Creepypasta Extra 3: Last Judgement von Sky- (Die Thule-Verschwörung) ================================================================================ Kapitel 12: Die Lage spitzt sich zu ----------------------------------- Nathaniel und Ezra hatten fast das gesamte Gebäude durchsucht, ohne etwas anderes außer bewaffneten Soldaten gefunden zu haben. Doch irgendwo musste sich das Buch befinden, da waren sie sich beide sicher. Während der ganzen Zeit hatte sich Nathaniel von nichts anderem, als von seinem Gefühl leiten lassen und er war sich sicher, dass sie nicht mehr weit weg sein mussten. Er hatte auch inzwischen keine Angst mehr, denn da er wusste, dass Ezra und Eli bei ihm waren, fühlte er sich sicherer. Und obwohl er noch nicht gänzlich überzeugt war, glaubte er fest daran, dass er es schaffen konnte, das Schicksal zu ändern. Sie bogen um eine Ecke und rechtzeitig genug zog Ezra ihn zurück, als auch schon mehrere Pfeile an ihnen vorbeischossen. „Das ganze Gebäude ist ein einziges Pulverfass“, murmelte er und machte sich daran, die Anlage zu zerstören. „Fragt sich, wie lange wir noch brauchen.“ „Ob die anderen wohl zurechtkommen?“ „Das müssen sie wohl oder übel… eine andere Wahl haben sie leider nicht.“ Irgendetwas explodierte und löste eine Erschütterung aus. Ein Teil der Decke fiel herunter und hätte Ezra nicht schnell reagiert, hätte es für Nathaniel gefährlich werden können. Sogar ein Teil des Bodens war eingestürzt, sodass sie klettern mussten. Nach einer Weile erreichten sie eine Weggabelung und Nathaniel blieb nachdenklich stehen. Wohin sollten sie jetzt gehen? „Vertrau auf dein Gefühl“, hörte er Elis Stimme sagen. Aber was sagte sein Gefühl? Ganz sicher war er nicht, aber er entschied sich spontan für den rechten Weg. Wie immer fragte Ezra nicht wieso, er ging einfach mit. Nun aber spürte es Nathaniel deutlicher und war sich sicher, wohin er gehen musste. Dabei konnte er sich das selbst nicht erklären. Am ehesten war es mit einer Art innerem Kompass zu vergleichen, dem er folgte. Ähnlich wie bei den Vögeln auf ihrer Reise in Richtung Süden. Nathaniel lotste Ezra durch das Labyrinth und erreichte schließlich einen Raum, wo er instinktiv spürte, dass er genau richtig war. Eine schwer gesicherte Stahltür blockierte den Weg, doch mit ein paar geschickten Handgriffen und einigen kräftigen Tritten gelang es Ezra, sie zu öffnen und tatsächlich lag auf einem Tisch das Buch. Es war ein dicker Wälzer, groß und schwer und mit sieben Schlössern gesichert. Obwohl es sich bei diesem Buch um die wohl gefährlichste Waffe der Welt handelte, wirkte es so unscheinbar und harmlos. Wie ein altes Buch aus dem Antiquitätenladen eben. Ezra nahm es in die Hand und sah es sich an. „Erinnert mich irgendwie an das Death Note“, sagte er schließlich und steckte das Buch ein. „Hätte nicht gedacht, dass es derart unscheinbar aussieht.“ „Du hast das Buch noch nie gesehen?“ „Die wenigsten haben es. Damals wurde es unter Verschluss gehalten und kaum jemand hat es zu Gesicht bekommen. Außerdem waren Cedric und ich noch Kinder gewesen, als das alles passierte. Sie hatten ihn eingesperrt und wollten ihn genauso hinrichten, wie unsere Eltern. Daraufhin habe ich mich Johnny angeschlossen, um ihn zu befreien. Es war ein wirklich grausamer Kampf.“ „Aber ihr habt doch gewonnen, oder?“ „Wie man’s nimmt… wir haben lediglich damals die Katastrophe hinauszögern können. Während des Krieges starben so viele von uns und dabei kam es sogar so weit, dass sich ein Riss im Zeitgefüge bildete und Cedric hineingezogen wurde. Ich konnte ihn nicht retten und habe daraufhin auf ihn gewartet.“ „Und wie lange?“ „Eine unvorstellbar lange Zeit. Und in der habe ich Zivilisationen gesehen, wie sie gegründet wurden und zerfielen und ich habe die Menschheit in ihren glanzvollsten und dunkelsten Stunden erlebt. Schließlich war es Johnny, der mir half, Cedric wiederzufinden. Aber er konnte sich an rein gar nichts mehr erinnern, nicht einmal an mich. Vielleicht ist es ja auch gut so, dass er sich an diese Zeiten nicht erinnern muss. So viel Blut musste wegen diesem unheilvollen Buch vergossen werden, nicht nur das von Mischlingen. Dieses Ding sollte für immer verschwinden, damit es nicht noch mehr Schaden anrichtet.“ „Da spricht er mir aus der Seele“, pflichtete Elis Stimme bei und gemeinsam machten sich Nathaniel und Ezra auf dem Rückweg. Nachdenklich betrachtete der Junge seinen Begleiter und fragte sich, wie viele Jahre er ausgeharrt hatte, um auf seinen Bruder zu warten. Hundert Jahre? Tausend Jahre? Vielleicht sogar zehntausend? Höhere Wesen konnten unglaublich alt sein und für sie hatten Zeit, Namen und Aussehen keinerlei Bedeutung. Sie schienen ein völlig anderes Empfinden zu haben was das betraf und so wie es schien, waren viele von ihnen uralt. Wie alt Johnny wohl war? Das würde Nathaniel nur zu gerne wissen, aber er befürchtete, dass er keine gescheite Antwort bekommen würde. Denn für die höheren Wesen schien es auch eine Angewohnheit zu sein, nur in den seltensten Fällen eine klare Antwort zu geben. Aber eine Frage wollte er dennoch stellen. „Warum leben die höheren Wesen eigentlich in unserer Welt? Haben sie schon immer hier gelebt?“ „Nein, sie kamen einst aus einer anderen Welt, welche eines Tages unterging, genauso wie es alle irgendwann tun. Wir alle konnten unter der Bedingung hier unbehelligt leben, indem wir den Menschen äußerlich glichen und unsere wahre Kraft verbergen konnten. Christine und Pristine zum Beispiel könnten eine gewaltige Zerstörung anrichten, wenn sie ihre Kraft freisetzen würden, ebenso wie Johnny. Aber sie halten sich sehr streng an das Gesetz, dass sie das nicht tun, weil es sonst diese Welt vernichten könnte.“ „Kämpfen sie deshalb so brutal?“ „Das ist die einzige Möglichkeit. Wir sind nicht so einfach zu töten, deshalb versuchen wir stets, dem anderen so schlimme Schmerzen und Verletzungen zuzufügen, dass er nicht weiterkämpfen kann.“ Schön und gut, dass es eine Möglichkeit ist, diese Welt vor einer versehentlichen Zerstörung zu bewahren. Aber trotzdem war es ganz schön grausam, dachte Nathaniel und nahm Ezras Hand, weil er jetzt jemanden brauchte, an dem er sich festhalten konnte. Zumindest erklärte das die Tatsache, wieso Johnny Christine dermaßen fertig machen konnte. Sie musste sich zurückhalten, weil sie keine andere Wahl hatte. Offenbar war diese Regel, niemals mit voller Kraft zu kämpfen, so ungeheuer wichtig für alle höheren Wesen, dass nicht einmal Johnny, Pristine und Christine es wagten, sie zu brechen. Und Sally hielt sich ganz einfach aus Angst zurück, dass sie dann die Kontrolle über ihre Kraft verlieren und wieder gänzlich zu Happy Sally werden könnte. „Wenn ihr wirklich aus einer anderen Welt kommt, seid ihr dann Aliens?“ Als Ezra das hörte, musste er lachen. Obwohl er sonst immer so desinteressiert und gleichgültig wirkte, konnte er bei dieser Frage einfach nicht anders. „Oh Mann, du bist echt zu ulkig, Kleiner. Obwohl… ein Alien…“ Ezra schien sich nun bildhaft vorzustellen, ein Alien in Menschengestalt zu sein. Mit Sicherheit dachte er schon wieder an irgendwelche Anime-Aliens. Manchmal ist Ezra doch schon ein wenig schräg, dachte Nathaniel, während er ihn beobachtete, wie er seinen Gedankengängen nachging und etwas von Affenschwänzen murmelte. Aber zumindest kann man sich auf ihn verlassen und er würde für Cedric sicher alles tun. Ob Anthony das Gleiche tun würde, wenn er eines Tages plötzlich verschwinden sollte? Würde er traurig sein, wenn ihm mal etwas passieren sollte? Nathaniel hätte gerne, dass Anthony ihn lieb hatte und sich um ihn kümmerte. Aber würde das wirklich eines Tages passieren, dass sie beide eine richtige Familie sein würden? Immerhin hatte er ihm doch aus Versehen so furchtbare Schmerzen zugefügt und Anthony hatte mit einer Pistole auf ihn gezielt. Nein, mit Sicherheit würde sich der Traum von einer echten Familie niemals erfüllen. Anthony hatte doch nie gewusst, dass es ihn überhaupt gab und für ihn war er doch ein Fremder. Nathaniels Brust schnürte sich zusammen und fast hätte er wieder geweint. Plötzlich wurde ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und er bemerkte, dass es Ezras Hand war. „Es wird schon gut gehen. Und Anthony und die anderen verlassen sich auf dich.“ Er hat Recht, dachte Nathaniel und atmete tief durch, wobei er sich die Tränen wegwischte. Heulen brachte auch nichts, er musste sich zusammenreißen und sein Bestes geben, wenn er die anderen retten wollte. Während Ezra sich um eine weitere Gruppe von Soldaten kümmerte, gab Nathaniel Cedric über das Funkgerät Bescheid, dass sie das Buch gefunden hätten und sich nun auf den Rückweg machten. Schließlich erreichten sie den Ausgang und helles Tageslicht blendete sie kurz, da sahen sie das Unfassbare: Eine Armee von maskierten Soldaten und sie schienen sie bereits erwartet zu haben. Ezra stellte sich sofort vor Nathaniel und hielt seine Macheten bereit, sah aber, dass sie Anthony, Vincent und Thomas als Geiseln hatten. „Verdammte Schweine“, knurrte der Mischling und sein Blick verfinsterte sich. „Wie feige kann man sein und Menschen als Geiseln nehmen?“ „Auf Befehl von Pristine werden keine Geiseln genommen. Stattdessen werden die Gefangenen unverzüglich hingerichtet.“ Nathaniel wurde kreidebleich im Gesicht, als er das hörte und sah, wie einer der Soldaten sein Gewehr auf Anthony richtete, während die anderen ihrerseits auf Ezra und Nathaniel zielten. Es passierte wieder… schon wieder geschah eine Tragödie und erneut musste er mit ansehen, wie seine Freunde starben. Dabei hatte er sich doch so angestrengt, damit es nicht mehr passieren muss. Verzweiflung überkam Nathaniel und seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Hört auf!“ schrie er und spürte, wie sich seine Brust zuschnürte und sein Kopf zu dröhnen begann. „ICH WILL, DASS IHR AUFHÖRT!!!“ Er schrie es so laut heraus, dass es überall widerhallte. Und damit trat urplötzlich Totenstille ein. Alles in diesem Moment schien still zu stehen. Kein Schuss fiel, niemand sagte etwas oder kämpfte. Nathaniel brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass er schon wieder seine Kraft eingesetzt hatte. Der Soldat, der gerade noch Anthony erschießen wollte, ließ die Waffe sinken und brach bewusstlos zusammen, einige ließen einfach nur ihre Gewehre fallen und blieben regungslos stehen, so als warteten sie auf etwas. Da sich Anthony und die anderen bewegen konnten, nutzten sie ihre Chance, um sich zu befreien und den Rückzug anzutreten. Ezra schnappte sich Nathaniel und eilte mit den anderen davon, bevor die Soldaten wieder zu sich kamen. „Das war ja unheimlich“, sagte Vincent und sah sich um. Wirklich keiner der Soldaten bewegte einen Muskel und ihr Blick war vollkommen starr, als besäßen sie keinen eigenen Willen mehr. „Warst du das etwa?“ Doch Nathaniel war sich nicht ganz sicher, ob das wirklich sein Verdienst war. Immerhin hatte er das gerade nicht wissentlich und mit Absicht getan, oder doch? Nun, er wollte, dass die Soldaten aufhörten und als Reaktion darauf blieben sie einfach stehen und bewegten sich nicht. Wie lange das wohl anhalten würde? „Ich dachte, unsere Fähigkeiten funktionieren nicht bei höheren Wesen oder Scyomanten.“ „Nathaniel ist auch kein Konstrukteur in dem Sinne, sondern ein Vivomant und dadurch weitaus stärker als wir, vergiss das nicht. Jedenfalls hat er uns gerade das Leben gerettet. Danke Nathaniel.“ Da dieser noch ein wenig benommen und zudem auch ziemlich erschöpft war, nahm Vincent ihn auf den Rücken. Der Arme, dachte Anthony als er sah, wie müde Nathaniel eigentlich war. Diese ganze Aufregung musste ziemlich anstrengend für ihn sein. Ein Wunder, dass er sich überhaupt so tapfer durchgehalten hatte. Nun war er zum ersten Mal draußen und schon wurde er in einen grausamen Kampf mit der Thule-Gesellschaft verwickelt. Sie eilten zurück zu den Säulen, wo sie in Deckung gingen und vorsichtig setzte Vincent Nathaniel ab. Auch er war besorgt und als er eine Hand auf seine Stirn legte, wandte er sich an Anthony und rief „Ich glaub, er hat Fieber.“ Da Eneos der Arzt unter ihnen war, sah er sich den erschöpften Nathaniel genauer an und konnte Entwarnung geben. „Es ist nichts Weltbewegendes, er ist einfach nur körperlich sehr erschöpft und braucht etwas Ruhe.“ Offenbar strengte ihn das alles doch sehr an und diese Gabe einzusetzen, um eine solch große Zahl an Soldaten außer Gefecht zu setzen, schien nicht ganz ungefährlich zu sein. Anthony erinnerte sich gut daran, was Sally in der Vergangenheit passiert war: Diese gewaltige Kraft, die sie entfesselt hatte, um Backwater zu zerstören, hatte ihren Körper zerfressen und sie getötet. Was, wenn Nathaniel das Gleiche passieren konnte, wenn er seine Fähigkeiten zu oft in solch einem Maße freisetzte? Dieses Risiko wollte Anthony lieber nicht eingehen. „Vorsicht!“ Ezra stieß den Konstrukteur beiseite und sogleich traf ihn einer von Pristines Pfeilen in den Arm. Wie ein Engel des Todes kam die schneeweiße Frau auf sie zu und hielt die Armbrust bereit. Sie sah richtig wütend aus und hatte mehrere schwere Verletzungen, die sie aber allesamt ignorierte. Schützend stellten sich Anthony und die anderen vor Nathaniel und machten sich bereit, es mit dieser übermächtigen Person aufzunehmen, gegen die sie eigentlich überhaupt keine Chancen hatten. Aber an Flucht war auch nicht zu denken, es wäre reine Zeitverschwendung. „Geht mir aus dem Weg, oder ich werde euch alle gemeinsam töten.“ Ezra und Thomas warfen sich kurz einen Blick zu und wie auf ein Signal hin, griffen sie beide gemeinsam an. Als hätten sie es einstudiert, bewegten sie sich beinahe synchron und führten blitzschnelle Angriffe aus. Während Ezra beide Macheten in Pristines Brust rammte, stieß Thomas von hinten zu. Blut floss und leise stöhnte die jüngere Zwillingsschwester auf, dann aber packte sie Ezra an der Kehle und drückte zu. Offenbar wollte sie ihn erwürgen, oder ihm gleich das Genick brechen. Thomas zog sein Schwert raus und wollte ihr den Kopf abschlagen, da drehte sie sich um und riss Ezra hoch, um ihn als lebenden Schild zu benutzen. Thomas konnte den Schlag nicht rechtzeitig aufhalten und riss eine tiefe Wunde über Ezras Körper. In dem Moment warf Pristine den Verletzten gegen Thomas und riss somit beide zu Boden. „Jetzt hab ich aber endgültig genug“, rief sie und lud ihre Armbrust nach. „Von euch lasse ich mir nicht mehr auf der Nase herumtanzen.“ Nun war es Anthony, der aktiv wurde und Pristine einen gezielten Kopfschuss verpasste, um Thomas und Ezra zu helfen. Normalerweise müsste sie umfallen und zumindest einen kurzen Augenblick lang K.O. sein, aber sie stand einfach da und funkelte ihn voller Verachtung an. Insgeheim bekam Anthony Angst vor dieser Frau, die ihm wie ein Todesengel erschien. Ohne ein Wort zu sagen, kam sie langsam auf ihn zu, die Armbrust schussbereit. Scheiße, dachte Anthony und merkte, wie seine Hände zu zittern begannen. Was mache ich denn jetzt? Soll ich abhauen, oder mich von ihr töten lassen? Und wo waren Christine, Johnny und Sally? Am Himmel zogen Wolken auf und in der Ferne donnerte es bereits. Nicht mehr lange und es würde ein Gewitter hereinbrechen. Aber da war noch etwas anderes. Eine Vibration ging durch den Boden, als würde es irgendwo beben. Anthony nahm seinen Halbbruder schützend in den Arm, während Vincent versuchte, sich an einer Säule festzuhalten. Die ganze Luft schien sich elektrisch aufzuladen und ihnen allen fuhr es eiskalt den Rücken hinunter. Der Himmel war nun pechschwarz und ein dicker schwarzer Nebel kroch über den Boden. Anthony bekam eine Gänsehaut und Vincent stand die Angst ins Gesicht geschrieben. „Was… was ist das?“ Nathaniel, der für kurze Zeit das Bewusstsein verloren hatte, sah, was sich da nicht weit von ihnen entfernt zusammenbraute und spürte es auch. Aber im Gegensatz zu den anderen schien er keine Angst zu haben, denn er wusste, was es war. Ein rot glühendes Augenpaar leuchte in dem schwarzen Nebel auf und kurz darauf schoss etwas auf Pristine zu, bekam sie an der Taille zu fassen und zerrte sie in die Finsternis. Thomas, der noch nie in seinem Leben so etwas gesehen hatte, war zum ersten Mal ein kleiner Ansatz von Furcht in seinem Blick zu sehen. „Was ist das für ein Nebel?“ „Das ist Sally!“ rief Nathaniel und kam wieder auf die Beine. „Sie setzt jetzt ihre ganze Kraft ein.“ Großer Gott, dachte Anthony, während er dieses unheimliche Schauspiel mit ansah. Hoffentlich behält sie auch die Kontrolle, sonst sieht es absolut mies für uns aus. Ein lautes Grollen ertönte und kurz darauf wurde die blutüberströmte Pristine in die Luft geschleudert und schlug hart auf dem Boden auf. Ihr Körper war furchtbar verdreht und aus ihrem rechten Arm ragte ein spitzes Stück von einem gebrochenen Knochen heraus. Aus dem Nebel trat schließlich Sally heraus und sie sah in ihrer unmenschlichen Gestalt wirklich furchteinflößend aus. Ihr Grinsen wirkte wie eine wahnsinnige Fratze und ihr Lachen trieb den anderen einen Schauer über den Rücken. In diesem Moment war unmöglich feststellbar, ob sie schon wieder die Kontrolle verloren hatte, oder ob sie noch die alte Sally war. Vincent fragte zögerlich „Sally… alles in Ordnung?“ Ihr Lachen erstarb und ihre Augen, die eigentlich nur pechschwarze, blutende Löcher waren, fixierten die anderen. Nathaniel riss sich von Anthony los und ging auf sie zu. Sie bewegte sich nicht, machte einen etwas Apathischen Eindruck und es machte zuerst den Anschein, als würde sie ihn nicht erkennen. „Schon gut Sally, ich bin es nur.“ Ohne zu zögern umarmte Nathaniel die Nekromantin und in dem Moment wich auch ihr monströses Grinsen. Sie erwiderte seine Umarmung und nahm langsam wieder ihre menschliche Gestalt an. Ihre Haut nahm wieder Farbe an, diese eiskalte Aura wich und auch ihre Augen normalisierten sich wieder. „Tut mir Leid, wenn ich euch erschreckt habe. Das wollte ich nicht. Geht es euch gut?“ Zu sehen, dass Sally wieder ganz sie selbst war, beruhigte Anthony und er nahm die Waffe wieder runter, die er auf sie gerichtet hatte. Hätte er auch nur für einen Moment ein Anzeichen erkennen können, dass sie Nathaniel töten wollte, hätte er sie sofort erschossen. Aber zum Glück hatte sie sich selbst wieder in den Griff bekommen. „Wo sind Johnny und Christine?“ „Christine ist schwer verletzt und kann sich kaum bewegen. Und Johnny geht es auch nicht gut.“ Sie eilten zu den beiden hin und sahen, was Christine passiert war. Ihre Schwester hatte sie mit den sieben Pfählen regelrecht an eine der Säulen genagelt und das schien ihr entsetzliche Schmerzen zu bereiten. Johnny hatte versucht, ihr die Pfähle wieder herauszuziehen, aber sein Körper begann langsam zu versagen. Thomas und Anthony zogen die Pfähle heraus, während sich Ezra und die anderen um Johnny kümmerten. Erster holte das Buch raus und kniete sich neben den Schwerverletzten hin. „Johnny, du musst die Kraft wieder zurück auf das Buch übertragen, bevor sie deinen Körper endgültig zerstört.“ „Bist du bescheuert? Wenn ich das tue, wird Pristine sich das Buch unter den Nagel reißen!“ „Bitte, du musst mir vertrauen!“ rief Nathaniel und ergriff seine Hand. „Ich weiß, was ich tue! Wenn du durch meine Augen sehen kannst, dann müsstest du es doch auch sehen und verstehen.“ Nathaniel sah auf seinen rechten Arm, wo sich immer noch die weiße Schlange befand. Er hoffte, dass auch Johnny sie sehen konnte und wusste, was sie bedeutete. „Johnny, es gibt mehr als nur einen Weg, das Buch und die Schlüssel für immer aus dieser Welt zu verbannen. Aber dazu musst du mir vertrauen! Ich will dich nicht verlieren, genauso wie die anderen nicht.“ Schon wieder kamen Nathaniel die Tränen und während er sprach, begann er zu schluchzen, sodass er kaum ein Wort hervorbrachte. „Ich will nicht wieder alleine sein…“ Tröstend drückte Johnny ihn fest an sich, aber Nathaniel konnte sich kaum beruhigen. Die ganze Zeit war er stark geblieben, aber die Angst, dass er seine Freunde erneut sterben sehen musste, war wieder zurück und er konnte sie nicht abschütteln. Wie ein kleines Kind weinte er und wollte sich nicht beruhigen, selbst als Anthony es versuchte. Schließlich holte Ezra das Buch hervor und reichte es Johnny. „Ich denke, wir sollten uns beeilen, bevor Pristine wieder angreift.“ „Da gibt es aber ein Problem“, entgegnete Johnny und sein Blick wurde auf einmal ernst, was irgendwie gar nicht zu ihm passen wollte. „Ich kann mich kaum noch bewegen. Ich weiß nicht, ob mein Körper das überhaupt schafft.“ „Und was sollen wir dann tun?“ Nathaniel schaute fragend zu Vivus, in der Hoffnung, dass Eli ihm vielleicht die Antwort mitteilen konnte. Er hätte diesen ganzen Aufwand doch nicht betrieben, wenn er nicht eine Möglichkeit wusste. Und tatsächlich hörte er wieder seine Stimme im Kopf. „Du und Sally, ihr könnt Johnny dabei helfen, wenn er es nicht schafft.“ Nathaniel hörte genau zu, was Eli ihm erklärte und nickte schließlich, während er sich die Tränen wegwischte. Nach einer Weile atmete er tief durch und nickte. „Okay, ich weiß, was zu tun ist.“ Damit wandte er sich an Sally. „Sally, nimm Johnnys Hand und leg deine andere auf das Buch.“ Ohne nachzufragen gehorchte die Nekromantin und Nathaniel tat es ihr gleich. Ich hoffe, dass das auch wirklich funktioniert, Eli. Bitte lass es funktionieren, dachte er und biss sich auf die Unterlippe. „Keine Sorge, es wird schon alles gut gehen.“ Ungeduldig beobachteten die anderen das seltsame Schauspiel und sie spürten, wie sich tatsächlich etwas tat. Sowohl Sallys als auch Nathaniels Aura wurde immer stärker und es schien so, als würden sie die gewaltige Kraft in Johnnys Körper einfach weiterleiten wie elektrische Leiter. Auf Nathaniels Stirn bildeten sich Schweißperlen und auch Sally schien dieser Vorgang sehr anzustrengen. Kein Wunder, denn da Johnny bereits zwei der Siegel geöffnet hatte, bedeutete dies eine viel größere Kraft als zuvor. Nathaniel atmete schwer und war hochkonzentriert. Soweit so gut, dachte er und biss die Zähne zusammen. Ein Teil war schon mal geschafft, nun würde es nicht mehr lange dauern. Doch diese Kraft, die durch seinen Körper strömte, war so gewaltig, dass er fast fürchtete, sein Innerstes würde zerquetscht werden und er fühlte, wie seine eigene Energie wich. Seine Arme fühlten sich kraftlos an, er war völlig erschöpft und fragte sich, wie lange er das wohl noch durchhalten konnte. Ihm wurde schwindelig und er begann zu frieren. Dann plötzlich wurde ihm mit einem Male schwarz vor Augen und bewusstlos fiel er nach vorne. Und mit ihm brach auch Sally zusammen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)