Mesh Of Lies von kleines-sama (DoflamingoxCrocodile (AU)) ================================================================================ Kapitel 12: Kapitel 6 (zensiert) -------------------------------- Es war ein gewöhnlicher Mittwochabend. Crocodile hatte sich in sein Lesezimmer zurückgezogen; er saß auf dem gemütlichen Sessel und hatte ein Buch aufgeschlagen auf seinen Oberschenkeln liegen. Es handelte sich um einen Roman, den er schon vor mehr als einem Jahr gekauft hatte, in dem er heute allerdings zum ersten Mal las. In letzter Zeit kam Crocodile nur selten zur Ruhe. In der Bank wurde er den ganzen Tag lang mit Aufgaben gequält, die ebenso stupide wie mühselig waren. Der Tag seiner endgültigen Entlassung rückte immer näher. In zwei Wochen würde Crocodile arbeitslos sein bzw. in Urlaub, wie er es seinem Partner weisgemacht hatte. Danach würde er sehen müssen, wie es weiterging. Weil er so viele Überstunden machte und nach Feierabend noch eine einstündige Heimfahrt vor sich hatte, bekam Crocodile inzwischen nur sehr selten die Gelegenheit, sich ein wenig zu entspannen. Vor allen Dingen da Doflamingo ihn meistens in Anspruch nahm, kaum trat er über die Türschwelle der Villa. Crocodile war sich dessen bewusst, dass sein Leben vermutlich einfacher und ruhiger vonstatten ginge, würde er die Beziehung zu seinem Freund nicht führen; doch trotzdem war er sehr glücklich mit Doflamingo. Für nichts und niemanden würde er seinen Partner eintauschen. Dennoch genoss er die seltenen Momente, in denen er allein sein und sich mit einem guten Buch in sein privates Lesezimmer zurückziehen konnte. Die Ruhe währte nicht lange. Crocodile schlug gerade die 34. Buchseite um, als er ein Klopfen an der Tür hörte. Mit viel Anstrengung zwang er sich dazu, sich sein Missfallen nicht anmerken zu lassen und stattdessen einen neutralen Gesichtsausdruck aufzusetzen, ehe er "Herein!" sagte. Doflamingo öffnete die Türe und lugte mit dem Kopf in das Zimmer hinein. "Es gibt Abendessen", meinte er in einem freundlichen Tonfall. "Kommst du?" Crocodile zögerte einen kurzen Moment lang, ehe er meinte: "Ach, weißt du, ich habe gerade keinen sonderlich großen Hunger." Diese Worte waren halb gelogen. Eigentlich hatte er nämlich bloß keine Lust darauf, sich jetzt mit seinem anstrengenden Freund auseinanderzusetzen. Viel lieber blieb er noch für eine Weile in seinem Lesezimmer (den einzigen Ort in der gesamten Villa, den er ganz für sich hatte) und las in seinem Roman. Es war lange her, seit er das letzte Mal die Zeit gefunden hatte, um ein wenig zu lesen. Doflamingo schob unwillig die Unterlippe nach vorne. "Wie kommt es, dass du keinen Hunger hast?", fragte er mit ungemein vorwurfsvoller Stimme. "So wie ich dich kenne, hast du dir heute Mittag in der Bank sicherlich nicht die Zeit genommen, um auch nur eine Kleinigkeit zu essen. Nicht wahr? Weil du dich mal wieder komplett in deine Arbeit hineingesteigert hast! Da solltest du dann wenigstens Zuhause vernünftig essen!" "Jetzt veranstalte doch nicht gleich ein solches Theater", erwiderte Crocodile. Er fühlte sich persönlich verletzt, weil sein Partner ihm (wie so oft) vorwarf, seine Arbeit über seine Gesundheit zu stellen. Crocodile war sich dessen bewusst, dass Doflamingos Worten durchaus ein Körnchen Wahrheit zugrunde lag, doch trotzdem gefiel es ihm nicht, dass dieser sich das Recht herausnahm, über ihn zu urteilen. "Dass ich gerade keinen Hunger habe, hat überhaupt nichts mit meiner Arbeit zu tun. Ich habe heute eine Mittagspause eingelegt und etwas gegessen! Ich möchte nur gerne in Ruhe dieses Buch weiterlesen. In letzter Zeit bekomme ich selten die Gelegenheit, mich zurückzuziehen und ein wenig zu entspannen." Mit diesem Argument schien er seinen Partner glücklicherweise besänftigen zu können; trotzdem wirkte Doflamingo nicht vollständig überzeugt. Er blieb nicht länger im Türrahmen stehen, sondern machte zwei große Schritte in den Raum hinein. Er schwieg einen kurzen Moment lang, ehe er sagte: "Ich kann gut verstehen, dass du ab und an ein wenig Ruhe brauchst. In letzter Zeit bist du sehr oft gestresst. Aber ich fände es trotzdem schön, wenn du gemeinsam mit mir zu Abend essen würdest." "Ich habe dir doch gerade eben erklärt, dass ich keinen Hunger habe!", warf Crocodile energisch ein. "Dann setz dich doch wenigstens mit mir an den Tisch", erwiderte Doflamingo. "Nur für eine halbe Stunde. Vielleicht bekommst du ja Appetit, wenn du das Essen siehst. Außerdem würde ich mich sehr über deine Gesellschaft freuen. Bitte, Crocodile! Tu mir diesen Gefallen!" Crocodile seufzte leise auf, klappte sein Buch zu und legte es auf den Beistelltisch neben dem Sessel. Anschließend stand er auf. "Na von mir aus", meinte er. Doflamingo legte seine Arme um ihn und drückte ihn sanft. Crocodile ließ die Umarmung zu. Er legte den Kopf an die Brust seines Partners und lauschte eine Weile dessen gleichmäßigen Herzschlägen. Vielleicht, dachte er, war es keine allzu schlechte Sache, Doflamingo eine kleine Freude zu bereiten, indem er sich zu diesem an den Tisch setzte. "Aber essen werde ich trotzdem nichts", meinte er, während er gemeinsam mit seinem Partner das Zimmer verließ und sich auf den Weg in Richtung Speisesaal machte. "Ich habe im Moment einfach keinen Hunger. Daran kannst auch du nichts ändern, Doflamingo." "Bist du dir da ganz sicher?", entgegnete ebenjener mit einem Grinsen, das Crocodile auf der Stelle misstrauisch werden ließ. "Heute gibt es nämlich Spaghetti mit Oliven und Tomaten. Das ist doch dein Leibgericht, wenn ich mich nicht irre?" "Hmpf!", machte Crocodile und warf seinem Partner einen missbilligenden Blick zu. Doflamingo hatte nicht Unrecht: Bei Spaghetti mit Oliven und Tomaten handelte es sich tatsächlich um seine absolute Leibspeise. Am besten noch mit Schafskäse dazu. Überhaupt aß er gerne Pastagerichte. (Wenn sie nicht zu scharf gewürzt wurden, vertrug sein Magen sie gut.) Dennoch ärgerte es ihn, dass Doflamingo seine Entscheidung, heute Abend nichts zu essen, einfach nicht akzeptieren wollte. Er war kein kleines Kind mehr, sondern ein erwachsener Mann, der durchaus seine eigenen Entscheidungen treffen konnte! Leider schien sein Partner durch den abfälligen Laut, den er eben von sich gegeben hatte, nur noch weiter angestachelt worden zu sein. Doflamingo presste seine Lippen fest aufeinander und atmete durch die Nase hörbar ein und aus, ehe er in einem relativ aggressivem Tonfall meinte: "Sag mal, was ist eigentlich los mit dir? Wieso versteifst du dich so heftig darauf, heute Abend nichts essen zu wollen?" "Ich versteife mich überhaupt nicht!", erwiderte Crocodile rasch, der sich sofort angegriffen fühlte. "Du übertreibst bloß völlig! Was ist denn so furchtbar schlimm daran, wenn ich einmal keinen Appetit habe? Davon geht die Welt nicht unter!" "Einmal? Einmal?!", erwiderte Doflamingo in einer nicht minder aufgeregt klingenden Stimmlage. "Ich müsste mir keine Sorgen machen, wenn du nur einmal keinen Hunger hättest, Crocodile! Aber du verweigerst ständig die Nahrungsaufnahme: Bei der Arbeit isst du nicht, Zuhause isst du nicht und auswärts essen möchtest du auch nicht! Man könnte meinen, du würdest an einer Essstörung leiden!" "Du redest Unsinn!", erwiderte Crocodile barsch. Er konnte die Kritik seines Partners überhaupt nicht nachvollziehen. Doflamingo tat so, als würde er täglich bloß ein Blättchen Salat und einen halben Apfel zu sich nehmen. Dabei handelte es sich natürlich um absoluten Blödsinn. Crocodile gab zu, dass er vor allem bei der Arbeit nicht jeden Tag dazu kam, eine Mittagspause einzulegen und eine Kleinigkeit zu essen, doch ihm gleich eine Essstörung zu unterstellen, hielt er für völlig übertrieben. Schließlich zwang Crocodile sich nicht dazu, nichts zu essen und hungrig zu bleiben; ganz im Gegenteil: Sein Appetit kam häufig einfach nicht auf. Dafür konnte aber er doch nichts! "Es ist kein Unsinn!", hielt Doflamingo dagegen. Er blieb stehen und fuhr sich mit einer Hand durch sein kurzes, blondes Haar. Anschließend meinte er: "Vielleicht bist du dir dessen selber nicht ganz bewusst, doch dein derzeitiges Essverhalten ist wirklich mehr als bedenklich. Und ich mache mir deswegen große Sorgen um dich. Du hast auch schon viel zu viel abgenommen!" "Ich habe überhaupt nicht abgenommen", entgegnete Crocodile. In seinen Augen ergaben die Worte seines Partners überhaupt keinen Sinn. Gut, womöglich aß er in letzter Zeit nicht ganz so gut wie man es sollte, weil er häufig unter Zeitdruck stand, doch es war unmöglich, dass er signifikant viel abgenommen hatte. "Das wäre mir doch aufgefallen! Du übertreibst, Doffy! Ich kann verstehen, dass du dir Sorgen um mich machst, aber du übertreibst. Was du da über eine Essstörung oder einen Gewichtsverlust sagst, ist ganz einfach nicht wahr." Er konnte Doflamingo wütend aufseufzen hören. Dieses ungewohnte Geräusch veranlasste Crocodile dazu, hellhörig zu werden. Normalerweise war Doflamingo eine Person, die alles auf die leichte Schulter nahm und einfach niemals rational sein konnte. Dass er ernsthaft genervt aufseufzte, kam nur sehr selten vor. Es war ein schlechtes Zeichen. "Es gibt eine ziemlich einfache Möglichkeit, um meine Behauptung zu beweisen", meinte dieser spitz. Er streckte seinen Arm aus und deutete auf eine Tür, die von dem Korridor, in dem sich sich momentan befanden, abzweigte. "Dort drüben ist ein Badezimmer. Darin befindet sich auch eine Waage. Spätestens wenn du dich wiegst, wirst du feststellen müssen, dass ich die Wahrheit sage und du an Gewicht verloren hast!" Crocodile warf einen verunsicherten Blick zur Badezimmertüre hinüber. Noch immer hielt er die Worte seines Partners schlichtweg für Unfug. Doflamingo übertrieb bloß in seiner Fürsorge; er war jemand, der leicht in Sorge geriet um die Menschen, die ihm viel bedeuteten. Crocodile schüttelte den Kopf. "Ich werde deine Paranoia garantiert nicht unterstützen", meinte er darum und verschränkte die Arme vor der Brust. "Und können wir diese Diskussion jetzt bitte endlich beenden? Akzeptier doch einfach, dass ich heute Abend nichts essen möchte. Ich schätze sehr, dass du dich um mich sorgst, Doflamingo, aber vergiss bitte nicht, dass ich ein erwachsener Mensch bin. Ich kann auf mich selbst aufpassen!" "Dein Alter tut hier überhaupt nichts zur Sache", erwiderte Doflamingo unerbittlich. "Ich glaube nämlich, du bist so fürchterlich gestresst in letzter Zeit, dass dir manche Dinge einfach nicht auffallen. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass du ständig die Nahrungsaufnahme verweigerst. Oder dass du nie ausgehen möchtest. Oder dass du dich jede freie Minute in deinem Lesezimmer verschanzt!" Crocodile fasste überhaupt nicht, was sein Partner ihm da an den Kopf warf. Er fühlte sich schrecklich verletzt durch dessen Vorwürfe. Er hatte gar nicht gewusst, dass so viele seiner Verhaltensweisen seinen Freund störten. Woher auch? Bisher hatte sich dieser nie bei ihm beschwert. "Na und?", erwiderte er in Ermangelung einer schlagfertigeren Erwiderung. "Dann habe ich in letzter Zeit eben nicht sonderlich viel Lust darauf, ins Kino zu gehen oder in einen Nachtclub! Ich wüsste nicht, dass es sich dabei um ein Schwerverbrechen handelt. Und falls du es vergessen haben solltest: Das letzte Mal, als wir beide ausgegangen sind, ist der Abend für mich mit einer schweren Vergiftung und einem Krankenhausaufenthalt geendet. Da ist es doch wohl logisch, dass ich mich eine Zeit lang lieber an Orten aufhalte, an denen ich mich sicher fühle!" "So habe ich es doch gar nicht gemeint", lenkte Doflamingo mit verzweifelter Stimme. "Ich will dir keine Vorwürfe machen! Ich möchte bloß, dass du einsiehst, dass sich dein Verhalten in letzter Zeit stark verändert hat. Und dass mir diese Verhaltensänderungen große Sorgen bereiten. Ich frage mich, was die Ursache dafür sein könnte. Irgendetwas belastet dich so stark, dass deine Psyche ganz schrecklich darunter leidet. Und nur wenn du einsiehst, dass mit dir etwas nicht stimmt und wir gemeinsam nach den Grund suchen, kann dir geholfen werden. Verstehst du? Ich will dir keine Vorwürfe machen, Crocodile - ich will dir helfen!" "Du tust so, als wäre ich reif für die Klapsmühle!" Langsam begann Crocodile sich ernsthaft bedrängt von seinem Partner zu fühlen. Wie hatte eine Diskussion über Spaghetti mit Oliven und Tomaten nur so fürchterlich ausarten können? Allmählich bekam Crocodile das Gefühl, dass nicht er, sondern Doflamingo irgendwelche unterdrückten Probleme hatte. "Du drehst mir die Worte im Mund herum!", warf ebenjener ihm vor. Er schien nun endgültig die Geduld zu verlieren, denn anschließend fügte er hinzu: "Wenn du die Ansicht vertrittst, dass mit deinem Gewicht alles in Ordnung ist, dann dürfte es für dich doch eigentlich überhaupt kein Problem darstellen, dich zu wiegen, oder? Verkürzen wir diese Diskussion einfach: Du stellst dich auf die Waage. Wenn sie dein normales Gewicht anzeigt, entschuldige ich mich bei dir und verspreche, nie wieder ein Wort über deine Ernährung zu verlieren. Wenn du allerdings untergewichtig sein solltest, wirst du dir eingestehen müssen, dass ich Recht habe. Und dazu gleich zwei ganze Teller Spaghetti essen! Deal?" Crocodile seufzte genervt auf und wischte sich mit der rechten Hand über sein Gesicht. Schließlich gab er sich geschlagen: "Von mir aus. Ansonsten wirst du wohl nie Ruhe geben. Außerdem freue ich mich schon auf eine Entschuldigung deinerseits. Das hat schließlich echten Seltenheitswert." Mit dieser Aussage hatte Crocodile nicht Unrecht: Er wusste genau, dass Doflamingo es abgrundtief hasste, sich bei irgendjemandem zu entschuldigen. Er tat es bloß in absoluten Ausnahmesituationen. "Gut", meinte Doflamingo, der plötzlich wieder viel ruhiger wirkte. Er lotste Crocodile rasch ins nächste Badezimmer und deutete auf die Waage, die dort neben dem Waschbecken auf dem Fußboden stand. Aus irgendeinem Grund musste Crocodile schlucken, als er den Blick auf die Waage warf. Er begann sich unwohl zu fühlen. Vermutlich, dachte er, weil die ganze Situation völlig lächerlich war: Es war ein Fehler gewesen, sich Doflamingos paranoidem Kontrollwahn zu beugen und zu diesem Test überreden zu lassen. Schließlich stand Crocodile nicht in der Pflicht, irgendjemandem irgendetwas zu beweisen. Rastlos rieb er sich mit der rechten Hand über den linken Unterarm und zögerte den Schritt auf die Waage so lange wie nur möglich hinaus. Erst als er Doflamingo recht ungeduldig "Wir haben einen Deal!" sagen hörte, überwand Crocodile sich und stieg auf die Waage. Ein Moment verging. Dann erschien auf der digitalen Anzeige die Zahl 66. Crocodiles Augen weiteten sich vor Entsetzen. Hastig stieg er wieder von der Waage herunter. Das war unmöglich! "Wie viel wiegst du?", fragte Doflamingo, der ein oder zwei Schritte von ihm entfernt stand. Er überwand die kurze Distanz zwischen ihnen beiden und legte seine Arme um den Körper seines Partners. "Crocodile? Was sagt die Waage?" "Dass du Recht hast, Doffy", meinte er nach einigen Sekunden des Zögerns mit belegter Stimme. "Ich habe wirklich abgenommen. Das ist mir überhaupt nicht aufgefallen. Wie kann es denn nur sein, dass mir so etwas nicht auffällt?" Verzweifelt schüttelte er den Kopf und legte sich sogar die Hand über die Augen. Für Crocodile kam dieses Ergebnis völlig überraschend. Er hatte nicht damit gerechnet, dass tatsächlich nicht Doflamingo, sondern er selbst derjenige war, der falsch lag. Plötzlich überkam ihn ein furchtbares Gefühl von Machtlosigkeit: In zwei Wochen würde er arbeitslos sein, er war völlig überschuldet, riskierte jeden Tag durch unzähligen Lügen die Beziehung zu seinem Freund... und nun schaffte er es nicht einmal mehr, die Kontrolle über seinen eigenen Körper zu behalten. Crocodile musste mehrmals tief durchatmen, um zu verhindern, dass er auf der Stelle in Tränen ausbrach. Allmählich wurde diese erdrückende Lebenssituation zu viel für ihn... "Ganz ruhig", flüsterte die Stimme seines Partners in sein Ohr. Doflamingo drückte ihn fest an sich und Crocodile legte ebenfalls die Arme um den Körper des Anderen. Es tat unwahrscheinlich gut, Doflamingo jetzt so nah zu spüren. Sofort beruhigte Crocodile sich wieder ein wenig. Zumindest konnte er die Tränen zurückhalten und bald auch seinen Atem wieder normalisieren. "Alles ist gut", fuhr Doflamingo mit sanfter Stimme fort und verteilte Schmetterlingsküsse auf sein Haar. "Wir kriegen das wieder hin. Es gibt keinen Grund zur Panik. Gemeinsam schaffen wir das schon." Sein Partner ließ ihn erst wieder los, als Crocodile den schlimmsten Schock überwunden hatte und nicht mehr Gefahr lief, jeden Moment in Tränen auszubrechen. Er war sehr dankbar für die Unterstützung seitens Doflamingo. Es war ein unwahrscheinlich gutes Gefühl zu wissen, dass jemand da war, der sich kümmerte und sorgte. "Das letzte Mal habe ich mich vor vielleicht acht oder neun Wochen gewogen", meinte Crocodile und bemühte sich um eine gefasste Stimmlage, während er sprach. "Damals habe ich etwa 80, 81 Kilogramm gewogen. Jetzt sind es nur noch 66. Ich habe in kaum zwei Monaten 15 Kilogramm abgenommen! Ohne Sport zu treiben, ohne es auch nur zu merken. Wie konnte das denn bloß passieren?!" "15 Kilogramm?", wiederholte Doflamingo mit ungläubiger Stimme. Selbst er, der immer übertrieb und zur Überfürsorge neigte, schien mit einer solch gewaltigen Zahl nicht gerechnet zu haben. Crocodile nickte beschämt. "Die unterste Grenze für das Normalgewicht bei meiner Größe liegt bei etwa 78 Kilogramm. Das heißt also, ich habe satte 12 Kilogramm Untergewicht." "Wow", meinte Doflamingo und drückte damit ziemlich treffend Crocodiles derzeitige Gefühlslage aus. Er schwieg einen Moment lang, ehe er hinzufügte: "Es liegt höchstwahrscheinlich an dem vielen Stress, den du in letzter Zeit durch die Arbeit hast. Du findest nur noch selten die Zeit, um vernünftig zu essen. Ich denke, sobald du Urlaub hast, wirst du auch wieder mehr Appetit bekommen. Außerdem ist Erkenntnis immer der erste Schritt zur Besserung: Jetzt, da du deinen Gewichtsverlust endlich eingesehen hast, wirst du sicherlich eher darauf achten, genug zu essen. Am besten wir fangen gleich heute Abend an. Du hast mir versprochen, zwei Teller Spaghetti zu essen, sollte ich Recht behalten. Nun, du hast die Wette verloren." Crocodile nickte matt und verließ gemeinsam mit seinem Partner das Badezimmer. Er fühlte sich völlig ausgelaugt. Das Wissen, das er eben bezüglich seines Gewichts erlangt hatte, machte ihn völlig fertig. Immerhin hatte er nicht bloß vier oder fünf Kilogramm abgenommen, sondern gleich 15! Und das innerhalb von bloß zwei Monaten! Crocodile seufzte leise und fuhr sich durch sein dunkles Haar. Wenn er ehrlich war, dann hatte ihm diese Erkenntnis seinen sowieso kaum vorhanden Appetit völlig verdorben. Trotzdem würde er sich darum bemühen, sein Versprechen zu halten und zwei Teller leerzuessen. Er benötigte jede einzelne Kalorie, die er bekommen konnte. Und bei Spaghetti mit Oliven und Tomaten handelte es sich zumindest um sein Leibgericht. In den nächsten Tagen achteten sowohl Doflamingo als auch Crocodile selbst sehr genau darauf, dass er genug Nahrung zu sich nahm. Sein Partner frühstückte morgens mit ihm gemeinsam und gab sogar in der Küche Bescheid, man sollte ihm ein leichtes Lunch-Paket fertig machen, das er dann mit zur Arbeit nehmen könnte. "Das Problem ist, dass du in der Bank viel zu viel zu tun hast“, erklärte Doflamingo. "Du findest einfach nicht genug Zeit, um mal eine Dreiviertelstunde Mittagspause zu machen und essen zu gehen. Deswegen ist ein Lunch-Paket, das du dir selber mitnimmst, ideal. Du musst nicht einmal dein Büro verlassen. Wenn du Appetit bekommst und Lust auf eine kleine Mahlzeit zwischendurch hast, suchst du dir einfach einen Imbiss aus. Manches muss man nicht einmal warm machen.“ "Vielen Dank, Doffy“, sagte Crocodile und meinte seine Worte wirklich ehrlich. "Es ist sehr lieb, dass du dich so sehr um mich sorgst.“ Doflamingo wirkte zwar geschmeichelt, doch winkte ab. "Das ist doch absolut selbstverständlich“, erwiderte er. "Immerhin bin ich dein Partner. Dass ich mich um deine Gesundheit sorgen soll, stand in der Jobbeschreibung. Und wenn du mir wirklich danken möchtest, dann sieh am besten zu, dass du heute mindestens drei Kleinigkeiten aus deinem Lunch-Paket isst, ja?“ Crocodile nickte und konnte ein Lächeln nicht verhindern. Es war einfach ein unfassbar schönes Gefühl zu wissen, dass sich jemand um ihn kümmerte. Crocodile war kein Romantiker und er betrachtete seine Beziehung zu seinem Partner auch nicht durch eine rosarote Brille, doch trotzdem schätzte er es wert, dass sich Doflamingo so viele Gedanken um ihn machte. In solchen Momenten spürte er ganz deutlich, dass, ganz egal von welch egoistischer und eifersüchtiger Seite sein Freund sich manchmal zeigte, dieser ein unfassbar liebevoller und fürsorglicher Mensch war. Crocodile hatte in seinem Leben schon viele Beziehungen geführt, doch in keiner hatte er sich so gut aufgehoben gefühlt wie in dieser hier. "Wie wäre es, wenn du heute mal nicht selber zur Arbeit fährst“, fuhr Doflamingo fort, als Crocodile sich gerade seine Schuhe anzog, "sondern mein Fahrer dich chauffiert? Dann kannst du ein wenig länger entspannen. Immerhin dauert die Fahrt etwa eine Stunde. Vor allem auf dem Rückweg ist das doch sicher angenehm für dich: Anstatt dich auf den Verkehr konzentrieren zu müssen, könntest du ein Nickerchen machen und wärst nicht so schrecklich gestresst, wenn du Zuhause ankommst.“ "Ähm, von mir aus“, gab Crocodile schulterzuckend zurück. Ihm machte es nichts aus Auto zu fahren, doch auch Doflamingos Vorschlag klang nicht allzu schlecht in seinen Ohren. Anstatt zu schlafen könnte er diese beiden zusätzlichen Stunden Freizeit womöglich auch nutzen, um seine Bewerbungen zu koordinieren. Doflamingos Vorwurf, er würde sich häufig in seinem Lesezimmer verschanzen, war nicht ganz aus der Luft gegriffen: Tatsächlich zog Crocodile sich häufig dorthin zurück, weil er unter allen Umständen verhindern wollte, dass sein Partner etwas von seiner Jobsuche mitbekam. "Gut, dann bis heute Nachmittag, Wani.“ Doflamingo gab ihm einen liebevollen Abschiedskuss auf den Mund, den Crocodile zuließ und (ehrlich gesagt) auch sehr genoss, ehe er los zur Arbeit musste. Er winkte seinem Partner noch ein letztes Mal zu und machte sich dann auf den Weg zur Garage, in der neben Doflamingos vielen Luxuskarossen auch sein Mercedes C 216 untergebracht war. Der Fahrer stand schon bereit und schien ihn zu erwarten. * Robins hübsches Gesicht zierte ein mitleidiger Ausdruck, als sie ihm pünktlich um neun Uhr morgens etwa ein Dutzend dicke Ordner auf den Schreibtisch legte. Crocodile seufzte genervt auf und warf einen unwilligen Blick auf den hohen Papierstapel, ehe er sich an seine Sekretärin wandte: "Was soll ich mit diesen blöden Ordnern machen? Was ist das überhaupt für Kram?“ "Diese Papiere enthalten Informationen über unsere Kunden“, erklärte Robin ihm und schien sich um eine neutrale Stimmlage zu bemühen. "Du sollst sie sortieren.“ "Das kann nichts Sengokus Ernst sein“, erwiderte Crocodile und bemühte sich nicht einmal darum, die Missbilligung und Wut in seiner Stimme zu verbergen. Er fühlte sich schrecklich beleidigt und herabgesetzt. "Ich soll Kundendaten sortieren? Fünf Jahre lang habe ich an einer der besten Universitäten des Landes studiert, diese Bank zahlt mir jeden Monat ein fünfstelliges Gehalt... um die Aufgabe eines Praktikanten übernehmen? Verdammt nochmal, was soll dieser Scheiß?! Das ist doch reine Schikane!“ "Natürlich ist es das“, gab Robin zu. Ihre Stimme klang völlig ruhig und gefasst, so wie immer eben, doch Crocodile kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie auf seiner Seite stand. "Sengoku konnte dich nie leiden. Er hat dich allein aufgrund deiner Qualifikationen eingestellt. Und jetzt, da du bald sowieso entlassen sein wirst, nutzt er jede Gelegenheit, um dich zu tyrannisieren. Ein absolut kindisches Verhalten, das kein bisschen von Charakter zeugt, wenn du mich fragst.“ Crocodile seufzte leise auf und massierte sich mit der rechten Hand die Schläfe. "Das kann doch nicht wahr sein“, murmelte er leise, doch er war sich sicher, dass Robin seine Worte mitbekam. Sie schwieg einen Moment lang, ehe sie sagte: "Ich finde es schrecklich widerlich, wie Sengoku und die anderen hohen Tiere der Bank dich behandeln. Du hast immer gute Arbeit geleistet. Bist pünktlich, zuverlässig und fleißig gewesen. Dieser Fehler, den du gemacht hast, verlangt Bestrafung - aber nicht in Form von Schikane. Eine Gehaltskürzung hätte ich für angemessener gehalten. Diese Praktikantenarbeiten, die man dir aufhalst, sind eine furchtbare Beleidigung. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wieso Sengoku dich fertig machen möchte. Meiner Ansicht nach steckt hinter diesem Verhalten mehr als bloß der finanzielle Verlust, den du verursacht hast. Irgendetwas ist faul an dieser Sache, Crocodile, das sage ich dir!“ Skeptisch hob Crocodile den Blick und sah seiner Sekretärin in die Augen. Sie erwiderte seinen Blick ohne auch nur ein einziges Mal mit der Wimper zu zucken. Crocodile begann über ihre Worte nachzusinnen. Robin war nicht bloß irgendeine austauschbare Bürokraft - bei ihr handelte es sich um eine höchst gebildete und sehr intelligente Frau. Außerdem war es nicht ihre Art, wilde Spekulationen anzustellen. Wenn sie einen solche Mutmaßung äußerte, dessen war Crocodile sich sicher, dann musste sie einen echten Verdacht haben. "Was meinst du damit?“, hakte Crocodile also nach. "Willst du etwa andeuten, Sengoku hätte noch ein anderes Motiv als den Auftrag, den ich verbockt habe, um mich loszuwerden? Oder zumindest um mich so scheußlich zu schikanieren?“ "Nicht bloß ein anderes Motiv“, erwiderte Robin mit kühler Stimme, "ein Hauptmotiv.“ Sie zögerte einige Sekunden lang, ehe sie hinzufügte: "Hast du dir denn niemals gedacht, dass es nicht gerade eine kluge Entscheidung ist, dem festen Freund des besten Kunden der Bank zu kündigen? Schließlich hat Doflamingo nicht bloß Peanuts auf seinen Konten. Es handelt sich insgesamt um eine Summe im neunstelligen Bereich. Und Sengoku ist nicht gerade bekannt dafür, den sicheren Hafen zu verlassen. Ich denke nicht, dass er es riskieren würde, seinen allerwichtigsten Kunden zu verärgern, indem er dessen Partner wegen eines einzelnen Fehltritts kündigt.“ Crocodile zog die Augenbrauen zusammen. Er erinnerte sich daran, dass auch Mihawk genau diesen Punkt schon einmal angesprochen hatte, als er seinem Bruder von seiner derzeitigen Lebenssituation erzählt hatte. Schließlich erwiderte er: "Um ehrlich zu sein, habe ich mir selbst ebenfalls schon Gedanken darüber gemacht. Du hast Recht: Es passt nicht zu Sengoku, ein solches Risiko einzugehen. Aber hast du denn eine Ahnung, was der eigentliche Grund für meine Kündigung sein könnte? Wieso sollte mich Sengoku unter einem Vorwand entlassen?“ An dieser Stelle zuckte Robin leider ratlos mit den Schultern. "Das weiß ich nicht“, meinte sie mit ehrlich klingender Stimme. "Allerdings würde ich dir raten, Augen und Ohren offen zu halten. Wie gesagt: Irgendetwas ist ganz gewaltig faul an dieser Sache. Und ich würde nur zu gerne wissen, worum es sich dabei handelt.“ "Ich natürlich auch, solltest du Recht behalten“, erwiderte Crocodile mit nachdenklicher Stimme. Was seine Sekretärin da von sich gab, klang durchaus plausibel. Tatsächlich hatte er in letzter Zeit nur wenig Gedanken an den Anlass für seine Kündigung verschwendet; er war viel zu eingenommen von seiner Jobsuche gewesen. Und natürlich dem Aufwand, seine baldige Arbeitslosigkeit und seine horrenden Schulden vor seinem Partner geheim zu halten. Doch nun da nicht bloß Mihawk, sondern auch Robin einen Verdacht zu haben schienen, begann er sich selbst ebenfalls für diese Sache zu interessieren. Crocodile nahm sich auf jeden Fall vor, sich den Rat seiner Sekretärin zu Herzen zu nehmen, und Augen und Ohren offenzuhalten. "Ich kann dir beim Sortieren der Ordner gerne helfen“, bot Robin ihm mit freundlicher Stimme an und riss ihn somit aus seinen Gedanken. Crocodile winkte ab. "Du hast doch sicherlich genug andere Dinge zu erledigen“, meinte er und ignorierte den faden Beigeschmack, den diese Worte hatten. Tatsächlich deckte man Robin im Gegensatz zu ihm nicht mit stupiden Aufgaben ein. Es war eine verkehrte Welt, doch derzeit erledigte die Sekretärin wichtigere Aufgaben als der Chef. "Ich helfe dir gerne“, entgegnete Robin unerbittlich und griff kurzerhand nach dem obersten der gut ein Dutzend Ordner. "Als Dankeschön kannst du mir allerdings gerne ein Stück Kuchen abgeben.“ Sie lachte leise und hinter vorgehaltener Hand. "Ich habe nämlich eben gesehen, dass welcher in der Lunch-Box ist, die du neuerdings mitbringst.“ "Tatsächlich?“, gab Crocodile relativ uninteressiert zurück. "Ich wusste gar nicht, dass Doflamingo mir welchen eingepackt hat. Du darfst ihn gerne haben. Er wird wohl nicht daran gedacht haben, dass ich keine Süßigkeiten essen darf. Manchmal ist er ein echter Schussel...“ Als sich Robins Lachen angesichts dieser Aussage intensivierte, warf Crocodile ihr einen irritierten Blick zu. "Was hast du denn auf einmal?“, fragte er nach. Normalerweise war Robin eine eher zurückhaltende Person. "Nichts“, erwiderte sie und startete nicht einmal dein Versuch, sich zu beruhigen. "Ich finde bloß die Beziehung, die du mit Doflamingo führst, unfassbar niedlich. Immerhin seid ihr beide hochrangige Geschäftsmänner.“ Crocodile tat möglichst ungerührt und bemühte sich darum, die aufkommende Röte im Gesicht zu unterdrücken. "Na und? Man kann doch ein super reicher Geschäftsmann und gleichzeitig auch ein Trottel sein, der seinem Partner, der einen schwierigen Magen hat, ein Stück Kuchen zum Mittagessen einpackt. Ich verstehe nicht, was daran so lustig ist.“ Robin hatte sich noch immer nicht ganz wieder eingekriegt, doch anstatt weiter auf der unbedachten Liebesgeste von Doflamingo herumzuhacken, wandte sie den Blick ab und machte sich daran, ihre selbst auferlegte Arbeit zu erledigen. * "Schmeckt es dir?“, fragte ihn Doflamingo. Es war Freitagabend und weil das Wetter gut war, hatten sie beschlossen, draußen auf der Terrasse zu Abend zu essen. Die Atmosphäre war sehr angenehm: Die untergehenden Sonne schien ihnen in den Nacken, ein paar Vögel zwitscherten und der Geruch von frisch gemähtem Gras lag in der Luft. Crocodile fühlte sich sehr wohl. Zum ersten Mal konnte er den vielen Stress, der ihn wochentags verfolgte, hinter sich lassen und ein wenig entspannen. Er freut sich auf das Wochenende und bemühte sich den Fakt zu ignorieren, dass am Montag seine allerletzte Arbeitswoche anbrach. "Auf jeden Fall“, meinte Crocodile und nahm einen weiteren Bissen Zander auf Roter Bete zu sich. "Der Fisch ist absolut köstlich, finde ich. Was denkst du?“ "Ich bin ganz deiner Meinung“, erwiderte Doflamingo, der sich das Gericht allerdings noch mittels ein wenig Zitronensaft verfeinert hatte. Crocodile vertrug etwas so Bitteres nicht, weswegen er hatte verzichten müssen. Schmecken tat es ihm trotzdem. Doflamingo hatte manchmal ein echtes Händchen für Gerichte, die auf den ersten Blick recht ungewöhnlich wirkten, jedoch sehr lecker schmeckten. Wie in allen anderen Lebensbereichen mochte sein Partner es auch beim Essen gerne extravagant. "Ich habe übrigens eine Überraschung für dich“, meinte Doflamingo plötzlich ganz unvermittelt. Crocodile warf seinem Partner einen verwunderten Blick zu und kaute langsam das Stück Rote Bete, das er gerade im Mund hatte. Nachdem er es hinunter geschluckt hatte, fragte er mit gerunzelter Stirn: "Eine Überraschung?“ Doflamingo nickte eifrig grinsend. "Heute ist unser neunter Monatstag“, meinte er. "Bestimmt hast du es vergessen, so viel wie du in letzter Zeit zu tun hast, aber ich nicht.“ Seine Stimme klang nicht im mindesten vorwurfsvoll. Ganz im Gegenteil: Doflamingo wirkte angesichts dieses Umstands beinahe schon erfreut; vermutlich, weil er auf diese Weise seinem Partner eine ganz besondere Überraschung bereiten konnte. Außerdem war es in ihrer Beziehung eigentlich nicht üblich, sich zum Monatstag etwas zu schenken. Ein Präsent zum einjährigen Jubiläum hielt Crocodile für angemessen, doch sich jeden Monat ein Geschenk zu machen für überzogen. "Du brauchst mir nichts zu schenken“, sagte Crocodile darum sofort mit ernster Stimme. "Wir haben uns doch nie etwas zum Monatstag geschenkt.“ "Keine Sorge“, lenkte Doflamingo ein und winkte mit der Hand ab, "es ist kein materielles Geschenk. Ich weiß doch, dass du es nicht magst, wenn ich dich mit Schmuck- oder Geldgeschenken überhäufe.“ "Und worum handelt es sich dann?“, hakte Crocodile mit skeptischer Stimme nach. Er hatte überhaupt keine Vorstellung davon, was sein Partner für ihn geplant haben könnte. Doflamingo kam manchmal auf seltsame Ideen. Wie auch immer: Ob Crocodile es zugeben wollte oder nicht, er war ziemlich froh darüber, dass Doflamingo ihm keinen teuren Schmuck oder Ähnliches schenken wollte. Dann wäre er nämlich in der Pflicht gewesen, ein gleichwertiges Geschenk zurückzugeben, und dafür hatte Crocodile derzeit definitiv kein Geld übrig. Da waren ihm eine Nackenmassage, ein Blowjob oder was auch immer sein Partner im Sinn hatte, deutlich lieber. "Ich schenke uns beiden einen zweiwöchigen Urlaub“, verkündete Doflamingo mit freudestrahlender Stimme. Crocodile verschluckte sich beinahe an dem Stück Fisch, das er gerade im Mund hatte; glücklicherweise bekam sein Partner, der sein Geschenk enthusiastisch näher beleuchtete, davon nichts mit. "Ich habe mir ebenfalls ab nächsten Montag ein paar Wochen frei genommen. Und da du in letzter Zeit ständig so furchtbar gestresst und überarbeitet bist, dachte ich mir, dass ein Urlaub genau das Richtige für dich ist! Du brauchst ein wenig Abstand von deiner Arbeit und dem Großstadtleben. Nur auf diese Weise kannst du wieder gesund werden und auch ein normales Körpergewicht erreichen.“ "Ich bin nicht krank“, wandte Crocodile ein und nahm einen großen Schluck Mineralwasser zu sich. "Außerdem kann ich dein Geschenk unmöglich annehmen! Du hast zwar Recht, wenn du sagst, dass es sich um nichts Materielles handelt, aber trotzdem ist dieses Geschenk mit viel zu viel Kosten verbunden. Ich will dir keine Umstände bereiten, Doflamingo!“ "Das tust du nicht“, erwiderte dieser munter. "Ich besitze ein wunderschönes Ferienhaus gleich am Meer. Dorthin würde ich gerne mit dir fahren. Es ist ein sehr geruhsamer Ort, abseits von der Hektik der Großstadt. Keine Häuser, keine Straßen, kein Lärm. Nur wir beide, unser Ferienhaus, (ein paar Angestellte) und das Meer. Ist das nicht eine wundervolle Vorstellung?“ "Doch, schon...“, meinte Crocodile und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Er fühlte sich völlig überrannt von diesem Angebot seitens seines Partners, das dieser ihm praktisch aufdrängte. Auf der einen Seite könnte Crocodile ein wenig Ruhe und Zurückgezogenheit gut gebrauchen, doch auf der anderen Seite durfte er nicht die Tatsache vergessen, dass er de facto arbeitslos sein würde. Er erhielt kein Gehalt mehr, doch seine Kredite liefen selbstverständlich weiter; seinen Gläubigern war es völlig gleich, ob er Arbeit hatte oder nicht, sie wollten sein Geld sehen. Und genau aus diesem Grund sollte er lieber weiter fleißig Bewerbungen schreiben und nach Jobangeboten Ausschau halten, anstatt Ferien zu machen. Bei einem Urlaub handelte es sich zwar um eine nette Abwechslung, doch weiterhelfen würde ihn dieser in seiner schwierigen Lebenssituation nicht. Er konnte hören, dass Doflamingo einen enttäuschten Brummlaut von sich gab, und blickte auf. Sein Partner hatte die Unterlippe vorgeschoben und wirkte überaus enttäuscht. "Wieso freust du dich nie über meine Einladungen?“, meinte dieser und klang ungemein missmutig. "Als ich dich gefragt habe, ob du zu mir ziehen möchtest, hast du ausweichend geantwortet. Und über meine Einladung zu einem romantischen Urlaub scheinst du dich auch überhaupt nicht zu freuen. Ich bekomme so langsam das Gefühl, dass ich es dir niemals Recht machen kann, Crocodile. Da bemühe ich mich um ein wirklich einfallsreiches Geschenk, nicht bloß einen teuren Mantel oder eine Armbanduhr, und trotzdem gefällt es dir nicht! Mal ernsthaft: Was ist gegen einen zweiwöchigen Urlaub am Meer auszusetzen? Nenn mir auch nur eine einzige Sache, die dagegen spricht!“ "Nichts spricht dagegen“, log Crocodile und bemühte sich um seinen beschwichtigenden Tonfall. Immerhin wusste sein Partner nichts von seiner Kündigung und konnte darum auch nicht nachvollziehen, welche Bedenken er bezüglich dieses Urlaubs hegte. Er wollte Doflamingo nicht das Gefühl vermitteln, bei ihm würde es sich um einen wählerischen Wichtigtuer handeln. "Und wieso freust du dich dann nicht?“ Doflamingos Stimme klang schrecklich vorwurfsvoll. "Ich freue mich!“, lenkte Crocodile ein, der sich allmählich heftig in die Ecke gedrängt fühlte. "So hat es sich aber nicht angehört!“, hielt Doflamingo energisch dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Jetzt verhalte dich doch bitte nicht so bockig“, meinte Crocodile an seinen Partner gewandt. Seiner Ansicht nach reagierte dieser völlig über. Was erwartete Doflamingo denn von ihm? Dass er wie ein junges Mädchen laut aufschrie und begeistert von seinem Stuhl aufsprang? Herrgott, es handelte sich um eine Einladung zu einem Strandurlaub, keinen Gewinn im Lotto! Trotzdem bemühte er sich darum, seinem Partner ein wenig zu besänftigen. Einen Streit war das letzte, was er jetzt heraufbeschwören wollte. "Ich fahre mit! Also hör jetzt bitte auf, dich so starrköpfig zu verhalten!“ "Du fährst mit? Das ist ja wirklich gnädig!“, erwiderte Doflamingo in einem absolut giftig klingenden Tonfall. Er fletschte die Zähne wie ein Hund und warf ihm durch die getönten Gläser seiner Sonnenbrille hindurch einen bösen Blick zu. "Dass mein Freund sich tatsächlich dazu herablässt, mit mir in Urlaub zu fahren! Ich fühle mich geehrt!“ "Wieso bist du plötzlich so schrecklich gereizt?“, fragte Crocodile, der sich ehrlich verletzt fühlte angesichts der offenkundigen Übellaunigkeit seines Partners. Er war es gewohnt, dass dieser ihn neckte und ärgerte, dass sie wegen Kleinigkeiten aneinander gerieten, doch dass Doflamingo tatsächlich Worte aussprach mit der Intention, ihn zu verletzen, kannte Crocodile nicht. Es vermittelte ihm ein ganz fürchterliches Gefühl. Er wünschte sich seitens seines Partners Fürsorge und Unterstützung, keine Beschimpfungen, die definitiv unter die Gürtellinie gingen. "Wieso ich gereizt bin? Wieso ich gereizt bin, fragst du?“ Doflamingo stand von seinem Stuhl und beugte sich über den Tisch. Seine Hände, die er auf der Tischplatte abstützte, zitterten vor Wut. Und an seiner Stirn war deutlich eine wild pochende Ader zu erkennen. "Weil du der undankbarste Mensch bist, den ich jemals kennengelernt habe! Mit nichts, was ich dir anbiete, bist du zufrieden! Hast du eigentlich eine Ahnung, wie ich mich fühle? Ständig weist du mich zurück! Egal, worum es geht! Ich frage mich manchmal wirklich, was der Sinn dieser Beziehung ist, wenn ich doch ständig nichts anderes als Ablehnung von dir erfahre!“ Crocodile verstand die Welt nicht mehr. Eben war doch noch alles in Ordnung gewesen: Sie saßen gemeinsam auf der Terrasse, aßen zu Abend, unterhielten sich über den Fisch... Und nun thronte sein Partner wie ein zorniger Racheengel über ihm. Wie hatte es nur so weit kommen können? Vielleicht, dachte Crocodile beklommen, verlor Doflamingo so langsam die Geduld. Vielleicht hatte er genug von seiner ständig schlechten Laune, seinen ausweichenden Antworten, seinen fehlenden Enthusiasmus...? Dieser Gedanke stimmte ihn schrecklich traurig. Vor allen Dingen, da er sich dessen bewusst war, dass Doflamingo wirklich jedes Recht dazu hatte, wütend auf ihn zu sein. Immerhin verhielt er sich in letzter Zeit tatsächlich alles andere als zuvorkommend und lebensfroh. Aus Gründen, die Doflamingo nicht verstand, nicht verstehen konnte, weil er diese vor ihm verheimlichte, wollte er jeden Abend zu Hause bleiben, war er ständig gestresst, machte zu viele Überstunden, hatte ständig Magenschmerzen... Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht, als Crocodile bewusst wurde, dass er ein fürchterlicher Freund war. Dass Doflamingo keine Lust mehr hatte, ihn ständig aufzumuntern und zu unterstützen. Dass er die Geduld verlor. Alles, was sein Partner verlangte, war ein klein wenig Dankbarkeit, und nicht einmal diese absolut minimale Gegenleistung konnte er erbringen. Doflamingo hatte wirklich jeden Grund dazu, wütend auf ihn zu sein. Crocodile bedeckte seine Augen mit der rechten Hand, als er sich ausmalte, wie sein Partner erst reagieren würde, wenn er von seinen vielen Lügen erfuhr: von seiner Arbeitslosigkeit, seinen Schulden... Doflamingo würde völlig ausrasten. Und auf jeden Fall Schluss mit ihm machen. Wenn er es nicht jetzt gleich schon tat, schoss es Crocodile durch den Kopf. Er spürte, dass ihm bei diesem fürchterlichen Gedanken die Tränen kamen. Crocodile fühlte sich elendig, nichtswürdig, kaputt... Er hatte auf ganzer Linie versagt. Er hatte nicht bloß seine Arbeit verloren... nicht bloß sein Hungergefühl nicht mehr unter Kontrolle... jetzt gelang es ihm nicht einmal mehr, seine Beziehung zu Doflamingo aufrechtzuerhalten. Er fühlte sich wie ein völliger Versager. Crocodile hasste sich umso mehr für die Schwäche, die er nun zeigte. Er konnte die Tränen nicht mehr aufhalten. Heiß und nass brachen sie aus ihm hervor. Schluchzend wischte er sie mit dem Hemdsärmel weg, doch es waren zu viele. Am liebsten würde Crocodile jetzt im Erdboden versinken. Seine Stärke, die er arrogant nach außen hin zeigte, war das einzige gewesen, was ihm noch blieb. Nun hatte er überhaupt nichts mehr. Doflamingo kniete vor ihm nieder und legte seine beiden Arme um ihn, drückte ihn fest an sich. Crocodile ließ diese Berührung geschehen, lehnte sich in sie hinein; sie fühlte sich unwahrscheinlich gut an. Vorsichtig glitt er vom Gartenstuhl, auf dem er bis eben noch zusammengekauert gesessen hatte, und wurde auf Doflamingos Schoß gezogen. Er spürte, dass Doflamingo über sein Haar und seinen Rücken strich. Crocodile schloss seine Augen und legte den Kopf an seine Schulter. "Schhhhh“, machte Doflamingo, während er sich darum bemühte, ihn zu trösten. Seine Berührungen und seine Stimme wirkten ungelenk und überfordert, doch die dahinterstehende Absicht schien ehrlich zu sein. "Bitte hör auf zu weinen. Es tut mir leid, was ich gesagt habe. So unendlich leid! Bitte nicht weinen, Crocodile! Shhhh! Beruhige dich! Bitte!“ Allmählich kam Crocodile wieder zu sich. Seine Tränen versiegten, seine Augen fühlten sich nicht mehr heiß an und sein Atem normalisierte sich wieder. Er schämte sich dafür, eben völlig zusammengebrochen zu sein. Und noch viel mehr schämte er sich dafür, dass er die Aufmunterungsversuche seines Partners länger als unbedingt nötig in Anspruch nahm. Crocodile löste sich nicht sofort aus der Umarmung; genoss noch für eine Weile das angenehme Gefühl, umarmt und getröstet zu werden. Immer wieder strich Doflamingo ihm über den Rücken, verteilte zarte Küsse auf sein Haar... sagte Dutzende Male, dass ihm seine Worte leid täten, dass er sich wie ein Idiot verhalten hätte, dass er bitte aufhören sollte zu weinen. "Ich hätte nicht so fürchterlich ausrasten dürfen“, flüsterte Doflamingo mit reumütiger Stimme. "Es tut mir leid, Wani! Bitte verzeih mir! Ich habe mich aufgeführt wie ein echtes Arschloch! Shhhh... Bitte hör auf zu weinen, ja? Ich ertrage es nicht, wenn du weinst!“ Irgendwann beruhigte Crocodile sich wieder einigermaßen. Er wischte die letzten Tränen von seinem Gesicht, atmete dreimal tief ein und aus, und richtete sich anschließend im Schoß seines Partners auf. Doflamingo wirkte besorgt und verunsichert. Crocodile konnte es ihm nicht verübeln. Es war in ihrer Beziehung noch nie vorgekommen, dass er einen solch heftigen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. "Es tut mir leid“, sagte er mit belegter Stimme und wischte sich ein letztes Mal mit seinem Hemdsärmel über das Gesicht. "Ich weiß überhaupt nicht, was los mit mir ist. Eigentlich passt es nicht zu mir, in Tränen auszubrechen. Können wir diese Sache bitte einfach vergessen? Tut mir leid, dass ich mich nicht genug gefreut wegen des Urlaubs. Fangen wir einfach von neu an: Wir setzen uns wieder auf unsere Stühle und du erzählst mir mehr von deinem Ferienhaus. In Ordnung?“ "Du spinnst doch“, gab Doflamingo mit entsetzter Stimme zurück. "Du bist eben praktisch zusammengebrochen... und jetzt sollen wir tun, als wäre gar nichts passiert? Ist das dein Ernst?“ Crocodile nickte. Er fühlte sich im Moment schrecklich unwohl. Normalerweise war er eine selbstbewusste, stolze und sehr bodenständige Person... es war ein seltsames Gefühl, mit verweintem Gesicht im Schoß seines Partners zu sitzen. Solche emotionalen Situationen war er nicht gewohnt. Am liebsten würde er einfach zur Normalität zurückkehren. "Auf gar keinen Fall“, erwiderte Doflamingo eindringlich. Crocodile versuchte sich aus dem Griff seines Partners zu befreien und aufzustehen, doch dieser ließ ihn nicht los. Stattdessen drückte er ihn erneut fest an sich und begann wieder damit, ihm beruhigend über den Rücken zu streichen. Crocodile schloss schließlich seine Augen und ließ die Berührung geschehen. "Einen Nervenzusammenbruch sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen“, fuhr Doflamingo in einem ernsten, doch ruhigen Tonfall fort. "In den letzten Wochen habe ich mich immer darum bemüht, Verständnis für dich aufzubringen. Für deine vielen Überstunden, deinen Stress, deine Erschöpfung. Aber jetzt reicht es mir endgültig! Zuerst dein starker Gewichtsverlust und nun dieser Nervenzusammenbruch... Ich kann einfach nicht länger dabei zusehen, wie du dich selber kaputt machst. Es geht nicht, dass deine Gesundheit so schlimm unter deinem Arbeitsleben leidet.“ "Und was schlägst du vor?“, fragte Crocodile mit teils bedächtiger, teils zynischer Stimme. Es gab nichts, was Doflamingo für ihn tun könnte. Seine Probleme ließen sich erst dann lösen, wenn er eine gut bezahlte Arbeit gefunden hatte. Noch immer saßen ihm etwa 350.000 Berry Schulden im Nacken. Doflamingo zögerte einen Moment lang, ehe er sagte: "Ich schlage vor, dass du mit jemandem sprichst. Einem Professionellen. Vielleicht hilft dir eine Therapie, mit dem Stress in deinem Arbeitsleben zurechtzukommen und...“ "Ich brauche keinen verdammten Psychater!“, warf Crocodile sofort wütend ein und windete sich aus dem Griff seines Partners. Ihn verletzte dieser Vorschlag zutiefst. "Wofür hältst du mich denn? Für einen Psychopaten? Ich bin doch nicht krank! Nur... naja, ein bisschen gestresst und überarbeitet.“ "Man ist kein Psychopath, weil man eine Therapie in Anspruch nimmt“, lenkte Doflamingo ein. "Viele Menschen nehmen psychologische Hilfe in Anspruch. Gerade Menschen mit hoher beruflicher Verantwortungen brauchen manchmal eine neutrale Person, mit der sie reden können.“ "Achja?“, erwiderte Crocodile. "Ich kenne nicht eine einzige Person, die mal einen Psychater besucht hat. Ich will mir nicht in den Kopf gucken lassen, Doflamingo! Mir geht es gut!“ "Dir geht es nicht gut!“, entgegnete Doflamingo eindringlich. "Du bist ständig gestresst, schlecht gelaunt, willst keinen Schritt vor die Tür setzen, verschanzt dich stattdessen allein in deinem Zimmer. Und deine Magenschmerzen haben auch deutlich zugenommen. Früher hattest du höchstens ein- oder zweimal im Monat Probleme wegen deines Magens, doch inzwischen manchmal sogar bis zu viermal in einer einzigen Woche. Glaub nicht, mir wäre diese Veränderung nicht aufgefallen! Dazu kommt dein Gewichtsverlust von 15 Kilogramm in nur zwei Monaten. Und jetzt dieser schreckliche Nervenzusammenbruch. Verdammt nochmal, ich mache mir Sorgen um dich, Crocodile!“ "Trotzdem brauche ich keine Therapie!“, entgegnete er mit eindringlicher Stimme. "Es ist überhaupt nicht schlimm, psychatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen“, wiederholte Doflamingo. "Viele Menschen, von denen du es niemals denken würdest, haben schon mal einen Psychater besucht!“ "Zum Beispiel?“, hakte Crocodile mit höhnischer Stimme nach. "Wie gesagt: Ich kenne nämlich keine einzigen!“ "Doch, das tust du.“ Doflamingo hielt für einen kurzen Moment lang die Luft an, ehe er sagte: "Mich zum Beispiel.“ Diese Beichte nahm Crocodile den Wind aus den Segeln. Er warf seinem Partner einen völlig verdatterten Blick zu und konnte nicht so recht fassen, was dieser ihm eben mitgeteilt hatte. "Du bist mal in Therapie gewesen?“ Damit hätte Crocodile nicht gerechnet. Nicht bei Doflamingo, der doch immer so fröhlich, lebenslustig und unbekümmert war. Sein Partner nickte bedächtig. "Vor zwei Jahren“, erklärte er mit überraschend gefasster Stimme. "Ich war etwa vier Monate lang zweimal in der Woche bei meinem Psychater. Die Treffen haben mir sehr weitergeholfen. Ich bin mir sicher, dass ich ohne professionelle Hilfe in eine Depression abgerutscht wäre. Und ich habe die Angst, dass dir etwas Ähnliches passieren könnte, wenn du nicht einschreitest.“ "Ich... ich...“ Crocodile wusste nicht, was er sagen sollte. Er schwieg für eine Weile und versuchte sich sowohl gedanklich als auch emotional zu sammeln. Schließlich meinte er: "Vielleicht ist es wirklich sinnvoll, mal mit einem Psychater zu sprechen. Aber diesen Schritt möchte ich jetzt noch nicht gehen. Lass uns erst einmal versuchen, meine Probleme ohne professionelle Hilfe zu lösen, ja? Wer weiß, vielleicht bewirkt unser gemeinsamer Strandurlaub ja ein Wunder. Vielleicht brauche ich bloß ein wenig Ruhe und Entspannung, um wieder zu mir zu finden. Und, ähm, sollte es mir danach trotzdem nicht besser gehen... dann können wir noch mal über einen Psychater sprechen, wenn du möchtest.“ "In Ordnung.“ Doflamingo nickte. Gemeinsam standen sie vom Fußboden auf. Crocodile warf einen Blick auf den gedeckten Tisch. Seinen Teller hatte er nur halb leergegessen. Er seufzte leise. Gestern hatte er sich gewogen und feststellen müssen, dass er bloß ein einziges Kilogramm zugenommen hatte. Wenn er so weitermachte, würde er nur schwer sein Mindestgewicht von 78 Kilogramm erreichen. "Wir können später noch einmal warm essen“, meinte Doflamingo, der seinen Blick bemerkte. "Es ist nur eine halbe Mahlzeit, die wirft dich nicht sonderlich weit zurück. Trotzdem tut mir die ganze Sache furchtbar leid. Ich hätte dich nicht anschreien dürfen. In deinem derzeitigen Zustand brauchst du Unterstützung, keine Beschimpfungen.“ "Ist schon gut“, meinte Crocodile und winkte ab. "Du hattest nicht Unrecht mit dem, was du gesagt hast. Ich hätte mich ruhig ein wenig mehr freuen können über dein Geschenk.“ Sie verließen die Terrasse und machten sich auf den Weg in das Innere der Villa. Im Vorbeigehen sagte Doflamingo zu einem der Dienstmädchen, man könnte nun den Tisch abräumen. Und man sollte in der Küche Bescheid geben, dass er und sein Partner später am Abend noch einmal warm essen wollten. Crocodile seufzte leise und fragte sich, was die Zukunft ihm wohl bringen würde. Dem gemeinsamen Urlaub mit Doflamingo sah er inzwischen eher positiv entgegen. Da es sich, wie dieser sagte, um ein Geschenk handelte, würden für ihn vermutlich keine zusätzlichen Kosten anfallen. Außerdem tat ihm ein wenig Entspannung sicherlich gut. Seine Jobsuche würde er eben danach fortführen müssen. Außerdem musste sich sein psychischer Zustand deutlich verbessern, wenn er den Gang zum Psychater vermeiden wollte. Er wusste, dass Seelenklempner eine Menge Geld pro Sitzung verlangten. Geld, das er derzeit nicht hatte. Da war es am Ende günstiger, mit Doflamingo in Urlaub zu fahren, ein wenig neue Kraft zu tanken und somit auf professionelle Hilfe zu verzichten. * Crocodiles allerletzter Arbeitstag ging zu Ende. Es war sechzehn Uhr nachmittags; in einer Stunde würde er das Gebäude der Bank verlassen und niemals wieder betreten. Und auch wenn er sich weder mit seinem Vorgesetzten noch mit den meisten seiner Kollegen sonderlich gut verstanden hatte, empfand er doch einen Anflug von Wehmut. Bedächtig strich Crocodile mit der rechten Hand über die Platte seines teuren Schreibtisches und ließ seinen Blick durch sein Büro schweifen. Es war ein schöner Raum gewesen: große Fenster, ein paar grüne Pflanzen, hochwertige Möbel. Und auch wenn die Arbeit nicht immer einfach gewesen war, hatte er sie zumeist sehr gern erledigt. Er hatte den Aufenthalt in seinem Büro (abgesehen von den letzten zwei Monaten) niemals als Belastung empfunden. Crocodile seufzte leise. Er erinnerte sich daran, dass sich Robin gerne auf seinen Schreibtischstuhl setzte, wenn er nicht da war. Unweigerlich fragte er sich, ob sie diese Gewohnheit bei ihrem nächsten Chef fortsetzen würde. Vielleicht empfand dieser jedoch eine solche Geste als anmaßend und würde ihr untersagen, sich auf seinen Stuhl zu setzen. Der Gedanke, so schnell durch eine andere Person ersetzt zu werden, versetzte Crocodile einen schmerzhaften Stich mitten ins Herz. Jahrelang hatte er studiert, um sich endlich ein luxuriöses Leben leisten zu können. Anstatt seine Nächte in Clubs und Bars zu verbringen, hatte er Zuhause für die nächste Prüfung gebüffelt. Sich angestrengt wie kein Zweiter, immer sein Bestes gegeben, war niemals faul gewesen. Und nun musste er feststellen, dass all diese Anstrengungen völlig umsonst gewesen waren. Noch fünfundvierzig Minuten, dann war er arbeitslos. Endgültig entlassen. Er würde kein Geld mehr bekommen, um seine Schulden in Höhe von 350.000 Berry tilgen zu können. Sein Leben brach in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Ein Klopfen an der Türe riss Crocodile aus seinen Gedanken. Er bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck, ehe er "Herein“ sagte. Es war Robin, die sein Büro betrat. Normalerweise war sie eine sehr zurückhaltende Person, doch jetzt bemühte sie sich nicht darum, ihren bekümmerten Gesichtsausdruck zu verbergen. "Ich möchte mich von dir verabschieden“, sagte sie. Crocodile nickte. Er hatte eigentlich darauf gehofft, sentimentalen Verabschiedungen jedweder Art entkommen zu können, doch bei Robin würde er eine Ausnahme machen. Sie hatte sich ihm gegenüber stets sehr freundlich und zuvorkommend verhalten; sie hatten einander immer respektiert. Er ließ zu, dass Robin ihn umarmte. "Ich werde dich vermissen“, hörte er sie sagen. Crocodile unterdrückte ein Seufzen und ließ sich zu einem "Ich dich auch“ herab. Er hasste Abschiede. Vor allen Dingen so endgültige wie dieser hier. Privat hatte er mit seiner Sekretärin nur wenig zu tun; es war also unwahrscheinlich, dass sie sich wiedersehen würden. Höchstens zufällig auf der Straße. "Hast du an all deine persönlichen Sachen gedacht?“, fragte Robin ihn. "Fotos, Pflanzen und so weiter?“ Crocodile nickte. Aller persönlichen Gegenstände hatte er sich in den letzten beiden Monaten bereits Schritt für Schritt entledigt. Es wäre zu auffällig gewesen, wäre er Zuhause plötzlich mit einer großen Kiste voller Plunder aufgeschlagen. Das Foto von Doflamingo zum Beispiel, das bisher immer auf seinem Schreibtisch in der Bank gestanden hatte, hatte seinen neuen Platz auf dem Beistelltisch in seinem Lesezimmer gefunden. "Gut, dann gibt es wohl nichts mehr zu erledigen. Ich wünsche dir viel Glück, Crocodile! Sicherlich findest du schnell eine neue Arbeit!“ "Das hoffe ich auch“, erwiderte Crocodile, konnte jedoch nicht verhindern, dass seine Stimme nur wenig zuversichtlich klang. Diesen Umstand schien auch Robin zu bemerken, denn sie fügte hinzu: "Warum versuchst du es nicht mal im Bereich des Eventmanagments? Ich habe einen sehr guten Bekannten, der die jährlich stattfindende Elektronik-Messe Tom's Workers leitet. Sein Name ist Cutty Franky und er ist eine echte Koriphäe auf seinem Gebiet! Und er sucht noch jemanden, der ihn bei der Organisation der im Herbst stattfindenden Messe unterstützt. Wenn du möchtest, dann kann ich dir seine Anschrift geben und ein gutes Wort für dich einlegen.“ "Das wäre sehr nett“, meinte Crocodile. Er kannte Tom's Workers; es handelte sich um eine der größten Elektronik-Messen weltweit. Ein Job als Manager für eine Messe dieser Größenordnung würde sicherlich eine Menge Geld abwerfen, auch wenn er (vermutlich) bloß befristet war. Jedenfalls würde es nicht schaden, sich zu bewerben. Crocodile machte sich eine gedankliche Notiz, seine Bewerbung sogar am besten noch abzuschicken, bevor er gemeinsam mit Doflamingo in Urlaub fuhr. Bei einer solch kurzfristigen Einstellung handelte es sich vermutlich um eine Krankheits- oder Schwangerschaftsvertretung. Ganz besonders unter solchen Bedingungen fing der frühe Vogel den Wurm. "Vielen Dank“, meinte Crocodile an Robin gewandt, als er den Zettel entgegennahm, auf den sie Cutty Frankys Kontaktdaten geschrieben hatte. "Es ist wirklich sehr lieb von dir, dass du mich unterstützt. Das müsstest du nicht tun.“ Robin lächelte und winkte ab. "Ich mache es gerne“, sagte sie und ihre Worte klangen ehrlich. "Immerhin bist du mein Lieblings-Chef gewesen. Ich werde es vermissen, mich jederzeit hinter den Schreibtisch setzen zu dürfen; ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Vorgesetzten diese Geste nicht gerne sehen. Du bist bisher der einzige gewesen, der diese Gewohnheit von mir akzeptiert hat.“ Es war das erste Mal seit Langem, dass Crocodile ein ehrliches Lächeln nicht unterdrücken konnte. * "Endlich ist es soweit!“, verkündete Doflamingo mit absolut freudestrahlender Stimme. Crocodile, der sich vorgenommen hatte, in den nächsten zwei Wochen weniger abweisend zu wirken, zwang sich ebenfalls zu einem enthusiastischen Lächeln. "Ich kann es kaum erwarten“, meinte er und bemühte sich um eine fröhlich klingende Stimme. "Ein wenig Entspannung wird mir sicher guttun.“ Die Koffer waren gepackt (nicht von ihnen gepackt worden, sondern von Doflamingos Dienstpersonal), der Himmel strahlte in seinem hellsten Blau und eigentlich mussten sie beide sich bloß noch auf den Weg zum Flughafen machen. Noch immer sah Crocodile dem Urlaub mit gemischten Gefühlen entgegen, doch er würde sich wohl oder übel mit der Tatsache abfinden müssen, dass er die Situation nicht ändern konnte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Wenigstens war es ihm gelungen, am Samstagabend noch rasch seine Bewerbungsunterlagen an Tom's Workers zu schicken, ehe sein Partner ihm vorwarf, er würde sich wieder in seinem Lesezimmer verschanzen. "Wir haben nichts vergessen, nicht wahr?“, fragte Crocodile zur Sicherheit noch einmal nach und zählte gedanklich alle wichtigen Dinge auf, die er mit ins Handgepäck nehmen wollte. Dazu gehörten auf jeden Fall sein Handy und sein Laptop. Auch im Urlaub wollte er für seine potenziellen Arbeitgebern erreichbar sein und seine Emails checken. "Personalausweis, Reisepass, Impfpass, Portemone, Kaugummis, Kopfschmerztabletten...“ Er schien nichts vergessen zu haben. Aber bei ihm handelte es sich sowieso prinzipiell um eine sehr gut organisierte und zuverlässige Person. "Kopfschmerztabletten?“, hakte Doflamingo verwundert nach. "Ich kriege beim Fliegen immer Kopfschmerzen“, erklärte Crocodile seinem Partner. "Müssen wir denn lange fliegen? Du hast mir immer noch nicht verraten, wo genau dein Ferienhaus liegt.“ "Keine Sorge, der Flug dauert nur etwa zwei Stunden“, erwiderte Doflamingo. "Wir verlassen nicht einmal das Land.“ "Apropos Fliegen“, fiel Crocodile da plötzlich ein, "hast du an die Flugtickets gedacht?“ Da es sich bei dem Urlaub um ein Geschenk seitens seines Partners handelte, war dieser auch zuständig für die Organisation der Reise. Crocodile wusste nicht einmal, mit welcher Airline sie flogen. Doflamingo nahm ihm alles aus der Hand; vermutlich wollte er ihm nicht noch zusätzlichen Stress bereiten. "Natürlich“, erwiderte Doflamingo breit grinsend. "Es ist alles geklärt. Bist du bereit?“ Crocodile nickte, nachdem er gedanklich noch einmal alle wichtigen Items durchgegangen war. "Von mir aus können wir uns auf den Weg zum Flughafen machen“, meinte er und konnte trotz seiner guten Vorsätze nicht ganz verhindern, dass ein wehleidiger Ton in seiner Stimme mitschwang. Um ehrlich zu sein, hatte er nicht sonderlich viel übrig für Flughäfen: viel zu viele Menschen, lange Wartezeiten, verspätete oder annullierte Flüge... "Zu welchem Terminal müssen wir?“, fragte Crocodile, als der schwarze Bentley Flying Spur Mulliner W12 nach einer etwa eineinhalbstündigen Fahrt das weitläufige Gelände des Flughafens River's Mountain erreichte. Der luxuriöse Wagen gehörte Doflamingo und kostete neu etwa 200.000 Berry. "Terminal 9“, antwortete dieser mit unbekümmerter Stimme und beobachtete mit einem überaus interessiert wirkenden Gesichtsausdruck das hektische Flughafentreiben, das sich draußen abspielte. Auf der Rückbank des Bentley bekamen sie von diesem Getümmel kaum etwas mit. Crocodile zog die Augenbrauen zusammen. "Du musst dich vertan haben“, sagte er mit verwirrter Stimme. "Es gibt kein Terminal 9 an diesem Flughafen. Bist du dir sicher, dass du nicht vielleicht Terminal 6 meinst?“ "Es gibt ein Terminal 9“, erwiderte Doflamingo seelenruhig. "Mein Fahrer bringt uns direkt dorthin.“ "Und wie kommt es dann, dass ich noch nie in meinem Leben von diesem dubiosen Terminal 9 gehört habe?“, hakte Crocodile nach. Sollte das ein schlechter Witz sein? Immerhin hatte er den River's Mountain-Flughafen schon Dutzende Male besucht. Er traute es seinem Partner durchaus zu, ihn auf den Arm nehmen zu wollen. "Weil von Terminal 9 die Privatjets fliegen“, antwortete Doflamingo, als handelte es sich dabei um die normalste Tatsache der Welt. Crocodile traute seinen Ohren kaum. "Du hast einen Privatjet für uns gemietet?“, fragte er ungläubig nach. Das konnte doch nicht Doflamingos Ernst sein, oder? Crocodile wollte sich nicht einmal vorstellen, wie teuer ein zweistündiger Flug mit einem Privatjet war. Er selbst war höchstens zwei- oder dreimal First Class geflogen, als er wegen dringender Geschäftstermine ins Ausland gemusst hatte. (Die Kosten waren von der Bank übernommen worden.) Einen Flug mit einem Privatjet dagegen wagte er sich nicht einmal in seinen allerkühnsten Träumen auszumalen. "Nein.“ Crocodile legte den Kopf schief und runzelte die Stirn. "Willst du mich zum Narren halten?“, fragte er. Er selbst fand diesen Witz überhaupt nicht lustig. Doch Doflamingo grinste bloß neckisch und beginn sogar zu kichern. Schließlich sagte er: "Das will ich ausnahmsweise mal nicht. Allerdings ist die Aussage, ich hätte einen Privatjet für uns gemietet, nicht ganz richtig. Er ist nicht gemietet. Ich besitze ihn.“ Nur mit viel Mühe gelang es Crocodile zu verhindern, dass ihm die Kinnlade hinunterfiel. Die Worte, die sein Partner eben ausgesprochen hatten, konnte er einfach nicht verarbeiten. Doflamingo besaß einen eigenen Privatjet? Crocodile hatte von Anfang an gewusst, dass es sich bei Donquixote Doflamingo um einen sehr reichen Mann handelte, doch damit hätte selbst er nicht gerechnet. Wie teuer war ein Privatjet? Crocodile kannte sich mit den Preisen nicht sonderlich gut aus (nicht im Traum hätte er jemals daran gedacht, sich ein eigenes Flugzeug zuzulegen), doch er ging (mindestens) von einem zweistelligen Millionenbetrag aus. Von der Bezahlung des Piloten und Boardpersonals ganz zu schweigen. "Es ist nur ein kleiner Privatjet“, lenkte Doflamingo ein, als er das Entsetzen seines Partners zu bemerken schien. "Sechs Sitzplätze und ein einzelner Flugbegleiter. Eigentlich ist es gar keine so große Sache!“ "Gar keine so große Sache?“, wiederholte Crocodile in einem ziemlich verzweifelt klingenden Tonfall. "Ich habe dir zu deinem letzten Geburtstag ein Wochenende in einem Wellness-Hotel mit First Class-Flug geschenkt. Das muss dir ja wie die letzte Absteige vorgekommen sein!“ "Sag doch so etwas nicht“, meinte Doflamingo sofort beschwichtigend und beugte sich zu ihm hinüber. "Ich habe mich sehr über mein Geburtstagsgeschenk gefreut! Hast du denn schon wieder vergessen, wie schön dieses Wochenende gewesen ist? Nicht umsonst bin ich selbst auch auf die Idee gekommen, dir einen Urlaub zu schenken. Ich wollte den Gefallen zurückgeben!“ Crocodile schluckte hart und fuhr sich mit der rechten Hand durch sein ordentlich gekämmtes Haar. Er wusste einfach nicht, was er hiervon halten sollte. Auf der einen Seite war er sich dessen bewusst, dass sein Partner ihm bloß eine Freude machen wollte, doch auf der anderen Seite... handelte es sich um einen Privatjet, verdammt nochmal! Konnte sich Doflamingo denn nicht denken, dass er sich verletzt fühlte, wenn dieser sein eigenes Geschenk so stark in den Schatten stellte? Crocodile hatte (für seine eigenen Verhältnisse) nicht gerade wenig Geld für das Wellness-Hotel und den First Class-Flug ausgegeben und er war stets davon ausgegangen, dass er seinem Partner eine große Freude bereitet hatte. Nun allerdings musste er feststellen, dass er diesem lediglich bloß ein völlig unterdurchschnittliches Geburtstagsgeschenk gemacht hatte. Vermutlich reiste er selbst bei Geschäftsterminen luxuriöser. Crocodile fühlte sich furchtbar. Wieso nur musste Doflamingo ständig übertreiben? Anstatt den besten Tisch in einem Restaurant zu reservieren, mietete er gleich das gesamte Lokal. Anstatt ihm ein Wochenende in einem Wellness-Hotel zu schenken, lud er ihn zu zwei Wochen Strandurlaub im persönlichen Ferienhaus ein. Anstatt zwei First Class-Tickets für sie beide zu buchen, wollte er mit einem Privatjet fliegen. Crocodile bekam das unangenehme Gefühl, bei diesen Geschenken der Superlative einfach nicht mithalten zu können. "Bitte sei jetzt nicht niedergeschlagen“, bat Doflamingo und legte einen Arm um seine Schulter. "Es ist nicht meine Absicht gewesen, dich zu verletzen! Ich dachte, du würdest dich freuen. Das musst du mir glauben!“ Crocodile nickte langsam. Schließlich meinte er: "Das weiß ich doch. Tut mir leid, dass ich mich eben wieder so schrecklich undankbar aufgeführt habe. Vergessen wir diese Sache einfach, ja? Ich sollte mich lieber darum bemühen, nicht überall Probleme zu sehen, wo keine sind. Und stattdessen einfach den schönen Flug genießen.“ Er schwieg einen kurzen Moment lang, ehe er in einer möglichst versöhnlich klingenden Stimmlage hinzufügte: "Und Privatjet hin oder her: An den Kopfschmerzen, die ich beim Fliegen mit Sicherheit bekommen werde, wird auch eine luxuriöse Ausstattung nichts ändern können.“ Crocodile zwang sich zu einem Lächeln und stellte zufrieden fest, dass Doflamingo ihm diesen kleinen Schwindel abzunehmen schien. Erleichtert gab er das Lächeln zurück und erwiderte: "Wer weiß? Mit Sicherheit haben wir auch Kopfschmerztabletten an Bord. Aber du hast ja sowieso an welche gedacht.“ Auch wenn Crocodile lieber First Class geflogen wäre, konnte er nicht verhehlen, dass er den Flug mit Doflamingos Privatjet sehr genoss. Nicht nur, weil die Ausstattung der Falcon 2000 über alle Maßen hochwertig und luxuriös war, sondern vor allem auch, da er auf diese Weise das hektische Flughafentreiben vermeiden konnte. Nirgendwo mussten sie lange anstehen, niemand bedrängte sie, es gab keine Verspätungen. Sie waren die einzigen Gäste des Flugs und genauso wurden sie auch behandelt. Als Crocodile jedoch in die Falcon 2000 einstieg, musste er zu seinem Unmut feststellen, dass Doflamingo nicht ganz bei der Wahrheit geblieben war: Tatsächlich waren bloß sechs Sitzplätze verfügbar, doch Raum für weitere war definitiv vorhanden. Mit etwa acht Metern Kabinenlänge und zweieinhalb Metern -breite hätte man noch deutlich mehr Sitze einbauen können. Stattdessen hatte Doflamingo jedoch wohl beschlossen, den Platz für zusätzlichen Komfort zu opfern. Selbst Crocodile, der alles andere als klein war, konnte problemlos seine Arme und Beine ausstrecken. Die Flugzeugsitze waren angenehm groß, sehr bequem und mit hochwertigem Leder überzogen. Zu jedem Sitzplatz gehörten außerdem ein ausladender Tisch und ein eigenes Fernsehgerät. Die gesamte Ausstattung wirkte so dermaßen komfortabel, dass man leicht vergaß, dass man sich nicht in einem gemütlichen Wohnzimmer, sondern an Bord eines Flugzeugs befand. Crocodile musste zugeben, dass er beeindruckt war. "Ab genau jetzt geht unser Urlaub los“, meinte Doflamingo gut gelaunt und ließ sich auf dem Sessel gegenüber von Crocodile nieder. "Wir lassen die Hektik der Großstadt hinter uns und genießen den Flug!“ Crocodile nickte und ließ seinen Blick durch die Kabine des Privatjets schweifen. Sie waren die einzigen beiden Gäste. Und ihnen stand eine eigene Flugbegleiterin zur Verfügung. Er bezweifelte nicht, dass er diesen Flug genießen würde. Crocodile war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt möglich war, sich an Bord eines solch fürstlichen Privatjets zu befinden, ohne sich an diesem Luxus zu laben. Er schämte sich beinahe schon für seine eigene Dekadenz. Kaum waren sie gestartet, kam die Stewardess, die sie zuvor schon begrüßt hatte, zu ihnen hinüber. Es handelte sich um eine hübsche und adrett gekleidete Frau mit schwarzem Haar. In der Hand hielt sie zwei Karten, die vermutlich die Auflistung der zur Verfügung stehenden Gerichte und Getränke enthielten. "Guten Tag, Herr Donquixote Doflamingo, Herr Sir Crocodile“, sagte sie noch einmal und verbeugte sich leicht vor ihnen. "Mein Name ist Baby Five. Es ist mir eine große Ehre, Sie auf diesem Flug begleiten zu dürfen. Sollten Sie Wünsche jedweder Art haben, wenden Sie sich bitte umgehend an mich.“ Sie lächelte professionell und reichte die Speisekarten an sie beide weiter. "Zwei Gläser Champagner“, bestellte Doflamingo, noch ehe Crocodile überhaupt die Möglichkeit dazu bekam, die Karte aufzuschlagen. "Sehr gerne“, erwiderte Baby Five, verbeugte sich vor ihnen und verschwand schließlich in den hinteren Bereich des Flugzeugs. Crocodile warf seinem Partner einen vorwurfsvollen Blick zu. "Wieso hast du gleich für mich mitbestellt?“, fragte er mit leicht verärgerter Stimme. Er konnte es nämlich überhaupt nicht leiden, wenn man ihm irgendetwas abnahm (auch wenn es sich in diesem Fall bloß um eine Getränkebestellung handelte). "Ich möchte überhaupt gar keinen Champagner haben! Du weißt doch, dass ich seit diesem unglücklichen Vorfall im Skypia für eine Weile auf Alkohol verzichten wollte.“ "Ach, jetzt sei doch kein Spielverderber“, meinte Doflamingo in einem teils frech, teils versöhnlich klingenden Tonfall. "Ich dachte mir, dass wir beide auf unseren Urlaub anstoßen sollten. Du musst das Glas ja nicht leertrinken, wenn du nicht möchtest. Bestell dir doch einfach noch ein nicht-alkoholisches Getränk, wenn Baby Five gleich wiederkommt.“ "Na gut, von mir aus“, gab Crocodile sich geschlagen und bemühte sich darum, seinen Ärger hinunterzuschlucken. Er hatte sich vorgenommen, sich in diesem Urlaub zu entspannen, und dieses Versprechen wollte er nicht gleich am ersten Tag schon brechen. Ein paar Schlücke Champagner würden ihn nicht umbringen. Während sie beide auf die Wiederkehr von Baby Five warteten, blätterte Crocodile relativ desinteressiert durch die Speisekarte. Obwohl sein Frühstück bereits mehrere Stunden zurück lag, verspürte er noch immer keinen sonderlich großen Hunger. Trotzdem rang er sich dazu durch, eines der angebotenen Gerichte auszuwählen. Zu seinem angestrebten Mindestgewicht von 78 Kilogramm fehlten ihm noch immer satte elf Kilogramm. Dieses Defizit wollte er so schnell wie möglich aufholen. Außerdem ging er davon aus, dass sein Partner ihn eine Weile lang nicht auf seine Ernährung ansprechen würde, wenn er sah, dass er sich darum bemühte, regelmäßig zu essen. * Ferienhaus war eindeutig ein viel zu mickriges Wort, um die wunderschöne Villa zu beschreiben, die sich gleich am Strand befand. Crocodile war völlig überwältigt. Sowohl im positiven als auch negativen Sinne: Einerseits freute er sich selbstverständlich über das prunkvolle und vor allem sehr abgeschieden gelegene Domizil, doch auf der anderen Seite fragte er sich unweigerlich, wie teuer dieses wohl gewesen sein mochte. Nicht weniger als einen zweistelligen Millionenbetrag, schätzte er. Sofort kam er sich wie ein Schmarotzer vor, weil er vollkommen unentgeltlich Urlaub in diesem beinahe schon königlichen Ferienhaus machen durfte. "Wie gefällt dir die Location?“, fragte Doflamingo interessiert nach, während das Dienstpersonal ihre Koffer nach drinnen in das Hauptschlafzimmer trug. "Es ist absolut atemberaubend“, antwortete Crocodile wahrheitsgemäß und wandte den Blick von ihrem prachtvollen Ferienhaus ab. Rechterhand erstreckte sich ein wunderschöner, strahlend weißer Sandstrand bis hin zum Meer. Auf seiner linken Seite erhob sich eine weite Graslandschaft. Eine einzelne befestigte Straße führte zur Garage des Hauses. Crocodile konnte das Rauschen des Meeres hören und das Kreischen der Möwen, die am Himmel ihre Bahnen zogen. Nirgendwo war ein Auto oder ein anderer Mensch zu sehen. “Sehr ruhig und abgeschieden. Genau das, was ich dringend brauche.“ "Das freut mich zu hören“, meinte Doflamingo glucksend und nahm ihn bei der Hand. "Komm, ich zeige dir das Ferienhaus. Als Kind habe ich hier oft Urlaub mit meiner Familie gemacht.“ Widerstandslos folgte Crocodile seinem Partner ins Haus. Um ehrlich zu sein, wunderte es ihn doch sehr, dass Doflamingo plötzlich seine Familie erwähnte. Sie hatten niemals zuvor darüber gesprochen. Da Crocodile selbst ein sehr schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern hatte und nicht gerade erpicht darauf war, sich dazu zu äußern, hatte er wiederum niemals nach der Familie seines Partners gefragt. Im Prinzip wusste Crocodile überhaupt nichts über Doflamingos Eltern; nicht einmal ihre Namen. Zu seiner Verteidigung musste allerdings gesagt werden, dass auch sein Partner selbst niemals dieses Thema angeschnitten hatte. In ihren über neun Monaten Beziehung hatte er nie auch nur ein einziges Wort über seine Familie verloren (außer über Bellamy und Dellinger, die jedoch beides bloß Cousins zweiten Grades waren.) Womöglich hatten auch Doflamingos Eltern ihren Sohn verstoßen, als sie von seiner sexuellen Ausrichtung erfuhren, dachte Crocodile niedergeschlagen, genauso wie seine eigenen Eltern es bei ihm getan hatten. Die Erinnerung daran, wie sein Vater und seine Mutter ihn vor über fünfzehn Jahren einfach vor die Tür gesetzt hatten, versetzte Crocodile einen schmerzhaften Stich ins Herz. Rasch bemühte er sich darum, jeden Gedanken an seine Eltern aus seinem Kopf zu vertreiben. "Hier ist das Wohnzimmer“, meinte Doflamingo unbekümmert und führte ihn in einen großen, lichtdurchfluteten Raum mit bodentiefen Fenstern. Er schien den kleinen Aussetzer seines Partners gar nicht mitbekommen zu haben. Crocodile beschloss, nicht weiter über seine oder Doflamingos Familie nachzudenken, sondern zwang sich selbst zu einem positiven Kommentar bezüglich des Wohnzimmers: "Wirklich sehr schön. Ich kann es kaum erwarten, zusammen mit dir auf der Couch zu liegen und ein bisschen dem Kaminfeuer zuzuschauen.“ Sein Partner wirkte absolut begeistert angesichts seiner Reaktion und lotste ihn geschwind zum nächsten Raum. Crocodile ließ sich eine Führung durch die großzügige Küche, das Esszimmer plus Terrasse, das Hauptschlafzimmer und zwei luxuriöse Badezimmer gefallen. Zum Schluss zeigte Doflamingo ihm einen Raum, der ganz offensichtlich früher einmal als Kinderzimmer für einen kleinen Jungen genutzt worden war. Man hatte es überaus liebevoll entsprechend einem Piratenmotiv eingerichtet: Der Teppichboden war hellblau, die Vorhänge der Fenster zeigten ein Muster von zwei sich überkreuzende Knochen und die Tapeten unzählige Bullaugen. An den Wänden hingen sogar noch Piratenfahnen in verschiedenen Ausführungen. Das absolute Highlight des Zimmer stellte jedoch unzweifelhaft das Kinderbett dar: ein Piratenschiff mit Mast und Segel an der langen Bettseite. Crocodile konnte sich gut vorstellen, dass es sich bei diesem Kinderzimmer um den heimliche Traum aller kleiner Jungen handelte. "Mein altes Kinderzimmer“, sagte Doflamingo in einem schrecklich sehnsüchtig klingenden Tonfall und fuhr mit der Hand über das Gestell des Piratenschiff-Bettes. Nachdem der erste Moment der Melancholie verstrichen war, fügte er glucksend und an seinen Partner gewandt hinzu: "Wie du dir sicher denken kannst, wollte ich als kleiner Junge später ein berühmter Pirat werden.“ "Ach, tatsächlich?“, erwiderte Crocodile ironisch, wagte sich jedoch im Gegensatz zu Doflamingo nicht weiter in das Kinderzimmer hinein. Er wusste nicht so recht, was er von diesem Anblick halten sollte. Es freute ihn, dass sein Partner früher einmal in einem solch hübschen Zimmer gewohnt oder zumindest Urlaub gemacht hatte, doch gleichzeitig spürte er, dass er sich umso trauriger fühlte, je länger er die liebevolle Einrichtung des Raums betrachtete. Seine eigenen Eltern hatten niemals viel Geld für hübsche Zimmerdekoration übrig gehabt. Als mittelständische Familie mit drei Kindern war es nicht immer einfach gewesen, sich über Wasser zu halten. Zum Beispiel hatte er Mihawks altes Babybett geerbt, weil seine Eltern kein Geld für ein neues ausgeben konnten; später dann hatte seine jüngere Schwester Hancock es übernommen. Trotzdem wusste er, dass sein Vater und seine Mutter alles für ihn und seine beiden Geschwister gegeben hatten, was sie besaßen. Noch gut konnte Crocodile sich an die ferngesteuerte Eisenbahn erinnern, die er sich sehnlichst herbeigewünscht und schließlich zu seinem siebten Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Über Monate hinweg hatte er jeden Tag mit ihr gespielt gehabt. Seiner kleinen Schwester Hancock hatte dieser Umstand übrigens überhaupt nicht geschmeckt: Immer wieder hatte sie ihn dazu überreden wollen, die Eisenbahn liegenzulassen und stattdessen mit ihr und ihrem Puppenhaus zu spielen. In den meisten Fällen hatte Crocodile sich früher oder später erweichen lassen. Ein seliges Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er an diese so sorgenfreien Zeiten zurückdachte; manchmal vermisste er seine Kindheit doch mehr, als er es zugab. "Woran denkst du gerade?“, fragte Doflamingo ihn neugierig und riss Crocodile somit aus seinen Erinnerungen. "An nichts Wichtiges“, erwiderte dieser rasch. "Nur an ein paar Details aus meiner eigenen Kindheit.“ "Und woran genau?“, hakte Doflamingo nach. "Wolltest du als Kind etwa auch ein Pirat werden?“ Crocodile schüttelte lächelnd den Kopf. "Lokführer“, erwiderte er. "Ich habe eben an meinen siebten Geburtstag zurückgedacht. Damals habe ich eine ferngesteuerte Eisenbahn geschenkt bekommen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich dieses blöde Ding geliebt habe.“ "Mehr als mich?“, fragte Doflamingo und tat so, als wäre er beleidigt. "Die Eisenbahn kommt auf Platz eins und du auf Platz zwei“, mokierte Crocodile. Doflamingo schob seine Unterlippe nach vorne und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich kann nicht fassen, dass du eine Spielzeugeisenbahn mehr liebst als mich“, meinte er in einem quengelnden Tonfall. "Dumme Fragen verdienen dumme Antworten“, war die einzige Erwiderung, zu der Crocodile sich (noch immer grinsend) herabließ. "Vielleicht sollte ich dir einfach mal wieder meine Vorzüge ins Gedächtnis rufen“, meinte Doflamingo plötzlich und Crocodile entging der perverse Unterton in der Stimme seines Partners durchaus nicht. "Dann lande ich sicher schnell wieder auf Platz eins!“ Crocodile seufzte und schüttelte den Kopf. "Ich werde auf gar keinen Fall Sex mit dir haben“, sagte er, "wenn es um die Frage geht, ob ich eher dich oder die ferngesteuerte Eisenbahn liebe, die ich als Siebenjähriger besessen habe. Das ist völlig krank und würde mir diese unschuldige Kindheitserinnerung ein für alle Mal verderben!“ Auch wenn Doflamingo wie immer seine Sonnenbrille trug, war Crocodile sich sicher, dass sein Partner mit den Augen rollte. Außerdem gab er einen leicht enttäuschten Brummlaut von sich. Um Doflamingo ein wenig aufzumuntern, fügte er hinzu: "Vielleicht habe ich heute Abend die Sache mit der Spielzeugeisenbahn ja längst schon wieder vergessen. Dann kannst du mich ruhig noch einmal fragen.“ * Abends kühlten die Temperaturen deutlich herunter. Doflamingo hatte einem Angestellten Bescheid gegeben, dass man das Feuer im Kamin entfachen sollte. Nun war das Wohnzimmer auf eine angenehme Temperatur geheizt worden und in den bodentiefen Fenstern spiegelte sich der flackernde Schein des Feuers wieder. Durch die nur halb zugezogenen Vorhänge gesellte sich ein wenig Mondlicht zum Feuerschein. Es herrschte eine ungemein romantische Atmosphäre. Crocodile und Doflamingo saßen gemeinsam auf der gemütlichen Couch im Wohnzimmer. Der Fernseher war ausgeschaltet; sie saßen einfach bloß da und genossen die Ruhe. Doflamingo hatte einen Arm um ihn gelegt, während Crocodile seinen Kopf mit geschlossenen Augen an dessen Schulter lehnte. Er konnte sich nicht daran zurückerinnern, wann er sich das letzte Mal so dermaßen wohl gefühlt hatte. Anscheinend tat ihm dieser Urlaub doch gut, musste er sich wohl oder übel eingestehen. Crocodile spürte, dass Doflamingos Hand, die bisher unbewegt auf seiner Hüfte gelegen hatte, diese zu streicheln begann. Er ließ diese Berührung nicht nur geschehen, sondern quittierte sie sogar mit einem leisen Schnurren. Zum ersten Mal seit langem hatte Crocodile unwahrscheinlich große Lust auf Sex. Sanft begann er am Hals seines Partners zu saugen, ohne einen Gedanken an die Frage zu verschwenden, ob er womöglich einen dunklen Fleck auf dessen Haut zurücklassen würde oder nicht. [zensiert] "Geht es dir gut?“, hörte er irgendwann Doflamingo fragen. Sein Partner richtete sich mühsam wieder auf und fuhr sich mit der Hand durch sein blondes Haar. Angesichts des besorgten Blicks, den er ihm anschließend zuwarf, vermutete Crocodile, dass er sogar noch deutlich geschaffter aussah als er sich fühlte. Crocodile nickte matt. Plötzlich spürte er, wie ihn Müdigkeit überkam. Am liebsten würde er sich jetzt mit einem feuchten Tuch das viele Sperma von der Haut wischen (zu einer Dusche fühlte er sich im Augenblick nicht imstande) und sich dann gleich ins Bett legen. Oder eher noch legen lassen, denn er musste zugeben, dass es sich bei den Worten seines Partners nicht um machohafte Prahlerei gehandelt hatte: Tatsächlich tat sein Unterleib so sehr weh, dass er am liebsten nicht einen einzigen Schritt gehen würde. "Kann ich irgendetwas für dich tun?“, fragte Doflamingo und streichelte zärtlich über seinen Oberarm. "Eine Schmerztablette wäre nicht schlecht“, erwiderte Crocodile nach kurzem Zögern. "Und etwas zu trinken. Oh, und ein paar feuchte Tücher oder so könnte ich gut gebrauchen.“ Eigentlich war er ein ziemlich hart gesottener Kerl, doch ehrlich gesagt hatte Crocodile keine sonderlich große Lust, sich gleich seinen ersten Urlaubstag durch heftige Unterleibsschmerzen verderben zu lassen. "Kein Problem“, meinte Doflamingo. "Ich sage einem Dienstmädchen Bescheid, dass man für dich....“ "Nein, nein!“, unterbrach Crocodile hektisch seinen Partner. "Kein Dienstmädchen! Geh selbst! Ich will nicht, dass mich irgendjemand außer dir nackt sieht.“ Doflamingo zog irritiert eine Augenbraue hoch, gab jedoch relativ schnell kleinbei: "Ähm, na gut, von mir aus. Einen Moment, ja?“ Er stand auf und ging -splitternackt und völlig durchgeschwitzt wie er gerade war- zur Wohnzimmertüre hinüber, die er einen kleinen Spalt weit öffnete. Auf der anderen Seite schien ein Angestellter bereitzustehen, dem er seine Wünsche mitteilte. Es dauerte nur wenige Sekunden, ehe Doflamingo die Zimmertüre wieder schloss und mit den gewünschten Artikeln zur Couch zurückkehrte. Crocodile war zwar ein wenig verblüfft angesichts der absoluten Schamlosigkeit seines Partners, nahm jedoch dankend die Schmerztablette, die Flasche Wasser und die feuchten Tücher entgegen, die dieser ihm reichte. Rasch schluckte er die Tablette, trank die Flasche Wasser in nur wenigen Zügen komplett leer und wischte anschließend mithilfe der feuchten Tücher das Sperma von seiner Haut. Kaum waren diese Dinge geschehen, fühlte Crocodile sich gleich ein klein wenig besser. Auch wenn ihn noch immer die Müdigkeit plagte; er konnte einfach nicht verhehlen, dass ihn der Sex unfassbar angestrengt hatte. "Kannst du ohne Schmerzen laufen?“, fragte Doflamingo mit halb ernster, halb verschmitzter Stimme nach, als er diesen Umstand zu bemerken schien. "Oder soll ich dich wirklich ins Schlafzimmer hinüber tragen?“ "Wenn du dem Dienstpersonal vorher Bescheid gibst, dass sie alle sich die Augen zuhalten sollen“, erwiderte Crocodile im selben Tonfall, "dann nehme ich dieses Angebot sehr gerne an. Dank Ihnen, Herr Donquixote, fühlt sich mein Arsch nämlich so an als würde er jeden Moment in zwei Teile reißen.“ "Das tut mir sehr leid“, meinte Doflamingo; Crocodile glaubte ihm kein Wort. Ehe er jedoch dazu kam, eine gehässige Erwiderung zu geben, hatte sein Partner eine Hand unter seine Knie und die andere hinter seinem Rücken platziert. In einer einzigen eleganten Bewegung hob Doflamingo ihn hoch. Crocodile hielt erstaunt die Luft an. Er hatte (ehrlich gesagt) nicht damit gerechnet, dass sein Partner ihn tatsächlich hochheben würde. Ihn überraschte allein schon der Fakt, dass dieser überhaupt dazu in der Lage war; schließlich handelte es sich bei ihm nicht gerade um ein zierliches Mädchen, sondern um einen erwachsenen Mann von beinahe zwei Metern Körpergröße. Nun, dachte Crocodile und konnte nicht verhindern, dass ihn dieser Gedanke traurig stimmte, inzwischen wog er nicht sonderlich viel mehr als ein Mädchen. Noch immer hatte er nicht einmal die 70 Kilogramm-Marke geknackt. Auf der anderen Seite allerdings, versuchte Crocodile sich selbst zu trösten, handelte es sich bei seinem Partner um einen sehr muskulösen Mann. Doflamingo trainierte beinahe täglich seinen tollen Adonis-Körper. "Jetzt bist du meine Braut“, meinte ebenjener gut gelaunt, während er mit ihm im Arm völlig mühelos das geräumige Wohnzimmer durchquerte. Crocodile scheute sich vor einer Erwiderung. Auch wenn es sich eben bloß um einen blöden Scherz gehandelt hatte, machten ihn die vielen Andeutungen, die sein Partner in letzter Zeit zum Thema heiraten verstreute, sehr nervös. Ein Heiratsantrag, schoss es ihm sogleich durch den Kopf, wäre das mit Abstand Schlimmste, was ihm nun passieren könnte. Denn sollten er und Doflamingo tatsächlich heiraten, dann wären natürlich seine mehr als 350.000 Berry Schulden auch die seines Ehepartners. Ein Horrorszenario, das in Crocodiles Augen mehr als genug Stoff für schreckliche Alpträume darbot. * "Doflamingo?“ Ungeduldig ließ Crocodile seinen Blick über die weitläufige Terrasse schweifen, die vom großzügigen Esszimmer des Ferienhauses abzweigte und zum Meer hin lag. Der Ausblick war absolut überwältigend: Während nicht weit von ihm entfernt in einem sachten Rhythmus kleine Wellen an den weißen Sandstrand gespült wurden, vereinigten sich am Horizont der strahlend blaue Himmel und das Meer zu einer einzigen Fläche; die Linie, welche die beiden Farbtöne voneinander trennte, war bloß noch sehr schwach zu erkennen. Crocodile wäre fröhlicher gestimmt gewesen angesichts dieser atemberaubenden Aussicht, würde sie zusätzlich noch die Person enthalten, nach der er suchte: Sein Partner war einfach nirgendwo zu finden. Crocodile hatte (wie mit Doflamingo abgesprochen) bis gerade eben noch ein entspannendes Bad genommen und ein wenig Schönheitspflege betrieben; anschließend hatten sie beide zu Mittag essen wollen. Dieser Plan schien leider nicht aufzugehen. Leise seufzend zog Crocodile die gläserne Terrassentür wieder zu und beschloss, die anderen Räume des Ferienhauses abzuklappern. Es ärgerte ihn, dass Doflamingo nirgendwo aufzufinden war. Immerhin hatte die Küche das Essen bereits fertig vorbereitet; und wie sollte er vernünftig an Gewicht zulegen, wenn er wegen der Abwesenheit seines Partners nicht einmal zum Mittagessen kam? Alleine essen wollte er nicht. Leicht genervt setzte Crocodile seine Suche fort. Dieses Ferienhaus war noch deutlich größer als es von außen aussah. In den Zimmern, in denen er und Doflamingo sich normalerweise aufhielten, war dieser jedoch nicht zu finden. Vielleicht, schoss es Crocodile plötzlich durch den Kopf, sah sich sein Partner wieder einmal sein altes Kinderzimmer an. Rasch machte er sich auf den Weg dorthin. Doflamingo konnte manchmal deutlich melancholischer werden als Crocodile es ihm jemals zugetraut hätte. Im Gegensatz zu ihm selbst schien er gerne in Kindheitserinnungen zu schwelgen. Crocodile wiederum bemühte sich zumeist darum, alle Gedanken an seine Kindheit und vor allem seine Eltern zu verdrängen; die Erinnerung daran, dass er für sie eine schreckliche Enttäuschung darstellte und sie es bereuten ihn großgezogen zu haben, war einfach zu schmerzhaft. Tatsächlich sollte Crocodile Recht behalten. Zu seiner Überraschung hielt Doflamingo sich jedoch nicht in dem Kinderzimmer auf, das dieser ihm bereits gezeigt hatte, sondern in einem anderem. Crocodile vermutete, dass ein kleines Mädchen hier gewohnt hatte; zumindest ließen die im Herzchen-Muster bedruckten Tapeten darauf schließen. Doflamingo saß auf dem weiß lackierten Kinderbett und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen; sein Gesichtsausdruck war ganz starr. "Doflamingo?“, meinte Crocodile mit überaus zögerlich klingender Stimme. Er konnte es sich selbst nicht recht erklären, doch aus irgendeinem Grund wagte er es nicht, dieses Kinderzimmer zu betreten. Es kam ihm seltsam vor, dass es überhaupt existierte. Sein Partner hatte niemals auch nur mit einem Wort eine Schwester oder besondere Grundschulfreundin erwähnt gehabt. Unweigerlich fragte Crocodile sich, wieso nicht. Doflamingo schien ihn erst jetzt zu bemerken. Er schüttelte gedankenverloren den Kopf, ehe er sich wieder sammelte und mit relativ fester Stimme fragte: "Was gibt es, Baby?“ "Ähm, das Mittagessen ist fertig“, antwortete Crocodile. Doflamingo nickte und erhob sich langsam von dem kleinen Kinderbett. "Ich habe keinen sonderlich großen Hunger“, meinte er, "aber ich setze mich gerne zu dir an den Tisch.“ Er wirkte ungemein ruhig und überhaupt nicht spitzbübisch oder frech, was Crocodile sehr wunderte. So ernst kannte er seinen Partner gar nicht. Ob dessen seltsame Laune wohl von diesem verlassenen Kinderzimmer herrührte? Crocodile musste zugeben, dass ihm dieser unheimliche Gedanke einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Am liebsten wollte er so schnell wie nur möglich dieses Zimmer wieder verlassen, sich ins Esszimmer hinsetzen und das leckere Mittagessen genießen, dass die Bediensteten seines Partners für sie beide gekocht hatten. Hoffentlich würde sich dann auch Doflamingos melancholische Laune rasch wieder verflüchtigen. Crocodile wusste nämlich (ehrlich gesagt) nicht so recht, wie er mit seinem Partner umgehen sollte, wenn dieser so ruhig und ernst war. Es kam nur sehr selten vor, dass Doflamingo sich so untypisch betrübt gab. Normalerweise war er eine sehr fröhliche und extrovertierte Person. Zu Mittag gab es Rinderrouladen mit Rotkohl und gestampften Kartoffeln. Es wunderte Crocodile, dass sein Partner tatsächlich nichts essen wollte, wo Rinderrouladen doch zu dessen absoluten Leibgerichten gehörte. Doflamingos Zurückhaltung verdarb auch ihm selbst den Appetit und er stocherte eher lustlos in in seinem Essen herum, anstatt es genüsslich hinunterzuschlingen, wie er es seinem mageren Gewicht zuliebe eigentlich tun sollte. Auch ganz abgesehen vom Essen verhielt Doflamingo sich merkwürdig: Die ganze Zeit über sagte er kein Wort, lächelte und grinste nicht, machte nicht einen einzigen Scherz... Allmählich begann Crocodile sich zu sorgen. Er schluckte bedächtig die Portion Rotkohl, die er bis eben noch im Mund gehabt hatte, hinunter, ehe er mit vorsichtiger Stimme fragte: "Doffy? Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst ein wenig, naja, abwesend.“ Sein Partner schreckte auf. "Was?“, fragte er in einem ganz verloren klingenden Tonfall. "Wie bitte? Was hast du gesagt? Ich war eben ein wenig in Gedanken.“ "Ob alles in Ordnung mit dir ist?“, wiederholte Crocodile und legte seine Gabel zur Seite. "Du benimmst dich ganz eigenartig.“ "Ich bin okay“, erwiderte Doflamingo mit leiser Stimme und fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht. "Mach dir keine Sorgen.“ Crocodile wusste sofort, dass sein Partner log. Er spürte, dass diesen irgendetwas bedrückte. Schließlich sagte er: "Du weißt, dass du immer mit mir sprechen kannst, nicht wahr, Doffy? Mir ist bewusst, dass in letzter Zeit häufig eher ich derjenige von uns beiden gewesen bin, der wegen seiner Probleme im Vordergrund stand; aber deswegen musst du deine eigenen Problem nicht zurückstecken. Wir können über alles reden! Diese Beziehung funktioniert nur, wenn wir beide gleichberechtigt sind.“ Tatsächlich schienen seine Worte Doflamingo ein Stück weit auftauen zu können. Sein Partner brachte ein wackeres Lächeln zustande und erwiderte: "Das weiß ich doch, Wani. Aber es ist wirklich nichts. Zumindest nichts, was man ändern oder wobei du mir helfen könntest. Es tut mir leid, wenn dich meine traurige Stimmung stört. Gib mir ein bisschen Zeit und, ähm, dann benehme ich mich ganz automatisch wieder normal. Glaub mir: Heute Abend werde ich wieder ganz der Alte sein.“ "Mich stört deine Stimmung nicht“, lenkte Crocodile rasch ein. "Ich mache mir nur Sorgen um dich. So melancholisch kenne ich dich gar nicht.“ Er zögerte einen Augenblick lang, ehe er hinzufügte: "Ist es wiegen diesem alten Kinderzimmer, in dem du eben gewesen bist? Oder... oder hat deine Niedergeschlagenheit vielleicht irgendetwas mit mir zu tun?“ Wenn Crocodile ehrlich war, dann versetzte ihn die Vorstellung, dass womöglich er die Ursache für das distanzierte Verhalten seines Partners darstellte, einen schmerzhaften Stich ins Herz. Hatte Doflamingo genug von ihm? Wurde es ihm allmählich zu viel, sich ständig um seine Probleme kümmern zu müssen? Erst sein heftiger Gewichtsverlust, danach sein Nervenzusammenbruch... Hielt sein Partner ihn nun mehr für ein seelisches Wrack und wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben? "Nein, nein, auf keinen Fall!“, warf Doflamingo rasch ein, als hätte er seine Gedanken gelesen. "Es ist nicht deine Schuld! Denk doch bitte so etwas nicht! Du bist ein toller Freund und ich liebe dich!“ "Also ist es wegen dem Kinderzimmer?“, hakte Crocodile nach, der nur mit viel Mühe die Erleichterung in seiner Stimme verbergen konnte. Doflamingo zögerte einen Moment lang und biss sich auf die Unterlippe, ehe er sich schließlich geschlagen gab. Er fuhr sich mit der rechten Hand durch sein kurzes, blondes Haar und meinte mit bedächtiger Stimme: "Du hast ja Recht: Es ist wegen dem Zimmer. Es war eine sehr dumme Idee von mir, es zu betreten. Das hätte ich nicht tun sollen.“ "Und wieso nicht?“, fragte Crocodile. "Was hat es mit diesem Kinderzimmer auf sich?“ Er musste sich zusammenreißen, um nicht ein spöttisches Lebt dort ein Geist oder was? anzufügen; immerhin wollte er seinen Partner nicht verletzen. Doflamingo schwieg für eine Weile. Crocodile konnte hören, dass er mit seinen Füßen über den Parkettfußboden scharrte. Eine nervöse Geste, die eigentlich gar nicht zu dem ansonsten immer so selbstsicheren und lustigen Donquixote Doflamingo passte. Unweigerlich begann Crocodile sich Gedanken zu machen. Was hatte es mit dem verlassenen Kinderzimmer auf sich? Doflamingo schwieg solange, dass Crocodile schon gar nicht mehr mit einer Antwort rechnete, als dieser plötzlich sagte: "Es hat meinem kleinem Bruder gehört. Also, das zweite Kinderzimmer. Ich habe dir doch erzählt gehabt, dass ich hier früher oft Urlaub gemeinsam mit meiner Familie gemacht habe, nicht wahr?“ "Deinem Bruder?“, hakte Crocodile verwundert nach. Eine solche Antwort hatte er nicht erwartet. "Du hast mir niemals irgendetwas von einem Bruder erzählt. Ich bin immer davon ausgegangen, dass du ein Einzelkind bist.“ Das war er tatsächlich. Weder über seine Eltern noch über seinen dubiosen jüngeren Bruder hatte Doflamingo jemals ein Wort verloren. Crocodile zog die Augenbrauen zusammen. Wieso hatte sein Partner ihm die Existenz seines Bruders bisher verheimlicht? Handelte es sich vielleicht um das schwarze Schaf der Familie, über das man mit niemandem sprach? Er könnte im Gefängnis sitzen, dachte Crocodile, oder vielleicht hat er harte Drogen genommen und ist abgestürzt. "Das bin ich inzwischen auch“, erwiderte Doflamingo mit bitterer Stimme. "Er ist vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Sein Tod ist der Grund gewesen, wieso ich psychatrische Hilfe in Anspruch genommen habe. Inzwischen komme ich ganz gut mit diesem Verlust zurecht, doch manchmal... wenn ich ein Foto von ihm sehe... oder, wie in diesem Fall, sein altes Kinderzimmer... dann kommen die ganzen schrecklichen Gefühle wieder hoch. Und mir wird wieder bewusst, wie sehr ich ihn vermisse.“ "D-doflamingo, oh mein... Ich... Das tut mir so leid!“ Crocodile wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Also beschloss er, stattdessen lieber zu schweigen. Er stand von seinem Stuhl auf und huschte rasch zu seinem Partner hinüber, schloss diesen in seine Arme. Er konnte spüren, dass Doflamingo am ganzen Leib zitterte. So schrecklich von Trauer erfüllt, hatte er ihn noch niemals erlebt. Wie sollte er sich jetzt am besten verhalten? Doflamingo erwiderte seine Umarmung. Tatsächlich klammerte sich so heftig an seinen Partner, dass es beinahe schon schmerzte. Crocodile hütete sich jedoch davor, auch nur den geringsten Schmerzenslaut von sich zu geben. Er ahnte, dass Doflamingo nun dringend seine Unterstützung brauchte. Darum ließ er es auch geschehen, als dieser ihn kurzerhand auf seinen Schoß zog. Doflamingo vergrub sein Gesicht in der Halsbeuge seines Partners. Er weinte nicht, doch Crocodile merkte trotzdem sehr deutlich, dass es ihm furchtbar schlecht ging. Beruhigend strich er ihm mit der rechten Hand über seinen Rücken. "Meine Mutter ist gestorben, als ich sechzehn Jahre alt war“, sagte Doflamingo, ohne seinem Partner ins Gesicht zu sehen. "Und mein Vater wenige Tage nach meinem einundzwanzigsten Geburtstag. Sie waren beide schon ziemlich alt, musst du wissen. Sie wollten immer Kinder haben, aber auf natürliche Weise hat es nicht funktioniert. Irgendwann haben sie sich deswegen für künstliche Befruchtung entschieden. Meine Eltern haben meinen Bruder und mich sehr geliebt. Ihr Tod war ein furchtbarer Verlust für uns.“ Crocodile konnte hören, dass Doflamingo durch die Nase tief ein und aus atmete. Er ließ seine Hand weiter nach oben bis zu dessen Haar gleiten und streichelte es zärtlich. Auch ihn nahm es sehr mit, was sein Partner da von sich gab, doch er spürte, dass Doflamingo nun besonders viel Nähe und Zuwendung brauchte. Crocodile war sich dessen bewusst, dass es sich bei dieser Äußerung über seine Familie um einen sehr großen Vertrauensbeweis handelte. Und er hatte nicht vor, das Vertrauen, das sein Partner in ihn legte, zu missbrauchen. "Mein Leben war nicht gerade leicht, nachdem meine Eltern gestorben waren“, fuhr Doflamingo mit belegter Stimme fort. "Mit gerade einmal einundzwanzig Jahren musste ich Dutzende Firmen und Betriebe leiten. Ich hatte große Angst, einen Fehler zu machen und auf diese Weise das Lebenswerk meiner Eltern zu zerstören. Außerdem war es gleichzeitig meine Aufgabe, mich um Corazon zu kümmern. Er ist nämlich krank gewesen, von Geburt an. Sein zentrales Nervensystem war nicht richtig ausgebildet; deswegen fiel es ihm schwer, seine Bewegungen zu koordinieren. Er ist ständig über seine eigenen Füße gestolpert. Corazon bereitete es auch große Schwierigkeiten zu sprechen. Früher hatte er es wenigstens noch versucht, doch seit dem Tod unseres Vaters sprach er überhaupt nicht mehr. Er verstummte völlig.“ Doflamingo verstärkte den Griff um den Körper seines Partners. Crocodile bekam kaum mehr Luft, doch zwang sich dazu, Ruhe zu bewahren und mit seinen Liebkosungen fortzufahren. "Trotzdem bekamen wir unser Leben insgesamt ganz gut auf die Kette. Irgendwann verarbeiteten sowohl Corazon als auch ich den Tod unserer Eltern. Und als Geschäftsführer machte ich mich entgegen meiner Befürchtungen auch nicht schlecht. Es ging wieder bergauf. Nun ja, bis zu diesem Tag vor zwei Jahren. Corazon ist nicht selbst Auto gefahren. Aufgrund seiner Krankheit wäre es viel zu gefährlich gewesen, sich hinter das Steuer zu setzen. Die Schuld liegt bei einem betrunkenem Autofahrer. Er verursachte einen Unfall, bei dem sowohl er, als auch Corazon und sein Fahrer ums Leben kamen. Ich konnte mich nicht einmal von ihm verabschieden. Die Notärzte, die bei der Unfallstelle eintrafen, konnten bloß noch seinen Tod feststellen. Man... man erlaubte mir auch nicht, seine Leiche zu sehen. Die Ärzte sagten, ich sollte ihn lieber so in Erinnerung behalten, wie ich ihn kannte.“ Doflamingo schluckte hart. Crocodile spürte, dass sein Partner kurz davor stand, in Tränen auszubrechen. Er gab ihm einen sanften Kuss auf sein blondes Haar und drückte ihn so fest wie nur möglich an sich. Um ehrlich zu sein, wusste er nicht, was er jetzt am besten tun sollte. Er war mit dieser Situation völlig überfordert. Noch niemals zuvor hatte er Doflamingo so von Trauer erfüllt erlebt. "Ich erinnere mich noch genau an die letzten Worte, die ich zu ihm gesagt habe“, hörte er diesen verzweifelt flüstern. "Ich habe gesagt: Bis heute Abend, Cora! Hätte ich gewusst, dass ich ihn niemals wieder sehen würde, hätte ich mir etwas Schöneres ausgedacht.“ "Du konntest es doch nicht ahnen“, versuchte Crocodile seinen völlig niedergeschmetterten Partner zu beruhigen. "Niemand konnte das. Mach dir bitte keine Vorwürfe. Das hast du wirklich nicht verdient, Doffy!“ "Das hat mein Psychater auch gesagt“, erwiderte Doflamingo mit bitterer Stimme. Er richtete sich langsam wieder auf und lockerte den harten Griff um den Körper seines Partners. "Und eigentlich dachte ich auch, dass ich über Corazons Tod allmählich hinweg wäre. Aber der Anblick seines Kinderzimmers hat all die alten Gefühle wieder wach gerufen. Alles ist noch genauso wie früher. Mir wird wieder klar, wie sehr er mir fehlt.“ "Natürlich fehlt er dir“, meinte Crocodile und bemühte sich um einen verständnisvoll klingenden Tonfall. Tatsächlich konnte er die Situation, in der Doflamingo sich befand, relativ gut nachvollziehen. Immerhin hatten seine eigenen Geschwister ebenfalls nach einem Autounfall um sein Leben gebangt. Der Verlust seiner linken Hand hätte beinahe den Tod für ihn bedeutet. "Er ist dein Bruder gewesen und du hast ihn sehr geliebt. Aber wegen seines Todes darfst du nicht verzweifeln. Ich, ähm, ich habe Corazon zwar nicht gekannt, doch ich bin mir sicher, er hätte nicht gewollt, dass du in Trauer versinkst. Dir fehlt Corazon, doch denk an die vielen Menschen, die du immer noch hast: Bellamy, Dellinger, Law, Kuma und noch viele mehr. Du musst stark sein für die Leute, die du liebst.“ Doflamingo nickte zaghaft und wischte sich mit einer Hand über die Augen. Zwar hatte er nicht angefangen zu weinen, doch Crocodile konnte eindeutig einen feuchten Schimmer in ihnen erkennen. "Ich versuche es“, meinte Doflamingo und brachte sogar ein tapferes Lächeln zustande. "Du hast Recht: Corazon hätte nicht gewollt, dass ich mich von meiner Trauer zerfressen lasse. Schon als Kind hat er es immer gehasst, wenn ich geweint habe. Ich muss versuchen, stark zu bleiben. Nicht nur für Bellamy, Dellinger und die Anderen. Vor allem für dich, Crocodile!“ Er hielt einen Moment lang inne und blickte ihn durch die getönten Gläser seiner Sonnenbrille heraus an. Dann sagte er in einem unerwartet ernsten Tonfall: "Du bist jetzt meine Familie, Crocodile. Ich liebe dich mehr als alles Andere auf der Welt. Mit dir möchte ich mein Leben verbringen. Und du brauchst im Moment meine Hilfe dringender als ich deine. Darum möchte ich für dich stark sein.“ Crocodile wusste nicht, was er auf diese Aussage erwidern sollte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Partner so etwas sagen würde. Dass er ihn als seine Familie bezeichnen würde. Crocodile spürte einen schweren und schmerzhaften Kloß in seinem Hals. Doflamingo liebte ihn so sehr, schoss es ihm durch den Kopf, und er log ihn jeden Tag an. "Ich liebe dich auch“, meinte Crocodile schließlich recht unbeholfen. "Ich, ähm, tut mir leid... Ich weiß jetzt gar nicht so richtig, was ich sagen soll. Das... ähm...“ "Ist schon gut“, unterbrach ihn Doflamingo mit leiser Stimme und streichelte zärtlich seine Hand. "Vermutlich habe ich dich eben ziemlich überrannt. Du weißt schon, wegen der Geschichte über meinen Eltern und Corazon. Ich brauche nur zu wissen, dass du mich genauso sehr liebst wie ich dich liebe. Mehr musst du gar nicht sagen.“ Doflamingo schloss ihn erneut in seine Arme, doch diesmal war es keine schmerzhafte, sondern eine sehr sanfte und liebevolle Umarmung. Crocodile schloss seine Augen und bettete seinen Kopf auf der Schulter seines Partners. Es fiel ihm schwer zu verarbeiten, was Doflamingo ihm da eben erzählt hatte. Ihn schockierte die Vergangenheit des Anderen. Damit hatte er nicht gerechnet. Crocodile kam nicht umhin, heftiges Mitleid für seinen Partner zu empfinden. Er hatte immer gedacht, mit seiner eigenen Familiensituation hätte er ein schlechtes Los gezogen, doch Doflamingo hatte es ganz offensichtlich noch viel schlimmer getroffen. * "Was hältst du von einem romantischen Strandspaziergang?“, fragte ihn Doflamingo am frühen Abend ihres vierten Urlaubstages. "Wir haben uns das Meer noch gar nicht richtig angesehen.“ Crocodile blickte verwundert auf und legte schließlich die Zeitung, in der er bis eben noch geblättert hatte, zur Seite. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sein Partner ausgerechnet heute Abend gerne einen Strandausflug machen wollte. Wenn er ehrlich war, dann hätte er eigentlich lieber den Wirtschaftsteil seiner Zeitung zu Ende gelesen. Doch da Doflamingo einen so erwartungsvollen Eindruck machte, gab Crocodile schließlich kleinbei und erhob sich von der gemütlichen Wohnzimmercouch. "Von mir aus“, meinte er und bemühte sich darum, seinen fehlenden Enthusiasmus so gut wie möglich zu verbergen. "Gib mir nur einen kleinen Moment Zeit. Ich ziehe mir eben meine Schuhe an.“ "Du kannst ruhig barfuß gehen“, lenkte Doflamingo mit unbekümmerter Stimme ein. "Schließlich sind wir direkt am Strand.“ "Ähm, okay, gut“, erwiderte Crocodile zaghaft. Er wusste nicht, ob ihm der Gedanke gefiel, draußen barfuß umher zu laufen. Normalerweise verzichtete er bloß in den eigenen vier Wänden auf festes Schuhwerk. "Ist alles in Ordnung bei dir?“, hakte Doflamingo in einem leicht besorgt klingenden Tonfall nach, als er seine Zurückhaltung bemerkte. "Klar“, antwortete Crocodile rasch. Sein Partner schien sich sehr auf ihren gemeinsamen Strandausflug zu freuen; er wollte ihm diese Erfahrung nicht wegen seiner eigenen schlechten Laune kaputt machen. "Ich habe mich eben nur selbst gefragt, wann ich das letzte Mal barfuß draußen gewesen bin. Mein letzter Strandurlaub ist bestimmt schon fünf oder sechs Jahre her.“ Seine Antwort schien Doflamingo zu beruhigen. "So lange schon? Jedenfalls musst du dir keine Sorgen machen“, meinte er. "Der Sand ist nicht heiß. Schließlich haben wir fast schon achtzehn Uhr. Inzwischen dürfte er ein wenig heruntergekühlt sein.“ Crocodile nickte. Hand in Hand mit seinem Partner verließ er das luxuriöse Ferienhaus. Wenn er so recht darüber nachdachte, tat ihm ein kleiner Strandspaziergang ja vielleicht sogar ganz gut. Crocodile wusste selbst, dass er eine Person war, die leicht dazu neigte, sich sogar im Urlaub den ganzen Tag lang in den sicheren vier Wänden zu verschanzen. Und außerdem bereitete er seinem Partner auf diese Weise gerne eine kleine Freunde. Denn zumindest Doflamingo schien diesen abendlichen Ausflug sehr zu genießen. Er atmete mehrmals tief die salzige Meerluft ein und aus und ging jeden Schritt so bedächtig, als handelte es sich dabei um seinen letzten. Crocodile musste zugeben, dass der Strandspaziergang tatsächlich keine schlechte Idee gewesen war. Da das Ferienhaus, in dem sie beide während ihres Urlaubs wohnten, völlig abgeschieden dalag, hatten sie auch den Strand ganz für sich allein. Nirgendwo war nervtötendes Stimmengewirr, Radiomusik, Verkehrslärm oder Ähnliches zu hören. Es war ein sehr einsamer und unberührter Ort. Crocodile schloss für eine Minute seine Augen und ließ sich von der Hand seines Partners führen, während er die Ruhe genoss. Der feine Sand fühlte sich kühl und angenehm an unter seinen nackten Füßen. Ab und an wurden sie von der Gischt umspült. Das Meerwasser war kalt, doch Crocodile machte es nichts aus. Er atmete tief durch und nahm den salzigen Geruch, der überall in der Luft lag, in sich auf. "Gefällt es dir hier?“, fragte sein Partner ihn mit ruhiger Stimme. Crocodile öffnete seine Augen wieder und nickte. "Es ist wunderschön“, antwortete er wahrheitsgemäß. Er zögerte kurz, dann fügte er hinzu: "Vielen Dank, dass du mich zu diesem Urlaub eingeladen hast, Doffy. Zuerst war ich ein wenig skeptisch, doch inzwischen habe ich festgestellt, dass ein wenig Erholung genau das war, was ich nötig hatte. Ich fühle mich schon viel besser. Entspannter, ruhiger und … naja, einfach glücklicher.“ "Das freut mich sehr“, erwiderte Doflamingo zaghaft lächelnd. Er senkte für etwa eine Sekunde den Blick und schluckte schwer, ehe er stehenblieb. Crocodile zog verwundert die Augenbrauen zusammen und sah zu seinem Partner hinüber. Verunsichert fragte er sich, was mit diesem wohl los war. Dann sah er zum Meer hinüber und verstand, was der Grund dafür war, dass Doflamingo innehalten wollte. In genau diesem Moment ging nämlich die Sonne unter. Auch wenn Crocodile nicht gerade viel für Romantik übrig hatte, konnte er den Blick doch nicht abwenden. Die untergehende Sonne tauchte die glatte Oberfläche des Meeres, das sich schier unendlich vor ihnen ausbreitete, in warme Rot- und Orangetöne. Man könnte meinen, das Wasser wäre bunt angemalt worden. Crocodile konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal ein solch schönes Naturschauspiel miterleben durfte. In der Großstadt sah der Sonnenuntergang nie so unfassbar spektakulär und atemberaubend schön aus wie hier am Strand. Doflamingo räusperte sich. Crocodile wandte sich wieder seinem Partner zu. Dieser fuhr sich nervös mit der Hand über den Mund, ehe er nach dem Gestell seiner Sonnenbrille griff und sie in seiner linken Hosentasche verstaute. Verwundert stellte Crocodile fest, dass Doflamingos strahlend grüne Iriden sowohl Unsicherheit und Ungeduld als auch pure Angst ausdrückten. In einem solchen Zustand hatte er ihn noch niemals zuvor erlebt. Crocodile wurde erst klar, was sein Partner im Sinn hatte, als dieser vor ihm auf die Knie ging. Ihm wurde augenblicklich übel und die Sicht verschwamm vor seinen Augen. In seinem Kopf pochte es so heftig, dass man meinen könnte, anstelle seines Gehirns befände sich ein zweites Herz dortdrin. Crocodile wollte schlucken, doch seine Kehle war so trocken, dass es ihm einfach nicht gelingen wollte. Er fühlte sich hundeelend. Nein, dachte er und selbst die Stimme in seinem Kopf hörte sich furchtbar verzweifelt an. Nein, nein, nein! Bitte nicht! Alles, nur das nicht! "Crocodile“, begann Doflamingo und griff nach seiner Hand. "Schon als ich dich das erste Mal gesehen habe, ist es um mich geschehen gewesen. Ich bin zu dem Geschäftsessen erschienen, bei dem wir beide uns kennengelernt haben, ich habe dich dort sitzen sehen und wusste sofort, dass du der Mann bist, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Während der letzten neun Monate habe ich immer wieder feststellen dürfen, was für ein wundervoller Mensch du bist. Anstelle des erfolgreichen Geschäftsmann, siehst du in mir mein wahres Ich. Du bist nicht hinter meinem Geld her, sondern verbringst Zeit mir mir, weil du mich liebst. Du unterstützt mich, ganz gleich was auch geschieht. Und du bist immer für mich da, wenn ich dich brauche. Ich kann deine Schönheit, deine Eleganz und deine Klugheit kaum in Worte fassen. Es ehrt mich, dass du dich ausgerechnet in mich verliebt hast. Allein schon morgens neben dir aufzuwachen, scheint mir das größte Freude zu sein, die ich erfahren kann. Nichts macht mich glücklicher, als in deiner Nähe zu sein.“ Crocodile musste sich ernsthaft zusammenreißen, um nicht laut aufzuschreien und einfach davonzulaufen. Er wollte diesen Heiratsantrag nicht. Und er wollte auch die vielen Komplimente nicht, die Doflamingo ihm machte. Sie beide durften unter keinen Umständen heiraten! Crocodile konnte nicht von seinem... seinem Ehemann verlangen, wegen ihm für mehr als 350.000 Berry Schulden zu bürgen. Es wäre hinterlistig und egoistisch, Doflamingo mit seinen Problemen zu beladen. Doch hatte er überhaupt eine Wahl? Panik breitete sich wie ein starkes Nervengift in seinem ganzen Körper aus. Den Heiratsantrag seines Partners abzulehnen war praktisch gleichzusetzen mit einem Trennungswunsch. Und die Beziehung zu Doflamingo zu beenden, war das Allerletzte, was Crocodile wollte. Er liebte diesen Mann. Er war sich absolut sicher, dass er der Richtige für ihn war. Nur heiraten wollte er ihn nicht. "Ich sehe dich schon lange als einen Teil meiner Familie an“, fuhr Doflamingo fort. "Und nun endlich möchte ich dich auch ganz offiziell dazu machen.“ Crocodile beobachtete, wie Doflamingo in seine rechte Hosentasche griff und eine kleine Aufbewahrungsbox für Schmuck hervorholte. Oh nein!, schoss es ihm unweigerlich durch den Kopf. Sein Partner hatte also sogar einen Ring für ihn gekauft. Einen Verlobungsring. Crocodile spürte, dass er Atemnot bekam. Er zwang sich dazu, Ruhe zu bewahren, und sah dabei zu, wie Doflamingo die kleine Box öffnete. Ein wunderschöner Goldring mit einem grünem Edelstein kam zum Vorschein. In jeder anderen Situation hätte Crocodile sich über dieses Geschenk sehr gefreut. Im Augenblick jedoch empfand er diesen kleine Ring als genauso furchterregend wie eine Todesdrohung. Eine Todesdrohung, der er nicht entkommen konnte. Denn was blieb ihm Anderes übrig, als den Heiratsantrag seines Partners anzunehmen? Crocodile wollte Doflamingo nicht verlieren. Doch gleichzeitig war er sich dessen bewusst, dass all seine Lügen aufliegen würden, sobald er diesen heiratete. Er konnte weder vor noch zurück. Er war gefangen in dem Netz aus Lügen, das er selbst gestrickt hatte. Crocodile musste sich zusammenreißen, um nicht erneut in Tränen auszubrechen. "Crocodile, willst du mich heiraten?“ Die Welt stand still. Crocodile brachte kein Wort über die Lippen. Doflamingos strahlend grünen Augen blickten ihn unverwandt an. Abwartend. Abschätzend. Ängstlich. Crocodile spürte, dass ein paar heiße Tränen seine Wangen hinunterliefen. Er durfte Doflamingo jetzt nicht verlieren. Zumindest ein wenig mehr Zeit wollte er sich erkaufen. "Ja“, sagte er mit zittriger Stimme und hielt ihm ziemlich ungelenk seine rechte Hand hin. "Ja, ich will!“ Crocodile sah nicht hin, als sein Partner ihm den Verlobungsring aufsteckte. Er spürte es bloß. Der goldene Ring mit dem grünen Edelstein fühlte sich für ihn an wie eine Schlinge, die man ihm um den Hals legte. Crocodile bemühte sich darum, sich sein Unwohlsein nicht anmerken zu lassen. Er zwang sich selbst zu einem wackeren Lächeln und schloss Doflamingo in die Arme. Sein Partner lächelte glückselig. bye sb Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)