Das Herz der Hölle von Inzestprodukt ================================================================================ Kapitel 1: Die Zwei ------------------- „Kannst du mal deine scheiß Kippe aus meiner Fresse raushalten?“ „Ja, ja… stillhalten jetzt.“ „Das stinkt, man!“ „Du auch, geh duschen.“ Ein Bild für die… nein, den Göttern wollte man das lieber ersparen. Oder eher ihrem Gott, der sich letzten Endes ja als reiner Flopp herausgestellt hatte – nett gesagt. Was nach der Zeit ihres postapokalyptischen Spiels herausgekommen war, spielte sich wie schon davor auf eigenen Ebenen ab; sprich es bildeten sich keine tief verwurzelten Freundschaften und monatliche Raclette-Partys; generell ging man seinen eigenen Interessen nach. Was den Feuerengel betraf, gab es momentan zwei wichtige Themen in seinem schon wirklich sehr alten Leben: Seine Schulter und die scheiß Zigarette in Raphaels Mundwinkel, dessen Qualm ihm Tränen in die Augen trieb. Um wenigstens dem ein Ende zu bereiten streckte er die gesunde Hand aus, berührte mit seiner Fingerspitze die Glut und so fraß sich der Glimmstängel in einem Zug runter bis auf den Filter, was Raphael erschrocken zur Kenntnis nahm und diesen dann auch schnell ausspuckte. „Spinnst du?!“ „Man, konzentriere dich oder heil mich vernünftig!“ „Kein Lust“, murrte der Blonde beleidigt, dann ertönte ein unangenehmes Knacken und die tickende Zeitbombe zischte wütend nach Luft, wand sich aus seinen Armen heraus und bewegte die gerade wieder eingerenkte Schulter, woraufhin Raphael genervt nach seinem Arm fasste. „Ist doch nicht das erste Mal, halt sie ruhig. Willst du was gegen Schmerzen?“ „Schnauze“, grollte der Kleinere und löste seinen Arm wieder aus Raphaels Hand, schob mit einem Fuß dessen ganzen Körper zur Seite und blickte ihn misstrauisch an, als er den erstaunten Ausdruck in dessen Augen sah. „Was?“ „Nichts, ich bin nur immer wieder fasziniert, wie gelenkig du bist.“ Ein Grinsen ereilte ihn, dann der frontale Vollkontakt mit einem seiner eigenen Sofakissen im Gesicht, was Raphael aber gelassen zur Kenntnis nahm; es war schon weitaus Schlimmeres passiert, das sprach für den Schmerzpegel des Rothaarigen, der noch immer gegen seinen gut gemeint ärztlichen Rat verstoß – nach all den Jahren, wohlgemerkt – und wieder an seiner Schulter herumdrehte. Raphael lehnte sich aus Prinzip nach hinten und angelte nach einer neuen Zigarette, auch würde er garantiert nicht Michael nach Feuer fragen und zündete sie mit einem herkömmlichen Feuerzeug an, während er seinen lernunwilligen Patienten im Blick behielt. „Wenn sie wieder ausrenkt, darfst du selber zusehen, wie du da wieder rauskommst“, informierte er ihn milde interessiert, was einen weiteren, bösen Blick in seine Richtung bedeutete. Mit der Hand des anderen Armes hielt Michael seine demolierte Schulter fest, drehte diese nach hinten und bewegte sie immer wieder hin und her, um die Belastbarkeit zu prüfen – oder weil ihm gerade danach war, Raphael auf die Palme zu bringen, das würde er mit diesem achtlosen Verhalten nämlich sehr schnell schaffen. Gesagt oder nicht, Raphael würde ihn nicht mit einem ausgekugelten Gelenk gehen lassen und dessen war sich der andere Erzengel – leider – durchaus bewusst. Ob er den Blonden als persönliche Krankenversicherung ausnutzte, sei dahingestellt. „Lass es.“ Raphael hoffte einfach, dass seine Stimme nicht halb so aggressiv und fordernd klang, wie er sich gerade fühlte. Himmel, Arsch und Gewitterfront! Er hatte ihm doch gerade noch gesagt, dass er den verdammten Arm ruhig halten sollte! „Schnauze“, kam in gewohnter Manier zurück, was ihn stärker als notwendig an der Zigarette ziehen ließ. „Sie springt gleich wieder raus.“ „Buhu, heul doch!“ Dieser…! Ein innerliches Schnaufen, sollte er nur rumspielen. „Nach einer Luxation hält man seinen Arm still, ich geb' dir gleich noch einen Verband. Will erst aufrauchen.“ Wieder ein bitterböser Blick; natürlich könnte er ihn heilen, dafür hatte Michael ihn aber zu sehr geärgert und da das die einzige Möglichkeit war, ihn irgendwie in die Schranken zu weisen, weigerte sich der Blonde. Es sähe anders aus, wenn der Kleinere nun mit dem Tod ringen würde, doch da dies nicht der Fall und die ausgerenkte Schulter ein Akt purer Idiotie war, sollte er ruhig etwas leiden. Und am besten auch bald gehen, sonst würde Raphael wieder schwach werden und einem kurzen Moment von Michaels so gar rar gesäten, unterschwellig mit einer Bitte besetzten Drohungen nachgeben und damit die Erlaubnis geben, sich wieder in die Schlacht zu stürzen. „Guck mich nicht so giftig an, du hast selber schuld. Weißt du eigentlich, wie dick deine Krankenakte ist?“ „Dachte, ich hab inzwischen einen eigenen Raum…“, knurrte Michael und bewegte allem Wissen zum Trotz weiter den Arm, weil er ihn nicht so weit nach hinten biegen konnte wie er es sich gerade in den Kopf gesetzt hatte; fraglich war, ob er das auch vorher schon geschafft hatte, aber gerade jetzt wollte er es und sein Körper hatte entsprechend zu gehorchen! „Wenn der nicht auch schon voll ist“, antwortete Raphael und beendete seine Zigarette mit einem letzten Zug, drückte sie in einem Aschenbecher aus und erhob sich. Auf die Gefahr hin ein Auge zu verlieren oder mindestens drei gebrochene Finger zu verantworten, fasste er nach Michaels gesunder Hand und zog diese von der Schulter, schenkte ihm einen warnenden Blick und erntete nur gefletschte Zähne. „Ich hol den Verband, warte…“ Berufskrankheit, auch Zuhause hatte er eine umfassende Medikation und genügend Hilfsmittel, um die halbe Patientenschar versorgen zu können. Zumal war er mit Michael befreundet und befand sich ja wieder einmal in der Situation, dass ihm sein vorausschauendes Denken gedankt wurde. Zumindest von sich selber, es könnte alles viel komplizierter sein und er hatte wirklich keine Lust, den Feuerengel hier alleine in seiner frisch renovierten Behausung zu lassen, bis er von sonst wo einen Verband und – weil er ja nun einmal doch nett war – Schmerzmittel besorgt hatte. Innerlich war er auch auf Flucht getrimmt – in einer Notsituation war sich jeder schließlich selbst der Nächste; wenn sein Wohnzimmer explodierte, war er in diesem Teil des großzügigen Anwesens einigermaßen sicher und könnte entspannt durch eines der zahlreich Licht spendenden Dachfenster fliehen, während sich die Feuerwalze durch seine kaum vorhandenen Privatgegenstände fressen würde. Doch es blieb ruhig – auf das altbewährte „zu ruhig“ verzichtete Raphael prinzipiell, da dies im Idealfall einen gelangweilten, irgendwo herumlungernden Feuerengel bedeutete. Langeweile hatte er ausreichend gehabt und es quasi perfektioniert, anderen Leuten das Leben still und heimlich zur Hölle zu machen. Mit zwei Mullbinden und einem Blister Tabletten kehrte er zurück und fand seinen spontanen Patienten genervt auf der Couch sitzend, die Beine quer gelegt und mit den Stiefeln achtlos Dreck auf dem hellen Polster verteilend. Raphaels interner Ordnungssinn schlug Alarm, aber wozu konnte man Möbel schließlich austauschen? Behalten würde er das Ding mit den Erdflecken bestimmt nicht. „Füße runter“, sagte er, schob da allerdings besagte Körperteile schon von seinem Polster und setzte sich vor seinen kleinen Kumpel. Der wirkte näher betrachtet müder als gedacht, waren ihm kurzweilig die Augen zugefallen? Fragen brauchte er ihn so oder so nicht, da keine vernünftige Antwort zustande kommen würde – zumindest keine, mit der er etwas anfangen könnte, weil „Fick dich!“ und „Stirb!“ ihm noch immer nicht genug Auskunft liefern würden. Mit einem Kopfnicken deutete er Michael an, sich seines Oberteils zu entledigen, was ohnehin kaum als solches zu bezeichnen war. Umständlich – da Schmerzen, man hörte ja einfach nicht auf ihn – schaffte der Rothaarige es, sich den Stoff vom Kopf zu ziehen und entblößte somit seinen über und über mit Blutergüssen bestückten Brustkorb. Raphael zählte gedanklich bis fünf, behielt allerdings äußerlich die Fassung und bettete den verletzten Arm so, wie er ihn gebrauchen konnte, ehe er mit dem Verbinden anfing. Er spürte Michaels Augen auf sich ruhen – eine beunruhigende Angewohnheit, die sich der Kleine gerne zu Eigen machte, da er Raphael so schnell aus dem Konzept bringen konnte. Allerdings auch nur, weil er bei Schmerzen schnell einen Rachereflex verspürte und darauf konnte der Heiler gut und gerne verzichten. „Du fragst ja gar nicht.“ „Gut geschlafen?“ „Das mein ich nicht.“ Natürlich nicht, das war ihm auch klar. „Wenn ich dich nach jeder offensichtlichen Verletzung befragen würde, hätten wir gar kein anderes Gesprächsthema mehr. Wenn du aber willst, dass ich dir mal ordentlich den Kopf wasche und dich als den verantwortungslosen Schwachkopf hinstelle, der du offensichtlich kürzlich warst: Was im Namen aller Götter hast du getrieben und welchen Grund hätte ich, dir deswegen keine zu scheuern?“ „Weil ich dir deinen scheiß Kiefer brechen würde, du Mistsack!“ Kurz, wirklich nur ganz kurz stieg die Temperatur im Raum an und Raphael bekam einen Eindruck davon, wie sich ein Hähnchen im Backofen fühlte, aber genauso schnell flachte es auch wieder ab – die Schmerzen beschäftigten den Elementarengel viel zu sehr. Und er war wirklich müde, das war offensichtlich. „Also? Was ist passiert?“ „Geht dich nichts an“, murmelte Michael noch immer latent wütend und nahm den Blick endlich von ihm weg, betrachtete seine eigenen Beine genervt. Raphael lächelte, befestigte dann den Verband ordentlich und fühlte noch einmal, ob alles in Ordnung war. Das war sein Vorteil als Heiler: Röntgen konnten sie sich sparen, er sah es so oder so. „Eine Woche, dann darfst du ihn abnehmen und wir gucken nochmal.“ Michael schaute ihn wieder an und Raphael sah die Frage förmlich auf seiner Zunge liegen, ob er ihn nicht doch heilen würde, doch das hatte er am Anfang schon klar gestellt und eine zweite Abfuhr würde sich der Feuerengel garantiert nicht holen. Das war nicht sein Zeitpunkt, er musste sich nun eigentlich nur noch anziehen und nach Hause kommen, doch fliegen war gerade auch so ein Thema, an das er nicht wirklich denken konnte. Oder eher wollte. Er würde ohnehin wieder hier landen und dann die nächste Standpauke… nein, danke. Während der Behandlung konnte er motzig sein und so tun als ginge ihn das alles eigentlich gar nichts an und er wäre nur Gast mit seiner eigenen Verletzung, aber nun? Raphael kannte diesen Zustand und eigentlich wollte er ihn auch auflaufen lassen – „sein“ Mika-chan konnte hin und wieder gut und gerne einen Dämpfer vertragen, damit er sich vielleicht mal etwas gesitteter benahm aber das war ebenso Wunschdenken wie der Zeitpunkt, an dem er die 1,50m übersteigen würde – nie. „Willst du was essen? Will nicht für mich alleine kochen“, hörte der Blonde sich deswegen plötzlich selber sagen, doch statt Dankbarkeit erntete er nur ein verzogenes Gesicht; iiiihhh, soziale Interaktion. „Kannst auch eine Schmerztablette haben“, lockte Raphael ihn etwas weiter und hielt ihm den Blister hin, was genervt geschnappt wurde. Mit dem Daumen drückte er eine Tablette heraus und zog diese schnell mit der Zunge in den Mund, schluckte sie ohne den Hauch von Wasser herunter. Wieder ein Grund, ihn mit dem Gesicht zur Wand zu stellen und zu erschießen. Aber dass er gewonnen hatte, wusste Raphael auch und so stand er auf und umrundete die Couch, um sich in Richtung Küche aufzumachen – noch interessierte ihn zwar die Geschichte mit den Blutergüssen, aber die Medikamente würden Michael matschig und vielleicht etwas redseliger machen, wenn er erst einmal im Bett lag und mit dem Schlaf rang. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass er beim Heiler übernachten würde und genau darauf hatte dieser sich bereits eingestellt, als der Soldat vor etwa einer halben Stunde mit wütendem Flügelschlag bei ihm aufgetaucht war. Flügel und Schultergelenk waren nun einmal ein Zusammenspiel und bevor er sich von Camael wegen so etwas herumfahren ließ, machte er sich eben selbst auf den Weg. Hinter ihm hörte er das Rascheln des Oberteils, in das sich der Feuerengel wieder einquetschte, dann stand er betont genervt auf – ja drauf achten, dass Raphael seine Unlust auch zur Kenntnis nahm! – und folgte ihm mehr oder weniger freiwillig in die Küche. Er könnte ihn nun ärgern und eine einfache Suppe aufsetzen, dazu einen Salat – das würde Raphael zwar Spaß, allerdings auch Diskussionen bescheren. Undankbar, wie Michael eben augenscheinlich war, würde er ihm die Schüssel noch an den Kopf werfen. „Hast du Lust auf Pasta?“ „Mir egal.“ War es nicht, deswegen blieb der Blonde nun einfach mal nett und richtete sich ungefähr nach der Lebenseinstellung des Kampfzwergs; angebratenes Fleisch passte laut Michaels Meinung zu allem und solange Raphael ihn nicht mit Essen verführen wollte, reichte auch etwas Limonade oder ein Bier, aber das würde er mit den Medikamenten garantiert nicht von ihm bekommen. Deswegen endeten sie auch wenig später an einem Tisch mit je einem Teller, zwei Gläsern Orangensaft – Limonade war aus, Raphael erinnerte sich an sein Verhältnis zu zuckerhaltigen Getränken – und ein paar kleinen Nudeln, die auch problemlos mit einer Hand gegessen werden konnten. Michael sondierte ein paar Karottenstücke aus seinem Hackfleisch und schob diese an den Rand, aß ansonsten aber schweigend und relativ ordentlich – wenn man von der herablaufenden Tomatensoße absah, die von seinem Kinn tropfte. Essmanieren, ein Luxusverlangen unter den Soldaten. Raphael hatte es aufgegeben, ihn auf die Soße hinzuweisen und wortlos eine Serviette neben den Rotschopf gelegt, der diese bisher aber geflissentlich ignoriert hatte. Hin und wieder rieb er sich mit einer Hand über ein Auge, unterdrückte sein Gähnen schwerfällig und kämpfte letztendlich damit, nicht mit dem Kopf in den Teller zu fallen. Raphael beobachtete das mit wachsendem Interesse; wenn sie für sich waren, erlaubte Michael sich leichte Schwächen, doch das hier war schon hart an der Grenze zum Striptease – wenn er es denn so vergleichen durfte. Er wollte ihn eigentlich nach dem Offensichtlichen fragen – nämlich, ob er müde sei – doch dann würde die sich lockernde Stimmung wieder kippen und darauf hatte Raphael auch keine Lust. „Noch Hunger?“, knüpfte er an etwas Smalltalk an, erntete jedoch ein Kopfschütteln; dann könnte man sich ja nun theoretisch die Soße vom Kinn wischen, doch darauf legte Michael scheinbar nicht wirklich Wert – ob Raphael es wagen sollte? Später, wenn er den ganzen Abend mit diesem offensichtlichen Makel herumlaufen würde, unter Garantie. „Gib deinen Teller“, ordnete er ihn mehr oder weniger an und nahm diesen dann entgegen, stellte alle auf die Arbeitsfläche und drehte sich dann gerade noch rechtzeitig um, um die geworfene Serviette aufzufangen. Verdutzt – und zufrieden, da die Soße weg war – hielt er das zerknüllte Papier in der Faust, richtete einen fragenden Blick an Michael. „Was?“ „Was hast du mir für Scheiße gegeben? Ich schlaf gleich ein…“ Raphael runzelte die Stirn, warf die Serviette auf einen der Teller und stemmte eine Hand in die Hüfte. Michael war nicht halb so wütend wie erwartet, mit der Müdigkeit hatte er auch gerechnet – dazu war die Tablette ja dagewesen. „Ist vollkommen normal. Komm, ruh' dich etwas aus.“ „Ich will nicht…“ „ich mach einen Film an.“ Wenn er jedes Mal auf den Widerspruch reagieren würde… das war wie mit dem Fragen über die einzelnen Verletzungen. Man konnte sich diverse Dinge einfach sparen. Wie schon zuvor ging er einfach voraus und bereitete alles vor, entweder schlief Michael am Tisch ein oder auf dem Weg zu ihm, weit würde er eh nicht mehr kommen. Mit etwas Glück würde er den Moment der Ruhe auch als wohlwollend aufnehmen und ihm danach nicht die Haare vom Kopf rasieren. Geplant war ein Date für diesen Abend aber sollte das Mädchen doch auf ihn warten, seine Freundschaft zum Rotschopf bedeutete ihm dann doch irgendwo etwas mehr und außerdem war für morgen schon die nächste Frau geplant, zugesagt hatte sie auch und mit noch etwas mehr Glück würde ihre Freundin auch mal vorbeischauen! Als Raphael daran dachte, musste er unweigerlich grinsen und schaltete den Fernseher ein, als hinter ihm ein leichter Körper auf die Couch fiel und aus reiner Sturheit aufrecht blieb. „Was grinst du so blöd?“ „Hab an einen Witz gedacht. Mach mal Platz.“ „Setz dich doch woanders hin.“ „Das ist meine Couch!“ „Und ich sitze drauf!“ Zum Herumzicken hatte er also noch genug Energie, gut. Trotzdem schubste Raphael ihn ein Stück zur Seite und setzte sich mit etwas Abstand daneben, lehnte sich entspannt nach hinten zurück. Ob er der kleinen Brünetten noch absagen sollte? Sie hatte ihm versprochen, das volle Programm aufzufahren und würde vermutlich Stunden mit dem Herrichten verbringen – es wäre also nur nett. Andererseits erinnerte Raphael sich nicht daran, je wirklich nett gewesen zu sein und so zuckte er gedanklich mit den Schultern; war ja ihr Problem, wenn sie so übertreiben musste. Kaum fünf Minuten später war Michael gegen ihn geplumpst und ruhte mit dem Kopf an Raphaels Arm, was dieser vorerst lediglich zur Kenntnis nahm und eigentlich zu ignorieren gedachte. Wenn Mika-chan schlief, könnte er ja mal den Erwachsenenkanal anmachen – was im Übrigen echt nicht leicht zu besorgen war hier im Himmel! Allerdings bestand die Gefahr, dass er doch noch einmal aufwachen würde und Raphael hatte nicht vor, sich vor seinem besten Freund selbst zu befriedigen. Ein Seufzen – schlafend oder nicht, notgedrungen richtete er sich eben doch nach Michael, den er nun behutsam mit dem Arm auffing und ihn dann von der Couch hob. Dabei unterdrückte Raphael allzu hastige Bewegungen – atmen, vollkommen überbewertet – und trug ihn so langsam und leise wie möglich rüber ins Schlafzimmer. Ja, er hatte Gästezimmer, nein, der Weg dahin war nicht kürzer. Er wollte ihn nur irgendwie ablegen und dann möglichst schnell den Raum verlassen. Nicht auszudenken, wenn Michael in seinen Armen erwachen würde… Er konnte ihn langsam im eigenen Bett ablegen und endlich diese schrecklich verdreckten Stiefel ausziehen, dabei jede Bewegung genau geplant und die Augen weiter auf den Feuerengel gerichtet, der friedlich schlief; den Arm noch am Körper und den Kopf zur Seite gelegt. Ob er sich allerdings an die verdammter Hose trauen würde… lieber nicht, Michael war sehr nachdrücklich, wenn es um seine persönliche Komfortzone ging. Deswegen deckte Raphael ihn bloß noch zu und verließ den Raum wieder. Ob er vielleicht doch die Kleine anrufen sollte? Körperkontakt machte ihn wuschig und ob wandelnde Gefahr oder nicht; die angenehme Wärme und der angelehnte Kopf an seiner Brust zum Weg ins Schlafzimmer hatten seine Potenz geweckt – was nicht schwer war, deswegen hatte Raphael auch kein Problem damit, dass es nun an Michael gelegen hatte. Wenn der ihn nur mal ranlassen würde, könnte er sich durchaus mehr mit ihm vorstellen. Der Fernseher hallte leise herüber, aber eine Frau wollte er sich nun dennoch irgendwie nicht ins Haus holen – selbiges zu verlassen, war noch unwahrscheinlicher. Verdammt, er war doch kein Babysitter! Aber selber Schuld, er hatte es ja selber irgendwie provoziert. Wenn er Michael einfach geheilt hätte, wäre er in einer halben Stunde nackt und zufrieden. Sei es drum, Pech gehabt. - Als Raphael ein paar Stunden später aus dem Schlaf schreckte, lag das an zweierlei Dingen: Zum Einen hatte er sich nach einer letzten, halbherzigen Stunde Fernsehen doch dazu entschieden schlafen zu gehen und dabei neben dem Rotschopf Platz bezogen. Das bedeutete, dieser könnte aufgewacht sein und wollte ihn nun töten. Punkt zwei hing unmittelbar damit zusammen, im Raum war nämlich Rauch. Die Sauerstoffvorräte schrien ihren Herrn fast schon anklagend an, dass ihnen etwas den Platz nahm und was das war, sah er auch recht bald. „Sag mal spinnst du?! Nicht im Bett!“ So aufzuwachen war eigentlich nicht sein Ding, Raphael war zwar stets mit einem Auge im Dienst, allerdings brauchte er auch seine Ruhe und nun einen rauchenden Feuerengel vorzufinden, setzte alles auf Alarm. Ein RAUCHENDER Feuerengel, hallo! Von genau dem bekam er dann auch eine Antwort, die Nachttischlampe hinter Michael brannte und setzte ihn als unheilvollen Schatten in Szene, sein grinsen sah man trotzdem. Der Geruch von Cannabis strömte dem Windengel in die Nase, der genau diese entrüstet rümpfte. „Seit wann kiffst du?“ „Seit wann tust du’s?“ Das bestimmte immerhin die Herkunft und nun konnte er sich auch aufsetzen und Michael empört anstarren. „Du warst am Medizinschrank?“ „Jop. Schulter tat weh und du böser Kerl bunkerst so ein Kram. Schäm' dich, Raphael.“ „Rein medizinisches Marihuana, ich hatte keinen Bedarf daran!“ „Ja, ja. Lüg' wen anderes an“, wuchs das Grinsen in die Breite und jetzt war Raphael auch egal, inwiefern er den Kleinen reizen konnte – er beugte sich herüber, drückte Michael auf die Matratze und angelte so nach dem Tütchen, aus dem ein beträchtlicher Teil bereits fehlte. „Das hast du alles geraucht?“ „Nö. Nur etwas, dann hatte ich Bock zu backen und dann wieder rauchen.“ „Wie stark ist das bitte?“ Vor allem… backen? Was war aus seiner Küche geworden? Wollte er es eigentlich wissen? Eigentlich ja, aber Michael nun mit einem Joint alleine in seinem Bett zu lassen… er traute ihm das Wissen über Glut und Entzündbarkeit ja zu, aber der kleine Hatte über seinen Pegel gequalmt. „Bleib da“, murmelte er und schlug die Decke weg; die Tüte mit dem Rest nahm er lieber mit und irgendwie hatte er gerade gewaltig Muffensausen; ein bekiffter Feuerengel? Na danke… Die Küche sah aus wie erwartet. Er würde das ganze Ding abreißen und neu aufziehen, dann ersparte er sich die meiste Arbeit. Was für diverse Flecken hier überall klebten, wollte Raphael gar nicht wissen. War das brauner Kuchenteig an der Decke? Das Ergebnis waren ein paar wenige Haschmuffins, von denen Raphael sich einen nahm – ja, er wollte das jetzt einfach! Allerdings würde er damit nicht schnell genug Ergebnisse erzielen, zusätzlich drehte er den Rest aus der Tüte in einem Filterpapier zusammen und tastete nach einem Feuerzeug, allerdings hatte er inzwischen eine Jogginghose an – lange Beinbekleidung neben Mika-chan, bevor der sonst was dachte – und so war er tatsächlich auf dessen Hilfe angewiesen. Mit einem halben Muffin und dem Joint im Mundwinkel beugte er sich ungefragt zu ihm herunter und entzündete an der Glut des anderen Drogenpäckchens, warf sich dann neben ihn auf das Bett und nahm ein paar tiefe Züge. Michael beobachtete das interessiert, er hatte Raphael oft rauchen, aber selten Drogen nehmen sehen – der Blonde mochte es nicht, wenn er die Beherrschung über seinen Körper verlor, allerdings war das bei Michael auch so und nun waren sie beide dabei, sich das Hirn zu vernebeln. Er grinste, ließ sich neben ihn auf den Rücken fallen und bereute es fast zeitgleich, weil der Strudel wieder da war. Das brachte ihn irgendwie blöd zum Kichern und allmählich fing auch Raphael an zu grinsen. Wenn er den Arm streckte, könnte er Michael sicherlich erreichen – oder dreißig Meter weiter in den Garten langen und sich Obst pflücken, sicher war er sich da gerade nicht. Seine Orientierung litt und der gesunde Verstand auch. Allerdings drückte er den Stummel in seiner Hand lieber aus, sein Leben hatte zu viel Feuer gesehen und wenn er nicht ganz falsch sah, hatte der sein eigenes Glimmstängelchen auch schon vernichtet. Raphael starrte an die Decke und war eigentlich recht zufrieden, jetzt könnte er doch wirklich die Brünette anrufen, oder? Jemand musste sich um seine Libido kümmern und von dem Rotschopf konnte er das ja wohl kaum verlangen! Vielleicht schaffte er es ja heimlich, Michael schaute immerhin auch gerade nach oben und beachtete ihn gar nicht. Er war augenscheinlich ziemlich entspannt, was Raphael nur bestätigen konnte. Deswegen erlaubte er sich auch, nach dem Saum seiner Jogginghose zu suchen – angefangen bei der Brust und wunderte sich, wie weit er noch tasten müsste. Dann auch viel ihm erst der Finger auf, der sich immer wieder in seinen Oberschenkel bohrte und zu Michael gehörte. Er sollte nicht mit ihm zusammen kiffen, bis vor wenigen Stunden hätte er dem Rotschopf nicht einmal zugetraut, aber selber würde er den in diesem Zustand nicht ertragen. „Was machst du da?“, nuschelte er und drehte sich auf die Seite – den Kopf zumindest, sein Körper weigerte sich. Michael grinste noch immer, ehe er plötzlich loskicherte und sich zusammenrolle, die Hand nun um Raphaels Jogginghose geschlossen. Dieser hatte auch soeben den Anfang wieder gefunden und zog das Band auf, schob sie sich umständlich von den Hüften und betrachtete dann die Boxershorts. Ach, verdammt… Michael sah ebenfalls wieder auf, das leise Kichern stetig wiederholend, ehe er sich an Raphaels Oberschenkel zu diesem zog und mit etwas Übung über ihn beugte; ein Blick in goldgefärbte Augen ließ den Heiler erschaudern und seine Shorts begannen zu spannen. Das Gefühl von vorher war wieder da, als er ihn ins Bett getragen hatte und jetzt kam der freche Knilch ihm noch so unverschämt nahe. „Mein Mund ist trocken“, flüsterte er und ließ weiße Zähne aufblitzen. „Anfänger“, murmelte der Blonde und streckte ihm – bitte, bitte könnte ihn jemand erschießen, wenn er wieder nüchtern war? – die Zunge heraus. Seine Hand wanderte hoch und streifte Michaels Nacken, in dem der dünne, geflochtene Zopf zum Shirt hinein führte und dort unten verschwand. Die restlichen, kurzen Haare stießen an seine Fingerspitzen und mit etwas Koordinationsproblemen bekam er die Zotteln zu fassen, zog ihn zu sich herunter und drückte seine Lippen auf Michaels. Mit der Entschuldigung an seinen Zustand arbeitete Raphael gar nicht, er war geil und Michael zufällig in seinem Bett – und besaß die Unverschämtheit, in seinen knappen Hosen herumzuliegen und Beine zu haben, die sich nur noch öffnen mussten! Sex mit einem Mann? Warum denn nicht, Ähnliches hatte er unzählige Male mit Frauen praktiziert und wenn Mika-chan halbwegs gefügig war, könnte er ihn sicherlich von einem funktionierenden Sexualleben überzeugen. Immerhin biss er ihm nicht die Zunge ab, das sprach für Raphael. Ob er das zänkische Ding allerdings mit dem Mund an andere Körperteile lassen sollte, war dahingestellt. Nochmal: Er dachte eigentlich nicht nach. Mit der anderen Hand komplimentierte er Michael sogar zu sich, halbwegs direkt auf seinen Schoß. Dass er Durst hatte, war auch nicht verwunderlich aber Raphael hatte irgendwie kein Bedürfnis, den Mund seines besten Freundes mit einer Flasche zu teilen. Die stand zwar direkt neben dem Bett, aber es ging um seinen Besitzanspruch und der war ziemlich hoch. Michael löste sich von ihm und erzählte auf einmal etwas, bei dem Raphael gar nicht richtig zugegen war. Scheinbar hatte das Küssen den Kleineren nicht gestört, wenn er es überhaupt mit Kenntnis würdigen sollte, denn gerade hockte er auf dem Bauch des Heilers, strahlte diesen an und benutzte seine Hände, um das Gesagte mit allerlei Gesten zu untermalen. Der Blonde starrte zu ihm hoch und führte die Hände an die dünnen Beine vor sich, fuhr bedächtig über die glatte Haut. Deswegen waren Engel ihm lieber; dieser ganze, menschliche Schutzmechanismus der Behaarung blieb ihnen erspart und gerade Mika-chan hatte es nicht nötig, sich von Gewöll vor Kälte schützen zu lassen. Das Ergebnis war eine Bevölkerung mit glatten Beinen und Achselhöhlen, was der Heiler auch sehr begrüßte. Sauberkeitsfimmel waren einfach unangenehm, abstellen konnte er diese dennoch nicht. Wäre Raphael nicht viel zu fasziniert von diesem Anblick, könnte er sich in das blöde Gerede verlieren, doch nun nahm er nicht einmal Michaels Thema wahr. Dessen Stimmungsumschwung beim Zeigen auf diverse Gegenstände nach zu urteilen ging es um die Inneneinrichtung, die ihm absolut nie gefallen hatte. Zumindest nicht im Schlafzimmer. „Was machst du?“, drang es dann doch in Raphaels Ohren vor, der wie selbstverständlich die kurze Hose aufgeknüpft hatte und drauf und dran war, eine definitiv vorhandene Grenze zu überschreiten. „Eh“, gab er deshalb geistreich zurück und stand nun wieder unter Beobachtung. Wenigstens sah der Rothaarige weniger aggressiv aus als zuvor und die Assoziation mit einem Faustschlag würde Raphael gerade eh nicht hinkriegen. „Was hältst du davon, deine Jungfräulichkeit zu verabschieden?“, puzzelte er sich einen Satz zusammen, setzte sich mit einem Ruck auf und fing Michael noch mit den Händen am Rücken auf, da dieser von seinem Bauch direkt auf den Schoß rutschte, wo er ihn festhielt und sich wieder zu seinen Lippen beugte, mit der Zunge langsam die Kontur nachfuhr. „Wer wagt daf if nof Junfau bin?“, hörte er den Feuerengel nuscheln, als er sich Zutritt zu seinem Mund verschafft hatte, was Raphael kurz in eine schwache Lähmung versetzte. Kritisch ließ er wieder von ihm ab und blickte in ein so gar nicht wütendes, fragendes Gesicht. „Bist du nicht?“ „Nein?“ „Mit wem…?“ „Keine Ahnung, lange her.“ „Mann oder Frau?“ „Keine Ahnung?“ Man sah förmlich die Anstrengung auf Michaels Gesicht, sehr viel tiefer in dessen vernebeltes Erinnerungsvermögen wollte Raphael aber nicht eindringen – ha, eindringen! Bitte! Dass sein Hirn das noch hinbekam verdiente schon einen Orgasmus – und so zog er ihn nur noch einmal fest auf seinen Schoß und komplimentierte ihn eher schlecht als recht, wieder mit den Lippen rauszurücken. Also eigentlich war das dann doch eine Zusage, oder? Er hatte ihm Sex angeboten und Michael hatte nicht abgelehnt, demnach war Raphael ja nun vollkommen dazu befugt, seine Hand in den Saum von Michaels Shorts zu schieben und nach dessen Hintern zu betatschen. Die Hose war ja auf, sonst würde er vermutlich gar nicht wirklich rankommen; was auch so schwer genug war, denn so ganz schien sein Freund noch nicht damit einverstanden zu sein. Zumindest lehnte er sich nach hinten und machte es Raphael ziemlich schwer, überhaupt was zu erreichen. Dann würde er ihn eben oberhalb der Hose befummeln, der Stoff war so dünn, dass es kaum einen Unterschied machte. So nah war er ihm vermutlich nicht einmal bei einer Untersuchung gekommen, aber in der hatte Raphael noch nie das Gesäß seines besten Freundes geknetet und den tiefen Wunsch verspürt, ihn auf den Bauch zu drehen und die Kleidung vom Leib zu reißen. Schade, dass er etwas benebelt war; das hier würde er gerne in vollen Zügen genießen und sich später einfach unheimlich gern an jede Einzelheit erinnern; meine Güte, er hatte sich nie so sehr an das Zungenpiercing erinnert, dass Michael sich irgendwo, irgendwie und von irgendwem hatte in den Muskel hauen lassen. Jetzt aber konnte er die Kugel zwischen die Zähne ziehen und es ihm unmöglich machen, wieder von ihm wegzukommen. Ein zufriedenes Brummen kam von dem Heiler, der noch immer mit seinen Boxershorts konfrontiert war, auf denen Michael so herrlich fest saß. Den Bewegungsdrang des Kleineren nahm er wohlwollend zur Kenntnis, schob diesem die Shorts jetzt einfach ungefragt vom Hintern. Wäre er aufnahmebereiter, hätte Raphael die Abwesenheit von Unterwäsche vermutlich unnötig mehr angestachelt, jetzt freute er sich nur über die nackte Haut. Auch, wenn er diese erst nur mit Fingerspitzen fühlen wollte, während Michael dann doch den Lippenkontakt löste und einen Moment lang ruhig sitzen blieb, die Hände auf Raphaels Brust abgestützt. Als er sich zur Seite fallen ließ, hielt Raphael ihn nur aus einem Grund fest: Er wollte weiter den nackten Po streicheln, während Michael schräg aus dem Bett hängend nach der Wasserflasche suchte und wieder in die Senkrechte glitt, dabei den Deckel abschraubte und einen unverschämt attraktiven Anblick bot, wie er halb im Licht die Augen auf Raphael gerichtet tiefe Schlucke nahm. Der Größere leckte sich die Lippen ab, eigentlich würde er jetzt gerne verwöhnt werden, doch wann würde er je wieder Mika-chan im Bett haben? Als dieser seinen Trinkflash überwunden hatte, nahm er ihm die Flasche ab und hob den leichten Engel von sich herunter, nur um augenblicklich auf diesen zu rollen und rein zur Vorbeugung ein Knie zwischen seine Beine schob. Nachdenklich zusammengezogene Augenbrauen waren das Ergebnis und vermutlich ging Michael ebenso wenig davon aus, sich einfach durchnehmen zu lassen. Das würde in einem Machtkampf enden, bei dem sich Raphael aber aus einem einzigen Grund bessere Chancen errechnete: Wenn er Michel nicht vollkommen falsch einschätzte, hatte dieser wenig Erfahrung mit Drogen – im Gegensatz zu ihm selber. Ja, medizinisches Marihuana, von wegen. Ob das im Endeffekt wirklich von Vorteil war, würde sich zeigen. Jetzt auf jeden Fall würde er das Rote nicht gehen lassen, bevor er nicht irgendwie dessen Körper besudelt hatte. „Warum haben wir keine Fickbeziehung?“, murmelte er gegen Michaels Wange, da er gerade beim Tattoo angekommen war und dieses ebenfalls mit der Zunge nachzog. Er wollte seinen ganzen Körper ablecken. Viel gab es da ja nicht… das dürfte er als laut äußern, das würde mehrere Frontzähne kosten… „Weil keiner von uns das Weib sein will“, murmelte der Rothaarige und gestattete es Raphael, sich an seinem Körper herab zu arbeiten. Das Shirt zog er ihm noch halbwegs behutsam weg, der verbundene Arm könnte störender nicht sein aber ohne den wäre es gar nicht so weit gekommen. Wegen dieser Aussage aufsehen wollte er nicht, irgendwie musste er Michael einfach… niederringen und reinstecken, bevor er sich zur Wehr setzen konnte. Was genau er hier gerade trieb, wusste Raphael sowieso nicht; sollte er etwa noch tiefer gehen und sich dann mit seiner ersten Mann-zu-Mann Oralsexerfahrung stellen oder lieber die Zelte abbrechen und sich mit anfassen begnügen? Ein Blick nach oben in das entspannte Gesicht des Feuerengels verriet ihm, dass er eigentlich nur hier liegen und ihn ansehen wollte – ganz ohne romantische Hintergründe, aber ein friedlicher Michael war eine Rarität und Raphael sehr dankbar, dass er das Privileg für diesen Anblick hatte. Wieder kam der Geruch von Hasch auf und verwundert hob der Blonde den Kopf, nur um in das vom Joint unterbrochene Grinsen des Kleineren zu blicken, der sich den Rest angezündet hatte und genüsslich den Qualm einsog. „Hey“, kam die kurze Beschwerde, dann wurde aber auch dem anderen der Glimmstängel hingehalten. Als Raphael danach greifen wollte, hörte er ein tadelndes „Ah!“ und begnügte sich damit, sich nach vorne zu beugen und aus seinen Fingern zu rauchen, wo er mit den Lippen unweigerlich wieder an diese kam. Michael ließ los und Raphael klemmte den Rest noch rechtzeitig mit dem Mund fest, als eine Hand an seinen Haaren zog und ihn mehr oder minder gewaltsam nach unten beförderte. Er nahm den immer heißer werdenden Stummel aus dem Mund und drückte ihn nun endgültig im Aschenbecher aus, blies den Rest Rauch aus und ließ sich zu einem Kuss herunter, wobei Michael ihm seinen letzten Atemzug in den Mund blies und nur kurz locker ließ, damit der den Rauch entkommen lassen konnte. Herrlich benebelt schob der Heiler nun endlich die Shorts von Michaels Kniekehlen und befreite ihn so vom letzten Rest Klamotten, schob sich nun auch die Boxershorts von den Hüften. Das dauerte alles furchtbar lange, allerdings hatte er auch wahrlich Freude daran, ein Bisschen herumzualbern und mit Mika-chan auf Tuchfühlung zu gehen. Wobei… ein Tuch würde kaum noch zwischen sie passen. „Du hast bestimmt Lust, dich von mir vögeln zu lassen, oder?“ Ein Lachen ertönte zwischen ihren Lippen, ehe Michael seicht den Kopf schüttelte. Er hatte den gesunden Arm locker hinter den Kopf gelegt und so eigentlich keine Möglichkeit, Raphael irgendwie anzufassen – na gut, wenn er den Arm da wieder wegnahm aber das würde eeeeeewig dauern, so Raphaels Zeitempfinden im Moment. „Ganz sicher nicht.“ „Ach komm schon…“ Er musste grinsen, obwohl sein schöner Plan gerade den Bach runterging und seine Befriedigung scheinbar doch auf der Strecke blieb. Unter Drogen nackt rumzumachen war ja nun keine Leistung. „Nein. Zumindest nicht, wenn nur ich flachgelegt werden.“ „Wie meinen?“ Er hatte sich nun auf den Kleineren gelegt und drückte seine Erektion gegen dessen Oberschenkel, bearbeitete mit den Lippen Michaels Hals. Dass er selber tatsächlich mal etwas für Sex tun musste, war schon verdammt anstrengend, eigentlich lagen ihm seine Opfer reihenweise zu Füßen aber hier? „Du legst dich brav für mich auf den Rücken und danach darfst du ran.“ Raphael stutzte und hielt inne, war er wirklich so weggetreten oder hatte Michael ihm gerade wirklich gesagt, dass er seine zweite Jungfräulichkeit zu verlieren hatte? War es das wirklich wert? Also er war keines Wegs homophob, sonst würde er nicht auf einem Mann liegen und sich über dessen Erregung freuen wie ein kleiner Hund aber… selber da liegen? „Finger weg von meinem Arsch, wenn du nicht selber liegen willst“, kam wieder die Stimme seines Feuerteufels hoch und Raphael wurde sich gerade bewusst, dass er sich noch einmal herunter gearbeitet hatte. Jetzt stoppte er, setzte sich aufrecht zwischen die weißen Beine und betrachtete ihn ausgiebig. Das dauerte bei aller Liebe nicht lange, denn die Antwort war ganz klar: Wenn er das Gesicht nachher vor Lust verzogen vor sich haben würde, war es jedes verdammte Opfer wert! Zumal der letzte Zug ihn eh großzügig entspannt hatte, von daher. „Bist du zärtlich zu mir?“ Er musste einfach grinsen – wieder und wieder – und seine Stirn auf Michaels legen, der mit herrlich verklärten Augen zu ihm aufsah und lachte. Das war wohl ein nein. Er würde das überleben und konnte sich zur Not ja schnell heilen. Aufgeregt war Raphael gar nicht, da sich alle Empfindungen gerade nach unten verabschiedet hatten. Das warme Laken nahm sein Rücken gerne auf und weil es hier um seinen Prachtarsch ging, dachte er auch ausnahmsweise an so was wie Gleitmittel, angelte sich dieses aus der Kommode und schob es Michael direkt in die Hand, bevor dieser noch auf blöde Ideen kommen würde. Wobei, das würde er auch mit der Tube schaffen, wie Raphael gerade einfiel. Raphael tat es ihm gleich und bettete seinen Kopf auf seiner Armbeuge und beobachtete verklärt, wie zwischen seinen Beinen rumgewerkelt wurde. Das war ein neues Gefühl und nicht unbedingt das, worauf er wirklich Lust hatte, aber dafür konnte er sich ja später entlohnen… insofern Michael keinen Rückzieher machte aber den würde er sonst mit einem Betäubungspfeil plattmachen. Seines Wissens nach gab es noch welche… irgendwo. Wäre er gerade ganz da, würde er den Rothaarigen in einer Kurzschlussreaktion übers Knie legen, denn der hatte sich gerade den Verband von der Schulter gerissen und kugelte wieder mit seinem Arm rum, doch jetzt war dem Blonden das herzlich egal. Warum war da eigentlich ein Verband? Und all die blauen Flecken auf Mika-chans Brust… komisch. Neues Tattoo? Es drückte irgendwie unangenehm an einer sehr privaten Stelle wie Raphael fand, wobei er nur die Stirn runzelte und sich darauf konzentrierte, warum er nackt mit Michael in einem – seinem, keine Neonröhren – Bett lag und dieser auch noch vor ihm kniete. Seine Erinnerung verabschiedete sich immer wieder und so ganz sicher, ob alles in der Tüte rein organisch war, war er sich nun doch nicht mehr. „Wah, was machst du?!“ Von seinem kurzen Ausflug ins Wunderland zurückgeholt, drückte Raphael die Hüfte hoch, aber eigentlich wollte er nur dem anderen entkommen, der gerade ganz frech einen nicht zu verachtenden Anteil des Gleitmittels in den Körper des Größeren gedrückt hatte, was bei diesem ein unerwartetes Kältegefühl verursachte. Das war‘s, neee. Er wollte nicht mehr, sollte Mika-chan doch vor ihm sitzen und sexy aussehen und alles aber das war ja unter aller Würde! Er wollte ihn schon zur Seite schieben, traf mit seinem Fuß aber nicht und musste dann auch noch feststellen, dass der Rotschopf sein Bein zur Seite drückte und wieder näher rutschte. Raphael wollte ihn böse angucken, fasste dann aber lieber den nackten Körper vor sich an und streichelte ihm über die Brust. Ein ganz unbekanntes Gefühl, jedoch gefiel ihm der schnelle Herzschlag und gerade wünschte er sich nichts sehnlicher, als sein Ohr dort hinzulegen und zuzuhören, wie der Engel des Krieges lebte. Wieder zuckte Raphael zusammen, seine Hände wurden umklammert und ohne auch nur kurz Rücksicht auf ihn zu nehmen, schob sich Michael in den Körper hinein. Raphael verzog den Mund missbilligend, auch die direkt folgenden Bewegungen passten ihm nicht wirklich, da er alldem nichts abgewinnen konnte. Er würde definitiv niemals zu einem passiven Part werden können. Zumindest nicht, wenn das unangenehme Gefühl belieben würde, welches der Druck in seinem Inneren auslöste. Nun ja, dafür konnte er Mika-Chan frei anfassen und nach dessen erogenen Zonen suchen – kurz gratulierte sich die Blondine selbst, dass ihm das Wort noch eingefallen war. Trotzdem war es unangenehm, er würde ihn am liebsten von sich runterschubsen, zog statt dessen aber den Oberkörper des viel kleineren Engels zu sich; Raphaels gekrümmter Position war es zu verdanken, dass sie sich wenigstens in die Augen sehen konnten. „Stopp, bitte“, murmelte er zerknirscht und streichelte versöhnlich über seine Hüften. Ob Michael sich einen Kommentar verkniff, weil er gleich selber noch unten liegen würde, war schwer zu sagen, aber er arbeitete deutlich mit der Entscheidung, Raphael als „Weichei“ betiteln zu dürfen. Stattdessen fing er wieder mit dem Gekicher an und drückte die Nase an den Hals seines Freundes, biss dort sachte hinein. Raphael ließ ihn machen und war selber damit beschäftigt, irgendwie aus dieser Situation herauszukommen – wenn er nur genug wackelte, könnte er dann wohl den Spieß umdrehen? Dafür müsste er sich allerdings mehr bewegen und gerade hatte das Laken ihm gesagt, dass es ihn liebte. „Ich liebe dich auch“, hauchte Raphael und erntete verwirrt blinzelnde Augen. „Nicht dich“, pustete er Michael ins Gesicht und fuhr ihm durch die Haare, ließ sie immer und immer wieder durch die Finger gleiten. Selig lächelnd wanderte er mit der anderen Hand herunter, zuckte dann aber abermals zusammen. „Hör auf damit!“ „Lass die Finger von meinem Arsch!“ „Nicht mehr lange. Was kneifst du meine Brustwarze?“ Als Antwort bekam er das Becken des Rothaarigen gegen seinen eigenen Hintern geschoben und ließ nun doch wieder brummende Geräusche vernehmen. Es klang nicht ganz fair, aber um ihm ernsthaft weh zu tun, reichte es bei Michael untenrum nicht aus. Trotzdem konnte er genug fühlen und dass die Bewegungen bereits jetzt wieder eingesetzt hatten, ließ ihn nervös nach einem Anhaltspunkt suchen. Denn fand er wie zuvor an den seiner Meinung nach unterernährten Hüften, so dass der Arzt wenigstens halbwegs die Intensität der Stöße mildern konnte. Blöd nur, wenn man genau das Gegenteil tat und den Körper über einem noch zusätzlich heranzog. Auch, wenn es Mika-chan nicht passte, ließ er die Hände wieder an ihm herabwandern, während er ein Bein anwinkelte und gedämpftes Stöhnen vernehmen ließ. Düster erinnerte Raphael sich daran, dass in einem männlichen Körper das Lustzentrum Prostata existierte und verfluchte sich gerade selber, dass er scheinbar Gefallen an all dem hier fand. Er mochte es, den dünnen, zähen Körper über sich zu sehen und dabei das halb im Schatten liegende Gesicht anzustarren, auf dem sich feiner Schweiß bildete. Stoßweises Atmen stieß ihm gehen die Stirn und gerade war nichts dringlicher als der Wunsch, dass Michael seine Flügel über ihm ausbreiten sollte. Doch damit wurde er nicht belohnt, auch nicht, als er ihn fragte. Keine Antwort für den Blonden, der verzweifelt nach diesem Anblick gierte. Nur einmal wollte er das Gefühl haben, wirklich mit einem Engel zu schlafen und nicht mit einer Hobbyhure. Er könnte ihn dazu zwingen, aber das wäre irgendwie nicht das Gleiche. Als Michael langsamer wurde, zog er dessen Kopf herunter und küsste ihn wieder und wieder auf die Lippen, ließ auch danach noch einige Momente verstreichen, ehe er sich überhaupt bewegen wollte. Das Gefühl war eigenartig, jetzt fehlte ihm das andere Glied in seinem Körper und er würde ihn gerne darum bitten, weiterzumachen. Die fehlende Kondition konnte aber selbst ein Blinder bemerken und auch Raphaels zugedröhntes Hirn vermittelte ihm, dass der Kleine so nicht weitermachen konnte – sein ganzer Körper bebte, als er nach Luft holte und sich mit einer Hand an Raphaels Arm festhielt, der gerade eine ganz unpraktische Heißhungerattacke bekam. Das musste ja jetzt passieren, in der Küche standen noch Nudeln mit Hackfleisch – und Kuchenteig, den durfte er nicht vergessen. Oh, da waren doch diese Muffins! Michael würde es ihm sicher verzeihen, wenn er jetzt aufstand und… oder? Er saß auf den Unterschenkeln in der Hocke, noch immer Raphaels Arm haltend und mit geöffnetem Mund schwer atmend. Der Heiler verfluchte sich gerade selber dafür, dass er selbst unter Drogen noch halbwegs funktionierte und zog Michael mit einem Arm zur Seite, schubste ihn auf die Matratze und legte sich dazu. Befriedigt waren sie beide noch nicht und die flache Atmung machte ihm diverse Sorgen, doch dann erinnerte er sich an die Wasserflasche und reichte diese an Michael, der sie sofort entgegennahm, den Deckel wegschraubte und wieder tiefe, heftige Schlucke davon zu sich nahm. Als das Ding wieder weg war, suchte Raphael wieder nach den anderen Lippen; jetzt durfte er endlich aktiv werden, das war sein Element! Und Mika-chan würde die Gleitgelattacke bitterlich bereuen, soviel hatte er sich auf jeden fall vorgenommen. Ein bisschen davon gab er sich auf die Finger, anders als der zierliche Körper war der Blonde mit der Norm bestückt und da konnte er einen 16 Jahre alten Knabenkörper lieber vorbereiten. Zumal bestand hier noch die Gefahr, dass er ihn sonst verbrennen würde, da ja nun anders als bei Raphael keine Belohnung in Aussicht stand, das alles durchzuziehen. „Finger weg von mei-“ „Ah, ah. Du bist dran, ich schieb dir einen Finger rein“, hauchte er ihm gegen die Lippen und suchte sich mit dem Zeigefinger einen ersten Zugang. Hätte ihm jemand am Morgen gesagt, dass er Michael am Abend oder eher in der Nacht auf Sex mit ihm vorbereitete, hätte er demjenigen ein starkes Mittel verschrieben und danach mit einem Baseballschläger auf den Kopf gehauen. „Ich werde in dir verrecken“, murmelte Blondi und hauchte wieder einen Kuss auf die Lippen vor sich, drängte den Finger noch etwas tiefer. „Viel zu warm…“ „Heul doch.“ „Später.“ Mit den Gesichtern einander zugewandt lagen sie so nahe, dass er ihn nicht einmal richtig ansehen konnte; irgendwo an Raphaels Halsbeuge waren die roten, strubbeligen Haare und rochen nach dem Qualm des Grases, während warmer Atem auf seine Haut traf. „Ich nehm einen zweiten Finger“, murmelte er und erntete einen leichten Boxhieb gegen den Brustkorb, ehe sich lange Fingernägel in seine Haut gruben. Es gab viel zu viele Stellungen, zwischen denen er entscheiden konnte, denn in den letzten Minuten hatte er viele Perspektiven von Michaels Gesicht gesehen, zu denen er gerne abspritzen würde. Vielleicht konnte man ja wirklich eine Sexbeziehung aufbauen? Wenn er ihn nur nicht ärgern müsste… Trotzdem hegte der Windengel das dringende Bedürfnis, seinen Kumpanen von jeder Bewegung in Kenntnis zu setzen. Dabei war Dirtytalk eigentlich nicht sein Ding. „Willst du dich hinknien oder auf den Rücken legen, wenn ich ihn dir reinschiebe? Aua!“ „Fresse, Mann!“ Pff, so was Undankbares… da ließ er ihm schon die Wahl und dann so eine gemeine Reaktion. „Dann nicht.“ Langsam zog er seine Finger zurück, löste Michaels Hand von seinem Brustkorb und rollte sich wieder wie zu beginn auf ihn, um schnell ein Knie zwischen die sich gerade schließenden Beine zu drängen – ein Reflex, den er bei Frauen fast immer ausübte, damit er nicht allzu lange brauchte, um an das gewünschte Ergebnis zu kommen. Zu Mika-Chans großem Pech war die Tube mit dem Gleitmittel ziemlich klein, in seinen Privatgemächern hatte Raphael meist keinen Sex, weil einfach nicht jeder seinen Wohnort kennen musste. Außerdem wollte wer nicht dauernd die Laken wechseln. Die kleine Aktion von vorhin würde er ihm gleichtun, nur wollte er nicht nur einen großzügigen Teil von der glitschigen Masse in seinen Freund drücken, sondern gleich die ganze Tube mitsamt Hülle. Raphael zu ärgern, wenn er bekifft und hungrig war, war eben keine gute Idee! Schöner Plan, aber als er nur etwas von dem Gleitmittel verteilt hatte, wurde er wirklich eifersüchtig auf die Tube und schmiss sie achtlos davon – das gehörte jetzt alles ihm, da hatte nichts anderes was drin zu suchen! Er musste auch auch beherrschen, sich nicht einfach mit Schwung auf ihn zu werfen, sondern langsam ranzurücken und auch noch mit der Hand zu führen. „So ich schieb ihn rein“, murmelte er und wich geistesgegenwärtiger als er es sich selbst zutrauen würde einem Fußtritt aus. „Fresse, ich will das nicht hören!“, giftete Michael ihn wütend an, was Raphael ignorierte und mit der Spitze in ihn eindrang – ein furchtbar unerotisches Wort. Er hatte so oder so wenig für die Reaktionen des kleinen Brandstifters über, musste er sich doch gerade vollkommen auf sich selber konzentrieren. Rein theoretisch hatte er das Potenzial – sowohl körperlich wie auch rein vom anatomischen Hintergrundwissen – Michael an seinem eigenen Verstand zweifeln zu lassen, doch dazu müsste er sich minimal konzentrieren und das fiel Raphael schon schwer genug. Es war ja schon eine Leistung, dass er nicht einfach loslegte und sich immer weiter in ihn schob, schön langsam und mit kleinen Pausen, wenn er denn Zeit hatte um auf die rar gesäte Mimik unter ihm zu achten. „Ich hab Hunger“, hauchte er Michael gegen die Stirn, der das entweder ignorierte oder noch geistesgegenwärtig genug war, ihn bloß innerlich zu verachten. „Hab grad andere Probleme“, kam die etwas verbissene Antwort; einen Arm hatte er sich über die Stirn gelegt, die Augen waren geschlossen. Raphael überlegte gerade, welche Probleme der Kleine gerade meinen könnte und ruckte noch etwas weiter an ihn heran, ließ die Lippen über den schlanken, weißen Hals gleiten. Es gefiel ihm, wirklich. Auch, wenn er sich noch nicht viel bewegte, fühlte sich das Ganze wirklich angenehm an – und wie befürchtet unheimlich warm, aber die Körpertemperatur des Feuerengels lag immer ein paar Grad über der Norm. Für Kondome hatte er auch keinen Kopf mehr gehabt aber das sollte am Ende Michaels Problem werden; der hatte mit dem Gleitmittel ja auch rumgeaast und dem Blonden ein seltsames Gefühl verpasst, dass er noch bei jeder Bewegung spüren konnte. Jetzt bereute er es immerhin nicht mehr, dass er nicht mehr unten lag und fand sich vollkommen in seiner Rolle als aktiven Part ein; außerdem hatte er so wieder die Möglichkeit, Michaels Herzschlag zu lauschen. Nur kurz, doch es erfreute ihn. Die ersten Bewegungen wurden von einem hohen, langgezogenem Laut begleitet und kurz hielt der Engel des Windes inne, um sich irritiert in seinem Schlafzimmer umzusehen; er war sich gerade nicht sicher, ob es Gasleitungen an diesem Ort gab, ohne das Bett wüsste er schon nicht, ob es nicht doch das Bad wäre. Dann richtete er die Augen nach unten und wurde sich allmählich gewahr, woher diese Laute kamen. Entzückung, das war alles, was Raphael empfand und weil er seinem Betthäschen unbedingt so nahe wie möglich sein wollte, schloss er die Arme um diesen und drückte die Hüfte fest an ihn heran; eine Hand mit viel zu scharfen Fingernägeln schob sich über seine Schulter und grub sich dort fest ein, während Michaels Stirn gegen sein Schlüsselbein gedrückt wurde und er qualvoll stöhnte. „Geht gleich“, kam es viel zu gut gelaunt vom Größeren, der den stechenden Schmerz in seiner Schulter als gegeben akzeptierte und sich wieder etwas in die Höhe drückte, bis Michael ihn loslassen oder sich mit aufsetzen musste – er entschied sich für ersteres und sank flach auf den Rücken zurück, während Raphael sich aufrichtete und seinen Mika-Chan an der Hüfte hielt, damit dieser nicht einfach frech von ihm wegrutschen konnte. Man sollte dem Heiler eigentlich applaudieren, wie er selber fand, denn gerade verdrückte er sich ein gut gelauntes Pfeifen und warf alle Bedürfnisse seines Freundes über Bord, indem er nun doch mit den ersten, langsamen Bewegungen vertraut machte. Die Hitze machte ihn wahnsinnig, wie sollte er damit nur umgehen können? Es war hart an der Grenze zum Unangenehmen, vielleicht lag das auch an der Sensibilisierung der Drogen, durch die er ihn viel zu intensiv wahrnehmen konnte. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, tatsächlich waren sie vermutlich kaum zehn Minuten miteinander beschäftigt, doch es löste einen gewaltigen Stoß Endorphine im Größeren aus. Er wollte den Namen des so oft wütenden Engels stöhnen und ihm sagen, dass er ihn gerade in diesem Moment aufrichtig liebte und für immer bei ihm bleiben und ihn beschützen würde, aber er wollte nicht lügen. Eine nicht zu bestreitende Abhängigkeit war zweifelsfrei vorhanden, vielleicht konnte man wirklich von Liebe reden, nur hatte sich körperliches Interesse bisher rar gemacht. Dass Suchtmittel – halluzinogene Drogen, wenn man das Kind denn beim Namen nennen musste – hatte ihn dazu getrieben und vermutlich wäre das auch der Grund, warum Raphael schnell zu einem Ende kommen würde. Dabei legte er jetzt erst richtig los wie er fand und missachtete die Tatsache, dass vor ihm ein Mann lag und nicht etwa der leicht zu überzeugende Körper einer Frau; besagter Mann schien sich nur wenig zu entspannen, tatsächlich hatte Michael ernsthaft Schmerzen und irgendwie das Gefühl, dass etwas nicht so ganz richtig lief doch das könnte auch an seinem Arm liegen, der sich wieder etwas verbogen hatte. Er hatte ja noch einen anderen frei und Raphael war ohnehin viel zu beschäftigt, um sich von ihm in Anspruch nehmen zu lassen. Er beugte sich abermals zu Michael herab und leckte diesem über die Lippen, bekam ein aufrichtig ungewolltes Stöhnen in den Mund gepresst und knetete bereits jetzt ,mit den Fingern an seinen Hüften, da er ihn im entscheidenden Moment weiter fest an sich pressen wollte. Um nichts zu verschwenden, wenn er eine Erklärung für das alles bräuchte. Tatsächlich mochte er es bloß gerne, seinen Höhepunkt in jemandes Körper auszukosten. Raphaels verklärte, blaue Augen ruhten auf dem so wohlbekannten Gesicht des Feuerengels, der ihn trübe anstarrte, stoßweises Atmen von sich gab und selbst bei sich Hand anlegte; es dauerte nicht lange, da verteilte sich die milchig-weiße Flüssigkeit auf seinem Bauch und zum Teil auch auf dem des Windengels, der dies einfach hinnahm und beobachtete, wie ein, zwei Tropfen über den sich schnell hebenden und senkenden Bauch des Rothaarigen glitten und in seinen Nabel rutschten. Michaels klebrige Hand löste sich von sich selber und er legte sie an Raphaels Hüften, legte den Kopf in den Nacken und schnappte nach Luft. Der Blonde drückte die angewinkelten Beine vor sich flach zur Seite, bis die Knie auf die Matratze stießen und gönnte sich noch ein paar schnelle, intensive Bewegungen, ehe dieses wohlig-warme Gefühl ihn erfasste und der Druck von wie gefühlt Stunden aus seinen Lenden wich. Langsam ließ er Michaels Beine los, stand allerdings noch nicht auf und fiel halb auf ihn drauf, schloss ihn in einen Arm hinein, um nebenbei noch aus ihm zu rutschen. „Du bist so schön“, murmelte er und schlief noch in dem Moment ein, als er sein Ohr endlich wieder an die andere Brust legen und dem Herzschlag lauschen konnte. Da Michael dachte, dass noch immer das Laken gemeint war, bekam er dieses eine, aufrichtige Kompliment leider nicht mit und sorgte für die Decke, indem er sie mit einem Fuß nach oben zog. Er war eingeschlafen, kaum dass Raphael bis an die Schultern bedeckt gewesen war. Kapitel 2: Der Eine ------------------- Das Schöne beim Kiffen war – einer der wenigen Vorteile – dass am nächsten Morgen der Kater ausblieb. Das Gefühl von Watte und einem schweren Kopf vom Abend begrüßte Raphael ohne Nebenwirkungen am Morgen, was er selber als bedenklich einstufte. Das war eben der bemerkenswerte Vorteil gegenüber dem Alkohol. Er war nicht abhängig, das hier war die große Ausnahme gewesen; er hatte schon ganz vergessen, dass dieses Tütchen überhaupt existiert hatte. Aber Michael förderte des Öfteren etwas zu Tage, dessen Besitz er heute sogar leugnen würde; Geschmäcker änderten sich immerhin stetig. Es war ohnehin bemerkenswert, dass seit dem letzten Zusammensturz seiner Behausung – auch hervorgerufen durch besagten Freund – so ein Päckchen überleben konnte. Nun drehte er sich auf den Rücken und stellte mit mulmigem Gefühl fest, dass er sich nachts an den warmen Körper neben sich gekuschelt hatte. Der Besitzer dessen schlief zum Glück noch – zumindest war ihm ein nackter Rücken zugedreht und gleichmäßiges Atmen ließ ihn sich heben und senken. Michael hatte die Arme von sich gestreckt nach vorne gelegt und die Beine etwas angezogen und Raphael wagte sich daran zu erinnern, letzte Nacht seine Jungfräulichkeit verloren zu haben. Mal wieder. Jetzt, bei Tageslicht betrachtet, behagte ihm dieser Gedanke nicht wirklich. Es war nun kein Drama aber sich vorzustellen, seinem guten Freund so unverschämt nahe zu kommen, war im nüchternen Kopf befremdlich bis unmöglich. Er würde auch unter keinen Umständen in romantische Gefühle verfallen und sich nun an ihn heranschmiegen, um einen Quicke am Morgen zu erreichen – von küssen am Hals oder dem Befummeln ganz zu schweigen. Im Gegenteil; Raphael schob vorsichtig die Beine über die Bettkante und behielt dabei stets Michael im Blick. Vergessen würde dieser die letzte Nacht nicht haben, doch er wollte nicht selbstverständlich nackt neben ihm liegen, wenn er erst einmal erwachte. Mika-Chan hatte die lästige Angewohnheit, Raphael permanente Geilheit zu unterstellen und auf dessen zu 90% negativ ausfallende Reaktion auf seine ausnahmsweise mal vorhandene Unschuld konnte er heute gut und gerne verzichten. „Ich bin wach“, grollte es plötzlich von der anderen Seite des Bettes und Raphael erstarrte mitten in der Bewegung; nun bloß keine Schwäche zeigen, Michael witterte Angstschweiß förmlich und bohrte seine Finger gnadenlos in die betreffenden Wunden, wenn man ihm die Chance dazu ließ. „Schön. Gut geschlafen?“, antwortete Raphael und kam nun doch in die Höhe, nur um nach seiner Kleidung zu fahnden; er fühlte sich schutzlos, wenngleich ein paar Mikrometer Stoff ihn nicht vor Tritten und Schlägen, geschweige denn einer Wand aus Feuer schützen würden. Es ging ums Prinzip. „Fresse“, grollte der Rothaarige und setzte sich auf; seine Haare standen an einer Seite ab, während sie auf der anderen plattgelegen waren. Er wirkte unglücklich und genervt – wie so oft, wenn sie sich trafen – und irgendwie sah seine Schulter… „Hast du sie dir schon wieder ausgerenkt…?“ „Wenn du mich nicht vernünftig heilen kannst!“ „Ich heile niemanden, der im Suff von zwei Soldaten umgerannt wird!“, keifte Raphael zurück und schlüpfte in Shorts und Jogginghose, zog das Band fest und wich dem geworfenen Kissen gerade noch rechtzeitig aus da er fest damit gerechnet hatte, der auf ihn zufliegende Gegenstand sei der Feuerengel höchst persönlich. „Ich würd gar nicht zu dir kommen, wenn sich mein Sanitäter nicht komplett abgeschossen hätte“, grollte Michael und rutschte nun selber aus dem Bett, den einen Arm wieder gefährlich hängend. Raphael schnaufte, umrundete das Bett und stellte sich vor ihn, um dann einen lebensbedrohlichen Schritt zu vollziehen und ihn nach hinten zu schubsen, was Michael tatsächlich viel zu irritiert auffasste, um ihm nun das Genick zu brechen. Raphael drängte sich zwischen seine Beine. Damit schien wohl die Erinnerung von letzter Nacht aufzukommen und er sah sich mit Gegenwehr konfrontiert, was er entnervt mit einem Augenrollen quittierte. „Halt still ich renk dich ein.“ Michael zog misstrauisch die Augen zusammen und wieder konnte Raphael sich kurz nicht von seinem Gesicht losreißen, dann besann er sich eines Besseren, fasste ihn am Oberarm, zog kräftig und drehte ihn nach außen. Ein lautes Knacken ertönte, dann ließ er ihn wieder los. Fest zusammengepresste Lippen lösten sich wieder, dann setzte sich der Feuerengel wieder auf und drehte – Raphael könnte ihn wirklich köpfen – wieder an der Schulter. Mürrisch und von Angstgefühlen längst keine Spur mehr ergriff er den Verband am Bodes, setzte seinen Fuß auf die Matratze und nutzte sein Knie, um wieder eine feste Mullbinde zu wickeln. Dass er dabei Michael zwischen seinen Beinen einsperrte, war ihm ganz recht – so ohne weitere Überlegung bezüglich möglicher Schäden. „Lass das Scheißteil endlich weg und heil mich, das ist dein Job!“ „Wenn du deinen ernst nehmen würdest, hätte ich mit meinem nicht so viel Sonderstunden. Ich heile dich nicht, basta. Ich bin Arzt und keine persönliche Krankenversicherung.“ „Wenn du einen Lerneffekt auslösen willst, kannst du das so was von vergessen“, knurrte Michael und rollte mit den Augen, als Raphael wieder mit dem Verband anrückte und ihn fest um die angeschlagene Schulter wickelte. Er musste sich sichtlich beherrschen, ihm nicht extra weh zu tun, aber das ließ die Berufsehre nicht zu. Meistens zumindest, Michael war sich fast sicher, dass einige Wunden hätten anders versorgt werden können statt noch in ihren herumzupulen und nur noch schlimmer siffen zu lassen. „Musst du ja mit rumlaufen, mein Körper ist gesund.“ „Bis auf deine verätzte Raucherlunge, klar.“ Ein Lächeln huschte über Raphaels Gesicht, der nun endlich das Bein runternahm und beobachtete, wie Michael trotz nur eines Arms zielsicher in seine Shorts schlüpfte und diese geschickt verschloss. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich meinem Körper Krebs erlauben würde? Ich bin topfit.“ Nun kräuselten sich die Lippen Michaels, der nach seinem Oberteil fahndete und es schließlich halb unter dem Bett liegend fand. Ihm lag ein bissiger Kommentar zu letzter Nacht auf den Lippen, doch er wollte dieses Thema eigentlich beruhen lassen. Es war nicht so, dass er sich nach dem Sex schämte und sich seiner Nacktheit nicht gewahr werden konnte, ohne purpurrot anzulaufen. Er hatte diesbezüglich wirklich keine Probleme; klar, einiges war nicht so stark ausgebildet wie es für einen Körper, der irgendwo im Alter zwischen 14 und 16 das Wachstum eingestellt hatte, dennoch sein könnte, doch was scherte es ihn? Er hatte genug Freude damit. Vor allem, da Sex wirklich die Ausnahme blieb. Es gab andere Dinge, mit denen er sich beschäftigen konnte und ein mangelndes Intimleben kompensieren konnte. Töten, zum Beispiel. Raphael war der spöttische Ausdruck nicht entgangen und so zog er eine Augenbraue hoch, stupste den anderen einmal an. „Wenn du mich jetzt mit dir vergleichst, bist du nicht fair. Nicht jeder kann hyperaktiv durch die Gegend wirbeln und erwarten, dass seine Freunde da mitziehen. Du kannst ja keine zehn Minuten still auf dem Arsch sitzen bleiben, um es mal vulgär zu sagen.“ „Und das hat mir eben den unzählige Male gerettet“, murrte der Rothaarige und überlegte, wann er seine Schuhe ausgezogen hatte. Raphael nickte zur Seite; die hatte er ihm schließlich von den Füßen gelöst und eigentlich für immer entsorgen wollen, Michael trennte sich aber ungern gegen seines Wissens von Klamotten, mit denen er Krach machen konnte und dazu waren die mit Eisen unter den Sohlen beschlagenen Stiefel hervorragend geeignet. „Welche Frechheit ist dir eingefallen, die du dir gerade verkneifst?“, wollte Raphael dann aber doch wissen und wagte es, einen Blick über das Bett schweifen zu lassen. Zerwühlte Laken und unter dem Kopfkissen schimmerte die kleine Tube mit Gleitmittel hervor. Zwei Stummel ehemaliger Joints lagen auf seinem Nachtschrank und im Schlaf hatte Michael es irgendwie fertig gebracht, ein Kissen von dessen Hülle zu befreien. „Na ja“, hörte er dann doch eine Antwort, mit der er gar nicht wirklich gerechnet hatte. Er wusste nur nicht, was er sonst sagen sollte. „Deine Kondition letzte Nacht hat zu wünschen übrig gelassen, meinst du nicht? Wenn du damit dauernd Weiber abschleppst, kommt keine ein zweites Mal wieder.“ Bitte? Dieser freche Knilch! Dabei hatte er für seinen Zustand und vor allem den Umstand mit wem er da geschlafen hatte, eine wirklich passable Zeit von nicht ganz acht Minuten hingelegt! Da hatte Michael selber ja wohl deutlich den Kürzeren gezogen aber das konnte er ihm natürlich nicht sagen. Ein Schnaufen von Raphael, der einen kühlen Blick zum Feuerengel schleuderte. „Kannst ja wiederkommen, wenn du nüchtern bleibst dann zeig ich dir mal, was Kondition ist.“ Das wollte er eigentlich gar nicht sagen, für ihn war das Thema abgehakt gewesen. Ein zweites Stelldichein mit Mika-Chan war schon so etwas wie eine Affäre und das ausgerechnet mit einem Mann und dann noch dem da? Ihre Freundschaft stand auch irgendwo auf der Kippe, wenn da was schief ging. Raphael hörte ein leises Lachen und sah zu, wie Michael sich hingebungsvoll am und vor allem im Ohr kratzte. „Eher umgekehrt. Ich bin keine Gummisusi und ein schneller Fick schon gar nicht. Außerdem hast du gestern Nacht angefangen mit dem Gefummel, mich trifft keine Schuld.“ Das war leider richtig, er hatte ihn immerhin unbedingt küssen wollen und auch jetzt bestand eigentlich der Wunsch, ihn so zum Schweigen zu bringen aber bei Tageslicht bangte Raphael um einen Großteil seiner Zunge, wenn er es denn wagen sollte. Trotzdem ließ er sich nicht so einfach abspeisen und zog dann die einzige Registerkarte, die eigentlich immer wirkte: „Wenn du Angst hast, dann nicht.“ Auf so eine billige Provokation ging Michael meist nicht ein, auch jetzt legte er nur das gewisse Maß an Verachtung an den Tag und zuckte mit der gesunden Schulter. „Das nicht aber wenn es jedes Mal so läuft, kann ich mir gleich wen anderes suchen.“ Raphael überlegte gerade ernsthaft, ihn nach vorne zu schubsen und sich von hinten an ihn zu drängten aber er musste niemandem seine Potenz aufzwingen, außerdem konnte das wirklich schlecht enden. Michael musterte ihn aufmerksam, erlaubte sich dann ein schräges Grinsen. „Vergiss es einfach, das war eine einmalige Sache. Popp weiter deine Helferinnen und lass meinen Arsch in Ruhe.“ Der Punkt, an dem Raphael resignierte und auf Durchzug schaltete. Das kannte er ja alles, er der Engel vom Planeten Porno bla, bla, nahm alles und jeden bla, bla, hör auf zu rauchen und reg mich nicht auf, bla, bla… Doch so viel Aufmerksamkeit teilte Michael ihm gar nicht zu, er schaute sich im Schlafzimmer um und schien etwas zu suchen, schaute sogar unters Bett und beugte sich dabei unverschämt frech nach vorn; Raphael schloss die Augen und zählte kurz von zehn herunter. Wenn sein Körper nun auf Michael und dessen Kleidung konditionierte, bekam er ein ernstzunehmendes Problem, denn etwas Haut war immer irgendwie zu sehen und meistens die, für die er bei anderen Personen einen arbeitsreichen Abend investieren musste. Oberschenkel, Bauch, die empfindliche Stelle am Rücken, wo die Flügel emporwuchsen. Offiziell bestand noch immer eine schwindende Toleranz bezüglich Sexualität, wenn man der breiten Öffentlichkeit Glauben schenken konnte. Dass sich dies auf die höchstrangingen Engel bezog, die eben diese mindere Meinung mit viel Tam-Tam und harten Strafen vertraten, war dabei absolut nicht von Interesse. Die langen Arbeitsgewänder der Frauen wichen dennoch – je nach Anstellung – kurzer, enger Kleidung und was schon all die Jahre im Hintergrund lief, breitete sich allmählich mehr und mehr aus. Dennoch befanden sie sich in einer Art mittelalterlichen Lebenseinstellung in den Bereichen der Homosexualität und anderweitigen Interessen wider jeder Natur. Sicher, dachte Raphael. Da es unsere Natur ist, einen gegengeschlichtlichen Partner zu suchen und uns zu vermehren. Die Politik des Himmels war hässlich und voller Lügen, aber das brachte dieses System eben überall mit sich. Außerdem, wenn er sich beeilte, könnte er Mika-Chan in seine Bettdecke einwickeln und damit verhindern, weiter auf die weißen beine starren zu müssen, die er in der letzten Nacht so ungehindert auf die Matratze pressen konnte. Ob der Kleinere zu einem Spagat fähig war? Biegsam war er allemal und wieder kam Raphael ein eindeutig sexueller Gedanke in den Kopf, den er gerne weiterverfolgen würde, doch dann wurde er zur Seite geschoben. „Kann man helfen?“ „Rucksack“, kam die knappe Antwort, die schon wieder nach einer Anweisung klang. Michael wollte er definitiv nicht als Chef haben. „Na ja hier sicher nicht. Wahrscheinlich im Wohnzimmer oder Flur. Darf man fragen, wie die eigentlich hergekommen bist? Ja wohl kaum mit deinen Flügeln, oder?“ „Und wenn doch?“ „Wie um alles in der Welt konntest du auch nur zwei Flügelschläge hintereinander koordinieren?“ „Fuck mich nicht ab, man!“ Kurz war er zu Raphael herumgewirbelt, der Michael nun quer durch seine eigene Behausung folgte und zugleich mit Ausschau hielt, wobei dieses stinkende Ungetüm eines Rucksacks garantiert nicht in seiner sauberen Umgebung untergehen würde. „Ich frag doch nur!“ „Du nervst, Mann!“ Zugegeben, manchmal irritierten ihn diese plötzlichen Ausbrüche, an seiner Frage war ja nichts Verwerfliches gewesen. Dennoch beließ er es bei dem Thema und seufzte, zupfte sich sein offenes Hemd zurecht und beobachtete, wie der Rothaarige seinen gefundenen Rucksack entdeckte, ihn sich auf die eine heile Schulter schob und noch in der Seitentasche kramte, um sein Telefon herauszuziehen. Raphael sparte sich den Kommentar seines Hausanschlusses, da sich der bekannte Sturkopf wieder zeigte und mit dem wollte er unter keinen Umständen aneinander geraten. Sein Wohnzimmer war gerade renoviert. „Ja wie lange braucht ihr? Ist gut, bin auf dem Dach.“ Ah, eine Eskorte also. Raphael könnte ihm nun hinterherlaufen und schauen, wie Michael mit einem Arm hoch aufs Dach zu kommen gedachte, doch eigentlich wollte er es gar nicht wissen. Gedanklich ging er schon seinen Terminplan durch und buchte Mika-Chan einen neuerlichen Termin, ohne dass er diesen davon in Kenntnis setzte. Meistens lag Raphael mit seinen Schätzungen ziemlich günstig. „Meld dich bitte bald wegen der Schulter, ja?“ „Wirst ja sehen, ob ich wieder vor dir stehe oder nicht.“ Nein, das offensichtliche Augenrollen gönnte er ihm nicht. Verabschiedungen waren auch nicht wirklich ihr Ding, sie umarmten sich nicht, es gab keine Küsschen auf die Wange und schmerzliche Tränen blieben auch aus – Michael kam, wirbelte durch seinen Tagesablauf und ging wieder auf unbestimmte Zeit. Vielleicht sollte Raphael den Spieß mal umdrehen und sich bei ihm blicken lassen, doch meist lungerten irgendwelche Soldaten bei ihm herum und auf deren zweifelhafte Gesellschaft konnte er ganz gut verzichten. Trotzdem sorgte er sich nach dem letzten großen Krieg um ihn, was genau mit Luzifer passiert war, hatte er vom Rothaarigen selbst auch nie erfahren. Die wichtigsten Informationen hatte Barbiel ihm zugetragen und das war es dann. Letztendlich war jeder kurze Wutausbruch eine willkommene Konstante, an der er seinen alten Freund noch erkannte. Der hatte sich wohl bemerkt bereits aus dem Staub gemacht, was Raphael jetzt erst bemerkte. Mit einem Schmunzeln wandte er sich wieder der Aufgabe zu, in seinem Schlafzimmer Ordnung zu schaffen. - Michael sparte sich das genervte Fluchen, als er endlich auf dem verdammten Dach war und sich dort hinhockte, um sein Bein zu inspizieren. Ein langer, sauberer Schnitt war das Resultat vom Abrutschen an der Dachkante, was er auf den nutzlosen Arm schon, an dem wiederrum Raphael seiner Meinung nach Schuld war. Also, nicht direkt. Wirklich angefangen hatte es wie vom Blonden schon vorgeworfen damit, dass die Jungs – mal wieder, musste Michael sich eingestehen – einen über den Durst getrunken und ihn dann einfach über den Haufen gerannt hatten. Und das, musste er ebenso zugeben, lag an seinem eigenen Pegel. Letztendlich war irgendwer auf seinen Arm getreten oder sonst was, zumindest tat es verdammt weh und da blieb ihm nur der Weg zurück. Einrenken hätte es fast jeder können, aber er wollte wirklich einfach schnell geheilt werden. Verdammter Fummler! Jetzt saß er hier mit mehr Wunden als zuvor und wartete auf die Soldaten, die gerade eh in der Gegend waren und ihn mit dem Flugschiff einsammeln sollten. Seine Füße schmerzten vom langen Marsch hierher und von anderen Bereichen wollte er gar nicht erst anfangen. So war der Abend definitiv nicht geplant gewesen, auch wenn das Rauchen vom Joint ganz nett gewesen war. Der Gedanke, Rauschmittel und Alkohol einfach mal fallen zu lassen, kam ihm momentan immer seltener. Es gefiel ihm, an nichts mehr denken zu müssen und all die Sorgen der letzten Jahrtausende für ein paar Stunden zu vergessen. Luzifer war wieder da, nach diesem musste er also nicht mehr suchen. Die Hölle selber hatte schwere Rückschläge erleiden müssen, von daher hatten die Dämonen gerade wirklich andere Sorgen als einen ungeplanten Angriff gen Himmel; zumal der Chef wieder regierte und für kopflose Aktionen bisher herzlich wenig übrig gehabt hatte. Michael langweilte sich also, mal wieder. Einen Abend im Rausch zu verbringen war keine schlechte Idee und wenn er sie zählen würde, hätte er einen schockierenden Überblick über den tatsächlichen Zustand, in dem er gerade herumdümpelte. Drogenprobleme? Hatte er hinter sich gelassen. Damals, vor ewig langer Zeit. Inzwischen konnte er sie besser einschätzen, wie er selber fand. Das Dröhnen des sich nähernden Flugschiffs brachte ihn schon wieder fast auf 180; sie hatten einige zur Auswahl, allerdings hatte genau dieses einen Motorschaden. Wie auch sonst sollte er mit dem verräterischen Ding in den Kampf ziehen, wenn ihn jeder potenzielle Feind kilometerweit erahnen konnte? Mussten sie ausgerechnet dieses Scheißding nehmen? Noch einmal schloss er die Augen, während das warme Blut von seinem Bein runter in den verschmutzten Stiefel rutschte, aber jetzt noch einmal zu Raphael zu gehen, der ihm nur noch mehr unnötige Verbände anlegte? Das schaffte er auch alleine, dazu sparte er sich die überflüssige Standpauke. Staub wirbelte auf und über ihm nahm das Dröhnen zu; eine metallische Tür glitt auf und jemand rief seinen Namen, dann ließen sie eine primitive Strickleiter herunter – wirklich niemand würde wagen zu vergessen, dass der Boss gerade nicht fliegen konnte – und Michael erhob sich, schob den Rucksack noch einmal auf die Schulter und ergriff dann eine Sprosse; schlagartig kam ein Ruck und sie zogen ihn schnell nach oben. Ein letzter Blick auf Raphaels Anwesen, dann war er in den Innenraum geklettert und sah sich zwei zerstört wirkenden Soldaten gegenüber. Sie hatten darauf verzichtet, Camael ans Steuer zu setzen – zum Glück, noch jemand mit geladenen Standpauken – und schauten ihn abwartend an, während Michael auf die Beine kam. Er nahm sie prüfend ins Auge und schleuderte endlich seinen Rucksack von sich, blaffte dann ein „Was?“ in die angespannten Gesichter. „Boss, du blutest.“ „Welch Seltenheit“, knurrte Michael und zwängte sich zwischen ihnen her, ließ sich dann auf dem Platz des Co-Piloten nieder. Die Koordinaten würden ihn wieder direkt nach Hause bringen, doch wollte er wirklich dort hin? Andererseits war eine Grenzpatrouille gerade wirklich nicht ratsam, sein Körper war schwer und müde, geschlafen hatte er nicht wirklich und jetzt begann die nervige Schulter auch wieder zu pochen. Eine Woche, niemals würde er den verdammten Verband eine ganze Woche tragen, das konnte Raphael sich abschminken! Eigentlich wollte er die Koordinaten aus Trotz ändern, doch zuhause klang ganz gut. Schlafen und gegen die Schmerzen ein paar Medikamente nehmen. Ach, sein Bein könnte er auch später versorgen und wenn es wirklich gerade abfallen sollte, würde Raphael sich sicherlich dennoch erbarmen. Und es war ja nicht so, dass es sonst keine Heiler im Himmel gab, die er passende bedrohen konnte. Ein schmerzlicher Gedanke an Bal keimte auf, die vor so langer Zeit einen ganz anderen Weg eingeschlagen hatte. Michael würde sogar wagen zu behaupten – es aber nie auszusprechen – dass er so etwas wie eine romantische Zuneigung für sie empfunden hatte; ein wenig verliebt war er schon gewesen. In die einzige Frau, die nie einen Unterschied gemacht hatte zwischen ihm und Luzifel. Bis sie sich in genau diesen verliebte und ihm ebenso den Rücken zuwandte. Ein Seufzen, für das er nachdenkliche Blicke erntete, dann rollte er sich etwas auf seinem Sitz ein und lehnte den Kopf zur Seite, schloss die Augen. Er würde niemandem Rechenschaft schulden, was er die ganze Nacht bei Raphael getan hatte. Drei Tage war er weggewesen; eine nahezu lächerlich bedeutungslose Zeit, verglich man diese mit Einsätzen von zum Teil Jahren. Was ging sie es an, was er in seiner Freizeit machte? Edin Wort, dessen Bedeutung viel zu viel von Michaels Leben in Anspruch genommen hatte. Er grunzte abfällig, ehe ein leichter Schlaf ihn überfiel. Kapitel 3: Der Andere --------------------- „Mika-Chan, der Onkel Doktor ist da!“ Raphael hatte sich schon vor langer Zeit vom Leben verabschiedet, daher wagte er sich diesen einen Schritt wirklich, obwohl er – wie zu erwarten – am Eingang von einem mürrischen Soldaten empfangen wurde. Der Blonde hatte übertrieben gute Laune und begrüßte den bedenklich gekleideten jungen Mann damit, ihn doch vor nicht allzu langer Zeit noch auf dem OP-Tisch liegen gehabt zu haben, dann schlüpfte er hindurch und öffnete sogleich einen Knopf an seinem Hemd. Das war ein Reflex, er wusste immerhin, was ihn hier erwartete. Zwar lebte auch Michael in einem manchmal vorzeigbaren Anwesen, allerdings herrschten hier ganz andere Verhältnisse. Waren in den anfänglichen Gängen noch verwahrloste Obdachlose zu sehen – so Raphaels Einschätzung vor vielen tausend Jahren, als er das erste Mal hergekommen war und dann darüber belehrt wurde, dass es sich hier um einen Teil der himmlischen Armee handelte – bestand der Engel des Krieges in seinen Privatbereichen auf absolute Ruhe. Keine Wachen, keine herumlungernden Soldaten. Viele wussten ohnehin nicht, wie er eigentlich aussah, geschweige denn seinen Wohnsitz, daher waren Anschläge das geringste Problem. Viel schlimmer war die zunehmende Hitze. Da Raphael besonderen Wert auf eine gute Lüftung legte, mummelte sich sein Freund in einem regelrechten Backofen ein; es wäre wirklich nicht verwunderlich, wenn hin und wieder ein Vorhang den Prozess der Selbstentzündung hinter sich bringen würde. Wobei, wer rechnete hier schon mit Vorhängen? In Raphaels Hand schlenkerte ein kleiner, schwarzer Koffer, dessen Existenz er sich eigentlich schämte, doch er legte eben Wert auf sterile Arbeitsmaterialien. Ein scharfes Messer würde er hier zweifelsfrei kriegen, legte aber keinen Wert auf Schlachtwerkzeug. Er wusste auch, dass Michael hier irgendwo herumlungerte, trotzdem wäre es nett, dieses Mal nicht aus einer dunklen Seitennische angesprochen zu werden, was ihm beim letzten Mal – vor mehreren hundert Jahren – beinahe einen Herzinfarkt beschert hatte. Dunkler Stein ragte empor und endete in einer hohen, lichtgefluteten Decke. Es brannten keine dramaturgischen Fackeln an den Wänden, immerhin war Michael trotz der Wüstengegend, in der er aus praktischen Gründen wohnte, dennoch in der modernen Welt angekommen und benutzte hohe Fenster und stabile Leuchtstoffröhren, von denen eine im hinteren Gang bedenklich flackerte. Raphael seufzte und machte sich auf in die Höhle des brennenden Löwen. Dunkel erinnerte er sich daran, dass das Schlafzimmer irgendwo am Ende lag, umgeben von einem Wohnbereich mit Badezimmer und Küche, in der er sich Michael aber nicht wirklich vorstellen konnte. Andererseits war ein Vorrat von Nahrung natürlich praktischer als jeden Tag Zeit mit der Jagd zu verschwenden. Wenn es die Situation zuließ, würde Raphael mal einen Blick auf den Vitaminvorrat legen. Dass Michael chronisch unterernährt war, war ja kein Geheimnis, aber er schien das ja irgendwie zu brauchen, um sich entsprechend bewegen zu können. „Mika-Chan?“, rief Raphael noch einmal und näherte sich mit Unbehagen dem flackernden Licht, hinter dem die nächste Ecke lag. Warum noch einmal hatte er sich darauf eingelassen und den Gedanken gefasst, nach ein paar Tagen mal nach ihm zu sehen? Weil der Dickschädel sich vermutlich lieber den Arm abreißen statt Raphael noch einmal um Hilfe bitten würde, wenn er wieder mal nicht ordentlich mit sich umgegangen war. Es grenzte sowieso an ein Wunder, dass er zu ihm gekommen war, das sollte man ihm anrechnen. „Mika-Chan sag was ich geh nicht eher, bis ich dich gesehen hab.“ Außerdem würde er sich gleich eine Stresszigarette anmachen; das war mehr als das sonstige Rauchen, denn eine Stresszigarette verlängerte sich automatisch auf mindestens drei, wenn er das Licht so ansah, eher vier. Als er direkt unter diesem stand, gönnte Raphael sich einen Blick nach oben, ehe er vorsichtig um die Ecke lugte, dabei aber keine Stichflammen ausmachen konnte. Er spürte ihn ja irgendwo hier in der Nähe, doch wo genau, war fragwürdig. Raphael rechnete irgendwie mit dem Schlafzimmer, doch da würde er unter Garantie nicht einfach reinplatzen. Ob das gegenüber seiner eigenen Behausung und wie man sich dort benahm richtig war, sei nun dahingestellt. Hier ging es immerhin um sein liebliches und vermutlich auch seelisches Wohl, doch diesen Schritt musste er auch gar nicht wagen, denn aus genau der gefürchteten Tür kam das Objekt der Begierde – Raphael musste mit solchen Bezeichnungen aufpassen, so ganz verkraftete er den Anblick der nackten Beine noch immer nicht – und starrte ihn wütend an. Das war ein neuer Rekord, eigentlich hatte er immer ein bis zwei Minuten, bis Michael sich über ihn aufregte. „Was willst du?“ „Ich freu mich auch, dich zu sehen. Mit Fieber, wie du aussiehst. Lass mich rein, ich will nach dir sehen.“ „Kannst wieder abhauen, hab kein Bock auf dich.“ „Ja, schön. Geh vor jetzt.“ Raphael bewegte sich auf dünnem Eis, das wusste er. Trotzdem war er den weiten Weg nicht hergekommen, um sich direkt wieder von Michaels schlechter Laune abspeisen zu lassen. Der zog wieder die Augen zusammen, drehte ihm dann den Rücken zu und ging vor, wobei er ziemlich offensichtlich hinkte. Raphael schnalzte mit der Zunge – eine gefährlich unüberlegte Tat, für die Michael ihn vermutlich jeder Zeit aus reiner Laune rauswerfen würde – und folgte ihm dann. Das Zimmer hatte sich bedingt verändert, allerdings kaum nennenswert. Noch immer war hier dieser wirklich schöne, dunkelrote Marmorboden, an den Wänden hing allerlei Zeugs über Anatomie und Schwachstellen diverser Dämonen, ein paar Waffen, Wurfmesser und natürlich Souvenirs, die ihm aus emotionalen Gründen mehr bedeuteten als der Rest, den er umgelegt hatte. „Nett“, kommentierte Raphael den Schädel eines was auch immer und ignorierte die leeren Flaschen und Päckchen, von denen Michael sich wohl in letzter Zeit ernährt hatte. „Was war’s?“, kam dann noch die reine Höflichkeit hinterher, während der Heiler beobachtete, wie sich sein Freund aufs Bett setzte und die Arme auf den Oberschenkeln ablegte. „Kleiner Drache. Was willst du?“ „Hab ich doch schon gesagt“, antwortete er ihm und zog sich ungefragt den schweren Ledersessel heran, um sich näher zu Michael zu setzen. Er bot einen ungewohnten Anblick in Jogginghose und Tank-Top, kam aber offensichtlich auch direkt aus dem Bett. Die Haut war blass, seine Wangen bedingt rot und in den Augen glänzte es fiebrig. Das war selten, aber auch der Engel des Feuers durfte sich seinen Taten gegenüber hin und wieder verantworten. Gerade schien sein Körper sich rächen zu wollen und forderte etwas Ruhe ein. Dass Michael davon genervt war, konnte man deutlich sehen, Allerdings war er auch zu erfahren im Umgang mit sich selber, um so einen Zustand zu ignorieren und sich selber hinzurichten. Ein paar Tage Ruhe, dann könnte er sich wieder anderem zuwenden. „Wie fühlst du dich?“, eröffnete Raphael seinen unerwünschten Hausbesuch und unterdrückte den Drang, nicht doch eine Zigarette auszupacken. Das war eine rein rhetorische Frage, er sah es ja selber. Der Verband war ab, allerdings sah die Schulter ganz gut aus. „Blendend“, schnarrte es ihm sarkastisch entgegen, doch zu mehr hatte der Rothaarige gerade scheinbar keine Lust. Raphael speiste diese Antwort mit einem kühlen „Aha“ ab und rutschte auf dem Stuhl näher, fasste dann ungefragt nach der vor kurzem verbundenen Schulter. Vorsichtig bewegte er Michaels Arm in dem beanspruchten Gelenk, wobei dieser ihn wie schon neulich wieder unangenehm musterte; durch das einfallende Licht wirkten die gelben Augen, als wäre überhaupt keine Pupille in ihnen. „Hast du noch Beschwerden mit der Schulter? Mach es uns beiden einfacher und antworte einfach, okay?“ Es dauerte einen kurzen Moment, aber Raphael rechnete nicht mit einer gerade ausgedachten Lüge, sondern eher mit einem weiteren, bissigen Kommentar, auf die Michael sämtlichen Anspruch erhob. Doch er schüttelte nur mit dem Kopf, schien diese Bewegung dann aber sogleich zu bereuen und schloss kurz die Augen, öffnete die Lippen einen Spalt und atmete tief ein; Raphael sah ihn selten im Beherrschung ringend und so wirklich gefallen wollte es ihm nicht. Wozu gewöhnte er sich an all das Geschrei, wenn er nun einen anderen Weg einschlug? „Kopfschmerzen?“, vermutete er und ließ vom Arm ab, lauschte dem gebrummten „Hm-hm“. „Ich könnte dich jetzt ganz durchleuchten oder du kooperierst – ausnahmsweise – mal und ich komm hier weg, bevor mein ganzer Dienstplan verfallen ist.“ „Du bist doch eh immer im Dienst.“ Michael seufzte, ließ sich dann auffallend müde flach auf den Rücken sinken, die Augen noch immer geschlossen. „Stimmt nicht, du siehst mich nur öfter im Krankenhaus als privat.“ „Wooooorkahooooliiiiic!“, kam der leichte Singsang als Antwort, was Raphael mit einem „Tzz“ beantwortete. Auf Michaels Gesicht zeigte sich der Anflug eines Grinsens, dann hob er das Bein an und stupste mit einem halb unter dem Bein der Jogginghose verschwindenden, nackten Fuß gegen Raphaels Knie. „Da ist was mit.“ „Hab ich gesehen, du hinkst. Trittst du mich, wenn ich die Hose hochschiebe?“ „Ja weil sie ab Mitte der Wade zu eng zum Weiterschieben wird.“ „Dann zieh sie aus.“ Michael setzte sich mit einem Ruck wieder auf und rutschte dabei so weit nach vorne, dass er Raphaels Gesicht unangenehm nahe kam; den warmen Atem spürte er, einen Anflug von Mundgeruch konnte man auch erahnen. „Wie lange fieberst du schon? Zieh sie aus ich hab sonst eine Schere dabei.“ Ein Kopfnicken zur Seite, wo der schwarze, kleine Koffer stand, den Michael jetzt langsam ins Visier nahm. Als er aufstand, befand er sich zwischen Raphaels Beinen, da dieser bis zur Bettkannte auf dem Stuhl herangerollt war. Dünne, blasse Finger lösten das Bändchen am Saum, dann streifte er die Stoffhose herunter, erwischte die dieses Mal vorhandenen Shorts etwas und erlaubte Raphael so eher unfreiwillig einen Blick auf den Ansatz von genau dem, was ihn eigentlich nichts angehen sollte, ehe der schwarze Stoff wieder nach oben gezogen wurde, dafür landete die graue Hose am Boden. „Ich sollte dich erschießen“, murmelte Raphael, starrte auf den Unterschenkel und wollte eigentlich gar nicht wissen, wie der von hinten aussah. Dennoch schubste er Michael wieder auf das Bett, fasste dessen Fußgelenk und zog sein Bein in die Höhe, hatte die eiternde Wunde so direkt vor Augen. Von knapp unterhalb der Wade bis fast zur Kniekehle war ein einziger, gezackter Schnitt zu sehen, der sich im Laufe der Tage gnadenlos entzündet hatte und höchstwahrscheinlich der Grund für die erhöhte Temperatur war. Natürlich, weil der Körper sich zur Wehr setzte und all die Bakterien rauszuspülen gedachte, die dort rumschwammen. „Wer hat hier so stümperhaft versucht zu nähen?“ „Ich, gefällt dir das Muster?“ Raphael ließ das Bein los und starrte einen auf den Rücken liegenden Feuerengel an, der nun ein freches Grinsen zu Tage brachte; die Beine etwas gespreizt und auf den Unterarmen abgestützt. „Du hast Sanitäter!“ „Ja und? Das kann ich auch selber, die brauch ich erst bei Knochenbrüchen.“ „Oh ja ich sehe, wie gut du das kannst. Das wird schmerzhaft aber anders krieg ich‘s nicht hin. Der Faden ist ganz umschlossen und eingekrustet. Dreh dich auf den Bauch.“ Er könnte ihn nun belehren und damit vollquatschen, dass mit solchen Verletzungen eigentlich ein schneller Besuch verbunden war und dann hätte man ja Ruhe aber seit abertausend Jahren hatte Michael sich als beratungsresistent herausgestellt und an diesem Zustand würde er so oder so nichts mehr ändern. Dann musste er halt leiden, den Faden musste Raphael ohnehin lösen, selbst wenn er dazu bereit wäre, auch nur an Heilung zu denken. „Ich brauch ein Handtuch, das sauber ist.“ „Brauchst du nicht scheiß auf das Laken.“ „Musst du wissen, ist deine Einrichtung.“ Michael drehte sich genervt auf den Bauch und stützte seinen Kopf ab, indem er die Wange gegen den Handballen drückte, während Raphael den Koffer neben ihm abstellte und öffnete. Kurz beglückwünschte er sich für die Entscheidung, die Sachen wirklich mitzunehmen, dann suchte er die wichtigsten Sachen heraus. Da er gerade stur und auch etwas wütend war, würde er ihm keine Betäubung gönnen und vielleicht wirklich unnötig in der Wunde bohren, doch er würde ihm einfach dem Fieber überlassen sein, das war Strafe genug. Ganz abgesehen davon war Michael ohnehin vermutlich nicht dazu in der Lage, den Gedankengang zu verfolgen. Raphael musste zugeben, dass er diese Situation so noch nicht kannte. Michael mit Fieber okay, schon kompliziert genug weil er sich auf höhere Temperaturen einstellen musste und all das. Ihn dann aber noch in seinen privaten Gemächern anzutreffen und so vor sich hinschwächelnd machte er fast einen entspannten Eindruck. Traurig, wenn ausgerechnet Fieber das bei ihm schaffte. Und Marihuana, wie man vor wenigen Tagen gesehen hatte. „Warum wartest du immer, bis dein Körper sich nicht mehr wehren kann?“ Das war eigentlich nicht einmal eine Frage, er wollte keine Antwort darauf und machte sich daran, die fest gezogenen Fäden zu inspizieren. Zwar hatte Raphael keine schlechten Augen – also bitte, er – aber die Brille nahm er gerne, um sein Umfeld eben noch etwas zu vergrößern. Als er kurz Michaels Blick streifte, prustete dieser leise los und ließ die Stirn auf seine Matratze und auch in die zerwühlte Bettdecke fallen, wo er leise kicherte. Das war Raphael egal, mit der Reaktion ärgerte er ihn seit Jahren und irgendwann gewöhnte man sich eben dran. Als er seine Hand auf Michaels Oberschenkel legte, kamen kurzweilig wieder die Erinnerungen an neulich Nacht hervor, aber dafür war keine Zeit und die infizierte Wunde war auch kein wirklich erotischer Anblick, deswegen hielt er ihn nur so gut es ging flach auf der Matratze und machte sich mit einem kleinen Skalpell daran, den ersten Faden aus seiner Umgebung zu lösen. Die Muskeln in Michaels Bein spannten sich an, als der Schmerz die Wade einnahm, doch er lag vollkommen ruhig und platt dort, die Arme locker über den Kopf weggestreckt und das Gesicht noch immer in der Decke verborgen. Es war eine wirklich bescheidene Arbeit, da die Fäden überall klebten und festhingen, außerdem hatte der Rothaarige es etwas zu gut gemeint, indem er den Knoten so fest es ging herangezogen und dann zugeknotet hatte. Immerhin war er nicht weit gekommen. „Was ist das überhaupt für ein unmöglicher Faden?“ „Du könntest ihn einfach drinlassen, der wird schon aufgelöst.“ „Glaub ich nicht, ist das Angelschnur?“ „Nylon…“ „Angelschnur…“ Raphael seufzte, zog dann den ersten Teil heraus. Da er ohnehin niemals ohne Desinfektionstücher zu Michael kommen würde, konnte er damit gleich vorsichtig über die sofort blutende Stelle wischen. Wieder spannten sich die Muskeln im Bein an und rein aus Reflex streichelte er Michaels Oberschenkel, damit der sich wieder entspannen würde. Akribisch ging er bei den anderen Fäden ähnlich vor, hin und wieder erntete er einen Laut vom Feuerengel, der leise stöhnend die Decke in den Händen eindrehte. Nun tat er ihm doch Leid und Raphael war drauf und dran, ihn bald zu heilen aber die Fäden mussten so oder so raus. Allerdings konnte er sich nicht dauernd von ihm erweichen lassen. So würde der freche Wicht seine Lektion ja nie lernen! „Hast du demnächst was vor? Steht irgendein Krieg oder so an?“ „Laber mich doch einfach nicht voll…“ „Ich will mich nur mit dir unterhalten. So letzter Faden ist raus, liegen bleiben.“ Ehrlich gesagt gefiel ihm die Idee, Michael im Auge zu behalten. Die vielen, kleinen Verletzungen in letzter Zeit waren nicht normal, vor allem nicht für jemanden, der seinen Körper so akribisch ausgebildet hatte wie der Feuerengel es eben seit jeher tat. Wenn, dann hatte er große Wunden – mal fehlte eine Hand, mal ein Flügel. Dann war er wirklich auf Raphael angewiesen aber das hier? Er wurde unvorsichtig und das war gefährlich, gerade für ihn. Allerdings würde es schwer werden, Michael von einer spontanen Pyjamaparty zu überzeugen, schon gar nicht bei ihm zuhause, wo er Raphael ja als Besuch auf Zeit schon ungern duldete. Es gab kein wirkliches Gesprächsthema zwischen ihnen, dass er mit dem Rothaarigen in genau diesem Zustand führen wollte, also säuberte Raphael die Wunde und begann dann doch, ihn zu heilen. Scheinbar schien Michael das zu überraschen, denn er drehte den Kopf wieder schwerfällig zur Seite, um auf das Vorgehen zu schauen. „Dein Fieber krieg ich so nicht runter, bleib einfach noch etwas liegen und trink ausreichend. Wenn du dich morgen besser fühlst tu dir wirklich den Gefallen und ruh dich noch etwas aus.“ Das war gelogen, er würde das Fieber wegbekommen, aber so hatte er im Idealfall wirklich noch zwei Tage, um sich etwas einfallen zu lassen. Da sein Dauerpatient keine Anstalten machte sich irgendwie zu bewegen ergab Raphael sich seinem Schicksal, fasste über ihn hinweg und drehte Michaels leichten Körper auf die Seite, um ihn von der Decke zu rollen. Dann schob er ihn wieder zurück und legte die Decke bis zu seinen Schultern hoch, betrachtete den noch immer auf dem Bauch liegenden Engel. „Deine Arme auch“, schloss er schließlich und griff nach einem davon, als sich schlanke, kraftvolle Finger um Raphaels Handgelenk schlossen. Mit einem festen Ruck drehte Michael sich auf den Rücken und zog Raphael im Sturzflug mit auf die Matratze, sodass dieser schräg neben ihm kniete, jedoch nur entnervt die Augen verdrehte und sich aus dem Griff befreite. Er fasste das als Einladung auf, setzte sich auf die Matratze und spielte mit dem von Suizid geprägten Gedanken, sich eine Zigarette anzustecken. „Geh“, murrte es aus weichen Kissen und mit etwas Mühe drehte der Feuerengel ihm den Rücken zu, womit Raphael jedoch ebenso gerechnet hatte; er war gerade Arzt und nicht etwa der gute Freund, der zum unangemeldeten Krankenbesuch kam – was Michael nebenbei überhaupt nicht leiden konnte. „Gern geschehen“, schnalzte der Blonde mit der Zunge und strich dann doch noch einmal über die wie Blut schimmernden Fransen, was einen unerwartet schnellen Schlag mit der flachen Hand verursachte. Böse funkelte Michael ihn an, hatte sich noch einmal halb zu ihm gewandt und drehte sich dann wieder um, zog sich die Decke fest über die Schultern. Raphael resignierte, nahm seinen Koffer mit und schloss die Tür so leise es ging, das Bild des zusammengekauerten Engel dabei fest im Kopf behaltend. Kapitel 4: Solo --------------- Als Michael die Augen aufschlug, fühlte er sich einen Augenblick lang hilflos und verloren. Es war dunkel im Raum, still und ungewohnt unbehaglich. Er wusste sofort, dass er sich in seinem eigenen Bett vorfand; schnell fuhr er mit der Hand hinter seinen Kopf an das Ende des Gestells und glitt prüfend mit den Fingern über das alte Metall. Kerben dienten zur Orientierung, dennoch ließ er eine kleine Flamme in der Hand aufleuchten und vergewisserte sich, nicht doch einem großen Zufall zum Opfer zu fallen. Das Fazit war eindeutig sein Schlafzimmer und wenn er den Lichtverhältnissen Glauben schenken durfte, war es noch mitten in der Nacht. Missmutig ließ er das flackernde Feuer auf die Kerze neben sich überspringen und setzte sich dann etwas auf, fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Sein Fieber war weg, schon seit einigen Tagen. Die Mattheit verschwand allmählich aus den Knochen und eigentlich gab es keinen Grund, warum ihn etwas aus dem Schlaf reißen sollte. Müde fuhr er sich mit den Händen durchs Gesucht und schaute sich dann doch einmal eher desinteressiert in dem Raum um – ein Blick an die Decke, zu den Seiten, vor das Bett. Michael wusste, dass das eine vollkommen idiotische Aktion war, dennoch drehte er sich zur Seite und rollte dann auf den Bauch, um auch unter das Bett zu sehen. Das sparte er sich dann aber doch und verzog nur abschätzend den Mund, ehe er zurück auf den Rücken glitt und entnervt die Bettdecke zur Seite schlug. Der Grund für sein Erwachen wäre noch klarer, wenn er sich an den Traum von vorhin erinnern würde, aber das war gar nicht mehr nötig. Ein hasserfüllter Blick glitt an sich selbst herab, ehe er bei seiner Körpermitte stoppte und ungeduldig mit den Fingern auf der Matratze trommelte. Eigentlich wachte er nicht von dem Umstand auf, dass sein jugendlicher Körper spontan eine Erektion bekam, das war ein Ausnahmezustand. Dass diese Überraschungseffekte in all den tausenden von Jahren nicht enden wollten, war ein Grund für die engen Hosen. Wer Jahr um Jahr von Hormonen geflutet wurde, musste sich eben etwas einfallen lassen. „Leck mich doch“, murrte Michael und er ließ die Flamme neben sich mit einer einzigen Handbewegung erlöschen, während er wieder nach seiner Bettdecke tastete und sich diese über den Körper zog. Er wollte dem nicht nachgeben, Sexualität hatte eine geringfügige Rolle in seinem Leben gespielt und war oftmals damit kompensiert worden, dass er sich mit Eifer auf einen Gegner stürzte. Langeweile war sein Feind, nichts konnte gefährlicher werden als ein Vollblutsoldat ohne nennenswerte Aufgabe. Wenn er sich auf dem Schlachtfeld ausgetobt hatte, blieb ihm am Abend kaum noch Kraft oder Zeit, sich den Gelüsten eines Teenagers hinzugeben, in dessen Körper er ja nun einmal steckte. Die Kopfsache wurde von dem überschattet, was die Natur mit Vorliebe an geschlechtsreife Knaben verteilte und das war eben der Wunsch, den gemeinen Druck loszuwerden. Vermutlich hätte er die nächtliche Erektion gar nicht bemerkt, wenn er sich einfach nicht auf genau diese gerollt hätte aber nun kreisten seine Gedanken und eben die waren mit allem, aber nicht schlafen beschäftigt. Mürrisch grub er die Hand unter die Decke, zögerte dann noch einen Augenblick. Hatte er das wirklich nötig? War er nicht letzten Endes Herr über seinen Körper? Andererseits kannte Michael sich gut genug und wusste, dass er bis zum Morgengrauen mit sich hadern würde und dann letzten Endes doch nachgab, nur um noch ein paar Minuten die Augen schließen zu können. Auch, wenn er nichts sehen konnte, schloss der Feuerengel die Augen, ehe er den Saum seiner Boxershorts erreichte und zögernd einen Finger hinter den Gummizug schob, dann mit der flachen Hand über seinen Bauch hinab hineinglitt und sofort den Weg zur Seite einzuschlagen, dort erst einmal auf dem Oberschenkel zur Ruhe kam; seine Finger lugten schon wieder unter dem Stoff hervor. Fingernägel kratzten über die glatte Haut, dann gab er sich einen Ruck, nahm die andere Hand hinzu und schälte sich aus den Shorts heraus, fischte diese mit dem Fuß auf und ließ sie dann aus dem Bett fallen, ehe sein Bein zurück unter die Decke gezogen wurde. Auf die Seite gerollt drückte er seine Nase in das Kissen und rutschte mit der Hand zu eben jenem Körperteil, welches er am meisten bereute. Nicht, weil er ein Mann war. Es gefiel ihm sehr, genau diesem Geschlecht anzugehören, doch aber weil es eben dieser eine Bereich seiner Selbst war, der hin und wieder ungewollt Kontrolle über ihn bekam. Er hatte seinen Sexualtrieb immerhin nicht darum gebeten, ihn aufzuwecken. Mit etwas Gleitgel würde es schneller gehen, jetzt spuckte er sich nur in die wieder nach oben gezogene Hand und ignorierte den mangelnden Status von Hygiene, den ein gewisser Jemand nun unter Garantie bemängeln würde. Raphael… gerade an ihn musste er denken, als sich seine Hand um das steife Glied schlossen? Blöder Fummler, ausgerechnet mit dem war er also im Bett gelandet. Nicht, dass er einen persönlichen Groll gegen ihn hegte, nur wollte Michael nicht einer von unzähligen auf der Liste des Heilers werden. Ob er der erste Mann gewesen war? Raphael zumindest schien viel zu willig mit ihm zu schlafen, als dass dies wirklich der Fall sein könnte. Fragen würde er ihn bestimmt nicht und momentan konnte er wirklich an jeden denken, nur nicht an seinen besten Freund, der gedanklich in diesem Augenblick schon viel zu viel Platz beansprucht hatte, denn bisher hatte seine Hand ein emsiges Treiben aufgenommen, bei dem er die Beine etwas nach oben zog und sich über die Lippen leckte. Kurze Pausen, er mochte das vorsichtige Zucken in der Hand, dann fing es von vorne an. Immerhin ein Segen, dass Michael sich zu einer Beschneidung hatte durchringen können. Wo und durch wen war egal, dieser eine Hygienevorteil war ihm viel wert. Außerdem konnte er so etwas mit der Größe mogeln, was ja doch irgendwo an seinem ohnehin zerschmetterten Ego kratzte. Genervt grollte er in seine Decke hinein und schloss die Hand wieder fester, kniff die Augen zusammen und konnte die nächsten Bilder wieder nicht verhindern. Was hatte ihm eigentlich besser gefallen? Wenn er ehrlich sein sollte, hatte Raphael ihm verdammt weh getan. Das wollte er ihm so nicht sagen und den natürlichen Heilungskräften seiner Rasse war es zu verdanken, dass er nicht lange damit zu kämpfen hatte aber es war unangenehm und schmerzhaft gewesen. zu Beginn zumindest, sonst hätte er ihm den Fuß ins Gesicht gerammt und ihrer beider Leiden ein Ende gesetzt. Selbst aktiv zu sein knüpfte irgendwo an Erfahrung an, den passiven Part hatte Michael bisher selten übernommen und noch niemand hatte es ihm da so schwer gemacht. Wer außerdem das Privileg hatte ihn je flachgelegt zu haben, blieb sein kleines Geheimnis. „Fuck, man“, knurrte Michael wieder und drückte seine Nase noch fester in das Kissen, öffnete den Mund und erstickte ein abgehacktes Stöhnen, indem er in den weichen Stoff hineinbiss; das Rascheln unter der Decke nahm ein Ende und für ihn eine unerklärlich diffuse Situation forderte ein paar Sekunden der Aufmerksamkeit, in denen er flach atmete und endlich seine Hand lösen konnte. Er dachte nie an ein Taschentuch, stets klebte das Laken. Seufzend wischte er die Hand ab, rutschte dann etwas von der Stelle weg und drehte sich auf die andere Seite. Unpassende Personen waren ihm in den letzten Sekunden durch den Kopf gegangen, zu denen er eigentlich nicht masturbieren wollte doch das war nun zu spät und so fand er sich mit diesen Umstand ab und schlief endlich wieder ein. Büßen sollten sie es ihm später, einen so bedeutenden Teil seines Lebens eingenommen zu haben. - Zugegeben, seine schlechte Laune nervte ihn dieses Mal wirklich selber, hatte sie sich doch erstaunlich fest verankert. Michael war nach dieser Nacht mit Kopfschmerzen aufgewacht und hatte deswegen ein paar Leute zur Schnecke gemacht, ehe endlich eine Meldung bei ihm durchdrang. Er hatte sich Monat um Monat auf dieses Geräusch vorbereitet und jetzt, wo es endlich da war, konnte er es zuerst nicht zuordnen. Sollten sie wirklich einen Einsatz für ihn haben? Ausrücken trotz der Gefahr, dass Luzifer sich wieder unter den Lebenden befand und ein Krieg der beiden Brüder wohlmöglich schlimmer als der hingenommene Verlust ihres Schöpfers sein könnte? Was es war, konnte Michael immerhin nicht sagen und er musste sich beherrschen, sein Grinsen nicht mit in die Stimme zu legen, als er den Anruf entgegen nahm. Das Ergebnis war irritierend, es fiel aber ebenso in seinen Bereich der Grenzpatrouille wie der ganze Rest, den die Dämonen verzapften. Eigentlich sollte er ihnen dankbar sein, wie schlimm wäre seine Langeweile sonst wohl? Als er den Hörer wieder zur Seite legte, knabberte der Feuerengel kurz an der Haut seines Daumens und überlegte, wie er aus diesem Schlammassel herauskommen könnte. Vermutlich gar nicht, Befehle betreffend der Elementarengel hatten kaum einen Spielraum für Interpretationsfreiheit wie „Oh von deeeeem war die Rede“ und „hab ich glatt vergessen, kannte die Person gar nicht. “ Nun würde er genau den Engel an den Hacken hängen haben, den er letzte Nacht – nachdem er doch aufgesprungen und zum Bad gelaufen war – hingebungsvoll verflucht hatte. Und irgendwie hatte Michael das Gefühl, dass Raphael seine Finger mit im Spiel hatte und aus Gründen der Unverständlichkeit seine gar so rar gesäte Hilfe angeboten hatte. Es war ja nicht so, dass Raphael nutzlos war. Er freute sich sogar darauf, einen Einsatz mit ihm zu erleben, da sie gemeinsam eine nicht zu leugnende Durchschlagskraft besaßen. Allerdings hatte der Blonde seine kleinen Momente und Diskussionen waren genau das, was Michael wirklich nicht gebrauchen konnte. Allein aus dem Grund, nicht kurz auszuflippen und Raphael von dessen Frontzähnen zu befreien. „Ach, Blödmann“, murrte er und zögerte dann kurz. Er befand sich in einem der Stützpunkte und es wurde um baldigen Aufbruch gebeten – sagen wir, ausdrücklich danach verlangt – was bedeutete, dass er ein paar wenige Soldaten zusammentrommeln musste und dann irgendwie aufbrechen, ohne dass die Plage mit den hellen Haaren vor ihm stehen würde. Reines Wunschdenken, Raphael war vermutlich eh schon auf dem Weg und so schnell waren Vorräte und sein Rucksack auch nicht gepackt. Einen Versuch war es wert, vorm Hohen Rat könnte er sich auch später noch verteidigen. Sowieso, wozu? Die meisten Einsätze hatten sie alleine geschafft, also drehte er sich ruckartig vom Schreibtisch weg und eilte in Richtung Haupthalle, wo in diversen Ecken kleine Gruppierungen herumlungerten. Auf den Befehl reagierten die in sich zusammengesackten Körper mit einer Art Selbsterhaltungstrieb; schnell auf den Beinen und zielstrebig, wie sie es in Jahren gelernt hatten. Michael selber spürte ein Kribbeln in den Fingerspitzen und schaute sich noch einmal um – es war mit einem Schlag leer im Raum. Gut, er freute sich schon. Zumindest, bis er vor der Laderampe stand und eine Kiste mit hineinwerfen wollte und hinter ihm ein altbekanntes Tappen erklang; Füße, die nach einem Flug die Landung in Kauf nahmen. Raphael musste nicht extra auf sich aufmerksam machen, seine Umgebung reagierte wie immer von alleine; Soldaten richteten sich auf und starrten zum Blonden, von dem noch ein leichter Zigarettengeruch ausging. Michael gönnte ihm diesen Auftritt nicht ganz und schob die Kiste in das Flugschiff, dann ließ er seinen Nacken kurz knacken und drehte sich zu Raphael um, der eine Hand in die Hüfte gestemmt hatte und ihn aufmerksam musterte. „Ich will dich nicht mitnehmen.“ „Klar.“ „Wehe, du stehst im Weg rum.“ „Würde ich nicht wagen.“ Ein schmales Lächeln erschien auf dem Gesicht des Blonden, wieder in Begleitung seines verdammten Koffers, was Michael mit einem Augenrollen quittierte und dann ein Nicken andeutete, welches in genau die Richtung rutschte. „Du siehst mit dem Ding aus wie ein Landtierarzt…“ „Ich spar mit den Kommentar über den Geruchszustand deiner Soldaten.“ Ein Schnauben, die Arbeit wurde längst wieder aufgenommen und auch Michael schob die letzten Sachen ins Flugschiff, während in dem großläufigen Hangar zwei weitere vorbereitet wurden. Bei einem schlossen sich bereits die Türen und auch er selber haute mit der flachen Hand auf den Knopf, damit sich die Ladeluke schließen konnte. Selber sprang der Rothaarige noch hinaus, klopfte sich die Hände an der wie so oft viel zu kurzen Hose ab und musterte noch einmal Raphael; erst jetzt fiel ihm der handliche Koffer neben ihm auf. Fluchend schubste er den Heiler zur Seite, griff dessen Gepäck und stapfte zur seitlichen, schmalen Luke, wo der Koffer mit einem Fußtritt in den Innenraum befördert wurde. „Sag das doch, bevor ich das Ding zumache!“, giftete der Kleinere ihn direkt an und warf dann noch einmal einen scharfen Blick auf den kleinen Arzneikoffer, den Raphael versöhnlich schwenkte. „Wusste ich ja nicht, dass du schon soweit bist. Habt ihr euch beeilt?“ Schweigen schlug ihm entgegen, damit hatte er allerdings gerechnet. Ohne eine Antwort zu erhalten klappte er das dämliche Ding auf und zog ein paar kleine Fläschchen hervor, die alle mit dem selben Etikett versehen waren – zumindest, wenn ein Laie das behaupten konnte. „Wie viele Leute nimmst du mit?“ „Elf… plus mich. Und ja nun mal auch dich. Also 13.“ Er verzog das Gesicht, die Zahl passte ihm gar nicht. Das lag nicht an sonst irgendwie geartetem Aberglauben, er wollte nur die Zahl der Personen im Schiff gleich halten. Ein Blick über die Schulter, dann schnalzte er mit der Zunge und deutete einem der Männer an, sich zu entfernen. „Du bleibst hier. Wir sind zwölf.“ Raphael stellte das nicht in Frage – erst recht nicht vor den Untergebenen seines Freundes – und zuckte mit den Schultern, dann kam der erste Glaskolben hervor, an dem in einer Plastikhülle geschützt die spitze Kanüle saß. Erstes Scharren in der Gruppe, betretenes Zu-Boden-Starren und leises Gemurmel. Ja, das waren die Soldaten des Himmels. Und jedes Mal amüsierte es den Blonden. „Freiwillige vor“, meinte er gut gelaunt und zog die erste Spritze auf, was Michael mit zusammengezogenen Augenbrauen beobachtete. „Wofür is’n das?“ „Weißt du, worum es bei dem Einsatz geht? Klar weißt du das. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich die ganze Truppe vorher impfe, nicht wahr?“ Wieder schnalzte Michael mit der Zunge und Raphael begriff, dass er gerade den falschen Tonfall angeschlagen hatte. Wenn sie unter sich waren, gut. Aber nicht vor den Soldaten – einer Truppe, die den Rotschopf bedingungslos respektieren musste, wenn sie ihr Leben in seine Hände legte. „Entschuldige“, räumte der Heiler deswegen ein und zog die nächste Spritze auf. Insgeheim wartete er darauf, dass Michael sich als Erster für die kurze Schutzimpfung meldete, doch der schob sich nur die Hände in die Taschen seiner hautengen Shorts und lungerte frech vor dem Heiler herum, der für jeden Einzelnen eine eigene Spritze aufziehen würde. Eben diese zu teilen schmeckte ihm nämlich gar nicht – mal ganz abgesehen davon hatte er sich bereits zuhause den durchsichtigen Stoff in die Venen gedrückt. Jetzt saß er auf einer der zahlreichen Kisten und wartete auf das erste, bereitwillige Opfer. Er würde sie so oder so alle kriegen, da konnten sich die starken Krieger noch so sehr in ihr Schuljungenverhalten flüchten. „Na dann, viel Spaß“, ranzte Michael und wandte sich ab, stapfte dann zwischen den Soldaten her und stieß irgendeinen von ihnen in einem Akt vollkommener Willkür an. Raphael beobachtete, wie der Anführer ihrer Armee im ersten Flugschiff verschwand. Sofort schob er eine Kappe auf die erste Spritze und steckte sich diese in die Brusttasche seines Hemds, während ein tattoowierter Arm vor seinen Augen erschien. Ein flüchtiger Blick nach oben; mit Nadeln könnte er diese Truppe knallharter Kerle zu seinen willenlosen Sklaven machen. Wieder huschte das amüsierte Grinsen über seine Züge, dann rutschte die erste Nadel in die trainierten Muskeln vor ihm. Zugekniffene Augen, also stieß er den Soldaten an und schickte ihn mit einem Kopfnicken fort. Meine Güte, als könnte er keine Spritze setzen. Nachdem der Erste fertig war, wurden auch die anderen wieder aktiver und schoben sich beinahe schon verlegen an den Heiler heran. Hier ein Reiben an der Nase, da der verzweifelte Versuch, an der momentan nicht vorhandenen Decke etwas Interessantes zu finden. Und dennoch musste niemand zusammenzucken. „Ihr seid erlöst.“ Raphael schmiss die übrigen Dinge in einen kleinen Behälter, Michael konnte sich quer stellen wie er wollte, zum Einen würde er unter Garantie in dessen Schiff mitfliegen und zum Anderen bekam er noch an Ort und Stelle diese verdammte Spritze verpasst. Das sah ihm eigentlich gar nicht ähnlich, immerhin hatte Raphael schon weitaus schlimmere Dinge aus dem kurzen Körper befreit, Nadeln waren nun wirklich kein Problem. Meine Güte, er hatte ein Tattoo im Gesicht! Behutsam erklomm der Blonde das Flugschiff und wurde direkt daran erinnert, warum er sich nicht mit dieser Art anfreunden konnte. Zum einen stand das Ding vor Dreck, aber das war gerade nebensächlich. Es gab drei Bereiche; ganz hinten das Lager, nach einer stählernen Trennwand der Bauch der Merkabah und etwas weiter vorne das Cockpit, allerdings wurden diese Gebiete nicht getrennt und so sah er den Rotschopf im Stuhl des Kommandanten – also seinem eigenen – sitzen und ein letztes Mal die Koordinaten nachprüfen. Zwei weitere Soldaten traten hinter Raphael ein und als endlich die Tür zufiel, klickten Michaels Finger sich geschickt durch die zahllosen Knöpfe und Hebel. Die Turbinen rauschten, dann hoben sie ab. Einen kurzen Moment wackelte es und Raphael fand sein Gleichgewicht, indem er die Arme zum Ausbalancieren nutzte, dann ging er langsam auf Michael zu und setzte sich ungefragt neben diesen. Seine Hand landete am harten Arm seines Freundes, der ihm einen missmutigen Blick zuwarf und dann versuchte, ihn abzuschütteln, was Raphael aber großzügig ignorierte. „Halt still“, murmelte er möglichst leise und zog mit den Zähnen die Plastikhülle von der Kanüle, Michael noch immer fest im Griff. „Ich brauch den Scheiß nicht“, grollte er genervt und beobachtete Raphael wieder mit diesen faszinierenden Augen, während der Autopilot seine Arbeit leistete. „Das hast du leider nicht zu entscheiden. Tut mir Leid, ich folge nur meinen Anweisungen.“ Auf das Desinfizieren verzichtete er nicht, dafür klemmte der Glaskolben zwischen den Zähnen des Blonden, der unter dem Gewackel im Flug selbst im Sitzen etwas ins Schütteln geriet, dann aber die Spritze nehmen und sie rasch in Michaels Arm stechen konnte. Der richtete die Augen langsam auf die Nadel in seiner Haut, dann floss die Flüssigkeit hinein und als wieder alles von ihm abgezogen wurde, erschien ein winzig kleiner Blutstropfen, den er mit einer Hand wegwischte und bereits zum dritten Mal mit der Zunge schnalzte. „War echt nicht nötig.“ „Ich will mir später keine Vorwürfe machen müssen, ist ja nun eh geschehen.“ Raphael schob die Plastikhülle wieder auf, steckte die leere Spritze dann wieder ein und warf einen Blick auf die Koordinaten vor sich. „Hey… korrigier mich, aber das ist verdammt weit weg, oder nicht?“ „Sicher, weil die mich loswerden wollen“, grinste Michael bitter, lehnte sich dann entspannt zurück und legte die schweren Stiefel auf einem freien Platz des Armaturenbretts ab; schlanke, schneeweiße Beine lagen dem Heiler vor Augen, der um Besinnung herrschend seine Atmung kontrollierte. „Nun ja… es ist trotzdem keine Farce. Es fällt doch in deinen Bereich?“ „Jaaaah ist ja auch gut, ich hab sonst eh nichts vor. Da kann man einem Massensterben auf den Grund gehen. Und warum musstest du unbedingt mitkommen, wenn ich mal die Frage an dich richten darf?“ Ein Schlenker auf dem beweglichen Stuhl, dennoch ließ er die Beine dort liegen wo sie waren und sah so unheimlich verbogen aus. „Medizinisches Interesse, Abwechslung, die Fähigkeit, euch Euren Arsch in brenzligen Situationen zu retten. Such’s dir aus.“ Und um nicht wieder in ein Fettnäpfchen der Respektlosigkeit zu treten beugte er sich vor und flüsterte leise in Michaels Ohr: „Um der alten Zeiten Willen?“ Das Lächeln auf Michaels Gesicht war aufrichtig und nur kurz für Raphael zu sehen, der sich wieder zurücklehnte und nach draußen schaute; allzu lange würde es eh nicht mehr hell bleiben und er sah keinerlei Vorrichtungen - oder Platz – dass in diesem Schiff Schlafplätze möglich waren. „Sag mal… so als Laie… wo schlafen wir?“ Michaels Lächeln wurde zu einem boshaften Grinsen. „Draußen.“ Kapitel 5: Duo? --------------- Generell fühlte Raphael sich vom Großteil seiner Umgebung unterschätzt. Ja, er hatte einen Sauberkeitstick und nein, er saß nicht auf Taschentüchern oder polierte alles, was er in die Hand nehmen würde. Es war eben eine mit dem Beruf verbundene Persönlichkeitsstörung, dass er sich bei Schmutz und Staub unwohl fühlte. Dennoch war er durchaus dazu in der Lage, unter freiem Himmel zu schlafen. Allerdings waren Bedingungen an diese Aktivität geknüpft und die eine wichtige stellte sich gerade stur und lief auf dem Areal hin und her, ohne ein für den Blonden ersichtliches Ziel zu verfolgen und so musste er immer wieder eine scharfe Kurve einschlagen, um Michael an den Fersen kleben zu können. „Da war nie die Rede von ich schlafe nicht auf dem Boden!“ „Wenn du mich mal vorher kontaktiert hättest, stünden wir nun nicht vor diesem – sprich deinem – Problem. Such dir den weichsten Stein und geh mir nicht auf den Sack.“ Über der Schulter trug er einen schweren Stoff, der in vier Schlaufen endete und mehrfach gefaltet war. Die einzelnen Soldaten hatten sich etwas verteilt, immer mit ungefähr zwanzig Metern Abstand zueinander. Warum sie das taten, war dem Blonden eigentlich ziemlich schnell klar und auch Michael suchte sich einen Platz weiter weg von den anderen. „Ist das nicht gefährlich, wenn ihr alle so weit voneinander weg liegt?“ „Warum sollte es?“ „Wenn in der Nacht jemand angreift, kriegt es ja keiner mit.“ Michael umrundete einen Baumstamm und blickte dann hinauf, ging jedoch einfach weiter. „Und wenn alle auf einem Haufen liegen, haben sie uns mit einem Schlag. Wer im Übrigen nicht selber überleben kann, darf gerne abdanken. Ich brauche fähige Leute.“ Raphael nagte auf seiner Unterlippe herum, ehe er ihm wieder folgte und dann beobachten durfte, wie der zu kurz geratene Engel mit ein paar schnellen Bewegungen einen passenden Baum erklomm und dort die Schlafen anbrachte. Es raschelte im Geäst und Raphael beobachtete ihn in mindestens zweieinhalb Meter Höhe eine stabile Hängematte anbringen. Jetzt, wo er drüber nachdachte, hatten das auch ein paar der anderen Soldaten getan. Sicherlich lag es nicht jedem, so ein Ding zur Übernachtung zu nehmen und ein Sturz aus der Distanz könnte auch für einen Engel verdammt schmerzhaft werden, doch es war irgendwie praktisch. Wenn er den schwarzen Stoff nicht die ganze Zeit im Auge behalten hätte, könnte er Michael dort niemals finden. „Komm schon, lass mich bei dir schlafen! Wir passen sicher beide in das Ding.“ „Fick dich, deine scheiß Vorbereitungen sind nicht mein Problem!“ Michael krabbelte durch die Matte und zog sie an den Enden weiter auseinander, dann hievte er sich an einem Ast empor und sprang aus der Höhe zu Boden, landete abgefedert in der Hocke und prüfte, ob sein Platz wirklich gut gewählt war. Als er wieder aufstand, war dort noch immer Raphael und schaute ihn etwas ratlos an. Der Rotschopf unterdrückte ein Knurren und schob ihn zur Seite, obwohl er dafür eine Kurve machen musste. Einfach, weil ihn Raphaels mangelnde Vorbereitung nervte. „Ich hab gesagt, du sollst nicht nerven und jetzt fängt das schon an!“ „Ja meine Güte in den meisten Flugschiffen kann man auch schlafen, dass ausgerechnet du welche ohne Koje hast kann ich doch nicht riechen!“ „Das ist kein Hotel bau dir halt was zusammen, mir doch egal!“ Michael fackelte nur deswegen nichts in dem kleinen Wald ab, weil dann auch sein Schlafplatz das Zeitliche segnen würde und so stapfte er wütend an möglichst beschäftigt wirkenden Soldaten vorbei, die sich mit zwei zankenden Elementarengeln konfrontiert sahen. Zudem hatte der Boss noch nichts gegessen. Der reine Schuss ins Blaue von Raphael hätte diesen dann einige wichtige Gesichtsknochen kosten können, doch der letzte, noch nicht geflohene Soldat sah nur, wie sie mit etwas Abstand zueinander Platz um das stets brennende Lagerfeuer bezogen und Michael sein gefangenes Irgendwas mit einem Stock anpiekte, ob es denn schon gar war. Als wenige Stunden später fast vollkommene Dunkelheit herrschte, gab es da ein Problem mit der Anzahl vorhandener Beine, da Michael seine Hängematte eigentlich nie teilen musste und nun Platz einzubüßen hatte. Wenn er ehrlich sein wollte hatte er keine Ahnung, wie um alles in der Welt Raphi ihn nun doch dazu überredet hatte, bei ihm schlafen zu dürfen aber ein kurzes Gerangel stellte immerhin die Machtverhältnisse klar – sprich trat er Raphael mit möglichst viel Kraft gegens Schienbein und schaffte es dann irgendwann, seine Beine zwischen denen des hinter ihm liegenden Engel zu lagern, der aus Platzgründen einen Arm über Michaels Hüfte gelegt hatte. „Hör mit dem Geschmuse auf.“ „Ich kann nicht anders liegen, sonst fall ich raus…“ „Gut!“ Eine Decke gab es auch, dafür hatten sie kein Kopfkissen und die Stellung bezeichnete man nach Wissen des Feuerengels als Löffelchen, was ihn schon wieder nervte. Musste alles in seiner Gegenwart verniedlicht werden? „Mika-Chan… kannst du noch etwas weiter nach vorne rutschen?“ „Sicher, ich zieh die Schlafcouch aus, warte.“ „Musst ja nicht gleich giftig werden, du liegst nur so… eng an mir dran.“ „Kannst auch unten pennen. Fresse jetzt ich will schlafen.“ Da war ja auch noch die Option, einfach alleine im Flugschiff zu übernachten aber wenn Raphael an den Boden dort dachte, konnte er sich gleich in einer Schlammpfütze zusammenrollen. Jetzt hatte er das Problem, dass er mindestens einmal aus dem Ding fallen würde, wenn er sich in der Nacht auch nur ansatzweise bewegte. Außerdem konnte er Michaels kitzelnde Haare am Kinn spüren und seinen warmen Körper gegen sich gedrückt viel zu deutlich wahrnehmen. Sie hatten ihre Kleidung nicht abgelegt, trotzdem ertastete er mit der Hand beinahe zufällig die nackten Oberschenkel. Bilder von vor einigen Nächten kamen auf und ergeben ließ er sein Kinn auf dem Kopf des vor ihm liegenden Engel ruhen. Ein tiefes Einatmen, dann war da die leise, aber bedrohlich zischende Stimme des Feuerengels: „Wenn du ein Messer mit hochgebracht hast, lobe ich dich. Wenn mich was anderes piekt, bist du tot.“ „Zu meiner Verteidigung: Deine Hose ist verdammt eng und du viel zu nah. Mein Körper reagiert, tut mir ja auch Leid.“ Die Option nach hinten zu rutschen war wirklich nicht gegeben und wenn er sich bewegte, wackelte das ganze Ding – von allem, was man zwischen Ästen spannen konnte, musste es auch ein Tuch sein. Wieder zielte Michael mit den Füßen um ihn zu treten, doch Raphael schloss den einen Arm fest um seinen Bauch und klammerte sich fest, um nicht runterzufallen – was Michael genervt zischen ließ. Mürrisch schlug er auf die sich haltende Hand, löste ihn damit aber nicht. „Man, du tust mir weh rück mal weg! Reicht die eine Nacht neulich nicht?!“ „Die zählt nicht, weil wir gekifft haben“, murmelte der Blonde in den Nacken seines Freundes und traute sich trotzdem nicht, nun doch wieder kürzlich erlebte Gefühle aufleben zu lassen und ihn anzufassen – das wäre vielleicht der richtige Moment und Lust hätte er nach den kurzen Tagträumen über Michael alle mal, aber der steigerte sich gerade in seinen zickigen Anfall hinein. Als er plötzlich wieder still lag, ahnte Raphael Böses und machte sich auf einen schweren Sturz gefasst. „Ich würd‘s auch nicht noch mal machen wollen weil du echt schlecht warst.“ „Bitte?! Ich war high was erwartest du!“ „Trotzdem hat’s weh getan, von dir also eigentlich mehr.“ Der Blonde schaffte es sogar, sich ein Stück aufzurichten und in den letzten Lichtverhältnissen das Gesicht dieses frechen Wichts auszumachen, der ihm allen Anschein nach gerade die Zunge rausstreckte; die Kugel vom Piercing glänzte im schwachen Licht des Halbmonds. „Na warte“, murrte der Blonde und fasste Michael am Arm, um diesen wegzuschieben und ihn selber mehr auf den Rücken zu drehen, allerdings war er wieder mit Gegenwehr konfrontiert. Da sein Gewicht den Schwerpunkt in der Matratze ausmachte, rollte Michael zielsicher direkt vor ihn, schnaufte höhnisch. „Willst du’s mir nun beweisen?“ „Warum nicht? Sollen deine Jungs dich ruhig mal schreien hören.“ „In einer Hängematte? Wenn du mir wehtust, trete ich dich raus.“ „Nehm ich in Kauf.“ Es gab hier zwar leider keine Art von Gleitmittel, aber an dem Punkt waren sie noch gar nicht angekommen. Er wollte zumindest schon mal die Kleidung loswerden, damit Michael ihn nicht doch verarschte und dann von sich schob, wenn er sich gerade aufgegeilt die Hose öffnen wollte. Mit findigen Fingern fuhr Raphael über schmale Hüften und kam wie so oft am Saum der Shorts an. Es gab viele Dinge, auf die er sich gerade konzentrieren konnte – der Atem knapp an seinem Gesicht vorbei, das spöttische, halb sichtbare Grinsen auf Michaels Gesicht oder dass er die Hände über dessen Hintern gleiten lassen konnte, ohne direkt entmannt zu werden. Was ihn aber wirklich beschäftigte, war die Hand auf seiner Hüfte, die dort ruhig und ohne das geringste Anzeichen von Gewalt zum Liegen gekommen war. „Wehe, du lässt mich auflaufen“, murmelte er und zog Michael noch ein Stück zu sich nach oben, um ihn – endlich, wenn er ehrlich sein sollte – wieder küssen zu können. Zuerst blieben die Lippen des Kleineren verschlossen, dann stahl sich wieder dieses freche Grinsen auf ihnen und letzten Endes öffneten diese sich auch endlich, dass er mit seiner Zunge vordringen konnte. Michael ließ ein Murren von sich hören – aha, feuchte Küsse gehörten also entsprechend aller Erwartungen nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, allerdings mochte Raphael diese umso mehr. Dabei bewies er die grandiose Fähigkeit, Form und Farbe der letzten Mahlzeit des Hitzkopfes vollkommen aus den Gedanken zu verbannen, sonst würde er dies hier sicher nicht tun. Eigentlich hatte er das hier überhaupt nicht geplant, als er sich einen Schlafplatz bei Michael zu sichern versuchte; da war es nur am Sichersten und verglichen mit dem Rest der Truppe war er auch der Sauberste – ein schrecklicher Gedanke. Dennoch roch Mika-Chan nach Seife – oder zumindest einem verfliegenden Aroma vom Morgen, hieß also, er war frisch gewaschen. „Deine Shorts…“, murmelte Raphael und setzte sofort wieder die Lippen auf die des anderen, nestelte dann an dem schweren Nietengürtel herum und zog diesen auf, während Michaels Finger sich im Hemd des Blonden verloren. er wollte ihn ja gerne ausziehen, nur wie in diesem wackeligen Todesteil? Zur Not könnten sie später so schlafen, nur war Kuscheln nach dem Sex wirklich nicht Raphaels Ding – Michael schloss er auch davon aus, das würde einfach nicht zu ihm passen. Hier hatten sie wohl keine andere Wahl aber darum ging es zum Glück noch gar nicht. Knie schoben sich nach oben und bis zu Raphaels Brust, das Wackeln von Michael war minimal aber genug, dass der Blonde sich irgendwie weitläufig auf der Hängematte ausbreitete, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Michael streckte sich über Raphael weg – wieder ein bedenkliches Schwanken – dann warf er Hose und Gürtel an einen nahen Ast und schaffte es irgendwie, im Schneidersitz die Balance zu halten. „Ich werde rausfallen“, murmelte Raphael und öffnete sich seinen Gürtel, um sich dann möglichst langsam zeitgleich aus Hose und Unterwäsche zu schälen – die hatte Michael natürlich wieder nicht an aber das sollte ihn nicht stören. Weil er wusste, dass es ihn nerven würde, zog er sich im Liegen sein Hemd über den Kopf weg und ließ es passgenau zu genau dem Ast fallen, auf dem auch die Kleidungsstücke des anderen sich befanden. Der ergab sich der Situation und zog seine dünne Lederweste aus – sonst musste man ja auch nichts tragen, wenn man sich dem Feindesgebiet näherte, natürlich. „Du bist noch nicht rausgefallen“, schloss Michael und beobachtete ihn interessiert, legte sich dann wieder vorsichtig hin. „Noch?“, wiederholte Raphael und zog ihn wieder fest an sich heran, nur um die Erektion an den Bauch gedrückt zu spüren. „Wie hast du in deinen Hosen Platz, hm?“ Es war ihm vollkommen egal, er hatte ihn nackt neben sich liegen und konnte mit den Fingern dieses Mal ganz nüchtern auf Erkundungstour gehen. Es war interessant, wie viel Reiz ein unterentwickelter, männlicher Körper auf den Blonden haben konnte, der sich selber niemals als homosexuell bezeichnen würde. Außerdem hatte er ihn endlose Male nackt gesehen und nie diese Freude empfunden, die jetzt durch jede Faser seines Körpers flutete. „Wieso machen wir das hier“, hörte er Michael murmeln und schob eine Hand über dessen Rücken, hinunter zu dessen Po. Raphael zuckte leicht mit den Schultern, ehe er die Lippen an Michaels Hals versenkte und den kompakten Körper fest umschloss. Er wollte überall sein, dieses eine Mal sollten ihm die frechen Kommentare im Halse sitzen bleiben. Der Gedanke, als einzig mögliche Option im Kopf des Kleinen zu existieren gefiel Raphael wahnsinnig gut; jetzt brauchte er ein Bett, in dem er ihn einfach irgendwie drehen konnte, wie es ihm gerade passte. Wie sehr wünschte er sich noch immer den Anblick der weißen Flügel, doch hier war das wohl kaum machbar. Ein ziemlich deutliches Bild von einem auf allen Vieren knienden Feuerengel brannte sich in seinen Geist, hier müssten sie aber mit der vorhin schon halb erprobten Löffelchenvariante leben oder aber Mika-Chan machte die Beine für ihn breit, was insgeheim auch Raphaels Ziel war. Einfach den ganzen Körper unter sich bedecken und ihm nicht erlauben, überhaupt nur an etwas anderes zu denken. Dafür würde er auch die Flügel verschmerzen, die er ja so ohnehin nie zu Gesicht bekommen würde. Über seinen Körper wanderten Hände: nicht ganz so sicher, wie er es ihm zugetraut hatte, aber immerhin hielt Michael sich nicht bloß an ihm fest und akzeptierte sein Schicksal. „Wenn du kein Gleitmittel hast, brauchst du den Finger da gar nicht hinzuschieben“, hörte er die wieder gefasste Stimme und nun musste Raphael wirklich kurz stoppen. Mit der anderen Hand strich er Michael behutsam über die Wange, dann fahndete er schnell nach einer Idee. Wo sollte er nun bitte Gleitmittel herbekommen? Kondome waren noch abwegiger aber mit etwas Glück dachte Michael nicht daran, bis er erstmal in ihm stecken würde. Und dann noch mal rausziehen? Unter keinen Umständen. „Ehm“, murmelte Raphael leise und kreiste unsicher mit dem Finger über Michaels Hüfte, der schon die Hände auf seine Brust legte und zu drücken begann. „Kannst abzischen, ohne mach ich das nicht. Geb mir doch deinen Arsch, so rum wär mir das egal.“ „Mir aber nicht“, murrte Raphael und schob eine Hand in das feuerrote Haar, nur um den Kopf des kleinen Engels an seine Brust zu drücken und ihn auf den Schopf zu küssen. 2Was ist denn in deinem Rucksack alles drin?“, hauchte er und hoffte, ihn richtig einzuschätzen. Das Ding hing – wie es sich gehörte in Reichweite seines Besitzers – knapp neben der Hängematte. Michael drehte den Kopf und ließ so die Haare durch Raphaels Finger gleiten, der weiter seinen Kopf im Griff hatte und ihn sanft kraulte. „Warte“, murmelte Michael und drehte sich langsam um, streckte den Arm aus und machte dabei den großen Fehler, Raphael seine Kehrseite zuzuwenden, der schon jetzt zu gerne eine Hand an die Hüfte legte, dabei ein Schnalzen mit der Zunge erntete und direkt wieder losließ. Ein erstes Geräusch, dass Michael ihm bald die Zähne rausschlagen würde. Wieder setzte dieser sich in einen Schneidersitz, hatte den Rucksack zwischen den Beinen und ließ dann eines der kleinen Flämmchen auf seiner Hand tanzen, stupste Raphael mit dem Knie an. „Schau rein.“ „Vergiss es, ich beweg mich nicht. Das ist scheiß tief bis zum Boden und ich will nackt nirgends hängen bleiben.“ „Wenn du nicht reinguckst, mach ich es. Dann hältst du das Feuer.“ Genervt brummte der Blonde, zog den Rucksack dann langsam zu sich herüber und ließ es sich nicht nehmen, mit der Hand einmal langsam über den Schritt seines besten Freundes zu fahren, ehe er das Ding langsam aufschnürte und einzeln Gegenstände hervorzog. Messer, Schusswaffen, unerwarteter Weise eine Zahnbürste – waren das etwa Flusen an der Bürste?! – und ein paar Tücher, die ihre beste Zeit hinter sich gelassen hatten. Als seine Finger gegen eine kleine Dose stießen, zog er diese langsam heraus und drehte sie so, dass man das Etikett in dem flackernden Schein auch erkennen konnte. Ein ungläubiger, amüsierter Blick an Michael. „Vaseline?“ „Für’s Schwert. Öl schmiert mir zu sehr.“ „Perfekt“, kommentierte Raphael und schraubte den Deckel ab; halb voll, damit konnte er was anfangen. Den anderen Plunder steckte er wieder zurück und ließ Michael dann wieder dafür sorgen, dass der Rucksack zurück an seinen Ast kam. „Warum haben wir das hier nicht schon viel eher gemacht, hm?“, murmelte er und zog Michael wieder zu sich in die Arme, der sich unerwartet bereitwillig auf die Stirn küssen ließ. „Wie gesagt, du bist schlecht im Bett.“ „Hör auf jetzt damit!“ Vor allem, wo er nun uneingeschränkte Macht durch die Vaseline hielt, doch vor ihm lachte der Rothaarige nur leise und ließ die Stirn an Raphaels Brust fallen, der diesen Vertrauensbeweis wiederrum wohlwollend aufnahm und Michael damit belohnte, dessen Hüfte zu streicheln, ehe seine Hand endlich wieder zwischen die Beine des anderen glitt, der es einfach mal geschehen ließ. Mit Frauen hatte er diese Probleme nie, sie ließen sich besäuseln und öffneten dann schon die Beine für ihn, aber das hier war ja Schwerstarbeit! Immerhin wehrte Michael sich nicht so sehr, wie er es ihm eigentlich zugetraut hätte. So ganz ohne berieselnde Drogen und vollkommen nüchtern. Ob der Kleine wohl doch auf Männer stand? Bisher hatte er ihn nie Interesse an einer Frau bekunden sehen und das wäre ja nur naheliegend, wenn man die Situation als solche einzuschätzen versuchte. Fragen würde er ihn aber nicht, da war noch immer der potenzielle Fall aus der Matratze. Warmer Atem stieß Raphael an den Hals, der inzwischen an der Dose mit der Vaseline angekommen war und den Deckel langsam abschraubte. Dass er Michael dabei quasi in den Armen hielt, gefiel ihm wirklich gut. Anschmiegsamkeit war nicht seine Stärke, diese Nähe war besonders. Das starre, schmierige Zeug nahm er sich großzügig auf den Zeige- und Mittelfinger, schraubte den Deckel dann mit Daumen und kleinem Finger wieder zu und überlegte, wo er die Dose nun lassen sollte. Vorerst konnte er sie ja hinter sich legen und wenn sie dann stören sollte, konnte man diesen Umstand noch immer ändern. Dafür, dass er sonst mit so einer großen Klappe gesegnet war, wirkte der Feuerengel fast niedlich, allerdings nur, bis sein Knie sich gefährlich fest in Raphaels harten Schritt schob, der auf dem Weg nach unten mit der Hand stoppte. „Schön vorsichtig“, knurrte Michael und ließ noch immer sein Gesicht an Raphaels Brust verborgen, der wieder nach unten tastete und dann die Vaseline gutmütig verteilte. „Dir hat doch so gefallen, dass ich dir jeden Vorgang beschrieben habe, oder?“, säuselte der Windengel und drückte mit dem Zeigefinger gegen die begehrte Körperöffnung. „Ich töte dich“, knurrte Michael und leckte sich unweigerlich über die Lippen, als Raphael diese Drohung tatsächlich auffasste und dann ohne ein weiteres Wort den Finger in ihn hinein schob. „Ich will dir nicht weh tun“, meinte er leise und ließ Michael Zeit, sich an den Umstand zu gewöhnen. Zeitgleich wollte er allerdings beginnen, um nicht doch selber gleich unten zu liegen. Als er den zweiten Finger einführte, rechnete Raphael auch fast damit, denn das Knie in seinem Schritt drückte schmerzhaft das ab, womit er sich gleich noch vergnügen wollte. Inwiefern er Mika-Chan ablenken könnte, sei dahingestellt, dennoch presste er wieder die Lippen auf seinen Hals und arbeitete sich so über die erhitzte Haut. Apropos: Seine Finger waren von Hitze umschlossen und als er sie bewegte, ließ ihn die Vorfreude beinahe verrückt werden. „Dreh dich auf den Rücken, irgendwie“, hauchte er und schob sein Knie zwischen Mikas Beine. Die Kunst war nun, ganz zwischen diese zu kommen und sie beide nicht aus dem Nachtlager zu schleudern. Behutsam nahm er die Finger zurück, fasste nach Michaels Bein und drückte dieses so weit nach oben wie er ihm Gelenkigkeit zutraute, rutschte dann eher drunter her und versuchte, bei dem Gewackel nicht ganz die Lust zu verlieren. „Nächstes Mal liegst du unten, das schwör ich dir“, murrte der Rotschopf und rutschte etwas weiter auf den oberen Rücken, damit er die Beine um Raphaels Hüfte schlingen konnte. Viel müsste dieser nun wirklich nicht mehr machen und wenn er nicht ganz am Zielwasser vorbeigetrunken hatte, gab es da überhaupt nichts mehr zu verfehlen. Schnell verteilte der Blonde den Rest Vaseline von seiner Hand an seinem besten Stück und fand dann Halt, indem er den Ellenbogen möglichst dicht an den Körper unter sich presste. Grinsend leckte er ihm über die Lippen, als sich die freche Zunge herausschob und er genau diese ablecken konnte. Wieder hatte er die Kugel gefunden, wieder stellte er fest, wie viel Spaß Michael machen konnte. „Du willst noch mal mit mir schlafen?“ „Um dir zu zeigen, wie es geht. Ja.“ „Tzz…“ Ein Kopfschütteln erlaubte er sich in der Hängematte nicht, es war schon schlimm genug, dass er sich nicht richtig mit dem Knie abstützen konnte, um mit der Hand zu führen. Immerhin lagen Michaels Beine abgestützt auf dem instabilen Untergrund an seine Hüften gedrückt, so würde er nicht alleine in den Tod stürzen. Eine schmale Hand schob sich auf die nackte Schulter des Heilers, der den freien Arm unter Michaels Nacken herschob und ihn fest an sich drückte, kaum dass er die Spitze gegen und dann in ihn drücken konnte. Dieses Mal wollte Raphael warten und nicht so kopflos loslegen; Fingernägel kratzten unsicher über die Haut und Michael wurde zunehmend ruhiger. Langsam zog Raphael seinen Arm zwischen ihrer beider Körper weg und nutzte auch den, um Michael fest zu umschließen, den Kopf an seiner Halsbeuge lagernd. Immer Stück für Stück kam er etwas tiefer, eines der nackten Beine glitt schräg auf seinen Rücken, lag dort leicht und unsicher ab. Irgendwo meinte Raphael gelesen zu haben, dass Sex in einer Hängematte ziemlich gefährlich werden könnte. Wenn er sich vorstellte, dass sie beide nun herunterfallen würden… In der Hoffnung, dass Michaels Selbsterhaltungstrieb sie beide schützen würde, ignorierte er diese Gefahr einfach vorübergehend uns suchte dann nach einer Möglichkeit, sich irgendwie abzustützen. Eigentlich blieben ihm dafür nur die Schultern des Kleineren, den er vorsichtig aus seiner Umklammerung löste und dann seine Beine mit den Händen packte, um ihn an diesen näher heranzuziehen. Ein kurzer, schmerzlicher Schrei erinnerte Raphael daran, dass er sich nicht genüsslich in eine Frau versenkte sondern gerade seine ganze Länge in einen sehr knabenhaften Körper gestoßen hatte. „Scheiße, tut mir wirklich Leid“, flüsterte er versöhnlich und ließ Michaels Beine los, während dieser schmerzerfüllt zischend um Atem rang. „Das reicht, verpiss dich endlich!“ „Tut mir doch Leid ich wollt das nicht. Alles in Ordnung?“ „Nein, du Penner!“ „Pscht!“ Um Himmels Willen, wenn jetzt die Soldaten aufmerksam wurden, würden sie ihn lynchen. Nachdem ihr Boss ihn bereits zerlegt hatte, wohlgemerkt. Sex mit Männern war rein vom Kopf her also doch anders, nicht jede Frau hatte besagten Hintereingang angeboten und man gewöhnte sich eben an den einfachen Weg. Den hatte er mit Michael gerade ziemlich weit an eine Klippe gebracht. „‘Pscht‘ mich nicht an und hau ab! Wehe!“ Kratzbürstig wand der Rotschopf sich, wurde allerdings von Raphaels Händen an der Hüfte gehalten und allein der Umstand, dass Michael sich mit den Bewegungen selber Schmerzen zufügte, ließ ihm wieder zur Ruhe kommen. Ungern und mit wütendem Knurren, welches nach oben drang. „Es tut mir wirklich Leid, ich pass jetzt auf“, hauchte der Blonde und wagte es sich, die Lippen des Rothaarigen zu küssen – und kassierte einen festen Biss. Blut perlte hervor und mischte sich in seinen Mund herein, was Raphael nun ebenfalls mürrisch zur Kenntnis nahm. Doch Wutsex in dem wackeligen teil war sicherlich nicht die beste Idee, deswegen ließ er den Biss unkommentiert – seine Lippe heilte sich ja schon wieder, warum also Theater machen? Wo er schon dabei war, konnte er ja auch Michael von seinen Schmerzen befreien, was dieser mit einem abfälligen Geräusch zur Kenntnis nahm. Seine Hände schoben sich auf Raphaels Schultern, der nun endlich mit dem Handballen einen halbwegs akzeptablen Untergrund zu fassen bekam und sich im Stoff abstützte. „Damit ist gar nichts wieder gut.“ „Kann ich mit leben für die nächsten Minuten.“ Und wenn er sich richtig ausbalancierte, konnte Raphael sich auch auf seine Unterschenkel setzten und Michaels Unterleib so halb auf sich liegen lassen, während er seine Beine zur Seite weg sortierte und sich etwas nach vorne beugte. „Wie leise müssen wir denn sein“, murmelte Raphael und beugte sich wieder zu einem Kuss herunter, dieses Mal ohne Gebeiße. „Gar nicht, mir doch egal wenn die das hören“, murmelte Michael und ließ hin und wieder ein leises, stoßweises Atmen hören, während die langsamen Bewegungen Rhythmus gewannen. Gut, Raphael war es nicht egal aber er würde Michael auf keinen Fall verbieten, seine Stimme hören zu lassen. Dass er nicht vorher dran gedacht hatte, ihn wieder zu heilen, war schon etwas peinlich für Raphael. Trotzdem war das der Grund, weswegen er sich nun deutlich entspannter bewegen konnte und Michael auch ansatzweise zu genießen schien, was gerade mit ihm passierte. Zumindest fuhr seine Hand hoch in Raphaels Haare und ließ dort die einzelnen Strähnen durch die gespreizten Finger gleiten, während Michaels Kopf in den Nacken gelegt war und er ein leises, erstes Stöhnen hören ließ. Raphael biss sich auf die Unterlippe, das war Musik in seinen Ohren. Er möchte diesen Klang, ganz besonders weil er Michael sonst nur als lauten, ungehobelten Klotz kannte, der selten seine ruhigen Momente auskostete. Jetzt war das was ganz anderes und daran könnte und wollte sich der andere nur zu gerne gewöhnen. „Vorsicht“, hauchte er leise und zog den Rothaarigen wieder zu sich heran, dieses Mal blieb der große Schmerz aber aus und er keuchte nur – irgendwie mürrisch – ehe er leicht an Raphaels Haaren zog, um ihn nach unten zu bekommen. Gerne, wirklich gerne ließ er sich zu einem weiteren Kuss nach unten ziehen, um dort die Lippen des Freundes mit der Zunge zu teilen und ihm nur irgendwie immer näher zu kommen. Wenn sie diese ganze Geschichte hier überleben würden, könnte Raphael ihm am nächsten Tag auch noch uneingeschränkt begegnen und würde sich nicht ausmalen, was das zwischen ihnen zu bedeuten hatte – vermutlich nämlich gar nichts. Von Stellungswechsel war hier leider auch nicht wirklich die Rede und als sie wirklich entschieden, dass Michael auf seinen Schoß sitzen sollte, wären sie fast beide aus der Matte gefallen. Wobei, der Rotschopf rollte sich instinktiv in der Mitte zusammen, während Raphael hektisch mit den Armen rudernd Halt an ihm fand. Da es immerhin ansatzweise dunkel war, sah er das Augenrollen nicht und ließ sich auf den Rücken schieben, empfing Michael dann mit den Händen an dessen Hüften. das Gefühl, mit einem Minderjährigen zu schlafen, hatte er nicht wirklich. Er war eben kleiner, na und? Deswegen konnte er auch so problemlos Platz nehmen und hatte keine langen Beine, die ihnen beiden im Weg sein würden. Die Silhouette des Feuerengels starrte Raphael mit wachsendem Druck in der Lendengegend an, wenn er doch jetzt nur einmal seine Flügel ausbreiten würde, ein einziges Mal. Im Mondlicht hatte das eine bizarr kitschige Atmosphäre, aber er würde diesen Anblick in sich aufsaugen und nie mehr vergessen. Es war ohnehin fernab von Gut und Böse, was Michael gerade auf seinem Schoß für eine Show abzog; dass er jemals laszive Bewegungen von ihm sehen würde, hätte Raphael sich nicht zu träumen gewagt aber ihre Wirkung verfehlten sie nicht. Seine Hände gruben sich fest in die Pobacken und als er meinte, gleich seine Erlösung zu finden, schaltete der Körper des Arztes auf Abwehr und er unterdrückte ein panisches Aufkreischen, wischte dafür hektisch mit den Händen über seine nackte Brust. Die regelmäßigen Bewegungen verebbten und aus dem Augenwinkel sah er, wie die dunkle Gestalt Michaels den Kopf auf die Seite legte. „Was…?“ „Irgendwas krabbelt auf mir rum!“ Es klatschte laut, danach kam der Schmerz und Raphael gab ein leises, für seine Stimme viel zu hohes „Au“ von sich, nachdem die flache Hand des Feuerengels etwas auf seiner Brust geplättet hatte. „Du hast nicht ernsthaft irgendein Viehzeugs auf mir gekillt!“ „Fresse und Konzentration!“ Ekel keimte in ihm auf, der Umstand unter freiem Himmel war schon schlimm genug und jetzt klebte irgendein Käferkadaver an ihm, doch die neuen Bewegungen der Hüfte auf seinem Schoß ließ ihn das wieder vergessen. Die Hände glitten zurück zu dem bisschen Sitzfleisch, welches Mika-Chan aufzuweisen hatte und streichelten dort andächtig über die Haut, ehe er wieder fester zupackte und bei den Bewegungen mitlenkte. Wirklich leise waren sie beide auch nicht gewesen aber nun wäre es eh zu spät. Gehört haben konnte man sie seit fast zwanzig Minuten, das Ende war da nur noch eine reine Formsache. „Mika-Chan“, hauchte Raphael und kassierte bei dem Spitznamen eine schallende Ohrfeige, die ihm gerade weniger ausmachte als er je gedacht hätte. Wenn er den passenden Untergrund gehabt hätte, würde er ihn nun von sich runterstoßen und auf den Bauch drehen, aber so ließ er sich diesen Schlag gefallen, packte abermals fester zu. Michaels Keuchen trieb ihn an den Rand der Verzweiflung, die Hitze und Enge taten ihr Übriges und ohne an die Konsequenten ohne ein Kondom nachzudenken hielt er ihn plötzlich fest an der Hüfte gedrückt auf seinen Schoß gepresst. Die Augen nun nicht zu schließen, war der schwierigste Teil aber er wollte die letzten Momente genießen. Noch während er im Körper des Kleineren zuckte, ließ er ihn wieder los und erlaubte, dass er sein Tempo noch ein letztes Mal steigerte, ehe seine Unterschenkel sich fest an Raphaels Hüften pressten und ein erlösendes Keuchen zu hören war. Michael blieb erst noch sitzen und als Nachwehe ihres Aktes fasste Raphael nach oben, streichelte seine Wange und zog ihn seinerseits herunter, um einen letzten Kuss zu bekommen. Die Hand des Terroristen – klebrig, aber er hatte ihn nicht besser hinterlassen – wischte einmal an der Hängematte her, mit der anderen befreite er Raphaels Brust von möglichen Käferresten und legte sich dann halb auf diesen. Die Decke zog der Blonde ihnen beiden über, er könnte ewig so weitermachen und seinen kleinen Freund liebkosen, aber spätestens am nächsten Morgen würde dieser wieder Abstand von ihm suchen. Schade, ein Abschiedskuss auf die Stirn war dann alles, was er noch vor seinem Schlaf zu Stande brachte. Kapitel 6: Hilflos ------------------ Dass er vor den anderen aufwachte, überraschte Raphael nicht wirklich. Da war der Umstand, überhaupt eingeschlafen zu sein, viel schlimmer denn wenn er sich nicht täuschte, krabbelte EINE SPINNE ÜBER SEINEN ARM! Mit einer hektischen Bewegung schüttelte er sie ab und sah in ein dunkles Blätterdach, es dämmerte gerade erst und mehr als fünf Stunden Schlaf hatte er sicher nicht errechnet. Dass sie noch beide in der Hängematte lagen, wunderte ihn ebenso und auch, dass Michaels Arm über dem Bauch des Blonden hing, sein Gesicht irgendwo an Raphaels Brust gedrückt und friedlich schlafend. Toll, nun könnte er sich nicht einmal anziehen, ohne den kleinen Feuerteufel zu wecken, den er vorsichtig anschielte. Er hatte selten jemanden im Arm liegen, mit dem er in der letzten Nacht ein Stelldichein durchlebt hatte und gerade jetzt… Einer von Raphaels Armen lag um den Kleinen gelegt, er lag also zum Teil drauf und wenn sich der Heiler nun minimalst bewegte, würde Michael aufwachen und ihn einäschern. Klar, weil er sich ja auch ankuschelte! Mit etwas Geschick und einem festen Untergrund könnte Raphael sich sicherlich befreien, doch das war eben nicht gegeben und zudem waren die Instinkte seines Attentäters derart scharf ausgeprägt, dass er ihn bei der kleinsten Pulserhöhung im Aufwachmodus von der Hängematte schubsen und einen Feuerstoß hinterherschicken würde. Innerlich seufzend – bloß keine weiteren Geräusche von sich geben – richtete Raphael den Blick nach oben und sinnierte, wie groß seine Chancen auf Morgensex waren. Unterirdisch, vermutlich. Er musste sich unbedingt eine Kamera zulegen und Michael abfüllen, damit er von diesem Fotos schießen konnte. In eindeutig-zweideutigen Positionen und mitten beim Akt. Ob er wohl ein Video mitdrehen würde? Dann gäbe es Material, an dem er sich immer wieder erfreuen könnte. Raphael runzelte die Stirn und schüttelte dann sachte mit dem Kopf; noch einmal mit ihm schlafen? Es wurde allmählich wirklich zu einer Affäre, er musste mehr aufpassen. Mika-Chan war sicherlich nicht von der romantischen Sorte und eine feste Sexpartnerschaft hatte der Blonde auch nie verfolgt. Monogamie war außerdem überhaupt nicht sein Ding. „Warum hältst du mich fest…?“ Angstschweiß perlte hervor, dann bog er endlich den Arm unter dem Rothaarigen weg und drehte sich so gut es ging auf die Seite, wo Michael sich gerade aufsetzte und durch das zerzauste Haar fuhr. Konfrontation? Konnte er haben. „Du hast dich an mich gekuschelt und auf meinem Arm gelegen, also bitte!“ „Aha“, antwortete der Rotschopf viel zu desinteressiert und schob die Decke mit dem Fuß weg. Raphael rutschte gerade noch rechtzeitig in die Mitte, als Michael sich an einen Ast herüberangelte und seine Klamotten aus den Zweigen auflas, dann recht flink zu Boden schlängelte und am nächstbesten Busch seine Morgentoilette erledigte, während er noch irgendwo im Halbschlaf die Nase hochzog und ausspuckte. Raphael verzog den Mund, streckte dann aber vorsichtig den Arm und zog wenigstens seine Hose heran, während er den nackt umherstreifenden Feuerengel beobachtete. Der suchte nach einem fehlenden Kleidungsstück, welches wohl doch nicht auf dem Baum gelandet war und schlüpfte dann in die gleichen, furchtbar engen Hosen vom Vortag. Irgendwie erregte dieser Anblick Raphael, er hatte nun wieder die nackten Beine vor sich, ohne von der Tatsache des männlichen Geschlechts konfrontiert zu werden. Allerdings musste er sich langsam angewöhnen, Michael nicht mehr als Sexobjekt zu sehen, denn wie oft dieser noch mitziehen würde, war fraglich. Konstante Verhaltensweisen waren nicht seine Stärken, man konnte sich nur immer auf dieselben Dinge verlassen, zu denen Sex jedoch bisher nie gehört hatte. Ein Stoßgebet an seinen eigenen Körper, dann glitt Raphael halb bekleidet vom Baum zu Boden und rang mit sich, nun auch in den Busch zu pinkeln, doch er unterdrückte dieses Bedürfnis, solange noch jemand bei ihm war. Oder wieder auf dem Baum, so schnell konnte er ihn gar nicht im Auge behalten. „Fang mal.“ Gerade noch rechtzeitig streckte er die Arme aus und nahm den geworfenen Rucksack in Empfang, dann klinkte die Hängematte schon an einer Seite aus. Er würde Michael arbeiten lassen und den kurzen Moment wirklich zum Pinkeln benutzen, nachher rannten so oder so wieder überall Soldaten rum und vor denen wollte er sich noch weniger entblößen. Er sollte sich dessen auch nicht schämen, dennoch warf Raphael einen Blick über die Schulter und beobachtete, wie der Feuerengel den nächsten Baum erklomm und am Karabiner ihres Schlaflagers rumpfuschte. Raphael war nie der Typ gewesen, der sich zum Kollektivpissen an eine Mauer stellte und mit dem Nebenmann ein angeregtes Gespräch führte. Ehrlich gesagt traute er das nur den – wie er aus verlässlicher Quelle wusste – zum Teil unregistrierten Soldaten in Michaels Armee zu, inklusive ihrem Oberbefehlshaber. Und wie gerne würde er sich nun die Hände waschen, doch leider wuchsen in der Wildnisse keine Waschbecken und so stellte Raphael jegliche Aktion hinten an, die eine indirekte Berührung mit seinem Mund bedeuten würde. Essen? Nur, wenn er vorher seinen Koffer mit den Desinfektionstüchern bekommen würde. „Du pisst ohne Seife in der Nähe?“ „Ich bewundere dich für deinen Wortschatz.“ „Ich mich auch, hab ihn tief vergraben.“ Mit der Hängematte über der Schulter kam der Rothaarige wieder, nahm den Rucksack entgegen und ging in die Hocke, legte dann routiniert den schweren Stoff zusammen und rollte ihn über dem Reißverschluss zusammen, zog ihn da fest. „Gehen wir nochmal zurück zum Schiff?“ „Ich bin mit einer Kampfmerkabah losgezogen, glaubst du, wir laufen? Du musst öfter mit in einen Einsatz, Grünschnabel.“ Kurz überdachte Michael die letzte Aussage, blickte dabei stumm in Raphaels Gesicht und berichtigte mit Erinnerung an die nächtliche Schlafsituation: „Oder vielleicht besser nicht…“ Die Reaktion darauf war ein spöttisches Schnauben, bei dem der Heiler auch in sein Oberteil schlüpfte und seine Haare mühsam außer Acht ließ – die Hände, keine Seife. Eigentlich wollte er auch vermeiden, das Offensichtliche anzusprechen, doch wie sollte er sich bei diesen Frechheiten bitte zusammenreißen? „Du kannst kaum leugnen, dass du spaß hattest. Dann bist du ein verdammt guter Schauspieler. Und die dämliche Verbeugung kannst du stecken lassen, ich kenn dich lange genug, dir hat das gefallen!“ Michael brach ab, auf den Schauspielerkommentar hin den Arm gespielt heranzuziehen und sich zu verbeugen, schulterte den Rucksack auf einer Seite und glitt mit der Zungenspitze sichtbar über die hellen Zähne; die silberne Kugel seines Steckers im Muskel blitzte auf und zog kurz die volle Aufmerksamkeit Raphaels auf sich. Dann verschwand der Anblick wieder und er blickte hoch in Michaels Augen; Sonnenlicht schien durch die Blätter und fiel direkt hinein, ließ das warme Gold unangenehm hell strahlen, doch es schien den Besitzer gar nicht zu stören. „Nächstes Mal liegst du unten.“ Verdutzt folgte der Blonde ihm, da sich sein Kumpane in Bewegung gesetzt hatte und nun allmählich den Pulk Soldaten ansteuerte, der klugerweise vor dem Boss aufgewacht war. Er musste sich mit diesem Gespräch beeilen, sonst könnten sie es nicht mehr führen und wie er später noch einmal daran anknüpfen sollte, wusste der Heiler wirklich nicht zu sagen. „Du willst wirklich noch mal? ich dachte, ich bin unfähig.“ „Bist du auch, deswegen liegst du nächstes Mal unten. Ich lass mir doch nicht zwei Mal weh tun und du kommst mit heilem Arsch davon.“ „Ich hab mich entschuldigt und dich geheilt, muss mich einfach daran gewöhnen, dass du ein Kerl bist.“ „Das wirst du dann nicht mehr vergessen, keine Sorge.“ Wie immer klang Michael wirklich gelangweilt, sobald es um ihre soziale Interaktion miteinander ging, doch Raphael war zumindest etwas beeindruckt, wie selbstsicher der Kleine war. Also… er hatte es ja einmal erlebt, Michael war nach den paar Minuten aktiven Handelns vollkommen von der Rolle. Man könnte nun wieder die Schuld auf die Drogen schieben, das hatte Raphael ja auch getan aber bei ihm hatte nur die Dauer gelitten, nicht etwa Technik und eine aufkeimende Atemnot. Gut, er würde es sehen. „Fein. In einer Woche bei mir.“ „Wieso bei dir?“ „Weil ich alles da hab, was man dafür braucht. Oder willst du, dass ich in dein Schlafzimmer komme? Diesen Vorort der bakteriellen Hölle.“ „Ist mir latte.“ Michael beschleunigte seinen Schritt nicht, das würde vor den Soldaten einen seltsamen Eindruck machen und er musste auch nicht unbedingt Meter um Meter vor Raphael hermarschieren. Wer unter seinen Leuten an der Autorität des Bosses zweifelte, nur weil der nicht vor seinen Truppen patrouillierte, war definitiv falsch in der Einheit. Oder wurde zur Not eines Besseren belehrt. Allerdings ersparte Raphael es ihnen beiden – eher sich, da er dann vermutlich den Ärger seines Lebens bekommen würde – nun weiter in die Materie vorzudringen und wartete dann brav, bis er endlich in das Flugschiff und damit auch an seine Tasche kam, aus der er irgendwo ganz weit unten ein vereinsamtes Päckchen Desinfektionstücher hervorzog und sich die Hände säuberte. Funktionierende Wasserleitungen waren ein Luxus, den er bereits nach ein paar wenigen Stunden vermisste. Insgeheim glaubte er ja noch immer, dass Michael hier Trinkwasser bunkerte, mit dem man sich auch waschen konnte. Wie bitte sonst könnte er Monate auf einem Einsatz verbringen? Wenn Raphael dann aber an gewisse Dinge dachte, die bei der nach einem Einsatz (manchmal) anstehenden Routineuntersuchung auf Michaels Körper ein Leben aufgebaut hatten, konnte er den Gedanken an Hygiene schnell wieder verdrängen. Man möge ihn pingelig nennen aber ein kurzes Waschen würde viele Wochen Infektionen und Mangelerscheinungen ersparen. Neben ihm sank Michaels Rucksack zu Boden und die Schritte zogen an Raphael vorbei zurück zum Kontrollpult, plötzlich wimmelte es auch draußen vom Rest der Soldaten. Wie auch immer sie es anstellten – Michael schien nicht verärgert zu sein und genau das war wohl auch das Ziel. Ein guter Start in den Tag. Raphael nahm es sich heraus – da ebenfalls Elementarengel, sollte sich ruhig jemand mit ihm anlegen – sich neben Michael zu setzen und zuzusehen, wie der noch die letzten Leute einsteigen ließ, dann ging es eigentlich direkt weiter. Vom Aufwachen bis hierher waren keine fünfzehn Minuten vergangen, so schnell startete Raphael seinen Tag eigentlich nie, zumal er eigentlich wirklich müde von der letzte Nacht war. Sein Rhythmus bestand aus noch mindestens vier Stunden Bett, duschen, Frühstücken und dann anziehen. Sicherlich nicht im Busch pinkeln und in den gleichen Klamotten wie am Vortag direkt weiterfliegen an einen Ort, der allgemeinhin als verseucht bezeichnet wurde. Hier gab es zwei wichtige Komponenten: Die dort herrschende Zahl der Dämonen, die sich seit dem Zusammensturz der Schalen noch immer tummelten und das Gift, welches sie inzwischen in Atmosphäre und Boden gebracht hatten. Ihre Schutzimpfung bezog sich natürlich nicht darauf, wie sollte er auch vorher wissen, was sie erwartete? Doch die gängigsten Krankheiten waren eben abgedeckt und wenigstens würde nun niemand mehr an einem Wundkrampf sterben. „Also“, ertönte neben Raphael die Stimme Michaels, welche sich irgendwie immer zwischen Teenager und jungem Erwachsenen befand. „Steh mir gleich bloß nicht im Weg rum. Wir gehen da rein, suchen die scheiß Quelle für den Dreck da und gehen wieder. Wenn unterwegs ein Dämon meint, mich anfucken zu müssen ist der Geschichte. Ich will kein „minimaler Schaden“ und „lass uns einen friedlichen Weg finden“, klar?“ „Was sagst du mir das? Mir ging es um die Leute auf unserer Seite, Dämonen kannst du rösten wie du lustig bist. Ich bezweifle aber, dass wir wirklich erfolgreich sein werden. Nicht, dass ich dir das nicht zutrauen würde“, räumte er sofort ein, da Michael einen bösen Blick in Raphaels Richtung warf; wenn er dafür sogar vom Kontrollpult aufsah, war er wirklich sauer. „Aber das Ganze ist doch seltsam, oder? Warum bist du überhaupt aufgebrochen?“ „Hab ich dir doch gestern schon erklärt. Weil man mich loswerden will. Wenn ich den Mist nicht annehme, schicken sie mich eben direkt zu Luzifer oder im Gegenteil auf die verkackte Grenzpatrouille, an der ich seit Jahrtausenden hänge. Mir ist langweilig. Raphael. Seit so vielen Jahren. Wenn ich einen nutzlosen Auftrag kriege, mach ich ihn halt manchmal. Aber ich geh nicht Babysitten und zerhackstücke weiter Dämonen, an denen der Hohe Rat rumexperimentiert hat und wie üblich abgekackt ist. Wie viele davon mal Engel waren, will ich gar nicht wissen.“ Nein, das wollte Raphael auch selber nicht. Als er gerade wieder etwas sagen wollte, unterbrach Michael ihn noch beim Luftholen: „Warum du mitkommst, würd mich viel mehr interessieren. Ich weiß, dass du mich eh anlügst also spar dir die Erklärung und kack einfach nicht ab.“ „Ich bin nicht zum ersten Mal weg, Mika-Chan. Ist lange her aber so was verlernt man ja nicht einfach. Ist wie Fahrrad fahren.“ „Was du nicht kannst.“ „Ich kann fliegen. Wozu sollte ich mich auf etwas schwingen, was mir den Schritt zerquetscht?“ Ein leises Gähnen neben ihm, dann schüttelte Michael nur voller Unverständnis den Kopf und tippte ihre letzten Koordinaten ein, lehnte sich dann zurück und fasste den Horizont ins Auge. Dabei wechselte er immer wieder zum kleinen Radar vor sich, was für Raphael nur eine Ansammlung von Strichen und Zahlen war, dennoch versuchte er, bei dem stetigen Bildwechsel mithalten zu können, entdeckte aber bei weitem nichts. Wenn Michael immer unter solcher Anspannung flog, erklärte das die müden Aussetzer auf dem Schlachtfeld, die vermutlich der Grund für die übertriebene Vorsicht waren; ein Teufelskreis also. „Hast du nichts, was rechtzeitig lospiept, wenn wer angreift?“ „Wenn sie das Schiff erreichen, ist es zu spät. Viele Dämonen kann der Radar nicht erfassen und manche Engel auch nicht.“ Den Satz ließ er in der Luft hängen, Michael hatte keine Lust auf ein Gespräch und Raphael wollte nicht schon wieder streiten, von daher ließ er ihn erst einmal in Ruhe, machte es sich aber ähnlich wie Michael zur Aufgabe, einen ganz bestimmten Punkt vor sich zu beobachten. es gefiel ihm schlichtweg nicht, was er an dem Rothaarigen immer und immer wieder diagnostizieren musste. es war sein Schicksal, seinen Beruf mit sich herumzutragen, daher interessierten ihn körperliche Mängel besonders. Innerlich legte Raphael immer und immer wieder Krankenakten an, wobei die für Michael nicht in aufgeschriebener Form existierte. Irgendwann hatte er es aufgegeben und der Feuerengel war ohnehin durch die meisten Sachen durchgelaufen. Sein Krankenblatt mit Allergien existierte irgendwo in Raphaels persönlichen Unterlagen, sollte er ihn denn wirklich mal im Krankenhaus einquartieren. Dazu gab es noch den Vermerk, ihm auf keinen Fall diverse Lebensmittel vorzusetzen, ganz oben auf der Liste das gelbe, krumme Ungetüm, mit dem der Feuerengel erschreckend präzise auf Genitalien zielte und diese damit befeuerte. Momentan sah der Heiler bei seinem Stammpatienten Anzeichen für eingerissene Mundwinkel, trockene Flecken im Gesicht und ansatzweise rissige Lippen – er trank einfach zu wenig. Das war noch kein Grund zur Sorge, doch es konnte schnell zu einer werden, wenn auch seine Organe sich zu beschweren begannen. Zumal war ein mit Kopfschmerzen gesegneter Michael absolut unangenehm. - Seit ihrer Landung unmittelbar des betreffenden Gebiets waren kaum zwanzig Minuten begannen und bereits jetzt zog Raphael sich genügend Sauerstoff aus der Umgebung, da er als Dauerheiler im Einsatz war. Bemerkenswert: Es war nicht Michael, der von einem Dämonen besprungen und in die Halsschlagader gebissen wurde. Es war auch nicht Michael, der in eine Falle trat und beinahe ein Bein verloren hatte. Zwar war er sofort zur Stelle und holte den entsprechenden Soldaten mit einigen wohlwollenden Schwerthieben zurück in ihre Truppe, doch passiert war ihm noch nichts, Gut, Raphael glaubte auch nicht, dass der Kriegsherr sich die ganze Zeit selbst auf die Füße trat aber am Ende erwischte es ihn meistens am Stärksten. „Mika-Chan. Wenn wir in zehn Minuten nichts finden, bitte ich dich zur Umkehr. Warte, Korrektur: Mir ist egal, ob ich respektlos bin, Ich verlange, dass wir in zehn Minuten umkehren, hier überall schwebt Nervengift herum, wir atmen das alle fleißig ein.“ „Kannst du die Dosis bestimmen?“ „Nicht genau, ich will aber nicht bis zum Exitus warten. Wir haben nicht alles dabei, ich kann nur auf wenige Gifte behandeln und ein Rückflug dauert. Tut mir Leid aber auf sowas war ich nicht vorbereitet.“ Es behagte ihm nicht, das sah Raphael deutlich; eine Hand fest um den griff seines Schwertes gelegt traten die Knöchel weiß hervor und der Soldat malmte mit dem Kiefer, nickte dann aber. Tot brachte er keinem mehr was. „Gut, dann aber etwas schneller, ich flieg nicht zwei Mal hier hin. War ich auch nicht. Nicht in dem Ausmaß.“ Jetzt ging alles plötzlich ganz flink, ihre kleine Formation löste sich in dem Moment, in dem Michael plötzlich an Geschwindigkeit zulegte und seine Deckung aufgab; neben Raphael gerieten auch die anderen in Bewegung und folgten ihm, behielten dabei aber einen gewissen Abstand ein, den sich der Blonde nur zu gut erklären konnte: Es wurde brüllend heiß und wenige Atemzüge später spürte Raphael, wie der Sauerstoff um ihn herum großzügig eingesammelt wurde, damit Michael brennen konnte. Er mochte diesen Anblick, wenngleich keine Zeit für solche Gedanken blieb. In Flammen stehend zog Michael die Aufmerksamkeit sämtlicher Dämonen auf sich, gleich eines Lichts inmitten unzähliger Insekten. Als in den dunklen Ecken der Kraterlandschaft Bewegung einkehrte, schickte der Feuerengel von Zeit zu zeit einen alles fressenden Stoß Flammen von sich weg und verbrannte so ganze Nester, während einzeln heraneilende, verkrüppelte Körper den Soldaten zum Opfer fielen. Raphael wartete noch einen Moment, schickte nebenbei einen Angreifer mit einer schnellen Handbewegung und der schneidenden Luft in den Tod, als er das Flackern von Michaels Seite bemerkte. Das Feuer hatte kurz nachgelassen und der Feuerengel – nicht mehr als eine in Flammen stehende Kontur seines eigentlichen Körpers – wandte Raphael das Gesicht zu. Seine Augen waren kaum etwas anderes als zwei glühende, weiß strahlende Punkte, dennoch schaute er ihn irgendwie böse an. Natürlich, weil ihm der verdammte Sauerstoff genommen wurde. Ein weiterer Grund, warum Raphael nie mit ihm in den Krieg ziehen wollte; wenn sie zusammenarbeiteten, klappte es. Aber wehe, einer von ihnen machte einen kurzen Schlenker und erledigte eine Aufgabe im Alleingang. Solange Raphael für genügend Sauerstoff sorgte, könnte Michael den Himmel verbrennen. Aber wenn er ihn selber benötigte, geriet alles ins Wanken. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren drehte der Windengel ab; die Quelle dürfte sich eigentlich leicht ausfindig machen, das war einer der wenigen Vorteile als Windengel, war sein Element doch sonst eher unscheinbar neben den Erdbeben, Eiszeiten und Waldbränden, die die anderen Drei hervorrufen konnten. Man vergaß einfach zu gern, dass Raphael der Sturm war. Er könnte sie einfach wegpusten, sie in ein Vakuum sperren oder unter Druck zerquetschen, doch wozu? Sein Leben war auf Vorteilen aufgebaut, Zerquetschen und Wegpusten gehörte nicht zu diesen, da ein gewisser Standard gewahrt werden wollte. Weder Unterwelt noch seelenlos im Wassergarten oder gar in einer Wüste – er wollte Teil dieser wundervollen Welt sein und das erreichte man nicht mit dem Ruf, Störenfriede zu zermalmen. Zwar behinderte Michael mit seinem Feuersturm die Arbeit ganz gewaltig, dennoch konnte Raphael größere Quellen verpesteter Luft ausmachen und näherte sich so mehr und mehr dem Ursprungsort, zwei der Soldaten bei sich, die geschäftig um ihn herum Wache bezogen. „Schafft er das lange genug?“, versuchte Raphael ein Gespräch zu beginnen, während sie zwischen Höhlen und Abgründen her hetzten, doch nach einem zögerlichen Seitenblick schwiegen die Soldaten und blickten stur gerade aus. Gut, also hatte Michael wie schon geahnt seine grenzen, die Raphael jedoch durchaus nachvollziehen konnte. Die restlose Zerstörung eines Körpers hatte ihn in ein künstliches Koma versetzt, doch Barbiel war es ihm wert gewesen, Hoffentlich überschritt Michael seine eigene Grenze nicht. Was dann wohl passieren würde? Fraß das Feuer ihn selber auf? Immerhin hatte er trotz Allem noch Fleisch und Blut, auch wenn dies unter dem Schutz seines Elements stand. „Stopp!“, hörte der Blonde sich selber plötzlich rufen und war irritiert, dass er zwar funktionierte, dafür aber scheinbar gedanklich nicht einmal anwesend sein musste. Desorientiert wandte er den Kopf, blickte dann nach oben und zog die Augenbrauen zusammen; die Präsenz war verschwunden. Zwar war nicht zu behaupten, dass die Luft wirklich besser wurde, aber ihre Quelle bewegte sich entweder unbemerkt fort oder existierte mit einem Mal nicht mehr. Unbewusst wischte Raphael sich den Schweiß von der Stirn, er fühlte sich wie in einem Backofen und doch beruhigte ihn der Gedanke, dass es noch jemanden zum Brennen gab. „Moment“, wandte wer an die Soldaten, die tapfer schwitzten und nicht wagten, sich ihm zu widersetzen. Dennoch warfen sie hin und wieder einen flüchtigen Blick über die Schulter, was der Heiler ihnen gewiss nicht verübeln konnte. Er wollte ein Auge auf Michael behalten und ließ ihn dann brennend wie das jüngste Gericht einfach stehen, ganz großes Kino, wirklich. „Ich kann nicht mehr einordnen, wo es ist. Entweder man hat die Quelle ganz freigelassen oder eine Möglichkeit gefunden, eine vollkommen verseuchte Stelle einfach so zu entfernen.“ „Kann sowas denn passieren?“, erhob jetzt erstmals ein Mann im äußerlichen Alter von etwa 25 Jahren die Stimme; er hatte fahles, braunes Haar und kleine Augen, über die nackte Brust zog sich ein undefinierbares Tattoo. „Ich weiß es nicht“, gab Raphael zu. Er hasste diese nutzlosen Momente, eigentlich überraschte ihn nichts sonderlich schnell, doch das überforderte ihn zugegebener Maßen. Als er die Stimme wieder heben wollte, erklang ein leises Piepen und der zweite Mann – äußerlich ebenfalls wie sein Kollege gealtert, gefärbtes, grünes Haar mit dunkelblondem Ansatz – nahm eine Art Handy von seinem Gürtel, in welches er nur ein knappes „Ja?“ hineinsprach. Einen Moment lang herrschte Stille, dann streckte er den Arm und reichte das Gerät an Raphael weiter, der gerade eben bemerkte, dass ihm ein kühler Windhauch um die Ohren strich. Alarmiert setzte er den Hörer ans Ohr. „Hallo?“ Es dauerte kaum fünf Sekunden, dann drückte er das Ding zurück in die Hand seines Besitzers und spannte seine Schwingen, er durfte verdammt noch mal so viel Luft gebrauchen, wie er jetzt brauchte! Hinter ihm war Flügelschlagen zu hören und weiße Schwingen tauchten knapp hinter ihm auf, dafür war aber wirklich keine Zeit. Im Gegensatz zu vorher war er in wenigen Augenblicken wieder da, nun sparten sie sich die ganzen Schleichpässe. Zwar stand Michael noch aufrecht und er wirkte auch ausreichend genervt, doch das tat nichts zur Sache. Nicht unweit entfernt lag ein in seinem eigenen Blut ertränktes Etwas, von dem der vermisste Giftdunst ausging – ein Dämon, keine versteckten Objekte, die den Ort verseucht hatten. Raphael landete, zog die Flügel ein und schritt auf den Rothaarigen zu, der ihn entnervt ansah und dann abdrehte, noch ehe Raphael ihn erreichen konnte, dabei direkt abwehrend eine Hand hob. „Mir geht’s gut, lass mich!“ „Einen Scheiß geht’s dir! Lass mich dich ansehen und hör auf, dich zu bewegen!“ Er fasste nach Michaels Arm und riss ihn zu sich herum, die rechte Halsseite pulsierte dunkles Blut nach draußen, die Haut war gereizt und ansatzweise verfärbt. Als würde das etwas ändern, wischte der Rotschopf sich über das laufende Blut und schüttelte die Hand, rollte mit den Augen. „Wie konnte das passieren?“ Raphael hatte sein Kinn in seine Gewalt gebracht und drehte den Kopf seiner Freundes ungefragt hin und her, während dieser mit einem Bein hibbelte. „Hast du dir das Scheißvieh mal angeguckt? Der Sack hat nicht gebrannt und mich hinterrücks gebissen.“ „Wozu hast du Leute dabei, die auf sowas aufpassen sollen, wenn du dich umdrehst?!“ Die Wut stieg in Raphael empor, jedoch konnte er diese nicht auf etwas katalysieren. Er wollte Michael dieses eine Mal nicht anschreien, viel eher traf es die Soldaten, den Hohen Rat, das tote Vieh am Boden, welches gerade pflichtbewusst in einen versiegelten Behälter gesteckt wurde… vielleicht auch auf sich selber oder die anderen beiden Elementarengel. Sicher, Jibril gewöhnte sich wieder an ein Leben und baute sich erneut einen gesellschaftlichen Stand auf und Uriel war nicht ständig zugegen aber war es denn zu viel verlangt, wenn sie sich ebenfalls mal kümmern würden? Hatten sie nicht selbst immer gesagt, sie als Elementarengel müssten zusammenhalten? „Die waren selber beschäftigt, mach nicht so ein scheiß Gewese drum.“ Raphael biss sich auf die Unterlippe, dann gestattete er sich, noch einmal vom Sauerstoff gebrauch zu machen und die Wunde wenigstens vom weiten Bluten abzuhalten, heilen konnte er ihn aber noch nicht; Gifte fielen nicht in seinen Zuständigkeitsbereich, das wusste Michael auch. Dass er infiziert war, stand außer Frage und deswegen mussten sie sich nun auch beeilen, wieder zurück zu kommen. „Ich kann dich im Krankenhaus behandeln, hier wird das nichts, Können wir nachts durchfliegen?“ „Sicher, krieg ich hin.“ „Oh nein, du nicht. Du kommst jetzt mit, setzt dich dann gleich hin und bewegst dich nicht.“ Den bösen Blick ignorierte Raphael, schloss seine Hand entschieden um den Oberarm des anderen und blickte in die Runde angeschlagener Männer, die alle betreten schwiegen; eine Eigenschaft, die er selten zu sehen bekam. „Noch jemand von irgendwem gekratzt, gebissen, gestochen oder sonst was?“ Kollektives Kopfschütteln, was Raphael grimmig nicken ließ, dann zog er Michael mit sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren. es schmeckte ihm nicht, dass der Rückweg so unverschämt lang war, zumal sie wirklich noch eine Strecke bis zum Flugschiff laufen mussten aber den Rotschopf tragen? Das würde der niemals zulassen. „Das sieht ganz nebenbei nicht nach einer Bisswunde aus. Eher wie viele Stiche“, bemerkte er unterwegs und schaute immer wieder runter zu Michael, an dessen verlangsamtes Tempo er sich kommentarlos angepasst hatte. „Keine Ahnung“, räumte der nun ein und kniff immer mal wieder die Augen zusammen. Solange er denn noch laufen konnte und bei Bewusstsein blieb, konnte Raphael noch was damit anfangen aber so ganz unvorbereitet mit schweren Nervengiften konfrontiert zu sein war furchtbar. Das war auch neu, es gab höchstens mal diverse Tiere, an denen Michael sich mal den Magen verdorben hatte – der Biss eines von Bakterien verseuchten Komodovarans war eben nicht ganz angenehm aber man ging ja auf diversen Inseln jagen, um neue Geschmäcker auszuprobieren. Trotzdem hatten sie es immerhin jedes Mal zu Raphael geschafft. „Wenn Symptome auftreten, die du nicht zuordnen kannst – immer her damit.“ „Fühl mich betrunken.“ „Etwas genauer?“ Er war bei weitem nicht so ruhig, wie er es äußerlich gerade verpackte, innerlich starb Raphael vor Angst ein bisschen. Immerhin war das Flugschiff schon in Sicht und wieder überholten ihn ein paar Soldaten, um vermutlich schnell zum Start bereit zu sein. Inzwischen war Raphael auch dazu übergegangen, allzeit bereit Michael zu fangen und ihn zu stützen, doch noch lief dieser langsam weiter. „Könnte kotzen, meine Augen pochen komisch und mein Kopf tut weh.“ Das waren eher Katersymptome, doch diese Korrektur ersparte er ihm einfach mal. Bedenklich war eher, wie schnell sich die Stelle am Hals verfärbte und dass dies wie viele, rissige Adern über Schultern und Wange empor wuchsen. Dass Michael immer blasser wurde, war das geringste Problem. Im Flugschiff angekommen lagen einige Decken und Kissen in einer geschützten Ecke, zu der Raphael seinen – wieder mal – Patienten kompromisslos hin schleifte, nachdem dieser eigentlich wie selbstverständlich den Weg zum Kontrollpult eingeschlagen hatte. Protest machte sich breit und mürrisch wand Michael sich in Raphaels Armen hin und her, der ihn dann aber doch niederrang und auf die Kissen drückte, aufstand und seinen Fuß auf der Brust des Kleineren abstellte, während er den direkten Weg zum Krankenhaus anordnete; sie mussten ohnehin alle behandelt werden und Michael hatte ohnehin ein paar wirklich schwere Stunden vor sich. Sie waren immerhin so nett gewesen und hatten dann wieder – nachdem Raphael versichert hatte, dass er bei ihm bleiben würde und sich schon zu Wort meldete, wenn etwas nicht stimmte – die Trennwand gezogen, sodass Ruhe herrschte und Michael sich langsam selber runterfahren konnte. Das war leichter gesagt als getan aber was erwartete Raphael auch von einer Person, die mit dem eigenen Arm unter der Achsel geklemmt in sein Behandlungszimmer kam und sagte, er solle den bitte wieder annähen und etwas pronto, wenn es denn ginge. „Ich würde dir gerne helfen, kann dir aber nichts geben.“ „Also verreck ich jetzt.“ Das klang erschreckend nüchtern und irgendwie auch seinem Schicksal ergeben, darüber würden sie später noch einmal sprechen. „Nein, ich kann deine Organe immer wieder etwas aufpushen, das ist aber keine Dauerlösung. Mach etwas Platz und schau nicht so, ich war dir schon viel näher.“ Vorsichtig ließ er sich neben ihm auf den Boden sinken und bemitleidete sich gerade dafür, keine Zigaretten rauchen zu dürfen – nicht in dem Ding hier. Allerdings galt seine Sorge gerade auch uneingeschränkt Michael, der sich auf den Kissen ausgestreckt hatte und sich die Schläfen rieb. „Du trinkst zu wenig“, rutschte es Raphael dann doch heraus, während er mit dem Finger langsam über die verschwitzte Stirn vor sich glitt, dabei rote Haarfransen zur Seite schob, wo sie nass kleben blieben. „Dein Körper kann Schadstoffe schlecht verarbeiten, wenn du dauernd dehydrierst. Ich will dir keine Vorwürfe machen aber jemand wie du sollte doch wissen, wie wichtig Flüssigkeit ist, Gerade du eigentlich, oder?“ „Kann man jetzt auch nichts mehr dran machen. Vergess das immer.“ „Ich auch“, räumte Raphael ein und strich nun mit der flachen Hand über Michaels kalte Stirn, schickte dann vorerst die Kopfschmerzen fort, was ihm wieder diesen bösen Blick einbrachte. „Lass das und spar dir das für wichtigere Organe.“ „Mir geht’s gut, ich kann simple Kopfschmerzen beseitigen. Wie fühlst du dich sonst?“ „Müde…“ „Vergiss es, du bleibst wach.“ Und das aus reiner Angst, dass er sonst nicht wieder aufwachen würde. Allein bei dem Gedanken schnürte sich in Raphael einiges zusammen, das würde er nicht überstehen. Andererseits, wenn Michael schlafen wollte… er selber könnte ja wachen. Damit konnte er immerhin etwas von dem zurückgeben, was ihm in seinem Kälteschlaf gegönnt wurde, wie man erzählt hatte. Dass er wirklich auf ihn gewartet hatte… „Fünf Minuten“, flüsterte er leise und beugte sich etwas weiter herunter, als Michael auch schon die Augen schloss, sich auf die Seite rollte und damit automatisch vor Raphaels Beinen lag, zu denen er sich nun eingerollt hatte. Besorgt strich er ihm wieder über die Haare, fuhr mit dem Zeigefinger am Ohr herunter und stoppte schließlich vor den Stichen. Das war kein Biss. Da hatte es jemand speziell auf Michael abgesehen. Kapitel 7: Morgenstund ---------------------- Es war unnötig, Michael wieder aufzuwecken, da dieser von alleine die Augen aufriss und sich hastig an die Kehle griff; Raphaels Kopf war ein Stück nach vorne gesackt und ruhte so mit dem Kinn an seiner Brust, als er die hektischen Bewegungen neben sich bemerkte und aus dem kurzen Schlaf hochschreckte. Sein Rücken tat weh und der Boden hatte seinen Hintern ziemlich kalt werden lassen, die Position war nicht gut für den von weichen Federkernmatratzen verwöhnten Engel. Eine Hand hatte gegen sein Knie geschlagen, deswegen orientierte er sich wieder im Flugschiff und blickte dann auf das rote Gesicht des noch immer in den Decken liegenden Feuerengels. „Mika-Chan!“ Hektisch glitt er auf die Knie und fasste nach den umherwühlenden Händen, damit er einen schnellen Überblick bekommen würde, doch strampelnde Beine machten es ihm schwerer als notwendig. „Beruhig dich, ich helf dir ja!“ Dass er nicht noch die Flügel ausbreitete und dem angeborenen Fluchtinstinkt nachgab, war dann Raphaels ganz persönliches Glück. Erstickte Geräusche kamen vom Rothaarigen, dessen Gesichtsfarbe schlimmer und schlimmer wurde. Einen schnellen Atemstoß schickte er ihm in die Lungen, das beruhigte Michael jedoch kaum, er verfiel nur noch mehr in Panik und wand sich unter Raphael, der nun breitbeinig über ihm kniete und den Brustkorb möglichst abtastete, während Michaels Hände sich nach Hilfe suchend um seine Oberarme schlossen und dort einschneidende Abdrücke mit den langen Fingernägeln hinterließen. Hyperventilieren, das konnten sie wirklich nicht gebrauchen. Als er den Grund für die Atemnot gefunden hatte, war es eigentlich ganz leicht und nachdem er seine Hand über der Brust des Kleineren hatte wirken lassen, atmete dieser hastig ein und aus, hustete etwas und schloss unter Schmerzen die Augen, während Raphael sich erledigt setzte – sprich auf Michaels Schoß und einen Teil seines Bauches zur Ruhe kam. „Was war das“, krächzte der Betroffene unter ihm und behielt die Augen noch zu, während Raphael sich über die Stirn wischte. „Deine Nervenbahnen werden lahm gelegt, die Muskulatur versagt. Deine Lunge kann so nicht arbeiten.“ Michael öffnete die Augen; sie waren ungesund gerötet und er schien endlos müde, dennoch beugte er sich auf den Unterarmen etwas hoch und blickte zu Raphael empor, der noch auf ihm saß. „Wenn ich unterwegs verrecke, bereitest du dem ein Ende, klar? Ich will nicht wie irgendein Penner an meiner eigenen Kotze ersticken. Guck mich nicht so an, sonst pump ich mir selber alles in den Arm, was du in deinem Koffer mitschleppst.“ „Ich werde – verzeih den Vergleich – einen Teufel tun. Du hältst hübsch durch und wir ziehen dich wieder hoch.“ „Ach sei doch mal realistisch.“ Matt und nicht im Geringsten daran interessiert, dass der Blonde weiterhin auf ihm hockte, sank Michael wieder in sein provisorisches Krankenlager, rieb sich über die schweißnasse Stirn und schob alle Haare weg, die ihn irgendwie stören könnten. Raphael musste zugeben, dass er wie im fiebernden Endstadium schwitzte und ehrlich gesagt auch so aussah. „Wenn wir ankommen, kannst du das Zeug auch nicht direkt identifizieren und als ob du jedes erdenkliche Gegengift rumfliegen hast. Ich verreck an dem Scheiß, basta. Wenn Uriel meine Seele zu Luzifer durchlässt, trete ich ihm trotzdem in den Arsch, sag ihm das.“ „Mika-Chan wir haben Möglichkeiten, außerdem sind ein paar deiner Jungs vorgeflogen und bringen das verdammte Vieh ins Labor, wegen dem du hier liegst. Ich hätte dich ja gern mit ihnen weggeschickt aber der Transport wäre nicht wirklich besser gewesen als das hier.“ „Hab schon Schlimmeres überstanden.“ „Jaaaah“, meinte Raphael und versuchte sich an einem schwachen Grinsen, als er endlich wieder zur Seite glitt und neben dem Rothaarigen Platz bezog; er wollte die Beine strecken und legte sich deswegen neben Michael, schaute jedoch an die Decke. „Offener Brustkorb, abgeschnittener Flügel, hin und wieder eine Hand weniger als die Natur es eigentlich vorgesehen hat…“ „Richtig“, schloss das Daueropfer seine Krankenakte wieder und atmete einmal etwas lauter aus, als Raphael es gutheißen könnte. Besorgt drehte er sich auf die Seite und ließ wieder seine Hand über Michaels Brustkorb wandern, schickte wieder eine Salve der Heilung in ihn hinein. Das konnte er bis zum Ende machen, natürlich. Aber es würden mehr und mehr Faktoren hinzukommen, er war der Engel der Heilung, nicht etwa unerschöpflicher Vergiftungslösungen. „Hey“, murmelte er leise, denn gerade wusste er nicht, ob sein Freund wieder schlief oder nur erneut die Augen geschlossen hatte. „Hm…?“ „In einer Woche bei mir, denk dran. Durchhalten, okay?“ „Deswegen nehm‘ ich dich nie mit… du bist so weinerlich.“ Raphael nickte und suchte einmal nach der schweißnassen Hand des Rothaarigen, nahm diese in die eigene und fuhr ihm über die kalte, unangenehm blasse Haut. - Die letzten Stunden waren für beide eine Tortur gewesen, aber immerhin hatten die eingeatmeten Dämpfe bisher keine Wirkung auf den Rest der Mannschaft, wovon Raphael sich selber vergewissert hatte. Inzwischen waren die Decken fleckig von Blut und Schweiß, erbrochen hatte der Rothaarige sich auch, allerdings war von vornherein nichts im Magen, was den dröhnenden Schmerz im Kopf nur verschlimmert hatte. Raphael selber war müde, regelrecht platt und erledigt, aber sie befanden sich im unmittelbaren Landeanflug vor dem Krankenhaus. Die Trennwand wurde aufgezogen und Michael – zum Glück, wie Raphael fand – hatte gerade erneut einen kurzen Anfall von Bewusstlosigkeit, sodass er ihn aus den Decken fischen und sich auf die Arme laden konnte. Inzwischen war seine rechte Gesichtshälfte von blauen Aderrissen durchzogen und am Arm war es bis zum Ellenbogen nach unten gewandert, über den Brustkorb breitete sich der Rest aus. Alles in allem ein furchtbarer Anblick, da die Haut um all die blauen Farbtöne ungesund weiß schimmerte. Der Soldat mit den kleinen Augen trat heran und Raphael ließ sich bereitwillig den Feuerengel aus den Armen nehmen. Kein falscher Stolz würde ihn dazu verleiten lassen, seine letzten Kraftreserven aufzubrauchen und ihn zu tragen, wenn dort ein muskulöser junger Mann stand, der ganz offensichtlich bester Dinge war. Die hintere Ladeluke öffnete sich und ein Stab von Ärzten, Schwestern und Pflegern stand bereit, sie in Empfang zu nehmen. Raphael winkte unwirsch mit der Hand ab, als man ihn selber zur Seite ziehen wollte und eilte dem Soldaten mit Michael im Arm voraus, lotste diesen so zielstrebig durch die Gänge. Er hatte genaue Anweisungen durchgegeben und wusste, welchen Raum er nun aufzusuchen hatte. Dieses Krankenhaus hatte sich in sein Selbst gebrannt, er würde blind jede Kachel benennen können. Das war sein Zuhause. „Drauf da“, wies er den für ihn namenlosen Soldaten an und desinfizierte sich noch einmal schnell die Hände und Unterarme am Waschbecken, als bereits zwei Kollegen den Raum betraten und routiniert begannen, Michael aus seinem Oberteil zu schneiden. Das war nicht das erste Shirt, welches ihnen zum Opfer fiel und auch wenn der Rotschopf bei Zeiten ein Lieblingsstück zu verschmerzen hatte, rettete ihm das meistens seinen unverschämten Hintern. Raphael fiel gerade dem Segen anheim, nicht der einzige Heiler des Himmels zu sein und lehnte sich kurz an das Waschbecken hinter sich; er brauchte Schlaf, das ständige Heilen im Flugschiff hatte ihn an seine Grenzen gebracht und wenn er nicht wieder in etwas Ähnlichem wie nach der Sache mit Barbiel landen wollte, musste er sich wohl oder über am Riemen reißen. „Herr Doktor…“ Ein Neuling, der bestimmt schon seit fünf Jahren hier arbeitete, dem er aber bisher nicht viel Beachtung geschenkt hatte, hielt eine kleine Phiole zwischen den Fingern, während der ältere Kollege – wie hieß er noch gleich? – wie zuvor Raphael selbst den Körper des bewusstlosen Soldaten abtastete. „Die Bradykardie begann vor etwa einer Stunde, seit dem waren kurze Ohnmachtsanfälle von Zeit zu Zeit gegeben. Erbrechen und erhöhte Drüsenfunktion, Kopfschmerzen und schlechte Sehqualität“, ratterte er die Informationen der letzten Stunden herunter und überschlug dann noch einmal, ob er etwas vergessen hatte, nahm dann endlich die Phiole zur Hand und kramte in einer Schublade nach einem Zugang. „Er dehydriert“, fiel es ihm dann doch wieder ein. Das war nicht seine Art, Raphael kam bestens selber mit seinen Patienten zurecht und Michael hatte ihm zudem deutlich zu verstehen gegeben, dass, sollte er jemals aus einer Ohnmacht aufwachen und ein anderes Gesicht als das des Blonden würde auf ihn heruntersehen, er verdammt unangenehm werden könnte. Dennoch waren es seine Kollegen – oder viel mehr Angestellten – und sie hatten in wirklich kurzer Zeit die Akten nach Gegengiften gewälzt; die ein oder andere Nachtschicht hatte ihm auf dem Weg in dieses Zimmer ebenfalls entgegen geblickt. Als er Michaels Hand wieder in seine nahm, hätte er direkt einen Toten berühren können – das Ergebnis wäre mit Ausnahme der Leichenstarre dasselbe gewesen. Die schlaffen Finger lagen kraftlos zwischen den seinen, er war eiskalt und vollkommen farblos. Raphael biss sich auf die Zunge, dann schmeckte er unverwechselbar und beruhigend sein eigenes Blut und schob die dicke Nadel in die dunkel verfärbte Ader auf dem Handrücken. Der Kollege aus dem Labor klebte schnell ein Pflaster über den Plastikaufsatz und dann konnte Raphael das Gegengift in den Zugang geben. Dabei ruhte sein Blick auf Michaels regungslosem Gesicht, wobei er meinte, eine Bewegung hinter den geschlossenen Lidern ausmachen zu können aber das war vermutlich ein aus Wunschdenken und Erschöpfung gepaarter Traum. Er brauchte Schlaf, aber vorher musste er Gewissheit haben. Michael würde ihn in der Luft zerreißen, wenn er sich im Krankenhaus wiederfand aber wenn man Raphael nur ein paar Stunden ausruhen ließ, konnte er sich ihm gerne stellen, von daher sagte er nichts dazu, dass eines der Krankenbetten herangefahren und der Rotschopf bis auf die Unterwäsche entkleidet wurde, ehe sie ihn hineinhoben. Es war ein Segen, dass ihre Körper schnell auf die meisten, positiven Ersatzstoffe reagierten, dennoch wollte Raphael die ersten zwanzig Minuten bei ihm verbringen und sicher gehen, dass Michael nicht doch über die Klippe sprang. Deswegen trottete er schließlich langsam neben dem Bett her und zupfte hin und wieder an der dünnen Decke, die seinem Freund – und dessen wurde er sich in solchen Momenten immer wieder bewusst, zwischen ihnen bestand eine wie auch immer geartete Beziehung, keine angeborene Zwecksgemeinschaft – bis zu den Achseln hochgezogen wurde. Nur, weil sie ihm ein weiteres Gift gespritzt hatten – denn nichts anderes steckte hinter dem Begriff „Gegengift“ hieß das nicht, dass er nun unbedingt darauf anschlug. Zur Not setzte Raphael den nächstbesten Heiler neben ihn und zwang ihn mit dem weiterzumachen, wo sein Körper gerade versagte. Er war so müde… Es ging alles ziemlich schnell, der Puls des roten Teufels piepte wenige Minuten später beruhigend konstant mit Hilfe der Maschine, an die man ihn angeschlossen hatte; diese primitiven Metho9den waren nicht Raphaels Fall aber wie gesagt – falscher Stolz. Er hatte sich einen Stuhl herangezogen und wollte dort ausruhen, als man ihn an seinen eigenen Zustand erinnerte und kurz durchleuchtete. Das war unnötig, er kannte seinen Körper und wusste, dass die eingeatmeten Dämpfe keine Probleme verursachen würden, dennoch ließ er sich wehrlos abführen. Als Raphael wieder zurückke4hrte, erlaubte er sich ein leises Gähnen, seine Schritte gingen schlurfend und aus einer romantischen Überzeugung raus wollte er nun nicht neben Michael am Krankenbett einschlafen, dennoch bezog er Stellung auf seinem Stuhl. Das weiche Polster war ein Segen und die konstanten Töne waren beruhigender als jede Diagnose auf dem Papier. Einige Zeit beobachtete er den so jung aussehenden Engel, verschränkte dabei die Arme vor der Brust und glitt dessen Körper mit den Augen ab, gähnte wieder leise. Dass er sich stets um ihn sorgen musste, war schon ein kleines Ärgernis aber er tat es ja gerne. Nein, das war gelogen. Raphael setzte nicht gern seine Gesundheit auf dem Spiel und rannte dem Kurzen nach wie eine Amme, er hasste es eigentlich sogar. Dennoch fühlte er sich… verantwortlich? Schuldig? Hatte er etwa irgendwie die Rolle des älteren Bruders übernommen, der sich ja doch nie wirklich gesorgt hatte? Ein grimmiges Lächeln umspielte seine Lippen; Sex unter Geschwistern, sie hatten nie viel übrig für solche Tabus. Setsuna und Sara hatten sich auch großer Hilfe erfreut, wo der meist gelegene, gesunde Menschenverstand doch von Inzest und ethischen Werten sprechen würde. Er beugte sich vor, als Michael sich schwerfällig auf die Seite gedreht hatte und dadurch für ein Verrutschen der Decke sorgte. Behutsam zupfte Raphael wieder alles zurecht, ließ dann einen Finger langsam über das Tattoo auf der Wange gleiten, wobei er beim Kopf des Tieres stoppte, sachte mit dem Daumen drüber wischte. Tattoowierte Gesichter waren furchtbar und falsch, wie er eigentlich fand. Es verbarg immer etwas von einer Person, auch wenn es nur der schmale, schlanke Hals des Drachen war, vor dem er sich vor all den vielen Jahren so erschrocken hatte. Die Erinnerung daran war ausgeprägter, als sie wegen einer Banalität hätte sein sollen. Zwar war ein Michael ohne Tattoo inzwischen schlichtweg undenkbar, dennoch gab es einmal die Zeit, in der es eben nicht so war. Und plötzlich lief er an ihm vorbei, das blau-lila schimmernde Ding knapp unterhalb der gelben Augen. Ob Michael bewusst eine Art Komplementärkontrast gewählt hatte oder ihn das ewige Grün der Echsen einfach genervt hatte, wusste Raphael nicht zu sagen, doch inzwischen wollte er dieses Vieh nicht mehr missen. Seufzend ließ Raphael seine Handfläche auf der kalten Wange ruhe, dann keimte ein nachhaltiger Moment ihres nächtlichen Abenteuers auf und er beugte sich vor, um die Lippen auf die Haut vor sich zu drücken und dann seine Stirn an Michaels zu lehnen, ihm noch einmal durch die Haare zu wuscheln und dann selber wieder auf dem Stuhl zu sitzen. „Du bist anstrengend und nervig, Mika-Chan.“ Und trotzdem würde er immer wieder für ihn in die Bresche springen, einfach weil er es auch wert war. - Raphael erwachte wieder mit schmerzendem Rücken, der Stuhl hatte ihm im Endeffekt doch nicht so gut getan und gerade bereute er die Entscheidung, nicht doch aufgestanden zu sein und im Bereitschaftsraum ausgeruht zu haben. Oder gleich nach Hause zu gehen, doch das könnte er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren. Es piepte noch immer konstant im Raum, inzwischen war es wieder dunkel geworden – eine furchtbar klischeehafte Szene, wie er fand. Idealerweise würde er nun aufstehen und ein leeres Bett vorfinden oder mindestens eine Blutlache unter diesem, doch neben ihm schlief der Feuerengel friedlich und blutlos. Insofern er es bei den schlechten Lichtverhältnissen beurteilen konnte, hatten sich all die vielen Aderrisse zum Teil zurückgezogen – es leben die Astralkräfte! – und Michaels Atem hatte sich auch von einem Flattern in tiefe, ruhige Züge verwandelt. Dennoch erhob sich der Blonde, streckte den Rücken durch und trat dann einen Schritt näher, um sich das Übel noch einmal anzusehen. Die Stiche am Hals waren noch immer nicht verheilt, was ihn irgendwie nervte, doch darum könnte er sich auch später noch kümmern. Vorsichtig ließ er die Hand nach vorne rutschen und berührte Michaels Stirn; nicht mehr so kalt wie zuvor und das übermäßige Schwitzen hatte auch endlich aufgehört. Alles in Allem schlief er einfach und ruhte aus, eventuelle Folgeschäden könnte Raphael erst später ausmachen. Er könnte sich nun auch zu ihm legen und sich hingebungsvoll anschmiegen, aber die Szenen eines schlechten Krankenhausfilms glitten ihm durch den Kopf und so war es wirklich der Bereitschaftsraum, den er zum endgültigen Nachtlager auswählen würde. „Schlaf gut“, murmelte er dem Patienten noch leise zu, dann machte er kehrt und verließ endlich den Raum, ließ die Tür leise ins Schloss fallen. Die Betten im Bereitschaftsraum waren nun auch nicht das, was er seinem Rücken sonst gönnte aber eine Aufwertung zum Stuhl, dem Flugschiff oder gar der Hängematte alle mal. Wobei, so unbequem war es in dem Ding zwischen den Bäumen nicht gewesen, es hatte ihm sogar ziemlich gefallen. Sex war so eine Sache und in einem Bett mit sicherer Matratze vermutlich noch besser gewesen, doch eigentlich konnte er sich nicht großartig beschweren. Erinnerungen keimten auf, bei denen Raphael selber schmunzeln musste. Die Stimme des Rothaarigen glitt ihm durch den Kopf; nicht so laut wie sonst, angenehm leise und vor allem Geräusche, die er sonst nicht von ihm kannte. Nicht unter den Bedingungen. Dazu kam das Gefühl an den Händen, seine Hüften festgehalten zu haben – das Insekt blendete Raphael großzügig aus, auch wenn er gerade daran erinnert wurde, seit zwei Tagen nicht geduscht zu haben – und das federleichte Gewicht auf dem Schoß. Seufzend drückte er die Nase in das geruchslose Kissen und schloss die Augen, tastete noch einmal zur Sicherheit nach dem Bewusstsein des anderen Elementares und schlief dann mit der beruhigenden Gewissheit ein, dass dieser sich auf dem Weg der Besserung befand – erneut. - „Wie fühlst du dich?“ Er rechnete mit einer frechen Antwort, allerdings erntete Raphael nur einen verkniffenen Gesichtsausdruck und böse zusammengezogene Augenbrauen, während Michael – aufrecht im Bett sitzend – auf das Tablett mit dem Frühstück herunter sah, welches man ihm angedreht hatte. Im Laufe der Nacht hatten sie ihn mit Elektrolyten vollgepumpt und wenn der beratungsresistente Engel dieses eine Mal auf Raphael hören würde, konnten sie dem Flüssigkeitsmangel immerhin entgegentreten. „Guck nicht so grantig, das war eine ganz harmlose Frage.“ „Gut, ich geh gleich“, murrte es hinter einer Wasserflasche und einer Schale ungesüßter Früchte. Raphael ließ die Augen rasch über die Auswahl gleiten und stellte dann mit nicht wenig Erleichterung fest, dass sich das verhasste Obst nicht unter dem Angebot befand und so lehnte er sich selber bloß im Stuhl zurück – geduscht und umgezogen, er fühlte sich hervorragend. „Vorher darf ich dich noch einmal durchchecken, eigentlich wäre es mir sogar lieber, wenn du noch eine Nacht zur Beobachtung bleibst.“ „Jaaaaaa… nein. Vergiss es. Durchchecken, geschenkt. Danach will ich nach Hause.“ Die Wasserflasche wurde weggeschoben, die Früchte keines Blickes gewürdigt. Das war einfach nicht sein Ding, sie hatten sich nicht in einem unfairen Kampf auf Leben und Tod wehren müssen. Raphael würde sie notfalls unter Körpereinsatz in ihn reinzwängen und genau der Gedanke schien auch Michael gerade gekommen zu sein, der pikiert ein Stück Apfel zwischen die Finger nahm und seinen ganzen Frust darauf ablud. „Hast du Schmerzen? Iss auf“, setzte Raphael seine persönliche Visite fort und bediente sich bei den Früchten, da Michael eh nur scheinheilig auf ein, zwei Stücken herumkauen würde. Er schob ihm ja jetzt schon die Schale hin und schaute böse auf, als Raphael diese mit der Hand stoppte und wieder zu ihm rückte. „Nein“, kam es pragmatisch, dann steckte er sich das Stückchen Apfel in den Mund und kaute genervt. „Das Gift war nicht selten, aber effektiv“, murmelte der Blonde und nahm sich eine halbe Kirsche, während Michael möglichst viel Abstand zum Obst aufzubauen versuchte und den Oberkörper nach hinten drückte, kaum dass Raphael aufgestanden war und neben ihm Stellung bezog. Dieses Arzt-Patientending war absolut nicht Michaels Fall, deswegen suchte er ihn meist alleine auf und nicht wie üblich mit einem Stab von Assistenten und Krankenschwestern, die sich dann alle vor dem Bett postierten und zu ihm herunterblickten. Wenn Raphael sich nun also erhob, wurde es auf irgendeine Art und Weise unangenehm für den kleinen Engel, der ihn misstrauisch ansah und zur Vorsicht noch nach etwas Birne angelte. „Ich weiß nur nicht, was das Ganze sollte. Hast du dir mal wieder neue Feinde gemacht?“ „Brauch ich nicht, dann werden die alten nur eifersüchtig.“ Ein mattes Schmunzeln glitt über die Züge des Heilers, ehe er wieder in die Schale langte und selber ein Stück Apfel aß, dann schob er plötzlich das zweite, mit aufgenommene Stück zwischen Michaels Lippen und nahm gerade noch rechtzeitig die Finger weg, ehe er ihn um ein paar Kuppen erleichtern würde. Die Schale fischte er sich auch schnell hoch, da diese sonst zum Wurfgeschoss umfunktioniert worden wäre und glitt auch einen Schritt nach hinten, aß dann in aller Ruhe die andere Hälfte der Kirsche. „Du sollst auf mich hören, verdammte Scheiße. Ich bin dein fürsorgender, besorgter Arzt also mach gefälligst, was ich dir sage.“ Langsam stellte er die Schale wieder ab und wie zu erwarten verschränkte der andere bockig die Arme vor der Brust, beobachtete Raphael allerdings genau, während dieser sich wieder auf den Stuhl setzte. Mürrisch griff Michael nach der Schale, schob sich drei Fruchtstücke zwischen die Lippen und rang deutlich mit sich, Raphael nun zu beschmeißen. Lebensmittelverschwendung war allerdings gar nicht Michaels Fall, also würde er nun doch die Schale leeren und ihn dann mit dem Porzellan attackieren. „Ich frage mich, warum dich alle tot sehen wollen“, schloss das Zielobjekt in aller Ruhe wieder zu ihrem vorherigen Gesprächsthema auf und erntete damit ein Schnaufen. Raphael rollte mit den Augen und zuckte die Schultern. „Ich weiß, dass viele Dämonen einen persönlichen Rachegrund haben und andere dadurch einige Vorteile, schneller hier eindringen zu können. Aber findest du nicht, dass der ganze Mist etwas abgekatert aussah? Ich meine… man schickt dich speziell in dieses Gebiet, ausgerechnet das giftigste Vieh attackiert dich, dein Feuer hat nichts gebracht…“ „Klar“, murrte Michael und stöhnte dann entsetzt, da er noch nicht einmal den Boden der Schale sehen konnte. „Wär nicht das erste Mal, dass der Hohe Rat mich ausknipsen will. Und ich glaube auch nicht, dass du im Plan mit drin warst aber da war es ja wohl schon zu spät, alles abzublasen.“ Er schabte sich eine Handvoll Früchte heraus und breitete diese dann auf dem Serviertablett aus, damit die Masse nicht so erschlagend war und er schön brav alles nacheinander essen konnte. Ein schrecklich kindisches Verhalten, aber Hauptsache, er aß das Zeug. „Erschreckender Weise wäre das nicht mal so verwerflich“, murmelte Raphael, doch ob diese Antwort ihn glücklich machen würde? So ganz konnte er sich noch nicht damit anfreunden, doch Michael schien der kleine Mordanschlag nicht weiter zu stören und endlich sah er ein Ende in Hinblick auf sein Frühstück. Würde er ihn nicht wirklich genau beobachten, wäre Raphael das leichte Zögern entgangen, mit dem die Schale wieder in seine Richtung geschoben wurde, so gab er den Widerstand dann aber auf, nahm noch ein paar Stücke raus und legte sie ihm vor, ehe er selber den Rest an sich nahm. Einfach nur um ihn zu boykottieren verweigerte der Rotschopf dann die Aufnahme der letzten Früchte, was mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen wurde. „Ach ja“, fing er plötzlich an und schraubte die Wasserflasche auf, nahm einen kleinen Schluck. „In einer Woche, ne. Bei mir. Ich will nicht immer zu dir latschen, deine Lampen kotzen mich an.“ „Kann nicht jeder dekoratives Neonlicht haben“, schoss Raphael kühl zurück und wunderte sich dann doch, dass Michael wirklich wieder auf das Thema zu sprechen kam. „Hatten wir nicht festgestellt, dass ich die nötigen Sachen dafür zuhause habe?“ „Dann bring sie halt mit, mir doch egal. Ich geh jetzt.“ Raphael beobachtete, wie der andere die Beine aus dem Bett schwang und auf die Füße kam, dabei einen prüfenden Blick an sich herabwarf und dann wieder nach oben blickte. „Wo sind meine Sachen?“ „Bis auf dein Oberteil da im Schrank.“ Genervtes Augenrollen, dann schlenderte er an Raphael vorbei und zog die Schranktüren auf, fischte die über Nacht frisch gewaschene Hose heraus und blickte dann irritiert auf seine Stiefel. Raphael sah es förmlich hinter der Stirn arbeiten, ob das tatsächlich Michaels Stiefel waren. Due Kruste aus Schmutz und Schlamm fehlte und er sah sich mit geputztem Leder konfrontiert. Da hatte es ein Azubi besonders gut gemeint und sein ganzes Herzblut in die Reinigung gesteckt, was jedoch nur zu einem verständnislosen Kopfschütteln führte, dann zog er sich an und machte danach deutlich, dass der freie Oberkörper ihn keines Wegs störte. Raphael nahm den Rücken des Rotschopfs ins Visier, dann verließ ihn der nächste Satz einfach ganz frei und ohne überhaupt richtig nachzudenken: „Ich hätt grad wirklich Lust, dich von hinten zu nehmen.“ Michael stoppte in seiner Bewegung – morgendliches Dehnen, er war ja nicht blöd – dann drehte er sich sichtlich verwirrt zu Raphael um, der über seine eigene Aussage erschrocken war. „Wie war das?“ „Gute Frage, vergiss es einfach. Ist mir so rausgerutscht.“ Ein kritischer Blick, dann wandte sich der andere wieder ab und streckte die Arme in die Luft, kratzte sich anschließend am Hals – und zuckte zusammen, als er die Stiche berührte. Das war immerhin ein Moment, mit dem der Blonde wieder umgehen konnte und so trat er an ihn heran, legte seine Hand an den Hals und ließ endlich diese unansehnlichen Löcher verschwinden. In der letzten Nacht lagen die Prioritäten woanders, da hatte er keine Zeit für kleine Wunden. Jetzt allerdings war es in Ordnung und wenn er nur die Hand wieder wegnehmen würde, könnte Michael auch gehen. Unpraktischer Weise stand er wirklich dicht hinter diesem und atmete den Geruch der Haare ein; es war nicht angenehm, er hatte nun einmal geschwitzt wie ein verrückter aber wie immer war da etwas Rauch und frische Luft, die sich stets vor ihm zu verstecken versuchte, allerdings an seinen Körper gebunden war, damit er überhaupt funktionierte. „Wenn deine Hose stramm wird, sagst du Bescheid?“ Das war der Moment, in dem Raphael aus seiner Starre erwachte und von ihm abrückte, ein leises „Tzz“ vernehmen ließ und sich nun beherrschte, ihm nicht peinlich berührt den Rücken zuzudrehen. Michael schüttelte den Kopf – Mika-Chan, er musste bei Mika-Chan bleiben. Michael war zu erwachsen – und verließ dann das Zimmer endgültig. Klar, er ging eben, wie es ihm passte, sollte er nur. Raphael selber ließ sich entnervt auf seinem Stuhl sinken und überdachte die Aussage noch einmal; ihm hatte der Anblick des schlanken Rückens gefallen, ja. Natürlich war da ein gewisser Attraktivitätsfaktor, er könnte nie aus reiner Geilheit mit jemandem schlafen. Aussehen spielte eine nicht unwichtige Rolle und auch, wenn er Michael nie als Sexobjekt betrachtet hatte, waren dort unumstößlich hübsche Züge vorhanden. Klar, was erwartete man auch von Luzifers kleinem Bruder? Dazu kam die kleine Statur, die Raphael gedanklich gerne mit dem Begriff „zierlich“ versah, dies aber niemals laut aussprechen würde. Er hing am Leben, wirklich. Es war ja nicht so, dass er seinen Körper nicht auswendig kannte; niemand hatte so oft auf dem OP-Tisch gelegen wie der Rothaarige und doch machte ihn der Anblick der nackten Beine bei Zeiten verrückt. Nun war es der Rücken, der es ihm angetan hatte. Raphael ächzte; er brauchte ein neues Hobby, Michael als Solches alleine war einfach nicht gut für ihn. Kapitel 8: Trunkenheit ---------------------- Michael gönnte sich selten einen ratlosen Moment vor seinen Jungs, doch gerade schaute er die erschienene Gestalt vor sich an wie ein Reh das heranbrausende Auto bei Nacht. Es war ja nicht so, dass er diesen Tag dunkel irgendwo abgespeichert hatte als etwas, dass irgendwie, irgendwann bei ihm stattfinden sollte aber ehrlich gesagt hatte er sich vor knapp fünf Tagen von dieser Erinnerung verabschiedet, was auch vermutlich irgendwo am Dauersuff liegen konnte, in dem sie sich ausnahmsweise einmal befanden; zwischen seinen Fingern baumelte eine halbvolle Flasche Bier, während um sie herum Kisten und Flaschen den Boden schmückten. Als Raphael näher kam, legte der auf einer der besagten Kisten sitzende Rothaarige den Kopf in den Nacken, versuchte sich an einem unbefangenen Grinsen und hob die Flasche zum Gruß. „Na, Engelchen? Hast dich verlaufen?“ Grölendes Gelächter erklang, was auch sein Grinsen wieder unnötig wachsen ließ, kaum dass der Blonde deutlich missgelaunt neben ihm stand. Michael musste sich nun entscheiden, ob er sich den Hals verrenken – und in seinem momentanen Zustand vermutlichen brechen – wollte oder aber Raphael gestattete, auf ihn herabzublicken und damit vor seinen Jungs auf eine Stufe irgendwo unter ihn zu degradieren. Sofern sein Kopf denn noch zu solcherlei Gedanken fähig war, denn momentan kämpfte er stark damit, nicht von der eigentlich recht geräumigen Kiste zu rutschen und mit dem Hintern im Schlamm zu landen. „Als Feld- und Wiesenarzt steht dir eine Flasche zu“, nahm er dann das nächstbeste Thema wieder auf – Alkohol, da der ihn noch immer anlachte und gerade eine Steilvorlage für seine mickrigen Smalltalk-Fähigkeiten bot – und wühlte neben sich nach einer Flasche, aus der noch kein Modder tropfte. „Ich verzichte, vielen Dank.“ „Ach red‘ keinen Scheiß, du trinkst schön mit, guck mal die machen dir auch Platz. Verpisst euch mal von da.“ Und bevor nun jemand in die Verlegenheit kommen würde, den Boss auch noch zum Sich-Erheben nötigen zu müssen, rutschten ein paar der herumlungernden Soldaten sofort bereitwillig zur Seite. Sofort innerhalb diverser Fehlversuche, den Promillegehalt würde Raphael ja nun gerne aus rein medizinischem Interesse bestimmen wollen. Um die Situation – viel eher Michaels gute Laune, ein Seltenheitswert – aufrecht zu erhalten, ließ er sich auf den Platz nieder und nahm mit spitzen Fingern die Flasche an, befreite sie dann großzügig von Flüssigkeiten diverser Herkunft. Das Problem aus Michaels Sicht – nämlich, dass dieser nicht sofort alle Zelte abbrach und mit Raphael nach Hause verschwand, wo ein geräumiges Bett und nicht etwa seine unbequeme Couch wartete, kaum dass der Blonde hier aufgetaucht war – existierte als solches nicht, da er ihre kleine Verabredung schlichtweg aus seinem Hirn verbannt hatte. Dass der andere genau das nun gerne kritisieren wollte, entging ihm auch und so lehnte sich der betrunkene aber glückliche Feuerengel lachend zur Seite, als irgendein blöder Witz an seine Ohren drang. Raphael betrachtete ihn dabei, ließ sich die Bierflasche noch einmal aus den Händen nehmen und von einem der herumlungernden Soldaten mit dessen Zähnen öffnen – gut, ja, er wusste, warum manche der grassierenden Verletzungen ihn zweifeln ließen aber es war ja nicht sein Gebiss, welches irgendwann den Dienst verweigern würde – und musste ehrlich schmunzeln; Michael lachte selten, entspannt war er auch so gut wie nie und ihn nun in dieser Stimmung zu sehen, tat gut. Der Alkohol begünstigte sicherlich mehr als die Hälfte seiner positiven Laune aber das war egal. Gerade saß dort der junge Engel, den er vor seiner Zeit als Soldat kennenlernen durfte und der war – trotz seiner wirklich bescheidenen Kindheit – eine unkomplizierte, fröhliche Person mit einem herrlich ehrlichen Lachen gewesen. Raphael verzieh den Umstand der Bierflasche und setzte sie grinsend an die Lippen, nahm einen großzügigen Schluck zu sich. Er könnte auch warten, dieses drei-Tage-wach-Ding der Soldaten dauerte bei seinem Glück schon zwei davon an, ein paar der Gestalten sahen bedenklich zerstört aus und wenn wirklich niemand mehr über war, könnte Michael sich sicherlich zum Mitgehen bewegen lassen. Er könnte auch kleine Hinweise fallen lassen aber warum diese Fröhlichkeit zerstören? Nicht, bis er sich sattgesehen hatte und das war im Augenblick sehr schwer. Es klimperte, als Michael wieder unter sich wühlte und nach einer Flasche suchte, diese dann zu seinem persönlichen Glück am Rand der Kiste aufmachte und schon wieder ansetzte; wo trank der Kleine das nur alles hin? Sein Gesprächspartner zumindest hatte sich von ihm abgewandt und ging gerade auf eine winzig kleine Provokation ein, die Raphael nicht einmal registriert hatte, aber plötzlich flogen Fäuste. Gejohle, man hatte so seine Favoriten und wer gewinnen sollte, war ganz klar. Zur Not half man eben nach. Raphael nahm wieder einen Schluck von seinem Bier, schaute erneut zu Michael und beobachtete dessen gebanntes Gesicht, ehe dieser den Kopf wandte und ihn direkt ansah, ein – wie so oft – seltsames Grinsen sehen ließ. Unelegant erhob er sich, unterdrückte ein Wanken mehr schlecht als recht und bekam wohl gerade das volle Ausmaß seiner Promillewerte reingedrückt, dennoch erinnerte er sich an das Grundprinzip des aufrechten Gangs: Erst ein Fuß, dann der andere. Möglichst in der Horizontalen, das begünstigte die Fortbewegung ungemein und so kam er langsam bei Raphael an, drückte diesem – oder dessen unbekannten Drilling, wer auch immer der drei da gerade die Hand ausstreckte – das Bier entgegen, um sich dann umzudrehen und die Prügelei ins Auge zu fassen; Raphael schwante Böses. Wohl auch dem ein oder anderen Soldaten, denn plötzlich erhoben sich einige, schnappten sich eine der Bierkisten und verzogen sich weit in die Dunkelheit, als Mika-Chan plötzlich an Tempo zulegte und sich auf die Prügelnden warf. Das hatte noch gefehlt und war irgendwie klar gewesen, dennoch saß der Blonde etwas abgeschossen auf seinem Platz, hielt die beiden Flaschen und sah zu, wie sich drei Kerle am Boden rauften und sich gegenseitig das Gesicht verzierten. Der Boss schien sich wohl nicht so oft zu prügeln, zumindest hatten einige nicht damit gerechnet und so zogen sich immer mehr zurück; nicht häufig, dafür aber sehr effektiv. Irgendwer blutete auch schon aber da genau das an Michaels Knöcheln klebte, war es vielleicht mal nicht dieser, was Raphael wieder etwas entspannte; dafür war er wirklich nicht hier und wenn sie sich besoffen die Schädel spalten mussten – er hatte Dienstschluss, von wegen hippokratischer Eid und der ganze Mist. Den hatte er nie abgelegt, warum auch an Menschen orientieren? Bei dem Haufen auf dem Boden wurde es noch lauter, irgendjemand schrie um Gnade und kroch davon; wären sie in einem Comic, hätte Michael ihn vermutlich mit den Zähnen zurück in ihre nicht vorhandene Staubwolke gezogen, doch wenn er denn aufgab, katalysierte der Rothaarige sein Gewaltpotenzial eben auf den Übrigen, der das so halbwegs wohlwollend auffasste, sogar etwas Gegenwehr leistete und es in dem Gerangel schaffte, Michael auf den Mund zu schlagen; auch, wenn er vermutlich auf die Nase gezielt hatte, Blut floss trotzdem. Das machte nichts, wenn er nicht schnell genug war, würde der Rothaarige ihm nun ein Ohr abbeißen, zumindest versuchte er dies neben Tritten und Schlägen immer wieder, nur die längeren Arme des Soldaten verhinderten es, da er ihn an den Schultern von sich wegdrückte und dann selber nach Kapitulation wimmerte, als einer der hektisch ausschlagenden Füße ihn direkt zwischen den Beinen getroffen hatte. Michael entspannte sich bei der Niederlage seines Gegners, hing deshalb mehr oder weniger in den Händen des sich krümmenden Mannes, der ihn mit einem kräftigen Schubs von sich warf und zusammenrollte, während der Feuerengel sich an irgendwem und irgendwie wieder nach oben zog und dann über die aufgeplatzte Lippe wischte; Raphael verdrehte die Augen, es wäre ja auch zu viel verlangt. Langsam drehte er sich und suchte in seinem Aktionsradius nach jemanden, den er als nächstes malträtieren konnte aber viele waren nicht mehr da und so erkor er Raphael als neues Opfer aus, bewegte sich wieder auf diesen zu und nahm nur deshalb neben ihm Platz, weil der Blonde seinen Arm ausgestreckt und den wankenden Körper aufgefangen hatte, um ihn in einer fließenden Bewegung nach unten zu drücken. Michael orientierte sich kurz um, schaute dann zur Seite und schenkte Raphael eines dieser sonnigen Grinsen. „Naaa?“ „Na, hast was abbekommen?“ „Ach pfff…“, lachte er leise, nahm sich dann einfach irgendeine der beiden Flaschen aus den Händen des anderen und setzte sie an die Lippen, während Raphael die ganze Zeit auf ein heimliches Zeichen wartete, dass sie nun endlich gehen konnten. Immerhin war hier nichts mehr los, was sollten sie also noch unnötig Zeit schinden und seine zugegebener Maßen bedingt vorhandene Nervosität noch unnötig steigern? Doch da kam nichts, Michael gähnte sogar ausgiebig und ließ irgendwie vermuten, dass er bald ins Bett gehen würde – und zwar alleine. Hoffentlich hielt er sich diskret, Raphael räusperte sich leise und beugte sich dann herunter, um zu flüstern, wollte aber vorher wirklich Michaels Aufmerksamkeit, damit der nicht losschrie und fragte, was er von ihm wollte. „Mika-Chan, ich will dir bitte eben was sagen…“ Das könnte er auch laut tun, Michael hätte da die wenigsten Probleme aber Raphael legte wirklich keinen Wert darauf, dass die letzten drei Leute hier mitbekamen, dass er unten liegen würde. Umgekehrt war es egal, das hatte ihn schon in der Hängematte nicht gekratzt und mitbekommen hatte es unter Garantie jemand. Als ihn nun verklärte, gelbe Augen anstarrten, drehte er den Kopf des Kleinen zur Seite und flüsterte ihm ins Ohr, legte direkt danach den Finger an die eigenen Lippen und bedeutete ihm, nun bitte verdammt noch mal die Schnauze zu halten, was er auch tat. Viele eingerostete Rädchen drehten sich, er hatte es wirklich vergessen und Raphaels säuselnde Stimme an seinem Ohr weckte leider keinerlei Erinnerung, so zuckte Michael nur mit den Schultern und akzeptierte die neue Situation als gegeben; mit Sex hatte er heute nicht mehr gerechnet aber warum denn nicht? „Gut, mir nach“, intonierte er, rutschte dann rückwärts von der gemeinsam geteilten Bierkiste und wurde wieder abgefangen, kam dann dies unkommentiert lassend wieder auf die Füße und ging höchst konzentriert Richtung Kaserne. So hatte Raphael sich das nicht gedacht, hatte Michael noch dieses private Büro? Oder schlief er – entgegengesetzt seiner Vorliebe von Abstand im Freien – mit den Soldaten in einem Raum? Gab es inzwischen eigentlich kleine Zimmer? Raphael war lange nicht hier gewesen und Wesentliches hatte sich geändert, den großen Schlafraum schien es wirklich nicht mehr zu geben, sie hatten an- und auch umgebaut. Praktische Steinwände und sogar Fensterscheiben begrüßten sie beim Eintreten, hin und wieder kam jemand durch die Gänge gestiefelt und verschwand hinter einer der zahllosen Türen, die Platz für drei oder vier Personen boten. Er wollte ihm ja nicht zu nahe treten aber Raphael entschied sich, Michael ein wenig zu halten und legte einen Arm um dessen Hüfte, was vielleicht auch ganz gut war; öfter lastete das Gewicht seines kleinen Freundes plötzlich ganz in seinem Arm und er zog ihn wieder in die Senkrechte, ließ sich aber selber mehr oder weniger immer weiter in dieses verschachtelte Gebäude ziehen. „Was erwartet mich hinter der Tür, zu der du uns gerade führst?“ „Bett“, sammelte Michael sich in veränderter Beschaffenheit von Sauerstoff und Atmosphäre mühselig zusammen, stieß dann endlich seine Pforte zur Privatsphäre auf und schüttelte Raphael lieblos von sich, hielt sich dann an der Wand fest und sank schließlich sitzend auf das unerwartet große Bett nieder, welches in dem Raum aufgestellt war. Raphael schloss die Tür hinter sich zu und schenkte dem Raum kurz Aufmerksamkeit, da Michael gerade nicht vom Möbel zu fallen drohte; wie bei ihm Zuhause im Schlafzimmer hingen unzählige Waffen an den Wänden, ein Schädel, Aufzeichnungen, leere Schachteln und ein abgenutzter Drehstuhl umzingelten den Schreibtisch, auf dem ein paar technische Geräte standen; in einer Ecke gab es Kabel und Schrauben. „Sehr gemütlich“, log der Windengel ohne die geringste Regung und ging dann auf seinen kleinen Freund zu, der gerade eine Auseinandersetzung mit seinen Stiefeln hatte und partout nicht verstehen wollte, warum die bis knapp unter dem Knie eng geschnürten Dinger nicht einfach von den Füßen gleiten wollten; Raphael erbarmte sich, er hatte diesen Abend irgendwie abgeschrieben und so würde er sich mal wieder um Michaels Gesundheit kümmern und diesen ins Bett verfrachten, auf dem er nun mal praktischer Weise schon saß. Vor ihm ging er in die Knie, zog den festen Knoten mit etwas Mühe auf und lockerte die Schnürung, um ihn dann vom ersten Schuh befreien zu können. Der Rothaarige akzeptierte diese Veränderung seines Plans und schaute Raphael zu, schwenkte mit den Augen dann langsam zum zweiten Stiefel, als nun auch dieser ausgezogen wurde. Sogar die Socken entfernte man von seinen Füßen, was ihn kurz mit den Zehen wackeln ließ. Raphael saß ganz günstig dort am Boden und immerhin hatte er ja mit der ganzen Scheiße angefangen, also lehnte Michael sich etwas nach hinten und schob den Knopf seiner Hose auf, zog den Reißverschluss nach zwei Versuchen runter und schob die Hand hinter den Stoff. Dabei behielt er Raphael mehr oder weniger im Blick, der den seinen nun auf die Tätigkeit des Kleinen gelegt hatte, sich aber noch immer nicht erhob. Michael war sich ziemlich sicher, was er verlangen wollte und hielt sich in seinem Suff gerade für ziemlich kreativ, kam Raphael da überhaupt mit? „Zur Realität hast du auch nur sporadisch Kontakt, was?“, kam dann die Stimme des Blonden empor und Michael schenkte ihm mehr Aufmerksamkeit, als Raphael seiner Meinung nach 90% seines Lebens verdiente, neigte dann fragend den Kopf auf die Seite. „Hä?“ „Ich blas dir doch jetzt keinen?“, kam es eher fragend als feststellend und bevor er noch gewaltsam nach unten gepresst werden würde, stand Raphael lieber schnell auf, ging aber sogleich mit dem Knie auf die Matratze und thronte so unangenehm riesig über dem Feuerengel, der noch immer die Hand um sein bestes Stück geschlossen hatte, als er genau dieses aus der Hose zog. „Warum nicht?“ „Machst du doch auch nicht bei mir.“ Ach, wenn das alles war… Michael zuckte mit den Schultern, ließ sich selber los und bedeutet Raphael dann, sich entweder an die Bettkante zu setzen oder – und das wäre Michael am liebsten – sich hinzustellen, damit er selber weiter aufrecht sitzen bleiben konnte. „Was, im Ernst?“, kam die ungläubige Stimme Raphaels wieder auf, der misstrauisch das Gesicht des Betrunkenen nach einem Zeichen boshafter Absicht durchsuchte, allerdings nur Ungeduld fand. Ein Schnalzen mit der Zunge, dann sah Michael ihn sich erheben und direkt vor dem Bett Stellung beziehen. Langsam rutschte der Kleinere wieder nach vorne, ließ Raphael zwischen seinen Beinen stehen – hatten sie das nicht schon in etwa bei ihm zuhause erlebt? Am Morgen nach ihrer Kifferei? Das bekam er nun wirklich nicht mehr auf die Reihe und sah zu, wie der seinen Gürtel von der ungewohnt primitiven Jeans zog und diese öffnete. Michael bewies einfach mal guten Willen, zog an Raphaels Reißverschluss – schloss dafür allerdings ein Auge, damit er ihn auch zu fassen bekam – und schob den Stoff dann einfach nach unten; lang genug waren die Beine ja, irgendwo würde er schon hängen bleiben. Er wusste auch nicht, ob er enttäuscht sein sollte aber beim Windengel hatte sich seiner Unterwäsche nach zu messen noch nichts geregt. Nun ja, eine Schlägerei war nicht gerade sexy, außerdem klebte noch immer Blut an der Lippe des Soldaten, der diese kurz mit der Zunge benetzte. Ob Raphael sich gerade mit Fragen selbst überhäufte, war ihm relativ egal; mit dem Handballen und schließlich tastenden Fingern erfühlte er sich das, was unter den Shorts war, doch noch immer nichts; irgendwie nervte ihn das und beim Aufschnaufen merkte er deutlich, wie Raphael sich eigentlich entfernen wollte, dann aber dem warnenden Blick von unten Folge leistete und brav stehen blieb. Michael schob die Zeigefinger hinter den Bund seiner Shorts und zog diese dann ebenfalls weg, sollten sie doch wieder zur Hose gehen, ihm egal. „Schlapp“, kommentierte er das visuelle Ergebnis und strich mit einem Finger hauchzart über das hängende Glied, was mit einem Schulterzucken weiter oben quittiert wurde. „Den kriegst du schnell hart, versuch dein Glück einfach mal.“ „Wenn du mich anspritzt, beiß ich ihn dir ab“, murmelte Michael gewohnt drohend und nahm dann – zu Raphaels aufrichtiger Überraschung – ohne weiteres Federlesen die Spitze seines Gliedes in den Mund. Es war ja nicht so, dass er es noch nie getan hatte – was Raphael von ihm dachte, war dem Feuerengel egal. Er hatte zu lange gelebt, um ein Leben in vollkommener Abstinenz zu fristen, Fickbeziehungen[1] mussten da hin und wieder herhalten – und deswegen würde er sich auch nicht zieren oder gar in Ekel ausbrechen. Nicht bei jemanden mit diesem Sauberkeitsstandart, Raphael war frisch geduscht, das konnte er riechen. Außerdem war die Hygiene wirklich das geringste Problem, wie Michael selber fand; er wollte nur nichts schlucken müssen, dass nach totem Fisch schmeckte. Oder einfach extrem bitter war, Raphael rauchte wie ein Schlot und trank Kaffee ohne Ende, das konnte er nicht gebrauchen. Die Augen ließ er erst nach oben gerichtet und beobachtete, was das Objekt der zweigeteilten Begierde gerade tat; ihn fassungslos anstarren und sich irgendwo Halt an der Wand suchen, während es zwischen den Lippen des Feuerengels langsam etwas härter wurde. Er rutschte näher, nahm so mehr auf und musste gleichzeitig aufpassen, nicht zu viel auf einmal zu nehmen, da sein Würgereflex im Zustand der Trunkenheit gerade wunderbar arbeitete; das schien auch Raphael aufzufallen, der das Zucken im Hals vor ihm richtig deutete und direkt seine flache Hand an Michaels Stirn presste, um ihn wegzuschieben. „Kotz mich bitte nicht voll!“ Ein genervter Blick nach oben, doch Michael nahm den Hinweis seines eigenen Körpers zur Kenntnis und ließ wieder ein Stück herausgleiten, um dann den Kopf langsam zu bewegen. Er erwartete nicht, dass Raphael nun schwache Knie bekam und die halbe Kaserne zusammenschrie, dennoch war da schneller eine Hand in seinen Haaren, als er es erwartet hätte; lange, dünne Finger spielten mit den roten Zotteln und schlichen sich ganz langsam zu seinem Hinterkopf, damit er ihn doch wieder fest randrücken konnte, wenn er es sich plötzlich anders überlegen und sich einfach wegdrehen würde. Wenn er sich nicht mit beiden Händen an Raphaels Hüften festhalten müsste, würde er ihn noch zusätzlich bearbeiten aber das wollte gerade nicht so recht klappen, von daher musste er eben mit Lippen und Zunge dafür sorgen, dass er ganz hart wurde, was auch allmählich mehr und mehr der Fall war. Kurz kam die Idee, ihn doch erst einmal kommen zu lassen und einfach zu schlucken, aber allein bei dem Gedanken wurde ihm schon wieder schlecht. Ernährung hin oder her – von wegen alles essen, was einem vor die Flinte kam – aber das war im Moment einfach eine fiese Vorstellung und ließ sich nicht mit seinem Zustand vereinbaren. Ein erstes, leises Stöhnen stand im Raum, während Michael nun doch mit einer Hand losließ und ihn fest und rhythmisch massierte, um nur noch über die Spitze zu lecken und etwas Speichel drauflaufen zu lassen, was die ganze Bewegung mit der Hand erleichterte. Wieder schloss er fest die Lippen um den steifen Penis seines besten Freundes und wäre vermutlich in einem klaren Moment überrascht gewesen, wie das alles zwischen ihnen so weit kommen konnte. Selber zumindest regte sich gerade alles nach oben, was sich nur irgendwie nach oben ziehen konnte und er bedauerte den Umstand, nur zwei Hände zu haben. Ohne festhalten ging es aber nun mal nicht und gerade hatte er so einen schönen Rhythmus mit der anderen gefunden, den konnte er nicht aufgeben. Ein leichtes Ziehen an der Kopfhaut zeigte ihm, dass Raphael an den Haaren zog, sie dann aber wieder sanft zu streicheln begann, ehe er plötzlich wirklich Gebrauch vom Herandrücken machte und sein Glied wieder fest zwischen die Lippen des Kleineren trieb; immerhin stoppte er ihn auch wieder an den Haaren, sonst wäre er ihm sang- und klanglos bis in den Rachen gestoßen und spätestens dann könnte Raphael sich in genau diesem Moment von Erbrochenem befreien. „Hmmm, du machst das gut“, lobte er den kleinen Freund und starrte weiter wie gebannt auf diesen nie erwarteten Anblick, zuckte dann vor dem anderen stehend etwas zusammen, als dieser das Tempo erhöhte. Hin und wieder sah er hoch zu Raphael, doch der schien gerade in seine eigene Welt abzudriften und hatte die Augen geschlossen, während er sein Becken immer wieder nach vorne schob und Michael entgegenkam, der das anfänglich mit Starre zur Kenntnis genommen hatte und sich nicht mehr bewegt hatte, da er um seine unversehrte Speiseröhre bangte, dann aber langsam wieder mitmachen konnte, als er sich an das drängende Gefühl im Mund gewöhnt hatte. Die Finger an Raphaels Hüfte gruben sich dann jedoch plötzlich in genau diese und eine Beschwerde in Form eines ärgerlichen „Mmmhhh!“ kam von Seiten des auf dem Bett sitzenden, der nun doch rasch den Mund abzog und sich mehrmals über genau diesen wischte, dann ärgerlich fokussierte und nach einigen Fehlanläufen das Gesicht des Übeltäters erfasste. „Ich bin nicht gekommen!“ „Du tropfst, Mann!“ „Ach das Bisschen, stell dich nicht so an, das gehört halt dazu!“ „Weiß ich, will ich aber nicht!“, zickte Michael zurück und zog sich weiter auf das Bett, ließ sich dann auf den Rücken sinken – und drehte sich schnell auf die Seite, weil sich die Decke über ihm drehte. Bei dem schwachen Licht erkannte er nicht viel, doch aber genug um Wände zu erahnen und genau diese sprangen gerade durch die Gegend. Langsam regulierte er sich, drehte sich dann doch noch einmal auf den Rücken und legte sich kurz den Arm über die Augen, ehe er plötzlich kritisch die Augenbrauen nach oben zog und sich dann auf die Ellenbogen aufrichtete, nur um den hellen Haarschopf des langjährigen Kumpanen zwischen seinen Beinen zu sehen. Stimmt, deswegen hatte er für Raphael den Mund aufgemacht. Er wollte ja auch eine Belohnung, das sollte er nur machen. Großartige Fähigkeiten waren dafür ja nun auch nicht von Nöten und im Gegensatz zu ihm musste Raphael nicht an einem schlaffen Schwanz lutschen, bis dieser endlich mal hart wurde. Zufrieden stöhnte der Feuerengel auf und ließ sich wieder flach auf den Rücken sinken, ließ allerdings die Augen auf, Einschlafen wollte er nun nicht, das würde man ihm vermutlich übel nehmen. Zumal war es lange her, dass er einen Blowjob bekommen hatte und diesen zustand würde er nun auskosten. Zumindest, wenn er nicht plötzlich kommen und Raphael alles ins Gesicht spritzen würde, wozu er mit einem Mal wahnsinnig Lust hatte; Haare und Wangen einsauen, das würde ihm gefallen. Allerdings war auch mehr geplant für diesen Abend, das wäre leider nicht so förderlich. Zumindest Raphael machte seine Sache ganz gut, aber das durfte man vom größten Lustmolch des Himmels auch erwarten; wer, wenn nicht er kannte sich mit Oralsex aus? „Ey Raphi.“ Wieder auf den Ellenbogen, so konnte er einen Blick auf den Blonden erhaschen, der noch immer mit Michaels Schwanz zwischen den Lippen zu ihm aufsah, eine Augenbraue fragend hob und damit Spott für den ungewohnten Spitznamen zum Ausdruck brachte. „Hm?“ „Ficken wir gleich noch?“ Langsam ließ er ihn aus seinem Mund gleiten, machte es dann wie zuvor Michael selbst und bearbeitete ihn weiter mit der Hand, unterdrückte deutlich ein amüsiertes Grinsen. „Sehr kultiviert, Mika-Chan.“ „Halt’s Maul und sag mir, ob wir’s noch treiben oder ich abspritzen kann.“ Raphael lachte leise, er kannte diesen Umgangston ja zu genüge und setzte einen hauchzarten Kuss auf den entblößten, flachen Bauch vor sich. „Wir treiben es noch.“ „Wer macht was?“ Das bescherte ihm einen ungläubigen Blick, während noch immer lange, dünne Finger seine Erektion bearbeiteten und sachte immer wieder die empfindliche Spitze strichen. „Du wolltest mir zeigen, wie es richtig geht. Also… liegst du oben und ich mach die Beine breit.“ „Nah, lass mal tauschen. Bin faul.“ „Aber Mika-Chan“, flüsterte er und musste wieder etwas grinsen, leckte einmal über seine Eichel. „Deswegen bin ich doch extra hergekommen. Oder willst du mir etwa sagen, dass du gerne von mir durchgenommen wirst, hm? Nur auf den Rücken legen und mich machen lassen ist aber gar nicht drin.“ „Quatsch nicht so viel, willst du einen wegstecken oder nicht?“ „Klar, unsere Abmachung ist dann hinfällig, dass ich von dir bestiegen werde, oder?“ Michael sortierte seine Gedanken noch etwas, zuckte dann auch etwas zusammen, weil Raphael ihn gerade verdammt viel reizte. „Du könntest hier pennen und ich fick dich morgen früh?“ „Dann so“, schloss der Blonde das Gespräch und senkte dann wieder den Kopf herab, um die gerade unterbrochene Tätigkeit wieder aufzunehmen. „Ich bin ehrlich nicht mit der Absicht herkommen, dir einen zu blasen“, murmelte er, tat es dann aber doch wieder und legte ein Grinsen auf das Gesicht des Feuerengels, der seine Hand durch die langen Haare gleiten ließ und sich wieder nach hinten legte. An die Schmerzen der letzten male erinnerte er sich nicht, doch in seinem Zustand wäre es verdammt unklug, wenn genau das noch einmal passieren würde. Zumindest schien auch Raphael dies zu denken, der doch wieder unterbrach und sich dann erst einmal die Hose ganz vom Körper zog, um schließlich in den Taschen zu suchen und drei kleine Tütchen hervorzog. Zwei davon legte er zur Seite, das eine wurde mit den Zähnen aufgerissen, während Michael die anderen beiden befingerte und für sich schloss, dass dort ein Kondom auf sie wartete. Das andere war… Gleitmittel? Stimmt, solche Dinge hatte er nicht da, besonders nicht hier. Es gab noch die Vaseline für sein Schwert aber dazu müsste er sich erst einmal an diese erinnern und dann auch noch aufstehen, das kam gar nicht in Frage. Raphael schien Erfolg mit dem Tütchen in seiner Hand zu haben, eine Ecke war aufgerissen. Mit einem Ruck befreite er Michael von Hose und Unterwäsche, während dieser sich noch etwas umständlich im Liegen von seinem Oberteil erlöste und dann Raphael zu sich nach oben winkte, der breitbeinig über ihn krabbelte und gestattete, dass er ihm mit den Händen über das Hemd glitt, es dann – wie auch sonst – an der Knopfleiste aufriss und langsam wegschob, dass nackte Haut zum Vorschein kam. „Druckknöpfe?“, nuschelte Michael leise und betrachtete den weißen Stoff, der gerade vollends vom Heiler einfach weggeworfen wurde. Ein Nicken, vermutlich hatte er sich aus rein praktischen Gründen so bekleidet. Sollte ihm recht sein. Die Hände schoben sich über warme Haut und blieben hinter dem Hals, so konnte er ihn nach unten ziehen und wie schon die letzten Male küssen, wobei Raphael hier eindeutig den führenden Part übernahm und sogleich mit seiner Zunge zwischen die Lippen vor sich drang. Michael müsste lügen, wenn er das hier hassen sollte. Er hatte selten jemanden geküsst, noch seltener seine Zunge eingesetzt und es fast nie genossen, nun war es aber okay. Schnell hatte Raphael sich wieder von ihm gelöst und verteilte nun sporadisch Küsse auf dem Körper vor sich, endete so sehr schnell wieder zwischen den weißen Beinen und senkte sich erneut über das steife Glied. Eine Hand legte sich dabei auf Michaels Oberschenkel und so drückte er dessen Bein vom anderen Weg zur Seite und verschaffte sich etwas mehr Platz, damit er schließlich auch mit den von Gleitmittel benetzten Fingern zwischen seine Pobacken kam und dort behutsam an der begehrten Öffnung spielen konnte. Michael nahm dies wieder misstrauisch zur Kenntnis, allerdings lenkte ihn das Saugen und Lecken großzügig ab, so entspannte er relativ schnell wieder und ließ halt Raphaels kreisende Finger über seinen Muskelring streichen, ehe einer diesen durchstieß und sich langsam den Weg in seinen Körper bahnte. Das entlockte ihm noch kein Stöhnen, nur ein kurzes Zucken nach oben, was dann im Endeffekt Raphaels Problem war, der gerade wirklich die unangenehme Erfahrung gemacht hatte, beim Blasen einen Penis bis zu den Mandeln hochgeschoben zu bekommen. Er stoppte nur kurz in seinen Bewegungen, machte dann aber gehorsam wieder weiter und kam so doch zu dem gerade verschmähten Stöhnen Michaels, der nun auch ein Gefühl dafür bekam, was gerade überhaupt passierte und dann das Becken leicht anhob, um auch dem zweiten Finger Platz zu verschaffen. Raphael machte es eigentlich sehr clever, bei jeder potenziell unangenehmen Bewegung setzte er einfach Lippen oder Zunge etwas intensiver ein und lenkte somit zumindest einen Großteil von Michaels Aufmerksamkeit wieder nach vorne, wo er die Lippen nun bis zum Ansatz von seinem Penis schloss und ihn ganz in seinem Mund auch einem Teil der Speiseröhre verschwinden ließ, was ein lautes Keuchen auf den Tagesplan rief; erst dann stieß er die Finger sachte hinein. Vorsichtig zog Raphael die Lippen wieder ab und rang dann erst einmal nach Luft, wie Michael fand. Schön, er selber lag hier frei- und formlos und ließ sich fingern, wer hatte wohl das schwere Los gezogen? Schließlich beugte sich der Größere wieder über ihn, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und strich dann mit seinem Zeigefinger eine bestimmte Stelle im Inneren des so jugendlich aussehenden Engels, der daraufhin wieder kurz zuckte, danach in hellblaue Augen starrte. „Ich könnte dich so dermaßen an dir selber zweifeln lassen, Mika-Chan.“ Trotz schlug ihm entgegen, er würde nun nicht räkelnd und winselnd nach mehr betteln, dennoch brachte ihn der Reiz schnell in eine andere Sphäre; über ihm die ganze Zeit das Gesicht des Arztes, der ihn genau beobachtete und zu seinem eigenen Glück auf ein erhabenes Grinsen verzichtete. Als er sich bei irgendwas sicher war – Schmerzen, Unannehmlichkeiten? – und dass eben genau dies nicht der Fall war, senkte er die Lippen wieder herab und liebkoste den empfindlichen Bereich am Hals vor sich. Das war das falsche Wort, wie Michael fand; hier war nichts mit Liebe, vielleicht aber doch etwas Zuneigung füreinander. Zumindest war es bei seinen anderen Erfahrungen bisher weitaus pragmatischer abgelaufen, da gab es kein Küssen und Streicheln, wie er gerade an seiner Hüfte feststellen durfte. Dazu dann diese frechen Finger irgendwo in seinem Körper, die sich ganz uncharmant an seiner Prostata vergriffen und immer wieder Grund für ein schweres Keuchen waren… Wollte er das eigentlich? Mit Raphael? Der lag nackt neben ihm und machte einfach weiter, als wäre es das Normalste der Welt, drückte dabei seinen Ständer gegen Michaels Bein, der jedoch gerade jegliche Bewegung verweigerte und sich auf die ihn langsam stoßenden Finger konzentrierte, während seine Hand sich fest um das eingeschweißte Kondom schlossen. Wieder war warmer Atem auf seinen Lippen, die fast zeitgleich mit einem anderen Mund konfrontiert wurden; er mochte das Gefühl der feuchten Zunge an seiner, biss ihm dieses eine Mal nur sachte in die Unterlippe und entschädigte dies gleich damit, wieder nur einen Kuss über zu lassen. Die streichelnde Hand war über seine Brust gezogen und ließ nun zwei Finger über die tattoowierte Wange gleiten, ehe Raphael bei der aufgeplatzten Stelle seitlich an der Lippe ankam und ganz sachte dort stoppte. Michael konnte auf Raphaels Mund etwas Blut ausmachen und glitt wieder mit der Zungenspitze über seine kleine Platzwunde, die wieder frisch blutete. „Soll ich das beheben?“, flüsterte der Blonde ihm zu und legte bereits ohne eine Antwort seinen Zeigefinger dort hin, ehe seine ganze Hand den Mund bedeckte. Es zwickte unangenehm, als die Hautzellen sich schnell erneuerten und jegliche Ahnung von Verletzung beendeten. Michael erlaubte sich einen Kuss auf die Handfläche über sich, was zu einem Lächeln beim Besitzer dieser führte, ehe er plötzlich die Finger noch etwas tiefer schob und es tatsächlich schaffte, dass sich der Feuerengel kurz ungewollt aufbäumte, dann erschlagen in sein Kissen sank und mit weit geöffnetem Mund laut stöhnte. Er wollte die Augen zusammenkneifen, doch dann würde er Raphael nicht mehr sehen können; ein schwelender Geruch stieg auf und der Blonde schaute sich etwas irritiert um, seufzte dann plötzlich laut und griff nach Michaels geschlossener Faust, der nun auch seine Aufmerksamkeit darauf lenkte, dass er wohl das Kondom mitsamt Einschweißfolie eingeschmolzen hatte. Ein kleiner Klumpen fiel ihm aus der Handfläche, den er dann einfach vom Bett schubste und wieder zu Raphael sah, mit der Übeltäterin Hand dessen Haare streichelte. „Na, willst du nicht ohne?“ „Wir haben die Positionen gewechselt, mir ist das herzlich egal. Ich zieh aber nicht raus, wenn ich komme. Wird nun dein Problem.“ „Keeeeiiiiner spritzt in mir ab“, gab er in einem Singsang von sich, wurde dann aber von einem kurzen Grinsen unterbrochen. „Hab ich schon zwei Mal gemacht.“ „Wie?“ Hatte er sich das Hirn wirklich so weggesoffen? gerade verschwand der angenehme Zustand vom Rausch, er fühlte sich noch träge und schwer, konnte aber wieder aufnehmen und runzelte deswegen die Stirn. „Bei mir im Bett und in deiner Hängematte. Hat dich nicht sonderlich gestört.“ „Da war ich müde“, schoss der Rothaarige spitz zurück und bemühte seine Erinnerungen ungefähr in diese Richtungen; stimmt, an die Hängematte erinnerte er sich. Scheiße. „Bist du nachher vielleicht ja auch.“ Raphael schien nicht so ganz davon überzeugt zu sein, nicht in ihm kommen zu dürfen und richtete sich wieder etwas auf, während Michael sich die Arme hinter den Kopf legte und ihn beobachtete; das letzte Wort war noch nicht gesprochen, er hatte ihn auch nicht vollgesaut, wo bleib die Gleichberechtigung? „Bereit?“, drang wieder Raphaels Stimme an seine Ohren, was mit einem Schmunzeln beantwortet wurde; die Beine drückte er etwas weiter auseinander und zeigte ihm so hoffentlich nonverbal, dass dort genug Platz für den Körper seines Freundes war. Dieser verzichtete auf das obligatorische Nicken, angelte noch einmal nach der kleinen Tüte mit dem Gleitmittel und zog nun doch endlich seine Finger aus dem Körper unter sich. „Gib mir“, verlangte Michael und streckte die Hand nach dem Tütchen aus, aus dem Raphael schon die Hälfte gedrückt hatte und nun großzügig am Eingang Michaels verteilte, der den Rest selber an sich nahm und die schmierige Hand nach Raphael ausstreckte, der sich dann doch noch einmal nach oben zog und zu einem Kuss herabbeugte, während der Rothaarige nach seinem Schwanz griff und ihn wieder schnell zu wichsen begann, was ein Zusammenzucken Raphaels zur Folge hatte, der in den Mund des anderen stöhnte, dafür mit der gepiercten Zunge auf seiner belohnt wurde. Michael unterdrückte sein Grinsen gar nicht erst, er wusste, was ein Mann mochte und wie er es richtig tat, warum also nicht etwas mit den empfindlichen Körperstellen spielen? Trotzdem rutschte er nun anschmiegsam mit dem Unterleib an seinen Freund heran und drückte dessen Glied etwas runter, was Raphael dann selber übernahm; die beiläufige Berührung ihrer Finger gefiel Michael, der seine Hand nun am Laken abwischte und dann an die Rippen des Blonden legte, der sich gerade an ihn heranführte und dann langsam mit der Spitze gegen den entspannten Muskel presste, bedingt durch reichlich Gleitmittel und Vorarbeit dann problemlos hineinrutschte. Michael leckte sich aus einem Reflex heraus wieder über die Lippen und senkte den Blick zwischen ihre Körper, wo er noch ansatzweise sehen konnte, wie ein hartes Glied in seinem Körper verschwand. Gedanken waren ihm wichtig beim Sex und dieser gefiel so sehr, dass er bereits jetzt ein genüssliches Stöhnen hören ließ. Raphael hatte wohl sein Können dieses eine Mal mitgebracht, er schob sich nur wenige Zentimeter in den knabenhaften Körper, verharrte dann dort und wartete einen Moment, setzte wieder ein paar flüchtige Küsse auf Michaels Hals, der diesen etwas reckte und den Kopf weiter in den Nacken legte. „Du fühlst dich so gut an“, murmelte sein Blonder Sexsklave – schöner Gedanke, könnte er das vielleicht ausbauen? – in sein Ohr und bewegte die Hüfte etwas, um immer wieder fast bis aus ihm herauszugleiten und schließlich mit der Eichel direkt zwischen den Muskelring geklemmt zu stoppen, ehe er sich wieder nach vorne schob und so langsam aber sich etwas tiefer glitt. Den Anfang mochte Michael meistens nicht, es drückte unangenehm und fühlte sich irgendwie eklig an. Er wartete immer auf den Moment, in dem er einfach nach Härte und Schnelligkeit verlangen konnte; wenn es keinen Unterschied mehr machte und dieses vorsichtige Gehabe einfach aufhörte. Er mochte auch das Gefühl, wenn die Eier seines Bettpartners gegen seinen Hintern stießen, doch das würde er vor Raphael nicht aussprechen, der immerhin schon einen großzügigen Teil seiner Latte in ihm versenkt hatte und sich nun aufrichtete. Eines der Kissen im Bett wurde von ihm genommen und etwas zusammengeknüllt, Michaels Hüfte hob er mit einer Hand an, schob dann das Kissen drunter und hielt ihn an den Beinen fest, um sich wieder nahe an ihn zu drängen. „Wie gelenkig bist du?“, hörte der Rotschopf die Frage und ließ davon ab, mit den Fingerspitzen Raphaels Bauch abzutasten. „Find es raus“, schmunzelte er und war nicht einmal überrascht, als seine Beine weiter auseinander gedrückt wurden. Dabei beobachtete Raphael das Gesicht unter sich und suchte nach irgendeiner negativen Regung, doch Michael blieb ganz entspannt und schaute zu, wie seine beine immer weiter auseinandergedrückt wurden. Eigentlich war die frage überflüssig gewesen, Raphael kannte ihn schließlich schon all diese Jahre, dennoch schien ihn der Spagat zu überraschen. Oder Michael las die Reaktionen falsch, die Möglichkeit gab es natürlich auch noch und im Moment traute er sich das durchaus zu. „Interessant“, tönte wieder die Stimme des aktiven Parts über ihm und trotzdem ließ er die Beine wieder los, rutschte dann den letzten Rest vorsichtig heran, was mit einem zufriedenen grummeln begrüßt wurde. Michael würde ihn loben, wenn er denn jemals etwas von positiven Verstärkern gehört hätte, doch nun nahm er die langsamen Stöße einfach wohlwollend zur Kenntnis, spielte wieder an Raphaels Bauch herum und war gerade dazu bereit, sich quer durch das Bett schieben zu lassen; er hatte ja gesagt, dass im Moment Faulheit siegte. Raphael störte das offensichtlich nicht, immerhin lag Michael nicht wie ein Toter unter ihm und fuhr mit den Händen immer wieder an den Seiten lang, belohnte ihn hin und wieder mit einem Keuchen oder gar Stöhnen. Dass diese nicht ganz ernst gemeint waren, schien auch Raphael nach einiger Zeit zu bemerken und mit einem Mal rutschte Michael etwas ungewollt nach vorne, wurde er doch an den Hüften gepackt und fest gegen den Schoß des Größeren gepresst; ein erschrockenes Aufkeuchen war das Resultat, dann konnte er sich nicht mehr so ganz teilnahmslos verabschieden und einfach warten, bis es vorbei war, denn nun nahmen Härte und Tempo etwas zu. „Was machst du?“, fragte er etwas erschrocken, wurde dann wieder herangezogen. „Dich richtig ficken. Dreh dich um“, kam Raphaels belegte Stimme wieder hervor, kaum dass er sich aus ihm gezogen und wieder ganz aufgesetzt hatte. Der Rothaarige lag weiterhin auf dem Rücken, schüttelte dann aber plötzlich sehr energisch den Kopf – und bereute diese Tat zutiefst, als sich der Alkohol wieder meldete und ihn abrupt stoppen ließ. „Hinknien“, wiederholte Raphael seine Absichten und schob eines der Beine zum anderen; zur Not würde er ihn eben selber auf den Bauch drehen. „Oder hat dich noch nie wer von hinten genommen, hm?“ Dieses spöttische Grinsen kotzte Michael ja gerade sowas von an und wenn er erst einmal wieder rausgefunden hatte welches Bein ihm gehörte, würde er Raphael treten. „Dich etwa?“ „Frauen fehlt da was zu, weißt du. Wie ich aber mitgekriegt habe, hattest du schon hin und wieder was mit einem Kerl? Und keiner wollte dich mal von hinten aufspießen? Kann ich nicht glauben.“ „Wollen schon, durften aber nie.“ Und er würde einen feuchten Dreck tun Raphael dieses Vertrauen entgegen zu bringen und ihm den Rücken zudrehen, blieb bockig auf dem Rücken liegen und reckte trotzig das Kinn. „Dann krieg ich ja deine Premiere. Los, umdrehen.“ „Fick dich, Mann!“ Ein kurzes Gerangel, leider war Raphael sowohl vom zustand als auch von seiner Position und nicht zuletzt der Länge seiner Gliedmaßen deutlich im Vorteil und so brachte er ihn immerhin schräg auf die Seite; damit konnte man auch arbeiten und bevor noch mehr Gegenwehr aufflammte – ha, bitte nicht! – fasste er nach Michaels Bein und drückte es nach oben, um dann rasch in einer mehr oder weniger gehaltenen Löffelchenstellung wieder in ihn vorzudringen. Ein wütendes Knurren, er würde Raphael einfach alle Zähne ausschlagen, das war so nicht geplant. Nicht, dass er nicht selber gerne von dieser Stellung Gebrauch machte, aber selber vorne zu knien? Er wusste, dass der Winkel anders war und es sich nun irgendwie nicht gleich anfühlen würde, außerdem war Raphael so verdammt groß, der Gedanke war einfach unangenehm, sich so schutzlos auszuliefern. Vor allem, als dieser sie beide mit seinem Gewicht drehte und Michael flach auf den Bauch drückte, selber aber in ihm blieb. „Weißt du, wie scharf das grad aussieht?“, flüsterte Raphael und bekam ein Schnaufen zur Antwort. Michael spürte seine Hände an seinem eigenen Hintern, wie er dort die Pobacken etwas auseinanderzog und sich dann ganz frech ganz in ihm versenkte. Ein mürrisches Aufstöhnen war die Folge, während Raphael leise keuchend den Anblick genoss, immer wieder in dem Körper unter ihm zu verschwinden. Nun müsste er nur noch die Schwingen ausbreiten, dann wäre es perfekt… Aber die Reaktion alleine für das Umdrehen zeigte ihm, dass sie auf keinen Fall an diesem vertrauenswürdigen Punkt waren. „Ich darf also an deinem Schwanz lutschen, dich aber nicht von hinten nehmen, ja? Wo ist denn da die Logik?“ „Fresse!“ Ach so ja, okay. das war eben Michael. Das eine war okay, das andere wurde unter Todesstrafe verfolgt. Raphael war das herzlich egal, er bekam ja gerade doch seinen Willen und wenn sein Plan aufging, würde der kleine Terrorist gleich vor Verzückung oder Verzweiflung – beides war ihm recht – mit den Zähnen das Kissen unter sich bearbeiten. „Wir drehen uns später noch einmal“, wollte er ihn dennoch irgendwie beruhigen und begann dann, in schnellen, kurzen Stößen wieder mit ihrer eigentlichen Tätigkeit. Immerhin zickte Michael ihn nicht mehr an, er hatte einen Arm von sich weggestreckt, hielt sich mit der anderen Hand am Laken fest und nahm die Bewegungen zwiegespalten zur Kenntnis; einerseits gefiel es ihm, da brauchte er auch nicht lügen. Allerdings mochte er es wirklich nicht, einfach auf den Bauch gedreht zu werden und so zu tun, als sei es vollkommen okay. Es drückte zudem, wenn seine eigene Erektion die ganze Zeit über die Matratze rutschte und immerhin diesbezüglich hatte Raphael wohl Erbarmen, denn eine seiner Hände schob sich unter Michaels Bauch her und zog ihn nach oben; etwas zumindest. Ein Seufzen war zu vernehmen, bei dem der Feuerengel doch einmal den Kopf zur Seite drehte und den anderen anschaute. „Knie dich doch bitte hin, ja? Wenn es dir gar nicht gefällt, machen wir es wieder anders.“ Aus Trotz wollte er das eigentlich verweigern, doch das würde ihm nur irgendwie selber schaden und so drückte sich der Kleinere mit den Armen nach oben, wurde von Raphael mitgezogen und suchte dann nach einer Position, in der er nicht mit der Nase voraus fallen würde, wenn seine Arme den Dienst versagten. er war so müde… Immerhin fing Raphael langsam wieder an und hielt ihn an der Hüfte fest – wohl auch aus der Angst heraus, dass er ihm entkommen würde. Dass sich das schnell steigerte, war Michael dann doch irgendwie recht und so ließ er nur den Oberkörper etwas nach unten sinken und legte die Stirn auf die Matratze, während das typische, feucht-klebrige Geräusch des Geschlechtsakts den Raum erfüllte; gemischt mit leisem Keuchen und hin und wieder einem ehrlichen Stöhnen vom Feuerengel. „Ich zahl dir das morgen alles heim“, murmelte er, während Raphael hinter ihm wieder etwas schneller wurde und ihn fest an sich heranpresste. „Gerne.“ Seine Hand fuhr über den warmen Rücken, während er innerlich beinahe gekocht wurde, es allerdings genoss. Er brauchte unbedingt eine Kamera, das musste man doch aufnehmen können. Der Blick auf die roten Haare und hin und wieder ein goldenes Auge hoch zu seinem Gesicht schauend machte ihn wahnsinnig, wenigstens ein Foto. So langsam aber sicher sank Michael mit den Beinen wieder weg und näherte sich der Matratze, was Raphael zum Schmunzeln brachte; er war ja informiert, der Rothaarige wollte faul sein und zeigte dies auch ganz deutlich. Zumindest fühlte er sich gerade verdammt müde und würde sogar gerne aufhören, aber erstens würde er mit dem Ständer niemals einschlafen können und zweitens war Raphael wohl nicht bereit, ihn eben bis zum Ende zu lutschen und dann selber zuzusehen wie er selber klarkam. Der Kuss auf seine Schultern verwirrte ihn und ließ ihn auch etwas ungewollt mit dieser zucken, dann zog sich sein Gast wieder aus ihm raus und drehte den nun gar nicht mehr so widerwilligen Feuerengel zurück auf den Rücken. Bereitwillig machte Michael wieder die Beine breit und empfing Raphael mit einem müden „Hmm…“, erwiderte seinen Kuss halb erschlagen und mit immer wieder zufallenden Augen. „Mika-Chan du schläfst doch jetzt nicht wirklich ein?“ „Nee… beeil dich trotzdem etwas.“ „Ich kann aber noch nicht, lass mal die Augen auf.“ Das war leichter gesagt als getan, immer wieder fielen die Lider runter und immer länger dauerte es, sie wieder nach oben zu befördern. Raphael bewegte sich nicht, lag aber auf ihm und blickte in das junge Gesicht unter sich, ehe er sich etwas zur Seite beugte und dann mit einem erschrockenen Aufschrei wieder alle Aufmerksamkeit auf sich zog. „Hackt’s denn?!“ „Bleib wach sonst beiß ich nochmal rein.“ „Mann ich hab nur zwei davon lass die dran!“ Fassungslos rieb sich der Soldat die linke Brustwarze, in die gerade ganz unverschämt reingebissen wurde; dieser miese Sack! Gut, damit hatte sich die Müdigkeit wenigstens wieder kurz verabschiedet und er nahm auch wieder wahr, wie Raphael nun – und darauf hatte er ja gewartet – schnell und gedankenlos in ihn stieß. Die Beine des Feuerengels schob er ihm irgendwann nach oben und presste so Michaels Knie bis an seine Schultern, der nun selber nach seiner eigenen Erregung griff und diese in die Hand nahm, um wenigstens irgendwie etwas Zeit voran zu treiben. Er wollte noch etwas sagen, doch dafür war auch später Zeit, jetzt huschte gleichmäßiges, gepresstes Atmen über die halb geöffneten Lippen; er würde sich nicht stöhnend an ihn pressen! Gut das hatte er getan aber das war auch so gemeint gewesen, nie würde er nur für das Ego des anderen die Stimme hochschrauben. Der vorangeschrittenen Zeit verdankte Michael den Umstand, dass er trotz Alkohol wieder relativ aufnahmefähig war; er ahnte, was die plötzlich abgehackten, immer schneller werdenden Stöße zu bedeuten hatten und als Raphael sich kurz nicht mehr bewegte, dafür aber bis zum Anschlag in ihm verweilte, spürte er das Pumpen und Zucken in seinem Körper, legte mit einem genervten Stöhnen den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke, als wieder schnelle, kurze Stöße tief in ihn reintrieben und auch endlich wieder die Stimme des Blonden zu hören war, der es sich wirklich gewagt hatte und in ihm gekommen war. „Ist nicht wahr jetzt…“ Ein Kuss auf die Lippen, auch als er den Kopf wegdrehte, suchte seine persönliche Krankenversicherung wieder nach Zuwendung und drehte Mika-Chans Gesicht wieder zu sich, liebkoste seine Unterlippe und brachte ihn dann doch noch einmal zu einem Zungenkuss. Es tat erstaunlich gut, ihn auf diese Weise zu küssen und sich an seinen Hüften zu halten, an denen er ihn noch immer fest auf seinen zuckenden Schwanz drückte, sich dann noch etwas genüsslich in ihm bewegte. Dass er vor ihm gekommen war, schien Raphael nicht zu stören; er verharrte so, würde sich aber bald rausziehen, da er gerade etwas überempfindlich war. Nun ja, er hatte mehr Übung als ein Mensch und gerade das innige Bedürfnis, Michaels Höhepunkt aus nächster Nähe mitzuerleben. Vielleicht blieb er ja doch noch etwas länger drin, wer weiß. Seine Hand legte sich um den steifen Penis des kleinen Freundes – das klang irgendwie falsch, wie er fand – und zog etwas an der Vorhaut, die er immer mal wieder über die feuchte Eichel zog. Wenn er sich genug konzentrierte, konnte er ihn auch noch etwas stoßen – Übung, alles reine Übung – und damit gezielt reizen; Michael konnte behaupten was er wollte, er würde nicht mehr lange brauchen. Zur Not machte Raphael eben mit dem Mund weiter und würde damit seine erste Schluck-Erfahrung machen aber wenn sich das noch vermeiden ließ, warum nicht mit der Hand. Immerhin bekam er wieder ein leises Stöhnen geschenkt und auch Michael selbst bewegte sich gegen Raphaels Schoß, der dies zu gerne begrüßte und die Nachwehen vom eigenen Orgasmus genoss. Seine Hand arbeitete schnell und mit etwas Druck, das Ergebnis zeigte sich auch schnell auf dem Gesicht des Miesepeters; mit glasigem Blick – Kamera! Sofort! – keuchte er ihm entgegen, ein Arm über dem Kopf weggebogen und im Kissen abgelegt, wo Raphael mit der freien Hand nach griff und ihre Finger ineinander verschränkte. Das war furchtbar kitschig aber er vermutete einfach mal, ihm beim Doggie-Style irgendwie Angst gemacht zu haben. Zumindest war das immer mal wieder ein Grund für die Zickereien und der unsichere Blick, den er ihm manchmal zugeworfen hatte, tat da sein Übriges. Michael stöhnte wieder laut auf – wirklich laut, was den Blonden noch einmal fest an ihn herantrieb, bevor er bald nicht mehr können würde – und wieder presste er den Kopf in den Nacken, was Raphael als Einladung betrachtete und wieder an seinem Hals knabberte. In seiner Hand zuckte es etwas, dann lief die warme, klebrige Flüssigkeit über die Finger und auf Michaels Bauch, während er auch Raphaels etwas getroffen hatte; das konnte er verkraften, ein erleichtertes Keuchen war die Belohnung für alles gewesen und wenn er nun den Kopf heben und von seinem Hals ablassen würde, könnte er in die weit aufgerissen, ihn seit Jahren faszinierenden Augen des anderen Blicken, das eine Hand auf Raphaels Schulter legte und dann nach Luft schnappte. Langsam ließ der Heiler ihn los, hauchte noch einmal einen Kuss auf die bebenden Lippen vor sich und richtete sich wieder auf; er wurde langsam wieder schlaff, was auch Michael zu bemerken schien. Vollkommen fertig schaute er ihn von der Seite her an, ließ die angezogenen Beine nun kraftlos auf die Matratze sinken und leckte sich über die Lippen. „Hast du Taschentücher?“, murmelte Raphael leise und wusste nicht, ob die erotische Spannung zwischen ihnen noch existierte oder aber ob er sich nun gefälligst aus dem Körper vor sich zu entfernen hatte. „Schublade…“, kam die leise Stimme des Soldaten und Raphael streckte sich, zog diese auf und wühlte dann in einem Durcheinander nach einem Paket ziemlich angegilbter Taschentücher. Egal, er wollte sauber werden und nicht in einem nassen Fleck schlafen. „Warte“, hörte er Michael sagen und blickte auf diesen herab, als er einen Arm streckte und ihm bedeutete, sich wieder zu ihm herunter zu beugen. Bereitwillig kam er dieser Aufforderung nach, ließ sich in den Arm nehmen und schloss die Augen, als er an der Halsbeuge des Freundes mit dem Kopf zur Ruhe kam. Das war schon fast zutraulich, er konnte sich wirklich mehr zwischen ihnen vorstellen; zumindest hatte er in letzter zeit keine Frau angefasst. Weniger aus romantischen Hintergründen als einfach dem Wissen, heute Nacht ohnehin Sex zu haben und Mika-Chan forderte ihn mehr als ein anschmiegsames Fräulein, die besten Falls noch gerne auf ihm ritten. Da wurde nicht diskutiert, was hier ganz anders war und dafür brauchte er seine Kraftreserven einfach. „Alles okay bei dir?“, wollte er dann doch wissen, bekam ein schläfriges „Hm-Hm“ zur Antwort und hauchte dann noch einmal einen festen Kuss auf Michaels Schläfe, der gerade die Augen geschlossen und sich ins Land der Träume verabschiedet hatte. Raphael lächelte matt, befreite sich aus der Umarmung und zog sich dann doch aus dem nie Erwachsen gewordenem Körper heraus, fing mit dem Taschentuch die größte Sauerei auf und wischte sie beide noch etwas sauber, ehe er sich dann neben Michael auf die Matratze sinken ließ und die Decke über sie beide zog. Er würde sich nun gerne ankuscheln, doch die Umarmung am Ende war vermutlich erstmal alles, was er von ihm an Körpernähe bekommen würde. Vorsichtig streichelte er noch einmal über die Wange mit dem Drachen, was leisen Unmut aufkommen ließ und schon drehte er ihm den Rücken zu; Raphael küsste ihn in den Nacken, löschte dann das Licht und ließ diesen Abstand zwischen ihnen aus einem gewissen Anstand und auch Respekt heraus offen; am Morgen wachte Michael dennoch mit einem Arm um seiner Hüfte auf. Sen Kopf brummte nicht, das war ein willkommener Zustand und gerade war er auch irgendwie zu bequem, um sich irgendwie zu erheben, dieses Geschmuse war so halbwegs okay, da es ja eben nur Raphael war und er diesem niemals ernste Absichten zuordnen würde. Zumindest schlief die blonde Grazie noch, wenn der ihn in dieser Situation ertappen würde – an ihn gedrückt und nicht gewillt, das zu ändern – müsste Michael sich einen neuen besten Freund suchen und Blumen für Raphis Grab aussuchen. Ach, sollte Uriel das doch machen. Mit den Fingern fuhr Michael sich durch die zerzausten Haare, blickte sich im halb abgedunkeltem Raum um; dort lagen Taschentücher auf dem Boden, etwas weiter weg das verschmorte Kondom und das übrige Tütchen mit dem Gleitmittel; ein blick über die Schulter in das friedlich schlafende Gesicht des Blonden. der würde gleich noch einem Racheakt ausgeliefert sein. Nur überlegte Michael sich, wie oder eher womit er das bewerkstelligen sollte und so richtete er sich langsam auf; Raphaels Arm rutschte ihm in den Schoß und seine Hand ganz wunderbar auf den Oberschenkel, nahe seines Glieds. „Nicht so stürmisch“, murmelte er dem Blonden entgegen und stieg dann aus dem Bett, streckte sich einmal richtig, um dann nach etwas zu suchen. Eine Ahnung von der Form hatte er, nur nicht über einen genauen Gegenstand. Auffällig unauffällig richtete er den Blick auf den runden Griff eines seiner Wurfmesser, das würde aber wieder zu Diskussionen fühlen. Außerdem wollte er nichts nehmen, dass dicker als sein bestes Stück war und so viel die Wahl recht schnell auf eine leere Flasche; für den Einlauf würde er ihn büßen lassen. - Es dauerte länger als erwartet, bis Raphael endlich aufwachte, was vermutlich niemals von alleine geschehen wäre und so fühlte Michael sich leider gezwungen, ihm einmal kurz in einen Hoden zu zwicken, was ihn schlagartig aufweckte. „Morgen“, gab er von sich und betrachtete einen verwirrten Windengel, der gerade an seinem eigenen Körper zweifelte und nach einer Erklärung suchte. Schließlich rauschte die Erkenntnis heran wie ein D-Zug und er wurde etwas hektisch, kam aber nicht so einfach vom Rothaarigen weg, der auf einem seiner Beine Platz bezogen hatte – er sah Michael schließlich über sich thronen, das war nicht er, der da in ihm steckte. „Was hast du mir da in den Hintern geschoben?!“ Ein dunkles Grinsen auf den Zügen des Kleineren, der die Flasche einmal etwas drehte und in ihn stieß, was Raphael entsetzt die Augen weiten ließ. „Ist das dein Ernst? Nimm das Ding da raus!“ „Oh das ist noch nicht alles“, säuselte Michael schrecklich spöttisch und schwenkte den bauchigen Gegenstand; die Bewegung ging auf Raphael über, der leise aufstöhnte, sich dann möglichst aufrichtete und sah, wie der Glashals einer Schnapsflasche direkt in ihn führte; und es schwamm etwas in ihr. „Das hast du nicht wirklich getan…“ „Wenn du nicht aufwachst. Muss mir ja irgendwie die Zeit vertreiben.“ „Hast du da reingewichst?!“ „Richtig, vor einer halben Stunde. Hinlegen jetzt.“ Raphael schüttelte den Kopf, doch der Fuß des anderen Engels presste ihn zurück in die Laken und bevor er noch irgendwas machen konnte war da wieder dieses wirklich unangenehm böse Grinsen und Michael kippte die Flasche nach oben. Angewidert verzog der andere den Mund – das war inzwischen kalt, hallo! – und war versucht, seinen Freund hier und jetzt ernsthaft übers Knie zu legen und ihm den unverschämten Hintern dunkelrot zuschlagen, doch der drehte nur wieder etwas an der Flasche und glitt von Raphaels Bein herab. „Das Gleitmittel ist hierfür draufgegangen und irgendwie muss ich dir ja die Schmerzen ersparen.“ „Mit deinem Sperma, danke auch.“ „Gerne. Ich hab gesagt, du sollst vorher aus mir rausziehen.“ „Nächstes Mal spritz ich dir ins Gesicht, verdammt noch eins!“ Michaels Grinsen wuchs wieder in die Breite, als er sich den Zeigefinger ableckte. „Mag sein aber jetzt bist du erst mal dran.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)