Pirates of the Caribbean: Black Tides von Sharyne ================================================================================ Kapitel 1: Der Rum ist alle! ---------------------------- 1. Kapitel - Der Rum ist alle! "Wieso ... wieso ist eigentlich immer der ...? Wo ist denn schon wieder ..." Die Sonne brannte auf die dunkelbraunen, fast schwarzen Planken der Black Pearl, die sanft auf den Wellen des Karibischen Meeres schaukelte. Nur ein schwaches Lüftchen wehte auf der rauen See. Sechs der Männer an Deck hissten gemeinsam die schwarzen Segel, damit das Schiff ein wenig an Fahrt gewann - diese seltsame Ruhe war man, vor allem in der Morgendämmerung, von der Besatzung und dem Schiff selbst überhaupt nicht gewohnt. Das Geräusch von knarrenden Planken mischte sich mit dem salzigen Geruch des Ozeans, wie der kaum spürbare Wind seine Haut streifte und ihn leicht erschaudern ließ. Ein Lächeln stahl sich auf Jack Sparrow's Lippen, kaum merklich, wäre einer an ihm vorbei gelaufen - er hätte nicht einmal gesehen, dass der Captain schon wach war. Den Rücken an das alte Holz gelehnt, sich langsam aufraffend, stelle der Pirat plötzlich fest, dass irgendetwas mal wieder nicht stimmte. Natürlich, schließlich stimmte immer irgendetwas nicht! Aber gut, damit musste man eben leben, wenn man Captain einer Bande von abenteuerlustigen und lebensmüden Verbrechern war. Ganz eindeutig fehlte etwas - etwas, das er sonst immer bei sich trug (wie konnte es auch anders sein) oder wenigstens neben sich stehen hatte. Als er ganz langsam die Augen aufschlug, schon auf das Schlimmste gefasst, musste er sofort in das grelle Licht blinzeln. Er spürte seine dröhnenden Kopfschmerzen deutlicher jetzt, da er wach war - obwohl er doch gestern Nacht versucht hatte, sie mit einer Flasche Rum zu lindern. ... Rum? Natürlich! Der Rum! Das war es, was fehlte. Verdammt! Kein Rum - Keine gute Laune. Keine gute Laune - Keine besonders glückliche Crew ... Und eine unglückliche Crew erledigte die Arbeit nur halbherzig. Nein, nein, nein. Das ging überhaupt nicht! Schlimm war das, den neuen Tag ohne eine heiß geliebte Flasche Rum zu begrüßen. Vor allem für ihn! Seine Kopfschmerzen hatten sich inzwischen etwas beruhigt, sodass der Pirat sich einigermaßen gerade aufrichten konnte, wenn auch ein bisschen schwankend - aber wenigstens fiel er nicht gleich wieder nach hinten um. Oh ja, er erinnerte sich gut ... lachhaft war das gewesen damals, vor seiner ganzen Meute von Piraten, die mit ihm auf der Black Pearl segelte. Irgendjemand hatte doch tatsächlich die Frechheit besessen, ihn abzufüllen!  Oder ... hatte er selbst ganze drei Flaschen getrunken? Nein, unmöglich.  So betrunken war Jack Sparrow wirklich noch nie gewesen. "Master Gibbs!" - "Aye, Captain?" Ein scheinbar nicht weniger betrunkener, etwas älterer Mann aus der Crew taumelte über das Deck und blieb kurz vor seinem Captain stehen. Dieser setzte sich, wie immer, mit einer entschlossenen Miene den Dreispitz auf den Kopf, strich sich ein paar verfilzte Dreadlocks aus dem Gesicht und zupfte seinen Mantel zurecht. "Wo ist der Rum?" Leicht verunsichert wirkte sein treuer Erster Maat nun, nicht ganz sicher, was er auf Jacks Frage antworten sollte. Er verzog leicht die Lippen und versuchte, mit den Händen irgendetwas zu gestikulieren. "Du hast die letzten drei Flaschen gestern nahezu vernichtet, Jack. Der Rum ist alle." "Wie, alle?! Komplett leer sagst du?" "Aye." "Eine Katastrophe! Die Folgen sind nicht auszudenken." Kaum merklich rollte Gibbs mit den Augen, wies mit einem Kopfnicken auf Jacks Kompass, der an einem Faden seines Mantels baumelte und blickte dann in Richtung der eifrig arbeiteten Männer. Jack verstand sofort, was sein Erster Maat ihm damit mitteilen wollte. Ein schelmisches Grinsen der Männer, und schon waren sich beide einig. "Nimm, was du kriegen kannst ..." "... und gib nichts wieder zurück!" "Lasst das Hauptsegel fallen, lichtet den Anker und setzt sofort Kurs auf Tortuga, ihr Landratten! - Geht das nicht ein wenig schneller? - Der Rum ist alle, kommt schon, trollt euch! Na los, wird's bald?" Sobald die zwei Worte 'Rum' und 'alle' durch die Stille hallten, arbeitete jeder einzelne Matrose an Bord plötzlich schneller, als Jack es jemals für möglich gehalten hätte. Eine interessante Beobachtung ... "Gibbs, merk dir diesen Satz. Egal, ob er der Wahrheit entspricht oder nicht: So treibst du gleich mehrere Mannschaften dazu an, schneller zu arbeiten, als ihre Füße es erlauben würden!" "Aye, Captain Sparrow." Grinsend begab sich der Angesprochene wieder auf seinen Posten und versuchte, die Takelage zu bändigen, während die Segel sich im nun stärker werdenden Wind spannten und Jacks geliebtes Schiff, die Black Pearl, gen Horizont und Sonnenaufgang durch den dichten Nebel trieben. _.;:+*’`'*+:;..;:+*’`'*+:;.;:+*’`'*+:;..;:+*’`'*+:;._ Gerade eben erst am Hafen von Tortuga angelegt, stellte sich Jack in seinem manchmal etwas verwirrtem Köpfchen die Frage, ob sich an dieser gottverlassenen Insel, seit er ihren Namen kannte, ein einziges Mal irgendetwas verändert hatte. Eine ganz einfache Antwort: nein! Schon die Aussicht von Weitem auf dieses Fleckchen Land - dessen Namen wohl irgendetwas mit Schildkröten zu tun hatte - zeigte dem 'gefürchteten' Pirat, dass alles seinen ganz gewöhnlichen Lauf nahm. Obwohl ein Außenstehender, ein Nicht-Pirat, diese Aussage wohl eher kritisch betrachten würde. Aber gut, wenn man das reinste Chaos als 'normal' einschätzte ...? Irgendwo hörte man das Zersplittern einer Glasscheibe, als ein offensichtlich sehr betrunkener Mann durch sie hindurchflog und rücklings im Schlamm landete - bei den Schweinen. Dieser Anblick war dem Captain nur allzu vertraut, und irgendwie erinnerte er ihn an seinen Ersten Maat Gibbs. Warum nur ...? Wie Seltsam. Auf den Straßen Tortugas roch es wie immer nach abgestandenem Alkohol, halb vergammelten Speisen und - Piraten. Jeder andere Nicht-Pirat (langsam schien ihm diese Bezeichnung zu gefallen) hätte diesen Geruch als widerlich empfunden, aber für Jack bedeutete es nicht weniger als Freiheit und Abenteuer. Als Lord Beckett ihm damals das glühende 'P' auf seinem Unterarm eingebrannt hatte, hätte dieser wohl niemals gedacht, dem Captain damit einen Gefallen zu tun. Ganz zu schweigen vom Versenken der Black Pearl, die damals noch den Namen Wicked Wench trug und somit erst zu seinem geliebten Piratenschiff wurde. Davy Jones hätte wohl niemals voraussehen können, auf was für einen Deal er sich eigentlich mit diesem Verrücktem eingelassen hatte. "Scrum, Cotton, wärt ihr so freundlich, mein Schiff zu bewachen?" In seiner äußerst seltsamen Gangart verließ Jack die Black Pearl über eine Planke, deren anderes Ende auf den Steg gelegt wurde. "Der Rest von euch darf sich vergnügen ... oder was auch immer." Gibbs, anscheinend überglücklich darüber, einmal nicht Schmiere stehen zu müssen, gesellte sich zu seinem Captain, der bereits auf eine düster wirkende Kneipe zusteuerte. Sie erinnerte ihn an die Kneipe in London - als er für die Crew von Blackbeard ... angeheuert wurde. Unfreiwillig. Mehr oder weniger. Dieses verfluchte Teufelsweib ... Oh ja, die temperamentvolle Spanierin hatte wirklich ein Gespür dafür, wie man ihn, Captain Jack Sparrow, einen gefürchteten Piratenfürsten, überlisten konnte. Hätte er ihr besser nichts von dem, was er wusste, beigebracht. Wäre dieses verdammte spanische Kloster nicht gewesen, hätte er nun kein erdrückendes, schlechtes Gewissen. Ob die arme Angelica immer noch auf dieser Insel fest saß? ... Nein. Jack hatte es damals ernst gemeint, mit dem, was er gesagt hatte. "... eine viel befahrene Handelsroute. Wink einfach dem nächsten Schiff." Sparrows vorsichtige Schritte zogen die Aufmerksamkeit des Ersten Maats auf sich. "Was ist los mit dir, Jack? Weshalb so zurückhaltend? Sonst begibst du dich doch auch immer sofort auf die Suche nach Rumfässern ... oder anderen Dingen ... wenn wir in Tortuga anlegen." "Aye", flüsterte der Angesprochene. "Es gibt da - eine gewisse junge Dame." "Lass mich raten. Du hast sie in irgendeiner Art und Weise betrogen oder hintergangen und erwartest nun saftige Ohrfeigen von ihr?" Die Miene seines Freundes ließ Gibbs kurz auflachen. "So kenne ich dich. Wie sollte es auch anders sein ..." Schummriges Licht und der (etwas schreckliche ...) Gesang von Piraten und anderem Volk drangen aus der Taverne, als die Tür geöffnet wurde und eine Gruppe von sehr großzügig geschminkten 'Damen' - wohl eher leichte Mädchen - kichernd das Haus verließ. Auf alles gefasst, duckte Jack sich schon einmal, um Schlimmstes zu verhindern. "Versteck mich", wurde dem armen Gibbs zugeflüstert. "Drei auf einmal waren schon genug. Aber fünf ...? Vielen Dank, dennoch möchte ich meine linke Wange gern noch ein wenig behalten." Die Frauen jedoch gingen an den beiden Männern vorbei und würdigten Jack keines Blickes - bis auf eine. Sie beließ es jedoch bei einem tödlichen Glitzern in ihren Augen. "Frauen bringen nur Unglück", warf Gibbs ein. "Nenn' mir etwas, das in deiner Welt kein Unglück bringen ... uns töten ... verraten oder gar ausrotten könnte", zählte Jack die Sprüche seines Freundes an den Fingern ab. Dieser rollte nur mit den Augen. "Wie seltsam. Sobald ich Tortuga betrete, höre ich normalerweise Gerüchte über mich." Dieser für ihn typische Denker-Blick entlockte dem alten Mann neben ihm immer wieder ein lautes Lachen. "Du solltest dich sehen, Jack." "Oh ja ...", hörten beide plötzlich eine nur allzu vertraute, raue Männerstimme aus der Kneipe dringen. "Das solltest du. Und, Jackie, wo wir schon beim Thema sind ..." Langsam drehte sich der Angesprochene auf den Fersen nach hinten und erblickte genau das Gesicht, was er am wenigsten erwartet hätte. "Es gibt Gerüchte." "... Dad?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)