Life sounds like Booyakasha! von RaoulVegas (Einer für alle und alle auf einen!) ================================================================================ Kapitel 30: Special 9: Sewer Mission ------------------------------------ Wie Kaugummi zieht sich die letzte Stunde dahin und schlägt sich deutlich in den Gemütern der Kinder nieder. Doch dann ertönt endlich, wie aus dem Nichts, das erlösende Läuten der Glocke und erweckt damit neue Energie in den Kleinen, die bis eben noch völlig unsichtbar war. Aufgeregt springen sie von ihren Stühlen auf, werfen ihre Sachen in ihre Schultaschen und stürmen dann lautstark aus dem Klassenzimmer. Die Begeisterung auf Mikey´s Gesicht könnte kaum größer sein. Er geht zwar erst seit wenigen Monaten überhaupt in die Schule, doch schon jetzt findet er sie mehr als doof und würde sie jederzeit gegen Splinters hartes Training eintauschen. Doch leider geht das nicht und das Training kommt auch noch jeden Tag nach der Schule dazu – ein endloser Kreis des Lernens und der Konzentration, der den Blonden mehr als fertig macht. Allerdings freut es den jungen Ninja umso mehr, heute nach Hause zu kommen, da Freitag ist und somit zumindest die Schule zwei Tage lang nicht mehr in seinen Gedanken wüten kann. Eilig läuft er die Treppen hinunter, um zum Ausgang zu gelangen. Als er am ersten Stock vorbeiläuft, wird er auf einmal grob von hinten gepackt und zurückgezerrt. Erschrocken wendet sich der blonde Junge um. Allerdings hellt sich sein Gesicht schnell wieder auf, als er seinen Bruder Raphael hinter sich erblickt. Frech grinst ihm dieser entgegen und sie bringen gemeinsam die letzten Stufen hinter sich, bevor sie in das angenehm warme Licht dieses Nachmittags eintreten. Langsam schlendern sie über den Pausenhof und stoppen schließlich an dem großen Eisentor, dass das Schulgelände vom Rest der Welt trennt. Dort warten die Zwei und erzählen sich währenddessen Witze und allerhand Unsinn. Eine halbe Stunde später richten sie ihre Aufmerksamkeit auf die Bushaltestelle, die sich etwa hundert Meter von ihrem Standpunkt entfernt befindet. Gemächlich biegt ein Bus um die Ecke und hält an. Einige wenige Leute steigen aus, die den Beiden jedoch kein Interesse abgewinnen können. Als letztes steigen aber zwei Jungs aus, die sich dann zielstrebig auf die Wartenden zubewegen. Lachend läuft Mikey den Beiden entgegen, während sich Raph nicht unbedingt beeilt, zu ihnen zu kommen. Donnie und Leo fahren jeden Tag mit dem Bus von ihrer Schule zu Raph´s und Mikey´s, um die beiden Kleineren abzuholen. Zu Viert machen sie sich dann zu Fuß auf den Weg nach Hause. Nach gut vierzig Minuten erreicht die kleine Truppe das Dojo. Angeregt unterhalten sie sich und laufen dabei zum Haus hinauf. Ausgelassen öffnet Leonardo die Tür und tritt in den Eingangsbereich hinein. Als ihm seine Brüder folgen wollen, bleibt der junge Leader jedoch abrupt stehen, sodass Raphael direkt in ihn hineinläuft. „Sag mal, was soll der Scheiß?“, facht er den Schwarzhaarigen auch prompt an. Doch Leo schweigt und blickt sich mit finsterer Miene im Dojo um. „Was hast du, Leo?“, kommt es nun auch von Donatello, der dem Gesichtsausdruck seines Bruders entnimmt, dass irgendetwas nicht stimmt. „Ich weiß nicht. Irgendwas ist komisch…“, erwidert der Schwertkämpfer schließlich. Donnie und Mikey tauschen besorgte Blicke aus, nur Raph lässt sich von den Hirngespinsten seines Anführers nicht verkohlen. „Das Einzige, was komisch ist, bist du und jetzt lass mich endlich vorbei oder ich schubs dich um!“, knurrt der kleine Rothaarige ihm zu und macht sich schon bereit, seine Drohung in die Tat umzusetzen. Doch Leonardo ignoriert ihn wieder. Stattdessen versucht er sich zu konzentrieren, um herauszufinden, was nicht stimmt. „Es ist irgendwie so still…“, gibt er nach einer Weile von sich. Dem Saikämpfer reicht das Ganze mittlerweile aber gewaltig und er stößt seinen älteren Bruder grob gegen die Wand, um an ihm vorbeizukommen. „Natürlich ist es still. Ist ja auch niemand da, außer Splinter und der meditiert bestimmt!“, kontert er erbost, während er zur Couch stapft. Finster funkelt Leo seinen Bruder an. „Kannst du nicht einmal auf mich hören, wenn ich sage, dass etwas nicht stimmt?“, fragt er den Jüngeren. Unsicher betreten Michelangelo und Donatello das Haus und sehen sich um, um herauszufinden, was ihr unerfahrener Leader meinen könnte. „Warum sollte ich auf dich hören, du bist nicht Splinter!“, kommt es trotzig von Raphael. „Ich bin aber der Älteste und ich bin dein Anführer, also musst du auf mich hören!“, erwidert der Blaue. „Wovon träumst du eigentlich nachts?“, ist das Einzige, was Raph dazu zu sagen hat. Während sich die Zwei nun so richtig anfangen zu streiten, tapsen ihre jüngeren Brüder vorsichtig durch das Dojo, auf der Suche nach einem Hinweis. Obwohl ihnen auch klar ist, dass Leo sich tatsächlich irren könnte und somit alles in Ordnung ist. Und der Leader irrt sich oft, weswegen Raphael auch eine ganz schlechte Meinung von diesen Äußerungen hat. Der Rote schenkt ihnen keinerlei Beachtung, ehe er nicht einen handfesten Beweis dafür hat, dass Leonardo recht hat. Dummerweise scheint Mikey in genau diesem Moment den Beweis zu finden, den sein aufbrausender Bruder gerade so harsch von ihrem Anführer einzufordern versucht. Verwundert nähert sich der Kleinste Splinters Zimmertür, unter der ein Stück Papier hervor lugt. Nervös geht er in die Hocke und zieht es hervor. „Sieh mal, Donnie!“, entgegnet er dem Brünetten. Der kleine Tüftler nimmt das Stück Papier entgegen, überfliegt es kurz und dann scheint alle Farbe aus seinem Gesicht zu weichen. Überrascht mustert Mikey ihn. „Was steht drauf? Was steht drauf?“, will er wissen, während Donnie versucht, wieder zu sich zu finden. „Jetzt sag schon, Donnie!“, versucht der Blonde ihn weiterhin zu motivieren, allerdings scheint dies viel besser bei den beiden Streitenden zu funktionieren. Durch die helle, aufgebrachte Stimme ihres kleinen Bruders, unterbrechen sie ihre Meinungsverschiedenheit gerade so lang, um Donnies blasses Gesicht zu sehen. Etwas schwerlich gelingt es Leonardo sich auf dem Griff des Rothaarigen zu befreien und zu dem Stabkämpfer hinüber zu gehen. Schmollend beobachtet Raph das Ganze von der Couch aus. Wortlos, aber mit tellergroßen Augen, reicht Donatello seinem Leader das Stück Papier und sieht ihn dann besorgt an. Mikey weiß immer noch nicht, was los ist und schwänzelt nun um Leo herum, um es endlich herauszufinden. Finster mustert dieser die Schriftzeichen auf dem Zettel, bevor er sie schließlich laut vorliest. „Wenn ihr euren Meister wiedersehen wollt, dann müsst ihr herausfinden, wo ich ihn gefangen halte. Versucht euer Glück, aber beeilt euch, sonst ist es aus mit ihm! Gezeichnet der Tengu…“ Einen Augenblick schweigen sie alle, selbst Raphael scheint dabei einen leicht besorgten Gesichtsausdruck aufzusetzen. Dann unterbricht Michelangelo auf einmal die Stille. „Tengu ist aber ein sehr komischer Name…“ Langsam wendet sich Donnie zu seinem kleinen Bruder und blickt ihn ernst an. „Tengu ist kein Name, Mikey. Es ist die Bezeichnung für ein japanisches Fabelwesen, z.B. ein Ungeheuer oder einen Dämon.“, versucht er ihm ruhig zu erläutern. Nun ist es an dem Kleinen ganz blass um die Nase zu werden. „Du meinst, ein Monster hat unseren Meister entführt?“, kommt es panisch von dem Blonden. Kaum hat der orange Ninja seine Befürchtung ausgesprochen, ertönt ein Lachen von der Couch. Augenblicklich wenden alle ihren Blick zu Raphael, der das Ganze scheinbar urkomisch findet. „Gott, bist du blöd, Mikey! So was wie Monster gibt es doch gar nicht. Da will uns nur einer verarschen!“ Schmollend schiebt der Nunchakuträger die Unterlippe vor und sucht nach einer schnippischen Antwort. Allerdings hebt Leonardo die Hände, um die Beiden zu beruhigen, bevor ihm etwas einfällt. „Hört auf damit! Monster hin oder her, Splinter ist weg und braucht ganz sicher unsere Hilfe. Also reißt euch zusammen!“, mahnt der Leader seine Brüder. Die beiden Jüngeren verschränken beleidigt die Arme vor der Brust und wenden sich von einander ab. Resignierend seufzt der Schwarzhaarige auf. „Hey, Mister Oberschlau, wie sollen wir Splinter überhaupt finden, wenn wir nicht wissen, wo wir suchen sollen?“, tönt Raphael dann plötzlich. Etwas verloren blicken sich die Vier an. Ja, sie wissen zwar, dass ihr Meister weg ist, doch einen Hinweis hat der Tengu auf der Nachricht wohl nicht hinterlassen. Ratlosigkeit macht sich in den jungen Ninjas breit und sie blicken sich suchend im ganzen Haus um. Dennoch finden sie keinen Hinweis auf den Verbleib ihres Senseis. Schließlich finden sie sich wieder im Dojo ein und überlegen noch einmal. „Wir haben bestimmt etwas übersehen…“, kommt es nachdenklich von Donatello, der den Brief bestimmt schon zum zwanzigsten Mal liest. „Vielleicht suchen wir auch einfach an der falschen Stelle?“, wirft Mikey ein. „Wo sollen wir denn deiner Meinung nach noch suchen?“, fährt Raph den Blonden allerdings an. Sichtlich zuckt Michelangelo zusammen und blickt traurig zu Leo hinüber. „Ok, beruhigt euch! – Wir gehen uns jetzt erst mal umziehen, schnappen unsere Waffen und dann treffen wir uns in fünf Minuten draußen am Tor und suchen dann das Grundstück nach einem Hinweis ab!“, fordert Leo seine Truppe auf. Von Raph bekommt er allerdings nur wieder ein Schnauben, das andeuten soll, dass das alles völlige Zeitverschwendung ist. Der Blaue ignoriert ihn abermals und wendet den Blick lieber auf die anderen Beiden. Donnie und Mikey scheinen mit seiner Idee einverstanden zu sein, anders hätte er es von ihnen aber auch nicht erwartet. Die Zwei sind weitaus folgsamer als Raphael. Doch noch ahnt der Leader nicht, dass sich das in ein paar Jahren auch ändern wird und sie ihm dann alle von Zeit zu Zeit auf der Nase herum tanzen werden… Gesagt, getan. Die Jungs verschwinden in ihren Zimmern und tauschen graue Schuluniformen gegen grüne Kampfanzüge; die unbequemen Halbschuhe gegen schwere Stiefel; die farblose Krawatte gegen ihr leuchtendes Bandana und die Schultasche gegen ihre Waffen. Keine zwei Minuten später versammeln sie sich draußen am Gartentor. Mit einem stummen Seufzen mustert Leonardo seine jüngeren Brüder, die in einer Reihe vor ihm stehen und auf seine nächste Anweisung warten. Dabei kann er Michelangelo und Donatello genau ansehen, dass sie auf eine hilfreiche und erwachsene Entscheidung von ihm hoffen und ihr wohlmöglich auch ohne zu Murren folgen werden. Bei Raphael sieht das anders aus. Ihm sieht der Leader deutlich an, dass er das Ganze immer noch für sinnlos hält. Leo kann sich nur zu gut vorstellen, dass sein heißblütiger Bruder lieber blind drauf los rennen und so lange jeden Stein oder Baum umschubsen möchte, bis er ihren Meister wiedergefunden hat, doch das ist alles andere als hilfreich. Vielleicht würde Raph irgendwann auch ans Ziel kommen, aber das würde viel zu lange dauern und bis dahin könnte Splinter schon das Zeitliche gesegnet haben… Noch einmal seufzt der Schwarzhaarige in sich hinein und wendet dann den Blick von dem Saikämpfer ab. Nun sieht er sie wieder alle an und nach einem kurzen Moment beginnt er zu sprechen. „Ok, wir teilen uns am besten auf. So können wir das Grundstück viel schneller durchsuchen.“ Er wartet einen Augenblick, ob alle damit einverstanden sind. Von Mikey und Donnie kommt ein zustimmendes Nicken. Raph schnaubt nur leise, verschränkt die Arme vor der Brust und wendet den Blick ab. Etwas Anderes hat Leonardo auch gar nicht von ihm erwartet, doch es ist wohl die höchste Form an Zustimmung, die der Anführer im Moment von ihm erwarten kann. „Gut. Mikey, du nimmst dir die Einfahrt vor. Donnie, du suchst hier vor dem Haus. Raph und ich, werden uns hinten auf der Wiese umsehen.“, beendet der Schwertkämpfer schließlich seine Anweisungen. Und wieder erhält er von zwei Seiten Zustimmung und von Raph ein drohendes Knurren. Der Rothaarige ist kein bisschen scharf darauf, mit seinem älteren Bruder gemeinsam suchen zu müssen. Doch Leo hat sich dabei schon etwas gedacht. Nur so kann er den temperamentvollen Jungen im Auge behalten und sicherstellen, dass er auch wirklich das tut, was er ihm gesagt hat. Das dabei die Fetzen fliegen werden, ist ihm auch klar. Aber um ihren geliebten Meister und Vater wiederzufinden, würde Leo viel schlimmere Dinge Seitens Raphael in Kauf nehmen. Kaum eine Minute später verteilen sich die Jungs in die ihnen zugewiesene Richtung und beginnen mit ihrer Suche. Was sie genau suchen, wissen sie nicht. Irgendeinen Hinweis auf den Verbleib ihres Senseis und sei er noch so unbedeutend. Allerdings gestaltet sich das Ganze doch etwas schwierig, zumindest für Leonardo. Der Leader muss sich die ganze Zeit das Gemecker seines Bruders anhören, welches in der jetzigen Situation völlig unangebracht ist. Dennoch versucht der Älteste Ruhe zu bewahren und die wüsten Beschimpfungen des Jüngeren ungeachtet über sich ergehen zu lassen. Die hintere Wiese, auf der sie bei schönem Wetter immer trainieren, hat eine beachtliche Größe und so kann Leo einen gewissen Abstand zu dem Anderen einlegen und nur von Weitem seine böse Worte hören. Dies stört Raphael aber kein Stück. Er entfernt sich bei ihrer Suche zwar immer weiter von seinem Bruder, dennoch achtet er fast schon peinlich genau darauf, dass sein Schimpfen für den Anderen noch die selbe Lautstärke an den Tag legt und er auch ja jedes Wort hört. Mit jeder Minute, die verstreicht, werden Raph´s Ausdrücke ihm gegenüber sogar noch kreativer und gehässiger. Müde scheint es den Saikämpfer jedenfalls nicht zu machen – Leo allerdings schon. Tonlos seufzt er in sich hinein und versucht sich zu beherrschen, Raphael nicht dieselben Beschimpfungen entgegen zu bringen und den Jungen damit noch mehr aufzuregen. Doch er weiß nur allzu gut, dass er diesen Kampf irgendwann verlieren und Raphaels Streitereien erwidern wird. Donatello hingegen ist so ausgeglichen und besonnen, wie man in so einen Situation nur sein kann - also kein bisschen. Dennoch ist seine Stimmung wesentlich erhellter, als die seiner beiden Brüder. Gewissenhaft suchend bewegt sich der schmale Junge durch den Vorgarten. In seinem Kopf arbeitet es angestrengt und er versucht eine rationale Lösung für dieses Problem zu finden. Wer um alles in der Welt hätte Interesse daran, ihren Meister zu entführen und die besorgten Kinder damit zu sich zu locken? Fieberhaft grübelt er vor sich hin, während er weiterhin den Bereich vor dem Haus absucht. Wirklich einfallen tut ihm niemand. Schon gar keiner, der sich selbst als Tengu bezeichnen würde. Der Einzige, dem Donnie so eine Entführung zutrauen würde, wäre Yoshis Erzfeind Oroku Saki – besser bekannt als der Shredder. Doch was für einen Grund hätte Shredder sich als Tengu auszugeben? Das passt so gar nicht zu seiner egoistischen und arroganten Selbstverherrlichung. Allerdings will dem jungen Tüftler sonst niemand einfallen, der so einen Hass gegen ihren Meister hegt, dass man ihm so eine Tat zuschreiben könnte. Sich den Kopf zerbrechend führt der Stabkämpfer seine Suche fort und hofft, dass die Anderen mehr Glück haben, als er. Schwer mit sich ringend, versucht Mikey währenddessen, die ihm aufgetragene Aufgabe zu erfüllen, ohne seine Konzentration auf etwas Anderes zu richten. Dem kleinen Jungen fällt dies aber keineswegs leicht, auch wenn er sich dem Ernst der Lage vollkommen bewusst ist. Konzentration war für ihn schon immer etwas, das er nie zu besitzen schien, egal wie sehr er sich darum bemüht. „Konzentrier dich, Mikey!“, versucht er sich selbst zu motivieren. So recht klappen will es jedoch nicht. Etwas verloren blickt er die Einfahrt hinunter. Nichts, aber auch gar nichts ist zu sehen, was ihm helfen könnte, Leos Anweisung zu erfüllen. Dennoch setzt er einen Fuß vor den anderen und bewegt sich langsam in Richtung Straße. Seine himmelblauen Augen suchen ziellos die Umgebung ab, bis sie auf einmal etwas entdecken, das viel interessanter zu sein scheint. Ein Schmetterling fliegt direkt an seinem Gesicht vorbei, schwebt einen Augenblick vor ihm auf der Stelle und setzt dann seinen Flug fort. Magisch angezogen von der farbenprächtigen Schönheit des fliegenden Insekts, vergisst Michelangelo schlagartig was er eigentlich machen sollte und tapst hinter ihm her. Der Nunchakuträger ist so fasziniert von dem kleinen Flügeltier, dass er überhaupt nicht mehr auf seine Umgebung achtet. Völlig von dem schwungvollen Tanz eingenommen, läuft er blind weiter und merkt gar nicht, wie er der Straße immer näher kommt. Kurz bevor die Einfahrt auf dem Bürgersteig endet, kommt allerdings ein großes Eisentor, dass das Grundstück nach außen hin abtrennt. Keine fünf Meter vor dem Tor gibt es einen Gullydeckel. Mikey steuert direkt darauf zu und merkt nicht, dass der Deckel einen spaltbreit offensteht. Als der Junge den Schmetterling beinahe zu fassen bekommt, stößt er hart mit dem Fuß gegen den angekippten Gullydeckel. Ein überraschter Laut entkommt seiner Kehle, ehe er der Länge nach auf dem Boden aufschlägt. Einen Moment bleibt er völlig perplex auf den Steinen liegen und versteht nicht, was passiert ist. Dann blickt er nach hinten und entdeckt den leicht geöffneten Gullydeckel. Mit schmerzverzerrtem Gesicht begibt sich der Junge in eine sitzende Position und beginnt leicht zu Schniefen. Er kann von Glück sagen, dass zu seinem Kampfanzug auch Knie- und Ellenbogenschoner gehören, sonst hätte er sich böse wehtun können. Das ihm jetzt eine einzelne Träne über die Wange läuft, ist vielmehr wegen dem Schock über den Sturz, als wegen der Schmerzen. Als er sich wieder beruhigt hat, fällt ihm aber ein, was er hier eigentlich machen sollte. Eine ganze Weile betrachtet er den offenstehenden Gullydeckel mit fragendem Blick. Doch warum steht der Deckel offen? Könnte es vielleicht der Hinweis sein, den sie schon die ganze Zeit suchen? Langsam steht der kleine Junge auf und betrachtet den Deckel stirnrunzelnd. Schließlich endscheidet er sich dafür, Leo Bescheid zu geben. Der Leader wird sicher eher etwas damit anfangen können, als er. Von diesem Gedanken eingenommen, rennt der orange Ninja die Einfahrt hinauf und um die Hausecke herum. Als die Wiese in sein Sichtfeld kommt, kann er schon hören, wie sich Leonardo und Raphael lautstark streiten. Letztendlich ist es dem Anführer doch zu viel geworden, sich die ganze Zeit die Beleidigungen des Anderen anhören zu müssen. Nicht sonderlich überrascht steht Mikey da und beobachtet die Beiden einen Augenblick. Dann holt er tief Luft und ruft laut zu ihnen hinüber. „Hey, Leute, ich glaub, ich hab was gefunden!“ Es dauert eine ganze Weile, bis die beiden Streithähne sich zu ihm umwenden und realisieren, was er gesagt hat. Mikey glaubt schon, dass er es wiederholen muss. Wütend knurren sich seine beiden Brüder an, während sie langsam zu ihm hinüberkommen. Donnie kommt auch gerade um die Ecke, hat er doch die Rufe seines kleinen Babybruders noch eher gehört, als die Streitenden. Aufgeregt hüpft Michelangelo von einem Bein aufs andere, bis die Drei schließlich bei ihm stehen und er seine Worte noch einmal an sie richtet. „Ich glaub, ich hab einen Hinweis gefunden…“ Er ist sich ziemlich unsicher, ob es wirklich ein richtiger Hinweis ist. Doch er ist sich sicher, dass es besser ist, es ihnen zu zeigen, als später wieder angemotzt zu werden, dass er ihnen so etwas Wichtiges vorenthalten hat. „Wenigstens etwas. Raph und ich haben überhaupt nichts gefunden. Wie sieht´s bei dir aus, Donnie?“, erhebt Leo das Wort. „Ich hab auch nichts gefunden…“, erwidert der Tüftler, in einem Tonfall, der sich anhört, als würde er sich dafür schämen. Zuversichtlich lächelt der Leader seinem kleinsten Bruder zu. „Ok, Mikey. Dann zeig uns mal, was du gefunden hast!“ Ein vorfreudiger Ausdruck breitet sich auf dem Gesicht des Nunchakuträgers aus und er läuft auch gleich in Richtung Einfahrt, während die Anderen hinter ihm hergehen. Kurz darauf stehen die vier jungen Ninjas vor dem leicht geöffneten Gullydeckel und überlegen. Schließlich stellt Donatello die Frage, die ihnen allen im Kopf herum schwebt. „Denkt ihr, er ist da unten?“, deutlich ist dabei ein Anflug von Unbehagen in seiner Stimme zu hören, den die drei Anderen nur still teilen können. Dann räuspert sich Leo vorsichtig. „Wir müssen nachsehen, um ganz sicher zu sein…“ Es klingt beim besten Willen nicht wie ein Befehl oder eine Anweisung, die sie zu befolgen haben; es ist vielmehr eine unschöne Feststellung, etwas Unausweichliches, das keiner von ihnen machen möchte, es aber dennoch gemacht werden muss. Ein Raunen geht durch die Anwesenden, das getränkt ist von Abscheu und einem leichten Anflug von Angst. Dann zerreißt Raphaels durchdringende Stimme die eingetretene Stille. „Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich darunter in die Scheiße steigen werde?“ Seine Stimme schwappt geradezu über vor Ekel und er wirft Leo einen so abgrundtief verhassten Blick zu, dass dieser eigentlich überhaupt keine Chance hat, etwas dagegen zu sagen. Doch Leo wäre ganz sicher nicht Leo, wenn er nicht immer etwas gegen Raph´s Worte zu sagen hätte, selbst wenn er vielleicht ganz genauso denkt. „Nein, ich glaube keineswegs, dass du das tust, ich verlange es von dir, im Namen unseres Vaters, Herr Gott nochmal!“, kommt es erbost von Leonardo, der absolut keinen Nerv mehr für die Kindereien seines Bruders hat. Die Angst um Splinter hat so heftig von ihm Besitz ergriffen, dass es sich anfühlt, als würde ihm jemand langsam die Luft abdrücken und ihn erwürgen. Eigentlich ist es auch keine Angst mehr, sondern nackte Panik, die ihn befallen hat und die er krampfhaft vor seinen Brüder zu verstecken versucht, um sie nicht auch noch unnötig zu beunruhigen. Wenn sie sich alle kopflos ihrer Panik und Angst ergeben, dann ist ihr Sensei verloren und das würde Leo nicht nur an den Rand des Wahnsinns treiben, nein, es würde ihn umbringen! Daher blickt er stur in die gelbgrünen Augen seines Gegenübers, der ihn versucht, mit seinen Blicken, auf die Knie zu zwingen. Die Zwei starren sich eine volle Minute lang schnaubend an. Keiner will nachgeben. Die beiden Kleineren sehen sich hilflos an. Normalerweise würden sie es nicht wagen, sich in die Streitereien ihrer Brüder einzumischen, doch diesmal steht einfach zu viel auf dem Spiel, um das durchgehen zu lassen. „Jetzt hört endlich auf mit dem Blödsinn! Splinter könnte sonst was passiert sein und ihr benehmt euch wie ein paar Dreijährige!“, zerreißt Donatello überraschend harsch das Duell der Beiden. Schlagartig wenden die Kontrahenten ihm den Blick zu und auch Mikey schaut ihn mit großen Augen an. Donnie ist normalerweise eher still und zurückhaltend, mischt sich nie irgendwo ungefragt ein und ausrasten oder auch nur laut die Stimme erheben, sind Dinge, die er sonst nie tun würde, doch jetzt reicht es ihm einfach nur. Manchmal kann er nicht verstehen, wie Leo sich so kindisch benehmen kann, wo er doch immer so erwachsen sein will und über Raph denkt er lieber nicht nach, davon bekommt er nur Kopfschmerzen. Mit finsterem Blick, pochendem Herzen, angestrengtem Atem und roten Wangen sieht er die Beiden stumm an. Er weiß nicht so recht, ob er zu ihnen durchgedrungen ist, doch er ist so aufgebracht, dass er ihnen liebend gern einen langen Vortrag über altersgerechtes Benehmen halten möchte. Bevor es jedoch dazu kommen kann, senken die zwei Angesprochenen schuldbewusst den Blick und murmeln eine Entschuldigung. Diese geht aber eher an Donnie und die Tatsache, dass sie es geschafft haben, ihn so aufzuregen, anstatt an einander. Dass ist dem Tüftler jedoch egal. „So, wenn ihr euch jetzt endlich wieder eingekriegt habt, können wir dann vielleicht weiter machen?“, fragt Donnie schließlich, mit hörbar ruhigerer Stimme, aber dennoch tadelndem Blick, falls einer von beiden wieder anfangen sollte Unfug zu machen. Nun sehen sich die zwei ungleichen Brüder tief in die Augen, schätzen einander ab. Schließlich wendet Raphael schmollend und mit verschränkten Armen den Blick ab und überlässt Leo das Feld. Dieser schaut noch einmal schuldbewusst zu dem Stabkämpfer hinüber, sichtlich unwohl in seiner Haut, seinen kleinen Bruder so aufgeregt zu haben und dann räuspert er sich vorsichtig. „Ähm – Donnie, geh mit Mikey los und hol ein paar Taschenlampen und ein paar Stücken Kreide, damit wir uns da unten umsehen können. – Raph, du hilfst mir, den Deckel zur Seite zu schieben.“ Kaum hat Leonardo seine Anweisungen gegeben, machen sich die zwei Kleinen auch schon auf den Weg. Widerstrebend dreht sich Raphael zu seinem Leader um. Gemeinsam schieben sie den schweren Gullydeckel zur Seite. Einen Moment blicken sie in den dunklen Schlot hinunter, der sich aufgetan hat. Den Boden können sie nicht sehen, nur ein paar Metallsprossen, die in die unbekannte Tiefe führen. Ein unangenehmer, geradezu abstoßender, Gestank steigt zu den beiden Jungs empor und veranlasst den roten Ninja dazu, Leo einen weiteren, wie er hofft, tödlichen Blick zu zuwerfen. „Lass das…“, gibt der Anführer ihm halbherzig zurück. „Glaub ja nicht, dass die Sache damit vom Tisch ist! – Aber du kannst froh sein, wenn ich dich nicht in die Jauche da werfe!“, knurrt Raph ihm entgegen. Abschätzend mustern sich die beiden Jungen, als Mikey und Donnie wiederkommen. Dem Tüftler entgeht die Spannung nicht, die sich schon wieder zwischen den Beiden aufgebaut hat und er verdreht müde die Augen und hofft, dass das Ganze hier schnell ein Ende nehmen wird, damit er es nicht länger ertragen muss. Unsicher läuft Michelangelo neben ihm her und versucht dabei, die Taschenlampen zu tragen. „Wir haben alles…“, gibt der Brünette knapp von sich, um die Aufmerksamkeit der Zwei zu bekommen. Leo wendet sich ihnen zu und nimmt Mikey sofort die Lampen ab. Eine reicht er Raphael, eine behält er selbst. Dann leuchten sie gemeinsam in die Dunkelheit hinein. Nun können sie Wasser rauschen und plätschern hören und im Schein der Taschenlampen sehen sie die trübe Brühe dahinfließen. Etwa dreißig Sprossen führen in die Dunkelheit hinab, ehe der Boden erreicht ist. „Das ist aber tief…“, kommt etwas ängstlich von Mikey. Keiner erwidert etwas, sie starren nur weiter in die Tiefe hinunter, während sich der widerliche Gestank in ihren Köpfen festsetzt, wie eine hartnäckige Erkältung. „Wer geht als Erster…?“, zerbricht der Blonde noch einmal die Stille und betet dafür, dass er es nicht ist. Leonardo will gerade vorschlagen, dass Raph der Erste sein soll, der da runter steigt, als der Rothaarige ihm zuvor kommt. „Unser ach so furchtloser Anführer wird als erstes gehen, war schließlich seine Idee, da runter zusteigen!“, kommt es von dem Saikämpfer, mit finsterem Blick und frechem Grinsen auf den Lippen. Schmollend schiebt der Schwertkämpfer die Unterlippe vor und mustert seinen Bruder mit einem undefinierbaren Blick. Herausfordernd hält Raphael diesem Blick stand. Letztendlich gibt Leo dem Ganzen aber nach, da der Saikämpfer irgendwo ja auch recht hat – es war seine Idee und als Anführer muss er immerhin auch dafür Sorge tragen, dass seine Truppe sicher an ihr Ziel kommt. Der Schwarzhaarige holt tief Luft und klettert dann vorsichtig die kalten, glitschigen Sprossen hinunter. Seine drei Brüder beobachten ihn dabei ganz genau. Mikey mit einem Anflug von Angst, da er sich sehr bildlich vorstellt, wie Leo auf den glatten Sprossen ausrutscht und hart auf dem Boden aufschlägt oder sogar ins Wasser fällt und wohlmöglich ertrinkt. Donnie hingegen versucht nicht daran zu denken, wie schmutzig es dort unten sein mag, wie viele Krankheiten sie ereilen könnten und ob es dort unten vielleicht sogar Ratten oder Krokodile gibt, wie man es oft im Fernsehen hört. Um seinen Anführer hingegen sorgt er sich weniger. Leo ist ein guter Kletterer und bei allem was er tut sehr sorgfältig und vorsichtig. Raphael dagegen wünscht sich schon fast, dass Leonardo abrutscht und in der stinkenden Plörre dort unten landet. Dann hätte er mal einen verdammt guten Grund zum Lachen und das dämliche Gesicht seines Bruders wäre sicher unbeschreiblich. Allerdings passiert nichts der Gleichen und der Leader landet sicher auf dem Boden. Prüfend lässt er den Strahl seiner Taschenlampe über das Gewölbe gleiten. Der Gestank hier unten ist weit schlimmer, als gedacht. Der Boden ist nass und glitschig. Im vorbeifließenden Wasser treiben Dinge, von denen Leo gar nicht erst wissen will, was sie sind. Doch immerhin kann er keine andere Person ausmachen. Dann hebt er blaue Ninja den Kopf zu seinen Brüdern empor. „Es ist alles in Ordnung! Donnie, komm du als Nächster runter, dann Mikey und zuletzt Raph. Geht langsam und vorsichtig, die Stufen sind rutschig!“, weist er sie an, ehe er zwei Schritte von den Sprossen wegtritt, um den Herabsteigenden mehr Platz zu machen. Der Stabkämpfer hadert einen Moment mit sich, atmet dann tief durch und steigt vorsichtig auf die ersten Stufen. Deutlich kann er dabei spüren, wie glatt sie sind und auch unter seinen Fingern fühlen sie sich kalt und glitschig an, als wären sie mit einer Art Schleim überzogen. Unweigerlich formen sich Gedanken in seinem Kopf, die zu analysieren versuchen, um was es sich dabei alles handeln könnte. Je mehr dieser Gedanken in ihm aufkeimen, desto unwohler fühlt er sich. Er hält einen Augenblick inne, etwa auf der Mitte der Strecke und schließt die Augen. Krampfhaft versucht er die Gedanken aus seinem Kopf rauszubekommen. Angestrengt schluckt er. Dann dringt Leos Stimme zu ihm durch. „Was ist los, Donnie?“ Ehrliche Sorge schwingt darin mit und so zwingt sich der Tüftler, die Augen wieder zu öffnen und ihm zu antworten. „Alles gut, Leo. Ich wäre nur beinahe ausgerutscht…“ Zwei Minuten später sind sie alle unten angekommen und schauen sich mit ihren Taschenlampen in der Umgebung um. Irgendwo muss dieser Tengu doch einen Hinweis hinterlassen haben, der sie zum Aufenthaltsort ihres Senseis führt! Nach fast zehn Minuten, die ihnen in dieser stinkenden Dunkelheit wie eine Ewigkeit vorgekommen und sie eigentlich schon aufgeben wollen, entdeckt Raphael auf einmal etwas. „Hey, Leute, ich glaub, ich hab was…“, verkündet er zweifelnd und versucht sich dabei nicht anmerken zu lassen, wie schlecht ihm von dem Gestank schon ist. Die Drei kommen zu ihm hinüber und betrachten seinen Fund. In einer Nische in der Wand, die gern von Obdachlosen im Winter als Schlafplätzchen genutzt wird, liegt ein Stock auf einem Haufen alter Zeitungen. Als die Vier den Stock genauer anschauen, stellen sie fest, dass es eindeutig Splinters Stock ist. Also muss der Tengu mit ihm tatsächlich hier lang gekommen sein und ihr Meister hat den Stock entweder verloren oder absichtlich dort fallengelassen, damit seine Jungs ihn finden können. Die Nische befindet sich gute hundert Meter von dem Gullydeckel entfernt, sodass die kleinen Ninjas davon ausgehen, dass der Entführer mit ihrem Sensei auf jeden Fall diesen Weg gewählt hat. Also nehmen sie den Stock und folgen dem Kanaltunnel in diese Richtung. In gleichmäßigen Abständen markieren sie die Wand mit Kreide, damit sich sicher sein können, später den Weg auch wieder zurückzufinden. Der Kanaltunnel scheint endlos weiter geradeaus zu führen, ohne sich auch nur irgendwie zu verändern. Das Einzige, was sich ändert hat, ist die Geschwindigkeit des bestialisch stinkenden Wassers neben ihnen. Es strömt jetzt weit schnell vorbei, als zuvor, fast so, als wolle es versuchen, schneller am Ziel zu sein, als die Jungs. Donnie schätzt, dass das Gefälle weiter hinten im Tunnel immer stärker wird und das Wasser deswegen schneller fließt und irgendwo wird es dann tiefer stürzen und sich sammeln, bevor es das Klärwerk erreicht. Raph und Leo interessieren sich im Moment aber reichlich wenig für die Erläuterungen des jungen Wissenschaftlers und streiten sich lieber wieder. Lautstark gehen die Beiden nebeneinander her und werfen sich die tollsten Sachen an den Kopf. Donatello kann nur müde den Kopf schütteln. Wenn hier unten wirklich ein gefährlicher Entführer hockt, dem es gelungen ist, ihren begnadeten Meister zu überwältigen, dann weiß er wohl schon Stunden vorher, dass die Jungs sich ihm nähern. Leonardo, der sonst so auf Ruhe und richtige Techniken besteht, scheint von diesem Streit so eingenommen zu sein, dass er das völlig ignoriert und nicht einmal versucht, Raphael zu beruhigen. Mikey findet dieses aufgeplusterte Verhalten auch nicht sonderlich schön – manchmal macht es ihm sogar Angst. Doch im Augenblick hat er andere Sorgen. Das ganze Wasserrauschen und das stetige Tropfen und Plätschern machen ihn ganz krank. Er kommt sich vor, wie damals, als Splinter ihm versucht hat beizubringen, aufs Töpfchen zu gehen. Dazu hat der Meister immer wieder den Wasserhahn aufgedreht, bis der Junge diesen unbändigen Drang verspürt hat, sich erleichtern zu müssen. Jetzt kommt diese längst vergessene Erinnerung wieder in ihm hoch und bringt ihn um den Verstand. Innerlich verflucht er seinen Sensei ein bisschen dafür, ihm das Töpfchen gehen auf so eine perfide Art und Weise beigebracht zu haben. Er versucht nicht an den Drang zu denken, was sich als schier unmöglich erweist, bei all dem Wasser um ihn herum. Schließlich bleibt er stehen und tapst angestrengt von einem Bein aufs andere. *„Jungs, ich muss pinkeln!", sagt Mikey, und natürlich achtet keiner der Beiden darauf; sie marschieren einfach weiter, gehen wie Liebende nebeneinander her, sehen sich wie Liebende ins Gesicht und streiten sich wie die erbittertsten Feinde. Michelangelo will sich schon ein weiteres Mal bemerkbar machen, da legt sich Donnies Hand auf seine Schulter. Der Tüftler ist ein Stück hinter ihm gelaufen, um die nächste Markierung zu setzen. „Vergiss die Beiden, die sind in ihrer eigenen Welt…“, gibt er dem Blonden missgünstig zu verstehen. Traurig blickt ihn der Junge an und tapst wieder von einem Bein aufs andere. Donnie führt ihn ein Stück dichter ans Wasser, sodass seine Füße fast über den Rand ragen und hält ihn am Arm fest. Der Tüftler wendet das Gesicht von ihm und starrt die Wand hinter ihnen an, damit sich sein kleiner Bruder besser entspannen kann. „Ok, mach schnell, Mikey!“, gibt er dem Kleineren zu verstehen. Etwas verloren blickt der Nunchakuträger seinen streitenden Brüdern hinterher, die sich immer weiter von ihnen entfernen. Dann zieht er den Reißverschluss an seinem Kampfanzug hinunter und kurz darauf kann der Stabkämpfer ein neues Plätschern hören. Noch während der orange Ninja seinen Reißverschluss wieder schließt, verstummen auf einmal die Stimme der ewigen Rivalen. Erschrocken blicken sich die beiden Jüngeren an und rennen dann zu ihnen. Als die Zwei ihre Brüder erreichen, fällt ihnen erst mal ein Stein vom Herzen, haben sie doch gedacht, ihnen sei etwas passiert. Stattdessen stehen die Ewigstreitenden einfach nur stumm da und betrachten die Gabelung des Hauptsammelkanals vor sich. Ratlos leuchten sie mal in den einen Tunnel hinein, dann wieder in den Anderen. „Verdammt, welcher ist der Richtige?“, kommt es schließlich von Raphael, der seine Wut auf Leo für einen Moment vergessen zu haben scheint. „Keine Ahnung. Doch Splinter hat uns hoffentlich wieder irgendeinen Hinweis hinterlassen. Wir müssen ihn nur finden…“, erwidert Leo etwas zweifelnd. Vielleicht war ihr Sensei auch gar nicht mehr in der Lage, etwas für sie dazulassen? Was sollen sie dann bloß tun? Der Anführer in Leonardo schreit ihm förmlich entgegen, dass die einzige Lösung wäre, sich aufzuteilen und beide Tunnel abzusuchen. Doch der große Bruder in ihm hält lautstark dagegen. Seine Geschwister sind viel zu jung und zu unerfahren, als das er es riskieren könnte, sie hier unten allein herumlaufen zu lassen. Wenn ihnen etwas passiert, könnte er sich das nie verzeihen. Es muss einfach einen Hinweis auf den richtigen Weg geben, es muss! „Wir teilen uns auf!“, kommt es schließlich vom Leader. „Mikey und Raph, ihr nehmt den rechten Tunnel. Donnie und ich, den Linken. Wir gehen nicht weiter als hundert Schritte hinein. Wenn da tatsächlich ein Hinweis ist, wird er bestimmt nahe am Eingang sein, hoffe ich. – In fünf Minuten treffen wir uns wieder hier, ganz egal ob wir etwas gefunden haben oder nicht!“ Leos Stimme klingt leicht nervös, doch er hofft, dass seinen Brüdern auf dieser kurzen Entfernung nichts passiert. Immerhin sind sie noch in Hörweite, obwohl diese Gewölbe den Schall sehr weit tragen können… Ohne zu Murren, wahrscheinlich weil er froh ist, nicht schon wieder mit Leonardo zusammenarbeiten zu müssen, geht der Saikämpfer mit seinem Babybruder in den rechten Tunnel. Einen Augenblick später verschwinden auch Donnie und Leo. Wieder in einer Nische etwas zu finden, erweist sich diesmal als hoffnungslos, da dieser Tunnelanschnitt keine Nischen hat. Er ist völlig glatt und schmaler als der lange Hauptstrang. Der rechte Tunnel ist sogar noch schmaler als der Linke. Raph und Mikey stellen schnell fest, dass ihr Tunnel auch nur eine begehbare Seite hat, wo zuvor der Wasserstrom immer auf beiden Seiten passierbar war. Da das Gewölbe auf der Seite der Älteren breiter ist, kann man hier immer noch auf zwei Seiten entlanggehen. Suchend gleiten die Strahlen der Taschenlampen durch die beiden Tunnel. Die Minuten verstreichen und kein Erfolg scheint in Sicht. Plötzlich jedoch sieht Mikey im Schein des Lichtes etwas glitzern. Es steckt in der Decke des Gewölbes und funkelt wie Metall. Neugierig läuft der blonde Junge darauf zu. Kurz darauf fährt Raph ihn aber auch schon an. „Das ist zu weit, Mikey! Komm sofort wieder her oder ich hol dich!“, Wut schwingt in seiner Stimme mit. Der Nunchakuträger scheint ihm aber nicht zu zuhören und geht einfach weiter. Raphael gibt ein bedrohliches Knurren von sich und folgt seinem kleinen Bruder dann. „Du sollst stehenbleiben, verdammt!“ Der Junge ist gerade in Begriff seinen Worten Folge zu leisten, als der Rothaarige ihn erreicht und grob an der Schulter zu fassen bekommt. Er reißt den Jungen zu sich herum und funkelt ihn wütend an, während er die geballte Faust hebt, um ihn zu Recht zu weisen. Erschrocken zuckt Michelangelo zusammen. „Aber Raph, ich hab was glitzern sehen…“, versucht er sich zu verteidigen. Der Ältere ist davon aber nicht sonderlich begeistert, da Mikey eine Schwäche für glitzernde Dinge hat, wie ein kleine Elster und somit jeden Müll einsammelt, den er findet. „Ich geb dir gleich was Glitzerndes!“, tönt der rote Ninja mit erhobener Faust. Gerade als er zuschlagen will, ertönt Leonardos Stimme vom Eingang des Tunnels. Unbemerkt ist die Zeit verstrichen und sie hätten schon längst wieder draußen sein müssen. „Was treibt ihr zwei da? Die Zeit ist um, also kommt her! Oder habt ihr etwa was gefunden?“ Der letzte Satz hat etwas sehr zweifelndes an sich, dennoch schlummert in dem Anführer eine leise Hoffnung. Ertappt richtet Raphael seinen Blick auf den Eingang und sieht dort die dunklen Umrisse seiner Brüder stehen und das helle Licht der Taschenlampen, das über den Boden kriecht. Einen Moment hält er inne und wägt ab, ob es gut wäre, Mikey doch eine zu verpassen oder nicht. Er entscheidet sich dafür, dass es immer gut ist, seinem kleinen Bruder eine zu verpassen, egal wie misslich die Lage auch sein mag. Noch bevor er seine Tat umsetzen kann, fallen die Lichtstrahlen auf sie und er stößt Mikey grob zur Seite, damit Leo nicht sieht, dass er ihn mal wieder verhauen wollte. Wenig später stehen der Tüftler und der Schwertkämpfer vor ihnen und mustern sie. „Was macht ihr hier?“, kommt es jetzt erbost vom Leader. Eingeschüchtert entfernt sich Mikey ein paar Schritte von dem Saikämpfer und wendet sich seinem Anführer zu. „Ich hab was glitzern sehen, da oben an der Decke…“, erzählt er ihm und deutet über sich. Leo, der die Schwäche seines kleinen Bruders ebenso gut kennt, wie Raph, richtet zweifelnd seine Taschenlampe an die Decke des Tunnels. Tatsächlich sieht er etwas funkeln, doch er will es schon als uninteressant einstufen, als er erkennt, um was es sich handelt. Dort zwischen zwei Steinen klemmt ein Shuriken. Auf seiner blankgeschliffenen Oberfläche kann der Schwarzhaarige deutlich das aufgebrachte Symbol des Hamato-Clans erkennen. Das Muster in dem Kreis soll eine Orchidee in voller Blüte darstellen, doch in den Augen der Jungs könnten die fünf kreisförmigen Muster auch eine Schildkröte zeigen, auf die man von oben herabschaut. Überrascht tatsächlich einen Hinweis gefunden zu haben, holen die Jungs geräuschvoll Luft. „Also ist es dieser Tunnel!“, stellt Mikey begeistert fest und freut sich darüber, den entscheidenden Hinweis gefunden zu haben. Etwas grummelig geht Raphael zum Eingang des Tunnels zurück und markiert die Wand mit Kreide. Derweilen angelt Donnie mit seinem Bo nach dem Shuriken und Leo steckt ihn schließlich in seine Tasche. Beschwingt, auf der richtigen Spur zu sein, gehen die Jungs gemeinsam weiter. Nach einer Weile wird der Tunnel wieder breiter und eine zweite Laufspur erscheint, wie aus dem Nichts. Der Weg scheint diesmal wirklich endlos weiter zu gehen. Deutlich können die kleinen Ninjas nun das Gefälle spüren und das Wasser rast nur so an ihnen vorbei. Das Bett, in dem sich die braune Brühe dahin bewegt, wird auch Zusehens breiter, bis es schon fast an einen Bachlauf erinnert. „Das Klärwerk ist bestimmt nicht mehr weit…“, murmelt Donatello mehr zu sich selbst als zu den Anderen. Schließlich endet der Tunnel abrupt an einem großen Eisengitter, dass die runde Öffnung des Kanals völlig ausfüllt. Vorsichtig treten die Brüder an das Gitter heran. Als sie hindurch sehen, erstreckt sich unter ihnen ein gewaltiges Becken, soweit unten, dass es kaum zu sehen ist. Das Wasser stürzt durch das Gitter hinab, wie ein Wasserfall und fällt mit lautem Tosen in das Becken. Der gröbste Schmutz sammelt sich vor dem Gitter am Boden der Wasserrinne. „Es war doch der falsche Weg!“, kommt es wütend von Raphael, der schnaubend an dem Gitter reißt. „Nein, das war er ganz sicher nicht – wir haben nur irgendwas übersehen…“, erwidert Leonardo nachdenklich. „Was sollen wir denn deiner Meinung nach übersehen haben, großer Anführer? Hat sich der Typ etwa geschrumpft und ist durch das Gitter geschlüpft? Oder gibt’s hier einen geheimen Fluchttunnel, hä?“, fährt der Rothaarige ihn zornig an und reißt weiterhin am Gitter. Der Frieden hat wirklich nur kurz zwischen den Beiden gehalten und jetzt fetzen sie sich wieder, wie ein paar streunende Hunde um einen alten Knochen. Seufzend nimmt Donnie Mikey ein Stück beiseite und sucht mit ihm die nähere Umgebung zum Gitter ab. „Glaubst du, sie werden sich den ganze Tag so weiter streiten?“, kommt es vorsichtig von dem Blonden. „Zumindest bis wir Splinter gefunden haben, dann spielt Leo wieder den Musterschüler…“, kommentiert der Tüftler augenrollend. „Sieh mal, da hat jemand was an die Wand gemalt!“ Aufgeregt deutet der Nunchakuträger auf ein paar alte Graffitis an der Gewölbewand. Auf dem Hinweg sind sie ihnen nicht aufgefallen, da sie auf der anderen Seite des Wassers langgegangen sind. Im ersten Moment findet der Brünette nichts Besonderes daran. Doch dann merkt er, dass das Graffiti gar nicht auf die Wand gesprüht wurde, sondern auf eine Tür! Das Geschmiere, von dem Donnie nicht einmal sagen kann, was es darstellen soll, interessiert ihn auch gar nicht. Doch auf der Farbe befinden sich zwei Schriftzeichen, die seine Aufmerksamkeit wecken. „Tengu…“, liest er vor und fährt mit den Fingern über die Farbe. „Der Kerl muss Splinter durch diese Tür gebracht haben.“, erklärt er Mikey und schließt die Hand um die Klinke. Als der Stabkämpfer sie niederdrückt, muss er jedoch feststellen, dass die Tür verriegelt ist. Verwundert legt er den Kopf schief und denkt nach. „Was glaubst du, ist hinter der Tür, Donnie?“, fragt Mikey ihn. „Ich würde mal sagen, eine Leiter nach oben zum Gully. Die Kanalarbeiter benutzen sie als schnellen Zugang, damit sie nicht durch die Gegend irren müssen, so wie wir. Solche Türen gibt´s hier bestimmt in jedem Tunnel.“ Nun endlich fällt auch den beiden Streitenden auf, dass sich ihre Brüder verkrümelt haben. Sich immer noch angiftend gehen sie zu ihnen hinüber. Schlagartig verstummen sie allerdings, als sie die Tür und die Schriftzeichen erkennen. „Sie ist verschlossen…“, gibt Donatello den Beiden zu verstehen. „Aber nicht mehr lange…“, grinst Raphael ihm entgegen und drückt die Spitze seines Sais in das Schloss. Er ruckelt darin herum und lauscht. Die Anderen glauben nicht, dass er die Tür so aufbekommen wird, bis das Schloss auf einmal aufspringt. „Wow, ein toller Trick!“, entkommt es Michelangelo, der seinen Bruder mit begeisterten Augen ansieht. „Das war kein Trick, sondern einfach nur Können, Mikey!“, entgegnet ihm Raph frech. „Ist doch egal, wir müssen weiter!“, unterbricht Leonardo das Ganze und drängt sich an die Tür. Widerwillig macht der Saikämpfer ihm Platz. Vorsichtig öffnet der Leader die Tür und blickt ins Unbekannte. Wie Donnie gesagt hat, befindet sich dahinter ein Zugang nach draußen und ein Tunnel, der etwa neunzig Grad zu dem verläuft, aus dem sie kommen. Er ist nicht sonderlich lang und macht nach circa fünfhundert Metern einen Bogen. Als die Jungs um die Ecke gehen, entdecken sie plötzlich Schienen, die mitten im Nichts enden und einen U-Bahnwagon, der dunkel und verwahrlost dasteht. „Muss wohl eine Art Abstellgleiß sein oder ein stillgelegter U-Bahntunnel…“, kommentiert Donatello die irritierten Blicke seiner Brüder. Langsam nähern sie sich dem Wagon. Die meisten Scheiben sind eingeschlagen oder beschmiert; der Lack ist abgebröckelt und farblos und die Schienen so rostig und verbogen, das darauf wohl nie wieder ein Zug fahren wird. Die Türen stehen offen, der Fahrersitz ist aufgeschlitzt worden und verängstigte Ratten huschen vor dem Licht ihrer Taschenlampen davon. „Ok, vermutlich lauert der Tengu im U-Bahnwagon, vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall müssen wir ihn durchsuchen. Wir bleiben ganz dicht beisammen und sehen uns um, ist das klar?“, weist Leonardo seine Brüder streng an, wobei er ganz besonders Raphael betrachtet. Doch jetzt, dem Ziel wohlmöglich so nahe, kommen keine dummen Bemerkungen mehr von dem Saikämpfer. Leo geht voran, Mikey und Donnie folgen ihm Hand in Hand und Raph bildet den Schluss. So bewegen sie sich langsam auf den Wagon zu. Durch die erst Tür betreten sie das Fahrzeug und gehen angespannt die Sitzreihen entlang. Plötzlich ertönt hinter ihnen eine düstere Stimme, die sie wie ein Schlag trifft. „Jetzt habe ich euch endlich!“ Verängstigt schreien die Jungen auf und drängen sich enger zusammen. Zitternd richten sie die Strahlen ihrer Taschenlampen in die Richtung, aus der die Stimme kam. Eine Gestalt erscheint im hellen Weiß. Diese Gestalt ist aber weder ein Monster, noch ein Dämon und sie will den Jungs auch ganz sicher nichts Böses. Es ist ihr Sensei, ihr Meister und Vater, Hamato Yoshi, und er ist gesund und munter! Fassungslos und überrascht starren die Kinder den Mann vor sich an und verstehen nicht, was eigentlich passiert ist. Splinter setzt ein sanftes Lächeln auf und nähert sich seinen Kindern. „Sensei!?“, kommt es von ihnen allen gleichzeitig. „Ihr habt lange gebraucht, um mich zu finden…“, entgegnet er seinen Schülern. Verwirrt tritt der Leader vor. „Meister Splinter, soll das heißen, ihr seid gar nicht entführt worden?“ „Genau das soll es heißen, meine Söhne. Das Ganze war nur eine Übung, in der ich sehen wollte, wie gut ihr zusammenarbeitet und euch an schwierige Situationen anpasst.“, erläutert der Meister ruhig. Allmehlig entspannen sich die Brüder wieder, auch wenn sie noch immer nicht fassen können, was ihr Vater sich da ausgedacht hat. „Ihr müsst noch eine Menge lernen, meine Schüler, soviel steht fest.“, tadelt er die Jungen etwas, da er sie die ganze Zeit über beobachtet hat und nicht sonderlich erfreut war, zu sehen, wie sich Leo und Raph die ganze Zeit gestritten haben. Doch die nächste Übung kommt noch früh genug und irgendwann, so hofft Splinter, werden sie lernen, wie sie perfekt zusammenarbeiten und einander blind vertrauen können… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)