Mafiosi küsst man nicht von ChocolateChip ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Kapitel 1: Der Geruch von süßen Backwaren und frisch gekochten Kaffee begrüßte ihn, als er den niedlichen Laden betrat. Eigentlich würden ihn keine zehn Pferde in einen rosa Cupcake-Laden kriegen, doch die Bäckerin war der Grund weswegen Billy Thompson immer wieder hierher kam. Und für viele andere Männer auch, denn eigentlich würde sich niemand lebendig oder tot in diesem Mädchentraum aus Pink und süßen Zeugs erwischen lassen. Wie immer waren viele Kunden in Cassies Laden und machten es sich entweder gemütlich oder kauften die kleinen, zuckerhaltigen Backwaren für zu Hause ein. Cassandra Brown war erst dreiundzwanzig, dennoch hatte sie sich schon eine eigene Existenz mit diesem Laden aufgebaut. Und Billy konnte sich glücklich schätzen die taffe, junge Frau als gute Freundin bezeichnen zu können. Er selbst studierte mit seinen fünfundzwanzig Jahren immer noch Geschichte und hielt sich mit seinem Nachtjob über Wasser. Einem Job von dem noch nicht einmal Cassie etwas wusste. Denn wer wusste schon, ob diese anständige Frau noch mit einem Dieb befreundet sein wollte. Seit zwei Jahre ‚sammelte‘ Billy Antiquitäten, Juwelen oder andere Schätze und verhökerte sie auf dem Schwarzmarkt, um sich sein Leben zu finanzieren. Er hätte ja auch einen Job als Kellner annehmen können, aber das wäre ihm viel zu langweilig. Zu gewöhnlich. Er brauchte das Adrenalin eines Gejagten. Es machte ihm Freude, die Polizei hinters Licht zu führen und an den Beamten vorbei zu stolzieren, ohne dass sie irgendetwas merkten. „Billy!“, hallte es sofort durch den Laden, nachdem das kleine Glöckchen an der Tür geklingelt hatte. Eine andere Warnung bekam er nicht, als ihm etwas entgegenflog und er wie immer die Hand ausstreckte, und den Schokoladen-Cupcake auffing. Er biss in die süße Versuchung und musste schmunzeln. „Ach Mist! Nicht schon wieder! Kannst du ihn nicht einmal nicht fangen?“, ertönte die gleiche Stimme wieder. „Tja. Dafür musst du schon früher aufstehen, Süße“, grinste Billy als er das schmollende Gesicht von Cassie sah. Die Kunden, die noch in der Reihe warteten, hatten dieses Schauspiel schon öfter gesehen und konnten nicht anders als zu lachen. Für sie gehörten die Neckereien der beiden Freunde dazu. Billy kam an die Verkaufstheke und setzte sich auf einen der freien Hocker, die dort standen und grinste die rothaarige Bäckerin an. Cassie streckt ihm die Zunge raus und bediente ihre Kunden, während Billy seinen Cupcake aufaß und ihr dabei zusah. Er musste immer wieder den Kopf schütteln, wenn die Bäckerin mit einem süßen Mädchen flirtete, das dann rot anlief und schüchtern davonlief, nachdem es gezahlt hatte. „Kannst du deine armen Kundinnen nicht einmal in Ruhe lassen?“, fragte Billy, der nun gelangweilt mit den Fingern durch sein blondes Haar strich. Mit seinen grauen Augen durchbohrte er Cassie, die nur mit den Schultern zuckte. „Du bist nur neidisch, dass ich als Frau besser bei Frauen ankomme als du: ein Kerl “, grinste sie frech und wich dem Cupcake-Papier aus, das Billy nach ihr warf. In ihren grünen Augen konnte man den Schelm erkennen. Doch sie riss sich zusammen und füllte die leere Auslage wieder auf. „Wann bekomme ich meinen Kaffee? Immerhin hast du mir versprochen, dass ich, wenn ich den Cupcake fange, immer einen Kaffee und Cupcake aufs Haus bekomme…“, schmollte der Blonde und schob seine Unterlippe vor. Doch Cassie ignorierte ihn und räumte weiter ein. Er wusste auf was sie wartete und enttäuschte sie nicht. Er fing an wie ein Weichling zu jammern und so goss sie ihm einen Becher Kaffee ein. Sie stellte ihm ein Kännchen mit heißer Milch dazu. Sie kannte Billy lange genug, um zu wissen, dass in seinen Kaffee Milch gehörte. Billy freute sich wie ein Kind über sein bitteres Heißgetränk und verbrannte sich auch prompt die Zunge, als er zu schnell einen Schluck nahm. Dank der heißen Milch wurde der Kaffee nicht abgekühlt und man hatte länger etwas davon. Nachdem sie alles erledigt und die Gäste in ihrem Laden bedient hatte, wandte sich Cassie Billy nun voll zu. Sie musterte ihn eindringlich und ihm wurde dabei leicht unwohl und er musste schlucken. „Habe ich etwas im Gesicht?“, fragte er unsicher und wischte sich über den Mund, für den Fall, dass er mit dem Kaffee gekleckert hätte. „Nein. Aber ich frage mich schon etwas, seit längerem…“, murmelte Cassie und blickte ihrem Freund tief in die Augen. „W-Was denn?“ Billy lehnte sich zurück, als diese intensiven grünen Augen näher kamen und ihn zu durchbohren schienen. „Du sagtest, du würdest Geschichte studieren, aber du hängst sehr oft in meinem Laden herum und schläfst manchmal hier ein. Wieso?“, bohrte sie nach. „Ich studiere ja auch Geschichte, aber ich habe nicht so viele Kurse. Und abends übernehme ich nur diverse Jobs. Oder lerne sehr lange bis tief in die Nacht hinein“, erklärte er schnell und drückte die Rothaarige von sich, um wieder etwas mehr Abstand zwischen ihnen beiden zu gewinnen. Er hatte schon lange mit dieser Frage gerechnet und sich deshalb diese Erklärung parat gelegt. Die Frau vor ihm war sehr klug und sie wollte sicherlich irgendwann einmal Antworten erhalten. Er hoffte nur, dass sie es auch wirklich schluckte. Einige Momente lang starrte Cassie ihren Kumpel an und seufzte dann. Diverse, immer wechselnde Jobs passten gut zu Billy, der in ihren Augen schon immer sehr chaotisch und flatterhaft schien. Er bekam sein kinnlanges, blondes Haar noch nicht einmal richtig unter Kontrolle und sah so aus, als wäre er gerade erst aus dem Bett gefallen. Was bei ihm auch sehr gut der Fall sein könnte „Gut, ich glaube dir vorerst einmal. Aber wenn du Arbeit brauchst, ich suche eine Hilfskraft und du wohnst eh schon fast hier. Also?“ Cassie sah Billy auffordernd an. Dieser schüttelte nur den Kopf und lächelte sie lieb an. „Tut mir Leid. Meine Kurse finden so unregelmäßig statt, dass ich kaum als zuverlässig gelte. Such dir jemanden, der dir wirklich helfen kann. Ich schnorre mich hier lieber durch als zu arbeiten!“ „Das hätte ich mir denken können. Aber dieses Schnorren währt nicht ewig! Irgendwann wirst du einen Cupcake fallen lassen und dann musst du für alle, die du danach willst, zahlen! Lass dir das gesagt sein mein Freundchen!“, drohte Cassie. Ihr ging die Wette, die sie mit dem Blonden geschlossen hatte, manchmal gehörig gegen den Strich und sie würde gerne mal die zehn Dollar einstreichen, die sie bekommen würde, die sie für jeden Cupcake bekommen würde, der den Boden berührte. Das Glöckchen an der Tür klingelte und kündigte einen neuen Kunden an. Automatisch drehten sich Billy und Cassie zum Neuankömmling um und Cassie strahlte das Mädchen an, das sich in der Tür befand. Sie konnte nicht älter als zwanzig sein, hatte asiatische Vorfahren und schien irgendwie verloren. Perfektes Beuteschema für die Bäckerin, die noch mehr strahlte. Billy seufzte innerlich und wünschte sich an einen anderen Ort. Es war doch immer das Gleiche. Cassie sah ein süßes Mädchen, versuchte es anzuflirten, doch das Mädchen ergriff die Flucht und ließ eine enttäuschte Cassie zurück. Und er wäre wieder der Pechvogel, der ihr Geheule auszuhalten hatte. Die neue Kundin sah sich etwas scheu in dem sehr mädchenhaften Cupcake-Laden um, so als wüsste sie nicht was sie hier wollte. Sie hatte lange, seidig glänzende, schwarze Haare, die ihr bis zu den Hüften reichten und einen gerade geschnittenen Pony. Ihre Kleidung war eher verschlossen. Sie hatte eine weiße Bluse an und darüber einen grauen Blazer gezogen. Eine rote Schleife hatte sie auch um den Kragen der Bluse gebunden. Ihr Faltenrock war in einem dunklen, fast schwarzen Blau gehalten. Sie wirkte wie ein typisches, japanisches Schulmädchen. Cassie erkannte ihre Misere sofort und hechtete hinter der Theke hervor, um die Heldin des Tages zu werden. Cassie wirkte neben dem Mädchen wie ein bunter Vogel in ihrem roten T-Shirt, der eng anliegenden, blauen Jeans und der zart rosa Schürze mit viel weißen Rüschen dran. Billy beobachtete die Situation genau, im Falle dass er eingreifen und Cassie wieder auf den Boden der Tatsachen bringen musste. „Hallo. Willkommen in Cassies Cupcake-Laden! Ich bin Cassie, die Besitzerin und Bäckerin! Wie kann ich dir weiterhelfen?“, stellte sich die Rothaarige überschwänglich vor. Das asiatische Mädchen blinzelte einmal verwirrt, so als sei sie es nicht gewohnt, dass man sie mit so viel Energie ansprach. Ehe sie jedoch antworten konnte, nahm Cassie das Mädchen an der Hand und zerrte es zu der Auslege mit den bunt verzierten Cupcakes. „Sieh dich in Ruhe um! Wenn du etwas gefunden hast, sag mir einfach Bescheid!“ Und schon verschwand die Bäckerin wieder hinter der Theke. Sie ging zurück zu Billy, der an einem Loch in seiner ausgewaschenen Jeans spielte. Er wusste, dass sie schwärmen wollte, doch leider hatte er keine Ahnung wie er seine Freundin abwimmeln sollte. Vielleicht sollte er ihr ja beibringen nicht jeden mit ihrer Art und Weise zu erschlagen? Denn das Mädchen wirkte noch verlorener als vorher. „Und? Sie ist niedlich, oder?“, wollte seine Freundin auch schon wissen. „Ja, aber ich glaube nach dieser Aktion wird sie so schnell nicht wieder kommen. Du bist einfach zu aufdringlich und nicht jeder kann damit umgehen, verstehst du?“, versuchte er es auch schon. Jedoch wirkte das Mädchen nicht so, als würde es jeden Moment verschwinden. Es besah sich die Auslage und schien ernsthaft zu überlegen welches Gebäck sie wollte. „Du bist gemein! Ich bin charmant und freundlich!“, schmollte Cassie und wollte ihrem Freund am liebsten eins überbraten. Doch sie bezähmte dieses Verlangen und ging zu der neuen Kundin. Billy konnte nur den Kopf schütteln. Cassie schien sich jedoch etwas ruhiger mit dem Mädchen zu unterhalten, da es nicht mehr so verschüchtert wirkte und nun selbst ein wenig redete. Wahrscheinlich fragte es nach den Cupcakes. Die Form und Farben gaben nicht immer die Geschmacksrichtung preis und die Namen, die Cassie ihren Kreationen gegeben hatte, waren auch keine wirkliche Hilfe. Billy schlürfte genüsslich an seinem, nun trinkbaren, Kaffee und nahm sich die Zeit seine E-Mails auf dem Mobiltelefon zu lesen. Vor seinem ersten Kaffee hatte er dazu einfach keine Lust und Cassie schien sich zu benehmen, also bräuchte er nicht mehr einzugreifen. Das Meiste in seinem Eingang war jedoch Spam und das löschte er sofort ungelesen. Eine E-Mail jedoch erregte seine Aufmerksamkeit. Jedoch konnte er sie nicht in aller Öffentlichkeit lesen, deswegen beeilte er sich mit seinem Kaffee. Als er von seinem Telefon aufsah, war das asiatische Mädchen schon wieder verschwunden. Cassandra sah jedoch glücklich aus, also war das Mädchen nicht geflüchtet, sondern hatte seinen Einkauf einfach erledigt und musste wieder los. Billy wollte die Bäckerin gerade zu sich winken, als die Türglocke wieder erklang und zwei uniformierte Männer eintraten. Bei den beiden Polizisten handelte es sich um zwei Bekannte, oder eher Freunde, von Cassie, die ebenfalls regelmäßig ihren Laden aufsuchten, egal wie mädchenhaft er auch war. Billy ließ die Hand wieder sinken und beobachtete den Alten und seinen jüngeren Kollegen. Patrick Salvatore war schon über zwanzig Jahre im Beruf und somit ein alteingesessener Hase. Er durfte schon viele Beamte ausbilden, jedoch war noch nie einer bei ihm geblieben, da sie meist mehr anstrebten. Alex Morgan schien da anders. Er war ein alter Schulfreund von Cassie und die beiden verstanden sich so gut wie Geschwister. Billy hatte einmal aufgeschnappt, dass die beiden in der High School ein Paar waren, jedoch ging dies schief, als Cassie ihre Homosexualität entdeckt hatte. Irgendwie hatten sie es doch geschafft Freunde zu bleiben, auch wenn überdeutlich war, dass Officer Morgan noch immer etwas für die Rothaarige Schönheit empfand. Der ältere der beiden Polizisten hatte immer ein warmes Lächeln auf den Lippen, auch jetzt als er Cassie begrüßte. Er zog sich die Kappe vom Kopf und entblößte eine Halbglatze, die zusammen mit seinem Bart und seiner etwas stämmigeren Figur zu dem klischeehaften Bild beitrugen, das man von einem Polizisten in seinem Alter hatte. Alex war das genaue Gegenteil von seinem Partner. Er war groß, muskulös, hatte einen Militärschnitt und einen harten Ausdruck im Gesicht. Billy mochte diesen Mann überhaupt nicht. Cassie bat beide an die Theke, um weiterhin mit ihnen plaudern zu können, und goss beiden schon ihren Kaffee ein. Billy würde schon noch gerne bleiben, um den Feind zu bespitzeln, aber ihm wurde es doch zu heiß, als Alex ihn wieder wie immer so durchdringend ansah, als kenne er sein Geheimnis. Also nichts wie weg hier. „Hey Cassie, Liebes!“, rief er nach ihr. „Ich muss los. Kannst mir ja morgen alles über dieses Mädchen erzählen, ja?“ Er winkte ihr dann doch zu und stand schon von seinem Platz auf. Mit einem schnellen ‚Tschüss‘ verschwand er dann auch schon. So war es fast immer, also wunderte Cassandra sich schon nicht mehr darüber. Draußen atmete Billy einmal tief durch und holte sein Telefon wieder hervor. Die E-Mail hatte er auch schnell gelesen und so machte er sich auf den Weg, um seinen nächsten Auftrag vorzubereiten. Kapitel 2: ----------- Kapitel 2: Sie wusste nicht was sie dazu getrieben hatte da hinein zu gehen. Sie ging eigentlich nie daran vorbei, doch ihr eigentlicher Heimweg war von Straßenbauarbeiten versperrt gewesen und sie musste einen anderen Weg einschlagen. Hitomi Falcone hasste es etwas außerhalb ihrer Gewohnheiten zu tun und doch war sie in diesen Cupcake-.Laden hineingegangen und hatte sich sogar einige dieser Zuckerbomben gekauft. Die Bäckerin war doch ein wenig aufdringlich gewesen, auch wenn sie ihr geholfen hatte einige der Kuchen auszusuchen. Hitomi blickte wieder einmal zu der blass rosa Papierschachtel, in der die Cupcakes steckten. Ganze sechs Stück hatte sie sich aufschwatzen lassen. So viele würde sie doch niemals schaffen! Vielleicht konnte sie ja einen guten Tee oder Kaffee kochen und sie mit ihrem Vater und ihrem Bruder verspeisen? Eine hoffentlich willkommene Abwechslung für die beiden. Hitomi mochte es nicht, wenn die beiden immer bis tief in die Nacht arbeiteten und sich nicht einmal richtig entspannten. Auch wenn sie nicht die leibliche Tochter Marco Falcones war, so liebte sie ihre Familie von ganzem Herzen und wusste, dass sie zurück geliebt wurde. Jedoch fiel es ihr sehr schwer dies zu zeigen, was sie wohl indirekt von Vater und Bruder hatte. Alle drei hatten Schwierigkeiten zu zeigen was sie fühlten außer Ärger, doch in kleinen Gesten konnte man die Liebe erkennen. Voller Vorfreude beeilte sie sich nach Hause zu kommen, und rannte deswegen los. Eigentlich tat sie das nie, aber wieso sollte heute nicht ein Tag voller Veränderungen sein? Sie konnte und wollte nicht ewig die immer brave Medizinstudentin sein, die keine Miene verzog. Sie hatte durch ihre Familienverhältnisse eh schon keinen Freundeskreis, mit dem sie etwas hätte unternehmen könnte. Ihr Leben gehörte zurzeit dem Studium und ihrem Bruder. Er würde in nächster Zukunft den Platz ihres Vaters einnehmen und er wollte, dass es ihr nur gut ging. Sie wusste das und hatte schon lange aufgehört gegen seine Einmischungen zu protestieren. Außer Atem kam sie dann auch zu Hause an. Vor den hohen Gittertoren, die das riesige Anwesen umzäunten, blieb sie kurz stehen, um wieder zu Atem zu kommen. Sie stützte sich schwer keuchend auf ihren Knien ab und ignorierte die fragenden Blicke der Security, die immer am Tor stand. Ohne ein Wort wurde ihr geöffnet und erhobenen Hauptes schritt sie durch das massive Tor. Sie würdigte den Männern keinen Blick. Sie durfte es nicht, hatte sie sich immer eingeredet. „Guten Tag, Miss Hitomi“, wurde sie im Chor begrüßt. Sie neigte dann doch schließlich kurz den Kopf zum Gruß und ging weiter auf das Anwesen zu. Immer wieder fragte sie sich; wenn sie diesen kleinen Hügel hochging; wieso sie das Angebot ihres Bruders nicht angenommen hatte, sie von der Uni abzuholen. Morgens wurde sie doch eh schon hingebracht, aber dennoch wollte sie sich regelmäßig die Füße vertreten und einige Freiheiten beibehalten. Und wenn es nur der Rückweg zu Fuß war. Hitomi brauchte nicht einmal einen Schlüssel hervorzuholen, da ihr schon von den Dienern des Hauses die Tür geöffnet wurde. Die Männer am Eingang hatten bestimmt schon Bescheid gegeben, dass sie wieder da war. Und ihr Bruder wusste es bestimmt auch schon. Er wusste immer wo sie wann war. Manchmal hasste sie es wirklich, aber sie verstand seine Beweggründe. Als zukünftiger Mafiaboss musste man jedes Risiko berechnen und er wollte nur, dass seine kleine Schwester in Sicherheit war. „Guten Tag, Miss Hitomi“, wurde sie auch schon von den Hausmädchen begrüßt. Sie nickte ihnen ebenfalls zu und reichte ihnen die Schachtel mit den Cupcakes entgegen. Hoffentlich waren sie nicht beschädigt worden, dachte sich Hitomi. „Stellen Sie die bitte auf ein Tablett und bereiten Kaffee und Tee vor. Ich habe vor diese Kuchen mit meinem Bruder und meinem Vater zu genießen“, erklärte sie und machte sich auf den Weg zu ihrem Zimmer, um sich umzuziehen. Es würde noch etwas dauern, bis alles fertig wäre und solange hatte sie Zeit die Männer ihrer Familie zu überzeugen etwas Zeit mit ihr zu verbringen. Umgezogen machte sich die Japanerin sofort auf zum Arbeitszimmer ihres Vaters, wo die beiden die letzte Zeit immer aufzufinden waren. Ehe sie anklopfte horchte sie an der Tür für den Fall, dass sie Gäste hätten, aber dem war nicht so, also klopfte sie auch schon und schritt nach einem ‚Herein‘ auch ins Zimmer. Sie verbeugte sich aus Gewohnheit und wurde von den Männern im Zimmer gegrüßt. „Hallo, Hitomi. Gibt es etwas Spezielles, das du willst?“, fragte ihr Vater auch schon, während er sich in seinem Bürosessel nach hinten lehnte und seine Adoptivtochter ansah. Tommaso, der in einer Ecke gestanden hatte, schloss eine Akte und blickte seine Schwester auffordernd an. Wie immer waren beide in den teuersten Anzügen gekleidet und perfekt hergerichtet. Wahrscheinlich hatten sie am Morgen ein wichtiges Treffen gehabt, aber Hitomi hielt sich aus allem heraus. Sie wollte nichts mit der Mafia zu tun haben und ihr Vater und Bruder sorgten dafür, dass dem auch so war. Es genügte wenn der Sohn den Platz des Vaters einnahm. „Ich habe einige Cupcakes gekauft und gehofft wir könnten sie zusammen essen und etwas Zeit verbringen?“, erklärte sie dann doch etwas eingeschüchtert. Vater und Sohn hatten die Fähigkeit einem mit ihren Blicken zu durchbohren und wenn sie mitten in der Arbeit waren, richtete sich dieser Blick manchmal unbeabsichtigt auf das Mädchen, wenn es einmal bei ihnen vorbeischaute. Viele harte Männer waren schon unter diesem doppelten Blick zusammengebrochen und hatten gesungen wie die Kanarienvögel. Tommaso blickte seinem Vater mit seinen himmelblauen Augen in dessen dunkle, braunen und wartete darauf, was er zu sagen hatte. Sie hatten noch viel zu tun, aber Hitomi bat selten um etwas, weswegen sie ihr kaum diesen Wunsch abschlagen konnten. Marco Falcone schloss daraufhin seine Augen und lächelte seine Tochter an. Tommaso lächelte ebenfalls und strich sich durch sein schwarzes Haar, um wieder lockerer zu werden. „Natürlich können wir das machen. Heute stehen keine weiteren Termine mehr an und wieso sollte ich nicht etwas Zeit mit meiner hübschen Tochter verbringen?“, meinte Marco und stand auf. „Der Rest kann warten“, fügte er hinzu, als sein Sohn ansetzen wollte etwas zu sagen. Jedoch hielt er den Mund, als er das Funkeln in Hitomis schwarzen Augen sah. „Lasst uns ihn Wohnzimmer gehen.“ Marco machte sich nach diesen Worten auf den Weg dorthin und seine Kinder folgten ihm brav. Gerade als die Drei Platz nahmen, kam auch schon die Haushälterin mit einem Tablett, auf dem die Cupcakes und die heißen Getränken standen. Die alte Dame hatte es sich wohl nicht nehmen lassen, selbst alles herzubringen, als eines der Mädchen mit den Küchlein in der Küche erschienen war. „Bitte sehr.“ „Danke“, murmelte Hitomi und beobachtete wie alles auf dem Kaffeetischchen hingestellt wurde. So auf dem teuren Porzellan machten die Cupcakes viel her und sie freute sich in diesen Laden gegangen zu sein. Sie würde das wohl regelmäßig wiederholen. Die Haushälterin ließ die Familie dann in Ruhe und verließ das Wohnzimmer. Hitomi nahm sich einen Kuchen mit rosa Glasur und biss hinein. Sie hatte keine Ahnung, wie sie schmeckten aber kaum, dass der erste Bissen genommen wurde, war sie erleichtert. Sie schmeckten fantastisch. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie die Männer, die die bunten Kuchen erst argwöhnisch ansahen und vorsichtig hineinbissen. Ihre Gesichter hellten sich jedoch auf, als sie feststellten, dass sie wirklich gut waren. „Sag mal Hitomi“, drang die dunkle, samtige Stimme ihres Vaters an ihr Ohr. Er hatte seinen grünen Cupcake auf dem Teller abgestellt und nach seiner Tasse schwarzen Kaffees gegriffen. Sie sah ihn fragend an und wartete darauf, was er zu sagen hatte. „Wie kommt es, dass du uns mit solchen Leckereien verwöhnst?“, fragte er dann lächelnd und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. Der Mafiaboss lächelte nur in der Gegenwart seiner Kinder, besonders bei seiner Tochter. Andere, die ihn so sahen, lebten nicht mehr lange genug, um es herum zu erzählen. Nur seine engsten Vertrauten kannten diese Seite des sonst so harten und strengen Mannes. „Mein eigentlicher Weg war durch Straßenarbeiten versperrt, also musste ich einen Umweg gehen. Da habe ich diese Bäckerei entdeckt und bin hineingegangen. Ich weiß auch nicht wieso, aber da habe ich diese Kuchen her“, erklärte die Studentin und nahm sich ihre Tasse grünen Tees. Angewohnheiten ihrer Heimat konnte sie schlecht ablegen und für sie gehörte nun mal Tee zum Gebäck. Tommaso, der seinen Kuchen schon ganz verschlungen hatte, schluckte einmal und wischte sich den Mund mit einer Serviette ab. Er sah zu seiner Schwester und wuschelte ihr mit einer Hand durch die Haare, wie er es immer getan hatte, als sie noch klein waren. „Ist ja nicht schlimm. Diese Dinger sind wirklich gut. Kannst du gerne öfters mitbringen. Vielleicht komme ich einmal mit, um mir das Ganze einmal genauer anzusehen?“, schlug er dann vor. Er hatte es nie verraten, aber er war ein Schleckermaul. Sein Vater und auch Hitomi wussten das jedoch längst und mussten lachen. „Du willst dir doch nur mit so vielen Kuchen wie möglich den Bauch vollschlagen. Und deine Schwester schleppst du dann nur mit, um einen Vorwand zu haben“, stellte Marco fest und Tommaso ließ seinen zweiten Cupcake auf dem Teller stehen. Er wollte nicht als Vielfraß gelten. „Ich hätte nichts dagegen, wenn du mitkommen würdest, Bruder“, nuschelte Hitomi schüchtern. „Die Bäckerin ist wirklich sehr nett und hat mir geholfen die Cupcakes auszusuchen.“ Tommaso lächelte seine Schwester an und wollte wieder durch ihr glattes Haar wuscheln, doch sie schlug seine Hand scherzhaft weg. Die drei redeten noch eine ganze Weile, ehe die beiden Männer wieder arbeiten mussten und sich wieder ins Arbeitszimmer zurückzogen. Hitomi stellte das Geschirr zusammen und ein Hausmädchen räumte alles weg. Doch Hitomi war zufrieden. Viel zu selten setzten die drei sich zusammen und waren für eine kurze Zeit eine ganz normale Familie. Aber das würden sie nie sein. Ihr leiblicher Vater war in Japan ein hoch angesehener Yakuzaboss und mit den Falcones befreundet gewesen. Als dieser ermordet worden war, hatte Marco ohne Umschweife dessen kleine Tochter adoptiert, da man es weiterhin auf sie abgesehen hatte. Doch hier in Amerika war sie zumindest vor der japanischen Mafia in Sicherheit. Und hier wurde sie aus allem herausgehalten und bis jetzt hatten alle respektiert, dass sie unantastbar war. Mit einem Lächeln im Gesicht ging die junge Japanerin auf ihr Zimmer, um sich für die bevorstehenden Arbeiten auf der Uni vorzubereiten. Sie wollte schon lange Ärztin werden und den Menschen helfen. Sie hatte das Gefühl als müsste sie Wiedergutmachung leisten, für all die Toten, die ihre beiden Väter auf dem Gewissen hatten. Obwohl sie die Tochter von einem Mafiaboss war, liebte sie ihr Leben und war zufrieden damit. Kapitel 3: ----------- Kapitel 3: Billy hatte wirklich die Arschkarte gezogen. Hin und wieder nahm er Aufträge an, da er dabei sehr gut verdienen konnte und als er auf dem Treffen mit einem Auftraggeber war, hatte er gedacht, dass er wie die anderen sein würde. Aber nein. Diesmal musste er sein Leben riskieren, um ein paar bescheuerte Schwerter zu klauen. Und ein Nein durfte er sich nicht leisten, da sein Leben dann schneller vorbei sein würde als ihm lieb war. Denn sein Auftraggeber war ein japanischer Yakuzaboss gewesen und er hatte ihm definitiv klar gemacht, was ihm blühen würde, würde er versagen. Und das war noch nicht das Schlimmste. Der arme Billy durfte die Schwerter beim Mafiaboss der Stadt klauen. Jeder kannte den Namen Falcone und um bei denen einbrechen zu können, müsste man entweder ein Magier oder ein Geist sein. Und Billy war nichts von beidem. Jetzt durfte er sich nur noch seinen Mörder aussuchen und das schmeckte ihm ganz und gar nicht. Vielleicht war das Glück ja auf seiner Seite und er kam mit allem durch? Der Dieb war aber schlau genug nicht darauf zu hoffen. Wenn er weiterleben wollte, musste er sich absetzen. Am besten mit einer Gesichts-OP und einem falschen Namen im Ausland. Und dann hoffen nicht gefunden zu werden. Aber er liebte sein Leben hier. Hier hatte er Cassie und seine wenigen Freunde an der Uni, wenn er mal da auftauchte. Und er hatte nicht ewig vor gehabt ein Dieb zu bleiben. Spätestens, wenn er die Jahrzehnte alte Taschenuhr seines Vater wieder gefunden hätte, dann würde er aufhören. Aber das wurde ihm nun versagt. Er hatte keine andere Möglichkeit als diesen Diebstahl durchzuführen. Mit hängendem Kopf ging er schnurstracks auf Cassies Laden zu. Vielleicht könnte sein Lieblingscupcake ihn wieder aufmuntern, oder zumindest kurz ablenken. Seit Tagen war er nicht mehr bei Cassie gewesen und hatte auch nur knapp auf ihre Nachrichten reagiert. Für sie war er einfach krank gewesen und konnte deswegen nicht zu ihr in die Bäckerei kommen. Doch er hatte diese Zeit genutzt und etwas über die Falcones recherchiert. Was er jedoch herausgefunden hatte, wollte er seiner lieben Freundin so schnell wie möglich erzählen. Dass der Kopf der Familie Falcone Marco hieß, war jedem bekannt, auch dass er einen Sohn hatte, der vergleichsweise selten in den Medien wiederzufinden war. Doch dass er auch eine Tochter hatte, die auf die nahe gelegene Uni ging, wusste kaum einer. Einer seiner Informanten hatte ihm diese Neuigkeit mitgeteilt und ihm sogar Bilder der Familie geschickt. Vater und Sohn sahen aus wie man es sich für Mafiosi vorstellte. Beide waren gut gebaute Männer, mit kaltem und strengem Blick. Doch das Bild des Mädchens hatte ihm die Sprache verschlagen. Es handelte sich hierbei um ein hübsches, japanisches Mädchen, mit langen, glatten, schwarzen Haaren, und einem geraden Pony. Es war das Mädchen, das im Cupcake-Laden gewesen war. Das, auf das Cassie ein oder zwei Augen geworfen hatte. Er durfte einfach nicht zulassen, dass sie sich mit der Tochter eines hoch angesehenen Mafiosi abgab. Er durfte es nicht. Er rannte schon fast zum Laden, doch er wollte nicht von den Passanten angestarrt und wahrscheinlich erkannt werden. Man konnte ja nie wissen, deshalb musste man sich als Dieb normal und ruhig verhalten, um nicht aufzufallen. Erleichtert atmete er einmal tief ein und aus, als er vor der Glastür von Cassies Laden stand. Er setzte ein Lächeln auf und hoffte ihm würde etwas einfallen, wie er Cassie alles erklären konnte. Dass er ein Dieb war wusste selbst sie nicht und seine Informanten wollte er auch nicht preisgeben. Er schritt in den Laden und das Glöckchen ertönte wie immer und kündigte sein Kommen an. Er lächelte wie immer (weiterhin), doch als er Cassie fand blieb ihm ein ‚Hallo‘ im Halse stecken. Sie war nicht alleine und ihre Gesellschaft hätte eine bessere sein können. Wären es doch nur der alte Salvatore und Alex gewesen, bei denen Cassie am Tisch sitzen und mit denen sie plaudern würde, aber nein. Das Mädchen von neulich, Hitomi, und ein anderer Mann; Billy erkannte ihn sofort als Tommaso Falcone; saßen gemütlich an einem Tisch und unterhielten sich mit der lebensfrohen Bäckerin. Wieso nur musste Billy so verflucht sein? Wieso nur? Leider war eine Flucht ausgeschlossen, da die rothaarige Bäckerin ihn schon zu sich winkte. Bestimmt wollte sie ihn vorstellen. Billy sah schon sein Leben an sich vorbeiziehen, obwohl niemand eine Waffe auf ihn richtete. Jedoch sah er den Strick bereits um seinen Hals. Aber er konnte es nicht mehr ändern. Er setzte sein bestes Lächeln auf und folgte Cassies Einladung. „Hey du Schnarchnase! Bist du wieder gesund?“, war auch schon ihre Begrüßung. „Was denn sonst. Ich würde sonst noch immer im Bett liegen und deine Cupcakes vermissen“, scherzte er zurück. Er blieb am Tisch stehen und überlegte sich eine Ausrede, um wieder schnell verschwinden zu können. Cassie lachte nur und schob einen Stuhl raus damit er Platz nehmen konnte. Sie stellte beide Parteien vor und Billy reichte beiden höflich die Hand, immer hoffend, dass nichts weiter passieren würde. Cassandra erzählte die Geschichte wie sie und Billy sich in einem Club getroffen haben, er sie vor einem Perversen gerettet hatte und sie seitdem gute Freunde waren. Billy fügte nur hier und da einiges hinzu, wenn Cassie etwas vergaß. Hitomi schienen die Geschichten zu gefallen, da sie immer wieder lachen musste, wenn Billy erzählte wie ungeschickt Cassie eigentlich war und er eine daraufhin von der jungen Frau kassierte. Tommaso besah sich alles sehr misstrauisch und ließ seine kleine Schwester nicht aus den Augen. Man konnte sehen, dass ihm sehr viel an ihr lag. Billy unterhielt sich dann aufgeregt mit dem Mädchen, da sie zur selben Uni ging wie er und sie redeten über ihren Studiengänge und wie die Professoren so waren. Billy war noch nicht einmal aufgefallen, dass Cassie verschwunden war, um weitere Kunden zu bedienen und im Großen und Ganzen weiter zu arbeiten. Jedoch erschrak der Junge dermaßen, als er dies feststellte. Tommaso sah auch immer wieder auf die Uhr. Er erklärte, dass er noch einen wichtigen Termin habe und so ging er dann, nachdem er bezahlt hatte. Seine Schwester folgte ihm sofort, da sie noch lernen musste und verbeugte sich vor Billy und Cassie zum Abschied. Da er nicht wusste, was er tun sollte, machte Billy es Hitomi nach und lächelte verlegen. Er winkte ihr und ihrem Bruder zum Abschied und atmete erleichtert auf, als sie dann weg waren. Er musste zugeben, dass Hitomi sehr nett wirkte und wenn sie die Zeit hatte zur Uni zu gehen, dann war sie vielleicht nicht so sehr in die Mafia-Geschäfte ihres Vaters verwickelt, wie er zunächst angenommen hatte. „Du bist ein Idiot“, hörte er eine Stimme hinter sich und als er sich umdrehte blickte er in das frech grinsende Gesicht Cassies. Billy streckte ihr nur die Zunge heraus und verabschiedete sich auch wieder von ihr. Er musste nun planen, wie er weiter vorgehen wollte. Er hatte sich entschlossen Cassie nichts über Hitomi zu verraten und sie somit aus allem heraus zu halten. Aber sollte es einmal nötig werden, dann würde er ihr aber alles erzählen. Bis auf die Tatsache, dass er ein berühmtberüchtigter Dieb mit dem Künstlernamen ‚Dog‘ war. Das brauchte sie wirklich nicht zu wissen. Und wer wusste, ob sie ihn nicht bei ihrem alten Schulfreund Alex verpfeifen würde. Nun wieder deprimiert, machte er sich auf den Weg nach Hause. Billy war kurzzeitig abgelenkt gewesen, obwohl seine Opfer vor ihm gesessen hatten und es hatte ihm gut getan. Dieser Auftrag verursachte ihm Magenschmerzen und er war froh, wenn er lebend da wieder rauskam. Aber erst einmal nach Hause und Magentabletten einwerfen, dann konnte das Grübeln beginnen. * Tommaso wusste nicht wieso er mit Hitomi zum X-ten Mal hier in dieser Cupcake-Bäckerei saß und diese leckeren Kuchen verspeiste. Als er das erste Mal hier hinein kam, wollte er am liebsten wieder auf dem Absatz kehrt machen und nie wieder kommen, egal wie gut das Gebäck war. Wenn einer seiner Männer oder gar Feinde ihn hier erwischen würden, wäre die Erde nicht tief genug, um darin zu versinken. Dieses Hellrosa tat ihm in den Augen und seiner Männlichkeit weh, aber er tat es für seine kleine Schwester. Ihm war klar, dass er sie in der Vergangenheit vernachlässigt hatte und sie sich bestimmt einsam gefühlt hatte. Also riss er sich zusammen und verbrachte Zeit mir ihr im Laden. Und Hitomi schien sich auch mit der Bäckerin anzufreunden. Und Gott wusste, dass das Mädchen Freunde brauchte, auch wenn ihm nicht gefiel wie Cassandra Hitomi ansah. Er kannte diesen Blick und die Rothaarige wollte augenscheinlich mehr als nur Freundschaft. Auch wenn es ihm etwas gegen den Strich ging, würde Tom sich nicht einmischen und Hitomi die Entscheidung überlassen. Sie wollte ja so normal wie möglich leben und eigene Entscheidungen gehörten dazu. Und dann gab es da noch einen zweiten Grund, den er sich nie eingestehen würde. Dieser Grund saß wieder einmal bei ihnen am Tisch, hatte wuschelige, blonde Haare und sehr tiefgründige, graue Augen. Augen, die ein Geheimnis beherbergten und er liebte es Geheimnissen auf den Grund zu gehen. Billy war aber auch ein sehr seltsamer Junge. Obwohl er die gleiche Uni wie seine Schwester besuchte, liefen die beiden sich nie über den Weg. Und das konnte nicht allein an den verschiedenen Studiengängen liegen, denn so groß war die naheliegende Uni auch wieder nicht. Jetzt sahen sie sich schon seit Wochen und Tommaso hatte das Gefühl den jungen Mann gar nicht zu kennen. Er hatte schon seine Leute auf ihn angesetzt, aber die hatten nichts weiter von ihm herausgefunden. Jedenfalls nichts Neues, denn Geburtsort, -tag, Eltern etc. hatten sie von dem Jungen schon selbst erfahren. Aber es gab mehr als das Auge ihm zeigte. Dessen war er sich sicher. Als Billy wieder einmal in den Cupcake-Laden kam und einen Cupcake mit geschlossenen Augen gefangen hatte, war das für ihn Beweis genug. Der Blonde war nicht, wie der Anschein trügen wollte. Und Tommaso würde dieses Trugbild einreißen, koste es was es wolle. Er hatte selten Gelegenheit sich außerhalb des Geschäftes zu amüsieren und dies war die perfekte Gelegenheit. Und es lag nicht daran, dass er eine Schwäche für Blond hatte. Ganz und gar nicht. Wer etwas Anderes behauptete, würde in einem sehr tiefen Fluss mit sehr schweren Schuhen landen. Genau. Er hatte ja ein Image zu wahren. Während Billy wieder mit den Mädchen scherzte, konnte Tommaso seine Augen nicht von ihm lassen und das fiel Hitomi auf. Sie sah zu ihm und hatte fragend eine Augenbraue gehoben. Er schüttelte nur den Kopf zum Zeichen, dass sie nicht jetzt darüber sprechen würden, sondern erst später. Vor Billy war nicht der beste Zeitpunkt und Hitomi verstand dies sofort, denn sie beteiligte sich wieder am Gespräch. Tom trank währenddessen stumm von seinem recht guten Kaffee und hörte nur zu. Viellicht fand er so noch mehr heraus. Kapitel 4: ----------- Kapitel 4:   Billy war genial. Fand er jedenfalls. Er hatte sich sehr viel Zeit bei seinem Auftraggeber verschafft mit dem Argument, dass er mit den Schwertern wieder lebend herausfinden und er deswegen einen Weg finden musste, um sich einzuschleusen. Und so etwas bedurfte Zeit. Zeit, die er Gott sei Dank bekommen hatte. Und dass die Falcone-Geschwister regelmäßig zu Cassie kamen, wenn er auch da war, konnte ihm weiterhelfen. Wenn er sich mit ihnen anfreundete, würde er vielleicht einmal eingeladen werden und bei so einem Besuch würde er zugreifen. Nicht beim ersten, auf gar keinen Fall, sondern erst, wenn sie ihm mehr oder weniger vertrauten. Irgendwie. Gerade wieder saß er mit den beiden Falcones in Cassies Bäckerei an einem Tisch und genoss Kaffee und Kuchen. Hitomi war ein wirklich sehr liebes Mädchen, doch wurde er das Gefühl nicht los von Tommaso ständig angestarrt zu werden. Jedoch, immer wenn er ihn dabei ertappen wollte, sah dieser woanders hin, nur nicht in seine Richtung. Aber er spürte die Blicke, dem war er sich sicher. Cassie würde bestimmt etwas aufgefallen sein, wenn sie nicht nur Hitomi anstarren würde, also würde er die Rothaarige später dazu ausfragen. Denn die Blicke, die er nur spüren konnte, machten ihn sehr nervös und es wurde immer schwieriger so zu tun, als sei er nur ein gewöhnlicher Student ohne illegalen Nebenjob. Aber er glaubte kaum, dass es die Falcones stören würde, würden sie erfahren, dass er ein Dieb sei. Immerhin hatten sie auch krumme Geschäfte am Laufen und das wusste die ganze Stadt. Billy hatte gerade einen Schluck von seinem abgekühlten Kaffee genommen, als Cassie wieder zu den dreien gerannt kam und fast schrie, dass sie eine gute Idee hätte. Vor Schreck hatte sich der arme Billy verschluckt und hustete seine Seele aus dem Leib. Tommaso erbarmte sich und klopfte ihm auf den Rücken. „Und was soll das sein?“, wollte Billy wissen, der sich wieder erholt hatte. Er kannte Cassie eigentlich gut genug, um es ahnen zu können, doch ihr Vorschlag verschlug ihm dann doch die Sprache. „Es hat ein neuer Nachtclub eröffnet, den ich gerne besuchen möchte! Er heißt ‚Vampire Kiss‘! Wir könnten ja alle dorthin?“, bat sie mit lieben Blick. „Ich weiß nicht…“, meinte Hitomi schüchtern. Sie war garantiert noch nie in einem gewesen, dachte sich Billy, weswegen er ihre Zurückhaltung verstand. „Ach bitte! Wir treffen uns immer nur hier und dann nur wenn ich arbeiten muss und ihr euer Leben genießen könnt. Ich will auch mal Spaß mit euch haben!“, bettelte sie dann. „Ach. Macht es dir denn etwa keinen Spaß uns zu bedienen?“, scherzte Billy. Dafür kassierte er sofort eine Kopfnuss und ein ‚Idiot‘ noch dazu. Einige Minuten herrschte Stille, als sich die Gefragten ihre Antwort überlegten, doch sie stimmten dann zu. So ein Besuch würde doch bestimmt nicht schaden. „Yay! Also heute Abend um zehn hier beim Laden. Von hier können wir dann gemeinsam zum Club gehen. Es ist gar nicht weit zu Fuß!“, verkündete Cassie erfreut. Billy sah wie Hitomi lächeln musste, als sie in Cassies freudestrahlendes Gesicht sah. So stand die Verabredung und die Geschwister zogen von Dannen. Cassie entschloss sich die Bäckerei für diesen Tag früher zu schließen und Billy erbarmte sich ihr noch beim Aufräumen und Putzen zu helfen. „Sag mal Billy…“, fing Cassie an, als sie den Besen gerade wegstellte. „Hm?“ „Was hältst du von den beiden?“ „Wie meinst du das?“, fragte der Blonde und stellte den Putzeimer zur Seite. „Na einfach, was du von ihnen hältst? Ich meine… Sie sind zwar Mitglieder der Mafia und so, aber dennoch wirken sie nett oder?“ Cassie drehte sich nun zu Billy um und starrte in dessen schockiertes Gesicht. „Du… Du weißt es?“, murmelte er geschockt und sie nickte. „Ja klar. Jeder in der Stadt kennt den Namen Falcone und so blöd wie du denkst, bin ich nun auch wieder nicht. Ich weiß viel mehr als du glaubst.“ Sie sagte dazu nichts mehr und starrte Billy nur wissend an. Er hatte Angst nachzufragen, ob sie seine Identität als ‚Dog‘ meinte, also schwieg er. So konnte er nur erahnen, was sie wirklich meinte. „Also ich finde sie ganz in Ordnung. Hitomi ist ein sehr liebes Mädchen. Sie wirkte erst kalt und unnahbar, doch eigentlich ist sie sehr schüchtern und lieb. Sie hat wohl meiner Meinung nach nicht viel Erfahrung mit fremden Menschen, geschweige denn Freunden. Tommaso scheint für einen zukünftigen Mafiaboss auch sehr in Ordnung zu sein, auch wenn er bestimmt sehr viel Dreck am Stecken hat. Man sieht, dass er seine Schwester liebt. Immerhin kommt er in einen so weibischen Laden wie deinen, nur um auf sie aufzupassen“, erklärte Billy dann. Jedenfalls war es das, was er beobachtet hatte. „Ich stimme dir zu.“ Cassie lächelte ihn dann daraufhin an, als wüsste sie ein Geheimnis. „Du magst Tommaso, nicht wahr? So wie du hin und wieder zu ihm schaust. Aber er scheint dich auch zu mögen, denn immer, wenn du weggeschaut hast, hat er dich beobachtet“, erzählte sie fröhlich. Sie genoss es, wenn der Blonde rot wurde und zu stottern anfing. Das hatte sie bis jetzt nur einmal an ihm gesehen und zwar, als sie festgestellt hatte, dass Billy Männern nicht ganz abgeneigt war. Damals hatte er Alex kennengelernt, als er in Zivil Cassie besucht hatte. „Du redest Müll!“, wehrte Billy ab und holte seine Jacke. „Ich bin dann mal weg. Muss mich für heute Abend fertig machen! Bis später!“ Winkend und immer noch rot um die Wangen zog er von Dannen. Cassandra konnte nur ihren Kopf schütteln. Auch sie machte sich fertig um zu gehen, da sie noch duschen und sich stylen musste.   *   Vor dem ‚Vampire Kiss‘ befand sich eine riesige Schlange und Billy wäre am liebsten wieder umgekehrt. Das hätten sie sich ja auch denken können, dass bei einem neuen, und vor allem angesagten, Club die Leute Schlange stehen würden. Er war jedoch nicht der Einzige, der genervt aussah, denn Cassie stapfte genervt mit ihrem Stöckelschuh auf und ab und machte ihn wahnsinnig. Tommaso schien ebenfalls genervt, aber nicht weil sie warten mussten, sondern wegen dem wiederholten ‚Klack, Klack‘ von Cassies Schuh. Die Einzige, die noch ruhig zu sein schien, war Hitomi, aber niemand wusste was sie wirklich dachte. „Jetzt reicht’s! Mitkommen!“, platze Tom dann der Kragen. Mit den anderen drei im Schlepptau, ging er an der Reihe vorbei zum Türsteher und blieb vor dem massigen Mann stehen. Billy konnte nicht hören was er sagte, aber die rote Samtleine wurde entfernt und die vier Gäste konnten eintreten. Die anderen in der Reihe wollten schon protestieren, doch mit einem Blick ließ Falcone sie verstummen und schritt in den vom Bass dröhnenden Club. „Wahnsinn! Wie hast du das gemacht?“, wollte Cassie begeistert wissen. Doch Tommaso winkte einfach nur ab und da sie in den Club hinein gekommen waren, hakte Cassie auch nicht weiter nach. Jetzt wollte sie sich nur noch amüsieren und Billy konnte nicht anders als sich mit seiner Freundin zu freuen. Immerhin hatten sie sich so nicht umsonst herausgeputzt. Cassie trug ihr liebstes dunkelrotes Kleid. Es hatte einen einfachen Schnitt, doch es lag eng an und betonte ihre gute Figur, die man unter der Schürze sonst immer nur erahnen konnte. Schwarze High Heels ließen sie noch grösser wirken und die hübsche Hitomi wirkte klein neben ihr. Doch sie hatte sich auch zurecht gemacht. Sie hatte ein leichtes Make-up aufgelegt; jedenfalls nicht so stark betonend wie Cassies; und trug enge, dunkelgraue Shorts. Sie hatte Schuhe mit einem kleinen Absatz an, die ihre Beine ein wenig strecken. Lange Strümpfe, die bis kurz unter die Shorts reichten ließen die Beine nicht so nackt wirken. Ein glitzerndes, blaues Neckholder-Top rundete ihr Outfit auf. Wahrscheinlich war alles erst heute gekauft worden, doch das war egal. Beide Frauen fielen jedenfalls auf, denn die gaffenden Blicke der Kerle sprachen Bände. Tommaso war im Gegensatz etwas zurückhaltender gekleidet, auch wenn er definitiv Stil hatte. Er hatte seinen Anzug gegen ein einfaches, weißes Hemd getauscht, dessen obere Knöpfe jedoch offen standen und einen Blick auf eine silberne Kette mit tropfenähnlichem Anhänger preisgab. Die enge, schwarze Hose betonte seinen Hintern besonders gut und die Frauen sabberten dem Kerl nach. Seine sonst streng nach hinten gekämmten Haare hatten jetzt einen etwas wilderen Look und riefen ‚Bad Boy‘. Billy blicke an sich selbst hinab und musste seufzen. Seine dunkelblaue Jeans war etwas verwaschen und über seinem schwarzen Tank Top hatte er ein offenes, kurzärmliges Hemd; dessen Grünton nicht wirklich mit dem Rest harmonieren wollte; drüber gezogen. Leider hatte der Dieb nichts Besseres in seinem Schrank gefunden und zum Einkaufen war keine Zeit mehr gewesen. Neben seinen drei Begleitern verblasste er richtig, denn kein Blick ging in seine Richtung. Dachte er jedenfalls, als er durch seine blonden, zur Seite gestylten Haare fuhr und somit die Frisur ruinierte. Denn einer blickte in seine Richtung, was vom Rest unbemerkt blieb. „Da hinten ist ein freier Tisch!“, rief Hitomi durch die laute Menge und deutete auf den gerade verlassenen Tisch. Sofort rannten Cassie und Billy los und besetzen ihn, als eine andere Gruppe darauf zugesteuert war. Sie lachten die andere Gruppe aus und die Falcone-Geschwister konnten nur den Kopf schütteln. Die erste Runde von Drinks ging auf Tommaso. Natürlich hatte es Proteste gegeben, doch er hatte darauf bestanden. Deshalb standen nun vier bunte Cocktails vor den Freunden und sie versuchten sich zu unterhalten. Das ging jedoch mehr schlecht als recht, also schnappte sich Cassie die verwirrte Hitomi und schleppte sie mit auf die Tanzfläche. Billy wollte ihnen eigentlich zusehen, doch die beiden Frauen waren in der Menge verschwunden. Dann eben nicht. Er nippte nun nervös (geworden) an seinem Strohhalm und wagte einen Seitenblick auf den zukünftigen Mafiaboss. Es war das erste Mal, dass sie beide alleine waren. Dank der Musik konnten sie sich aber nicht unterhalten, also brauchte Billy auch nicht nach einem Gespräch zu suchen. Tommaso blickte immer wieder zu der tanzenden Menge, so als würde er nach den beiden Frauen suchen. Hoffentlich würde es keine Probleme geben, falls ein Kerl so dumm sein sollte und sich an seine Schwester ranschmiss. Aber als er nach Billys Handgelenk griff, wurde dem Dieb klar, dass er nicht Ausschau gehalten hatte, sondern abgewartet hatte um Billy mitzuschleppen. Ob er hübsche Frauen entdeckt hatte? Doch Tommaso steuerte keine Frau an, sondern die Tanzfläche. Er wollte nur tanzen. Und das mit Billy. Einem Kerl. Der ganz verdutzt drein schaute, als der Schwarzhaarige seine Hüften umgriff und ihn im Takt der Musik versuchte mit zu schwingen. Also hatte der kleine Mafiosi ein kleines Geheimnis und hier im ‚Vampire Kiss‘ schien ihn niemand zu erkennen, da er für den Abend sein Äußeres verändert hatte. Billy wurde irgendwie heiß als diese starken Hände ihn umfassten und deswegen ließ er alle Vorsicht fahren und vergaß für einen Abend wer sie beide eigentlich waren. Er tanzte mit dem attraktiven Kerl vor sich, der ein arrogantes Lächeln zu Tage beförderte. Und dieses Lächeln heizte ihn noch mehr an. Da es der Bass der Musik erforderte, rieben die Leiber der Tanzenden aneinander und erzeugten eine Hitze auf der Tanzfläche, die eigentlich kaum ein Mensch aushalten konnte. Doch den Menschen war es egal. Sie wollten sich nur amüsieren und das taten sie auch. Unbewusst hatten die beiden Männer sich an die Frauen herangetanzt, die dem männlichen Publikum eine heiße Vorstellung baten. Sie rieben sich aneinander und deuteten Küsse an. Die Männer und auch Frauen tobten und Billy und Tom konnten nur lächeln. Billy beobachtete die Frauen und bekam nicht mit wie Tommaso sich ihm näherte, bis er den heißen Atem an seinem Ohr spürte. Erschrocken und verwirrt wollte er ihn anschauen, doch er wurde am Kinn festgehalten. „Lass uns verschwinden“ Mehr wurde nicht gesagt doch ein angenehmer Schauder lief dem Blonden über den Rücken. Billy nickte nur, wurde wieder am Handgelenk gefasst und aus dem Club gezogen. Die frische Luft tat auf der erhitzten Haut gut und draußen dröhnten einem die Ohren nicht mehr so heftig. Weit kamen die beiden Männer nicht, als Tommaso Billy fordernd in einer Seitengasse an die Wand drückte und sich an ihn lehnte. Er gab Billy noch etwas Zeit um zu reagieren, bevor er seine Lippen auf die seinen legte. Billy blieb buchstäblich der Atem weg. Er hatte nie damit gerechnet von jemandem wie Tommaso geküsst zu werden. Doch er genoss es. Er genoss die rauen Lippen, die nach dem Cocktail schmeckten, den Tom getrunken hatte. Instinktiv bewegte er seine Lippe im gleichen Rhythmus wie der Schwarzhaarige. Keiner von beiden wollte sich ergeben und so entbrach ein heftiger Kampf um die Oberhand. Auch wenn Billy nur wenige Zentimeter kleiner war als Tommaso wollte er nicht so leicht nachgeben, doch die Hand, die an seinem Rücken entlang glitt, lenkte ihn ab. Irgendwie hatte es Tom geschafft unter sein Hemd zu kommen. Die beiden Männer küssten sich einige Minuten weiter, bevor sie den Kuss unterbrechen mussten um zu Atem zu kommen. Tommaso blieb nur wenige Zentimeter von Billys Gesicht entfernt und sein warmer Atem streifte die feuchten und vom Kuss roten Lippen des Blonden. „Alles in Ordnung?“, hauchte der Falcone und wirkte unsicher. Billy hätte am liebsten darüber gelacht, doch er riss sich zusammen. Ihm kamen leider immer noch keine Worte über die Lippen, also nickte er nur und zog den größeren Mann an seinem Kragen wieder ganz zu sich. Er wollte nicht reden, sondern da weiter machen wo sie aufgehört hatten. Ohne Widerworte machte Tom mit. Der Abend war wirklich großartig verlaufen. Kapitel 5: ----------- Kapitel 5:   Das laute Vogelgezwitscher vor ihrem Fenster und der Sonnenstrahl, der sich an ihrem Vorhang vorbei geschlichen hatte, weckten die Rothaarige, die unter heftigen Kopfschmerzen litt. Cassie zog sich ihre Bettdecke über den Kopf und stöhnte vor Schmerz. Glücklicherweise war Wochenende und sie musste nicht in den Laden und darum konnte sie ihren Kater in aller Ruhe ausschlafen. Dachte sie jedenfalls, denn neben ihr im Bett bewegte sich Etwas, oder besser gesagt jemand. Ruckartig setzte sich die junge Frau auf und entdeckte noch Jemanden in ihrem Bett. „Wie viel habe ich getrunken, dass ich mich nicht mehr an die erinnere?“, flüstere sie und hielt sich ihren pochenden Kopf. Sie hätte mit ihrer dummen Schnauze liegen bleiben sollen. Solche Situationen waren ihr leider Gottes schon oft passiert, aber sie hatte gehofft sowas endlich hinter sich zu haben. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, wie ihre männlichen Begleiter verschwunden waren und sie mit Hitomi noch etwas getanzt und getrunken hatte. Aber was sonst noch an diesem Abend passiert war, wusste sie nicht. Sie hatte noch nicht einmal eine Ahnung ob Mann oder Frau nun bei ihr lag. „Das find‘ ich schon noch heraus… Später“, murmelte sie und ließ sich wieder in die weichen Kissen fallen. Eine Mütze voll Schlaf würde ihr bestimmt helfen. Doch sie würde ihren wohlverdienten Schlummer nicht mehr bekommen, da sich die Person neben ihr wieder regte und schlussendlich aufwachte. Cassie beobachtete sie ganz genau und als sich die Person aufsetzte, weiteten sich ihre Augen. Es war Hitomi, die sich da gerade aufsetze und sich an den wohl schmerzenden Kopf fasste. „Hi-Hitomi?“, fragte Cassie dennoch entgeistert nach. Sie konnte doch nicht etwa mit ihr…? Nein, das war völlig unmöglich. Für die Schwarzhaarige war sie doch nur eine gute Freundin! Mehr nicht. Doch das andere Mädchen antwortete nur mit einem schmerzerfüllten Stöhnen. Cassie setzte sich nun auch auf und stellte fest, dass sie beide noch angezogen waren. Vielleicht hatte Hitomi einfach nur bei ihr übernachtet, da sie im Vollrausch nicht nach Hause wollte. Konnte Cassie gut verstehen. Ohne ein Wort zu sagen, quälte sich die Rothaarige aus dem Bett und ging torkelnd ins Badezimmer. Aufs Licht verzichtete sie, aber sie wusste genau wo sie die Kopfschmerztabletten liegen hatte. Sie griff gleich zur Packung, die auch an ihrem angestammten Platz lag und ging in die Küche um eine Flasche Wasser mitzunehmen. Um Gläser zu schleppen hatte sie keine Lust. Und die würden bei ihrem Zustand eh nur auf den Boden fallen und zerbrechen. Mit den geholten Dingen krabbelte sie wieder ins Bett. Hitomi hatte sich zwischenzeitlich wieder hingelegt. Und der Sonnenstrahl war verschwunden, also hatte sie die Vorhänge zugezogen. Schlaues Mädchen. „Hier, gegen deine Kopfschmerzen“, flüsterte Cassie und reichte dem anderen Mädchen Tabletten und Wasser. Sie nahm sich selbst eine Tablette und einen schnellen Schluck, ehe sie die Sachen Hitomi reichte, die alles vorsichtig entgegennahm. „Danke“, murmelte sie und nahm die heilige Tablette. Sie sah so aus als würde sie nie wieder trinken wollen. Cassie verstand sie, denn nach jedem Kater sagte sie sich dies selbst , doch jedes Mal hielt sich nicht an dieses Versprechen. „Kein Problem… Und jetzt schlaf weiter…“, meinte Cassie nur noch und legte sich wieder hin. Sie zog die Decke bis ans Kinn und wollte sich nicht mehr rühren. Sie spürte wie Hitomi sich wieder hinlegte und ebenfalls zudeckte. Es dauerte nicht lange, bis beide Frauen wieder eingeschlafen waren.   *     Die Beiden hatten noch mehrere Stunden geschlafen und nach einer leichten Mahlzeit hatte Hitomi sich auch wieder auf den Weg nach Hause gemacht. Ihr Vater und ihr Bruder machten sich bestimmt schon Sorgen. Da ihr Akku von ihrem Mobiltelefon leer war, wusste sie nicht ob sich einer bei ihr gemeldet hatte und Cassies Gerät wollte sie nicht verwenden. Ihr Vater brauchte ihre Nummer nicht zu haben, also hatte sie lieber ganz darauf verzichtet sich bei ihm zu melden. Er war anfangs etwas dagegen gewesen sie mit ihrem Bruder gehen zu lassen, da er der Meinung war, dass Nachtclubs nichts für seine Kinder waren, aber Hitomi hatte ihren besten Dackelblick aufgesetzt und er hatte sie ohne Bodyguards losgeschickt. Immerhin konnten sie und Tommaso Karate, also wäre da kein Problem gewesen. Hatten alle insgeheim gehofft. Und glücklicherweise war auch nichts passiert, also bestand kein Grund zur Panik. Jedoch schien ihr Vater anders zu denken, denn unterwegs kam ihr ein schwarzer Wagen entgegengefahren, den sie als den ihres Vaters erkannte. Er war bestimmt durch die Gegend gefahren und hatte gehofft sie zu finden. Der Wagen blieb stehen und wortlos stieg Hitomi ein. Diesmal war sie dankbar abgeholt zu werden. Aber ihr Vater saß nicht selbst am Steuer, sondern sein persönlicher Chauffeur. Aber ihr kam das gerade recht, da sie keine Lust hatte sich zu erklären. Die Fahrt verlief ruhig, abgesehen von den Blicken, die der Mann am Steuer Hitomi zuwarf. Irgendwie sah er aus, als würde er sich für sie freuen. Er nahm wohl an, dass sie bei einem Mann übernachtet hatte, was aber nicht der Fall gewesen war. Hitomi schloss für den Rest der Fahrt die Augen und genoss die Stille im Wagen. Erst als der Wagen vor dem Anwesen stehen blieb, öffnete sie sie wieder und stieg aus ohne darauf zu warten, dass man ihr die Tür öffnete. Sie wollte gerade die Stufen zur Haustür hinaufgehen, als sich diese abrupt öffnete und ein völlig verlegener Billy in der Tür erschien. Seine Haare standen schlimmer zu Berge als sonst und er war gerade dabei sich hastig das Hemd anzuziehen. Hinter ihm erschien ein zufrieden grinsender Tommaso mit einer dampfenden Tasse Kaffee in der Hand. Er selbst hatte nur seinen weißen Morgenmantel an. Hitomi musste fast aus dem Weg springen, als Billy knallrot im Gesicht an ihr vorbeihetzte und ein schnelles ‚Bis dann‘ murmelte und schon den Weg zur Straße entlangraste, als sei ein Rudel wilder Hunde hinter ihm her. Hitomi sah dem Blonden fragend hinterher. Hatte sie etwa den einen oder anderen Knutschfleck entdeckt? Was hatten die beiden Männer in der Nacht nur getrieben? Ok, dumme Frage, sie konnte es sich denken, denn so unschuldig wie alle meinten war sie wirklich nicht. Hitomi ging die restlichen Stufen hoch zu ihrem Bruder, der immer noch im Türrahmen stand und Billy hinterherblickte. Sie blieb vor ihrem Bruder stehen und blickte diesem in die Augen. Sie hob eine Augenbraue um ihn stumm danach zu fragen was passiert war. Doch Tommaso blieb darüber schweigsam. „Guten Morgen“, sagte sie stattdessen und bekam auch eine Antwort. „Hat Vater nichts gesagt, dass du einen Gast über Nacht hier hattest?“, wollte sie wissen. Sie konnte sich nicht denken, dass Tom den anderen an ihrem Vater vorbeigeschmuggelt hatte und dass er nichts sagen würde, konnte sie sich auch nicht vorstellen. Immerhin war deutlich zu sehen, was passiert war und ob ihr Vater solches Benehmen duldete war fraglich. Immerhin hatte Tom einen anderen Mann mit nach Hause genommen. „Vater musste gestern Abend noch weg und ist noch nicht zurück. Er wird wohl eine Woche abwesend sein. Solange habe ich hier das Sagen und niemand wird auch je ein Wort über das verlieren, was letzte Nacht passiert ist“, grinste der Mann und nahm einen weiteren Schluck Kaffee. Hitomi sah ihren Bruder verwirrt an und blickte zu dem schwarzen Wagen, der nun Richtung Garagen fuhr. „Den habe ich nach dir geschickt. Ich dachte mir, dass du lieber gefahren werden würdest. Billy hat mir Cassandras Adresse gegeben“, erklärte er und drehte sich um und ging wieder hinein. Das Mädchen folgte ihm. „Wirst du ihn wiedersehen?“, fragte sie dann und die beiden blieben wieder stehen. Sie wollte wissen, ob Billy nur für eine Nacht gut war oder ob da mehr war. Eine ganze Weile schwieg Tommaso und starrte vor sich hin. „Wenn er es will dann ja.“ Tommasos Antwort klang in Hitomis Ohren irgendwie traurig. So als hoffte er wirklich Billy noch mal sehen zu können, aber sich nicht sicher war ob dies der Fall sein sollte. Ohne nachzudenken ging Hitomi zu ihrem Bruder und nahm ihn in den Arm. „Er wird dich bestimmt noch einmal wiedersehen wollen. Er sah nicht angewidert aus, sondern einfach nur verlegen als er gegangen ist“, versuchte sie den Älteren zu trösten. „Also mach dir keine Gedanken und warte ab. Gib ihm Zeit, das was passiert ist zu verdauen.“ Tommaso nickte nur und umarmte seine Schwester im Gegenzug mit seinem freien Arm. „Danke“, murmelte er und ließ sie dann wieder los. Sie trennten sich wieder voneinander und sahen betreten in verschiedene Richtungen. Noch nie hatten sie sich so trösten müssen, besonders Tommaso nicht, da er sonst immer vor Selbstvertrauen nur so strotzte. „Und was ist mit dir? Ist bei dir was gelaufen?“, wollte Tommaso von sich ablenken. Sofort lief seine Schwester rot an und schüttelte wild den Kopf. „Nein! Rede keinen Blödsinn. Ich habe nur bei Cassie übernachtet, da es spät geworden ist. Mehr nicht!“, verteidigte sie sich sofort. Tommaso musste lachen, als seine Schwester so rot anlief. Sonst war sie immer so beherrscht aber nun schien sie die Fassung zu verlieren. Das musste er definitiv für sich nutzen. „Ach nein? Und wieso wirst du dann so rot? Da ist doch bestimmt etwas passiert, aber du willst es deinem großen Bruder nur nicht sagen. Du enttäuschst mich! Und ich dachte, wir können uns alles erzählen!“, setzte er eine melodramatische Stimme ein, um Hitomi weiter zu reizen. Und prompt kassierte er einen Schlag auf die Schulter, so dass Kaffee aus der Tasse schwappte. Doch den beiden fiel das gar nicht auf. „Es ist aber nichts passiert!“ „Schon gut ich glaube dir ja!“, lachte Tommaso und rieb sich über die schmerzende Schulter. Für so eine kleine Person hatte sie einen ganz schönen Schlag drauf. „Aber du wünschst dir es wäre etwas passiert!“, trällerte er dann und verzog sich sofort. Protestierend und feuerrot im Gesicht stürmte Hitomi dem Mann hinterher, um ihn für seine Worte zu bestrafen. Das Gelächter und ein Schmerzensschrei hallten durch das gesamte Anwesen, doch die Angestellten versuchten die durchgeknallten Geschwister zu ignorieren. Immerhin war es nicht alle Tage, dass die beiden so ernsten Falcones sich mal so gehen ließen. Kapitel 6: ----------- Kapitel 6: Billy konnte es nicht fassen. Er hatte doch tatsächlich die Nacht mit Tommaso verbracht. Und dabei war er noch nicht einmal betrunken gewesen, also war alles aus freien Stücken passiert. Und es war eine tolle Nacht gewesen, dagegen konnte er nichts sagen. Tom war lieb und rücksichtsvoll gewesen und es hatte ihm sehr, sehr gut gefallen. Aber nun hatte er ein riesiges Problem. Als er am Morgen die Schwerter, die es zu stehlen gab, gesehen hatte, hatte ihn die Angst ergriffen. Was wenn Tommaso herausfinden würde, dass er ‚Dog‘ war und dann auch noch ausgerechnet ihn bestehlen musste? Er würde sicherlich denken, dass er ihm nur nahegekommen wäre, um besser an das Diebesgut zu gelangen. Er würde es jedenfalls glauben. Er saß jetzt definitiv in der Patsche denn er mochte Tom. Und das sehr. Er wusste einfach nicht mehr, was er tun sollte. Im nahegelegenen Park setzte sich Billy auf eine Bank und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Die Passanten machten einen Bogen um ihn, als er verzweifelt aufschrie. Am liebsten hätte er wie ein kleines Kind losgeheult, aber etwas Würde bewahrte er sich doch noch. Er bemerkte in seiner Verzweiflung nicht einmal wie sich jemand neben ihn setzte. Er erschrak nur fürchterlich, als eine starke Hand sich auf seine Schulter legte. Als er aufsah erkannte er Alex Morgan, den Polizisten und Schulfreund von Cassie. Der hatte ihm gerade noch gefehlt. „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte der braunhaarige Polizist. Er trug nur einen Jogginganzug, also hatte er einen freien Tag und wollte wohl etwas trainieren. Der Schweiß glänzte auf seiner Stirn und lief seinen Hals hinab. Billy musste gestehen, dass er gut aussah. Nervös zupfte er an seinem Hemd, um seine Knutschflecken zu verstecken, doch es war sinnlos. Alex hatte sie schon längst bemerkt und sah ihn nun fragend an. „Ja… Ja es ist alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen“, meinte Billy und wurde noch nervöser. Alex nahm nun seine Hand von der Schulter des Blonden und musterte ihn. „Ärger mit einer Frau.“ Es war keine Frage sondern eine Feststellung. Billy wurde sofort rot, da er den Nagel zum Teil auf den Kopf getroffen hatte. Würde er das ‚Frau‘ mit ‚Mann‘ austauschen dann hätte er es, doch er würde es dem Polizisten sicherlich nicht auf die Nase binden. „Vielleicht“, murmelte Billy verlegen und sah weg. Er konnte dem anderen Mann gerade nicht in die Augen schauen. „Also ich bin zwar kein Experte in Sachen Liebe, aber manchmal hilft es wenn man mit jemandem spricht“, stellte Alex fest. Er war bereit dem anderen Mann ein offenes Ohr zu leihen. Man wollte auch nicht immer mit einer Frau über seine Liebesprobleme reden. So war es bei ihm jedenfalls. Billy blickte daraufhin Alex wieder an und runzelte die Stirn. Irgendwie wollte er sich jemandem anvertrauen, aber es würde schwierig werden, da er nicht verraten konnte, dass er ein Dieb war, der in aller Mund war. Und schon gar nicht bei einem Polizisten. „Also es ist recht kompliziert und ich will dich nicht mit meinen Problemen belästigen…“, wehrte Billy ab und wollte sich erheben als abermals eine Hand auf seiner Schulter landete und ihn wieder auf die Parkbank drückte. „Es macht mir keine Umstände dir zuzuhören. Du bist ein Freund von Cassie, also bist du auch ein Freund von mir“, sagte Alex entschieden. Bei diesem Satz fragte sich der Dieb, ob der andere nicht ein Idiot sei. Man konnte ja nicht wissen ob man anderen Personen vertrauen konnte auch wenn sie der Freund eines Freundes waren. In ihrem Fall waren sie natürliche Feinde und Billy hatte Alex beruflich schon sehr oft an der Nase herumgeführt, da er ihm jedes Mal absichtlich knapp entwischt war. Billy konnte nicht anders und musste sich immer über die armen Beamten lustig machen, die versuchten ihn zu fangen und Alex war eines seiner Opfer. „Also es gibt da eine Person, von der ich dachte sie sei böse, aber im Grunde ist sie ein sehr lieber Mensch. Eine andere Person aber hat von mir verlangt gemein zu der einen zu sein, aber jetzt will ich das nicht mehr. Denn durch dieses Gemeinsein bin ich ja der ersten Person nahe gekommen und habe mich verliebt. Und jetzt habe ich Angst, dass die mir wichtige Person alles herausfindet und glaubt ich sei nur mit ihr zusammen, weil ich gemein zu ihr sein soll. Jetzt weiß ich nicht mehr was ich tun soll, da ich ihr nicht wehtun will.“ Billy stöhnte wieder verzweifelt auf. Er hatte alles etwas vereinfacht erklärt und hoffte, dass der Braunhaarige nicht dahinterkam, dass er illegale Dinge meinte. „Sag dieser Person doch die Wahrheit, bevor sie es selbst herausfindet“, schlug Alex vor. Doch er wusste ja nicht in welcher Zwickmühle der andere steckte. Denn es ging schlicht und ergreifend um Leben und Tod. „Ich danke dir. Das ist eine gute Idee. Ich habe den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Aber ich muss jetzt los und mich erst einmal umziehen gehen. Bis dann!“, log Billy und sprang von der Bank hoch und rannte auch sofort los. Er wollte nicht wieder aufgehalten werden. Er hatte schon längst die Idee gehabt Tommaso alles zu beichten, doch er wusste einfach nicht, wie der zukünftige Mafiaboss darauf reagieren würde. Ihm stieg das Wasser bis zum Hals und würde er keine Lösung finden, dann konnte er der lieben Welt Adieu sagen. Wenn sein Auftraggeber nicht bekam was er wollte, dann würde er sich bestimmt mit einer Kugel im Kopf wieder finden und wenn er Tom alles sagen würde und dieser würde sich betrogen fühlen, dito. Vielleicht sollte er wirklich das Risiko eingehen und Tommaso bitten ihm zu helfen. Falls er ihn verstand und nicht zu sehr in seiner Ehre gedemütigt fühlte, dann konnte er ihm doch bestimmt seinen kleinen Hintern retten. Er würde aber zuerst noch duschen gehen, da er immer noch Überreste der letzten Nacht an seinem Körper kleben hatte. Als sein Handy unterwegs klingelte, ignorierte er es zuerst. Er hatte keine Lust mit jemandem zu reden und wenn es Cassie war, wollte er nicht von ihr beschimpft werden, da er und Tom einfach wortlos verschwunden waren. Doch wer auch immer versuchte ihn zu erreichen, ließ nicht locker, also hob er ohne aufs Display zu sehen ab. „Hallo?“, meldete er sich. „Hallo ‚Dog‘“, drang eine ihm bekannte Stimme ans Ohr. Sie hatte einen heftigen Akzent, deshalb würde er seinen Auftraggeber daran immer wieder erkennen. Aber es gab ein Problem. „Wie kommen sie an diese Nummer? Ich gebe sie nie heraus“, wollte er auch sofort wissen. Er war für Aufträge per Mundpropaganda und einer geheimen Emailadresse zu erreichen, aber niemals telefonisch. „Aber, aber. Nicht gleich so aggressiv. Sie haben mich und mein Netzwerk unterschätzt. Es war ein leichtes für mich Sie zu finden. Leider haben Sie nicht auf meine Nachricht von gestern Abend reagiert, also musste ich Sie anders erreichen“, erklärte der Yakuzaboss. Billy war immer noch auf der Straße und musste so locker bleiben wie möglich. Doch er hoffte bald seine Wohnung zu erreichen. Da er gestern nicht zu Hause gewesen war, hatte er seine Mails seit dem gestrigen Abend auch nicht mehr kontrolliert und in der Nacht war er anderweitig beschäftigt gewesen. „Was wollen Sie?“, hakte Billy nach. Er wollte so wenig wie möglich mit dem Kerl auf der anderen Seite der Leitung reden. „Genau auf den Punkt, wie? Also gut. Ich will diese Schwerter und meine Geduld ist am Ende. Ich gebe ihnen 32 Stunden Zeit sie mir zu besorgen oder ich werde Ihrer kleinen, rothaarigen Freundin mehr als nur ein Haar krümmen. Verstehen Sie? Also in 32 Stunden will ich sie haben. Ich schicke die Adresse für den Tausch per Mail. Wir sehen uns.“ Und ohne ein weiteres Wort hatte er aufgelegt. Billy war mitten auf der Straße stehen geblieben und starrte sein Mobiltelefon entgeistert an. Es war nur noch das Leerzeichen zu hören. Er spürte regelrecht wie er blass wurde. Dieser Mistkerl hatte ihm nicht einmal die Gelegenheit gegeben sich zu verteidigen oder zu verhandeln. Als er wieder zu sich kam, wählte er sofort Cassies Nummer und hoffte, dass es nur ein Bluff gewesen war. Er hatte nur eine rothaarige Freundin und die müsste mit einem Kater im Bett liegen. Das hoffte er zumindest. Es klingelte mehrmals, doch Cassie hob einfach nicht ab. Vielleicht hatte sie ihr Handy einfach auf lautlos gestellt, damit sie schlafen konnte. Jedenfalls hoffte dies Billy. Er fing an zu Cassies Wohnung zu rennen. Immer wieder versuchte er die Frau zu erreichen, doch Fehlanzeige. Sie hob einfach nicht ab. „Bitte lieber Gott! Lass sie nur am Schlafen sein!“, betete er unterwegs. Atemlos kam er an der kleinen Wohnung an und rang nach jedem Atemzug. Er hämmerte gegen die Tür und hoffte, dass dies die Frau wecken würde. Doch nichts regte sich von innen. Nur ein Nachbar sah missmutig zu dem jungen Mann, doch Billy ignorierte ihn einfach. Er hämmerte verzweifelt weiter, bis ihn die Hoffnung verließ. Cassie war nicht zu Hause. Also war das kein Bluff gewesen. Sie schwebte in Lebensgefahr. Wie konnte es nur soweit kommen? Und das für ein paar verfluchte Schwerter? Billy hätte jetzt am liebsten mit Cassie getauscht. Ihm war nun egal, ob er sein Leben lassen würde, da eine unschuldige Person in alles mit hineingezogen worden war. Er musste heute Abend bei den Falcones einbrechen und hoffen, dass er es schaffte. Cassie sollte nicht wegen ihm leiden müssen. Deprimiert machte er sich auf den Weg um seine Vorbereitungen treffen zu können. Das Meiste war zwar schon geplant gewesen, aber gestern konnte er sich auf ungefähr ein Bild von den Sicherheitsmaßnahmen machen. Er schaltete sein Handy aus, nachdem mehrmals eine unbekannte Nummer versucht hatte ihn zu erreichen. Der Auftraggeber konnte es nicht mehr sein, da er mit unterdrückt angerufen hatte und hier konnte man eine Nummer sehen. Er hatte jetzt Besseres zu tun als einem Werbeheini zuzuhören wie er ihm einen belanglosen Artikel versuchte anzudrehen. In seiner kleinen Wohnung angekommen, machte er sich sofort auf den Weg in sein Schlafzimmer. Bevor er sonst irgendetwas machen konnte, musste er erst duschen. Da er es nicht lang in der Stille der Dusche aushielt, war er auch schnell fertig. Im Schlafzimmer schaltete er sein Radio ein und drehte die Lautstärke auf, in der Hoffnung, dass die Musik seine Gedanken übertönte. Doch es half nichts. Er musste unentwegt an Cassie denken, die jetzt bestimmt schreckliche Ängste ausstand. Und er war an allem Schuld. Dass er auch noch Gefühle für den zukünftigen Mafiaboss der Stadt entwickelte, half ihm auch nicht gerade dabei diesen Auftrag auszuführen. Aber er musste wohl sein Herz erkalten lassen, um einem unschuldigem Menschen das Leben zu retten. Auch wenn er seines wohl geben musste. Nur in ein Handtuch gewickelt besah Billy sich noch einmal die Blaupausen des Falcone-Anwesens. Er hatte mittlerweile die Kameras und Alarmanlagen eingezeichnet, die er gesehen hatte. Und das waren nicht viele, da ihm ein attraktiver, schwarzhaariger Kerl am Hals geklebt hatte wie ein Saugnapf. Als es draußen anfing dunkel zu werden, musste sich Billy fertig machen. Sein schwarzer Rucksack war bereits mit allem gefüllt was er gebrauchen konnte um ins Anwesen eindringen zu können. Jetzt musste er nur noch seine schwarze Kleidung anziehen, dann wäre er fast so gut wie fertig. Nur seine Hundemaske musste er noch überstreifen, aber die war im Rucksack und die würde er erst hervorholen wenn er in der Nähe des Anwesens war und niemand ihn sehen würde. Um davon abzulenken, dass er eigentlich sehr verdächtig aussah so ganz in Schwarz, zog er sich eine grüne Jacke über. Mit Farbe war er weniger auffällig. So sähe er nur wie ein normaler Passant aus. Mit seinem Aussehen zufrieden machte er sich dann auch schon auf den Weg. Sein Handy ließ er wie immer zu Hause liegen. Obwohl es eh abgeschaltet war. Kapitel 7: ----------- Kapitel 7:   Mehrmals hatte Tommaso versucht Billy zu erreichen. Auf dem Handy hob er nicht ab und irgendwann hatte der Blonde es einfach ausgeschaltet. Gut, vielleicht nahm er keine unbekannten Nummern an, denn wirklich von Billy selbst hatte er seine Nummer nicht. Er wollt unbedingt mit ihm reden und durch Hitomi, die Cassie gefragt hatte, hatte er dann die Nummer von Billy erhalten. Deswegen hatte der Blonde auch noch nicht die Nummer von Tommaso. Und jetzt konnte er noch nicht einmal zu dem Blonden nach Hause, da seine Männer in Aufruhr waren. Ihnen war zu Ohren gekommen, dass ein japanischer Yakuzaboss in der Stadt war und ungewöhnlich still zu sein schien. Normalerweise würden sie ihm oder seinem Vater die Ehre erweisen, um Frieden zu symbolisieren, doch dieses Mal nicht. Der andere Boss war schon mit falschem Namen gereist und wollte wohl unerkannt bleiben. Da hatte er wohl die Männer der Falcones unterschätzt. Die Informanten hatten berichtet, dass der Yakuza mit wenigen Männern in der Stadt war und das schon einige Tage lang. Definitiv kein Höflichkeitsbesuch. Eher eine Kriegserklärung, da der andere sich auf fremden Territorium aufhielt. Also hatte Tommaso alle Hände voll zu tun. Er musste nun überlegen, wie er vorgehen sollte. Er war sogar so weit gegangen seinen Vater anzurufen und seinen Rat zu holen, doch der Mann war genauso erreichbar wie Billy. Sich seine Verzweiflung nicht anmerkend versuchte Tommaso die vielen Treffen über sich ergehen zu lassen, auch wenn sie doch noch nicht auf einen grünen Zweig kamen. Seine Unzufriedenheit über diese ganze Situation ließ er jedoch durchblitzen und seine Leute versuchten wieder so schnell wie möglich zu verschwinden. Niemand wollte mit dem Erben lange in einem Raum bleiben, wenn er so wütend schien. Ihnen lag etwas an ihrem Leben. Als endlich die Flut der Männer abflaute, die eh keine neuen Informationen brachten, lehnte sich Tommaso in seinem Sessel zurück und atmete einmal tief durch. Er lockerte seine Krawatte, griff nach seinem Handy und versuchte es erneut bei seinem Vater und Billy. Doch es brachte, wie den ganzen Tag über, nichts. Es dämmerte bereits und Tom wusste einfach nicht weiter. Als es wieder an der Tür zum Büro klopfte, konnte er nicht anders als zu seufzen. „Herein“, rief er genervt und drehte der Tür den Rücken zu. Er wollte für heute keine Besucher mehr empfangen. Zögerlich wurde die Tür geöffnet. „Bruder? Ich bin es“, erkannte er die Stimme seiner Schwester. Sofort wandte er sich Hitomi zu und blickte in ihr besorgtes Gesicht. Bestimmt hatte sie den ganzen Trubel mitbekommen, immerhin waren nicht gerade wenige rein und raus gegangen. „Was gibt es denn?“, fragte er dann. „Ich… Ich mache mir Sorgen. Es gehen viele Menschen heute ein und aus, aber das geht mich ja nichts an. Es ist nur… Ich mache mir Sorgen um Cassandra“, erklärte das Mädchen und blickte betrübt zu Boden. „Was ist denn mit ihr?“ „Ich versuche sie schon den ganzen Tag zu erreichen, aber nachdem ich sie um Billys Nummer gebeten habe, hebt sie nicht mehr ab. Und ich glaube nicht, dass sie den ganzen Tag so tief schlafen kann.“ Hitomi sah nun zu ihrem Bruder, der einen nachdenklichen Ausdruck in den Augen hatte. „Merkwürdig. Billy kann ich auch nicht erreichen. Und viel getrunken haben wir letzte Nacht nicht, also gibt es keinen Kater, den es auszuschlafen gilt“, murmelte er vor sich hin. Hitomi wirkte nur noch besorgter. Tommaso bemerkte dies und setzte für sie ein Lächeln auf. „Mach dir keinen Gedanken. Es ist bestimmt nichts. Wenn du willst, schicke ich einen meiner Leute, der bei den beiden nachschaut, ok?“, schlug er vor. Normalerweise würde er Hitomi selbst gehen lassen, ihr anzusehen, dass sie gehen wollte, war jedenfalls nicht schwer,  aber mit diesem Yakuza da draußen wollte er sie keinem Risiko aussetzen. Erst zögerte Hitomi, doch sie nickte dann zustimmend. „Ok. Wenn ich bis Morgen nichts von ihr höre, gehe ich sie selbst besuchen“, setzte sie noch dran, ehe sie das Büro verließ. Tommaso wartete bis die Tür wieder ins Schloss fiel, ehe er frustriert seufzte. Es war doch kein Zufall, dass gerade Billy und Cassie verschwunden waren. Vielleicht steckte dieser Yakuza dahinter. Konnte doch gut sein, dass er oder einer seiner Männer auch in diesem Club waren und ihn erkannt hatten. Und wenn Yoshiki Yukio wirklich seine Finger im Spiel hatte, dann würde Tommaso einen Weg finden sie ihm abzuhacken. Darauf konnte sich dieser Mistkerl verlassen.   *   Als er endlich die Zeit hatte sich schlafen zu legen, hatte er noch nichts Neues erfahren. Sein Mobiltelefon hatte Tommaso frustriert in eine Ecke geworfen, wo es dann in seine Einzelteile zerbrach. Seiner Schwester war er, bis in die Nacht hinein, aus dem Weg gegangen, da er ihr ohne Neuigkeiten nicht unter die Augen treten konnte. Er hatte ihr angesehen, wie besorgt sie war und es wurmte ihn nicht helfen zu können. Tommaso brauchte eine Ewigkeit bis er einschlief, was ihm auch nur dank einer Pille gelang. Jedoch war er rastlos, er drehte sich in seinem Bett hin und her und verfing sich in seiner Bettdecke. Dadurch, dass er nicht ruhig in seinem Bett lag, fiel er dann auch hinaus und war wieder wach. Grummelnd setzte er sich auf und seufzte. Er hatte schon lange nicht mehr so schlecht geschlafen, dass er sogar durch sein Herumwälzen im Bett aus diesem gefallen war. Zum Glück hatte das keiner gesehen, denn sein Image hätte einen riesigen Knacks davon getragen. Müde und mit den Nerven völlig am Ende, setzte er sich auf die Matratze und fuhr sich durch seine schwarzen Haare. Ein leises Geräusch im Flur ließ ihn jedoch herumfahren und seine Tür anstarren. War einer seiner Männer draußen und ging Patrouille, obwohl er nichts dergleichen angeordnet hatte? Oder hatte es tatsächlich eine Ratte geschafft in sein Anwesen einzudringen? Misstrauisch und leise griff Tommaso in seinen Nachttisch und holte einen kleinen Revolver hervor. Mit leisen Schritten schlich er zu seiner Schlafzimmertür und legte ein Ohr auf das dunkle Holz. Es waren deutlich Schritte auf dem Teppich im Flur zu hören, auch wenn die Person auf der anderen Seite des Schlafzimmers versuchte sehr leise zu sein. Jedoch für den Falcone-Erben nicht leise genug. Er entsicherte den Revolver und riss ruckartig die Tür auf. Ein maskiertes Gesicht wandte sich ihm ruckartig zu, was ein deutliches Zeichen vom Erschrecken des Diebes war. Die Hundemaske fiel dem Mafiosi sofort auf. Also hatte es der berühmt berüchtigte Dieb ‚Dog‘ gewagt ausgerechnet bei ihm einbrechen zu wollen. Tommaso wusste, dass sie genug Antiquitäten besaßen, die diesen Dieb anlocken würden, aber dass er es tatsächlich wagen würde, hätte er nie gedacht. Tom richtete seinen Revolver auf den mutigen Dieb und zielte auf ihn. ‚Keine Bewegung‘ musste er nicht einmal aussprechen, da die Geste allein schon alles verriet, jedoch erkannte Tom an der angespannten Haltung des Diebes, dass er bereit war zu fliehen. Dieser versuchte kleine Schritte nach hinten zu machen, doch die Wand war ihm im Weg. Mit seinen behandschuhten Händen fasste er ans hell gestrichene Mauerwerk und erkannte, dass das nicht der richtige Fluchtweg war. „An deiner Stelle würde ich bleiben wo ich bin, wenn du nicht gerade Blei in deinem Kopf wiederfinden willst“, drohte Tommaso und sah den Mann vor sich kalt an. Dass er selbst im Pyjama dastand, war ihm gerade egal und tat seiner Ausstrahlung von Gefahr keinen Abbruch. Seine Drohung ließ den Mann innehalten und Tommaso schritt auf ihn zu. Er wollte wissen, wer so dreist war ausgerechnet bei ihm einzubrechen. Doch als er einen Schritt machte, nahm der Dieb die Beine in die Hand und sprintete den Flur entlang. Tommaso fluchte und setzte sofort nach. Leider war er im Zielen nicht so gut, wie alle glaubten und deswegen wagte er es nicht zu schießen. Er würde eh nur die Wand treffen, denn bewegliche Objekte waren so schon schwer genug zu treffen. Diese kleine Ratte mit Hundemaske schien zu wissen wohin er wollte, denn er stürmte ins Arbeitszimmer des Falcone und versperrte von innen die Tür. Erneutes Fluchen und das Rütteln an einer Tür war durch das ganze Haus zu hören und so war es nicht verwunderlich, dass einige Männer und Hitomi vor dem Arbeitszimmer auftauchten. „Was ist los Bruder?“, wollte das Mädchen wissen, als es sich in ihren Bademantel wickelte. Hitomi sah ihren Bruder selten so wütend und so wie er gerade ausschaute, wollte er wohl am liebsten das ganze Haus auseinanderreißen. „Wir haben einen Dieb im Haus und der ist gerade da drin“, knurrte er und sah seine Männer vorwurfsvoll an. Immerhin hatten sie ihre Pflicht nicht getan und alles überwacht. „Dieb?“, fragte Hitomi noch einmal. „Dog“, antworte Tommaso nur und machte Platz, damit seine Leute die Tür eintreten konnten. Irgendwie mussten sie den Mistkerl im Arbeitszimmer fassen. Per Funk wurden andere Wachen benachrichtigt, damit sie vor dem Fenster Stellung beziehen konnten, falls der Trottel vorhaben sollte auf diesem Wege zu fliehen. Jedoch befand sich das Arbeitszimmer im zweiten Stock, also würde ein Fall aus dem Fenster nicht gerade gut tun. Mit einem Krachen schafften es sechs Männer die Tür einzureißen. Ein gewöhnlicher Stuhl unter dem Griff hatte ein Eintreten verhindert. Einen Grund mehr den Kerl zu fassen. Diese Schande durfte nicht an die Öffentlichkeit geraten. Der Dieb schien sein Ziel gefunden zu haben, denn er hielt nun etwas in Tüchern eingewickelt in den Händen und schien krampfhaft zu überlegen, wie er wieder da rauskommen sollte. Unten bellten die Hunde und vor ihm standen wütende Männer, die mit Pistolen auf ihn zielten und auch der zukünftige Boss höchstpersönlich versperrte ihm den Weg. Es kam einem schon fast vor als würde der Dieb in einer Ecke hocken wie ein Tier. Was auf dasselbe hinauslief. Tommaso drängte sich an seinen Männern vorbei ins Zimmer und begutachtete den Dieb mit dem Diebesgut. Irgendwie kam ihm die Form bekannt vor, die er in Tüchern gehüllt in Händen hielt. Diese lange Form erinnerte doch an- „Hey! Sind das etwa die japanischen Schwerter, die an der Wand hingen!?“, stellte Tommaso fest und blickte sofort zu dem nun kahlen Fleckchen an der Wand. Tatsache. Die Ratte hatte doch wirklich versucht die Schwerter zu stehlen. Marco Falcone hatte die wirklich wertvollen Schwerter wie gewöhnliche Dekoartikel an die Wand gehängt, um vom Wert abzulenken, aber ‚Dog‘ schien den wahren Wert von ihnen zu kennen. Der Maskierte antwortete nicht, sondern umklammerte die Schwerter fester, so als wären sie für ihn ein Rettungsanker. Doch Tommaso reichte es. Der Kerl wagte es ihn und seine Familie zu bestehlen und dann sagte er noch nicht einmal ein Wort. „Gut. Dann schweig. Aber ich werde mal nachsehen wer sich hinter dieser dämlichen Maske versteckt.“ Kaum hatte Tommaso zu Ende gesprochen, sprang der Dieb auf und wollte an den vielen Menschen im Türrahmen vorbeirennen, doch Tom hielt ihn am Arm fest. Der Mann schien wirklich verzweifelt zu sein, sonst hätte er keinen so unnützen Fluchtversuch gestartet. Tom warf den Mann auf das Sofa, das in der Ecke des Raumes stand und entnahm ihm die Schwerter. Hitomi war sofort an seiner Seite um die Gegenstände entgegen zu nehmen. Sie beobachtete ihren Bruder gespannt als dieser auf den auf dem Sofa liegenden Mann zuging. Sie wollte auch wissen wer sich hinter der Maske des berühmten Meisterdiebes verbarg. Der Mann versuchte sich zu wehren als ihr Bruder ihn am Kinn umfasste und festhielt. Er musste seinen Körper einsetzen um ihn ruhigzustellen und um nicht getreten zu werden. Mit einem Ruck entriss er die Maske. Seine Augen weiteten sich als er sah, wer da auf seiner Couch lag und die Augen voller Angst zugekniffen hatte. „Billy?“ Kapitel 8: ----------- Kapitel 8:   „Billy?“, entwisch es Hitomi entsetzt und sie klammerte sich an ihre Schwerter. Der gute Freund von Cassie; ihrer ersten richtigen Freundin; hatte versucht sie zu bestehlen? Und es war nicht irgendwas, was er entwenden wollte, sondern das letzte Erbstück, das ihr von ihrem Vater geblieben war. Diese Schwerter waren zur Zeit der Samurai hergestellt worden und wurden von Profis gehegt und gepflegt, so dass sie sogar heute noch wie neu aussahen. Die Schwarzhaarige blickte mit traurigen Augen zwischen ihrem Bruder und dem blonden Dieb hin und her. Tommaso schien, genau wie sie selbst, nicht zu wissen was er sagen sollte. Immerhin lag hier der Mann, dem er bereit war sein Herz zu schenken. Dies musste für den Mann jetzt ein Schlag mitten ins Gesicht sein. Tommaso richtete sich auf und sah weg. Hitomi ging zu ihrem Bruder und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Niemand sagte ein Wort oder rührte sich. Die Waffen blieben weiterhin auf Billy gerichtet. Dieser öffnete nun vorsichtig seine Augen und sah Tommaso mit sehr viel Reue an. Er zitterte am ganzen Körper und schien zu wissen, was auf ihn zukommen würde. „Was machst du hier?“, durchbrach Tommaso die Stille. Man sah wie Billy erschreckt zusammenzuckte. Er hatte sich mittlerweile richtig hingesetzt und die Arme um sich selbst geschlungen. Tommaso sah den Blonden erneut mit einem eiskalten Blick an. Billy schwieg und vermied es dem anderen in die Augen zu blicken. Hitomi fühlte mit beiden Männern mit. Sie konnte sich denken wie verletzt Tommaso nun war, da sein Vertrauen scheinbar ausgenutzt worden war. Und Billy hatte eine solche Panik in den Augen, so als hätte er keine andere Wahl gehabt. „Ich habe gefragt, was du hier machst!“, schrie Tommaso nun und zog den anderen Mann an seinem Kragen zu sich hoch. Er blickte mit seinen kalten, blauen Augen in die vor Schreck geweiteten grauen Augen. Sofort schritt Hitomi zu den beiden Männern. „Bruder! Bitte lass ihn los! Du schnürst ihm ja die Luft ab!“, versuchte Hitomi auf ihren großen Bruder einzureden. Dieser blickte kurz zu dem Mädchen und warf den Blonden wieder auf das Sofa. „Lass mich ihn fragen, okay?“, bat sie dann und ging ohne Antwort abzuwarten auf den Dieb zu. Dieser röchelte und schnappte nach Luft. Die Schwarzhaarige hielt ihre Schwerter weiterhin fest umklammert. „Billy. Willst du mir verraten was los ist?“, fragte sie den Mann vor sich sanft. Dieser bekam wieder normal Luft und blickte in die dunkeln Augen vor sich. Hitomi konnte viel Verzweiflung in den Augen des Blonden erkennen. Und dann brach es aus ihm heraus. Zuerst kamen die Tränen, dann vergrub er schluchzend sein Gesicht in den Händen. „Sie... Sie haben Cassie!“, drang aus ihm heraus. „Sie haben Cassie!“ Mehr war für einen Weile nicht zu hören. Hitomi hatte sich zu ihm gesetzt, nachdem sie die Schwerter ihrem Bruder in die Hand gedrückt hatte und legte einen Arm um den zitternden Mann. Leider verstand sie nicht was er genau meinte, doch ihr Bauchgefühl verriet ihr, dass etwas Schlimmes passiert war. Und es zog ihr das Herz in der Brust zusammen, da ihre Sorgen erneut geschürt worden waren. Sie sah besorgt zu ihrem Bruder auf dessen Gesicht Verständnis stand. Also hatte er eine Ahnung was Billy genau meinen könnte. „Yoshiki Yukio.“ Es war keine Frage sondern eine Feststellung. Tommaso sah so aus als würde er am liebsten jemanden umbringen wollen. Und Hitomi konnte sich nur zu gut vorstellen wen. Sie hatte den Namen schon einmal gehört, jedoch wusste sie nicht woher genau. Nach einigen Minuten hatte Billy sich soweit beruhigt, dass er erklären konnte was genau passiert war. Dass er vor einigen Wochen diesen Auftrag bekommen hatte, ehe er die Falcones richtig kannte und dass er keine Wahl hatte, wenn ihm sein Leben lieb war. Und dass er nun unter Druck stand, weil die Yakuza Cassie hatten und dass er eigentlich nichts mehr mit dem Auftrag am Hut haben wollte. Er hatte einfach nicht weiter gewusst und sein Glück versucht. Die Angst um Cassie war Billy deutlich ins Gesicht geschrieben. Er hatte wohl keine Ahnung was es wirklich mit den Schwertern auf sich hatte, aber ihm schien es egal zu sein. Die Katana waren ja ein Erbstück von Hitomis richtigem Vater und gleichzeitig waren sie ein Symbol für den mächtigsten Boss der Yakuza. Deswegen war wohl dieser Yukio hinter den Katana her, aber selbst wollte er sich nicht die Finger schmutzig machen und sie stehlen. Er hatte sicherlich von dem Meisterdieb ‚Dog‘ gehört und mit ihm Kontakt aufgenommen. Nur zu dumm, dass es Billy  war. Und jetzt war Cassie in Gefahr. Hitomi hatte einen Entschluss gefasst. Ihr Bruder war dabei die Rettung der Rothaarigen zu planen und wollte gemeinsam mit Billy zum Treffpunkt gehen. Und Hitomi würde auch mitkommen. Sie wollte Cassandra unbedingt retten auch wenn sie die Schwerter hergeben musste. Es waren nur leblose Gegenstände und die Erinnerungen an ihren Vater hatte sie auch ohne diese. „Ich komme mit!“, verkündete sie ihrem Bruder wild entschlossen. Selten hatte sie versucht ihren Willen durchzubringen, doch sie wäre dazu bereit alles für Cassie zu tun. „Das kommt nicht in Frage!“, protestierten die beiden Männer sofort. Tommaso blickte wütend zu Billy, der daraufhin seine Klappe hielt. Es gab noch Einiges zwischen den Beiden zu klären, aber gerade war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. „Dieser Yoshiki will meine Schwerter haben! Und außerdem geht es um Cassies Leben und ich will auch etwas tun. Du hast die Wahl. Ich folge euch, ob ihr nun wollt oder nicht!“ Hitomi würde sich gewiss nicht einschließen lassen und diese Geschichte hatte auch mit ihr zu tun. „Du bleibst hier. Es ist viel zu gefährlich für dich!“ Tommaso bestand darauf, dass seine kleine Schwester ihm gehorchen sollte, aber sie widersetze sich. „Wenn du mich nicht mitnimmst, bleibt mir keine andere Wahl. Ich werde der Polizei die nötigen Beweismittel liefern, die sie brauchen, um euren illegalen Waffenhandel auffliegen zu lassen“, drohte sie dann. Es fiel ihr unendlich schwer diese Worte auszusprechen, denn sie war die Letzte, die wollte, dass Vater und Bruder hinter Gitter wanderten, aber sie sah keine andere Möglichkeit. Tommaso blickte ihr tief und berechnend in die Augen, doch er konnte nur wilde Entschlossenheit sehen. Ihm blieb keine Wahl. „Na gut. Aber wehe du bist im Weg und du wirst mir das Reden überlassen, hörst du?“ Hitomi nickte zustimmend. Und so war es beschlossen. Sie würde in wenigen Stunden aufbrechen und Cassie retten. Sie mussten zuerst alles gut vorbereiten. Billy hatten sie sicherheitshalber Handschellen angelegt und in einen Raum ohne Fenster eingeschlossen. Hitomi hatte dies zwar nicht gewollt, aber so waren wohl die Regeln und Tom war nicht mehr umzustimmen gewesen. Er musste wohl wirklich sauer auf den anderen sein, sonst hätte er es wohl anders gehandhabt. Aber es würde ihm nichts passieren und so wartete Hitomi geduldig bis alles vorbereitet war.   *   Es war dunkel als sie ihre Augen öffnete. Es roch feucht und schimmlig und irgendwo hörte sie Wasser tropfen. Ihr Kopf schmerzte und sie hatte unendlichen Durst. Als Cassie versuchte sich aufzurichten bemerkte sie, dass man ihr die Hände hinterm Rücken gefesselt hatte. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass Hitomi sie angerufen und nach Billys Nummer gefragt hatte, und es anschließend an der Tür geklingelt hatte. Sie hatte da zu dem Zeitpunkt gerade aufgelegt und wollte nur nachsehen wer sie um ein weiteres Nickerchen brachte. Sie konnte nicht wirklich reagieren als man ihr etwas vor den Mund hielt und ihr schwarz vor Augen wurde. Sie versuchte irgendetwas zu erkennen, doch es war zwecklos. Entweder war es Nacht oder sie befand sich in einem Zimmer ohne Fenster. Durch die Feuchtigkeit im Raum war es eisig kalt und Cassie zitterte wie Espenlaub. „Verdammt“, murmelte sie und versuchte sich erneut aufzurichten. Diesmal gelang es ihr und sie konnte sich zumindest hinsetzen. Es war nicht gerade angenehm gewesen mit dem Gesicht auf dem kalten und feuchten Betonboden zu liegen. Wenn sie Glück hatte und hier lebend wieder herauskam, würde sie sich eine Erkältung oder schlimmer, eine Lungenentzündung zuziehen. Aber das war gerade ihr geringstes Problem. Es kam ihr wie Stunden vor, wie sie so in der Dunkelheit saß, ehe sie die ersten Schritte hörte, die sich ihrer Zelle; anders konnte sie es nicht nennen; näherten. Cassie musste hart schlucken und bekam es mit der Angst zu tun. Sie konnte keinen Grund finden wieso man sie entführen sollte. Sie weigerte sich an die Falcones zu denken, da sie die Geschwister wirklich mochte. Eine schwere Tür wurde unter lautem Knarzen geöffnet und drei Männer betraten den Raum, der nun von außen erhellt wurde. Die Silhouetten der Männer blieben schwarz, deshalb konnte Cassie niemanden erkennen. Sie konnte nicht in die Augen ihrer Entführer blicken und das machte sie wütend. Weiter als einen Schritt in den Raum machten die Männer nicht. „Tut mir Leid, dass wir Ihnen kein Bett anbieten können, aber hier gibt es diesen Luxus leider nicht, meine Dame“, sprach der mittlere Mann; glaubte Cassie jedenfalls; mit einem heftigen Akzent. Amerikaner war er jedenfalls nicht. Leider konnte Cassie diesen Akzent nicht einordnen. „Du kannst mich mal!“ Die Rothaarige verdrängte ihre Angst, indem sie den Angriff wählte und wenn es nur verbal war. Sie wusste, dass sie es bereuen würde, aber es war ihr in dem Moment egal. „Nicht doch, nicht doch. Wieso müssen alle immer so unhöflich sein?“, vernahm sie die gleiche, schleimige Stimme. Der Mann in der Mitte kam noch weiter in den Raum und kniete sich vor die junge Frau hin. Mit einer kalten Hand umfasste er ihr Kinn und zwang sie ihn anzusehen. Cassie musste sich zwingen den Mann vor sich nicht anzuknurren oder anzuspucken. Einen Grund mehr wieso sie auf Frauen stand. „Hm… Ich frage mich wie eine so gewöhnliche Frau wie Sie mit den Falcones in Kontakt stehen kann. Aber sei‘s drum. Dadurch ist auch ‚Dog‘ wie Butter in meinen Händen“, meinte der Mann. Wie Cassie jetzt aus nächster Nähe sehen konnte war der Mann asiatischer Abstammung. Zu der traditionellen Mafia in Amerika schien er jedoch nicht zu gehören. Glaubte Cassie jedenfalls. Mit einem Ruck ließ der Mann sie wieder los und setzte sich wieder auf. Er ging wieder zu seinen beiden Männern und wandte der auf dem Boden sitzenden Frau den Rücken zu. „Nun gut. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird dieser räudige Köter mit meinen Schätzen hier erscheinen. Hoffen wir für ihn, dass er alleine kommt.“ Mehr sagte er nicht mehr, als er die Zelle wieder verließ. Cassie sah den Männern nach und starrte auf die Tür, die wieder verschlossen wurde. Wieder einmal war alles dunkel. Cassie sackte in sich zusammen und hätte am liebsten geweint. Sie hoffte für Billy, dass er klug genug war und überhaupt nicht auftauchen würde. Seit sie die Hundemaske bei ihm gefunden hatte, machte sie sich Sorgen um ihren Freund. Sonst würde es zwei Tote geben, denn eins wusste Cassie. Nachdem sie das Gesicht dieses Mannes gesehen hatte, würde sie die nächsten Stunden nicht überleben. Kapitel 9: ----------- Kapitel 9:   Nachdem die Vorbereitungen beendet waren, hatten sich die Falcone-Geschwister und Billy zu dem Treffpunkt begeben, den der Yakuza Billy genannt hatte. Der Blonde hoffte inständig, dass es Cassie gutging. Er wusste nicht wie alles ausgehen würde, denn er glaubte nicht, dass Yoshiki froh darüber sein würde, dass er noch jemanden mitbrachte. Dass noch einige Männer von Tommaso ihnen mit Abstand folgten wäre sicherlich auch nicht hilfreich. Jedoch konnte er Tommaso nicht davon überzeugen alleine zum alten Fabrikgelände zu gehen. Die Fahrt über hatten die drei sich angeschwiegen und als sie ankamen wurde dies auch nicht besser. Billy hatte immer noch die Handschellen zum  Zeichen, dass er gefasst worden war. Hitomi hielt die Schwerter, die immer noch in die Tücher gewickelt waren, die Billy verwendet hatte. Die Geschwister hatten sich mittlerweile umgezogen und strahlten Wohlstand und Stärke aus. Dies war Tommaso sehr wichtig gewesen. Tommaso umfasste Billys hinter dem Rücken gefesselten Handgelenke und zerrte ihn hinter sich her. Mit einigen Schritten hinter den beiden Männern folgte Hitomi mit klopfendem Herzen. Für sie war dies alles neu und sie wollte sich auch nicht an solche Situationen gewöhnen. Jedoch versuchte sie es sich nicht ansehen zu lassen. Tommaso wirkte fast so als würde er nichts anderes tun. Was wahrscheinlich der Wahrheit entsprach, denn als Mafiosi hatte man er schon so einigen Dreck am Stecken. Offiziell handelten die Falcones mit Immobilien, doch jeder wusste, dass der Waffenhandel für ihr Vermögen verantwortlich war. Jedoch beweisen konnte es ihnen niemand, weswegen sie auf freien Fuß blieben. Wer weiß. Vielleicht hatten sie die Finger auch noch in den lokalen Drogengeschäften, aber das waren sicherlich nur Gerüchte. Selbst Billy hatte nicht mehr erfahren können, als er sich Informationen über die Familie verschafft hatte. Und nun war er hier. In Handschellen, aber nicht die von der Polizei, und wurde Richtung Untergang gezerrt von dem Mann, in den er sich verliebt, mit dem er eine tolle Nacht verbracht und den er wohl verletzt hatte. Der Schwarzhaarige fühlte sich bestimmt hintergangen und würde dem Dieb bestimmt nicht so schnell verzeihen. Immerhin wusste Billy, dass er ein sehr stolzer Mann war und sich nicht so leicht ausnutzen lassen wollte. Und dabei hatte Billy das Ganze nicht mehr gewollt, nachdem er ihn näher kennengelernt hatte. Aber da musste er jetzt durch. Zuerst hieß es einmal die nächste Stunde zu überleben. Zielstrebig visierte Tommaso eine Fabrikhalle an, auf der die Nummer 6 groß zu erkennen war. Die gewünschte Halle. Billy schmerzten die Arme und Handgelenke, besonders da wo Tom sie umfasste. Er hatte einen harten Griff und schien nicht darauf zu achten ob er den Blonden verletzte oder nicht. Er hatte jetzt andere Dinge, die ihm in Kopf schwirrten. Sie erreichten die Halle und ihnen wurde die Tür geöffnet. Natürlich hatte man sie schon kommen gehört und den Boss benachrichtigt. Viele Männer waren nicht zu sehen, aber die Augen, die sie beobachteten, reichten aus um zu wissen, dass einige sich versteckt hielten. Wahrscheinlich ein Hinterhalt. Aber damit hatten sie bereits gerechnet. Mit sicheren Schritten ging Tommaso vor und ließ den Blonden erst los, als sie vor einem Mann ankamen, der hinter einem Tisch auf einem Stuhl sass, so als wäre die Lagerhalle ein Büro. Billy wurde unsanft vor die Füße des Yakuza geworfen. Er prellte sich dabei die Schulter als er unsanft darauf fiel. Er unterdrückte einen Schmerzensschrei. Er wollte vor niemanden Schwäche zeigen, auch wenn er auf dem feuchten und kalten Betonboden lag und ihm die Hände gefesselt waren. Besonders nicht dem Yakuza und Tommaso. Doch er wurde nicht weiter beachtet, als Tommaso kalt zu dem Yakuza blickte. Hitomi stand etwas hinter ihrem Bruder und blickte ebenfalls zu dem asiatischen Mann hinter dem Tisch. „Ich habe Ihre Ratte erwischt“, fing Tommaso mit kalter Stimme an. „Wo ist die Frau?“, kam er dann auch zum eigentlichen Thema. Der Mann vor ihm lachte kurz auf und blickte verächtlich zu Billy, der ihn wütend ansah. Dann stand er auf und ging um den Tisch herum. Er zeigte ganz deutlich, dass er die Kontrolle über die Situation hatte und Tommaso in der Hand hielt. Und dem Bastard gefiel das auch noch. Yoshiki schnippte einmal mit dem Finger, dann öffnete sich eine Tür und zwei Männer führten die gefesselte Cassie in die Halle. Sie blickte sofort auf als sie die drei Menschen, die sie am wenigsten hier haben wollte, sah. Tommaso, der selbstsicher dastand, Hitomi, die hinter ihm stand und irgendetwas umklammerte und der am Boden liegende Billy. „Was macht ihr hier?!“, brüllte sie, doch deswegen bekam sie sofort eine Ohrfeige von einem der Männer. Sie sah ihn wütend an, aber schwieg daraufhin. „Cassandra!“ Hitomi wäre am liebsten zu ihr gerannt, doch Tommaso hielt einen Arm ausgestreckt und hinderte sie daran. Billy blickte traurig zu seiner Freundin. Ihn plagten schreckliche Gewissensbisse, da alle nur wegen ihm, hier waren. Hätte er das Stehlen nie angefangen, wäre jetzt keiner von ihnen in dieser Situation. Er murmelte immer wieder ‚Es tut mir Leid‘ vor sich hin, doch niemand achtete auf ihn. Im Moment konnte der Dieb nur hoffen, dass alles glatt ging. Zumindest Cassie musste gerettet werden, immerhin war sie eine unschuldige Person. Er hätte wie Tommaso auch lieber gehabt, dass Hitomi zu Hause geblieben wäre, aber wer hätte gedacht, dass in ihr eine sture Person steckte? Aber keiner hatte damit gerechnet, dass in ihre eine sture Person steckte. Billy jedenfalls nicht, immerhin wirkte das Mädchen immer wohlerzogen und manchmal leicht distanziert, besonders zu Anfang ihrer Bekanntschaft. „Hier ist das Mädchen. Ich nehme an ihr wisst was ich will?“, meinte Yoshiki und blickte zu Hitomi, die nun ein wenig verängstigt aussah. Verständlich, jeder normale Mensch hätte in so einer Situation Angst gehabt. Tommaso griff nach den Schwertern in Hitomis Händen und wickelte sie aus den Tüchern. Er präsentierte sie dem Yakuza, jedoch zog er sie wieder zu sich als der Kerl danach greifen wollte. „Zuerst das Mädchen. Lassen Sie sie laufen, dann bekommen Sie die Schwerter. Sie sind für Sie doch weitaus wertvoller als das Leben dieses für Sie bedeutungslosen Mädchens“, forderte Tommaso, und ließ Hitomi die Schwerter wieder einwickeln. Der Entführer schien darüber nachzudenken, aber keinen Haken zu entdecken. Mit einem Handwink bedeutete er seinen Männern das Mädchen loszubinden. Als Cassie ihre Arme wieder frei bewegen konnte, wurde sie auch schon in Richtung der Dreiergruppe geschubst. Waffen richteten sich nun auf sie. Die Schwerter würde der Mistkerl so oder so bekommen. Cassie fing sich wieder und rannte sofort zu Billy, der immer noch am Boden lag. Er hatte es nicht gewagt sich zu bewegen, doch nun richtete er sich leicht auf um Cassie in die Augen sehen zu können. „Billy! Geht es dir gut?“, fragte sie während Tommaso sich mit dem Yakuza unterhielt. „Ja. Was ist mit dir? Du solltest lieber abhauen so schnell du kannst“, flehte der Blonde. Doch Cassie schüttelte ihren Kopf. „Nein. Ich bleibe hier bei dir. Wie bist du nur hier reingeraten?“ Cassie fummelte an Billys Handschellen, doch er wand sich aus ihrem Griff. Er wollte nicht, dass sie auch Toms Zorn zu spüren bekam, wenn sie ihm half. Und dass sie erschossen wurde sowieso nicht. „Ich weiß es nicht aber Cassie! Ich flehe dich an, bitte geh jetzt! Oder willst du dass Hitomi umsonst mitgekommen ist?“, bettelte Billy. Er wusste, dass er unfaire Mittel einsetzte indem er Hitomi erwähnte, aber sie war nun mal Cassies schwacher Punkt. Er sah wie es hinter den grünen Augen arbeitete und hielt die Luft an. Doch sie seufzte ergeben und er atmete erleichtert aus. „Gut ich gehe. Aber versprich mir, dass ihr hier lebend herauskommt“, bat sie mit traurigen Augen. „Ich verspreche es dir“, antwortete der Dieb und lächelte sie an. Ihm fiel es leicht sie diesmal zu belügen, da er wusste, sie wäre gleich in Sicherheit. Cassie stand aus ihrer hockenden Position auf und wandte sich den anderen zu. Sie ging einige Schritte zur Tür ohne die Hauptbeteiligten aus den Augen zu lassen, für den Fall, dass sie doch nicht gehen durfte, aber niemand rührte sich. „Geh und setz dich in meinen Wagen“, verlangte Tommaso von der Rothaarigen und sie nickte. Man öffnete ihr sogar die Tür und sie konnte ohne weiteres zum Wagen gehen. Er war noch offen, also nahm sie hinten Platz. Weiter weg konnte sie nicht, da sie nicht wirklich wusste wo sie sich genau befand und außerdem wurde sie noch weiter von Yoshikis Männern beobachtet. Sie wäre bestimmt tot, sobald etwas schief gehen sollte. Sie hoffte nur, dass Billy sie nicht angelogen hatte.   *   Tommaso war erleichtert, dass ein Teil des Plans funktioniert hatte. Cassandra war zumindest außerhalb der Halle, wenn auch noch nicht ganz in Sicherheit. Aber seine Männer würden die Frau beschützen und sein Wagen war gepanzert, also sollten Kugeln ihr nichts anhaben können. Billy hatte es auch geschafft sie zum Gehen zu bewegen, auch wenn er nicht richtig mitbekommen hatte was er genau zu ihr gesagt hatte. Hauptsache es hatte gewirkt. Enttäuscht war er immer noch von ihm, aber seinen Respekt hatte er auch. Als er ihn zu Boden gestoßen hatte, hatte er nur kurz das Gesicht verzerrt. Er wollte ihn eigentlich nicht verletzen, aber seine Wut war mit ihm durchgegangen. Er versuchte das Ganze noch ein wenig in die Länge zu ziehen, doch der Schleimscheisser vor ihm fing an nervös zu werden. Ob er tatsächlich wusste, dass der Falcone mehr geplant hatte oder ob es nur dessen Instinkt war wusste er nicht. Aber er musste sich nun hüten. Er griff wieder nach den eingehüllten Schwertern und wog ihr Gewicht ab. Sein Vater hatte vor Jahren einmal Fälschungen fertigen lassen, die wirklich wie die Originale aussahen und jeden hinters Licht führten. Billy war der Beweis dafür. Der Mafiaboss ließ jeden in dem Glauben, dass er die Originale in seinem Arbeitszimmer aufbewahrte um sie gerade so zu schützen, doch die echten Samuraischwerter befanden sich sicher und fachmännisch verstaut in einem Safe in seiner Bank. Eine Atombombe könnte diesen ? nicht einmal in die Luft sprengen. Aber nur er und Hitomi wussten davon. Billy hatte der Schwarzhaarige nicht eingeweiht, da er ihm nicht mehr vertraute. Yoshiki streckte die Hände aus und forderte mit seinen Blicken nach den Schwertern, er wollte sich wohl so schnell wie möglich aus dem Staub machen. Na gut. Tommaso übergab die Katana und beobachtete angespannt, wie der Yakuzaboss sie begutachtete. Er schien kein Kenner zu sein, denn er hielt die Schwerter für die echten. Selbst die Gravur des Schmiedes war gefälscht worden und nur ein Profi konnte dies erkennen. Und der Kerl vor Tom hatte wohl nicht daran gedacht einen einfliegen zu lassen. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass man erfuhr wie er an die Schwerter gekommen war. So konnte er zu einem Experten gehen und behaupten sie ihnen abgekauft zu haben. Yoshiki zog das längste der Schwerter aus seiner Scheide. Das Geräusch schien ihn glücklich zu stimmen und er wendete das Schwert so, dass das spärliche Licht sich darin wiederspiegelte und den Stahl leuchten ließ. Tommaso musste zugeben, dass die Fälschung nicht von schlechten Eltern war. Zufrieden steckte der Yakuza das Schwert wieder in seine Scheide und legte die drei Schwerter auf den Tisch. „Ich danke Ihnen, Herr Falcone. Ich weiß wie wertvoll dieser Schatz für Ihre werte Schwester ist und ich freue mich wirklich, dass wir zu einer Einigung gekommen sind“, säuselte er dann und breitete seine Arme einladend aus. So als hätten sie ein beidseitiges Einverständnis gefunden. Ohne dass eine Seite dazu gezwungen gewesen wäre. Zur Antwort nickte Tommaso nur. „Gut. Wenn das erledigt ist würde ich gerne mit meiner Schwester nach Hause gehen.“ Tommaso blickte bewusst nicht zu Billy, da er nicht verlangte auch ihn mitzunehmen. Aber für ihn galt wer sein Vertrauen missbrauchte, musste mit einer Strafe rechnen. Die traurigen Augen, die ihn von unten her anschauten, ignorierte er gekonnt. Jeden Protest Hitomis unterband er sofort. Es würde bestimmt leicht werden den Blonden zu vergessen, also hatte er keine weiteren Probleme damit ihn zurückzulassen. Das Stechen in seiner Brust ignorierte er ebenfalls. „Aber natürlich. Sie und das werte Fräulein dürfen selbstverständlich nun gehen. Ich hoffe in Zukunft wieder Geschäfte mit Ihnen machen zu können“, lächelte der Japaner sie an. „Um diesen räudigen Köter werde ich mich höchstpersönlich kümmern.“ Das Lächeln das nun folgte, konnte nicht anders als diabolisch genannt werden. Tom hatte fast in seiner Entscheidung geschwankt doch er blieb stark. Die grauen Augen blickten ihn auch nicht mehr an, da Billy den Kopf resignierend gesenkt hatte. Tommaso drehte sich um, umfasste den Arm seiner Schwester und machte sich auf den Weg um endlich hier wegzukommen. Kapitel 10: ------------ Kapitel 10:   Hitomi wollte Billy nicht zurücklassen, aber der Griff um ihren Arm war eisern. Der Blick ihres Bruders war eiskalt und er signalisierte mit seiner ganzen Körperhaltung keine Widerworte. Leider war das Mädchen wohl die Einzige gewesen, die die einsame Träne gesehen hatte, die Billys Wange hinabgerollt war. Sie konnte die Entscheidung ihres Bruders nicht verstehen, doch er würde sie nicht mehr ändern können. Egal wie sehr sie jetzt protestiert hätte. Sie würden hier jetzt einen guten Freund verlieren, der viele Qualen erleiden würde, wenn sie den Blick des Yakuza richtig gedeutet hatte. Und Cassie erst. Sie kannte Billy länger und beide waren sehr gut befreundet und manchmal waren sie wie Geschwister gewesen. Das schwarzhaarige Mädchen musste ihre Tränen unterdrücken, bis sie vom Gelände weg wären, denn ihr Bruder würde einen Zusammenbruch jetzt nicht dulden. Ein Schluchzen wollte ihrer Kehle entrinnen, doch sie schluckte heftig. War es wirklich richtig was sie hier taten? Nein das war es definitiv nicht, dessen war Hitomi sich bewusst. Aber sie war zu schwach etwas zu unternehmen. Sie waren nur ein paar Schritte gegangen als plötzlich das Chaos ausbrach. Hinter ihr konnte sie einen Schuss hören. Sie und Tommaso drehten sich gleichzeitig um. Was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Auch Tom war wie versteinert. Dort vor ihnen lag Billy. Auf dem Bauch und unter ihm bildete sich eine Blutlache. Doch er war nicht mehr da wo sie ihn gelassen hatten. Er lag vor Tommaso, der nun seinen Revolver gezückt hatte und wild losschoss. Einige Männer erwischte er, doch viele Schüsse gingen daneben. Draußen war ebenfalls eine wilde Schießerei losgebrochen. Doch Hitomi achtete nicht darauf. Auch bemerkte sie die Leute nicht, die nun in die Halle traten und Tommaso unterstützten. Sie kniete sich vor Billy, der wohl eine Kugel abgefangen hatte, die für ihren Bruder bestimmt war. Sie entdeckte ein Einschussloch in seinem Rücken. Sofort zog sie sich ihre Jacke aus und presste sie auf die blutende Wunde. Sie vergewisserte sich, ob er noch atmete und war kurz erleichtert. Noch war er bei Bewusstsein, da er aufstöhnte als sie ihre Jacke fester auf die Wunde presste. Sie war nun umringt von Männern, die sie beschützen, doch es wurde nicht mehr geschossen. Es war alles schnell wieder vorbei gewesen. Sie konzentrierte sich dennoch weiterhin auf den verletzten Mann unter ihren Händen. Sie würde alles tun damit er überlebte. „Ruft einen Krankenwagen!“, schrie sie und sah dann auf. Sie musste kurz blinzeln als sie verstand was vorgefallen war. Nicht nur ihre Männer waren in die Halle gedrungen sondern auch Polizisten. Alex Morgan drängte sich mit Sanitätern zwischen den Männern hindurch, die Hitomi vor jeglicher Gefahr abschirmten. Sie war noch nie so froh gewesen diesen massigen Mann zu sehen wie jetzt. Ärzte übernahmen sofort die Behandlung des Verletzten. Hitomi machte ihnen Platz und sah sich um. Tommaso kam nun ebenfalls zu ihr gestürmt. Er schien bis auf einen Streifschuss an der Schulter unverletzt zu sein, was das Mädchen ungemein erleichterte. Beamte führten Yoshiki und seine Männer; jedenfalls die, die noch lebten; in Handschellen ab. Überall war Blut und die Umgebung fing an sich zu drehen. Es wurde ein wenig zu viel für das Mädchen und Tommaso bemerkte dies sofort. Er schloss seine kleine Schwester in die Arme und schirmte sie vor diesem Anblick ab. Jetzt erlaubte sie sich die Tränen, die sie sich zuvor verkniffen hatte und Tom streichelte ihr beruhigend über den Rücken.   *   Tommaso war sehr wütend. Er hätte damit rechnen sollen, dass der Mistkerl versuchte ihn aus dem Weg zu räumen, doch niemals hätte er damit gerechnet, dass Billy sich in den Weg stellte und ihm so das Leben rettete. Und nun lag der Dieb dort auf dem Boden in seinem eigenen Blut und kämpfte um sein Leben. Er beobachtete die Sanitäter genau. Er hoffte mit ganzem Herzen, dass Billy überleben würde, doch der Mann hatte nun das Bewusstsein verloren. Er schuldete ihm sein Leben. Er versuchte weiterhin seine weinende Schwester zu beruhigen, die ihr Gesicht in seinem Hemd vergraben hatte. Ihm war das auch recht so, denn sie sollte dieses Chaos nicht mit ansehen müssen, auch wenn es schon zu spät war. Mit traurigem Blick beobachtete er wie die Sanitäter Billy auf eine Trage hievten, nachdem sie ihn an einen Tropf gehängt hatten. „Tommaso?“, hörte er eine unsichere und verweinte Stimme. Als er den Blick von Billy nahm, sah er wie Cassie auf ihn zukam. Sie sah zu Billy und fing wieder an zu weinen. Er nickte ihr zu und sie kam ebenfalls zu ihm. Sie krallte sich in einen Jackenärmel von ihm und schluchzte. „Wie konnte es nur soweit kommen?“, brachte sie gequält heraus. Hitomi fand die Kraft in sich die Frau zu umarmen und so hatte Tommaso beide Frauen in seinen Armen. Er drückte beide einmal fest und ließ sie dann los. Er nahm die Mädchen an den Händen und wollte sie aus der Halle führen. Verwirrt blickten sie ihn an. „Ihr wollt doch bestimmt dem Krankenwagen hinterher fahren oder?“, fragte er und beide nickten heftig. Nun waren sie es die ihn voranzogen, doch jemand stellte sich ihnen in den Weg. „Ich kann euch nicht einfach so gehen lassen.“ Alex hatte gesehen, wie sie sich aus dem Staub machen wollten und kurz seine Kollegen verlassen. Er durfte keine Zeugen gehen lassen, ehe er nicht die Personalien hatte. Und Tommaso gehörte zu denen, die er verhaften sollte. „Alex… Bitte.“ Cassies Stimme ließ jedem das gefrorene Herz schmelzen und bei Alex schien es nicht anders zu sein. Er wirkte hin und her gerissen, und er seufzte. „Ich kann euch wirklich nicht gehen lassen, so Leid es mir auch tut. Ihr seid wertvolle Zeugen in diesem Fall. Und auch nicht ganz unbeteiligt“, versuchte Alex zu erklären und die Mädchen blickten traurig zu Boden. Seine letzten Worte waren dennoch mehr an Tommaso gerichtet gewesen. „Ich habe mich und die anderen nur verteidigt. Die anderen haben angefangen aber wenn Sie mich auf dem Präsidium sehen wollen, gut. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich später vorbeikommen werde. Aber zuerst will ich ebenfalls ins Krankenhaus und danach werde ich die Mädchen nach Hause bringen, damit sie sich ausruhen können“, schwor Tommaso. Er wusste, dass ihm das Wasser fast bis zum Halse stand, aber das war ihm gerade egal. Im Moment würde er freiwillig ins Gefängnis gehen, wenn es nur Billys Leben retten würde. Schlussendlich schien Alex sich erweichen zu lassen. Er nahm noch einmal Toms Versprechen ab, auf dem Präsidium zu erscheinen. Er nahm nur schnell die Personalien und die Kontaktinformationen auf. Er informierte seinen Vorgesetzten, mit dem er zuerst diskutieren musste, ehe auch er zustimmte. Mit dem Okay der Polizei machten sich die drei auch schon auf den Weg. Tommasos Wagen hatte einige Kugeln abbekommen, aber keine war durch die unsichtbare Panzerung gedrungen. Die Mädchen hatten sich auf die Rückbank gesetzt und versuchten sich Mut zu machen, während sie dem Krankenwagen folgten. Tausend Gedanken schossen dem Mann durch den Kopf, doch er hatte gerade Schwierigkeiten sie zu sortieren. Dank des guten Vorankommens waren sie auch schnell am Krankenhaus angekommen. Tom ließ die Mädchen aussteigen und parkte seinen Wagen in einer freien Parklücke. Dass der Wagen wegen den Einschüssen angestarrt wurde, war ihm egal. Schnellen Schrittes marschierte er ebenfalls zum Eingang und traf sich dort mit seiner Schwester und der Bäckerin. Billy hatten sie sofort in einen freien OP gebracht und nachdem sie in der Rezeption nachgefragt hatten wo das war, hatten die drei sich im nahegelegenen Wartezimmer Platz genommen. Und so begann das Warten.   *   Nach einer gefühlten Ewigkeit kam dann auch ein Arzt zu ihnen und fragte nach den Angehörigen von Billy. Da er aber keine hatte, redete der Arzt widerwillig mit den drei Anwesenden. Er erklärte, dass Billys Zustand noch kritisch war, da sein rechter Lungenflügel getroffen worden war, aber er hatte Hoffnung, dass er es schaffte. Immerhin war Billy eine starke Person, die so schnell nicht aufgab. Jedoch waren die drei noch lange nicht erleichtert. Kritisch war ihnen nicht gut genug. Sie wollten hören, dass er außer Gefahr wäre und als sie ihn sehen wollten, hatte man ihnen den Zugang zu Billys Zimmer verweigert. „Mister Thompson ist noch in kritischen Zustand und braucht dringend seine Ruhe. Sobald er außer Gefahr ist können sie ihn gerne besuchen aber bis dahin ist kein Besuch gestattet“, erklärte der Arzt entschieden. Er gehörte schon zu den erfahreneren Semestern und ließ sich von Tommasos bösen Blick nicht einschüchtern. Also konnten sie nicht anders als zu gehorchen. Sie nahmen dem Arzt das Versprechen ab sie sofort anzurufen, würde sich irgendetwas an Billys Zustand verändern. Er versprach es. Danach machten sie sich widerwillig auf den Weg nach Hause. Damit Cassie nicht alleine bleiben sollte, nahm Tommaso sie kurzerhand mit zu sich, wo Hitomi sich unter anderem um sie kümmern konnte. Tom nahm eine schnelle Dusche und zog sich um. Er hatte noch einen Termin auf dem Revier. Und er war ein Mann, der sein Wort immer hielt. Seinem Anwalt hatte er bereits Bescheid gegeben und sie würden sich dort treffen. Er wollte nicht wirklich dorthin, aber ihm blieb sowieso keine andere Wahl. Und es half ihm sich von Billy abzulenken. Im Krankenhaus war er gut versorgt und er musste sich das immer wieder einreden um es auch zu glauben. Fazit war, dass er den Ärzten dort nicht traute. Im Präsidium wurde er bereits von seinem Anwalt und Alex‘ Partner erwartet. Der Polizist führte die beiden Männer in den Verhörraum und rief seinen Vorgesetzten, der es selbst durchführen wollte. Während des Telefonats hatte Tommaso dem Anwalt bereits alles im Schnelldurchlauf erklärt. Alex erschien mit seinem Vorgesetzten und war sichtbar erleichtert den zukünftigen Mafiaboss vor sich zu sehen. Er hatte also wirklich Wort gehalten. Das darauffolgende Verhör dauerte gefühlte Stunden und da der Anwalt der Falcones zu den Besten gehörte, hatte er dafür gesorgt, dass man Tommaso nicht festnehmen konnte. Er war einfach eine unbeteiligte Person gewesen und der Mangel an Beweisen bestätigte dies. Immerhin wurde der Mann teuer bezahlt, also musste er auch etwas leisten. Unter den mürrischen Blicken der Beamten verließ Tommaso das Revier. Er hatte kurz mit Alex über Billy geredet und ihm gesagt was er vom Arzt wusste, aber mehr Worte wurden zwischen den beiden nicht mehr gewechselt. Er verabschiedete sich von Alex und seinem Anwalt und fuhr ohne Umwege wieder nach Hause.   Es war jetzt bereits mitten in der Nacht und er wollte einfach nur schlafen. Er sah noch einmal kurz nach seiner Schwester und der Rothaarigen, die zusammengekuschelt in Hitomis Bett lagen, und machte sich selbst auf in sein Schlafzimmer. Obwohl er todmüde war, fand er keinen Schlaf. Erst in den frühen Morgenstunden schlossen sich seine Augen und er verfiel in stille Dunkelheit.   *   Es vergingen zwei Tage, in denen die Falcone-Geschwister und Cassie wie auf heißen Kohlen saßen. Marco Falcone war inzwischen von seiner Reise zurückgekehrt und hatte von seinen Kindern erfahren was passiert war. Er hatte erklärt, dass er umsonst weggegangen war, da ihm eine falsche Spur gelegt worden war. Wahrscheinlich hatte Yoshiki Yukio gedacht mit Tommaso leichtes Spiel zu haben und hatte den Boss höchstpersönlich weg locken wollen. Und das auch noch in ein Funkloch. Da er nicht zu erreichen gewesen war. Doch als alle zusammen saßen und versuchten Cupcakes zu genießen, klingelte das Telefon. Marco hatte den Anruf entgegen genommen und antwortete nur sehr wortkarg seinem Gesprächspartner. Danach legte er auf und lächelte die drei vor sich an. „Dies war Dr. Mouse. Euer Freund, Thompson Billy?, ist aufgewacht. Wenn ihr wollt, könnt ihr zu ihm“, erklärte er und sah die Freude in den Gesichtern von den Mädchen und Tom. Sie ließen es sich nicht zweimal sagen, und brachen sofort auf. Unterwegs brach Tom bestimmt einige Geschwindigkeitsbegrenzungen, doch es war ihm egal. Wie vor zwei Tagen, ließ er die Mädchen raus, die auch ohne auf ihn zu warten hineinstürmten. Er parkte den Wagen und blieb unsicher im Wagen sitzen. Er wusste nicht, ob er zu Billy sollte oder nicht. Nach einigem Überlegen entschied er sich hier zu warten. Billy war wach, also ging es ihm gut. Und das reichte ihm. Es wäre besser, wenn er nichts mehr mit ihm zu tun hatte, immerhin schrie er Gefahr. Und nur durch ihn war Billy so schwer verletzt worden. Also beschloss er aus dem Leben des Blonden zu verschwinden. Eine schnelle SMS an seine Schwester und er machte es sich auf dem Ledersitz gemütlich. Epilog: -------- Epilog:   Als er aufgewacht war, wusste Billy zuerst nicht wo er sich befand. Verwirrt hatte er sich im grellen Zimmer umgesehen und ein Nerv tötendes Piepen wahrgenommen. Nach einigen Minuten hatte er festgestellt, dass er wohl im Krankenhaus lag. Und nur langsam kamen die Erinnerungen an das Geschehene zurück. Er hoffte inständig, dass es den anderen gut ging. Als er gesehen hatte, wie dieser Yoshiki die Waffe auf den Rücken von Tommaso zielte, hatte er nur rot gesehen. Ohne nachzudenken war er der Kugel in den Weg gesprungen. Doch er bereute es nicht. Als er versucht hatte sich aufzusetzen schrillten die Apparate sofort los und in einem Bruchteil einer Sekunde war eine Krankenschwester aufgetaucht und hatte ihn zurück in die Kissen gedrückt. Widerwillig ließ er das Geschehen. Er hatte versuchte zu reden, doch es hatte ihm höllische Schmerzen eingebracht, also ließ er es bleiben. Nachdem die Schwester seine Werte kontrolliert hatte, war sie verschwunden und Minuten später mit einem Arzt wieder erschienen. Er hatte ihn untersucht und erklärt was geschehen war. Oder zumindest welche Verletzungen er davon getragen hatte. Billy nickte nur und war so unendlich müde nachdem sein Tropf gewechselt worden war. Eine Stunde später war er wieder aufgewacht, als die Tür zu seinem Zimmer sich vorsichtig öffnete. Voller Freude stellte er fest, dass es Cassie und Hitomi waren, die ihn besuchten. Er winkte ihnen schwach und sie stürmten sofort zu ihm und fragten ihn wie es ihm gehe. Aber er hatte nicht antworten können, also versuchte er sich in improvisierter Zeichensprachen. Und sie verstanden. Sie hatten ihm daraufhin geschildert was passiert war, nachdem er angeschossen worden war. Billy nickte an den passenden Stellen und hörte aufmerksam zu. Immer wieder schielte er zur Tür in der Hoffnung weiteren Besuch zu bekommen. Aber neben einer Schwester, die immer wieder nach ihm gesehen hatte, war niemand gekommen. Hitomi sah ihn traurig an und erklärte ihm was Tom ihr geschrieben hatte. Billy war da zwar wirklich verletzt gewesen, aber er verstand den Mann. Er selbst würde nie wieder etwas machen, das seine Freunde in Gefahr brachte.   *   Der Blonde hatte danach noch eine Weile im Krankenhaus bleiben müssen und hatte immer wieder Besuch von den beiden junge Frauen erhalten. Sogar die Polizei war aufgetaucht und hatte ihm Fragen gestellt. Wie sich herausgestellt hatte, hatten alle darüber geschwiegen, dass er ‚Dog‘ war und er war dankbar dafür. Jetzt noch mit dem kommenden Knast klarkommen zu müssen, wäre ihm dann doch zu viel geworden. Leider hatte Tommaso sein Wort gehalten und war all die Zeit nicht im Krankenhaus gewesen. Also wusste Billy, dass er den Mann wohl nur noch aus der Entfernung sehen würde oder in den Medien.   Gerade war er dabei seine wenigen Sachen zu packen, die er im Krankenhaus hatte. Er wurde an dem Tag entlassen und er freute sich, wie ein Kind über Süßigkeiten, darüber. Hitomi und Cassie hatten versprochen ihn abzuholen und er war froh darüber. Er hatte keine Lust den Bus bis nach Hause zu nehmen, denn er wollte sich eigentlich nur wieder hinlegen und richtig ausschlafen. Als Patient war einem das nicht vergönnt, da selbst in der Nacht nach einem geschaut wurde. Leider wurde man jedes Mal wach davon. Er schulterte seine Tasche, nahm die Entlassungspapiere und stolzierte zum Empfang. Er wollte an der frischen Luft auf seine Freundinnen warten. Es trieb ihn regelrecht nach draußen. Er füllte noch andere Papiere aus, unterschrieb diese und marschierte durch die elektronische Tür hinaus. Der Wind, der ihm sofort entgegen wehte, tat richtig gut. Es war auch nicht mehr so kalt wie vor einigen Wochen und das erhellte sein Gemüt sofort. Er wollte sich gerade auf eine hölzerne Bank setzen, als er auch schon seinen Namen vernahm. „Billy! Hier sind wir!“ Cassies Stimme war über den ganzen Parkplatz zu hören. Sie winkte wie eine Irre, damit er sie auch ja sah, aber mit ihren roten Haaren war sie eh immer sehr auffällig. Er winkte zurück und lächelte sie an. Er ging auf den parkenden Wagen zu. Als er neben Cassie und Hitomi noch eine dritte Person sah, blieb er geschockt stehen. Damit hatte er jetzt wirklich nicht mehr gerechnet. Seine schwarzen Haare glänzten wie Seide in der Sonne und er hatte leicht eine Hand zum Gruß erhoben. Dem Blonden schossen sofort vor Freude die Tränen in die Augen. Er ging wieder auf die drei zu und legte sogar einen Gang zu. Er lief jetzt fast. Tommaso löste sich von den Mädchen und rannte Billy fast entgegen. Unterwegs ließ Billy seine Sporttasche fallen und stürzte in die wartenden Arme Tommasos. Ohne darüber nachzudenken wer sie beobachtete, küssten sie sich. Vielleicht gab es doch noch ein Happy End für ihn. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)