Die Keksflüsterin von Susuri ================================================================================ Kapitel 11: Umzug I ------------------- Seufzend ließ ich mich auf meinen roten Plüsch-Teppich fallen. Vor mir: ein Stapel gepackte Kisten, ordentlich beschriftet mit „Gemischtes 1-19“, deren Stapel mich beinahe zu erschlagen drohte. Blöder Umzug..., schimpfte ich innerlich und ihr könnt euch nicht vorstellen, wie gerne ich gegen den Stapel Kisten getreten hätte, aber wie schon gesagt, die Kisten waren kurz vorm Umfallen... Mit einem starken Luftzug wurde meine Zimmertür aufgerissen. „Meike!“ Mein Bruder stand vor mir, mit einem Nutella-Toast in der einen Hand und nur in seine (ehemaligen) weißen Boxershorts, die aber seit der letzten roten Socke eher die Farbe meiner Handy-Hülle angenommen hatte: schweinchenrosa. „Ich brauche deine Hilfe!“ Ich krabbelte ein Stückchen von ihm weg und wand den Blick ab. Er war zwar mein Bruder, aber ihn nur in Boxern zu sehen. Die auch noch rosa waren... Nicht so sexy... „Hattest du nicht genug Zeit, dir noch ne Hose anzuziehen, bevor du mein Territorium stürmst? Oder hat Jojo schon wieder alle deine Hosen aus dem Fenster geworfen?“ Jojo war Franks bester Freund (oder „Bro“, wie sie es sagen würden) und die beiden hatten schon diversen Mist angestellt, die Hosen des anderen auf die Straße zu werfen, war da vergleichsweise noch normal. Franks Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen und er funkelte mich wütend an. „Beinahe, Meike“, er seufzte. „Ich hab schon alle Hosen eingepackt und jetzt weiß ich nicht mehr in welcher Kiste sie sind. Hilf mir suchen!“ Er blickte mich aus großen Augen an und klimperte mit seinen verdammt langen Wimpern, für die ich ihn manchmal am liebsten erwürgen würde, hatte ich doch nur recht kurze. Eine quäkende Stimme erkannte, die ich sofort als das einzig mögliche identifizierte: sein Toast. „Bitte! Hilf ihm Meike! Ich kann es nicht weiter ertragen, mir seinen nackten Körper anzusehen! Und dann auch noch diese rosa Boxer... Er. Soll. Wieder. Eine. Hose. Tragen!“ Der Toast war kurz vorm Weinen, wenn man das bei Brot so nennen kann. „Ich will ihn ja auch nicht weiter so sehen...“, murmelte ich leise zum Toast und antwortete meinem Bruder etwas lauter: „Wenn es sein muss, doch ich verstehe nicht, wie man so doof sein kann...“ „Danke, Meimei, du bist meine Rettung!“, grinste er mich an. „Und die Beste, vergiss das nicht...“, murmelte ich grimmig in meinen imaginären Bart.   Ich weiß nicht, was ich damals erwartet hatte, als ich sein Zimmer betrat, aber sicher nicht das. Sein Zimmer war unter den Kisten kaum mehr zu erkennen, der Boden, alle Regale, der Schreibtisch und sogar sein Bett waren unter einer hübschen Patina Kisten und... Zeugs begraben. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragte ich ihn und starrte ihn fassungslos an. „Wie hast du es geschafft gefühlte vierzig Kisten zu packen und immer noch hier Zeug liegen lassen?!“ Und als hätte der Toast meine Gedanken gelesen murmelten wir beide simultan: „Ach du Scheiße...“ Mein Bruder grinste schief. „Also“, sagte er gedehnt. „Fangen wir mal an!“ Ich schluckte hart, doch sowohl die Rufe des Toastes, der nun wackelig auf einer Kiste schwebte, als auch meine Bestätigung hielten mich davon ab, das Handtuch zu werfen und einfach in mein Zimmer zu verschwinden. Die Minuten vergingen, Stunden verflogen, doch auch nach Tagen, Wochen, Monaten harter Suche, konnten unsere Helden die Kiste mit den Hosen nicht finden. Okay, vielleicht kam es mir auch nur so vor... Aber als ich mich erschöpft auf eine der Kisten fallen ließ, um eine kurze Pause zu machen hörte ich plötzlich eine leise Stimme. „Bitte... lasst mich hier heraus... es ist so dunkel...“ „Hast du was gesagt, Frankie?“, fragte ich meinen Bruder, der nur ruppig den Kopf als Antwort schüttelte. Also ein Gebäck. „Wo bist du, kleines Gebäck?“, murmelte ich leise. Ein freudiges Schreien erklang. „Jemand hat mich gehört!“, rief das Gebäck. „Folge einfach meiner Stimme, Mädchen! Dann findest du mich!“ Und es begann zu erzählen. Wie es in die Kiste kam und wie sehr es meinen Bruder dafür hasste. Na dann waren wir da ja schon mal zwei! Als ich eine Kiste öffnete, aus der die Stimme zu kommen schien, begann ich beinahe zu weinen. Es war die Kiste mit den Hosen! „Frankie!“, rief ich und drehte mich zu ihm um. „Ich hab sie gefunden!“ „Echt jetzt?“, er versuchte zu mir zu kommen, wobei er elegant über die Kisten flog, die ihm im Weg standen. „Licht!“, hörte ich die hohe Stimme des Gebäcks. „Ich bin in einer der Taschen, Menschen-Mädchen!“ Hektisch durchwühlte ich die Hosen, bis ich endlich einen glücklich strahlenden Keks in der Hand hielt. Also ich meine, ich glaubte, dass er strahlte, war eben nur ein Keks... „Klasse, Meike!“, meinte Frank und lächelte mich an. „Ich hatte ein bisschen Unterstützung!“, meinte ich und blickte flüchtig auf den Keks in meiner Hand. Vielleicht sollte ich auch ein bisschen Gebäck in meine Kisten tun. Obwohl, die waren eh ungeordnet, das hatte keinen Sinn. „Cookie!“, rief es plötzlich von einer der Kisten. „Endlich sehe ich dich wieder, meine Liebe!“ „Toast? Bist du das?“, antwortete der Keks stockend. Vorsichtig legte ich sie nebeneinander. Hosen gefunden und eine Beziehung gerettet, keine schlechte Bilanz für die zwei Stunden, die ich in Franks Zimmer war. A propos Frank. Ich blickte zu meinem Bruder, der wieder angefangen hatte, sein Zeug in Kisten zu werfen. „Frank, ziehst du dir jetzt bitte eine Hose an?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)