Zweite Chancen von Aires (Wenn das Leben gegen dich spielt [ZoNa]) ================================================================================ Kapitel 30: Verpasste Zeit -------------------------- Warm blies der Wind, der durch das heruntergelassene Autofenster strömte, durch Nami's Haar und wirbelte damit einige Strähnen auf, die die junge Frau zum wiederholten Male energisch hinters Ohr wischte und zum wiederholten Male war Nami überrascht, als ihre Finger ab dem Kinn ins Leere griffen. Die Haare derart kurz zu tragen, war auch nach einem knappen Monat immer noch ungewohnt. Sie ließ die Fensterscheibe hochfahren und abrupt endete das stetige Rauschen des Luftzuges und ließ sie in einer fast schon erdrückenden Stille zurück. Nami spielte mit dem Gedanken das Radio anzuschalten und streckte die Hand nach dem Drehknopf aus, der die Lautstärke regelte, begleitet von dem sanftem Klimpern ihres Armreifes, als dieser ihren Arm herab rutschte und gegen die Uhr an ihrem Handgelenk stieß — Ein Geschenk ihrer Schwester zum erfolgreichen Uni-Abschluss. Das alles kam ihr schon so ewig weit weg vor… Den Armreif hatte sie schon eine ganze Weile davor zurückerlangt. Eingepackt in einem Pappkarton mit allen anderen Dingen, die damals bei dem Einbruch entwendet worden waren, zurückgelassen vor ihrer Haustür. Natürlich ohne Absender. Oder sonst irgendeiner Nachricht. Das war das letzte Mal gewesen, dass sie in irgendeiner Weise mit Zorro in Kontakt gekommen war. Dass sie wegen ihm geweint hatte. Auch wenn sie bis heute bezweifelte, dass er das Päckchen vor ihrer Tür abgelegt hatte. Immerhin hatte er zu der Zeit noch im Gefängnis gesessen. Sie konnte noch immer nicht fassen, wie lange das Ganze jetzt schon zurück lag. Beinahe vier Jahre. Ein Seufzer entrann ihrer Kehle, als ihr Blick konzentriert über die Straße glitt und sie ihren Wagen langsam an einer roten Ampel zum Stoppen brachte. Sie nutzte die Pause um einen großen Schluck aus der Wasserflasche zu nehmen, die neben ihr auf dem Beifahrersitz bereitlag, und verzog das Gesicht, als das warme, abgestandene Wasser ihren Gaumen erreicht hatte. Ein Hupen hinter ihr, signalisierte ihr, dass die Ampel bereits wieder umgesprungen war. „Schon gut.“, murmelte sie leise  vor sich hin, und setzte den Wagen wieder in Bewegung, während sie hastig versuchte die Flasche wieder zu zudrehen. Die Melodie die plötzlich aus dem Inneren ihrer Tasche drang ließ sie zusammenzucken und der restliche Inhalt der Flasche ergoss sich auf ihrem Schoß. „Shit.“ Das musste Vivi sein, dachte Nami. Sie hätte schon seit einer Dreiviertelstunde da sein müssen. Ungeduldig fingerte Nami mit ihrer Rechten in ihrer Tasche, die ebenfalls auf dem Beifahrersitz stand, doch als sie das Telefon endlich gefunden hatte, hörte das Klingeln schlagartig auf. Einen Blick in den Rückspiegel werfend, ließ sie das Display des Handys aufleuchten und warf dann einen Blick auf die ihr angezeigte Nummer. Ganz klar Vivi. Ein weiteres Hupen ertönte und Nami beeilte sich mit klopfendem Herzen ihren Wagen wieder auf die richtige Spur zu lenken. Das hätte ins Auge gehen können! Nami presste auf Wahlwiederholung und klemmte sich das Smartphone  im nächsten Moment zwischen Ohr und Schulter, als sie auch schon dem Abbieger auf die Autobahn folgte.  Es dauerte eine geschlagene Weile bis Vivi am anderen Ende der Leitung abhob, in der die Orangehaarige das Radio wieder leise drehte und mit einem Taschentuch erfolglos versuchte einen Teil des verschütteten Wassers aufzufangen. Geduldig hörte sich Nami die Vorwürfe ihrer Freundin an, bevor sie selbst zum Sprechen ansetzte: „Tut mir wirklich leid! Ich bin auf dem Weg. Du weißt doch, was gerade los ist bei mir auf Arbeit.“, rechtfertigte sie sich und das war noch nicht einmal gelogen. Ihr Boss hielt sie in letzter Zeit ganz schön auf trapp und auch heute hatte sie noch kurz vor Schluss einen ganzen Haufen Papierkram aufgehalst bekommen. Nicht, dass sie ihre Arbeit nicht liebte… „In 20 Minuten. Versprochen!“, beantwortete sie die Frage ihrer Freundin geduldig und fügte dann hinzu: „Du weißt doch, wie sehr ich mich über die Verlobung freue!“ Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sich ihre nächsten Worte bereits in ihren Gedanken formten. Sie wich einem Ast aus, der sich auf der Fahrbahn befand, bevor sie mit Überzeugung verkündete; „Glaub mir, mein Geschenk wird alles wieder wett machen! Ich…“, sie stockte, als sie hinter sich plötzlich eine Kette von Geräuschen vernahm, die nichts gutes verheißen sollten. „Fuck.“, stieß sie leise aus und sah in den Rückspiegel. „Ich muss Schluss machen, tut mir wirklich leid.“, nuschelte sie flüchtig  in den Hörer, bevor sie ohne auf eine Antwort zu warten auflegte und das Telefon zurück in ihre Tasche gleiten ließ. Die Polizei hatte ihr jetzt gerade noch gefehlt!   Dem Signal des Streifenwagens hinter ihr folgend, fuhr sie nach einer Weile rechts auf den Seitenstreifen. Ihre Stirn machte Bekanntschaft mit dem Lenkrad, als sie ihren Kopf frustriert auf dieses fallen ließ. Wieso ausgerechnet jetzt?! Das laute Klopfen an der Fensterscheibe ließ sie zusammenfahren und hektisch ließ sie die Fensterscheibe hinunter. „Hallo, Officer.“, begrüßte sie den Unterkörper des Polizisten, der sich demonstrativ an ihrer Wagentür platziert hatte, mit einem aufgesetztem Lächeln. „Aussteigen!“, befahl die gesichtslose Stimme und Nami verdrehte genervt die Augen. Na der hatte ja richtig viel Spaß an seinem Job. „Wieso halten Sie mich denn an?“, fragte Nami so freundlich wie nur möglich, doch stieß damit offensichtlich gegen eine Wand. „Sie wissen, dass telefonieren am Steuer einen Verstoß darstellt?!“, antwortete die markante Stimme in einer rhetorischen Frage und ließ Nami's Hoffnungen sie könnte den Polizisten um den Finger wickeln zerplatzen. Stöhnend griff sie nach ihrem Portemonnaie und löste ihren Gurt, während der Polizist bereits ihre Wagentür öffnete, und schwang sich dann aus dem Auto. „Hören sie, es handelt sich um ein Notfall. Ich würde sonst niemals einfach so am Steuer telefonieren.“, startete die Orangehaarige einen weiteren Versuch. Ihr Blick fiel auf die Oberseite der Polizeimütze, als sie ihren Gegenüber ansah, der gerade mit dem Ausfüllen eines Formulars beschäftigt war.  „Meine Freundin hatte einen Unfall und…“, Sie reichte ihm ihre Dokumente, als er ihr auch schon ins Wort fiel. „Und da dachten sie, es wäre lustig, wenn sie auch einen bauen würden?“ Ungläubig verzog Nami das Gesicht. „Nein natürlich nicht! Ich hatte nur Ang…“ „Tut mir leid, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ihre Freundin keinen Unfall hatte.“, unterbrach er sie abermals und hob den Kopf. Sie sah ihren eigenen empörten Gesichtsausdruck in der Spiegelung seiner Sonnenbrille und versuchte eine freundlichere Miene zu ziehen. Dann seufzte sie ergeben. „Können sie mir das nicht ausnahmsweise durchgehen lassen? Ich bin wirklich in Eile und ich lasse mir sonst nie irgendwas zu schulden kommen.“ Sie konnte nicht einschätzen wie ihr Gegenüber ihre Worte auffassen würde. Seine Sonnenbrille verdeckte beinah das halbe Gesicht. Eine Weile verging ohne, dass sie eine Antwort erhielt und nervös trat Nami von einem Bein auf das andere. „Ähm Officer…“, sie lugte auf das Namensschild, welches auf die Brusttasche seiner Uniform gepinnt war und stockte. Mit offenem Mund wanderte ihr Blick zurück zu seinem Gesicht und mit einem leisen Räuspern setzte ihr Gegenüber die Brille ab. „Das kann ich leider nicht machen.“   Wie betäubt sah Nami in das dunkle Auge ihres Gegenübers, da wo das zweite hätte sein müssen erstreckte sich lediglich eine feine lange Narbe, und schlagartig löste sich der Rest der Welt um sie herum auf. „Zorro…“, wisperte sie ungläubig. „Wie…?!“, folgte das nächste Wort, während sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht wich und sie das Gefühl hatte den Boden unter den Füßen zu verlieren. Fast wäre sie tatsächlich umgekippt, hätte der Grünhaarige nicht im letzten Moment ihren Arm gepackt. „Hey…“, setzte er an, da hatte sie sich schon losgerissen. „Fass mich nicht an!“, fauchte sie prompt und trat einen Schritt zurück um mehr Distanz aufzubauen. Überrumpelt hob Zorro die Hände. „Schon gut.“, sagte er beruhigend, sah auf das Formular und dann wieder zu Nami. „Du musst nur noch hier in das Röhrchen pusten und dann bist du mich schon wieder los.“ Nun völlig aus der Bahn geworfen klappte Nami den Mund auf. Sie  schielte auf das Gerät in seiner Hand, dass er sich eben vom Gürtel gezogen hatte und schüttelte ungläubig den Kopf. „Das ist ein Scherz.“, sagte sie als wäre es eine Feststellung doch Zorro schüttelte den Kopf. Was wurde hier eigentlich gespielt? „Stalkst du mich?!“, entfuhr es ihr scharf und als hätte er sich an ihrer Stimme geschnitten, verzog Zorro getroffen das Gesicht. Es war nur für eine Millisekunde, bevor sich sein Blick verschleierte und seine Gesichtszüge sich verhärteten, doch Nami war es nicht entgangen. Schützend hob sie die Arme vor die Brust. Er schien erst gar nicht auf ihre Frage antworten zu wollen, rang sich dann aber doch eine knappe Antwort ab: „Bringen wir es einfach hinter uns okay?“ „Die Polizei nimmt keine Straftäter auf!“, beharrte Nami weiter mit festem Ton und Zorro warf ihr einen Blick zu, den sie im ersten Moment nicht ganz deuten konnte. „Na dann hab ich wohl Glück, dass ich freigesprochen wurde.“, gab er trocken zurück und hielt ihr auffordernd das Gerät unter die Nase. Der Blick den Nami ihm zuwarf ließ ihn einen schweren Seufzer ausstoßen. „Du weißt es noch nicht.“, stellte er unnötigerweise fest, während er das Gerät wieder an seinen Gürtel steckte. Langsam schüttelte Nami den Kopf. Sie sah dabei zu wie er sich die Mütze vom Kopf zog und sich hilflos durch die vom Schweiß feuchten Haare strich. „Wie?“, verlangte Nami zu wissen, was die Aufmerksamkeit Zorros wieder zu ihr lenkte. „Sie haben den richtigen Täter etwa einen Monat später überführt.“ Namis Blick schweifte suchend auf die Fahrbahn. War das die Wahrheit? Sie hatte nichts dergleichen mitbekommen und ihre Freunde hatten auch nichts erwähnt. Nicht dass sie das gewundert hätte. Befangen schlang Nami ihre Arme fester um den Körper. Sie wünschte sie könnte irgendetwas sagen…irgendwas tun um die Situation weniger unangenehm zu gestalten, alles war besser als diese unbehagliche Stille zwischen ihnen, die so viel mehr sagte als irgendeiner von ihnen überhaupt wollte. Mit einem weiteren Räuspern löste Zorro das Blatt Papier von dem Klemmbrett, zerknüllte es und stopfte es sich achtlos in die Hosentasche. Ihre Blicke kreuzten sich und das was sie sah erschreckte Nami. Sie erkannte die Reue in seinem Blick, die Trauer, den Schmerz und was am schlimmsten war: Die Zuneigung die wie ein unlöschbares Feuer in seinen Iren loderte. Nami musste den Blick abwenden. Sie verstand die Welt nicht mehr.  Vielleicht hatte sie unrecht gehabt. Vielleicht war nicht alles besser als diese unangenehme Stille. Zumindest war der Gesichtsausdruck den Zorro ihr in diesem Moment zugeworfen hatte schlimmer als alles was sie sich hätte ausmalen können. Sie hätte die Klappe halten sollen. Sie hätte den Test machen, den Zettel nehmen, sich in den Wagen setzten und wegfahren sollen. Jetzt war sie gezwungen sich dem hier zu stellen. Ihre Kehle schnürte sich zu als sie versuchte zum Sprechen anzusetzen. „Du lügst!“, krächzte Nami unbeholfen. Sie wusste nicht was sie sonst sagen sollte, wusste nur, dass sie das was er sagte, was seine Mimik sagte nicht wahr haben wollte. „Nein.“, sagte Zorro matt und mit zusammengekniffenen Augenbrauen presste er die Lippen hart aufeinander. „Bitte sag, dass du lügst!“, forderte sie, spürte bereits wie ihr Gesicht heiß wurde. Er musste einfach lügen. Denn wenn nicht würden ihre schlimmsten Befürchtungen mit einem Schlag real werden und sie müsste sich den Gefühlen stellen, die sie tief in sich vergraben hatte. „Ich kann nicht. Nicht dieses Mal.“   Still starrte Nami auf den Boden, sah die Spitzen seiner Schuhe und versuchte sich die Details einzuprägen, weil sie wusste das würde sie ablenken, sie vom Weinen abhalten. „Nami…“, es war komisch ihren Namen nach so langer Zeit aus seinem Mund zu hören. Er hatte schon immer diese besondere Art gehabt ihren Namen zu betonen… „Du solltest fahren. Vivi dreht wahrscheinlich schon durch, also…“ „Du warst die ganze Zeit unschuldig.“, stellte sie mit stockender Stimme fest. Sein Blick sprach Bände, von denen Nami aber nichts wissen wollte. Wieso musste er jetzt mit der Wahrheit rausrücken?! „Wieso hast du…“, sie suchte nach den passenden Worten, doch fand keine. „Hier…“, sanft nahm Zorro ihre Hand in seine. Sie dachte anfangs er wolle sie trösten, doch schon im nächsten Moment hatte er seine Hand bereits wieder weggezogen und stattdessen ruhten nun ihre Ausweisdokumente und ein kleiner Streifen Papier in ihrer Hand. Sie wusste nicht ob sie froh oder enttäuscht über die nur so flüchtige Berührung sein sollte. „Fahr zu Vivi. Genieße die Feier. Und wenn du danach reden willst…Dieses Mal beantworte ich dir alles was du wissen willst. Versprochen.“ Unsicher schloss Nami ihre Hand um den Zettel und sah ihm dann zum ersten Mal wieder richtig ins Gesicht. Er versuchte sich ein Lächeln abzugewinnen, was kläglich scheiterte und sie beschlich das Gefühl als wäre das was er sagte zum ersten Mal wirklich aufrichtig. Befreit. „Du weißt von der Feier.“ Sie hatte erst jetzt realisiert, was er wirklich gesagt hatte. Fragend huschten ihre Augen über sein Gesicht und ertappt glitt sein Blick in die Ferne. „Sei Vivi nicht böse. Ruffy hat ihr keine wirkliche Wahl gelassen.“, sagte er vorsichtig, nachdem er sich wieder getraut hatte sie anzusehen. „Bin ich die einzige die…?“, sofort unterbrach Zorro Nami: „Denk nicht darüber nach. Es ist unwichtig.“ Verständnislos verengten sich die Augen der Orangehaarigen. „Unwichtig?!“, wiederholte sie das Wort und wich einen Schritt zurück. „Alle außer mir wussten davon! Du…“, sie suchte verzweifelt nach Worten die ihre Emotionen auch nur annähernd widerspiegelten doch fand keine. „Wie kann das unwichtig sein?!“ Gequält senkte Zorro den Blick und stieß hörbar die Luft aus. „Du musst los…“, sagte er, ihre Frage ignorierend. Sie nickte benommen. Sie hätte nichts anderes erwarten dürfen. Sie hatte ihn im Stich gelassen, sofort als es einen Grund dazu gegeben hatte, hatte sie sich von ihm abgewandt. Wie hätte er sie auch nicht hassen können? Nami sah wie er einen Schritt zurück trat, im Begriff zu gehen und konnte die Tränen jetzt nicht mehr aufhalten. „Zorro, es tut mir so leid!“, krächzte sie erstickt und zittrig fasste sie sich an die schmerzhaft zusammen geschnürte Kehle. „Ich hätte wissen müssen, dass…“ „Nami, hör auf!“, fiel Zorro ihr laut ins Wort. Erschrocken zuckte der Rotschopf zusammen als sie seine starken Hände an ihren Schultern spürte und sie bereitete sich innerlich schon auf das vor, was noch folgen sollte. „Bitte hör auf zu weinen…“, es war fast schon ein Flehen, als die Worte brüchig aus seiner Kehle drangen und als hätte er nicht länger an sich halten können, hatte er die Distanz zwischen ihnen überwunden, und drückte sie nun fest an sich. Überrascht riss Nami die Augen auf. Seine Gestalt, seine Wärme, sein Geruch umfingen sie und beinahe einem Reflex folgend schlang sie ihre Arme trostsuchend um ihn und es fühlte sich gut an ihn so nah zu spüren. Ihre Tränen benetzten seine Uniform und beiden hätte es nicht gleichgültiger sein können. Eine geschlagene Weile standen die Beiden einfach nur da, in den Armen des anderen, die Welt umher vergessen. „Ich bin derjenige der sich bei dir entschuldigen muss, Nami“, flüsterte Zorro heiser an ihrem Ohr. „Du hattest das nicht verdient, es tut mir so furchtbar leid!“ Nami schwieg. Sie konnte die Dinge noch immer nicht ganz begreifen, aber sie war entschlossen sich seine Geschichte anzuhören. Das war sie ihm schuldig, oder?   „Vivi wird mich sowas von umbringen“, nuschelte Nami leise in seine Uniform. Sie hatte einfach nicht länger ausgehalten, hatte nicht länger schweigen können. Sie spürte wie er sich ungelenk von ihr löste. Wahrscheinlich im Glauben ihr wäre die Situation unangenehm. Und Gott das war sie auch! Aber nicht auf die Weise wie er es jetzt bestimmt vermutete. Es waren einfach noch zu viele Dinge ungeklärt. „Ich sollte jetzt fahren.“, gab Zorro steif von sich und nach einem weiteren Räuspern setzte er sich in Bewegung. Er war bereits fast wieder in seinen Wagen gestiegen als Nami ein Ruck durchfuhr. „Zorro!“, rief sie und ließ ihn in der Bewegung inne halten. Einer Aufforderung gleich hielt sie ihm den Streifen Papier entgegen, den er ihr zugesteckt hatte. „Wehe du kommst zu spät!“ Das was auf seinem Gesicht entstand hätte man fast als Lächeln anerkennen können. Der Wind zerrte an ihrem kurzen Sommerkleid, als Zorro mit seinem Wagen an ihr vorbeirollte und beinahe wäre ihr das Papier aus den Händen geglitten, hätte sie nicht im letzten Moment bestärkt die Finger darum geschlossen.       Die Eiswürfel klimperten im Glas, als Nami ihren Strohhalm träge in diesem hin und her bewegte und dann einen kleinen Schluck von ihrem Getränk nahm. Sie schindete Zeit. Und das wusste sie genauso gut wie Zorro, der seither auf eine Antwort ihrerseits wartete. „Nami wenn…“, setzte er nun an doch Nami hob die Hand. „Schon gut.“, stolperten die Worte aus ihrem Mund und sie ließ ihre Augen über seine Gestalt wandern. Ihr fiel auf, dass er die Haare jetzt länger trug, nach hinten gekämmt. Es stand ihm ausgezeichnet. Kopfschüttelnd versuchte sie ihre Gedanken wieder zu sammeln.  „Ich kann nur nicht ganz glauben, dass…“, sie machte eine kurze Pause in der sie ein weiteres Mal ihr Getränk mit dem Strohhalm umrührte. „Es ist so viel auf einmal und ehrlich gesagt blicke ich noch immer nicht ganz durch.“ Sie hob den Blick und fand Verständnis in seiner Mimik. Ein Gedanke schoss ihr in den Kopf und prompt hatte sie diesen auch schon laut ausgesprochen: „Etwa zwei Monate nach…du weißt schon…Jemand hat ein Paket vor meiner Tür abgelegt.“ „Law.“, bestätigte Zorro ihre unausgesprochene Frage und Nami nickte verstehend. „Aber wieso?“ Ihrem Blick ausweichend, sah Zorro aus dem Fenster an dem sie saßen. „Nun, ich glaube das war seine Art sich bei dir zu entschuldigen. Du wirst nichts mehr von ihm hören, also mach dir keine Sorgen.“ Ein Gefühl sagte Nami sie konnte seinen Worten vertrauen. „Und du?“ Eine Art melancholisches Lächeln huschte über Zorros Mundwinkel und Nami rechnete fast mit einem ‚Ja‘, als er auch schon den Kopf schüttelte. „Nein.“, antwortete er fest. „Ich kann nicht leugnen, was er letztendlich für mich getan hat, aber das macht seine Fehler nicht wieder wett. Auch wenn er nicht direkt für den Einbruch verantwortlich war, aber er hat zugelassen, dass es überhaupt erst dazu kam. Genauso wie ich.“ Namis Augen schweiften über die Züge des Grünhaarigen. Sie konnte sich nicht dazu überwinden ihm gut zuzureden, auch wenn sie ihm nicht die Schuld daran gab was passiert war. Jetzt nicht mehr. Er wirkte verletzt und sie konnte es ihm nicht verdenken. Es konnte nicht leicht sein, seinen besten Freund hinter sich zu lassen. Vor allem nicht wenn er es ihm zu verdanken hatte, jetzt auf freiem Fuß zu sein. Mit einer komplett weißen Weste. Zumindest in den Polizeiakten. Vorsichtig tasteten ihre Finger nach seinen. „Und der wahre Täter…Kid?“, setzte Nami weiter an, der Versuch das eben Gehörte noch einmal für sich verstehen zu wollen. „Ich verstehe nich ganz, was er damit zu tun hatte.“, gestand sie leise. „Kid war ein Mitglied unserer Bande. Als ich aussteigen wollte, hat er das als Chance für sich gesehen, meinen Posten zu ergattern.“, erklärte er ihr ruhig. „Als Vize.“, fügte Nami unsicher hinzu und erntete ein bestätigendes Nicken. „Er wollte Law beweisen, dass er meine Aufgaben besser erledigen kann, dass er zuverlässig ist. Und indem er den Einbruch mir untergeschoben hat, wollte er mich aus dem Weg räumen.“, bitter presste Zorro seine Hand zur Faust und Nami fing an ihre Finger behutsam über seine Haut kreisen zu lasse, was ihn sichtlich zu entspannen schien. „Law hat das zu spät erkannt. Ich kann ihm das nicht vorwerfen aber…“, Zorro seufzte schwer und sah Nami dann in die Augen. „Ich wünschte einfach er hätte es früher bemerkt.“ Als wären seine Worte ein Angriff auf sie gewesen, senkte Nami betroffen den Blick und war schon im Begriff ihre Hände wegzuziehen, als Zorro sie stoppte. „Nami was du getan hast war das Richtige.“, raunte er beschwörend, was sie jedoch kaum überzeugte. „Ace, Ruffy,Vivi…Robin. Sie alle hat es nicht daran gehindert weiter hinter dir zu stehen!“, widersprach Nami mit zugeschnürter Kehle und versuchte erneut ihre Finger aus seiner Umklammerung zu befreien, doch er ließ sie nicht gewähren. „Ace wusste von Anfang an was Sache war. Und was Ace weiß, weiß irgendwann auch Ruffy.“, er machte eine Pause, sah dass sie noch immer unzufrieden wirkte und setzte hinzu: „Weißt du eigentlich wie sehr Vivi mir die Hölle heiß gemacht hat, als sie, Ruffy und Ace mich im Krankenhaus besucht haben?“ Ein kurzes ungewolltes Lächeln huschte Nami über die Lippen. „Das kann sie gut.“, hauchte die Orangehaarige. Auch er ließ seine Mundwinkel für einen winzigen Moment nach oben schnellen. „Selbst Robin war eingeweiht…“, murmelte Nami leise und sofort setzte Zorro wieder eine ernste Miene auf. „Zugegeben kam sie zu dem Zeitpunkt wie gerufen.“, ergänzte Zorro, was Namis Blick nur noch verdüsterte. Sie hasste die Vorstellung, dass gerade Robin seine Retterin in der Not gewesen war. Zorro hatte sich an sie gewandt sobald er erfahren hatte, dass Law es auf sie abgesehen hatte. Ein cleverer Schachzug, wenn man bedachte wie viel Einfluss die Schwarzhaarige inne hatte. Der Einbruch bei ihr hätte Law überführen sollen, war gestellt gewesen und doch hatte Law es geschafft sich da raus zu winden. Für einen weiteren Versuch ihn festzunageln war es dann schon zu spät gewesen. Und zu allem Überfluss war es auch Robin gewesen, die Zorro den Platz bei der Polizei verschafft hatte. Natürlich nicht ganz ohne das Zutun des Grünhaarigen, aber es reichte um Namis Stimmung in den Keller zu treiben. Wer glaubte sie zu sein?! Mutter Theresa?!  Nami hatte es letztendlich doch geschafft Zorro ihre Hände zu entziehen und mit im Schoß zusammengefalteten Händen starrte sie auf ihr Getränk. Ihr war nicht mehr nach reden zumute und doch schwirrten noch weitere etliche Fragen in ihrem Schädel. „Dachtest du ich lasse dich im Stich wenn du mir die Wahrheit sagst?“ Anstatt direkt auf ihre Frage zu Antworten holte Zorro aus: „Als Ace mir erzählt hat, was auf der Polizeiwache passiert ist war ich ehrlich gesagt fast schon… erleichtert. Ich hatte gehofft, dass du dich ab da an von mir fern halten würdest. Ich war es leid zu lügen.“ Verletzt senkte Nami den Blick. Er hatte gehofft sie würde sich gegen ihn stellen?! „Nami ich dachte damit wärst du aus dem Visier!“, warf Zorro ein, der wohl erst jetzt bemerkt hatte wie seine Worte geklungen haben mussten. „Wir hatten uns darauf geeinigt, das zusammen durchzustehen!“,warf Nami lauter als geplant ein  und versuchte den Kloß im Hals herunterzuschlucken. „Ich weiß. Nur gab es noch so verdammt viel, was du nicht über mich wusstest…Der Haftbefehl…Ich wusste in irgendeiner Weise war es die Strafe die ich verdient hatte. Verstehe mich nicht falsch ich hatte tierische Angst ins Gefängnis gehen zu müssen…aber es hat sich auch richtig angefühlt.“ Tränen sammelten sich in Namis Augen, weil sie verstand wie er sich gefühlt haben musste, aber auch weil sie ihn für seine Entscheidung die er getroffen hatte hasste. Und weil sie ihm im selben Atemzug dafür liebte. Weil er über ihren Kopf weg entschieden hatte. Weil ihm ihr Wohl wichtiger war als das seine. Sie blickte auf. Sah sein gerötetes Auge und die nassen Spuren die seine Tränen auf seiner Wange hinterlassen hatten. Es versetzte ihr einen Stich ins Herz. „Und als ich erfahren habe, dass du ebenfalls im Krankenhaus warst, da wusste ich dass du hinter mir stehen würdest, dass du mich niemals im Stich lassen würdest, wenn ich dir versichert hätte, dass ich unschuldig bin.“, gab er mit brüchiger Stimme zu und sah sie mit einem Blick an, der um Vergebung bat. Sie erinnerte sich an den Besuch im Krankenhaus und griff sich unwillkürlich ans Herz. „Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie verdammt weh du mir damit getan hast?!“ Weitere Tränen quollen über Zorro’s Gesicht und er hielt es nicht länger aus sie anzusehen. „Es tut mir so schrecklich Leid. Hätte es einen anderen Weg gegeben…“ „Den gab es!“, beharrte Nami, doch sah in seinen Augen, dass er tatsächlich glaubte es hätte keinen gegeben. Enttäuscht verzog sie das Gesicht. „Ich musste sichergehen, dass du mich hassen würdest.“ „Wozu?!“, forderte sie mit lauter Stimme zu wissen, die anderen Gäste ignorierend die sich empört zu ihr umgedreht hatten. „Weil ich es dir schuldig war, dass du glücklich wirst – ohne mich. Weil ich kein guter Mensch bin.“ Das plötzliche Knacken der Eiswürfel war in der Stille die sie beide teilten ungewöhnlich laut. Entsetzt starrte Nami ihn an. Ihre Pupillen huschten rastlos über sein Antlitz, bevor sie heftig mit dem Kopf schüttelte. „Unsinn!“, stieß sie aus und sofort hatte sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Ein Fragezeichen schien über seinem Kopf zu schweben und mit einer Heftigkeit, die sie selbst überraschte fuhr sie fort: „Hältst du wirklich so wenig von dir selbst?!“ Überrumpelt riss Zorro das Auge auf. Er wollte verneinen, doch seine Stimme versagte und da hatte Nami schon weiter gesprochen: „Du hast Fehler gemacht, ja aber sieh dich doch an! Der Fakt dass du hier sitzt… Sagt das nicht schon alles?“ Verdammt, er war dafür bereit gewesen für ein Verbrechen ins Gefängnis zu gehen, dass er nicht begangen hatte! Zorro schwieg eine ganze Weile in der sein Blick ruhelos über den Tisch schweifte und Nami widerstand dem Drang erneut nach seinen Händen zu greifen. „Vielleicht.“, murmelte er schließlich ernüchternd.  Sie warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. „Zorro…“, fing Nami gedehnt an, noch nicht ganz sicher ob sie den Gedanken, der ihr gerade in den Kopf geschlichen war, wirklich laut aussprechen wollte – sollte. Fast hätte sie es gelassen, hätte er ihr nicht diesen erwartungsvollen Blick zugeworfen. Diesen Blick der sie beinahe anflehte etwas zu sagen das ihn aus seiner Lage befreien würde, ohne zu wissen, dass das was sie im Begriff war zu sagen seine Lage nur noch verschlimmern würde. „…alles was mir  fehlt, damit ich glücklich bin…wirklich glücklich bin, bist du.“, hauchte Nami nun leise. Bis sie es ausgesprochen hatte, war sie sich selbst gar nicht sicher gewesen, dass es stimmte. Doch nun wo die Worte so bedeutungsschwanger vor ihrem Inneren Auge zwischen ihnen schwebten, erfasste sie eine unglaubliche Klarheit. Er jedoch sah sie an, als hätte sie ihn gerade mit einem Messer erstochen. „Nicht…“, wisperte er gequält. „Aber es stim…“, setzte Nami an, da hatte Zorro sie schon unterbrochen. „Ich kann nicht, okay?“ Sie hielt inne, studierte seine Miene eine ganze Weile lang bevor sie ein Nicken hervorbrachte und sich in die Polster der Diner-Bank sinken ließ. Ihr schwirrte der Kopf. Irgendwie hatten es diese vier Worte geschafft, ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mit einem langem Seufzer ließ auch er sich zurücksinken. „Glaub mir, zu einem anderen Zeitpunkt, hättest du mich mich diesen Worten zum glücklichsten Mann der Welt gemacht. Aber zum ersten Mal in meinem Leben habe ich die Chance herauszufinden wer ich eigentlich wirklich bin, wer ich sein will.“ Alles was Nami hervorbrachte, war ein weiteres Nicken. Sie hatte widersprechen wollen, aber sein Blick hielt sie davon ab. ‚Du-könntest-mich-davon-abhalten-aber-bitte-tu-es-nicht.‘, sagte dieser und sie wollte nicht diejenige sein, die ihm seinen Wunsch verwehrte und deswegen schwieg sie.   Sie schwieg weil es nichts mehr zu sagen gab, nichts mehr zu tun und keinen Grund weiter hier zu verweilen. Er wollte sie schlichtweg nicht. Wollte sie nicht in seinem Leben haben. War ohne sie besser dran. Und es tat weh. Es war schlimmer als jener Augenblick im Krankenhaus. War schlimmer als jede Wunde die sie jemals gehabt hatte. Schlimmer als sterben. „Kann ich dich noch nach Hause bringen?“ Es dauerte Zehn ganze Minuten bis sie es geschafft hatte ihren Mund aufzumachen, bis sie es geschafft hatte das Wort herauszubringen, das ihre weitere Beziehung zueinander entscheiden sollte. „Nein.“, sagte sie und ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)