Der Baum der Teufelsfrüchte von abgemeldet (Teil 1) ================================================================================ Kapitel 4: Wie soll ich nur die Schule überstehen? -------------------------------------------------- Kapitel 4 "Wo warst du?" / "Wie ist das passiert?" / "Geht es dir besser?" / "Stimmen die Gerüchte?" / "Weshalb warst du ohnmächtig?" / "Was ist es für ein Gefühl ohnmächtig zu sein?" / "Unterscheiden sich deine Halluzinationen von echten Menschen?" Diese Fragen bekam ich den ganzen Tag über immer wieder zu hören. Eine lästiger, als die andere. Vor allem, weil ich die Hälfte der Antworten selbst nicht wusste. Die letzte Frage hatte übrigens Maggi, das Mädchen gestellt, welches ich von allen aus meiner Klasse am meisten mochte. Wir waren zwar nicht befreundet, aber beide Außenseiter und arbeiteten daher in Partneraufgaben immer zusammen. Manchmal verbrachten wir auch die Pausen zusammen, oder gingen gemeinsam ein Stück nach Hause, da ihr Haus auf meinem Weg lag. Jedenfalls war sie die Einzige, der ich von dem Halluzinationen erzählt hatte. Vor allen anderen war mir das zu peinlich. Selbst im Unterricht starrten mich alle an, was schließlich dazu führte, dass ich behauptete auf Toilette gehen zu müssen und mit hoch rotem Kopf aus dem Raum flüchtete. Da ich allerdings überhaupt nicht musste, lies ich mich an der Wand herunter rutschen und blieb auf dem Boden sitzen. Dass sich dabei mein Shirt in dem Klassenschild, welches vor der Tür hing, mit der Aufschrift: Klasse D0² 11c Frau Golled, verhedderte, störte mich nicht. Erst als ich nähernde Schritte hörte, wollte ich aufspringen. Es waren dumpfe Schritte, die vermutlich von einem erwachsenen Mann stammten. Wenn mich ein Lehrer im Flur beim Dösen erwischte, konnte ich mich auf eine Strafarbeit gefasst machen. Leider lief es nicht so, wie geplant, was mir leider schmerzlich bewusst wurde, als ich das Reißen des Stoffs hörte und ein großer, rechteckiger Fetzen an dem Schild hängen blieb. Panisch blickte ich mich um und in genau diesem Moment sprach er mich an: "Kann ich dir behilflich sein, oder kannst du mich noch immer nicht leiden?" Entsetzt starrte ich in das Gesicht des Mannes. Es war der Mann, dem ich vor meiner Ohnmacht begegnet war. Er hatte sich verändert, war allerdings noch immer als derselbe zuerkennen. Eine frische Brandnarbe überzog sein linkes Auge, welches nun eindeutig blind war. Ansonsten hatte er sich den Bart rasiert, trug aber dafür noch dieselben Kleidungsstücke (eine grüne Latzhose und ein weißes Hemd) wie bei unserer ersten Begegnung. Ich konnte nicht anders, als genervt auf zu stöhnen. Jetzt begann ich schon damit, in der Schule zu halluzinieren. Wie tief konnte ich eigentlich noch sinken, aber wenn dieser Mann nur ein Produkt meiner Fantasy war, konnte ich ihn doch einfach verschwinden lassen. Ich konzentrierte mich und versuchte mir vorzustellen, er sei nicht mehr da. Dann ließ ich vor meinem inneren Auge eine Art Film abspielen, in dem der Mann begann durchsichtig zu werden und daraufhin schließlich verschwand. Hoffnungsfroh öffnete ich die Augen und hätte am liebsten vor Frust aufgebrüllt. Er wollte einfach nicht verschwinden, aber so schnell würde ich nicht aufgeben. "Verschwinde endlich!", befahl ich herrisch, wobei ich eine wedelnde Handbewegung machte. Er lachte amüsiert, wobei sein ganzer Körper erschüttert wurde. "Wie du willst. Vielleicht redest du besser mit jemand anderem, außer mir.", kicherte er, drehte sich um und wandte sich zum Gehen. Ich hingegen blieb stehen und starrte ihm Kopfschüttelnd, mit einem dicken Fragezeichen im Gesicht, hinterher. Von einer Halluzination hätte man eher erwartet, dass sie sich in Luft auflöst. Vielleicht sollte ich wirklich den Waschraum aufsuchen. Übers Waschbecken gebeugt spritzte ich mir kaltes Wasser ins Gesicht. Was geschah in letzter Zeit mit mir? Wann begann ich endlich Realität und Einbildung zu unterscheiden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)