Plan B (empfohlen +16) von Yeliz (Zwischen Liebe und Sucht) ================================================================================ Kapitel 7: Ohne Sinn und Verstand --------------------------------- Es war genau 7:38 Uhr, als ich mich zum gefühlt hundertsten Mal erhob und durch die Wohnung lief, in der Hoffnung, Beschäftigung zu finden. Erneut hatte ich, Naruto Uzumaki die Ehre, als wahrscheinlich einziger Mensch weit und breit am Sonntagmorgen eine Beschäftigung zu suchen. Ich hätte schlafen können, aber anscheinend war das zu einfach. Stattdessen wartete ich seit ein paar Stunden darauf meinem Mitbewohner die Fresse zu polieren. Diese Nacht hatte mein Hirn eindeutig zu sehr überreizt, sodass ich kein Auge zubekam. Selbst der Fernseher war mir keine Hilfe. Ständig dachte ich an den Abend zurück. Der Alkohol vom gestrigen Abend ließ meine Erinnerungen schwammig wirken. Allerdings waren es genügend Bilder von Karin, Sasuke und Hinata, die mich schlucken ließen. Je mehr ich mir den Kopf zerbrach, desto wirrer wurden meine Gedanken. Nachdem ich ausreichend über Sasukes Verhalten und Karins Drogenkonsum philosophierte, ergab sich mir nur eine plausible Erkenntnis. Ich wohnte in einer WG mit illegalen Substanzen von denen ich nicht einmal Menge, geschweige denn Ausmaß an strafrechtlichen Folgen wusste. Ich wohnte in einer WG mit einem verjunkten Typen, der sich das Hirn anscheinend so zugekifft und zugezogen hat, dass ihm alles und jeder egal war. Und ich wohnte in dieser WG ohne Möglichkeit wieder auszuziehen. Diese Situation war ausweglos und nahm mir die Möglichkeit zu handeln. Mir kam es vor als hätte Sasuke die Fäden in der Hand. Allerdings sagte mir irgendetwas in meinem Unterbewusstsein, dass das noch nicht alles war. Ich saß in der Küche mit dem Kopf gegen die Wand gelehnt. Meine Augen waren erschöpft und brannten. Sie schlossen sich automatisch und vor mir erschien Sasukes Gesicht. Das makellose Gesicht, die perfekten Konturen, die Lippen, die gestern versuchten ruhig zu bleiben und die Augen, die einen Sturm verbergen wollten. Konnte dieser Sturm Einbildung gewesen sein? Die Frage kreiste in meinem Kopf und Sasukes Augen brannten sich in mein Hirn. Ich wusste nicht weiter. Mein Kopf war überlastet und das führte dazu, dass mein Körper von nun an übernahm. Ich stand auf wie in Trance und rannte los. Wohin ich wollte, wusste ich nicht. Ich rannte einfach aus der Wohnung, die Treppen hinab. Draußen erwartete mich die frische Morgenluft, die mich warnen wollte. Sie flüsterte mir zu, zurück in die Wohnung zu gehen und mich wenigstens warm anzuziehen, doch ich spürte keine Kälte mehr. Ich rannte immer weiter ohne auf Straßen, Autos und Menschen zu achten. Waren dort überhaupt Autos oder Menschen unterwegs? War ich in diesem Moment so alleine, wie ich mich fühlte oder wollte ich die Menschen um mich herum nicht wahrnehmen? Meine Sinne hatten mich verlassen. Ich war ein Mensch ohne Sinn und Verstand, der nur weit weg wollte. Ich wollte weit weg von Sasuke. Ich wollte meine Autonomie! Doch mein Leben wollte anscheinend in diesem Augenblick einen Film drehen, denn ich fiel filmreif auf den kalten, feuchten Asphalt. Asphalt traf auf Knie. Asphalt schürfte meine Handflächen auf. Nun kniete ich nach Luft schnappend und den Kopf hängend Mitten in London. Mein Körper zitterte und fühlte sich taub an. Langsam kam ich wieder zu mir. Ich fand die Sinne wieder, die mich vor dem Tod bewahrten. Die kalte Luft in meinen Lungen trocknete meinen Rachen aus. Ich musste so stark husten, dass mir fast ein Schmerzensschrei entwich, aber ich kämpfte gegen die Anstrengung, indem ich meinen Atem normalisierte. Langsam richtete ich mich auf und blinzelte mehrmals. Das Licht reizte meine Augen und ich sah alles verschwommen, allerdings zwang mich mein Überlebensinstinkt nicht aufzugeben. Mein Herz pumpte Blut durch meinen Körper wie ein Weltmeister. Mein Gesicht glühte und ich zitterte immer noch. Selbst als ich es endlich geschafft hatte aufzustehen, zitterte mein Körper. Meine Knochen waren wie eingerostet. Ich fühlte mich wie gerädert. Des Weiteren war mein Zeitgefühl weggeblasen. Ich wünschte mir sehnlichst eine Uhr und eine ungefähre Ahnung wohin und wie weit ich gerannt bin. Meine Beine waren wackelig und mein verschwommener Blick wollte sich nicht klären. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich weinte. Erst als ich meine Augen rieb, fiel es mir auf. Ich weinte. Ich hatte seit langem nicht mehr geweint. Die Tränen waren zu Anfang warm und wurden immer kälter, je weiter sie sich ihren Weg bahnten. Ich fühlte mich auf einmal wie eine Träne und die Menschen um mich herum waren es auch. Sie hatten alle ihre Wärme und Liebe verloren, je weiter sie sich ihren Weg durchs Leben bahnten. Sasuke war einer von ihnen. Ich wollte aber keiner von ihnen sein! Ich hatte es niemals gewollt. In der Oberstufe fiel es mir zum ersten Mal auf, wie meine Freunde ernster wurden. Zu mir meinten sie, dass ich ein Spinner sei. Mit meinen rosaroten Weltansichten würde ich es im Leben nicht weit bringen, meinte meine Ex-Freundin. Seitdem ich in London wohnte, hatten mich Sasuke und die Arbeit zu dieser Art von Person gemacht. Es fühlte sich nach erwachsen sein an, aber es machte mich unglücklich. Ich glaubte meine Prinzipien verraten zu haben. Jetzt wo ich versuchte die Orientierung wiederzufinden und schlürfend Richtung zuhause ansteuerte, wurde mir bewusst, dass es so nicht weitergehen konnte. Besonders im Bezug auf Sasuke durfte ich mich nicht mehr in den Sumpf der Probleme herunterziehen lassen. Auf einmal wurde es ganz deutlich. Meine Tränen hatten sich verabschiedet, auch mein Blick wurde klar. Alles um mich herum erschien mir deutlicher denn je zuvor und meine Gedanken waren plötzlich geordnet. Ich fühlte mich dumm, weil ich das Offensichtliche nicht eher realisierte. Ich war, verdammt nochmal, Naruto Uzumaki! Kein Uchiha der Welt konnte mich unterbuttern und das musste ich mir und ihm beweisen. Er konnte mit seinem Spiel nicht die Oberhand gewinnen. Seine blöden Gesten und Aktionen sollten mich nicht so verwirren. Ich durfte mir einfach nicht so viele Gedanken um diesen einen Menschen machen, der sich selbst um keinen Gedanken machte. Ich stoppte und schaute gegen den Himmel. Ein schönes hellgrau empfing mich. Es war nicht bedrohlich, nur etwas trist. Es passte zu meiner melancholischen Stimmung. Mein Hoch war nur kurz, denn es kamen schon wieder die Zweifel. Mir war nämlich immer noch unklar, wie ich das schaffen sollte? Es würde mir nichts bringen Sasuke zu ignorieren. Streiten taten wir schon zu genüge. Sollte ich mir einen Weg zu ihm bahnen? Würde ich das überhaupt hinkriegen? Ich ging weiter und mit jedem Schritt verließen mich die Zweifel. Immerhin war ich Naruto Uzumaki und wer sollte es außer mir schaffen mit Sasuke Uchiha fertig zu werden? Schließlich hatte ich geschafft die letzten Monate mit ihm zusammenzuwohnen. Je weiter ich mich unserem Wohngebiet näherte, desto mehr Ideen entwickelte mein Kopf. Ich musste Sasukes Spiel ein wenig mitspielen, um ihn klein zu kriegen. Die Idee brannte sich immer tiefer in meinen Kopf. Motiviert und voller Ehrgeiz, fühlte ich mich wieder wie der Alte, als ich an unserem Wohnblock ankam. Und wie es sich für den alten Naruto gehörte, hatte ich in meinem Wahn die Schlüssel vergessen. Einiges ändert sich wohl nie. Ich klingelte erst einmal, dann zweimal, dreimal, viermal bis ich kurz davor war ein achtes Mal zu klingeln, als mich ein mürrisches 'Was?' empfing. Ich wusste nicht wie spät es war. Ich konnte von Glück reden, dass Sasuke den Weg nach Hause vor mir gefunden hatte, sonst wäre ich jämmerlich erfroren. "Mach auf, Naruto hier." Ich nutzte dieses Mal den Fahrstuhl. Mein Körper wollte keine Anstrengung mehr erleiden. Sicherlich erwartete das von einem übermüdeten Eiszapfen niemand. Mein Kopf war ebenso überlastet. Die Stimmungsschwankungen, die von meinen strapazierten Nerven stammen, strengten an. Ich fühlte mich alt. Oben angekommen, erwartete mich eine halboffene Tür. Ich konnte mir vorstellen wie halbherzig sie aufgemacht wurde und danach jegliche Beachtung verlor. Möglicherweise war das auch Sasukes Art und Weise mit Leuten umzugehen. Einmal die Tür zu ihren Emotionen aufgeschlagen und da es sich leicht erwies, merkte er gar nicht den Wert der Tür. Diese Tür, die versuchte etwas zu verbergen und dafür notwendig war zu schützen. Wenn sie halb geöffnet war, gab es keinen Schutz mehr. Jeder konnte ein - und ausgehen. Ich verwarf die wirren Gedanken an die Tür und den Schwarzhaarigen. Dieser sollte erst nach der Dusche meine Sorge sein. Also kickte ich die Schuhe weg und begab mich zum Bad. Meine Sachen fanden schnell den Weg zum Boden. Ich war ziemlich glücklich über das warme Wasser. Sasuke hat bestimmt vor mir geduscht, sonst hätte mich die Dusche wie jeden Morgen mit Eiseskälte erschlagen. Ich ließ mir Zeit und betrachtete die blutverkrusteten Wunden von meinem Sturz. Es war nichts großes. Es sah so aus als sei ich beim Spielen hingefallen, wie ein kleiner Junge. Früher hatte ich diese Wehwehchen ständig. Meine Mutter schimpfte jedes Mal über meine Unvorsichtigkeit. Die tollpatschige und unvorsichtige Art schien mit dem Alter nur minimal besser zu werden. Ich bewies es mir sofort nachdem ich aus der Dusche stieg, denn ich wäre fast erneut auf die Fresse geflogen. Doch dieses Mal war der Uchiha daran Schuld, weil er seelenruhig neben der Dusche stand und mich stumm ansah. Er sah mich so an, als ob er unschuldig wäre. Sein Blick war trügerisch. Ich musste schlucken. Der Schock war groß und ich hätte am liebsten geschrien, aber wer hätte mir jetzt helfen können? Ich versuchte mich im Schweigen zu üben bis Sasukes Augen an mir herunter wanderten und er plötzlich grinste. Dieses Grinsen schoss mich vom Schockzustand zur rasenden Wut. Während ich mich umdrehte und nach einem Handtuch suchte, brüllte ich aufgebracht: "Sag mal, hackt's bei dir? Hast du dir die letzte Nacht alle Gehirnzellen weggestofft oder was?" Nachdem das Handtuch meine Körpermitte verdeckte, drehte ich mich wieder zu ihm und fuhr fort: "Was erlaubst du, Bastard, dir eigentlich mich beim Duschen zu bespannen und dann noch auf meinen Schwanz zu glotzen als wäre nichts gewesen? Hast du 'ne Macke?" Mein Atem war unkontrolliert und ich war kurz davor ihm zwei blaue Augen zu verpassen, damit dieser amüsierte Blick endlich verschwand. Ich knirschte mit den Zähnen und meine Fäuste waren bereit zuzuschlagen. Die Gedanken von vorhin waren wie weggeblasen. Der Bulle hatte sein rotes Tuch wiedergefunden. "Befürchtest du dein Schwanz sei zu klein oder weshalb die Szene?", fragte er lächelnd, woraufhin meine Faust hochschnellte. Ich wollte seine Nase brechen, doch er fing meine Faust ab. "Bist du unsicher? Das letzte Mal ging das besser.", spottete er und ich wusste, dass er Recht hatte. Meine Energie war am Ende, allerdings versuchte ich es ein zweites Mal mit meiner linken Hand. Auch diese fing er auf. Jetzt war ich der Gefangene. Er verschloss meine Fäuste mit einem festen Griff und drückte mich nach hinten bis ich mit dem Rücken gegen die Tür stieß. Die Türklinke rammte sich unsanft in meine rechte Seite. Es war hoffnungslos und ich fühlte mich ebenfalls hoffnungslos verloren. Selbst den Moment in dem er von meinen Fäusten abließ und meine Handgelenke umklammerte, verpasste ich zum Gegenschlag zu nutzen. Mein Körper wollte nicht mehr und mein Verstand fing an zu streiken. Fast alles in mir rebellierte über die Nähe zu Sasuke. Er war mir so nah, dass ich seinen warmen Atem fühlte. Der Geruch nach Kippen, den ich sonst so verabscheute, war meiner Nase auf einmal überraschend sympathisch. Es war nicht nur Zigarettenqualm, wenn man genauer darauf achtete, roch man die Kiffe, Zahnpasta und Sasukes edles Parfüm. Alles in einem, verwirrte mich der Geruch und sein Blick. Er ließ meine Augen keine Sekunden außer Acht. Als mein Blick auf seine Lippen fiel, grinste er leicht. Seine Lippen waren nicht weit von meinen. Sie sahen ziemlich weich aus. Etwas zerbissen, dennoch weich. Sie waren im Gegensatz zu seiner Haut rosa. Blass, aber rosa. Ein blasses Rosa, dass sich nun einen Spalt öffnete und Ausblick auf seine Zunge und die perfekten Zähne preisgab. Ich leckte mit meiner Zunge über meine trockenen Lippen und zwang mich in seine Augen zu sehen. Ich konnte nicht sagen, ob ich das Gleiche sah, was ich fühlte. Möglicherweise wollte ich bloß das selbe sehen. Ich wollte mit meinem Verlangen nicht alleine sein. Ich wollte nicht der einzige Verwirrte von uns beiden sein. Mir war nicht bewusst, ob ich begehrte diesen Moment für ewig festzuhalten oder sofort zu beenden. Wenn mich jemand gefragt hätte, wo die vielen Worte und Ideen von vorhin geblieben sind, hätte ich keine Antwort. Selbst wenn mich jemand gefragt hätte, ob ich vorhin diese Art von Näherkommen meinte, hätte ich nur ahnungslos geschaut wie ein Fisch. Es war vorbei mit dem Denken. Ich wusste in diesem Moment nichts, keinen berühmten Autor, keine physikalische Formel, keine Antwort auf meine Probleme und erst recht keine sinngemäße Rechtfertigung für mein Handeln. Ich wusste nur, dass meine Hormone mit mir durchgingen und ich in diesem Moment den Schwarzhaarigen küsste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)