An unalterable fact von JuneValentine ((Undertaker-Fanfiction)) ================================================================================ Kapitel 1: An unalterable fact ------------------------------ Hiatus = Spalte, Kluft Adoleszenz = Endphase des Jugendalters Fasson = Machart, Zuschnitt (von Kleidungsstücken) exorbitant = gewaltig, enorm \...~*~*~*~*~.../ Flackernde, verrostete Öllampen, die an Gebäuden hin und her pendelten, erhellten die sonst so dunklen Straßen am späten Abend, die an manchen Stellen von kleinen Mülldeponien übersät worden waren. Die Nacht, schon längst hineingebrochen - graue Wolken versammelten sich zum darauf folgenden Gewitter an. Zumindest lösten sich schon die ersten Wassertropfen von Gottes Himmel, fielen hinab auf die von Menschen erschaffenden Bauwerken, ihren Sehenswürdigkeiten, Ornamenten, der Wälder der illusionierenden Naturschönheit und schließlich auch auf den kalten Untergrund der vielen Städte des Landes. Die aus verschieden großen Steinen gebauten Straßen dieser herabgekommenen Gassen ließ die fallenden Regentropfen nicht durch die harte, körnige Schicht durchsickern, genauso wenig wie der Wind den abfälligen Gestank von verschimmelten Essensresten, stinkender zerfetzter Kleidung, die sicherlich nicht mehr zu ihrem Zweck diente, sogar manch übrigen und abartigen Fäkalien nicht hinfort wehte. Die Tage wurden fälliger für den nächsten bevorstehenden Winter, der bald die ganze Landschaft Englands erneut in einem prahlendem, schimmerndem Mantel aus abgefrorenem H²O präsentieren würde. Erneut würden die Menschen versuchen, von ihren Sünden in den heiligen Wintertagen hinwegzukommen, um sie im nächsten Jahresabschnitt wieder zu begehen. Denn Menschen würden sich auch niemals ändern. Sie versuchten sich in ihrem Vorgehen rein zu säubern, aber verübten nach all dem dennoch immer wieder Fehler, meistens sogar die gleichen wie zuvor. Selbst dann, wenn es nur aus ungetrübtem Egoismus oder aufkommender Missgunst entstand. Bedingungslose Ziele werden gesetzt, von denen sie nicht einmal selbst wissen, ob sie sie jemals ertrotzen. Sie stellten Hypothesen auf, von denen sie nicht einmal begriffen und auch nie mit Sicherheit und samt der Wissenschaft bewahrheiten konnten. Doch wonach sehnten sich nur die Menschen wirklich in ihrem Inneren? Es war dem silberhaarigen Shinigami bewusst, dass nicht jeder Mensch genauso dachte wie seine Artgenossen. Viele fuhren auf der gleichen vermeintlichen Schiene, nur wenige präsentierten ihre eigene wahre Schönheit aus dem Inneren. Despektierliche Wünsche, die mit Materiellem erfüllt worden sind, waren in den gelb-grünleuchtenden Iriden des Shinigamis nicht als ein erkennbares Anliegen einer großen Bedeutung. So etwas war für jemanden noch immer unverständlich, der vor einem halben Jahrhundert noch über die Sterbenden der epochalen Menschenrasse richten durfte. Ein großer Hiatus zwischen dem Menschendasein und der Existenz eines Halbgottes, der für einen Shinigami das Verständnis von auseinander gehenden, verschiedenen Handlungen eines Menschen massiv beeinträchtigte. Von endlos langen Nebenstraßen, die trostloser nicht wirken konnten, entfernte sich der Bestatter dieser Gegend in Richtung Innenstadt. Er hatte grausame, mitunter aber auch unbedeutende Zeiten miterlebt. Die manchen schmerzhaften Erfahrungen mit ihren Erinnerungen mitgenommen. Auch wenn man von ihm hätte sagen können, dass er viel auf sein eigenes Spiel setzte, würde man meinen, er hätte seine Züge nie jemals in irgendeiner gewissen Lage bereut. Doch selbst ein anderes, höher gestelltes Wesen, das näher zu den allmächtigen Göttern sein konnte als der Mensch an sich, konnte Fehler machen. Sein Weg führte ihn über einen weitläufigen, leer geräumten Marktplatz – von Menschen nur noch in Paaren oder als Einziger besucht. Dennoch wurde er zu dieser nächtlichen Uhrzeit recht unterbevölkert zurückgelassen als am helllichten Tage. Ein schluchzendes Gejammer war von der minimalen Entfernung zu hören, neben einem hervor prangendem Springbrunnen mit verzierenden Ornamenten an der grauen, rundlichen Außenmauer, die mit der Höhe knapp über den Knien aufhörte. Kaltes Wasser spritzte höchstens einen halben Meter aus der Mitte aus einer gelungenen Bildhauerei aus weißem Gestein, die einem Kelch der verwöhnten Reichen glich. Ein kleines Mädchen mit einem hellbläulichen Kleid aus Saum und Spitze, gewiss eine Abstammung aus dem Adel - es müsste mit dem Alter wohl am Anfang seiner Adoleszenz sein - saß auf dem niederträchtigen Boden mit herangezogenen, mit Armen umschlungenen Beinen, angelehnt an der so niedrigen, kalten Mauer. In ihrer Nähe stierten die Älteren mit jeweils differenzierenden Reaktionen zu ihr, die alle etwas Besseres zu tun hatten als in diese Gegebenheit einzugreifen. Schwächeren wurde kaum eine helfende Hand hingehalten – vorbeigehende Passanten mit Regenschirmen in den Händen beobachteten dafür lieber anstandslos als zu intervenieren, so wie er es selbst auch gerne tat. Aber für sich selbst galt er nicht unter den Gehässigen und Odiösen, die nur Beobachtungen anstellten. Er selbst verfügte über die Kenntnisse, an welcher Stelle die Grenze bei solch einem Thema lag. Genau deshalb näherten sich auch seine Schritte dem kleinen wehrlosen Menschen. „Na na~“, waren seine ersten Worte im mittlerweile schon immensen Regen, die dem jungen, unerfahrenen Wesen galten, „Eine junge Dame sollte nicht so untröstlich weinen. Das kann das beträchtliche Gesicht verunschönern~“ Schniefend und mit melancholischem Ausdruck ihrer bereits rot angeschwollenen, prächtigen, eisblauen Augen hob das blondhaarige Kind ihren entzückenden Kopf, der durch den Regen bald seine Lockenpracht verlieren würde. Eine hellblaue Schleife zu der Fasson ihres Kleides passend war außerdem noch an ihrer linken Seite versehen. Ihre Haare hatten eine anmaßende Länge erreicht, die sich bis zu ihrer Hüfte kräuselten. Ihr Mund öffnete sich, doch drangen keine Worte an die Oberfläche. Er kniete sich vor ihr hin mit seinem typischen Grinsen auf den Lippen, bevor seine langen, knochigen Finger mit einer Strähne von ihr spielten. „Hm~“, fing der Silberhaarige nochmals eine Konversation an, um sie zum Sprechen zu leiten, „Was könnte jemanden wie Euch so verletzen, dass Ihr mitten auf dem Platz so herzlich weint?“ Womöglich klangen seine bedachten, dennoch leicht quarkig klingenden Worte viel mehr nach dem, als würde er sie damit aufziehen wollen, als besorgt. „M-Mutter zwingt mich...“, brach die Kleine an, versuchte dabei wohl nicht abermals in lautem Geweine zu verfallen. Augenblicklich rieb sie sich über die Augen, schniefte einmal laut und fuhr mit einer Hand durch ihre langen, glatter werdenden Haaren. „Sie zwingt mich, später jemanden zu heiraten, den ich aber doch eigentlich hasse!“ Nun, wer hätte das gedacht? Der gewöhnliche Alltagstrott einer jungen Adeligen wurde zu ihrem Verderb – und sie würde im Moment den Silberhaarigen, dessen Haarschopf mittlerweile dergleichen gänzlich klitschnass waren, auf alle Fälle in sämtlicher Art amüsieren. „So? Thehe...“, sein Grinsen wurde zu einem leisen Lachen, „Aber das müsste Euch doch selbstverständlich sein, junges Fräulein. Eure Position der höheren Gesellschaft verlangt nun einmal eine frühzeitig festgelegte Vermählung.“, äußerte sich der Ältere kichernd, während seine Finger sich zu ihrem Kinn bewegten. Selbst mit geschwächter Sicht seiner Augen erkannte er, wie blass die Adelige in seiner Nähe wurde. „Das weiß ich doch auch! Aber ich möchte das einfach nicht! Kann ich denn nicht jemanden heiraten, den ich auch leiden kann?“, beklagte sie sich, immer noch mit Tränen aus den Augen, die verbittert über ihre Wangen liefen. „Meint Ihr wirklich, dass Ihr eine Wahl hättet? Wegzulaufen ist ohnehin indessen keine Problembeseitigung“, sagte er im ungewohnt ruhigen Tonfall. Ihr Gesicht schnellte nervös zur Seite. „Was sollte ich denn tun? Ich will das nicht, aber meine Eltern verstehen das nicht“, meinte sie leiser, „Sogar ein Streit war nicht vermeidbar...“ Kichernd zog er des kleinen Wesens Gesicht zurück in seine Richtung. „Nur weil Euch einmal ein Wunsch nicht erfüllt wird, strotzt ihr dennoch ungeachtet nach noch mehr Entscheidungsfreiheit über Euer Leben? Thehe~“, quarkte er leicht, „Ein interessantes Geschöpf, doch trotz allem mit so vielen negativen Eigenschaften verbunden.“ Ihr Ausdruck änderte sich zu einem überheblichen Beklagen, doch wurde der Blondhaarigen bewusst, dass er sich über sie nur lächerlich machte. „Macht Euch nicht so töricht über mich lustig!“, meinte sie empört, schlug dabei seine Hand von ihrem Kinn weg. „Ich lasse mir doch nichts sagen von solch einem irrsinnigen, närrischen Kauz niederem Fußvolks!“ Sein eigener Ausdruck hatte sich wohl nicht aus ihrer Sicht verändert, doch unter seinem lang hervorgewachsenem Pony verengten sich seine Augen zu einem zunächst ernsten, danach mehr zum spöttischen Blick. Seine langen, schwarzen Fingernägel griffen grob samt nach ihrem weißen Band, ebenfalls mit Spitze beschmückt und einer kleinen schwarzen Schleife an der linken Seite, das um ihren Hals hing und ein Segment ihres Kleides, das noch knapp über ihren Schlüsselbeinen lag. „Ihr solltet Euch um Eurer Wortwahl Bedacht zeigen.“ Seine Stimme verfiel fast um eine Oktave tiefer, ungemein bedrohlicher in ihren Ohren, „Es kann sein, dass Euch der Tod durch solch einem Benehmen sonst schneller ereilt als Ihr es Euch zu Wünschen beliebt.“ Geweitete Augen blickten dem ruchlosen Bestatter starr auf seine Lippen, die diese Satzpartikeln aussprachen. Unterdessen zog er sie weiter zu ihm, beugte sich über sie. Es war aus seiner Laune heraus, sich über sie zu ergötzen. Solch ein bezauberndes Amüsement bekam man nicht regelrecht häufig. „Weshalb habt Ihr Euch wohl hier so öffentlich in eigennütziger Trauer fallen gelassen~?“, spielte er mit seiner verhöhnenden Stimme und grinste dabei breiter, dabei seine weißen Zähne zeigend. Weitere, regengeschützte Passanten gingen an ihnen gaffend vorbei. Neugierige Blicke zeigten sich auf, doch niemand würde sich an diesen komischen, auffällig gekleideten Mann herantrauen. Zu seinem Vorteil, so würde sich niemand in diese kleine Auseinandersetzung mit einmischen. „Ihr wolltet eigentlich von allen beachtet werden, richtig? Andere Menschen, die in Euren Augen nichts wert sind, an Euch heranzulassen, um mit Eurem Stand mokieren zu können und sie wieder wie Vieh wegzuschieben.“ „D-Das stimmt nicht!“, ertönte ihre helle, laute Stimme aufgebracht, während eine ihrer grazilen, kindlichen Hände des Silberhaarigen ergriff, um sich wegzureißen und Abstand von ihm zu gewinnen. Jedoch würde er so einfach nicht von selbst locker lassen, nicht bei so einem frechen Wesen wie diesem. „War es nicht das?“, fragte er schmunzelnd, „Ihr seid wirklich eine rücksichtslose Persönlichkeit, die süchtig nach jedweder Form von Inbrunst ist.“ „E-Ergötzt Euch nicht über jemanden, der deutlich über Euch steht!“, schimpfte die Blondhaarige und drückte den anderen angewidert von sich aufmüpfig und erfolgreich weg. Grummelnd zupfte sie an ihrem Kleid und ihrem Halsband herum, bevor sie nach hinten rückte, bis das kalte Gestein ihr ungemein in den Rücken drückte. Ihre eigene Unsicherheit empfand die Adelige in diesem Moment mehr als störend, doch konnte sie durch ihrem vorhandenen Stolz dem nicht einfach jämmerlich davonrennen. „Ach ja? Dafür scheint aber Euer Wachstum sich noch nicht besonders entfaltet zu haben.“ Ein Grummeln und Schnauben war ihrerseits zu hören. „Ich schwöre es Euch, wenn das meine Eltern erfahren, wie grob und unverschämt Ihr euch gegenüber mir aufführt, dann-“, drohte sie, jedoch wurde sie von ihm unterbrochen. „Da Euer Leben bereits als eine vermessende, störrische Adelsgöre besiegelt ist, denke ich, habt Ihr nicht viel gegen mich auszurichten. Thihi~“ Bei diesem kurzweiligen Spektakel musste er wiederholt lachen als er aufstand, hielt sich schon mit einer Hand kurzzeitig den Bauch. Das Mädchen tat dem Aufstehen ihm nach, klopfte noch einmal den gröbsten Dreck von ihrem Kleid ab und rieb sich die letzten Tränen aus dem Gesicht. „Ihr seid so gemein“, schniefte die Jüngere, während ihr Blick sich wieder senkte, „Ich verstehe nicht, wieso...“ „Es ist Euch unbegreiflich, weil Ihr noch längst nicht so weit entwickelt seid, von Eurer Arroganz abzusteigen.“, entgegnete er ihrer überflüssigen Fragestellung. Die andere Hand des Bestatters bewegte sich zu seinem Mund, der lackierte Nagel seines Zeigefingers fuhr langsam über seine Unterlippe. Seines Erachtens zufolge würde er sagen können was er wolle, sie würde es abermals nie verstehen. In demselben Maße wie bei genügend anderen wurde ihre Ansicht auf Umgebung und der gesamten Welt schon längst seit frühen Kindertagen verblendet. Es war kein Spezifikum, viel mehr ein normaler Zustand eines Individuums in dieser Zeitatmosphäre. Der Shinigami war sich im Bilde, wie betrübt und enttäuschend diese Wahrhaftigkeit war. „Das reicht! Hört auf!“, schrillte ihre sonst zierliche Stimme, „Ihr seid ein Monster! Nicht ich!“ Sie entfernte sich von der dekorativ angebauten Fontäne und wich einige Schritte zurück von dem Silberhaarigen. Aufkommende Nässe begann wiederholt ihre wehmütigen Augen zu erröten und ihr Antlitz zu verunstalten. Mit seinem stechenden Blick im Rücken rannte sie hinfort in die entgegengesetzte Richtung. Im düsteren Regen untertauchend. Der silberhaarige Shinigami konnte nicht anders als untröstlich zu lächeln. Menschen waren für ihn schon immer faszinierend. Sie waren so vielfältig. Man konnte sie nicht wirklich an einem genau festgelegten Muster messen. Sie waren alle jeweilen ein Kernstück der gleichartigen Beschaffenheit, dennoch unterschieden sie sich exorbitant dem Charakteristikum. Es war kein wunderliches Ereignis - viel mehr für ihn einsichtig, wie missverstanden sich die kleine Adelstochter zuvor noch bei dem dunklen, schaurigen Bestatter gefühlt haben musste. Aber er war nun mal keine Wesensart, die sich an redundanten Lügen und bescheidener Doppelzüngigkeit anderer beteiligen musste. Seine gelb-grünen Iriden wechselten ihren Blick gen Himmel, starrten in die tiefe Schwärze. Nicht einmal mehr Himmelskörper waren durch das schwerwiegende Unwetter zu sehen. In aller Ruhe schloss er seine Augen und spürte, wie die kalten Wassertropfen über sein Gesicht rollten und sich ihren Weg nach unten vernetzten. Schmunzelnd ließ er nach geraumer Zeit seinen Kopf nieder und blickte geradewegs in die fragwürdigen Augen der an ihm vorbeigehenden Fußgängern. Seine lange, silberne Mähne seiner linken Seite über die Schulter legend begab er sich weiterhin fort, zurück zu seiner geringfügigen Bleibe. \...~*~*~*~*~.../ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)