Green Eyes von Suppengruen ================================================================================ Kapitel 5: Er ist es und nicht du --------------------------------- So wie ihr Patient 4479 aussah, so fühlte sich Harley. Völlig gerädert von den letzten Tagen, den nervigen Fragen und das ständige aufdringliche Verhalten ihres Verlobten, hatten auch sie gezeichnet. Wenn auch sie über das entsprechende Make-up verfügte um die dunklen Augenringe zu kaschieren. Der Anblick den ihr der Joker bot, weckte in ihr neue Energie. Ein Gefühl von Triumph machte sich in ihr breit und sie konnte ein Lächeln nicht verbergen. Hatte sie es doch geschafft ihm eine Lektion zu erteilen. Noch zuvor hatten ihr die Wächter über seine vehemente Essenverweigerung berichtet und nun konnte er sehen was er davon hatte. Nichts. Hatte er es getan um sie Harleen zu ärgern? Wenn ja dann war sein Protest ziemlich im Sande verlaufen. Ihr Blick suchte den seinen, welcher kraftlos und müde wirkte. Das Grün hatte etwas an Glanz verloren und im Ganzen wirkte er eher eingefallen und geschwächt. Doch diesmal würde sie ihn nicht unterschätzen, sondern besser auf der hut sein. "Danke ich habe glänzend in meinem Himmelbett aus purem Gold geschlafen und wurde natürlich wie jeden Morgen von meinem Butler mit Sekt und Kaviar begrüßt. Aber sag mir, wie hast du geschlafen? Du siehst heute mal wieder blendend aus und dein neues Outfit steht dir wirklich hervorragend" ein sarkastisches Grinsen machte sich nun zunehmend auf ihren Zügen breit. "Nun sind wir heute etwas kooperativer als letzte Woche? Oder kann ich mir das ganze gleich sparen und weiter meine Hochzeit organisieren?" sagte sie etwas genervter, als sie es eigentlich angedacht hatte. Noch immer war sie gekränkt darüber, dass er ihr alles nur vorgespielt hatte und langsam zehrte dies alles doch sehr an ihren Kräften. Leicht strich sie sich die losen Strähnen aus dem Gesicht und blickte ihn direkt an. Entweder er würde sich kooperativ zeigen oder sie würde es eben aufgeben ihn zu therapieren und sich ihrer Zukunft fügen, welche sie unweigerlich nach Metropolis führen würde. Ihr graute es schon jetzt, später wieder nach Hause zu müssen, in das geräumige Apartment, in dem ihr Verlobter warten würde und sie kaum, dass sie zur Tür herein gekommen wäre von neuem mit Fragen zu durchlöchern. Diese Hochzeit stellte ihre Beziehung aufs äußerste auf die Probe. Wie sehr wünschte sie sich einen Tag der Stille, doch dies konnte sie für die nächsten Wochen erst einmal vergessen. Leicht ballte sie eine Hand zur Faust und biss ihre Zähne aufeinander, sodass sie leise knirschten. Dieser Stress machte sie noch wahnsinnig und das Schlimmste daran, sie wusste nicht wohin damit? Sie musste die Anspannung loswerden und endlich ihre Gedanken ordnen. Wenn dies so weiter ginge, würde sie noch platzen und das konnte sie sich nun wirklich nicht nach der Aktion der letzten Woche leisten. Ihre Arbeit durfte einfach nicht darunter leiden! Sie durfte jetzt auf keinen Fall das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Sanft legte sie beide Hände auf die Tischplatte. Das Holz unter ihr fühlte sich glatt und weich an. Nur an einer Stelle hatte es eine leichte Einkerbung, welche sie verursacht hatte. Immer wieder ließ sie ihre Finger darüber gleiten und fand darin sogar Entspannung. Nachdem sie sich etwas gefasst hatte blickte sie erneut zu der körperlich ziemlich malträtierten Person. Fast hatte sie schon Mitleid mit ihm. Ein Bild drängte sich ihr auf, indem sie ihm einen Napf voll Wasser vor das eingefallene Gesicht stellte und zusah, wie er es gierig in sich aufsog. Schnell schob sie diesen Gedanken wieder beiseite und versuchte sich, so gut es eben ging, auf die heutige Sitzung zu konzentrieren. "Wollen wir es noch einmal versuchen?", dabei lächelte sie ihm aufmunternd zu. So schnell wollte sie ihn nicht aufgeben, auch wenn etwas in ihr dagegen rebellierte und förmlich aufschrie. Den Sarkasmus, welchen sie ihm an den Kopf warf, überhörte er mit müdem Ausdruck und sank etwas tiefer in den Stuhl. Ironischer weise, war Joker heute so gar nicht zum Scherzen zu mute. Selbst die Hochzeit, die Harleen erwähnte, ließ ihn völlig kalt. Über das Ganze könnte er sich wohl erst wieder aufregen wenn die Kräfte zurückkamen. Im Moment schien diese Situation ihm einfach nur gleichgültig. Sollte sie ihn doch mit Fragen durchlöchern, sollte sie doch die beschissenen Geschichten aus seinem Leben erfahren. Dass würde ihr auch nichts helfen. Was passiert ist, ist nun einmal passiert. Seufzend versuchte Joker seinen Körper etwas aufzuraffen, was kläglich zu scheitern schien. Blieb er eben wie ein haufen Elend auf dem Stuhl sitzen. „Schon mal was von der Red Hood Gang gehört?“. Fragte er nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens und sah Harleen mit kühlen Augen an. Seine Stimme klang noch immer schwach und zum ersten Mal würden die folgenden Worte von der Ehrlichkeit gezeichnet sein. „Damals...ich war noch so jung…ständig auf der suche nach dem nächsten Job um Kohle ranzuschaffen… für mich und Jeannie und dem kleinen Balg das in ihr heran wuchs. Jeannie…herje, sie war so wunderschön und lachte über jeden schlechten Witz, die ich ihr einem nach den anderen vortrug. Ich weiß bis heute nicht warum sie gerade mich als ihren Mann wollte. Wir hatten kein Geld und lebten in einer winzigen Wohnung…aber hey, wir waren ziemlich glücklich mit dem was wir hatten. Bis mir diese verdammten Red Hoods diesen Deal anboten. Ich lehnte gleich ab...“, erschöpft rieb er sich die Augen, bevor er mit seiner Erzählung fortfuhr. „Es war ein Dienstag…glaube ich, als ich den Anruf bekam und man mir sagte das Jeannie tot ist…damit auch das Kind. Man ich war so durcheinander und ich...ich wollte die Aktion absagen, ich sagte ich brauche jetzt das Geld nicht mehr, ich brauche gar nichts. Doch es war zu spät, ich konnte mich nicht mehr herausreden. Sie planten einen Einbruch in die Chemiefarbik, in der ich zu dieser Zeit arbeitete und ich musste mir dieses riesen Ding auf den Kopf setzen. So ein riesiger, eiförmiger, roter Helm“, dabei gestikulierte er mit seinen Händen, welche Größe der Helm ungefähr hatte. „Ich ging also in diese Fabrik und ich dachte mir noch, irgendetwas stimmt nicht, es war plötzlich so ruhig und dann stand er vor mir. Ein riesiger Kerl im Fledermauskostüm. Ich versuchte ihm noch zu erklären…hey ich bin der Falsche…dann stürzte ich auch schon über das Geländer und hoffte eines dieser Chemiebecken zu verfehlen. Lieber ein paar gebrochene Knochen als tot dachte ich mir und dann war es still. Ich bekam keine Luft und mein ganzer Körper brannte wie Feuer…die Chemie fraß sich durch jede Pore. Ich weiß nicht mehr wie ich da raus kam, keine Ahnung was passiert ist. Ich wusste nur, dass sich mein Leben verändert hatte und wusste wer daran schuld war…Batman.“ Als erlebe er das Geschehen noch einmal sprach er alles aus und bekam dabei nur halb mit, dass er noch immer Harleen ansah. Tausende von Emotionen und Gedanken schienen soeben auf sie einzuprasseln. Ihr wurde ganz schwindelig vor Augen, als sie versuchte das soeben Gesagte zu verarbeiten. War dies nun die tatsächliche Geschichte des Jokers oder wieder nur eine weitere Lüge? Sie empfand das Bedürfnis ihn in den Arm zu nehmen. War er doch nur ein Mann der einmal einen schlechten Tag gehabt hatte und dafür nun bis an sein Lebensende büßen musste? War Batman tatsächlich der Böse? Ihr Kopf schien zu explodieren und unweigerlich fasste sie sich mit beiden Händen in das blonde Haar, da sie befürchtete dass dieser andernfalls explodieren würde. Plötzlich verstand sie ihn, alles was er ihr erzählt hatte, selbst die Lügen waren nun so klar und so verständlich. Harleen konnte nicht anders als zu ihm hinüber zu gehen. Sanft nahm sie Joker in den Arm und presste ihn wie ein Ertrinkender an sich. Es fühlte sich so richtig, so echt an, dass sie alles um sich herum vergaß. Seid langem fühlte sie sich frei und ungezwungen. Auch wenn sie wusste, dass sie gerade Kopf und Kragen riskierte, war es ihr das Wert. Leise hauchte sie ihm ins Ohr: "Ich verstehe jetzt...Ich verstehe es alles...Er ist es und nicht du." Nur ein Flüstern, gerade so laut das er es verstehen konnte. Sie verweilte eine gefühlte Ewigkeit in dieser Pose, ehe sie sich von ihm löste. Langsam streifte sie das T-Shirt ab, sah es verächtlich an und zerriss es mit bloßen Händen. Anschließend löste sie die Schnallen der Zwangsjacke, sodass er sich etwas besser Bewegen konnte. Ihre Gesten waren ehrlich und irgendetwas in ihr hatte sich gelöst. Jetzt wo sie es verstand sah sie alles plötzlich mit anderen Augen und vor ihr brach ihre Heile Welt in einem Scherbenhaufen zusammen. Langsam erhob sie sich, wobei ihr Blick nachdenklich wirkte. Was bedeutete dies für sie? Hatte er ihr gerade den Schlüssel zu allem hingeworfen oder war es nur ein Knochen gewesen um sie mehr und mehr zu locken? Harleen fühlte sich schlecht, ihn in seinem momentanen Zustand weiter zu quälen, auch wenn sie wusste, dass sie dadurch, sich eine große Chance entgehen ließ. Noch war sie nicht in Metropolis, es war noch Zeit mehr über ihn zu erfahren, zu einem besseren Zeitpunkt. Fast hatte sie vollends vergessen, wie er die letzte Sitzung gewesen war und es tat ihr schon fast leid, wie sie ihn behandelt hatte. Sie entschloss sich, das einzig richtige für sie in so einer Situation zu tun und rief die Wachen. "Bringt ihn wieder in seine alte Zelle und gebt ihm was anständiges zu Essen, bevor er uns noch vom Fleisch fällt. In seinem momentanen Zustand bringt es nichts ihn noch mehr zu befragen", sagte sie mit fester Stimme. Es klang sehr professionell und plausibel in ihren Ohren und ohne jegliche Nachfragen führten sie ihn zurück in seine Zelle. Harleen schloss hastig hinter ihnen die Tür, ehe sie völlig die Kontrolle über sich verlor. Mit beiden Händen fuhr sie sich in die Haare, raufte sich diese, lief einige male im Kreis, ehe sie verzweifelt auf einen Stuhl sank. Das war alles zu viel für sie. Das durfte nicht sein, wie konnte das Vorzeigebild von Gotham der eigentliche Bösewicht sein und warum erkannte dies niemand?! Wütend schlug sie mit der Faust auf die Tischkante, welche leise aufächzte. Diese Ungerechtigkeit ließ sie schier Wahnsinnig werden. Wie kam es das niemand davon wusste? Sie musste hier weg, sofort! Nur ganz langsam fand sich Joker wieder im hier und jetzt. War es tatsächlich so einfach gewesen, hätte er die ganze Zeit nichts weiter machen müssen als eine kleine Wahrheit zu erzählen? Er hätte nicht einmal geglaubt dass sie ihm die Erzählung abnahm. Auch wenn sie diesmal wirklich der Wahrheit entsprach. Genau konnte er es zwar im Moment nicht sagen, wie er darüber dachte wenn sein Kopf wieder Energiezufuhr bekam, aber es schien im nicht allzu tragisch, dass sie diesen Einblick aus seinen Leben bekam. Im Gegenteil, es würde sich dem Anschein nach ja sogar als Vorteil herausstellen. Mit leicht skeptischem Blick beobachtete er wie Harleen aufstand und auf ihn zukam. Ihre Arme legten sich schützend um seinen Körper. Eine Umarmung? War die Ärztin jetzt von allen guten Geistern verlassen? Still, als hätte sich eine Python um seinen Hals gewickelt, saß er da und vernahm ihre geflüsterten Worte. Diese entschied er jedoch, erst einmal unkommentiert zu lassen. Der Bleiche wusste ehrlich gesagt nicht wirklich, wie er auf diese plötzliche Gefühlsregung von ihr reagieren sollte. Ihr warmer Atem streifte sein Gesicht und er konnte deutlich das süßliche Parfüm an ihr riechen. Die Umarmung war nicht unangenehm, aber wie zum Teufel noch mal sollte er jetzt fortfahren? Sie bekäme wohl kaum einen ähnelnden Gefühlsausbruch seinerseits. Warum auch, sollte er jetzt plötzlich auf ihr Mitleid etwas geben? Nachdem sie ihn so eiskalt in diese Hölle verfrachtet hatte. Ihre zierlichen Finger legten sich auf seine Brust, aufmerksam folgte er dem Geschehen, wie sie das T-Shirt auseinander riss. Mit einem Blick, als hatte sie in den wenigen Minuten vollkommen die Seite gewechselt, zerstörte sie den widerlichen Fanartikel. Dann wurden die Schnallen seiner Zwangsjacke, von Harleen geöffnet. In Jokers Gesicht stand nun noch größere Verwunderung. War es die ganze Zeit so verdammt einfach Gewesen? Das war doch zum Haare raufen, welches er nach der Befreiung seiner Arme auch sofort tat. Die noch etwas feuchten Haarsträhnen glitten ihm durch die Finger, als seine Augen erneut der ihren fesselten. Die Wachmänner kamen hinein und sah mal einer an, sie konnten ihren Griff auch etwas sanfter anlegen. Ohne eine Verabschiedung begleiteten sie ihn in die alte Zelle. Was Anständiges zu Essen sollte folgen. Völlig baff sank der schwache Körper auf die Pritsche. Er hat sie gebrochen, er hat sie mit der Wahrheit gebrochen. Na wenn das mal kein Grund für einen ordentlichen Lacher war, wäre da nicht sein noch immer schmerzender Kopf und Hals, sowie auch der ganze Rest seines bleichen Leibes. Es war Joker, als spüre er noch immer die drückende Umarmung auf seiner Haut. Ihre Hand wie sie nach dem T-shirt griff. Der Geruch des Parfüms in seiner Nase. Stopp! Seufzend schüttelte er den Kopf, schluss mit diesen Gedanken. Was sollte der Mist? Auf so etwas Belangloses sprang er doch nicht an. Es war reines Mitleid welches Harleen versprühte, Mitleid für seine Geschichte. So etwas brauchte er nicht, das brauchte er von niemandem. Warum auch, würde es die Vergangenheit ändern? Nein. Mitleid war wohl von allen das schlimmste Gefühl. Nicht einmal er selbst hatte mit sich Mitleid. Vergangen war verdammt noch mal vergangen. Das konnte sie sich sonst wo hin stecken. Die Tage zogen ohne große Bedeutung an ihm vorbei. Durch die wieder eingeführte Essenzufuhr, fand sein Körper zu neuer Kraft und er sah Tag für Tag besser aus. Die neue Energie änderte jedoch nichts an seinem denken, wobei er sich sicher war, dass es ohne den Aufenthalt, in der dauerhaft hellen Zelle, nicht dazu gekommen wäre. Der Tag der nächsten Sitzung rückte näher, folglich auch der Tag der Hochzeit. Denn eine Sache hatte sich doch durch die Wiedereinnahme von Nahrung verändert. Die Hochzeit spielte wieder eine Rolle. Die bevorstehende Therapie durfte nicht schief laufen. Als Harleen erwachte, herrschte Dunkelheit um sie herum. Wild tastete sie umher um auszumachen, wo sie sich gerade befand. Es war eindeutig ein Bett aber sie war nicht alleine, neben ihr lag noch jemand. Sie konnte das schwere Atmen hören. Es war ihr Verlobter. Wie war sie hier hergekommen? Sanft weckte sie ihn und stellte ihm diese Frage. Es stellte sich heraus, dass sie einen Zusammenbruch erlitten hatte, zu viel Stress war die Diagnose und so hatte man sie nach Hause gefahren. Erschöpft ließ sie sich zurück in die Kissen fallen. Zu viel Stress, ja das mochte es sein. Die nächste Woche sollte nicht viel besser werden und der 22te rückte bedrohlich näher. Sie fühlte sich plötzlich so leer und diese Leere schien sie immer mehr zu verschlingen und regelrecht aufzufressen. Jeden Abend stahl sie sich heimlich zur Zelle des Jokers, um nach dem rechten zu sehen. Aus dem halbdunklen beobachtete sie sein Treiben. Irgendwie vermisste sie seine Gegenwart, seine Augen und seine Stimme. Sie wollte ihm so sehr helfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)