Karneval Magica von Devi ================================================================================ Kapitel 1: One-Shot ------------------- „Es muss etwas geschehen!“ Mit einem energischen Schlag ihrer flachen Hand auf den Tisch, weckte Nodoka die selig vor sich hinschlummernde Yui auf, die sich sofort erschrocken umblickte. „Aaah, Nodoka-chan, erschreck mich doch nicht so!“ „Hast du nicht vorhin noch gesagt, du hättest nicht im Unterricht gepennt?“, bemerkte Ritsu schnippisch. „So viel dazu.“ „Lass mich doch“, murrte Yui und umklammerte das Sitzkissen, das sie in ihren Armen hielt, fester. Wie um diese Tageszeit üblich befanden sich After-School-Teatime alle versammelt im Musikraum und wie auch sonst so oft, waren sie nicht zum Proben hierhergekommen. Und genau das war Nodokas Problem. „Yui, ich weiß, dass du das nicht gern hörst, aber wir haben schon Februar. Und du weißt, was das heißt?“ „Valentinstag?“, fragte Mugi mit leuchtendem Blick. „Äh… das auch, aber eigentlich meinte ich damit, dass wir nur noch zwei Monate vom April entfernt sind.“ „Und dann?“, fragte Ritsu und fing an, das Glas mit Tee in ihrer Hand herumzudrehen, als ob sie nach etwas besonders Interessantem darin suchen würde, was sie beobachten konnte. „Im April geht das Schuljahr zu Ende“, erklärte Azusa leise. „Und dann… dann werde ich die einzige sein, die noch hier ist. Ganz allein…“ „Kopf hoch, Azu-nyan!“ Yui hatte sich neben ihre Freundin bewegt und funkelte sie glücklich an. „Vielleicht rassel ich ja auch durch sämtliche Prüfungen und kann noch ein Jahr lang hier bleiben-“ „Plan‘ dein Versagen nicht von vornherein mit ein!“, protestierte Nodoka hastig. „Fakt ist“, mischte sich jetzt auch Mio ein, „dass die Musik-AG nicht weiter bestehen kann, wenn wir keine Nachfolger finden sollten. Wir müssen dafür sorgen, dass die AG mehr Aufmerksamkeit bekommt.“ „Habt ihr gesehen, was die Basketball-AG gemacht hat? Die haben allen ihren Werbeprospekten 1000 Yen beigelegt!“, erklärte Ritsu begeistert, was vermuten ließ, dass auch sie neuerdings mit dem Gedanken spielte, vielleicht doch mal der Basketball-AG einen Besuch abzustatten. „Wir könnten ein bisschen was von meinem Geschirr nehmen!“, schlug Mugi vor. „Das kommt gar nicht in Frage!“, schimpfte Azusa und funkelte Ritsu wütend an. „Was wir brauchen, ist ein richtiger Auftritt! Wir müssen den anderen zeigen, was wir in der Musik-AG erreicht haben und ihnen bieten können!“ „Aber wenn Mugi nicht mehr da ist, dann gibt es doch auch gar keinen teuren Kuchen mehr am Nachmittag!“, überlegte Yui laut und versenkte ihre Kuchengabel dann erneut in ihrem Stück. „Eh!? Ist das alles, worum es dir geht, Yui-sempai?“ „Nein, Azu-nyan, du bist ja auch noch da!“, freute sich Yui und ließ von ihrem Kuchen ab, um erst einmal Azusa ihre Freude demonstrieren zu können, indem sie sie in den Arm nahm. Laut räusperte sich Nodoka, die das Treiben bis jetzt – nicht fassungsloser als sonst auch – beobachtet hatte, um den Fokus erneut auf die eigentliche Problematik zu lenken. „Fakt ist, eine der besten Möglichkeiten dafür wäre nun mal ein Auftritt. Ihr könntet aber im Grunde alles machen, was euch einfällt. Alles, außer Bestechung, Ritsu!“ „Wie wäre es denn mit einer Theateraufführung?“, schlug Yui vor. „Wie wäre es mit einem Auftritt?“, hielt Azusa dagegen. War sie denn die Einzige, die es für naheliegend hielt, als Musik-AG mit Musik nach neuen Mitgliedern zu suchen? In Ritsu hingegen schien eine neue Flamme erwacht zu sein. „Klingt nach einer guten Idee, Yui! Ich könnte unser Stück schreiben, Mugi könnte die Kostüme arrangieren, wir finden schon für jeden von uns was!“ „Und was ist mit unserer Musik?“ „Jeder würde doch von der Musik-AG erwarten, dass sie Musik machen, oder?“, wandte sich Ritsu an Azusa und packte sie an den Schultern. „Und genau damit können wir arbeiten! Wir müssen unseren neuen Mitgliedern zeigen, dass die Musik-AG nicht nur voller guter Musiker, sondern auch voller Überraschungen steckt! Indem wir etwas machen was eigentlich gar nicht zur AG passt, werden wir viel mehr Überzeugung wecken, als mit einem gewöhnlichen Auftritt!“ „Das macht keinen Sinn, Ritsu-senpai.“ „Ach was, ich bin sicher, das wird lustig! Sawa-chan wird bestimmt auch noch mitmachen wollen, allein schon wegen den Kostümen…“ „Sawa-chan wird unsere Kostüme auswählen?“, fragte Mio nervös und legte ihre Arme schnell um ihren Oberkörper. „Wieso stimmt ihr nicht einfach ab?“, schlug Nodoka vor. „Ihr seid schließlich zu fünft. Ihr werdet so oder so auf ein Ergebnis kommen.“ Wie die Lehrerin, die sie nicht war, trat Nodoka an ihre Tasche heran und zog einen großen Block daraus, um dort wie auf einer Tafel, die sich im Musikzimmer nicht befand, beide Möglichkeiten und die Abstimmungsergebnisse darauf notieren zu können. „Wer von euch möchte, dass ihr einen musikalischen Auftritt macht, um neue Mitglieder anzuwerben: Bitte hebt jetzt die Hand.“ Sofort schoss die linke Hand von Azusa in die Höhe und nach kurzem Zögern meldete sich auch Mio. „Und als Gegenprobe: Wer von euch möchte, dass ihr ein kleines Theaterstück einprobt?“ Sofort meldeten sich Yui und Ritsu, gleich darauf schloss sich ihnen auch Mugi an. „Damit ist es entschieden!“, jubelte Ritsu. „Ich fange gleich an, das Drehbuch zu schreiben! Morgen treffen wir uns wieder her und fangen an zu üben! Es gibt noch viel zu tun!“ Azusa wusste gut, dass bei einer enthusiastischen Ritsu oft die besten Ergebnisse herauskamen, aber dennoch konnte sie ihre Enttäuschung nicht verbergen. Sie würde nicht mehr lange Zeit mit den anderen Mädchen verbringen können, da wäre so ein großer, phänomenaler Auftritt doch bestimmt großartig geworden. „Es wird alles gut werden, Azu-nyan“, versuchte Mio daraufhin, sie aufzumuntern und setzte sich zu ihr. „Ich bin sicher, dass Ritsu was Tolles einfällt und bin mir genauso sicher, dass wir alle mitbestimmen dürfen.“ „Aber ein Auftritt ist es totzdem nicht!“, schmollte Azusa und verließ daraufhin beleidigt den Musikraum. Yui wollte ihr sofort nachstürmen, aber Ritsu packte sie an ihrer Jacke und hielt sie zurück. „Lass sie jetzt besser in Ruhe, Yui. Sie kommt morgen zurück und wird all ihren Groll vergessen, wenn sie erstmal merkt, wie viel Spaß wir haben können, auch wenn wir nicht musizieren. Verlasst euch auf mich!“ Ritsu trat an das Fenster des Raumes, sodass sie nun abwechselnd zu Yui, Mio und Mugi blicken konnte. „Wir treffen uns einfach morgen wieder hier und dann machen wir einfach so lange weiter, bis es sitzt! Glaubt mir, lang wird das Stück nicht! Aber wie heißt es doch, Qualität über Quantität, nicht wahr?“ ~*~ Zögerlich schlich Azusa auf die Tür des Musikraums zu. Es war Sonntag, daher hatte sie die Mädchen heute nicht im Unterricht treffen können. In der Schule waren sie ja schließlich auch nur, weil Sawa-chan das alles in weiser Voraussicht für sie arrangiert hatte. Aus dem Grund war Azusa auch sehr verunsichert. Wie würden die anderen auf sie reagieren? Und ob Ritsu wohl das Script wirklich fertig gestellt hatte? Azusa hielt sie zwar für bequem und teilweise faul, aber wenn Ritsu sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann gab sie auch 100%. Und auch wenn sie es irgendwo ärgerte, eigentlich war sie sehr gespannt, was sie heute hinter den Türen des Musikraums erwarten würde. Überraschend war es ja oft genug. „Ah, Azusa-chan, guten Morgen!“, begrüßte Sawa-chan sie freundlich. Azusa drehte sich zu ihr um und sah, dass sie jede Menge bunte Stoffe in ihren Armen hielt. „Guten Morgen, Sawa-chan… Was genau hast du da?“ „Ach, das hier? Das sind die Kostüme für euer Theaterstück. Ritsu-chan hat mir gestern noch eine E-Mail geschrieben, in der genau stand, was ich machen sollte.“ Sie lächelte Azusa aufmunternd an. „Mach dir keine Sorgen, ja? Wenn Ritsu-chan so motiviert ist, kommt eigentlich immer etwas Gutes dabei heraus, nicht wahr? Also, sollen wir reingehen?“ Sawa-chan trat an die Tür zum Musikraum heran und öffnete sie, um gleich daraufhin den Raum zu betreten. Azusa folgte ihr nach kurzem Zögern. „Azu-nyan!“, lautete die originelle Begrüßung Yuis, gefolgt von einer Umarmung, die Azusa schüchtern lächelnd über sich ergehen ließ. Um den Tisch herum versammelt saßen bereits die restlichen Mitglieder von Ho-Kago Teatime. Yui döste auf einem Stück Papier, Mio und Mugi lasen interessiert ihre Textteile. „Ah, die Kostüme sind da!“, stellte Ritsu freudig fest, als sie Sawa-chan sah. „Hopp hopp, Mädels, die werden sofort anprobiert! Du kommst genau richtig, Azu-nyan!“ „Oh, wirklich?“ Zwar traute Azusa dem Kleidergeschmack ihrer Lehrerin nicht wirklich, aber es konnte ja nicht schaden, es zumindest mal zu versuchen. ~*~ „Na, wie sehe ich aus?“, fragte Ritsu stolz in die Runde. Dabei fingerte sie an ihrem plüschigen, rosafarbenen, weiß gepunkteten Schal herum und lächelte wie ein Honigkuchenpferd. „Sehr schick!“, bewunderte Yui sie, wobei die große, rosafarbene Schleife um ihr schwarz-weißes Kleid auch durchaus als Blickfang auffiel. Mugi rückte sich schelmisch ihren Hut zurecht und zupfte an ihrer Perlenkette, wobei ihr Blick auf Mio ruhte. Mio trug zu ihrer eigenen Erleichterung keine knappen Klamotten, sondern ein Jackett mit bunten Buttons und einer bunten Mütze, die sich besonders schön von ihrem schwarzen Haar abhob. Schließlich war Azusa die letzte, die sich den anderen noch zeigen musste und trat schüchtern aus der Umkleidekabine hervor. Als einzige der Mädchen trug sie schulterfrei und die schwarzen Puscheln an ihrer weißen Mütze erinnerten wohl besonders Yui nicht unwesentlich an ihr Lieblingsaccessoire an Azusa: Tierohren. „Azu-nyaan, die siehst großartig aus!“, quietschte Yui und umarmte sie gleich wieder, um ihrer Begeisterung auch physisch einen angemessenen Ausdruck zu verleihen. „Jetzt, wo wir geklärt hätten, dass die Kostüme von mir großartig passen“, kündigte Sawa-chan stolz an, „solltest du den anderen nicht in deinem Stück unterweisen, Ritsu-chan?“ „In Ordnung, dann machen wir das doch gleich!“ Yui hatte Azusa mittlerweile losgelassen, sodass die sich noch kurz vor den Spiegel stellen und sich selbst genauer begutachten konnte. Das war wirklich sie? Azusa Nakano, die Kleinste und Jüngste im Musikclub… auf einmal so groß und irgendwie… reif? Konnte ein Jahr mit dieser lebenswerten Chaotentruppe denn wirklich so viel an ihr verändern? „Kommst du, Azu-nyan?“, fragte Yui, woraufhin Azusa aus ihren Gedanken hochschreckte und sich dann schnell zu den anderen an den Tisch setzte. „Also… ich bin extra die ganze Nacht lang aufgeblieben um das Drehbuch zu schreiben, viel Zeit haben wir ja schließlich auch nicht mehr zum Einstudieren! Also, guckt auf euer Skript und hört gut zu!“ Ritsu räusperte sich kurz vielsagend und genoss, wie sie von den anderen Mädchen erwartungsvoll angesehen wurde. „Die Geschichte ist schnell erzählt! Also, wir befinden uns im Japan des zwanzigsten Jahrhunderts! Fünf süße Mädchen gehen gemeinsam an die Schule und sind eigentlich wie alle anderen, mit dem großen Unterschied, dass sie magische Kräfte besitzen! Jede von ihnen besitzt die Fähigkeit, sich in ein Magical Girl zu verwandeln, mit besonderen Kräften, die sie brauchen, um böse Monster zu bekämpfen, die den Menschen Böses wollen und zusammen werden sie zu Karneval Magica!“ „Wie böse!“, kommentierte Mugi. „Aber damit keine Panik unter den Massen ausbricht, tarnen die Mädchen es als Teil einer Bühnenshow, die immer einen Tag nach dem Sieg über ein böses Monster erfolgt! Des Weiteren halten die Mädchen ihre Identität geheim, um in ihrem Privatleben nicht mit Gazillionen von Fans überhäuft zu werden.“ Ritsu hielt kurz inne. Azusa wartete misstrauisch darauf, dass Ritsu erklärte, wie die Geschichte nun weiter verlaufen würde… bis sie dann merkte, dass Ritsu offenbar fertig war und nun die Rückmeldung erwartete. „Ist das dein Ernst, Ritsu-senpai?“, fragte Azusa daraufhin ungläubig. „Das ist eine Mischung aus dem Anime Karneval mit Magical Girl-Elementen! Das soll unser krönender Abschluss sein?“ „Warte doch erstmal ab, Azusa-chan!“, beschwichtigte Mugi schnell, indem sie sie am Arm nahm. „Natürlich hat sich Ritsu-senpai gestern Abend nicht einfach vor den Fernseher gesetzt und dabei durcheinandergewürfelt, was gerade lief, weil ihr sonst nichts eingefallen ist! Oder, Ritsu-chan?“ „Woher- natürlich nicht!“, protestierte Ritsu schnell, „Wieso sollte ich denn so etwas tun?“ „Siehst du?“, wandte sich Mugi wieder an Azusa und lächelte sie fröhlich an. Überzeugung sah wohl anders aus, aber mit einem leisen Seufzer entschied Azusa, der ganzen Sache doch mal eine Chance zu geben. Wieso denn auch nicht. „Gut, dann können wir ja eure Rollen besprechen! Je mehr ihr darüber wisst, desto besser, als fangen wir besser gleich an!“ Ritsu blickte ihre Bandmitglieder und Sawa-chan zufrieden an, dann verlas sie die Rollen, eine nach der anderen. „Yui, du übernimmst die Rolle von Guitar Yuigi, der charismatischen Leadgitarristin, die mit der Gitarre ordentlich zustechen kann, als wäre sie ein Degen!“ „Aber ist meine Dickitarre dafür nicht ein bisschen zu schwer?“, fragte Yui und versuchte probehalber, mit ihrer Gitarre eine Stichbewegung auszuführen, die aber nur zur Folge hatte, dass Yui taumelte und gerade noch so das Gleichgewicht wiedererlangen konnte. „Das geht schon, das geht schon! Du musst in den nächsten Tagen bloß noch ein bisschen üben! So, was mich angeht, ich spiele Drum Garitsuki, die coole und distanzierte Schlagzeugerin der Gruppe, die immer einen coolen und witzigen Spruch auf den Lippen hat! Wenn ich den Bass benutze, dann bräckeln die Ziegel aus den Wänden und braten dem bösen Monster eines über!“ Stolz brachte sich Ritsu in eine Heldenpose, wobei sich Azusa fragte, ob sie sich der Unsinnigkeit ihrer „Waffe“ bewusst war. „So, dann zu Mio! Du wirst Bass Tsukumio sein, die Bassistin, die immer ein Lächeln auf den Lippen hat! Und Mugi, da wirst Keyboard Kimuchi! Wenn du in die Tasten haust, ergreift jeder Bösewicht sofort das Weite!“ „Ist das dann nicht eigentlich schon ein Plädoyer gegen die Musik-AG ?!“, protestierte Azusa. So langsam konnte das ja nicht mehr wahr sein, die ganzen schlechten Wortspiele… „Ah, du willst endlich wissen, was für eine Rolle du bekommst, was, Azusa?“ „N-Nein, ich-„ „Guitar Azu-nai! Partnerin von Guitar Yuigi und im Teammatch unschlagbar!“ „Hast du denn wirklich nur deine Videospiele und Animes im Kopf?“ „Und welche Rolle bekomme ich?“, unterbrach Sawa-chan den Protest von Azusa und blickte Ritsu erwartungsvoll an. „Oh… Sawa-chan, für dich habe ich die Rolle des Bösewichts, Teacher Sawakagi ausgewählt! Schließlich müssen die Mädchen ja gegen jemanden kämpfen, oder nicht?“ „Was denn, ich bin der Schurke? Das ist der Dank dafür, dass ich euch in eine Klasse gesteckt habe, dass ich die AG immer wieder gegen die anderen Lehrer verteidige und euch das Faulenzen gestatte?“ Sawa-chan wirkte angesichts ihrer Rolle erstaunlich geknickt. „N-Natürlich wird der Böse von der Liebe zur Musik der anderen bekehrt und darf dann auch auf ihrer Seite mitmachen!“, erklärte Mio schnell. Dass sie es sich aus dem Ärmel geschüttet hatte, war mehr als offensichtlich… oder dachte sie tatsächlich, dass das Ritsus erzieltes Ende der Geschichte war? „Ist das wahr?“, wandte sich Sawa-chan rasch an Ritsu. „Und ob!“, stieg Ritsu schnell ein. „Also dann, Leute, jetzt, wo die Kostüme sitzen: Schnappt euch euren Text mit Regieanweisungen und lasst uns loslegen! Wenn wir es drei bis vier Mal proben, sitzt der Text bestimmt! Das Stück dauert 30 Minuten, ran an die Arbeit!“ ~*~ „Yui, wenn der Scheinwerfer euch in das pinke Licht taucht, habt ihr genau 58 Sekunden Zeit, euer jeweiliges Karneval Magica-Kostüm anzuziehen, keine fünf Minuten um aufs Klo zu gehen!“ „Aber Ri-chan, ich muss so dringend!“ „Hättest du denn nicht vorher gehen können?“ „Ja, aber da musste ich doch noch nicht!“ ~*~ „Du musst dich von dem Ziegel schon treffen lassen, Sawa-chan! Der schlägt doch die Böse schließlich ohnmächtig, damit die Guten gewinnen können!“ „Und was war das dann vorhin mit der „Liebe zur Musik“, Ri-chan ?!“ ~*~ „Guitar Azu-nai! Neeiin!“ Guitar Yuigi hielt ihre Partnerin in ihren Armen, da sie nicht mehr die Kraft hatte, sich selbst zu bewegen. „Guitar Yuigi… ich wollte dir immer schon sagen, dass ich… ich…“ Guitar Azu-nai formte noch kurz die Lippen so, als wolle sie etwas Wichtiges sagen, aber dann sackte ihr Kopf schließlich zur Seite und ihre davor angespannten Glieder erschlafften. „Das ist ja so traurig!“, unterbrach Keyboard Kimuchi die Szene. „Mugi, das ist doch bloß wie eine Szene aus einem Film, das ist doch nicht echt!“ „Aber trotzdem… dass du in diese Szene wirklich keine Kuss einbauen willst, Ritsu-chan, das ist doch Verschwendung!“ ~*~ Eine Woche lang unterzogen sich alle sechs Mitglieder unter der Regie Nodokas allen Übungen, die sie für notwendig hielt – Tee trinken zum Schmieren der Stimmbänder zählte übrigens nicht mehr dazu – und schafften es somit tatsächlich, ein Stück auf die Beine zu stellen. Ui unterstützte sie nach Leibeskräften mit Catering zwischendurch und Sawa-chan hatte sogar einen Pausen-Futon von Zuhause mitgebracht, auf dem die Mitglieder abwechselnd ruhen konnten. Bloß Azusa war die ganze Zeit über voller Energie und überhaupt nicht mehr zu bremsen. Dafür, dass sie anfangs die größte Gegnerin des Stückes gewesen war, war sie es im Endeffekt, die sich am stärksten in ihre Rolle einfühlen konnte. Sie gab es ungern zu, aber auch wenn sie nicht, wie erhofft, zum Musikspielen gekommen waren – die von Ritsu groß angekündigte „Bühnenshow“ bestand lediglich aus protzigen Lichteffekten und Playback – Spaß hatte sie allemal gehabt. Und das war es ja, was in den letzten Stunden mit ihren geliebten Sempais besonders zählte. ~*~ Am Abend der Aufführung, zu der offiziell alle Schüler ihrer Schule und alle Interessierten von außerhalb eingeladen waren, war überraschenderweise nicht einmal Mio wirklich nervös. „Azu-nyan, gehst du bitte mal und schaust, wie voll die Aula schon ist?“, bat Yui. „Wenn alle Plätze belegt sind, können wir ja anfangen!“ Dass sie ambitionslos war konnte man Yui wohl wirklich nicht vorwerfen. Azusa trat daraufhin schnell vor den Vorhang und sah nach, wie es um die Zuschauer bestellt war, und tatsächlich – es waren eine ganze Menge erschienen und die Türen wurden auch gerade geschlossen. Es war wohl an der Zeit, anzufangen. Yui und Ritsu schienen gerade angeregt über etwas zu debattieren, als Azusa zu ihnen zurückkehrte, unterbrachen das aber sofort, als sie sie bemerkten. „Oh, Azusa! Und, wie sieht’s da draußen aus?“ „Ich glaube, der Saal ist voll, wir sollten anfangen. Worüber habt ihr gerade geredet?“ „Ach, über gar nichts weiter!“, antwortete Ritsu schnell, „Dann lasst uns mal zeigen, was wir können, Mädels! Eine für alle und alle für eine!“ ~*~ Natürlich würde ein Drehbuch, das aus der Feder von Ritsu stammte, keinen Blumentopf gewinnen. Der Plot ging viel zu schnell voran, innerhalb von zehn Minuten hatten sich die Mädchen auf der Bühne ohne weitere Erklärung in einer Gassenkulisse getroffen und sich dort in „Karneval Magica“ verwandelt. Sawa-chan hatte ihren Text vergessen und ihn daher hochrot durch einige James-Bond-Filmzitate ersetzt, was sehr zur Belustigug des Publikums beitrug, ebenso wie die Tatsache, dass Ritsu insgesamt fünf Kulissen-Ziegel aus der Wand lösen musste, bis der fünfte dann schließlich die in ihrer Rolle aufgehende, wild umherhüpfende Sawa-chan am Fuß traf, woraufhin sie sich theatralisch fallen ließ. Und schließlich stand Azusas liebster Teil des Stückes bevor: Die Bühnenshow der Mädchen. Es war ihr ein bisschen unwohl bei dem Gedanken, dass auf den Werbeplakaten „Live-Musik“ gestanden hatte, obwohl die doch nur vom Band kam, aber trotzdem liebte sie diesen Part. So konnte sie gemeinsam mit den anderen Mädchen auf der Bühne stehen und sich lebendig fühlen, das Gefühl eines gemeinsamen Auftrittes tief in ihrem Herzen aufbewahren und dort halten, um sich daran erinnern zu können, wenn sie mal einen schlechten Tag haben sollte. „Und jetzt, liebe Stadtbewohner, um Sie von der gräulichen Missetat abzulenken, die Sie hatten mitansehen müssen: Hier ein großer Auftritt von „Karneval Magica“, besser bekannt als After-School-Tea-Time, der Band dieser Schule! Sie werden nun live für euch spielen, viel Spaß!“, verkündete Sawa-chan in ihrem Teacher Sawakagi-Monsterkostüm. „Los jetzt, Azu-nyan, wir spielen diesmal wirklich live!“, verkündete Yui und zog ihre Freundin schnell am Arm auf die Bühne. Azusa stolperte fast vor lauter Überraschung, aber schnell siegte eine wohlige, warme Freude über das Gefühl, ins kalte Wasser geworfen worden zu sein. Seite an Seite standen die fünf Mädchen und spielten in ihren hübschen Kostümen auf der Bühne vor unzähligen Leuten ihre Songs, einen nach dem anderen. Und zu Azusas Überraschung lief alles perfekt: Ritsu schlug im richtigen Takt zu, Mugi ging völlig in ihrem Spiel auf, Mio und Yui sangen das beste Duett, das sie jemals gemeinsam gehabt hatten… und Azusa spürte nur, wie sie eins mit dem Takt der Musik wurde. Und auch wenn es die kleinen Pannen des Stücks waren, die sich in die Erinnerungen aller Mädchen eingraben würden: Der letzte Auftritt von After-School-Tea-Time war der beste und würde es auch immer bleiben. Es war das schönste Abschiedsgeschenk, das ihre Sempais Azusa hatten bereiten können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)