Der Sanftmütigen Erbe von Mimiteh ================================================================================ Kapitel 1: "Jetzt bleibt uns nur noch eins zu tun" -------------------------------------------------- Ein Knallen ertönte, als der Fensterflügel von einer Windböe schwungvoll aufgedrückt wurde und gegen den Rahmen krachte. Das Glas klirrte und sprang in Scherben aus seiner Fassung. Jetzt konnte der eisige Winterwind ungehindert ins Zimmer wehen. Keine der drei anwesenden Gestalten kümmerte sich so recht darum. Nur die einzige Frau im Raum zog ihren dunklen Mantel fester um die Schultern, ohne ihren Blick von dem Bild zu nehmen, das auf dem einzelnen Tischchen unter dem Fenster stand. Es zeigte das Gesicht einer noch jungen, dunkelhaarigen Frau mit ebenmäßigen Gesichtszügen. Keiner der drei sagte etwas. Die nächste Windböe fuhr heulend ins Zimmer und warf das Bild um, sodass es auf der Glasfläche zu liegen kam. Der am Rahmen befestigte Trauerflor wurde aufgeweht und zuckte wie ein lebendiges Wesen. „Jetzt sind es nur noch wir drei. Und diesmal kann ich nichts daran ändern…“, flüsterte die Jüngste der Anwesenden leise und blickte ein wenig hoch. In ihren Augenwinkeln schimmerten Tränen und die rot geränderten Lider zeigten, dass es nicht die ersten waren, die sie in den letzten Tagen vergossen hatte. Die beiden Männer hoben nun auch die Köpfe und kurz trafen sich die Blicke der Geschwister. „Da hast du leider Recht“, sagte der Jüngere der beiden Männer und der übliche Trotz und Spott in seiner Stimme war beim besten Willen nicht auszumachen. Ebenso wie seine Schwester klang er müde und erschöpft. Der Älteste der kleinen Gruppe, als einziger blondhaarig, sah nachdenklich aus dem kaputten Fenster auf die verschneite Landschaft hinaus. Dann drehte er sich ruckartig um und ging zur Tür. Nach ein paar Schritten blieb er noch einmal stehen. „Jetzt bleibt uns nur noch eins zu tun. Wir müssen auf ihre Kleinen Acht geben“ Augenblicklich bohrten sich die Blicke der anderen beiden in seinen Rücken. „Welche Kleinen?“, wollte seine Schwester schließlich wissen. Er verspannte die Schultern. „Sie hat es euch also nie gesagt?“, fragte er fast tonlos und drehte den Kopf wieder halb zu ihnen hin. So sah er auch das unwillkürliche Kopfschütteln. Er seufzte tief, ehe er sich wieder gänzlich umwandte. „Ihre Kinder“ Die Augen seines Bruders weiteten sich ungläubig. „Sie hatte Familie?“ Damit hatte er sichtlich nicht gerechnet, dabei sprachen sie hier von ihrer aller Schwester. Der Ältere schüttelte jetzt langsam den Kopf. „Keine Familie. Nur die Kinder“ „Und… der Vater?“, wagte seine Schwester nach einem Moment der Stille einzuwenden. Hinter ihnen klapperte der Fensterrahmen. Der Älteste der Anwesenden sah wie durch seine Geschwister hindurch. „Kannst du dir das nicht denken, Lucy?“ Ein, zwei Herzschläge lang herrschte Stille, dann schlug die Angesprochene erschrocken eine Hand vor den Mund. „Du meinst doch nicht…“, nuschelte sie, obgleich sie in den Augen ihres ältesten Bruders lesen konnte, dass es genau das war. Auch der Dritte im Bunde hatte jetzt verstanden und er sprach aus, was die anderen beiden nicht wagten: „Caspian…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)