. 5:13Uhr. Und nun viel mir auch ein, dass die kleine Uhr über dem Esstisch stehen geblieben war, schon vor drei Tagen. Ups – peinliche Situation. Eigentlich mussten wir erst halb acht im Hospital sein und bis dorthin waren es keine 15 Minuten. Ich entschied mich einfach mal für das 'Oh, das ist mir aber unangenehm'-Lächeln, was anscheinend recht … gut … anzukommen schien, immerhin verdrehte Law seine Augen und lachte leise. Das Nächste, was wir taten, war wohl das Dümmste, was wir hätten tun können: Ich wollte im selben Moment aufstehen, indem er von Neko hinterhältig angegriffen wurde und er so fluchend umhersprang, um sie los zu werden. Die Folge war, dass wir ineinander krachten und nun zu zweit meinen Bekannten den Teppich besuchten. Ein paar Sekunden lagen wir nur da und taten nichts, doch als mir die Lage der Situation bewusst wurde, versuchte ich mich erneut, aufzurappeln. Der Chirurg versuchte das Selbe, doch irgendwie verkeilten wir uns nur noch stärker ineinander. … Der Tag konnte nun nur besser werden, außer der wortwörtliche Hitzkopf kam mir in die Quere. Heute hatte ich aber viele Wortspielchen parat, ich kann ja doch ein bisschen humorvoll sein … Letzten Endes lag ich mit meinem Oberkörper unter dem von Law, welchen dieses Problem aber weniger interessierte. Eher die Katze neben meinem Kopf, welche ihn schon wieder anstarrte. Um dem Armen das Leid zu ersparen, rief ich: »Kusch, Neko!«, und siehe da, sie machte zur Abwechslung mal das, was ich verlangte und trollte sich. Nun schien dem Mann über mir auch wieder einzufallen, das ich nicht ein Motiv des Teppichs war und richtete seinen Blick auf mich. Einen Moment überlegte ich, ob ich nicht erneut den 'Oh, das ist mir aber unangenehm'-Blick aufsetzen sollte, ließ es aber sein und seufzte jediglich. Schließlich sah es Law auch ein, dass wir uns mal zusammenreißen und arbeitsfertig machen sollten und stand auf. Ganz gentlemanlike half er mir hoch, grinste schief und verschwand dann ihm Wohnzimmer, um sich seine Sachen über zu streifen. Inzwischen habe ich es endlich auch in die Kleidungsstücke geschafft und spülte schnell die Tassen, Law hatte die Message mit der Tasse unter der Maschine wohl verstanden und sich ebenfalls das koffeinhaltige Getränk hinter die Kiemen geschüttet. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Law durch den Flur schlurfte. Die Kätzin hatte sich bestimmt nach meiner Abfuhr ins Bett verkrochen und schlummerte in aller Ruhe. Ich schüttete etwas Trockenfutter und neues Wasser in die Schälchen, ehe ich mich ins Bad begab. Die Übliche Tortur und ich stand fertig vor dem Spiegel. Ein kurzer Blick nach draußen zu Law verriet mir, dass wir langsam losfahren sollten, den eben dieser war dabei, sich seine Jacke überzuziehen. Ich schlüpfte also in meine Sneakers, klemmte mir meine Jacke unter den Arm, nahm die Schlüssel, mein Handy und trat zur Wohnungstür. Ich wohnte im 2.Stock, also zog ich mir die Jacke während der Bewältigung der Treppen über. Gerade, als ich Richtung Tiefgarage gehen wollte, hielt mich jemand am Arm zurück. Fragend sah ich zu dem Schwarzhaarigen, der seine Hand ausgestreckt und nach mir gegriffen hatte. »Ich fahr dich«, kam es von ihm. Stimmt, Gestern sind wir mit seinem Auto hergekommen, doch wieso sollte er mich jetzt fahren wollen? Law schien meine Gedankengänge zu deuten und grinste: »Also, nicht jeder bietet sein Auto als Taxi an – ich würde an deiner Stelle ganz schnell Kehrt machen und mitkommen.« Ich lächelte und gemeinsam traten wir aus dem Haus geradewegs zum Parkplatz, wo uns Law's Auto schon zuzuwinken schien. Es blinkte zweimal, als er auf die Fernbedienung gedrückt hatte, wir stiegen ein und schon fuhren wir los zu unserer Arbeitsstelle. Kapitel 5: Es kann nur noch besser werden ----------------------------------------- Dieser Morgen war einer dieser Morgende, an denen man bei jeder Ampel und jedem Übergang stehen bleiben musste. Als wir schließlich das dritte Mal an einer Roten standen, seufzte ich genervt auf. Soviel Pech kann man doch nicht haben. Aus den Augenwinkeln sah ich Law, wie er mich amüsiert musterte. Danach meinte er: »Mach dir keinen Kopf, wir kommen schon nicht zu spät.« »Ich hoffe«, kam es schnippisch von mir. Meine Laune war heute nicht gerade berauschend, ich hoffe nur, ich würde ihm damit nicht zu sehr auf den Zeiger gehen … Ich erschrak und krallte meine Hände in den Sitz, als Law; sobald es grün war; mit einer zu hohen Geschwindigkeit los fuhr. »LAW!«, kreischte ich und es zeigte Wirkung: Der Wagen wurde wieder langsamer, der Chirurg hingegen lachte auf. »Ich dachte, du willst so schnell wie möglich zur Arbeit?«, fragte er hämisch grinsend. Ich gab einen unverständlichen Ton von mir, verschränkte die Arme und sah aus dem Seitenfenster. Irgendein Klingeln ertönte in die Stille und ich suchte automatisch in meiner Jackentasche nach dem Handy. »Is' meins«, meinte Law und stellte die Freisprechanlage an, »was gibt’s?« »Hallo Trafalgar – wo ist unser Sorgenpüppchen?«, antwortete jemand. Moment. Was??? Sorgenpüppchen – wer zum Himmel … Eustass! »Das „Sorgenpüppchen“ vergammelt grade in 'ner Plastiktüte hinten im Kofferraum«, rief ich anstelle von Law, der gerade ansetzen wollte und mich schließlich mit einem tadelnden Blick ansah. Der Rothaar am anderen Ende ignorierte den bissigen Kommentar und redete unbeirrt weiter: »Wann seid ihr in der Klinik? Ich warte!« »Sind gleich da, Kid, ruhig Blut«, meinte Law gelassen, während er abbog. »Öhm um mich auch nochmal ins Gespräch einzufädeln: Haben Sie nix Besseres zu tun oder stalken Sie mich?«, meinte ich wieder. Er hatte bereits aufgelegt. Schade. Fragend sah ich Law an. »Ihr kennt euch?«, ich hob beide Augenbrauen und beugte mich etwas nach vorne, um sein Gesicht besser sehen zu können. »Ja – wir waren seit der ersten Klasse bis hin zur High School in einer Klasse.« Überrascht stieß ich aus: »HÄ WAS UND DU LEBST NOCH?« Mindestens zwei Oktaven zu hoch, doch diesmal bereute ich meine grobe Wortwahl keineswegs. Law runzelte die Stirn, ehe er antwortete: »Wir rücken oft aneinander, aber im Großen und Ganzen ist er okay.« »Ja nee.« »Ja doch.« » ... Und wieso wartet er jetzt auf uns?«, kam es wieder von mir, während ich die Hand schon zur Tür bewegte, um sie gleich auf zu machen. »Wird er uns schon sagen«, mit diesen Worten parkte Law und stellte den Motor aus. Schwungvoll stieg ich aus und ging um's Auto, wo er schon wartete und gemeinsam gingen wir ins Krankenhaus. An der langen Empfangstheke stand bereits ein gewisser großer Mann mit rotem Haar, Gott sei Dank mit dem Rücken zu uns, weshalb ich schnellen Schrittes Richtung Aufzug eilte. »Ah ah ah – hier geblieben«, kam es von dem Schwarzhaar, der kurzerhand meinen Arm festhielt und mich zur Theke, wo Hana schon wild winkte, schliff. Manchmal könnte ich sie doch erschlagen, denn durch ihr Rumgewedel wurde Eustass auf uns aufmerksam. Ich setzte ein falsches Lächeln auf, gab mir aber keine sonderliche Mühe, es echt wirken zu lassen und wartete, bis der Flammenkopf vor uns stehen blieb. Law und Eustass sagten nix und sahen mich nur erwartungsvoll an. Nach gefühlten acht Jahren fragte ich schließlich: »Habe ich etwas Entscheidendes verpasst?«, dabei deutete ich mehrmals mit dem Zeigefinger zwischen den Männern hin und her. »Mein Chef sagt, ich soll ebenfalls auf dich direkt vor Ort aufpassen, immerhin hat Trafalgar keinerlei Kenntnisse zum Personenschutz«, kam es trocken vom Polizisten. Oh. »Ok. Viel Spaß beim Sofa-Teilen«, sagte ich und verschwand Richtung Aufzug. Ich hörte den Polizisten noch irgendwas zynisches sagen, doch ich ignorierte es, meine Arbeit war mir wichtiger, als mich mit ihm anzulegen. In der Mittagspause zog es mich komischerweise doch mal in die Cafeteria, statt raus auf eine Bank nahe des Krankenhauses. Shika und Hana hatten heute die selbe Arbeitszeit wie ich, aus diesem Grund saßen die beiden Frauen lachend an einem dieser typischen, runden „Kantinentischen“. Ich holte mir einen Kaffee, zog einen Stuhl vom Nachbartisch heran und setzte mich zu ihnen. »Hey Kleine«, meinte Shika sofort, besorgt sah sie mich an. Ich schaute zurück. Sie wusste doch gar nicht, was los war … oder doch? Meine Seelenspiegel huschten zu Hana, die mich ebenso bedrückt ansah. »Ist mein Eyeliner verwischt oder wieso seht ihr mich so an?«, versuchte ich, die Situation aufzulockern, naja, leichter gesagt als getan, denn Shika brach in Tränen aus. In diesem Moment war ich zum ersten Mal heilfroh, dass es diese hässligen Plastiktische gab, sonst wäre meine Cousine mir wohl um den Hals gestürzt. Ich versuchte sie irgendwie ohne großes Aufsehen zu beruhigen, da die halbe Hospital-Belegschaft im ganzen Saal zu unserem Tisch starrte. Hana konnte sie endlich beruhigen, strich ihr übers Haar und redete leise auf sie ein, dass alles gut sei. Ich fühlte mich gezwungen, unseren Zuschauern irgendeine Ausrede aufzutischen, also drehte ich mich um und meinte beschwichtigend: »Sie hat gerade erfahren, dass ihr Lieblingsmodegeschäft schließt – traurige Sache.« Katha, eine Schwester, quiekte auf: »Oh nein, doch nicht La Charles?!« Ich nahm einfach mal an, es WAR Shikas Favorit unter den Klamottenläden und nickte, verzog mitleidend das Gesicht und drehte mich dann wieder um. »Shika, hey, es ist alles gut, ich hab zwei Doofis, die auf mich aufpassen und - «, fing ich an. »Pfff, die hat „Doofis“ zu uns gesagt, Lawi, hast du das gehört?« Ich seuftze stumm. Eustass wurde man wirklich nicht los. In Hanas Augen konnte man deutlich „O.M.G. Wie heiß können zwei Männer sein?“ lesen, weshalb ich mich anfing, etwas fremd zu schämen. Zwei Stühle wurden hergezogen und jeweils links und rechts zum Stehen gebracht, ehe sich der Chirurg und der Cop zu uns setzten. »Ja, hab ich gehört, aber ich glaube, sie meinte nur dich, Kiddi«, murmelte der Schwarzhaar und nahm einen Schluck aus seinem Pappbecher. Ihn schien es völlig kalt zu lassen, dass Shika und Hana – oh und wie mir auffiel auch alle anderen Frauen außer mir – ihn mit Blicken aufaßen. Beim genaueren Beobachten der Damen fiel mir auf, dass sie sich nicht zwischen beiden entscheiden konnten und aus diesem Grunde immer ihren Kopf leicht drehen mussten. Okay, gut, vielleicht sahen sie gut aus aber … Okay! Sie SEHEN gut aus – trotzdem, muss man deshalb so starren? Mh – vielleicht ist das völlig normal und ich bin hier die Einzige, die ein Rad ab hat statt anders herum, wie ich erst annahm. Kid knurrte irgendwas und widmete seine komplette Aufmerksamkeit seinen schwarzen Anzug, welches er zurecht zupfte. Mein Kaffee neigte sich seinem Ende, also fing ich an, mich mit Law zu unterhalten. Er war eindeutig der Freundlichere der beiden. »Muss er wirklich in meiner Wohnung schlafen?«, jammerte ich. Law grinste, ehe er antwortete: »Scheint so.« Man hat deutlich gehört, wie die halbe Kantine bei seinem Lächeln aufgeseufzt hatte. Oh je. Die Mittagspause zog sich in die Länge, wie eine Schulstunde mit seinem Hasslehrer oder -fach und die Arbeitszeit flog an mir vorbei, obwohl Kid des Oefteren bei uns in der Pathologie vorbei gekommen ist. Oben warteten die beiden schon auf mich, ich wünschte meinen Freunden noch einen schönen Tag und wir gingen. Ich lief neben Law und Kid hinter uns. Neben Law fühlt es sich an, als würde er schon seit Jahren mit mir diesen Weg zum Auto gehen, so vertraut. Das Einzige, was diese Harmonie etwas störte, war das Gefühl, dass Eustass mir auf den Hintern sah. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)