Der Sanftmütigen Erbe von Mimiteh ================================================================================ Epilog: "Der Tod ist nicht gleichzusetzen, mit dem Ende" -------------------------------------------------------- „Willkommen zu Hause, Evastochter Lucy“ Behutsam blinzelte sie gegen das helle Licht an. Wer hatte da gesprochen? „Willkommen, Lucy“, wiederholte die Stimme und diesmal war Lucy wach genug, sie zu erkennen. „Aslan!“, rief sie aus und setzte sich auf, öffnete die Augen nun vollends. Der große Löwe stand direkt vor ihr, inmitten einer blühenden Wiese, die sich bis zum Horizont erstreckte. Von irgendwoher hörte sie das Plätschern eines Baches, Vogelgezwitscher lag in der Luft. Und sie hörte ein Rascheln. Im nächsten Augenblick stand da eine vielleicht kniehohe Maus mit einem Schwertgehänge um die Hüfte und einer roten Feder hinter dem Ohr. „Reepicheep! Du bist auch hier?“, rief sie aus und umarmte den Mäuserich. Als sie ihn wieder freigab, verbeugte er sich galant vor ihr. „Aber natürlich, Eure Hoheit. Stets zu Diensten, früher und heute, Reepicheep und seine tapferen Mäuse!“ Lucy konnte nicht anders, als zu schmunzeln. Als sie die Hände sinken ließ, spürte sie feinen Stoff und blickte an sich herunter. Sie trug nicht mehr das grobe, schwarze Trauerkleid, sondern ein Ebenbild jenes feinen, eisfarbenen Gewandes, das ihr einst als Königin Lucy, der Tapferen gehört hatte, das sie zu ihrer Krönung getragen hatte. Am Hals fühlte sie den leichten Druck der Spange, die den zugehörigen rot-goldenen Umhang hielt. Erst jetzt wurde ihr so richtig klar, was geschehen war. Sie erinnerte sich nur noch an einen heftigen Ruck, ohrenbetäubenden Lärm und dass sie erst nach vorn, gegen Peter, und dann nach hinten, mit dem Nacken an die Kante der hölzernen Sitzbank geschleudert worden war. Dann war da nichts mehr gewesen. Und als sie wieder erwachte, war sie hier gewesen. „Ich…“, setzte sie an, fand aber keine Worte, um auszudrücken, was ihr gerade durch den Kopf ging. Aslan aber schien sie dennoch zu verstehen. „Der Tod ist nicht gleichzusetzen mit dem Ende. Genau genommen beginnt deine Geschichte erst hier. Von jetzt an, Evastochter Lucy, Königin von Narnia, von jetzt an hast du die Ewigkeit vor dir!“ Für einen Augenblick starrte Lucy den großen Löwen an, dann blickte sie sich um. „Das hier ist also dein Reich, ja, Aslan?“ „Dies hier ist das echte Narnia, Lucy. Das Narnia, was du bisher erlebt hast, war ein Schattenbild des hiesigen. Das hier ist deine Heimat – euer aller Heimat“ Aslan nickte ihr zu, dann sah er neben sie und erst jetzt erkannte Lucy dort Edmund und Peter, beide ebenfalls in blau-silbernen oder petrolfarbend-goldenen Gewändern, die denen glichen, in denen sie seinerzeit den Thron Narnias bestiegen hatten, – und zwei auf den ersten Blick fremde Menschen. Den einen davon erkannte sie auf den zweiten Blick als eine weit jüngere Ausgabe des Professors, nun ebenfalls in narnianischer Tracht. Aber die blonde Frau neben ihm, blieb ihr fremd. Doch als sie Aslans auffordernden Blick sah, beeilte sie sich, sich aufzurappeln, strich das Kleid glatt und verschob ihre Überlegungen auf später. Aslan sah noch einmal in die Runde. „Nun, Königin Lucy, König Edmund, Hochkönig Peter…“, bei jedem Namen, den er aussprach, neigte der majestätische Löwe dankend und respektsbekundend den Kopf, „… Digory Kirke, Polly Plummer, Eustachius Knilch, Jill Pole – und natürlich du, König Tirian, letzter König Narnias. Kommt nur mit. Ihr werdet schon erwartet“ Damit drehte er sich elegant auf der Stelle und schritt voran, über die Wiese, auf eine Hügelkuppe hinauf. Lucy, die Eustachius und Jill erst jetzt entdeckte, weil beide bisher, gemeinsam mit einem blonden Mann, der ebenfalls Adelsgewänder Narnias trug – anscheinend dieser Tirian – hinter ihr gewesen waren, trat an Aslans Seite und die anderen taten es ihr gleich. Beinahe wäre ihnen allen vor Staunen der Mund offen stehen geblieben. Unter ihnen erstreckte sich tatsächlich beinahe das Narnia, das sie kannten. Aber es war um ein Vielfaches lebendiger, bunter, perfekter. Aslan legte den Kopf in den Nacken und sein Brüllen schallte weit über die Landschaft. Schon waren die ersten Wesen im Tal aufmerksam geworden und näherten sich, hier und da entdeckte Lucy bekannte Gesichter. Und dann kam ihnen eine kleine Gruppe entgegen, deren Anblick Lucy endgültig befreite. Voran, entschlossen und ein wenig verwegen wie immer, Caspian X., ein herzliches Lächeln im Gesicht, bei ihm eine Frau mit hellen, silberweißen Haaren, gekleidet in ein ebenso einfaches wie strahlendes, weißes Gewand. Lucy braucht einen Moment, um die Sternentochter wiederzuerkennen, in die Caspian sich damals verliebt hatte. Er hatte sie also tatsächlich mit sich genommen. Neben den beiden stand ein dunkelhaariger Mann, in dem Lucy fast automatisch den Sohn der beiden erkannte. Und wiederrum daneben standen zwei Gestalten, bei denen sie weder raten, noch auf ihre Assoziation vertrauen musste, obgleich auch sie nun Adelsgewänder Narnias trugen: Emily und Nathan. Beide winkten jetzt und Lucy erwiderte die Geste. Zu ihrer Überraschung und leichter Belustigung, hoben nun auch Caspian und, seinem Vorbild folgend, die anderen beiden je eine Hand und winkten ihr zu. Zum ersten Mal seit Jahren lachte Lucy befreit auf. Umsomehr, als sie merkte, dass nun auch alle, die um sie herum standen, die Hand zum Winken gehoben hatten und mehr und mehr Narnianer, die ihnen entgegenkamen, es nachmachten, vermutlich ohne so genau zu wissen, was diese Geste zu bedeuten hatte. Edmund war der Erste, der schließlich loslief, zu auf eines der Pferde, die sich näherten. Es war Philipp, sein treuer Gefährte. Als hätte das den Ausschlag gegeben, mischten sich nun alle unter die Narnianer, hier und da erklangen Jubelrufe, wenn besondere Freunde aufeinander trafen. Schließlich blieb nur Lucy an Aslans Seite zurück. Der Löwe sah sie von der Seite an. „Willst du dich ihnen nicht anschließen?“, wollte er ruhig wissen. Lucy legte ihm eine Hand auf den Rücken, spürte die Wärme, die von seinem seidigen Fell ausging. „Du hast doch selbst gesagt, jetzt habe ich eine Ewigkeit Zeit…“, lächelte sie. Aslan schnurrte amüsiert. „Ich bezweifle allerdings, dass andere Leute eine Ewigkeit auf ein Wiedersehen mit dir warten wollen“, gab er zurück und stupste Lucy mit der Schnauze leicht in die Seite, sodass sie den Blick weiter nach links lenkte. Dort stand, am Fuße des Hügels eine Gestalt, einen roten Schal um die Schultern geschlungen und offenbar schon eine Weile bemüht, auf sich aufmerksam zu machen. Lucy hielt die Luft an. „Das ändert natürlich alles“, sagte sie dann verschmitzt, ehe sie Aslan losließ und aus dem Stand losrannte, die Arme ausgebreitet, um dem auf sie Wartenden um den Hals zu fallen. „Herr Tumnus!“ Mit einem warmen Blick sah Aslan ihr hinterher. Die sieben Säulen Narnias, die sieben wahren Freunde Narnias. Eure letzte Aufgabe habe nicht ich euch aufgegeben, sondern Susan. Aber ich habe mein Bestes getan, euch zu unterstützen und ihr habt wie immer euer Bestes getan, um Narnia zu unterstützen. Ich danke euch, Peter, Edmund, Eustachius, Jill, Digory, Polly – und Lucy… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)