Seconds Of Sorrow (Teil 2) von Lina_Kudo (Sekunden des Leids (Shinichi&Ran)) ================================================================================ Kapitel 1: Lovely Anxiety ------------------------- Seconds Of Sorrow Sekunden des Leids Kapitel 1: LOVELY ANXIETY Liebevolle Besorgnis Mit Argusaugen verfolgte der kleine Junge mit dem zerstrubbelten, dunkelbraunen Haar jede kleinste Bewegung seiner Freundin, als sie Anstalten machte, von ihrem Bett aufzustehen. Dabei war er sogar noch aufmerksamer als er es von Natur aus ohnehin schon war. Jedes Mal, wenn sie auch nur kurz in der Bewegung verharrte, läuteten bei ihm sämtliche Alarmglocken und er war kurz davor, aufzustehen und ihr zu helfen. Bei was auch immer. »Wo willst du hin?«, fragte er wie aus der Pistole geschossen. Ran verdrehte lächelnd ihre Augen. Sie fand es ja ganz süß, dass er sich so über alle Maßen um sie sorgte – auf der anderen Seite übertrieb er es aber auch ziemlich. Theatralisch seufzte sie tief und stemmte ihre Hände auf die Hüften, als sie direkt vor ihm zum Stehen kam und sich ganz nah zu ihm runterbeugte. »Auf die Toilette, und das werde ich wohl gerade noch so alleine schaffen, findest du nicht auch? Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass es mir gut geht und ich schon etwas sagen werde, wenn ich deine Hilfe benötige?«, fragte sie ihn und versuchte, dabei tadelnd zu klingen. Dieser Versuch scheiterte jedoch kläglich, denn das amüsierte Grinsen, welches unmittelbar danach folgte, ließ sich einfach nicht unterdrücken und verriet sie damit treulos. »Und nun mach nicht so ein Gesicht. Du siehst ja so aus, als würdest du nur darauf warten, dass jederzeit jemand reinkommen und mich entführen könnte. Die ganze Zeit schon sitzt du in Angriffsposition, bereit, jederzeit anzugreifen.« Kichernd stellte sie sich nach diesen Worten wieder aufrecht hin. Conan sah bloß unbeeindruckt zu ihr rauf. Etwas bissig konterte er spritzig: »Du bist noch vor fünf Tagen umgekippt und hast das Bewusstsein verloren, und das mittlerweile schon zum vierten Mal in den letzten zwei Wochen, seit du aus dem Koma erwacht bist. Jedes Mal bin ich vor Sorge fast gestorben. Kannst du es mir da verübeln, dass ich mich unter den gegebenen Umständen ein wenig um dich sorge?« »›Ein wenig‹ ist gut. Vor fünf Tagen hatte ich auch noch eine kaputte Niere. Inzwischen habe ich eine gesunde, intakte Niere von meiner Mutter bekommen«, erwiderte die Braunhaarige nicht minder schlagfertig und legte ihren Kopf triumphierend schief. Ja, ihre Mutter hatte ihr inzwischen eine Niere gespendet. Es ging ihr zum Glück sehr gut. Sie hatte den Eingriff gut überstanden und war heute Morgen auch schon entlassen worden. Zu Rans Freude hatte ihr Vater sie abgeholt und zu sich gebracht, um sich zu Hause noch weiter um sie zu kümmern. Wer weiß, vielleicht kamen sie sich dann endlich wieder näher …? Die tiefblauen Augen des kleinen Jungen blitzten kurz auf. »Noch ein Grund, dass du gar nicht vorsichtig genug sein kannst. Die Niere wurde dir erst vor zwei Tagen eingepflanzt, die Operation liegt also noch gar nicht so lange zurück.« Er bemühte sich gar nicht erst, die Ironie in seiner Stimme zu verschleiern und erhob sich. Elegant schwebte sie an ihm vorbei. »Wie dem auch sei: Wie gesagt, die zwei Meter zur Toilette schaffe ich auch alleine. Wehe, du begleitest mich auch noch direkt bis da rein«, warnte sie ihn mit einem spitzen Unterton, doch da befand er sich auch schon wie aus dem Nichts an ihrer Seite und hatte seinen Arm stützend auf ihren Rücken gelegt. Erstmals seit diesem Gespräch lächelte er sie warm und zugleich entschuldigend an. »Wenigstens bis zur Tür. Ich bestehe darauf.« Darauf konnte Ran nicht anders als heiter zu lachen. »Du gibst ja sowieso keine Ruhe.« Zur Bestätigung schüttelte er nur frech seinen Kopf. »Nein, tue ich nicht.« Als sie an der Tür ankamen und Ran eintrat, rief er ihr noch ein »Und sperr ja nicht ab!« hinterher, bevor sie ihm die Tür vor der Nase schloss. »Ja doch!«, stöhnte sie mit einem ausgelassenen Kopfschütteln. Es tat so unglaublich gut, sich nicht mehr verstellen zu müssen. Genau so wie früher. Nun gab es zwischen ihnen keine belastenden Geheimnisse mehr. Er konnte nun endlich … er selbst sein. Solange sie alleine waren zumindest. Aber schon das war für ihn eine enorme Erleichterung. Es war einfach schön, dass sie nun wusste, wer er war und dass sie ganz normal miteinander umgehen können. Hier neckten sich nicht Conan und Ran, sondern Shinichi und Ran, wie in alten Zeiten. Mit dem Unterschied, dass sie nun nicht mehr nur Freunde waren, sondern Liebende. Liebende, aber dennoch noch kein richtiges Liebespaar, denn er steckte ja nach wie vor noch im Körper eines Kindes. Über unschuldige Wangenküsse waren sie selbstverständlich noch nicht hinausgegangen, auch wenn sie inzwischen ziemlich offen über sich und ihre Gefühle sprechen konnten. Zumindest ein weiterer Fortschritt in ihrer Beziehung. Sein Ohr an der Tür klebend lauschte er. Es war verdächtig ruhig geworden, nachdem sie die Spülung der Toilette betätigt hatte. »Ran, alles in Ordnung bei dir?«, rief er besorgt, und in diesem Moment ging die Tür auf. Da er sich daran gelehnt hatte, fiel er bäuchlings nach vorne direkt in die Arme seiner Freundin hinein. Ertappt. »Du machst aber auch vor gar nichts Halt, was? Hast nicht mal Hemmungen, eine Frau zu belauschen, während sie gerade auf der Toilette ist? Ich muss dir nicht sagen, dass sich das eigentlich nicht gehört, oder?« Streng beäugte sie ihn musternd. Inzwischen knallrot im Gesicht geworden sah Conan zerknirscht zu seinen Füßen hinunter. »Tut mir leid. Ich weiß ja selbst, dass ich übertreibe«, gab er letztendlich zu und seufzte tief. Wie hätte sie bei diesem süßen Anblick weiterhin böse sein können? Ein sanftes Lächeln bildete sich auf den Lippen der braunhaarigen Schönheit, bevor sie sich runterbückte, ihre Arme um Conan schlang und ihn sanft hochhob. Schmunzelnd trug sie ihn zu ihrem Bett, setzte sich drauf und platzierte Conan auf ihren Schoß. Dafür, dass sie gerade erst eine Operation hinter sich hatte, war sie erstaunlich stark. »Ist schon okay. Eigentlich finde ich es ja total lieb, dass du dich so um mich sorgst. Dafür bin ich dir ehrlich gesagt unendlich dankbar.« Mit dem, was nun von ihm kam, hatte sie allerdings überhaupt nicht gerechnet und ließ sie dementsprechend kurz stocken. »Ich war schon einmal kurz davor, dich zu verlieren. Ich weiß, dass ich das noch einmal niemals ertragen könnte.« Ran brachte nicht mehr heraus als ein raunendes »Shinichi …«. So überwältigt war sie von seinem Geständnis. Dies veranlasste sie nur dazu, ihn noch enger an sich zu drücken. »Du bist echt süß, weißt du das? Ich … Ich finde, dass du dich seit dieser Verwandlung ziemlich verändert hast. Du bist nicht mehr so arrogant wie früher und gewährst einen Einblick in deine Gefühlswelt. So als kleiner Knirps gefällst du mir glaub ich fast besser und bist viel niedlicher.« Breit grinste sie und wuschelte ihm durch die Haare, während ihm nur ein leicht entsetztes »H– Hey …« entfuhr. Nicht, dass sie jetzt am Ende noch Conan ernsthaft bevorzugte. Das wäre die reinste Katastrophe. Und ob sie tatsächlich Recht damit hatte? Hatte er sich wirklich so sehr verändert? Zugegeben: Damals war er wirklich sehr selbstverliebt und arrogant gewesen. Und als er sich in Conan verwandelt und mehr Zeit mit Ran verbracht hatte, sie noch besser kennengelernt hatte … Ja, da hatte er sich in der Tat verändert. Immer ihre Tränen mitansehen und ihr Leid ertragen zu müssen … Das hatte irgendetwas in ihn bewegt. Etwas ganz Entscheidendes. Er war sich seiner Liebe zu ihr bewusster geworden als jemals zuvor. Zwar hatte er sie früher schon mehr geliebt als jeden anderen, sich selbst eingeschlossen, aber sie richtig zu schätzen zu wissen – das kam erst mit Conan. Vielleicht war das auch ein Wink des Schicksals gewesen, dass das alles passiert war. Damit er endlich lernte zu schätzen, was er überhaupt an ihr hatte. Damit er sich noch unsterblicher in sie verliebte. Damit er ihr noch hoffnungsloser verfallen war als ohnehin schon. Vielleicht hatte diese Conan-Geschichte damit doch etwas Gutes. Er schrak aus seinen Gedanken, als seine langjährige Freundin plötzlich einen ernsteren Ton anschlug. »Wenn alles gut läuft, werde ich nächste Woche entlassen. Und dann werden wir uns langsam an die Organisation heranmachen. Du kannst es doch sicher kaum abwarten, oder? Tut mir leid, dass ich dich so lange aufhalte«, entschuldigte sie sich schließlich etwas geknickt. Sofort drehte er seinen Kopf nach hinten zu ihr um und trieb ihr gleich ihr grundlos schlechtes Gewissen aus: »Das braucht dir doch nicht leidzutun, Ran! Deine Gesundheit geht ganz klar vor. Jetzt bin ich eigentlich ganz froh, dass du mich aufgehalten hast und ich dir bei deiner Genesung nun beistehen kann. Und auch, wenn du nächste Woche entlassen wirst, werden wir noch nicht sofort aufbrechen. Das hat Zeit. Erst einmal musst du vollständig gesund werden.« Verwundert blickte sie ihn an, bevor auch ihr Blick wieder zärtlich wurde, sie sich abermals zu ihm runterbeugte und ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange drückte. Sie wusste ganz genau, wie wichtig es ihm war, endlich diese Organisation zu zerschlagen und physisch wieder in seinem eigenen Körper zu sein. Und doch war es ihm noch wichtiger, dass es ihr gut ging. Alleine diese Geste zeigte ihr, wie wichtig sie ihm war. »Danke …« Conans Blick fiel auf eine kleine Dose am Nachttisch. »Komm, ich creme dich wieder ein«, kündigte er an und griff mit einer geschickten Bewegung nach der Dose. Die junge Frau nickte nur, drehte sich um, sodass sie mit dem Bauch auf dem Bett lag und schob ihr Oberteil ein wenig hoch, sodass Conan nun freie Sicht auf die untere Hälfte ihres Rückens hatte, die von drei Schussnarben übersät war. Jedes Mal auf’s Neue schmerzte ihn dieser Anblick, denn dadurch wurde ihm auch immer wieder diese schreckliche Szene vor Augen geführt, wie sie angeschossen wurde und er nur tatenlos dabei zusehen konnte. Die Narben, die er sah, kamen ihm vor wie seine eigenen Narben. Die Narben seines Herzens, deren Schmerzen auch die Zeit nicht lindern konnte. Zärtlich cremte er die Stellen mit der speziellen Creme ein. Doch egal, wie oft oder intensiv er das tun würde: Die Schussnarben würden zwar verblassen, aber ganz verschwinden würden sie leider nie. Das war für ihn allerdings keine Frage der Ästhetik – sie würde immer die schönste Frau der Welt für ihn bleiben – sondern hing mit seinen Schuldgefühlen zusammen, die immer wieder bei diesem Anblick entflammen würden. Entspannt schloss Ran ihre Augen bei seiner kleinen Massage. Es tat richtig gut, wenn seine flinken Finger über ihre Haut strichen und sie massierten. Sie hätte ewig so liegen bleiben können. Noch eine ganze Weile genoss sie seine fließenden Bewegungen, bevor sie ihn mit einem Dank bedeutete, nun aufhören zu können. Ansonsten hätte er so lange weitergemacht, bis ihm seine Hände wehgetan hätten. Sie rutschte an das Kopfende und lehnte sich sitzend nach hinten an ihr Kissen, da sie den Kopf des Bettes weit nach oben geschoben hatte. Dabei drückte sie Conan sanft nach hinten zu sich. Schweigend sahen sie aus dem Fenster. Sie hatten vom sechsten Stock einen tollen Blick auf einen schönen, großen Park der Stadt, der gesäumt war von Bäumen und Büschen. Inmitten des freundlichen Grüns befand sich ein großer Springbrunnen, auf dem eine große Engelsstatue mit ausgebreiteten Flügeln und endlos langen Haaren stand. Sie wurde von zahlreichen Tauben umkreist, aus deren Schnäbeln das Wasser im hohen Bogen floss. Es war wunderbar entspannend, einfach die gesamte Landschaft mit all ihrer Harmonie und Idylle zu genießen. Noch schöner war es aber, wenn man diesen Moment auch noch mit dem Menschen an der Seite verbringen durfte, der einem am meisten bedeutete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)