Der Baum der Teufelsfrüchte von abgemeldet (Teil 1) ================================================================================ Kapitel 1: Tote Freunde ----------------------- Kapitel 1 In schnellem Laufschritt eilte ich über die Straße und wich dabei geschickt einer großen Pfütze aus. Der Regen prasselte unerbittlich auf mich nieder und nahm mir die Sicht, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass ich gleich eine Laterne rammte, nicht besonders gering war. Genervt zog ich mir die Kapuze meiner Regenjacke, noch tiefer ins Gesicht. Mein Schulweg, zur Frognal Akademie, die ich besuchte, führte durch die verlassensten Straßen Londons, in denen, so kam es mir manchmal vor, nicht ein einziger Mensch lebte. Natürlich war es nur eine Einbildung, aber sie gab wunderlicher Weise der Gegend etwas Geheimnisvolles, was den Weg dann doch nicht so öde machte, wie man eigentlich denken sollte. Viele Häuser am Wegesrand waren verlassen und es gab nur zwei flackernde Laternen, von denen ich befürchtete, dass sie jeden Moment den Geist aufgaben. Darum musste ich im Winter eine Taschenlampe mitnehmen. Dreimal schon, war ich zu spät zum Unterricht gekommen, weil ich und Harry ein Haus auskundschafteten, in der Hoffnung ein interessantes Geheimnis zu entdecken. Harry Jones Achill Peter Vengrain war mein Nachbar und einziger Freund, obwohl er genauso merkwürdig war, wie sein Name. Wir gingen den Schulweg immer gemeinsam, aber heute hatte mir seine Mutter mitteilen müssen, dass er Fieber hatte und dass Bett hüten musste. Jedenfalls hatte ich noch nie einen Menschen in dieser Gegend gesehen, aber für alles gab es ein erstes Mal. Ich war drei Schritte weiter gelaufen, als ich einen Jungen schreien hörte. Ich kannte die Stimme. Es war Harry und die Stimme kam nicht aus der Richtung seines Hauses, ihr Ursprung musste etwa zehn Meter vor mir liegen. Erschrocken hechtete ich vor und wäre beinahe über den am Boden kauernden Körper gestolpert, wenn eine grobe Hand mich nicht gepackt und zurück gerissen hätte. "Willst du ihn platt trampeln, oder was?", keifte eine tiefe Männerstimme. Verwirrt blickte ich auf und musterte den Mann, wobei mir einzelne Regentropfen in die Augen liefen. Er war groß, muskulös und hatte einen braunen Vollbart, während auf seinem Kopf eine gähnende Leere vorzufinden war. "Wer sind sie und warum liegen sie auf der Straße herum?", fragte ich genauso unfreundlich zurück. Er lachte zornig: "Die Gören werden heutzutage immer frecher. Kennen nicht einmal mehr den Namen ihres Vorgesetzten." Auf meine zweite Frage ging er überhaupt nicht ein. Empört schnappte ich nach Luft: "Sie sind nicht mein Vorgesetzter!" Verwirrt runzelte er die Stirn und zog die Nase kraus, was derart komisch aussah, dass ich beinahe laut losgelacht hätte. "Du gehörst zu keinem Clan?", hakte er verwundert nach. Ich wollte ihm gerade sagen wie bescheuert er sich gerade angehört hatte, schließlich lebten wir nicht als Indianer in irgendwelchen Stämmen und Clans, als sich Harry mit schwacher Stimme zu Wort meldete: "Sie ist eine Freundin. Bring sie bitte weg." Verwirrt über die Wendung schauten der Mann und ich zu Boden, wo sich Harry vor Schmerz zu winden schien. Wir hatten ihn beide in unserem Streit vollkommen vergessen und ich wäre froh, wenn ich das auch jetzt noch täte, denn in dem Moment, wo ich Harry anblickte, sah ich auch seinen blutverschmierten Körper und die drei langen Kratzspuren, die an der Schulter begannen und bis zur Hüfte reichten. Er musste kurz vor dem verbluten sein, denn sein gesamtes Hemd war bereits damit vollgesogen. Sein Gesicht war schneeweiß, wegen des Blutmangels, oder wegen seiner Übelkeit beim Anblick von Blut, konnte ich nicht sagen. Im Gegensatz zu mir fasste sich der Mann schneller, geradezu so, als wäre dieses Ereignis völlig gewöhnlich. "Von mir aus, Grünschnabel. Pass demnächst besser auf. Es ist lästig, wenn du andauernd stirbst!", motzte der Mann schlecht gelaunt, packte mich um die Taillie und hievte mich auf seine Schulter."Was soll das? Ich muss nicht getragen werden, Harry ist der Verletzte, der nicht laufen kann.", brüllte ich und trommelte mit den Fäusten auf ihn ein, während meine Beine wild in der Luft herum strampelten. Aber nichts zeigte Wirkung. Im Gegenteil! Um meine Hilflosigkeit zu demonstrieren, besaß er auch noch die Frechheit, mich einmal durchzuschütteln. „Ihr werdet in der Schule erwartet, My Lady!“, lachte er und legte gleichzeitig so viel Gift in die Anrede, dass mir gleich noch schlechter wurde, als mir ohnehin schon war. Für eine Antwort war ich viel zu Verunsichert, aber diese Verunsicherung verschwand sofort wieder, als sich der Mann in Bewegung setzte. "Wir können Harry doch nicht in diesem Zustand alleine lassen! Er muss ins Krankenhaus, sonst wird er sterben!", protestierte ich mit Nachdruck und biss ihm so fest ich konnte in den Hals. Wenn treten und schlagen nichts brachte, musste ich mich eben anderer Mittel bedienen. Dass Blut in meinem Mund schmeckte metallisch-bitter, was dafür sorgte, dass ich am liebsten den Griff gelockert hätte, aber dass konnte ich nicht. Das Leben meines besten und einzigen Freundes hing davon ab und dass wollte ich auf keinen Fall preisgeben. Hätte mir jemand Gestern davon erzählt, was ich am nächsten Tag tun würde, hätte ich ihn als einen Narr verlacht und kein Wort ernst genommen. "Wenn er stirbt, stirbt er eben. Das ist doch nichts Neues.", erklärte der Mann genervt. Wütend schnaufte ich. Dieser Mann hatte ja nicht mehr alle Tassen im Schrank. Um ihm eine Antwort zu geben, ließ ich von dem Biss ab: "Was soll nichts Neues sein? Alles ist Neu!" Wieder einmal lachte der Mann laut auf und in dem Moment hätte ich ihm eine Gescheuert, wenn ich gekonnt hätte. Der Mann war doch verrückt! "Du bist wirklich unterhaltsam! Kein Wunder, dass Harry dich so mag! Ein richtiges Dummerchen! Harry ist bereits fünf Mal gestorben!", kicherte der Mann. Dass er mir damit einen riesigen Schock verpasste, bemerkte er nicht. "Wie bitte?", kreischte ich grell auf, was ihn nur wieder zum Lachen brachte:„ Jeder Cat besitzt sieben Leben! Oh! Dort hinten sind die Lichter der ersten Häuser. Ab hier besteht keine Gefahr mehr. Du kannst also den Rest selbst laufen!“ Ohne Vorwarnung ließ er mich mit dem Gesicht zuerst in den Matsch fallen und rannte eiligst weg. Ich war zu Müde zum Aufstehen. Das waren zu viele Informationen auf einmal gewesen. Ich würde hier einfach einschlafen, bis ich aufwachen würde. Es konnte sich bei dieser Geschichte nur um einen Albtraum handeln. Alles andere wäre Unmöglich! "Hoffentlich wache ich bald auf!", dachte ich nur noch, bevor ich in meinem Traum einnickte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)