Von Dir und Mir von Phoenix_Michie (Fortsetzung zu 'Von Waschmitteln im Supermarkt') ================================================================================ Kapitel 9: Bonuskapitel #2: Von Hähnchenflügeln, Küchenmessern und stundenlangem Fummeln ---------------------------------------------------------------------------------------- ============================ Bonuskapitel ============================ Die ersten zwei, drei Stunden dieses Abends konnte ich mich nicht entscheiden, ob es merkwürdig war, wieder mit Karyu Zeit zu verbringen. Auch wenn es beinahe so war, als wären wir nie lange voneinander getrennt gewesen, so wusste ich ja, dass vier Jahre vergangen waren: wir hatten uns verändert, das hatten wir mit Sicherheit. Und doch hatte ich das Gefühl, dass alles wie damals war. Unser Humor war der gleiche, unsere Arten zu reden...unser ganzer Umgang miteinander hatte sich schnell wieder eingetaktet. Wir konnten frei und offen miteinander reden. "Wie...wie ist es dir in der letzten Zeit ergangen?", erkundigte sich Karyu nach einer ganzen Weile zögerlich. Es war schon spät geworden und wir hatten uns sogar noch etwas zu Essen bestellt. Hähnchenflügel. Einen davon tunkte ich gerade in Barbecue-Soße. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich denke, der blöde Splitter in meinem Auge fasst die letzten Jahre passend zusammen", antwortete ich nur. Wir hatten uns in einem armseligen Zustand kennen gelernt, also brauchte ich nichts zu beschönigen. "Ich hab nichts auf die Reihe gekriegt.", fügte ich noch hinzu. Schweigend betrachtete er mich für einen Moment. "Aber du hast doch deinen Hochschulabschluss geschafft. Du arbeitest jetzt in einem Verlag. Das ist doch gut." Ich seufzte und nagte an meinem Hähnchenflügel, bevor ich zu einer Antwort ansetzte. "Ja, schon. Ich könnte natürlich auch mit meiner Katze unter der Brücke schlafen. Aber...außer der Arbeit erwartet mich eben nichts. Ich gehe bis nachmittags arbeiten, komme nach Hause, spiele mit der Katze und gehe einkaufen. Das ist mein Leben. Der Knaller." "Und deine Kollegen?" Ich schüttelte den Kopf. "Da ist einer verschrobener als der Andere. Unter einem Haufen Verrückter bin ich vergleichsweise normal. So normal, dass wir miteinander nichts anfangen können. Anfänglich haben sie mich noch eingeladen, mit ihnen ein Feierabend-Bier zu trinken, aber irgendwann...na ja, sie haben seltener gefragt und ich habe auch seltener zugesagt.", erzählte ich. "Hmm.." Er senkte den Blick auf die Packung warmer Hähnchenflügel und nahm sich noch einen. "Also passiert bei dir nicht viel?" "Richtig. Die letzten vier Jahre waren die spannendsten meines Lebens." Wie ich die bisher überstanden hatte, war mir ein Rätsel. "Und die Explosion im Supermarkt sollte es wohl aufpeppen. Kläglich gescheiterter Versuch." "Findest du? Du bist doch jetzt bei mir. Ist das nicht spannend?" Ich lächelte leicht. "Aber das ist doch keine Art. Die Umstände sind alles andere als nett." "Das ist wahr." Karyu seufzte und sah mich so an. Ich erinnerte mich an den Blick. Dann war er immer kurz davor, mich in den Arm zu nehmen. Um mich aufzumuntern oder zu trösten. Aber diesmal tat er es nicht. Er zögerte und dann sah er beiseite. "Es tut mir leid, dass es so für dich läuft." "Wahrscheinlich hätte es auch schlimmer kommen können...rede ich mir jedenfalls ein." Ich lächelte ihn schwach an. "Aber lass uns nicht mehr von mir sprechen. Wie sieht es bei dir aus? Es ist bestimmt eine Menge passiert. Neben deines Studiums." Karyu nickte und lächelte leicht. "Ja, es war eine verrückte Zeit. Jetzt hat es sich etwas beruhigt, aber..." Er hob eine Schulter. "Na ja, ich mache 2 Mal im Jahr Urlaub mit meiner Familie. Eltern und Geschwister... Und im Sommer haben wir so unglaublich oft Grillpartys im Garten meiner Eltern. Sie haben ein Haus auf dem Land", erzählte er mir. "Diese Aussichten haben das studium für mich erträglich gemacht. Ich hab häufig daran gedacht, hinzuschmeißen. Es ist anstrengender als die Ausbildung in Tokyo gewesen. Assistenzarzt zu sein, ist zwar auch stressig, aber irgendwie... Insgesamt ist es ruhiger geworden. Regelmäßiger...schon komisch", murmelte er. "Nur ab und an gibt es so Fälle, da frage ich mich, wie ich das durchhalte." Er winkte ab und sah auf. "Genug davon. Ich denke lieber an den Urlaub und die Grillpartys." Ich musste lachen. "das glaube ich dir sofort." Ich leckte mir über die Finger, wobei er mich beobachtete. "Hast du einen Freund?" Ich hob eine Augenbraue und sah ihn an. "Ich erzählte dir doch gerade, wie spannend mein Leben bisher gewesen ist." "Also nein? Keinen gehabt?" Ich seufzte. "Ich hatte seit der Oberschule keinen mehr. Haha, ja, witzig, jetzt müssen wir alle einmal lachen." Fragend sah Karyu mich an. Er lachte nicht. "Als meine Kollegen vor 2 Jahren darauf zu sprechen kamen und ich davon erzählte, meinten sie, das witzig zu finden." "Oh..." Er schüttelte leicht den Kopf. "Das ist ja fies." "Ich sag ja, sie sind etwas verschroben. Manchmal wie Grundschüler.." Ich zuckte mit den Schultern. "Kein Wunder, dass ich denen nichts mehr erzähle. Aber es interessiert sie ja auch nicht wirklich." Ich hob die Hand, weil mein Auge juckte, aber dann fiel mir die Warnung ein: das operierte Auge durfte ich unter keinen Umständen anfassen! Frustriert ließ ich die Hand wieder sinken und warf Karyu einen Blick zu, der nachdenklich neben mir sitzen blieb. "Und was ist mit deinem Liebesleben?" Irgendwie hatte ich Angst, dass er mich nun anstrahlen und mir Fotos seines Lovers zeigen würde. Doch Karyu neigte nur langsam den Kopf. "Na ja...da war dieser IT-Typ, den mir meine Freunde vor 2 Jahren vorgestellt haben. Er sah unverschämt gut aus, war witzig...und er war eindeutig an mir interessiert. Ich hab...ein bisschen mit ihm rumgemacht, aber es ist nie etwas daraus geworden." Interessiert betrachtete ich ihn. "Ja, und warum nicht?" "Sein Charakter war scheiße. Er war zwar witzig, aber oft auf Kosten Anderer. Seine Schadenfreude kannte keine Grenzen und er war egoistisch." Er seufzte. "Wahrscheinlich hab ich mich bloß auf ihn eingelassen, weil ich mich allein gefühlt habe...weil ich jemanden an meiner Seite brauchte." er sah mich an. "Ich wollte dich aus meinen Gedanken verdrängen und für jemand Anderen offen sein. Vielleicht war ich deshalb so verzweifelt und hab es mit dem Kerl versucht. Ein Schuss in den Ofen. Ich war froh, als er wieder aus unserem Freundeskreis verschwand." Er rollte bei der Erinnerung an ihn mit den Augen. Ich für meinen Teil hatte leicht die Augenbrauen in die Höhe gezogen. "Und seitdem lief nichts mehr?" Er zuckte mit den Schultern. "Na ja, als ich im ersten Jahr der Assistenz war, haben mir mal ein paar Anfängerinnen schöne Augen gemacht. Aber ich..ich steh ja nicht so auf Frauen." "Hmm.", machte ich nur, während er abwesend nickte. Jetzt hatten wir das also geklärt. In unserem Liebesleben war nach wie vor nicht viel passiert. In meinem Fall gab es nicht mal eins. Ich nagte an meiner Unterlippe. "Also...ist das eigentlich immer noch so? Was du damals zu mir gesagt hast. Als du dich verabschiedet hast?" Ich spielte auf unsere letzte Begegnung an, wo er mich auf dem Heimweg abgefangen hatte und mir schlussendlich ins Ohr geflüstert hatte, dass er mich nie vergessen werde - und mich liebte. Ob er das noch wusste? "Mhh..." Karyu rutschte etwas vor und betrachtete die zwei restlichen Hähnchenflügel, dann wandte er mir den Blick zu. "Ist abgeschwächt, aber noch da." Unsicher knabberte ich weiter auf meiner Unterlippe. Ich hätte das besser nicht fragen sollen. Das wirkte doch etwas merkwürdig. Karyu lächelte mich an. "Ich habe dir ja gesagt, ich würde dich nicht vergessen. Du siehst immer noch so aus wie damals.." er hob eine Hand und strich mir eine blonde Strähne hinter das Ohr. "Ich hab ja jetzt wohl jegliche Chance bei dir verloren, sofern ich überhaupt noch eine gehabt habe - mit diesen Haaren..." Er zwirbelte eine schwarze Strähne um seinen Finger und betrachtete diese kritisch, weswegen ich schmunzeln musste. "Hältst du mich für so oberflächlich?" Er hob nur eine Schulter, dann seufzte ich leise und senkte den Blick. "Über Chancen zu sprechen, ist doch aber sowieso für die Katz. Wir leben...wie weit voneinander entfernt? 1000 Kilometer? Oder mehr? Auf jeden Fall zu viel." "Ich sag ja, zieh hierher. Das ist sicher besser als in Tokyo zu bleiben, wo dich dein Leben langweilt.", meinte er. "Ist einfach, sowas zu sagen, wenn man schon hier wohnt und Arbeit hat." "Nein, es ist einfach, sowas zu sagen, weil ich weiß, was du vor dir haben würdest - und weil ich weiß, dass du es locker schaffen kannst. Es wäre für dich nicht schwierig, dir hier ein Leben aufzubauen", war er sich sicher und sah mich eindringlich an. "Ich weiß, wie du es mit der Katze sicher herschaffst. Ich weiß, wie du an einen guten Job und eine gute Wohnung hier kommst. Der Umzug wäre kein Problem und es wäre mir eine Freude, dir dabei zu helfen." Er schien wirklich zuversichtlich zu sein und darauf zu bestehen. Ich gab einen unwilligen Laut von mir. "Toll, dann bin ich hier, und? Du bist Assistenzarzt. Du hast keine Zeit für mich. Und hier ist es kalt. Fast das ganze Jahr über. Dann bin ich nicht nur allein, sondern friere auch noch." Karyu seufzte tief. "Du kannst dir was Warmes anziehen, das soll helfen. Außerdem wird die globale Erwärmung dir schon in die Hände spielen", sagte er mit einem schiefen Lächeln. "Und was mich angeht: ja, ich bin Assistenzarzt, aber hast du dir das Krankenhaus mal angesehen? Es ist vergleichsweise klein. Ich mache meistens pünktlich Schluss und habe häufig die Tagesschichten. Einmal in der Woche habe ich frei. Das ist...das ist wirklich gut. Wir würden uns sicher oft sehen können. Denk darüber nach. Es wäre bestimmt das beste für dich. Und ich würde mich wahnsinnig freuen, dich endlich wieder bei mir zu haben! Du weißt gar nicht, wie sehr du mir gefehlt hast, Zero", fügte er leise hinzu. Ein zaghaftes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Gegen meinen Willen machte er mir Mut und Hoffnung. Gegen meinen Willen, denn was, wenn diese Hoffnung doch enttäuscht wurde? "Weißt du, viele meiner Kollegen sind der Ansicht, sie könnten nur mit einem anderen Arzt oder Mediziner zusammen sein, denn nur wir selbst wissen eben genau, wie unser Alltag aussieht. Der Stress, der emotionale Druck, das Lernumfang... Nicht-Mediziner können uns nicht verstehen und sind befremdet. Viele Beziehungen sind schon wegen des unterschiedlichen Berufs und Anspruchs gescheitert. Ich kann die Meinung meiner Kollegen ja auch verstehen, aber was mich angeht... Mir ist es wichtig, jemand um mich zu haben, der eben NICHT die gleichen Probleme hat. Ich will auch mal von etwas anderem erfahren als von der Medizin. ...aaach...", machte er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. "Ich kann das nicht erklären. Ich kann nicht vernünftig ausdrücken, was ich meine und wie ich mich fühle. Es tut mir leid." Er sah mich niedergeschlagen an, doch ich schüttelte leicht den Kopf. "Ist schon in Ordnung, ich glaube, ich weiß, was du sagen willst", meinte ich und lächelte leicht. "Du brauchst mich." "Ganz genau." Er erwiderte mein Lächeln sanft. Dann lehnte er sich zurück. "Ich hab gedacht, ich würde dich nicht wiedersehen.", sagte er leise, woraufhin ich den Blick senkte und kaum wahrnehmbar nickte. "Ja, das habe ich auch befürchtet." Ich biss mir auf die Unterlippe, überlegte, ob ich das Folgende wirklich sagen sollte. Ich tat es nach ein paar Sekunden. "Ich hatte zwar deine Adresse und deine Handynummer, aber...irgendwann dachte ich, dass du vielleicht eine neue Nummer hättest, ein neues Handy... Und selbst wenn nicht, und ich melde mich plötzlich nach Monaten, nach Jahren - vielleicht wärst du wütend auf mich oder hättest mich schon vergessen", gab ich leise zu, woraufhin Karyu mich ansah. "Ich habe dir doch aber gesagt, dass ich dich nicht vergessen würde." "Schon...", brummelte ich, "aber es gibt ja auch ein negatives Nicht-vergessen-können." Meine Worte zauberten ein leichtes Lächeln auf seine Lippen. "Warum sollte ich sauer auf dich sein? Du hast mir nichts getan. Ich mag dich nach wie vor und du hast mir sehr gefehlt." Lautlos seufzte ich. "Ich hab dich auch vermisst...", gab ich leise zu. Und dennoch hatte ich mich nicht bei ihm gemeldet. Mein Stolz oder meine Unsicherheit hatten mir das nicht gestattet. Oder beides. Karyu stand auf und ging zur Schiebetür seines Balkons. Er hatte einen recht großen, auf den auch die Katzen raus durften. Er öffnete die Tür und zündete sich eine Zigarette an. "Ich glaube, wir sollten über etwas sprechen, was wir damals nicht getan haben." Er warf mir einen Blick zu, während die Mädchen um seine Beine strichen und sich hinaus wagten. Ich schrumpfte unter seinem Blick zusammen, da ich schon ahnte, was er wollte. "Ich hatte das Gefühl, dass nach diesem Tag, an dem ich meine Prüfung hatte, alles anders war. Du hast zwar versucht, normal mit mir umzugehen, aber das hat nicht geklappt. Du warst nicht mehr so gelassen. Du schienst konsequent nachzudenken, wenn du in meiner Nähe warst, und das hat mich natürlich auch verunsichert." Er seufzte und nahm einen langen Zug von seiner Zigarette, schüttelte leicht den Kopf. "Unsere letzten Tage zusammen hätten nicht so laufen müssen. Wir hätten gleich am Morgen danach darüber reden müssen, aber du hast komplett abgeblockt... Zu sehr drängen wollte ich dich auch nicht. Ich wusste ja nicht, was ich eigentlich getan hatte. Ich musste es mir selbst zusammen reimen und in meiner Vorstellung..." Er pfiff leise. "In meiner Vorstellung hab ich mir etwas ausgemalt, was mich zutiefst beschämt hat." Ich bekam große Augen und machte den Mund auf. "Das, ich....also...", begann ich, woraufhin er mich abwartend ansah. "Das war so..." Ich sackte zusammen. "Ich war sauer, weil du mich ignoriert hattest. Gerade als ich schlafen gehen wollte, und schon überlegt habe, ob ich am nächsten Tag die Polizei informieren muss, tauchst du bei mir auf. Sturzbesoffen. Und du hast dich an mich rangemacht. Du hast mich geküsst, mich gegen die Wand gedrückt und mich vollgelallt, wie sehr du mich lieben und mich wollen würdest. Ich hab mich gewehrt und nein gesagt...ich hab dich abgewiesen, aber du hast mir nicht zugehört. Du hast dich nicht abbringen lassen und mich ins Schlafzimmer gezogen. Nicht einmal die Tür zum Flur hast du mich schließen lassen..." Es war ein Glück, dass die Katze nicht weg gelaufen war. Ich riskierte einen Blick zu Karyu, und wie befürchtet starrte er mich traurig und mitgenommen an. Ich sah schon die nächste Entschuldigung kommen. "Mh, ja, und dann..." Ich sah wieder zu Boden, als ich fort fuhr. "Dann hast du mich aufs Bett gezerrt und wolltest mich ausziehen. Ich hab mich gewehrt und gesagt, dass du so nur alles kaputt machen würdest. Da hast du endlich inne gehalten und mich los gelassen. Du hast gemeint, es täte dir leid - und dann hast du mich geküsst. Ich hätte dich in dem Moment fortstoßen können, aber...ich habe es nicht getan", erzählte ich stockend. "Und das hat wohl die nächste Zeit an mir genagt. Wir hatten Sex, obwohl ich es schlussendlich doch hätte verhindern können. Ich hab mich selbst nicht verstanden." Mittlerweile sah Karyu ein wenig erleichterter aus. Vermutlich war er die ganze Zeit davon ausgegangen, dass er mich zum Sex gezwungen hätte - doch ganz so hatte es sich ja nicht verhalten. Ein angedeutetes, schiefes Lächeln legte sich auf seine Lippen, während er die nur halb aufgerauchte Zigarette in einem Aschenbecher ausdrückte und sich ganz zu mir umwandte. "Ich glaube, du warst damals noch nicht soweit", meinte er leise und kam langsam auf mich zu. Verwirrt runzelte ich die Stirn. "Dir die Antwort auf die Frage einzugestehen, warum du dich nicht wirklich bis zum Ende gewehrt hast." Ich sah beiseite, während er sich wieder neben mich setzte. "Ich weiß nicht, warum du so ein Problem mit deinen Gefühlen hast." "Ich habe kein Problem mit-...", setzte ich an, doch er fuhr mir dazwischen. "Du redest nicht über sie. Du sagst mir vielleicht, was du denkst, aber selten, was du fühlst. Ich habe das akzeptiert und wollte es nicht zu weit treiben, ich wollte dich nicht drängen. Aber vielleicht war es das Falsche...gerade nach dieser Nacht. Wir wären dann sicher eher in Kontakt geblieben." "Vielleicht.", murmelte ich nur. Mir gefiel die Richtung, in die das Gespräch ging, nicht so ganz. "Aber ich denke, du bist jetzt soweit. Du hast mir endlich erzählt was passiert ist, ohne dass ich dir das aus der Nase ziehen musste", meinte er und lächelte sanft. "Ich bin dir nicht böse. Du bist wie du bist...und...es ist eben etwas unglücklich gelaufen. Daran bin ich mitschuld. Aber jetzt bist du hier und wir haben dazu gelernt. Oder nicht?" Ich hob nur die Schultern. Ich war wieder dabei, mich zurück ziehen. Hatte ich wirklich dazu gelernt...? Karyu legte unvermittelt eine Hand auf meine. "Ich bin immer noch in dich verliebt. Ich bitte dich, zieh hierher." Gegen meinen Willen wurde ich rot und sah auf unsere Hände. "Du magst mich doch genauso, oder nicht?" Er lächelte mich leicht an, während ich es vorzog, weiterhin zu schweigen. "Du bist komisch. Du magst mich, du vermisst mich, aber du konntest dich trotzdem nicht melden. Als ob es schlimm wäre in mich verliebt zu sein." Das Rot meines Gesichts wurde kräftiger. "Du bist komisch“, wiederholte er, „aber ich ich mag dich trotzdem. Oder genau deswegen." Lächelnd drückte er meine Hand. Erst einmal hatte er mich so bedrängt, es so darauf angelegt, dass ich etwas Konkretes erwiderte oder antwortete. "Ich will dich nicht wieder vermissen müssen oder darauf hoffen, dass du dich bei mir meldest.", fügte er leise hinzu und sah mich traurig an. "Ich verstehe dich, ich verstehe, was in dir vorgeht, und umgekehrt ist es auch so. Wir verstehen uns gegenseitig besser, als andere es könnten. Das ist nach wie vor so, hast du nicht auch das Gefühl?" Er lächelte mich hoffnungsfroh an. Ich nickte vage. "Ja, wahrscheinlich schon." Ich hob den Blick nicht. Karyu versuchte, mich zu überreden. Zu überreden, hierher zu ziehen, aber vor allem, ihm zu sagen, dass ich verliebt war. Aber das wollte mir einfach nicht über die Lippen kommen. Es fiel so schwer, ich fühlte mich unwohl. Karyu ließ meine Hand nicht los. "Willst du wieder zurück nach Tokyo? Ich meine, dort weiter leben wie bisher?" Besonders lange musste ich da nicht überlegen. Ich schüttelte den Kopf und sah auf. "Nein, will ich eigentlich nicht, wenn ich ehrlich bin." Ich seufzte tief. "Du brauchst mir nicht unter die Nase zu reiben, dass ich dort allein bin und niemanden habe..." "Nein, darum geht es nicht direkt", erwiderte er ruhig und blickte mich an. "Es geht darum, dass du theoretisch die gleichen Möglichkeiten hier wie dort hast, aber hier...bin ich." Er lächelte. "Und ich bin unersetzbar." Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf meine Lippen. "Ja, das bist du." Mein Blick senkte sich auf unsere Hände. "Aber du hast ihr schon deine Freunde. Deine Familie und Leben. Und dann komme ich von außen dazu? Ich weiß nicht... Ich..wäre doch nur das fünfte Rad am Wagen." Karyu grummelte und verdrehte die Augen. "Zero! Stell dich nicht dümmer als du bist! Ich sagte, ich..." Er atmete durch. "Ich liebe dich, wie oft willst du das noch hören? Du wärst nicht nur einer meiner Freunde, verstehst du das nicht? Was soll ich noch tun? Auf dem Boden vor dir niederknien, damit du dich endlich entscheidest, hierher zu kommen? Ich verlange nicht, dass du mit mir zusammen ziehst oder mich heiratest, ich will dich nur wieder in meiner Nähe wissen." Während ich ihn ein wenig überrascht über den Ausbruch ansah, ließ er die Schultern hängen. "Bei dir ist echt Hopfen und Malz verloren. Ich schicke dir gern auch einen schriftlichen Antrag, in dem ich noch mal alles genau erkläre, vielleicht verstehst du es dann und kannst darauf antworten. Ich-..." Er verstummte, als ich mich zu ihm beugte und ihm einen keuschen Kuss auf die Lippen gab. "Halt endlich die Klappe..", murmelte ich und schmiegte mich an seine Schulter. Tatsächlich sagte er endlich einmal gar nichts. Für einen Moment verharrte er, dann legte er einen Arm um mich. Ich wusste, dass ihm jetzt der eine oder andere spruch auf der Zunge lag, aber er hütete sich davor, sie jetzt zum Besten zu geben. Vermutlich hob er sich die für später auf. "Du redest zu viel", stellte ich leise fest. "Und ich bin darin nicht so gut. Also im Reden. Aber dafür im Zuhören..." Er schnaubte amüsiert und gab einen zustimmenden Laut von sich. Gut so, denn er sollte ja mal für einen Moment ruhig sein. Ich kuschelte mich etwas dichter an ihn und legte eine Hand auf seine Brust. Ihm bewusst näher zu kommen, diese Nähe auch zuzulassen, war weniger schwer als ich es mir vorgestellt hatte. Er hielt mich sanft an sich gedrückt und streichelte leicht über meine Schulter. Wir saßen vertraut beieinander, als würden wir es jeden Abend tun. Und es fühlte sich doch ziemlich gut an. Nach einer Weile räusperte Karyu sich vorsichtig. "Ja?", machte ich leise. "Heißt das jetzt, dass du umziehst?" "...meinetwegen", seufzte ich. "Das klingt enthusiastisch." "Na ja...es wird anstrengend. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll..." "Ich helfe dir", erwiderte er lächelnd. "Zusammen schaffen wir das. Es wird einfacher, als du denkst." Ich nickte leicht. "Das hoffe ich..." Beinahe fielen mir die Augen zu. Pardon, DAS Auge. "Sag mal..." Karyus Finger strichen sanft über meinen Hals, dann ließ er mich los und lehnte sich zurück um mich anzusehen. Ich wusste was kommen würde. "Bei deiner Post-OP ist mir etwas aufgefallen. Die helle, verblasste Narbe an deinem Hals. Was ist da passiert?" Ich schlug den Blick nieder. "Ich glaube nicht, dass das jetzt noch von medizinischer Bedeutung ist, oder?" "Ist es nicht, aber ich wüsste es dennoch gerne", erwiderte er mit ernster Stimme. Ich holte tief Luft, sah ihn bewusst nicht an. "Das...kommt von einem Messer. Einem Küchenmesser. Damit habe ich versucht, mir die Halsschlagader aufzuschneiden, aber...ich hab sie verfehlt und auch nicht tief genug geschnitten." Ich machte eine kurze Pause. "Ich bin also ziemlich langsam verblutet und als ich gemerkt habe, dass der Tod nicht wie er sollte, in Sekunden eintrat, habe ich irgendwie die Wohnungstür aufbekommen, da ich sowieso im Flur saß. Die Kraft, noch mal zu schneiden, hatte ich nicht. Ich bin auf dem Fußabtreter bewusstlos geworden und einer meiner Nachbarn hat mich am Morgen gefunden. Ich wäre wohl erst 24 Stunden später wirklich gestorben. Der Notarzt kam und im Krankenhaus haben sie mich wieder zusammen geflickt. Daher... Daher kommt diese Narbe", erzählte ich ruhig und hob langsam den Blick. Karyu starrte mich vollkommen entgeistert an. "Das. Das..." Er räusperte sich. "Das ist ein Scherz." Seufzend stand ich auf, während ich die Zigarettenschachtel auf dem Couchtisch ergriff. Ich fummelte mir eine Kippe heraus und ging zur noch immer geöffneten Balkontür, wo ich sie mir anzündete. Von den Katzen war keine Spur zu sehen. "Ich fürchte, das ist die Wahrheit", erwiderte ich und zog langsam an dem Glimmstängel, stieß den Rauch in die kühle Nachtluft hinaus. Karyu blieb für einige lange Sekunden sitzen, dann stand er mit gerunzelter Stirn auf und sah mich an. "Was hast du dir denn dabei nur gedacht?" Ich schnaubte. "Nicht besonders viel. Nun frag mich nicht, warum ich das gemacht habe. Ich dachte, du verstehst mich so gut." Er blinzelte. "Die Rede war nie davon, aufzugeben." Ich hob die Augenbrauen. "Aufzugeben? Ich hatte schon lange aufgegeben, habe aber weiter gemacht. Ich hab mich irgendwie durchs Leben gewunden, aber irgendwann ist mir bewusst geworden, dass das so doch keinen Sinn hat. Und dann hatte ich einen schwachen Moment. Den hat jeder mal. Bei mir war es eben ein besonders schlechter Zeitpunkt, weil ich so viele negative Gedanken hatte." Karyu baute sich bedrohlich vor mir auf, weswegen ich seufzte. "Hör mal, das ist jetzt schon 2 Jahre her, ok? Ich habe danach so etwas nie wieder versucht. Es ist Gras darüber gewachsen." "Es war meinetwegen, oder?", wollte er wissen. Seine Stimme klang hohl. "Nein, es war nicht deinetwegen", widersprach ich ihm. "Du warst schon sehr lange weg." Natürlich hatte es zumindest entfernt etwas mit ihm zu tun gehabt, das wussten wir sicher beide. Aber ich wollte Karyu kein schlechtes Gewissen bereiten. Es war schon grenzwertig gewesen, es ihm überhaupt zu sagen, doch er hatte ja darauf bestanden. "Es ist abgehakt. Was willst du da jetzt noch diskutieren? Es ist Vergangenheit, also sieh mich nicht so an." Er öffnete den Mund, sah mich hilflos an, machte den Mund wieder zu und schnaubte, bevor er die schultern hängen ließ. Ich zog ein letztes Mal an meiner Zigarette und drückte sie schließlich im Aschenbecher aus. Milde betrachtete ich ihn. "Mach dich locker. Ich habe dir ruhig davon erzählt. Ich habe dir die Wahrheit gesagt, ohne zu zetern oder zu stottern. Ich habe damit abgeschlossen, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen. und vor allem keine Vorwürfe oder ähnliches!", stellte ich klar, woraufhin er mich für kurze Zeit zweifelnd ansah, dann seufzte er tief und zog mich in seine Arme. Und zwar ganz fest. So fest, dass ich daran zweifelte, dass er mich in den nächsten Stunden wieder los lassen würde. "Karyu...ich brauche...lass mich...ich muss atmen..", stieß ich hervor und rang erleichtert nach Luft, als der Blondschopf mich tatsächlich losließ. "Danke." "Entschuldige", murmelte er, wartete, bis ich wieder normal atmete und schlang erneut die Arme um mich. Diesmal hielt er mich nicht ganz so fest, sodass ich ohne zu murren in seiner Umarmung verharrte. "Zero...", meinte Karyu nach einiger Zeit, "das ist der Moment, in dem du die Umarmung erwiderst." "Oh..." Ich lächelte schief und legte die Arme um seine Mitte. "Du bist dünn." "Hm?" Er lehnte sich etwas zurück und sah mich an. "Das ist aber nicht nett, so was zu sagen." Ich schnaubte. "Das ist nur die Wahrheit!" Karyu grummelte. "Ich bin nicht dünn. Ich bin schlank." "Ist das nicht dasselbe?" Darauf antwortete Karyu mir schon nicht mehr. Er ließ mich los und schloss die Balkontür. Mittlerweile war es doch schon recht kühl geworden. "Du bist unverschämt", ließ er mich wissen. "Nur ehrlich", widersprach ich. "Wenn ich mit dir Hungerhaken jetzt zusammen komme, möchte ich die nächsten jahre noch etwas von dir haben." Er warf mir einen undefinierbaren Blick zu, aus dem ich nicht ganz schlau wurde. War er nun wirklich beleidigt, oder war er überrascht, oder was ganz anderes? Er wuschelte mir durch die blonden Haare und lächelte plötzlich, dann hob er mein Kinn mit den Fingern an und küsste mich lange. Ich wurde ein wenig rot, ließ ihn aber machen. "Haben wir jetzt genug geredet?", wollte ich schließlich leise wissen, als ich mich ein paar Zentimeter von ihm löste und den Blick hob um ihm in die Augen sehen zu können. Karyu lächelte mich amüsiert an. "Ja, haben wir. Du bist sicher müde. Das bin ich auch", meinte er, als ich nickte. "Lass uns schlafen gehen." Er nahm meine Hand, aber ich blieb stehen. "Wo schlaf ich denn?", wollte ich wissen, woraufhin er lachte. "Du bist süß, ehrlich." Er zog mich sanft mit sich, ohne sofort zu antworten. Amüsiert schob er mich in sein Schlafzimmer. "Du schläfst bei mir im Bett. Ok?" "Mh..ok", gab ich nach und betrachtete das Zimmer. Es war zwar spärlich eingerichtet, wirkte aber dennoch freundlich und heimelig. Das Bett war nicht das größte, aber wir zwei passten da rein - vor allem der Hungerhaken. Da machte ich mir keine Sorgen. "Mehr Begeisterung bitte", gluckste er. "Du kannst jetzt gern ins Bad gehen." Ich nickte nur und ging in den Flur, wo noch meine Reisetasche stand. Dort wühlte ich meine Schlafkleidung hervor und verzog mich ins Bad. Ich betrachtete mich für einen Moment im Spiegel, dann öffnete ich noch mal die Tür und steckte den Kopf in den Flur. "Karyu, darf ich duschen gehen?", rief ich ihm zu. Ich musste schon in den Klamotten schlafen, die ich bereits im Krankenhaus nach der OP getragen hatte - es roch dementsprechend nach Krankenhaus. Da wollte ich wenigstens duschen, um mich ein bisschen frisch zu fühlen. "Ja sicher! Mach nur", rief Karyu gleich zurück, sodass ich erleichtert die Tür wieder schließen und mich unter die Dusche stellen konnte. An Duschgel und Shampoo hatte ich natürlich nicht gedacht, ich hatte es nicht mal einpacken lassen können in Tokyo, daher griff ich nach kurzem Zögern zu Karyus. Das Shampoo hatte überraschenderweise etwas Blumiges an sich. Es roch aber nicht schlecht. Neugierig schnupperte ich wenig später an dem Duschgel. Mhhh... Darin hätte ich baden können. Gewissenhaft seifte ich mich damit ein. 15 Minuten später verließ ich frisch geduscht, Zähne geputzt und Haare halbwegs gekämmt das Badezimmer. Seufzend suchte ich Karyu auf, der im Bett lümmelte. "Jetzt fühle ich mich fast schon wieder wie ein Mensch." Als er mich sah, setzte er sich auf. "Fast?" "Mein T-Shirt riecht nach Desinfektionsmittel...oder nach alten Menschen...oder nach beidem." Ich verzog das Gesicht, während er die Augenbrauen hob, dann zog er mich zu sich ans Bett und schnüffelte am Stoff. "Oh.. Ja, das ist der Geruch des Krankenhauses." Er sah zu mir auf. "Zieh dir was von mir an, ok?" Lächelnd stand er auf und durchsuchte seinen Kleiderschrank. "Hier..." Er warf mir einen kurzen Blick zu und gab mir ein schwarzes T-Shirt mit einem roten Aufdruck, dann griff er nochmal hinein und reichte mir eine graue Shorts. "Ok?" Ich hob die Schultern. "Denke schon?" Er nickte und verabschiedete sich kurz ins Bad, was mir Gelegenheit gab, mich umzuziehen. Ich fühlte mich ein bisschen wie ein Sack Kartoffeln, weil mir das Oberteil zu groß war. Dass mir die Unterwäsche nicht von den Hüften rutschte, war auch so ein Wunder... Ich schlüpfte unter die Bettdecke und hoffte, dass mir des Nachts die Shorts nicht abhanden kommen würde. Ich schloss die Augen und machte es mir gemütlich, begann sogar schon zu dösen, auch wenn das Licht noch an war. Daher schreckte ich leise hoch, als Karyu plötzlich neben mir lag und leise meinen Namen sagte. Ich blinzelte ihn an, während er mich angrinste. Er schnupperte an mir. "Du riechst nach mir...", murmelte er und zupfte an dem Shirt, das ich trug, schnurrte leise, bevor er das Gesicht in meinem Haar vergrub. Er war mir so unglaublich nahe, aber es war angenehm. Es störte mich nicht, und das war bisher sehr selten vorgekommen, dass ich mit Nähe umgehen konnte. Ich war sie eben einfach nicht gewohnt. "Du siehst heiß aus in meinen Sachen", meinte er und grinste mich an, weswegen ich ein wenig rot wurde. "Mach ich dich nervös?" "Nein...", brummte ich. "Deine Sprüche sind nur abgedroschen." "Sind sie nicht. Ich mache dich nur verlegen." Er gluckste leise und schnupperte wieder. "Du riechst aber nun mal so verführerisch und dann stehen dir meine Sachen auch noch so gut..." Er seufzte theatralisch. Ich musste lächeln und drückte ihm spontan einen Kuss auf die Lippen. "Ich sehe nicht heiß aus", meinte ich dann schließlich und deutete auf mein Gesicht. "Ich trage eine Augenklappe." Grinsend kniff er mir in die Wange. "Du siehst aus wie ein Pirat. So richtig gefährlich!" Er schnurrte, doch ich boxte ihm sanft gegen die Schulter. "Piraten sind unerotisch", erwiderte ich nur und drehte mich auf den Rücken. Tatsächlich fühlte ich mich mit dieser Augenklappe nicht besonders attraktiv. Ich spürte Karyus Hand auf meiner Schulter. "Mich stört deine Augenklappe nicht. Ich bin Arzt. Ich habe schon ganz andere Dinge gesehen. Du siehst scharf aus und riechst nach mir, da bemerke ich deine Augenklappe gar nicht", sagte er lächelnd. Ich warf ihm einen Seitenblick zu. Er hatte mich überzeugt. "Du bist ein Charmeur." "Gut erkannt." Er stützte sich auf den Unterarm und gab mir einen kleinen Kuss, bevor er das Licht löschte. "Deine Katzen?", fragte ich leise, während die Decke raschelte. "Ich hab sie eben noch in der Küche gesehen. Sie werden sicher gleich schlafen, denke ich. Hierher trauen sie sich wahrscheinlich nicht, aber sie haben ja Schlafplätze im Wohnzimmer", antwortete er. "Ok..." Nicht, dass wir sie auf dem Balkon vergessen hatten. Ich hatte nicht mehr auf sie geachtet. Ich drehte mich zu ihm auf die Seite und kugelte mich ein, betrachtete Karyus Silouhette im Halbdunkel. "Oh, Moment", murmelte er unvermittelt und es kam noch mal Bewegung in ihn. Seine Hand tastete sich über meinen Körper, dann stützte er sich neben mir ab und beugte sich über mich. Ich hörte es klappern. "Der Wecker ist noch an. Um 5 Uhr wollen wir sicher nicht aufstehen. Das sind nur noch viereinhalb Stunden hin...", murmelte er und gluckste leise. "Wow...da musst du aber früh aufstehen.", meinte ich. "Ach, na ja. Bei uns Ärzten gibt es keine verrückten Zeiten zum Aufstehen oder schlafen gehen. Da ist alles normal", erwiderte er mit einem Schmunzeln in der Stimme. Ich seufzte. "Du hast echt ein härteres Leben als früher." "Hm..vielleicht ein bisschen. Aber mal früher aufzustehen, macht mir nicht viel aus. Ich bin glücklich." Ich lächelte. "Das ist das Wichtigste", meinte ich leise. "Vor allem jetzt, wo du hier bist. Und neben mir liegst. Und ich dir einen Kuss geben kann." Mittlerweile hatte ich mich ans Halbdunkel gewöhnt und sah, wie er grinste, bevor er mich küsste. Ich dachte, es würde nur ein kleiner Gute-Nacht-Kuss sein, aber die weichen Lippen verharrten länger auf meinen, bewegten sich sanft dagegen. Zögerlich erwiderte ich den Kuss. Mir war, als fühlte es sich anders an, weil wir ja irgendwie zusammen waren. Im Gegensatz zum letzten Mal, wo wir wirklich geknutscht hatten, was nun auch schon 4 Jahre zurück lag, war ich jetzt nervös. So ein bisschen. Dabei ging es nur ums Küssen... Karyus Zungenspitze strich flüchtig über meine Unterlippe, dann sah er jedoch auf. Ob er bemerkt hatte, dass ich etwas zaghaft war? "Ist das zu viel?", fragte er leise gegen meine Lippen. Ich antwortete nicht sofort, sondern hielt für einen Moment inne, aber dann gab ich einen verneinenden Laut von mir und hob die Hand, um sie in dem schwarzen Haar zu vergraben. Ich zog ihn wieder dichter und küsste ihn sanft, öffnete dabei leicht meine Lippen. Er verstand die Einladung und ließ seine Zunge in meinen Mund gleiten. Es war kein stürmischer Kuss, Karyu war behutsam, aber ich konnte dennoch spüren, dass er gierig nach mehr war. Ich lächelte in mich hinein, genoss aber vorerst noch den ruhigen Moment, den ruhigen Kuss. Momentan war das doch sehr angenehm so. Ich begrüßte die fremde Zunge in meinem Mund, leckte leicht darüber und stupste sie verspielt an. Auch wenn ich das Zeitgefühl verlor, glaubte ich, dass dieser Kuss sehr lange andauerte. Es fühlte sich zu gut an, um damit einfach aufzuhören. Es war anders, als es noch beim letzten Mal gewesen war. Sicher war es ein Unterschied, da keiner von uns betrunken war. Aber da war noch etwas. Etwas, was dieses Beisammensein leichter machte. Leichter für mich, denn ich mochte eigentlich meinen Freiraum und fühlte mich unwohl, wenn mir jemand zu nah kam. Irgendwann, nach undefinierbar vielen Minuten löste sich Karyu keuchend von mir und atmete schwer gegen meine Lippen. "Du hast Ausdauer", murmelte er, woraufhin meine Augen etwas größer wurden. "Ist das schlecht?" Er schüttelte lächelnd den Kopf. "Nein, überhaupt nicht." Er fing meine Lippen wieder ein, stützte sich auf den Unterarmen neben mir ab, während ich eine Hand auf seinen Rücken legte und ihn eng an mich drückte. Langsam ließ er sich zwischen meine Beine sinken. Unser Kuss wurde leidenschaftlicher, Karyu legte seine Vorsicht und ich meine Unsicherheit Stück für Stück ab. Die nächste Pause, um Luft zu holen, nutzend, drehte ich mich mit ihm auf die Seite, schob dabei mutig eine Hand unter sein T-Shirt. Die Haut unter meinen Fingern fühlte sich wunderbar warm und weich an. Karyu seufzte leise auf und drehte sich auf den Rücken, bevor er mich über sich zog. Leise keuchend drückte ich ihm meine Lippen auf, während meine Hand eher schüchtern seinen Oberkörper erkundete. Wieder dauerte unser Kuss lange an und ich war so vertieft darin, dass meine Finger schon bald auf Karyus warmer Haut ruhten, anstatt weiter darüber zu streichen. Irgendwann spürte ich, wie Karyu zu grinsen begann. "Du kannst mir das Shirt auch ausziehen.. Das macht's einfacher, mich zu berühren.", meinte er mit einem Schmunzeln in der Stimme. Ich wurde rot und grummelte gegen seine Lippen. "Wer sagt denn, dass ich dich berühren will?" Das brachte ihn zum Lachen. Natürlich. "Das sagt deine Hand, die sich schon vor einer Weile unter mein Shirt geschlichen hat.", erwiderte er amüsiert und ließ seine Finger über meine Wange streicheln. "Lass mich dir deines ausziehen, ok? Ich gebe nämlich offen zu, dass ich dich berühren will.", sagte er und zupfte schon an meinem Oberteil. Ich erwiderte nichts, sondern ließ ihn einfach machen. Mit klopfendem Herzen schmiegte ich mich wieder an ihn und spürte Karyus warme Hände auf meinem Rücken. Er drehte uns wieder herum und beugte sich dicht über mich, um mich gierig zu küssen, wobei seine Hände überall auf meiner Haut zu sein schienen. Ich genoss das Gefühl zutiefst. Ich fühlte mich richtig wohl in Karyus Armen. "Zero?" Blinzelnd öffnete ich die Augen, als Karyus Atem mein Ohr streifte. Ich war über ihm zusammen gesunken, stützte mich aber auf einem Unterarm ab, hatte das Gesicht an seinem Hals vergraben. Wir konnten kaum damit aufhören, rumzumachen. "Ich glaube, es ist schon 3 Uhr..." "Was?" Ich sah auf. "Wie lange fummeln wir denn schon?" Er grinste. "Wenn du mich so fragst, nicht lang genug?" Ich musste schmunzeln und gab ihm einen kleinen Kuss. "Es kam mir nicht wie Stunden vor..." "Das fasse ich als Kompliment auf." Ich lächelte nur leicht und rollte mich neben ihn. "...ich bin müde..", gab ich leise zu, weswegen Karyu erneut lachte. "Ich auch, ich auch. Lass uns schlafen." Ich nickte und kuschelte mich an seine Schulter. Stundenlanges Rummachen war doch irgendwie anstrengend. Aber unglaublich schön. Das würde ich immer wieder machen – aber nur mit ihm. ============= ENDE ============= Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)