Heartbeat von MissyX ================================================================================ Kapitel 19: Das Verlangen dich zu küssen ---------------------------------------- Gemeinschaftsprojekt von & MissyX ___________________-`♔´-___________________ Gerade als Mamoru nach seinen Unterlagen greifen wollte, surrte sein Handy und kündigte den Eingang einer SMS an. Sofort fiel ihm der Absender ins Auge: Motoki!? Warum schrieb er ihm um diese Zeit eine Nachricht? Neugierig geworden, öffnete er die SMS, las den Text und legte das Handy abrupt wieder beiseite. Das konnte nicht sein Ernst sein, dass er ihm ausgerechnet deswegen schrieb... Absender: Motoki Empfänger: Mamoru Gesendet um: 8:22 Uhr Empfangen um: 8:23 Uhr »Ohayō gozaimasu, Mamoru. Bitte entschuldige für die frühe morgendliche Störung, aber ich bräuchte dringend deine Hilfe! Könntest du mir vielleicht die Handynummer von Usagi geben? Ich weiß, das klingt jetzt für dich wahrscheinlich komplett absurd, aber ich bekomme sie seit gestern einfach nicht mehr aus dem Kopf. Leider hat sie sich bisher auch noch nicht bei mir gemeldet - trotz meiner Visitenkarte - dabei würde ich sie wahnsinnig gerne näher kennenlernen. Ich hoffe, du kannst mir da weiterhelfen. Konnte Motoki das wirklich von ihm verlangen? - Ja, konnte er, denn, obwohl er sein bester Freund war, wusste er ja nichts von seinen Gefühlen für Usagi. Wie auch? Immerhin hatte er vehement geschwiegen, als er ihn indirekt im Auto darauf angesprochen hatte. Ratlos fuhr er sich durch sein pechschwarzes Haar, bevor er erneut nach seinem Handy griff.                                                                                 ✲ Während Mamoru fieberhaft überlegte, was er seinem besten Freund antworten sollte, ohne dass dieser sofort Verdacht schöpfte, starrte Usagi im Esszimmer seit mehreren Minuten wie paralysiert auf ihre verbliebenen Pancakes und versuchte krampfhaft ihre eigenen Gefühle wieder in den Griff zu bekommen. Und doch es gelang ihr einfach nicht, denn immer wieder sah sie Mamoru vor sich, wie er Natsumi zum Abschied küsste. Der Anblick schmerzte noch immer wahnsinnig und sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde augenblicklich zerspringen. Mehrmals atmete sie tief ein und wieder aus und schluckte den immer größer werdenden Kloß, der ihr die Kehle zuzuschnüren drohte, hinunter. Sie wollte unter allen Umständen vermeiden, dass Yukiko oder gar Midori etwas von ihrer momentanen Gefühlslage mitbekamen. Doch die unangenehme Stille, die sich nach Natsumis plötzlichem Auftauchen und anschließendem Abgang im Esszimmer unaufhörlich ausbreitete, schien sie zusätzlich zu erdrücken. Verzweifelt versuchte sie die immer wieder neu aufkommenden Tränen zu unterdrücken und bemerkte dabei nicht, wie Midori sich von ihrem Platz erhob und hinter sie trat. Leicht zuckte die blonde junge Frau zusammen und sah erschrocken auf, als sie eine zierliche Hand auf ihrer Schulter spürte. »Um 11:00 Uhr kommt die Schneiderin mit einer Auswahl an Ballkleidern für dich vorbei, Usagi. Und gegen 14:00 Uhr wird dann der Tanzlehrer vor Ort sein.« Fast schon mitleidig blickte Midori ihr entgegen. Ein Blick, den Usagi gerade nur schwerlich ertrug und sie von ihrem Platz aufspringen ließ. »Bitte entschuldigt, aber ich brauche dringend frische Luft...« Ohne weiter auf Midori und Yukiko zu achten, lief sie aus dem Esszimmer geradewegs in den angrenzenden Garten hinein. Wenige Augenblicke später kam sie auf der Terrasse zum Stehen, stützte sich dort an dem Geländer der Veranda ab und ließ ihren Gefühlen einen Moment lang freien Lauf. Heiße Tränen bahnten sich einen Weg über ihre Wangen und sie schluchzte laut auf. Das alles war einfach zu viel für sie gewesen und die bloße Erinnerung an den Kuss zwischen Mamoru und Natsumi bohrte sich wie ein Dorn schmerzhaft und tief in ihr Herz. Wie sollte sie das überhaupt in Zukunft ertragen, wenn es ihr jetzt schon so zusetzte? Schließlich würde sie Mamoru und damit auch Natsumi hier fortlaufend begegnen und es würde ihr immer wieder aufs Neue einen Stich ins Herz versetzen, die beiden zusammen zu sehen. Leise und wie durch eine Dunstglocke hörte sie ein Handy klingeln. Immer lauter werdend, stellte sie erschrocken fest, dass es ihr eigenes Handy war, das in ihrer Hosentasche steckte. Überrascht stellte sie fest, dass es sich bei dem Anrufer um ihre Mutter handelte, nachdem sie einen kurzen Blick aufs Display geworfen hatte. Kurz wischte sich die junge Frau mit dem Handrücken über ihre Augen und befreite sich von den Tränen, die noch immer im Augenwinkel blitzten, bevor sie das Gespräch entgegennahm: »Ohayô gozaimasu, Mama!« »Guten Morgen, Liebes. Ich hoffe, ich störe nicht?« »Nein, du störst doch nicht. Was gibt es denn?« »Ich wollte dir nur sagen, dass Papa von seiner Dienstreise zurück ist. Allerdings wird er wohl erst heute Abend wieder ansprechbar sein, da er sich eben hingelegt hat. Der Flug war wohl ziemlich anstrengend.« »Verstehe! Könntest du ihm, wenn er wieder wach ist, vielleicht ausrichten, dass ich dringend mit ihm sprechen müsste und er mich doch bitte zurückrufen soll?« »Natürlich, aber wäre es nicht vielleicht möglich, wenn du zum Abendessen vorbei kommst? Versteh mich nicht falsch, ich weiß, dass du nur noch sehr wenig Zeit für private Dinge hast... - das bringt dein Beruf nun einmal so mit sich. Aber es wäre schön, dich auch mal wieder zu Gesicht zu bekommen.« »Ach, Mama, ich bin doch gerade mal ein paar Tage weg...« Ikuko seufzte hörbar. »Ich weiß, Kleines, aber es ist für mich einfach noch so schrecklich ungewohnt, zu wissen, dass du von nun an deine eigene Wege gehst und nur noch selten zu Hause sein wirst. Vielleicht brauche ich einfach noch ein wenig Zeit, um mich an den Gedanken und die Situation zu gewöhnen, dass du so langsam aber sicher erwachsen wirst.« »Ich verstehe dich ja und vermisse euch auch schrecklich, Mama. Aber ich kann dir hier und jetzt am Telefon leider noch nicht Hundertprozentig sagen, ob das mit heute Abend klappen wird. Dafür müsste ich erst einmal mit Mrs Chiba sprechen und mir ihr Okay holen.« »Du versuchst es also zumindest?« »Ja!« »Genau das wollte ich hören. Dann bis heute Abend.« »Mama!«, rief Usagi empört, musste aber schon im nächsten Moment schmunzeln. Ikuko lachte. »Ja, ja, schon gut, Liebes. Ich habe es verstanden. Melde dich einfach, versprochen?« »Mach ich, versprochen! Hab dich lieb!«, erwiderte Usagi lächelnd und setzte direkt im Anschluss Mamoru per SMS in Kenntnis, dass sich für sie heute Abend eventuell die Gelegenheit bot, mit ihrem Vater über den Artikel zu sprechen: Absender: Usagi Empfänger: Mamoru Gesendet um: 9:01 Uhr Hallo, Mamoru, ich habe gerade mit meiner Mutter telefoniert. Mein Vater ist von seiner Dienstreise zurück. Allerdings schläft er jetzt und ist deshalb erst heute Abend zu sprechen. Meine Mutter hat mich zwar direkt zum Abendessen eingeladen, damit ich in Ruhe mit ihm reden kann, aber ich weiß noch nicht, ob ich hingehen werde, da ich das erst noch mit deiner Mutter absprechen muss. Nachdem sie die SMS an Mamoru abgeschickt hatte, steckte sie ihr Handy zurück in ihre Hosentasche und ging langsamen Schrittes zurück ins Esszimmer. Blieb auf dem Weg dorthin jedoch abrupt stehen, als sie Mamoru im Flur erblickte, der anscheinend gerade dabei war, ihre SMS zu lesen. 'Wollte er nicht längst zur Arbeit?', schoss es Usagi augenblicklich durch den Kopf, während sie ihn eingehend musterte. Lässig, in einem grauen Jogginganzug und strahlend weißen Sportschuhen gekleidet, stand er da und tippte etwas in seinem Handy ein. Vermutlich, so glaubte sie, beantwortete er gerade ihre Nachricht. Abwartend blickte sie auf ihr Handy, in der Hoffnung, dass eine neue SMS sich ankündigen würde. Doch nichts geschah. Kein Piepen. Kein Vibrieren. Überrascht riss sie die Augen auf und sog scharf die Luft ein, als Mamoru wie aus weiterem Himmel und keine Sekunde später plötzlich vor ihr stand. Wie hatte er das gemacht? Wieso hatte sie ihn nicht kommen hören? Sie schluckte und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, als sie geradewegs in sein Gesicht starrte. Seine blauen Augen blitzen belustigt auf und ein leichtes Lächeln umspielte seinen Mundwinkel. Schnell senkte sie den Blick, starrte geradewegs auf seine Brust. Uff... wie in Gottes Namen schaffte es dieser Mann, selbst in einem normalen Jogginganzug so verdammt gut auszusehen? Ihre Knie wurden augenblicklich weich und sie musste mehrfach schlucken, um ihre Fassung wieder zu erlangen. Fragend hob Mamoru eine Augenbraue. »Ist alles in Ordnung?« »Bitte, was? Oh, ähm ja, natürlich! Ich war gerade nur ein wenig überrascht, dich hier anzutreffen. Ich dachte nämlich, du wärst längst auf Arbeit.« »Achso, ja, wäre ich eigentlich auch, aber ich habe beschlossen, heute von zu Hause aus zu arbeiten. Vorher wollte ich aber noch eine Runde joggen gehen, um den Kopf ein bisschen frei zu kriegen.« »Meine SMS hast du aber noch gelesen, oder?« Nervös nestelte Usagi am Saum ihrer roten Bluse, die sie zu ihrer schwarzen Hose trug. »Ja, habe ich«, antwortete er knapp und brachte etwas Abstand zwischen sich und Usagi, als er Schritten kommen hörte. »Usagi? Die Schneiderin ist da«, rief Midori und zog damit kurzzeitig alle Aufmerksamkeit auf sich. Doch schon im nächsten Moment war sie wieder hinter der Schiebetür verschwunden und Usagi blickte erneut zu Mamoru. »Bitte entschuldige mich. Ich will dich auch nicht noch länger vom Joggen gehen abhalten.« Gerade als Usagi im Begriff war zu gehen, ergriff Mamoru reflexartig ihr Handgelenk: »Warte! Würde es dir oder deinen Eltern etwas ausmachen, wenn ich dich heute Abend begleite? Ich würde nämlich gern selbst mit deinem Vater über den Artikel sprechen.« Überrascht blinzelte Usagi, nickte jedoch direkt zur Bestätigung. Das Angebot kam zwar überraschend, aber ihr insgeheim sogar ganz gelegen, denn wenn sie ehrlich war, wollte sie nicht zwingend noch mehr Details über Mamorus und Natsumis angeblich baldige Hochzeit erfahren. »Nein, ich denke, das dürfte kein Problem sein. Ich werde, sofern ich das Einverständnis von Midori habe, meine Mutter darüber in Kenntnis setzen, dass du mich heute Abend begleiten wirst.« »Ich denke, da brauchst du dir keine Gedanken machen. Meiner Mutter sind das Gespräch und die Aufklärung über das Entstehen dieses Artikels nämlich ebenso wichtig wie mir. Und je eher ich das Gespräch mit deinem Vater führen kann, umso besser. Zudem kann sich während deiner Abwesenheit auch Dr. Mizuno um meine Großmutter kümmern. Ein Anruf genügt.« Wie zur Bestätigung griff Mamoru kurz darauf nach seinem Smartphone: »Das haben wir gleich...«, zwinkerte er Usagi optimistisch zu, während er eine bestimmte Nummer aus seinem Telefonbuch wählte. Irritiert runzelte Usagi die Stirn und fragte sich, was genau er vorhatte und wen er dort anzurufen versuchte. Im nächsten Moment jedoch schüttelte sie über sich selbst den Kopf, als sie Mamoru den Namen Ami Mizuno sagen hörte. Logisch, dass er die Ärztin direkt kontaktierte. Das Gespräch zwischen den Beiden dauerte keine zwei Minuten und doch kam es der jungen Frau wie eine halbe Ewigkeit vor, bis Mamoru endlich auflegte. Lächelnd nickte er ihr zu: »Also, das wäre geklärt. Ami wird so gegen 17:00 Uhr hier sein.« Gerade als Usagi sich bei ihm bedanken wollte, hörte sie erneut ihren Namen. »Usagi, wo bleibst du denn?« »Ich komme sofort!«, rief sie Midori zu, die erneut an der Schiebetür erschienen war und neugierig zu ihnen hinüber blickte. »Los, geh schon! Meine Mutter mag es nicht gern, wenn man sie warten lässt...« Ein wenig unschlüssig stand Usagi kurz vor ihm. Mal wieder widerstrebte es ihr, sich von ihm abzuwenden, denn mittlerweile genoss sie jede Sekunde, die sie in Mamorus Nähe verbringen konnte. »Ja, also ... dann bis später!«, sagte sie leise und wollte sich gerade abwenden und hineingehen, als er sie noch einmal kurz zurückhielt: »Usagi? Eins wollte ich dir noch sagen: Danke für deine Mühe. Es ist wirklich schön, dass du da bist!« Zu ihrer Überraschung war er ihrem Gesicht mit einem Mal unglaublich nahe und sie hielt automatisch die Luft an, als sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut spürte. Noch ehe seine Lippen sanft ihre Wange berührten, schloss sie die Augen und wünschte sich gedanklich, dass die Zeit stehen bleiben sollte. Doch schon im nächsten Moment war es vorbei und sie stellte zu ihrem Bedauern fest, dass er sich bereits von ihr entfernte und losjoggte. Völlig verzaubert lief sie nach drinnen, wo Midori und Yukiko bereits mit einer jungen Frau mit ungewöhnlich langen rot-blonden Haaren wartete. 'Das muss wohl die Schneiderin sein', schoss es Usagi durch den Kopf und trat auf die drei Frauen zu. »Ah, da bist du ja! Usagi, darf ich dir Sērā Gyarakushia vorstellen? Sie wird dir heute bei der Anprobe der Ballkleider mit Rat und Tat zur Seite stehen und im Anschluss entsprechende Anpassungen am ausgewählten Kleid vornehmen, sofern dies notwendig sein sollte.« Freundlich lächelte die junge Frau Usagi entgegen. »Es ist mir eine Freude, dir bei der Auswahl eines Ballkleides helfen zu dürfen.« »Ich lasse euch dann jetzt allein, da ich noch einen wichtigen Termin habe«, entgegnete Midori und nickte noch einmal kurz in die Runde, ehe sie den Raum verließ. Nachdem die Schwarzhaarige den Raum verlassen hatte, wandte sich Sērā Gyarakushia direkt an Usagi: »Dann wollen wir mal keine Zeit verlieren, denn wenn ich Mrs Chiba richtig verstanden habe, beginnt um 14:00 Uhr bereits deine erste Tanzstunde.« Zwinkernd deutete sie nun direkt zu der rollenden, voll behangenen Kleiderstange, die sich hinter ihnen befand. Usagi blinzelte und trauten ihren Augen kaum, als sie sich herum drehte und die teilweise traumhaft schönen Ballkleider erblickte. »Also Usagi... glücklicherweise hat mir Mrs Chiba schon im Vorfeld ein wenig von dir erzählt, sodass ich mir ein ungefähres Bild darüber machen konnte, welche Kleidergröße du vermutlich trägst und welche Farben hervorragend zu dir passen könnten.« Die Schneiderin hielt einen Moment inne und schüttelte schmunzelnd den Kopf, nachdem sie Usagi genauer in Augenschein genommen hatte. »Unglücklicherweise muss ich, jetzt, wo ich dich direkt vor mir stehen sehe, aber leider zugeben, dass ich mich bei deiner Kleidergröße wohl ein wenig verschätzt haben könnte. Du bist nämlich weitaus zierlicher, als ich dachte. Aber wie heißt es so schön: ,Was nicht passt, wird eben passend gemacht‘«, fuhr sie unbeirrt fort und griff in weiser Voraussicht schon mal nach einem Maßband und einem Nadelkissen, während Usagi sich bis auf die Unterwäsche auszog und das erste Ballkleid anprobierte, das ihr auf Anhieb zusagte. Zu ihrem Bedauern musste sie jedoch, als sie vor dem Spiegel trat, feststellen, dass das weiße ,Houte Couture‘ Kleid ein wenig zu gewagt für eine Gala wäre, da es für ihren Geschmack eindeutig zu viel Haut preisgab. »Ähm... «, räusperte sie sich und blickte fragend zu Yukiko hinüber, die ihr mit einem leichten Kopfschütteln und einem, »Nein, das ist definitiv nicht dein Kleid«, zu verstehen gab, dass sie recht hatte. Dankbar lächelte sie ihr zu und probierte sogleich das nächste Ballkleid an. Dieses war schon eher nach ihrem Geschmack. Schlicht, aber dennoch sexy. Leicht verspielt und in einem wunderschönen leuchtendem Rot gehalten. Wieder warf sie einen Blick zu Yukiko hinüber, die mit der Auswahl dieses Kleides ebenfalls mehr als nur zufrieden zu sein schien: »Also wenn du mich fragst, mein Kind, ist es genau dein Kleid. Es steht dir wirklich ausgezeichnet!« Usagi nickte. »Ich denke auch, ja! Aber ich würde liebend gerne trotzdem noch das schwarze Ballkleid anprobieren, nur um auf Nummer sicher zu gehen.« »Nur zu...«, erwiderte die Ältere lächelnd und besah sich die junge Frau vor sich. Gerade, als Usagi mit Hilfe der Schneiderin in das Kleid steigen wollte, wurde die Tür aufgerissen und Mamoru erschien im Türrahmen. »Usa.....?« Er hielt augenblicklich inne und stockte, als er die Blondine halbnackt, und nur mit weißer Spitzenunterwäsche bekleidet, erblickte. Schluckte hart. Wich einen Schritt zurück, nachdem sich ihre Blicke getroffen hatten. Sein Herz raste. Ebenso erschrocken und mit weit aufgerissenen Augen blickte Usagi ihm entgegen ... war scheinbar völlig erstarrt, wie er. Sekunden vergingen, ehe ein Ruck durch seinen Körper ging und er mit hochrotem Kopf eine Entschuldigung stammelte, bevor er fluchtartig aus dem Zimmer verschwand. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, brachen die drei Frauen in schallendes Gelächter aus. Yukiko musste sich zwischendurch Lachtränen aus den Augen streichen. Und trotz der peinlichen Situation konnte auch Usagi nicht an sich halten, denn Mamorus kurzzeitige Verblüffung und wie er mit hochrotem Kopf geflüchtet war, waren einfach ein zu köstlicher Anblick gewesen. Nachdem sich die Drei wieder beruhigt hatten, half Sērā Usagi in das schwarze Kleid mit der Schnürung am Rücken. Völlig verzückt stand sie neuerlich vor dem Spiegel und fühlte sich wie eine Prinzessin. »Oh, Gott, ich kann mich kaum entscheiden. Yukiko, was meinst du? Das rote oder das schwarze Kleid?«, fragte Usagi nun, während sie sich noch immer vor dem großen Spiegel hin und her drehte. »Was hältst du davon, wenn du einfach Beide nimmst, Liebes? Das Rote für den Ball und das Schwarze... - nun ja, ich denke, da wird sich noch eine passende Gelegenheit bieten, wo du es ganz sicher tragen wirst«, antwortete Yukiko lächelnd. »Aber ich kann mir nicht beide Kleider leisten...«, erwiderte Usagi zweifelnd. Schmunzelnd tat die Ältere den Einwand von Usagi mit einer Handbewegung ab: »Papperlapapp! Das ist doch alles schon geklärt.« Schon im nächsten Augenblick wandte sie sich an die Schneiderin: »Machen Sie doch bitte beide Kleider für Usagi fertig, Sērā.« »Natürlich, Mrs Chiba«, erwiderte diese höflich und hing die Kleider wieder sorgfältig auf die Stange, nachdem sie sie an Usagi Maß genommen und im Anschluss mit Nadeln auf ihre Größe zurecht gesteckt hatte.                                                                                 ✲ Sie saßen gerade noch bei einer Tasse Tee und Artemis scharwenzelte schnurrend um die Beine von Usagi herum, als Noguchi seine Anwesenheit durch ein höfliches Räuspern ankündigte: »Entschuldigen Sie die Störung, meine Damen, aber das Mittagessen ist fertig. Zudem soll ich Mrs Chiba entschuldigen und Ihnen ausrichten, dass der Tanzlehrer um 14:00 Uhr zugegen sein wird.« »Dann sollte ich mich jetzt verabschieden und mich direkt an die Arbeit machen, damit die Kleider rechtzeitig zur Gala fertig sind. Vielen Dank für den Tee!« Sērā erhob sich und verbeugte sich zum Abschied vor Yukiko und Usagi, um dann mit der rollbaren Kleiderstange aus dem Zimmer zu laufen. Nachdem sie wieder allein waren, wandte sich Yukiko an Usagi: »Liebes, bringst du mich nach dem Mittagessen bitte direkt auf mein Zimmer? Ich würde mich gern etwas eher hinlegen.« »Geht es dir nicht gut? Soll ich Dr. Mizuno verständigen?«, fragte Usagi sichtlich besorgt. »Es ist geht schon. Ich bin nur ein wenig müde heute«, antwortete die Ältere lächelnd. »Bist du sicher, dass ich nicht lieber doch.......?« »Nein, Usagi. Mach dir keine Sorgen und konzentriere dich bitte nachher einfach auf deinen Tanzunterricht.« Das Mittagessen verlief ruhig, denn nur Yukiko und Usagi waren anwesend, nachdem sich Midori hatte entschuldigen lassen, weil sie zum Mittagessen mit der neuen Geschäftspartnerin Setsuna Meioh verabredet war. Auch Mamoru hatte sich, sehr zu Usagis Bedauern, entschuldigen lassen und sein Essen auf seinem Zimmer eingenommen. Mehr als einmal hatte sich die Blondine daraufhin gefragt, ob er einfach nur beschäftigt oder ihm der vorherige Vorfall bei der Anprobe ihres Ballkleides peinlich war. Darauf ansprechen würde sie ihn natürlich nicht, auch wenn ihr die Frage auf der Zunge brannte. Yukiko hatte natürlich wieder einmal wieder gemerkt, dass sie mit den Gedanken woanders war und wie immer fragte sie direkt heraus: »Machst du dir Gedanken, weil uns Mamoru gerade keine Gesellschaft beim Mittag leistet?« Stumm nickte Usagi und stocherte dabei lustlos in ihrem Essen herum. Seufzend ließ sie die Gabel sinken und schloss für einen Moment die Augen, während sie sich nach hinten lehnte. »Was soll ich nur machen, Yukiko? Kaum eine Sekunde vergeht, in der ich nicht an ihn denken muss. Dabei sollte mir doch klar sein, dass ich nie eine Chance haben werde...« Tröstend tätschelte die Ältere ihr die Hand. »Keine Begegnung im Leben ist Zufall, Usagi. Ein weiser Mann hat einmal gesagt, dass das Schicksal die Wege von zwei Menschen, die zusammengehören, so oft kreuzen lässt, bis beide erkennen, dass sie füreinander bestimmt sind.« »Du hast letztens schon mal von Schicksal gesprochen - was genau meinst du damit?« »Dass du die Hoffnung vielleicht nicht allzu schnell aufgeben und mehr auf dein Herz hören solltest... « Noch während Usagi Yukiko in ihr Zimmer brachte und ihr dort in das Bett half, dachte sie über ihre Worte nach. Bisher hatte sie nie an Schicksal und allen voran an schicksalshafte Begegnungen geglaubt, und doch hatten Yukikos Worte sie zum Grübeln gebracht. Gab es so etwas wie Vorsehung? Waren alle Begegnungen vorherbestimmt? Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr wurde sie sich sicher, dass es womöglich so war, dass sich Mamorus und ihr Weg gekreuzt hatten, noch ehe sie bei den Chibas überhaupt angefangen hatte zu arbeiten. Noguchi riss sie schließlich aus ihren Gedanken. »Miss Tsukino? Der Tanzlehrer ist soeben eingetroffen.« »Oh, Gott, Noguchi, müssen Sie mich so erschrecken?« »Verzeihung! Mrs Chiba hat mich zudem gebeten, Ihnen auszurichten, dass Sie für die Tanzstunde bitte in das Musikzimmer gehen sollen.« »Es gibt ein Musikzimmer?«, fragte sie sichtlich überrascht. »Mr Chiba hat dort seinen Flügel stehen, auf dem er regelmäßig spielt und aufgrund der Größe eignet sich die Räumlichkeit ideal zum Tanzen.« »Ich wusste gar nicht, dass Mamoru Klavier spielt«, murmelte sie und folgte Noguchi in die Eingangshalle. Abrupt blieb sie stehen, als sie zwei Männer in der Eingangshalle stehen sah. Zwei Männer, die sich ähnlicher nicht hätte sehen können ... Mamoru und ein ihr noch unbekannter Mann, die sich angeregt unterhielten. Sie schienen sich näher zu kennen und vermutlich handelte es sich um den für sie extra bestellten Tanzlehrer. Je näher sie den Beiden kam, umso mehr breitete sich ein mulmiges Gefühl in ihr aus. Umso wackliger wurden ihre Beine und umso schneller wurde ihr Herzschlag. Würde Mamoru etwa zusehen, wenn sie wie ein Trampeltier ohne Takt- und Rhythmusgefühl über das Parkett fegte? Wenn sie ihrem Tanzlehrer fortlaufend auf die Füße trat? Bei diesem Gedanken wäre sie am liebsten auf der Stelle umgedreht und hätte die Tanzstunden abgesagt. Doch noch bevor sie etwas sagen oder unternehmen konnte, kündigte Noguchi bereits ihr Erscheinen bei den wartenden Herren an: »Meine Herren? -Miss Tsukino...!« Mit einer leichten Verbeugung trat er neben Usagi in den Hintergrund, ehe er gänzlich verschwand. Nur kurz warf Usagi einen Blick auf Mamoru, dessen Blick ebenfalls auf sie gerichtet war. Seine Gesichtszüge waren wie eingefroren und doch nahmen seine blauen Augen sie sofort wieder gefangen. Sie musste sich sogar regelrecht zwingen, den Blickkontakt zu unterbrechen und den noch unbekannten Mann zu begrüßen. »Hallo, mein Name ist Usagi Tsukino.« »Hallo, Usagi, es ist mir eine Freude! Mein Name ist Saphir und ich werde dir in den nächsten zwei Tagen das Tanzen beibringen«, antworte er und lächelte sie höflich an. Doch sein Lächeln erreichte nicht seine Augen. Es wirkte beinahe wie aufgesetzt und Usagi verspürte beim Blick in seine Augen eine seltsame Kühle. Sofort wandte sie sich wieder an Mamoru: »Midori hat über Noguchi ausrichten lassen, dass wir in das Musikzimmer gehen sollen, da wir dort genug Platz hätten zum Tanzen.« »Da hat sie recht. Kommt, ich zeig es euch!« Zu Dritt liefen sie die Treppe nach oben, wo sich ebenfalls die Bibliothek und Midoris Schlafraum befanden. Hinter einer kleinen Nische befand sich eine Tür, die Usagi bisher nicht aufgefallen war. Als Mamoru diese schlussendlich öffnete und den Blick in den Raum freigab, staunte sie nicht schlecht. Die Fensterfront nahm fast die gesamte Seite ein und am Ende des Raumes stand ein großer schwarz-glänzender Flügel, der sofort alle Blicke auf sich zog. »Wow! Der Raum ist ja wirklich riesig und das Klavier...« »Es hat meinem Vater gehört«, erwiderte Mamoru und Usagi sah, wie sein Blick ein gerahmtes Foto auf dem Flügel streifte. Kurz nahm sie sich vor, ihn bei Gelegenheit zu fragen, ob er ihr etwas vorspielen würde.  »Deine CD kannst du dort hinten abspielen«, sagte Mamoru nun an Saphir gewandt und deutete auf eine große schwarze Anlage, die auf einem kleinen Schränkchen in der anderen Seite des Raumes stand. Dieser nickte kurz und wandte sich ab, sodass Usagi mit Mamoru alleine da stand. »Kommst du alleine klar?«, fragte er leise und verfolgte, wie Saphir die CD einlegte, ehe er wieder zu Usagi blickte. »Äh... ja, ich denke schon!« Sie lächelte zaghaft und Mamoru quittierte dies mit einem kurzen Kopfnicken. Die Musik setzte ein und Saphir gesellte sich wieder zu ihnen: »Hast du schon einmal Walzer oder einen anderen Standardtanz getanzt, Usagi?« Auffordernd hielt der junge Mann ihr dabei die linke Hand entgegen, die sie nun zögerlich ergriff. »Bisher nicht, nein, das hier ist mein erstes Mal....« Er lächelte bei ihrer Aussage und wieder stellte Usagi fest, dass sein Lächeln nicht seine Augen erreichte. Was war das nur, dass seine kalten Augen sie so verunsicherten? Saphir wirkte nicht unbedingt hart und herzlos, aber in seinem Blick lag etwas, dass in ihr ein Unbehagen auslöste. Noch einmal blickte sie zurück zur Tür, wo sich Mamoru gerade ein letztes Mal umdrehte, sie und Saphir kurz musterte und dann die Tür hinter sich schloss. Hatte sie sich gerade getäuscht, oder hatte etwas Gequältes in seinem Blick gelegen? Ihr blieb keine Zeit, sich darüber weiter Gedanken zu machen, denn Saphir forderte nun ihre ganze Aufmerksamkeit: »Also gut, dann fangen wir am besten mit dem Grundschritt an. Er nennt sich Wiegeschritt, denn vom Bewegungsgefühl geht er seitlich nach rechts und links oder vor und zurück und dabei von unten nach oben. Dabei kannst du anfangs zur Hilfe den Takt mitzählen: Eins, zwei, drei...« Es dauerte nicht lange und Usagi hatte den Dreh mit dem Wiegeschritt nach links und rechts sowie vor und zurück raus. Zufrieden nickte Saphir: »Das klappt doch schon super. Und das, wo du anfangs noch von dir behauptet hast, du hättest zwei linke Füße.« Schmunzelnd schnappte er sich ihre Hände, sodass sie sich nun gegenüber standen. Mittlerweile fühlte sie sich in seiner Gegenwart deutlich entspannter und wohler und es schien, als würde sie beide endlich auftauen und beim Tanzen sogar ganz gut miteinander harmonieren. »So, Usagi. Jetzt probieren wir es direkt einmal zusammen.« »Sollte ich mich jetzt schon mal dafür entschuldigen, dass ich dir vermutlich dutzende Male auf die Füße treten werden?«, fragte sie schief grinsend und blickte nach unten. »Usagi - Kopf oben halten! Schau mich an und lass dich bitte nicht verunsichern. Jeder hat einmal angefangen, auch ich!« Tief holte Usagi Luft und blickte Saphir direkt ins Gesicht. Der direkte Körperkontakt mit ihm machte sie etwas nervös und eben auch die Tatsache, dass sie sich gleich ganz sicher vor ihm blamieren würde. »So, nun legst du deine rechte Hand in meine linke Hand und deine andere Hand auf meinen rechten Oberarm. Die Ellenbogen bleiben während des Tanzens übrigens angehoben.« Sie tat wie geheißen und spannte automatisch alle Muskeln im Körper an, als sie seine Hand unterhalb ihres Schulterblattes spürte. »Ich zeig dir nun grob die Schritte beim langsamen Walzer, okay?« »Okay, ich hoffe, ich kann mir das alles merken...«, erwiderte Usagi und war erneut versucht hinunter auf ihre Füße zu gucken. »Am besten wir laufen das ganze einmal langsam ab und du verfolgst die Schrittfolge auf dem Boden, bevor wir richtig starten. Stell dir dabei einfach ein imaginäres Viereck unten deinen Füßen vor. Dieses Viereck gehen wir ab oder auch ganz einfach gesagt: wir tanzen jede Ecke dieses Vierecks einmal ab.« Das nächste Lied auf der CD startete und Saphir zog sie näher an sich. »Du startest erst mit den Schritten „Vier, Fünf, Sechs“ und tanzt dann „Eins, Zwei, Drei“, damit es paarweise zusammenpasst. Der Grundschritt kann übrigens nach rechts gedreht werden, wenn dir das angenehmer ist.« Für ihre ersten Tanzversuche klappte es sogar recht gut - zwar nicht auf Anhieb und auch nicht ohne Saphir mindestens 10 Mal auf die Füße getreten und sich fortlaufend dafür entschuldigt zu haben. Aber dennoch hatte sie nach circa zwei Stunden die Schrittfolge halbwegs inne, sodass sie nicht ständig aus dem Takt kamen und von neuem anfangen mussten. Völlig außer Atem forderte Usagi nach einiger Zeit vom ihrem Tanzlehrer eine Pause und nahm auf einem der am Fenster stehende Stühle Platz. Ihr Füße und auch ihre Arme schmerzten fürchterlich. »Oh, mein Gott, wenn ich jetzt schon völlig fertig bin, wie soll ich dann einen ganzen Abend durchhalten?«, fragte sie seufzend und griff nach einer der beiden Wasserflasche, die Noguchi zwischendurch gebracht hatte. »Mach dir keine Sorgen, du packst das schon, Usagi! Und glaube mir, wenn ich sage, dass du dich bisher wirklich gut geschlagen hast.« »Das ist nett von dir. Nur denke ich gerade auch daran, dass ich bei der Gala ja nicht mit flachen Schuhen tanzen werde.« »Du hast wohl noch nie an solch einer Veranstaltung teilgenommen, hm?« Usagi schüttelte den Kopf. »Nein, auch das wird das erste Mal sein...« Sie stockte, als sie hoch in sein Gesicht blickte und bemerkte, wie nah er gerade vor ihr stand. »Warum nur kommen mir deine Augen so vertraut vor? So, als würde ich sie aus einem anderen Leben kennen? Als würde ich dich bereits ewig kennen?«, fragte er mit leiser Stimme. »Ich... ich... ich weiß es nicht«, antwortete Usagi und rutschte auf ihrem Stuhl ein wenig tiefer. Warum blickte er sie so an? Warum machte er ihr auf einmal sogar ein wenig Angst und bereitete ihr Unbehagen? Und warum fühlte sie sich in seiner Nähe so verunsichert? Sie wünschte sich in diesem Augenblick Mamoru herbei. Wieso hatte sie ihm nur vorhin gesagt, dass sie alleine klar käme? Erleichtert atmete sie aus, als die Tür aufging und Mamoru tatsächlich wie aufs Stichwort im Türrahmen erschien. ,Perfektes Timing‘, dachte sie und erhob sich von ihrem Stuhl, um Abstand zwischen sich und Saphir zu bringen. »Mamoru, was gibt es?«, fragte Saphir, als wäre nichts gewesen. Als hätte er nicht gerade vor Usagi gestanden und auf sie hinab geblickt, als würde er sie gleich auffressen wollen. »Hm, ich wollte eigentlich nur sehen, was Usagi für Fortschritte macht.« Mit hochgezogener Augenbraue blickte er zu der Blondine hinüber, die wie erstarrt am Fenster stand. »Wir haben gerade eine kleine Pause gemacht. Aber ich muss sagen, Usagi macht ihre Sache gut und ich bin zuversichtlich, dass es mit dem langsamen Walzer bis zur Gala klappen wird.« Ein Schmerzensschrei ließ die beiden Männer zu Usagi blicken, die sich mit verzerrtem Gesicht nach vorn über beugte und an ihre Wade fasste. Sofort war Mamoru bei ihr: »Usagi, was ist los?« »Ich hab einen Krampf.... ah!« »Streck das Bein durch und versuch den Krampf rauszudrücken.« Sie ächzte unter dem Schmerz, der ihr Bein durchzog und ihr die Tränen in die Augen trieb: »Oh, Gott, lass das bitte schnell vorbei sein!« Ohne Vorwarnung packte Mamoru ihr Bein, griff unter ihren Fuß und drückte ihn gegen das durchgestreckte Bein nach oben. Nebenbei wandte er sich an Saphir: »Ich denke, Ihr solltet für heute Schluss machen, Saphir. Morgen ist auch noch ein Tag...« »Natürlich! ... Usagi, wir sehen uns dann morgen.« Mamoru wollte sich erheben, doch Saphir winkte ab: »Bleib ruhig bei Usagi. Ich finde den Weg allein...« Nach und nach entspannte Usagi ein wenig, als der Schmerz abebbte. »Geht es wieder?«, fragte Mamoru nach wenigen Minuten und Usagi lächelte ihm dankbar entgegen. »Ja, es zieht nur noch ein wenig.« »Warte kurz hier, ich hole etwas zum Einreiben und Kühlen.« »Mamoru? Kannst du kurz nach Yukiko schauen? Sie wollte sich vorhin direkt hinlegen, weil sie so müde war.« »Natürlich.. Bin gleich zurück«, erwiderte er und lief geradewegs und ohne Umwege in die Küche zum Arzneimittelschrank. Erleichtert atmete Mamoru auf, als er dort noch eine kleine Flasche Franzbranntwein vorfand, mit der er Usagis schmerzendes Bein versorgen konnte. Zuvor allerdings sah er wie versprochen erst einmal nach seiner Großmutter, die bereits hellwach in ihrem Bett lag und ein Buch las, während ihr Noguchi nebenbei ein Fenster öffnete.     »Hallo, obaa-san, ich wollte kurz mal schauen, ob bei dir alles in Ordnung ist. Usagi meinte, dass du heute Mittag so müde warst, dass du dich direkt hinlegen wolltest.« »Ja, aber nach einem ausgiebigen Schläfchen geht es mir wieder besser. Macht euch bloß nicht immer so viele Sorgen um mich! Aber sag mal, wo ist Usagi denn eigentlich? Der Tanzkurs läuft doch nicht etwa noch?« »Nein, ich habe Saphir bereits nach Hause geschickt, nachdem Usagi einen Wadenkrampf hatte.« »Und dann bist du noch hier? Los, geh schon! Umsonst scheinst du die Flasche mit dem Franzbranntwein ja nicht so fest zu umklammern. Bitte sei aber so lieb und bringe Usagi nachher noch einmal vorbei. Ich würde gerne von ihr hören, wie ihr ihre erste Tanzstunde gefallen hat.« »Natürlich! Ich beeile mich...«, antwortete Mamoru und wandte sich zum Gehen. »Es eilt nicht, Mamoru. Bitte kümmere dich erst einmal in Ruhe um Usagi und später kommt Ihr dann, sobald Ihr so weit seid, einfach zu mir, okay?«                                                                                 ✲ Geduldig wartete Usagi unterdessen auf Mamoru. Der Schmerz im Bein war mittlerweile einem leichten Ziehen gewichen, doch sobald sie ihr Gewicht verlagerte, kam der Schmerz zurück. Um ihre Beine ein wenig zu entlasten, lehnte sie auf dem Fensterbrett, denn der Stuhl stand leider ein wenig entfernt. Doch nach und nach ließ auch die Kraft in ihren Armen nach. ,Wo blieb nur Mamoru? Wollte er nicht nur schnell etwas zum Einreiben holen und kurz bei Yukiko vorbei schauen? Yukiko! War vielleicht etwas mit ihr nicht in Ordnung?‘ Der Gedanke an Yukiko ließ sie aufschrecken und sofort drängte sich die Sorge in ihr Innerstes. Gerade, als sie sich in Bewegung setzen wollte, ging die Tür auf und Mamoru erschien. »Geht es Yukiko gut?«, fragte sie sichtlich besorgt. »Ja, mach dir keine Sorgen. Sie war putzmunter und hat ein Buch gelesen, als ich reingekommen bin. Du sollst nachher aber trotzdem noch zu ihr. Was macht dein Bein?« »Naja, so richtig auftreten kann ich noch nicht, ohne, dass es weh tut.« Mamoru nickte und ging vor ihr in die Hocke. Scharf sog sie die Luft zwischen den Zähnen ein, als er erneut ihr Bein packte und behutsam ihr Hosenbein hochkrempelte. Es war jedoch nicht so, dass es ihr Schmerzen bereitete. Nein, es war vielmehr seine Berührung, die etwas in ihr auslöste. Es war dieses intensive Kribbeln, die sie verspürte, als seine Hände ihre nackte Haut berührten. »Was ist das da eigentlich, mit was du mein Bein einreiben willst?« »Franzbranntwein«, antwortete er kurz und knapp und blickte von unten zu ihr hinauf. Der Blick in seine dunklen blauen Augen ließ sie automatisch die Luft anhalten und ihr Herz schneller schlagen. Alles um sie herum verschwamm und sie versank für einem Moment in einer anderen Welt. In einer anderen Zeit, wo es nur sie und Mamoru gab. MAMORU... ENDYMION... MAMORU... ENDYMI......... Ein kurzzeitiges Ziehen holte sie abrupt ins Hier und Jetzt zurück. Mamoru hatte angefangen, ihre Wade mit der stark riechenden Tinktur einzureiben und sanft zu massieren. Kurz verzog Usagi das Gesicht, als ihr der beißende Geruch des Franzbranntweines in die Nase stieg. Schloss dann im nächsten Moment jedoch die Augen und gab sich voll und ganz Mamorus sanfter Massage hin. »Tut das guuuuut...«, seufzte sie und entspannte zusehends. Der Schwarzhaarige lächelte. »Der Franzbranntwein oder die Massage?« Nach kurzer Überlegung grinste Usagi leicht. »Hm, was wäre, wenn ich sage: Der Franzbranntwein!?« »Ist dem denn auch wirklich so?«, fragte Mamoru leise nach und strich in einer zärtlichen Geste sanft über ihr Bein, während sein Blick den ihren suchte. Gespannt blickte er Usagi entgegen. Bemerkte, wie sie unter seiner sanften Berührung leicht zusammenzuckte und errötete.  »Nein«, antwortete sie zögerlich und das Kribbeln in ihrem Inneren nahm stetig zu. Von der Situation ein wenig überfordert, blickte sie zum Klavier und dem darauf stehenden gerahmten Foto hinüber. Schon Stunden zuvor hatte sie den Drang verspürt, Mamoru dazu zu befragen. »Was ist das eigentlich für ein Foto auf dem Klavier?« »Darauf sind mein Vater und ich. Meine Mutter hat es gemacht, kurz bevor er starb«, antwortete Mamoru und ließ von ihr ab. Langsam lief er zum Klavier hinüber und strich mit der Hand über den Tastendeckel, ehe er vor dem Hocker stehen blieb und auf das Foto starrte. Usagi folgte ihm zögerlich und blieb vor dem Flügel stehen. Hatte sie mit ihrer Frage womöglich gerade eine Grenze überschritten? »Bitte verzeih mir meine Neugierde...«, entgegnete sie verunsichert. Stirnrunzelnd blickte Mamoru auf. »Du brauchst dich nicht entschuldigen, Usagi! Es ist in Ordnung.« »Nein...« Die junge Frau schüttelte den Kopf und blickte beschämt zu Boden »Ist es nicht... Ich..« Abrupt unterbrach Mamoru sie, indem er schnellen Schrittes um das Klavier zu ihr herum eilte und dann sachte mit Daumen und Zeigefinger ihr Kinn anhob. »Doch ist es...«, erwiderte er flüsternd und ließ dabei seinen Daumen sanft über ihre Unterlippe gleiten. Das Verlangen, sie zu küssen, war intensiver denn je und er musste sich unheimlich zusammenreißen, diesem Drang nicht nachzugeben. Und so ließ er die Hand wieder sinken und schloss für einen Moment die Augen. Ihr so nahe zu sein, brachte ihn völlig aus der Fassung. Ließ ihn kurzzeitig alles um sich herum vergessen. Und doch konnte er nicht einfach loslassen und seinem Verlangen nachgeben. Schlussendlich war er auch einfach viel zu sehr Realist und zu gradlinig, um seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Usagi musste seinen inneren Kampf bemerkt haben, denn sie Griff einer Eingebung folgend, nach seiner Hand, als die ersten Klänge von Frank Sinatras "Moon River" zu hören waren. »Tanz mit mir«, bat sie ihn mit leiser Stimme. »Was?« Ein wenig überrascht blickte Mamoru auf ihre zierliche Hand, die seine hielt. »Bist du dir sicher?«, fragte er und deutete dabei mit einem leicht misstrauischen Blick auf ihr Bein. Usagi folgte seinem Blick und lächelte, als sie verstand, worauf er mit seiner Frage hinaus wollte. »Ja, ich bin mir sicher...«, erwiderte sie, während sie ihn zur Mitte des Raumes führte. Wie in Trance folgte er ihr. Ließ sich ohne jegliche Gegenwehr mit sich ziehen. Ein wenig verunsichert sah er auf Usagi hinab, als diese abrupt stehen blieb und ihm dann auffordernd entgegen blickte. »Also?«, fragte sie leise. »Also...«, wiederholte er und schluckte. Wollte sie wirklich hier und jetzt mit ihm tanzen? Ein Blick in ihre wunderschönen blauen Augen verriet ihm sofort, dass sie das eben Gesagte absolut ernst gemeint hatte. Sie wollte wirklich tanzen. Und das nicht mit irgendjemanden, sondern mit ihm... Mamoru Chiba. Derjenige, der sich die halbe Nacht den Kopf darüber zerbrochen hatte, wie er es trotz Natsumis Anwesenheit schaffen könnte, die junge Frau vor sich bei der Gala zum Tanzen aufzufordern. Doch war dies nun völlig nebensächlich geworden, denn sie standen sich hier und jetzt gegenüber, während Usagi noch immer seine Hand hielt. Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu, schob seine Hand über ihr Schulterblatt und blickte auf sie hinunter, als sie ihre andere freie Hand auf seinem Oberarm ablegte. Wie von selbst setzten sie sich nun in Bewegung und von Sekunde zu Sekunde, die sie den langsamen Walzer miteinander tanzten, kamen sich ihre Körper näher. Ihr warmer Körper schmiegte sich regelrecht an seinen und ihr Anblick nahm ihn derart gefangen, dass er selbst während des Tanzens nicht den Blick von ihr nehmen konnte. Sie strahlte, ließ sein Herz höher schlagen und ihr sanftes Lächeln beflügelte ihn. Noch immer verbreitete Frank Sinatras Stimme eine besondere Atmosphäre im Raum, als er in der Drehung abrupt stoppte. Wie sollte er nur weiter von ihr ablassen können? Wie sollte er ihr länger widerstehen können? Dieser strahlend schönen und bezaubernden jungen Frau... Und so löste er sich von ihr, ohne jedoch den Körper- und Blickkontakt zu unterbrechen. Ihre Augen blickten fragend und ihre Lippen öffneten sich leicht, als würde sie jeden Augenblick etwas sagen wollen. »Ich kann nicht anders«, murmelte er und beugte sich leicht zu ihr hinab. Ihre Nasenspitzen berührten sich bereits und doch hielt er kurz vor ihren Lippen noch einmal inne. Seit er Usagi das erste Mal gesehen hatte, wollte er nichts anderes als ihr nahe zu sein... sie zu spüren, zu fühlen und zu beschützen. Im Sturm hatte sie sein Herz erobert, obwohl er einer Anderen versprochen war. Es barg Risiken, was er hier tat und doch konnte er sich ihrer Anziehungskraft und dem Verlangen, sie zu küssen, nicht länger verwehren. Sachte berührten seine Lippen die ihren und er verfolgte, wie sie langsam ihre Augen schloss. Endlich! Nichts hatte er sich die letzten Tage sehnlicher gewünscht, als dies.... Seine Hände schoben sich dabei um ihren zierlichen Körper; hielten sie fest, als könnte er sie so immer an sich binden. Denn eins war er sich sicher: er würde Usagi nie wieder gehen lassen. Ihre Lippen waren weich und warm und ein elektrisierendes und erregendes Kribbeln fuhr durch seinen Körper, als sie bereitwillig den Mund öffnete und sich ihre Zungenspitzen berührten.                                                   "Einen Kuss kann man abwischen,                                              aber das Feuer im Herzen nicht löschen."                                                             (Deutsches Sprichwort) Das Zuschlagen der Eingangstür ließ ihn aufschrecken. Sofort machte er einen Schritt von Usagi weg, denn schneller als gedacht, hatte ihn die Realität wieder eingeholt. »Es tut mir leid! DAS hätte nicht passieren dürfen«, sagte er leise, doch das Bedauern über das Ende dieses Kusses war deutlich herauszuhören. Schnellen Schrittes lief er zur Musikanlage, um sie auszuschalten und griff schon im nächsten Moment nach der Hand einer noch immer völlig perplexen Usagi. »Wir sollten zu Yukiko. Komm!«, sagte er, ohne sie dabei eines weiteren Blickes zu würdigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)