Die Schatzinsel von Erdbeerfreundin (ein bisschen anders) ================================================================================ Prolog: -------- Ich habe immer geglaubt, dass die richtig großen Abenteuer nur in Geschichten in Büchern vorkommen. Aber dass ich einmal selbst mitten in einem sein werde, hätte ich mir nicht mal erträumen können. Und alles fing einfach mit einer Flasche voll Rum an. Kapitel 1: 1. Es beginnt! ------------------------- Das Gasthaus „Zum Admiral Benbow“ lag abseits von dem Örtchen Bristol. Ziemlich nah am Meer, denn das Rauschen konnte ich zu jeder Tageszeit hören und ich mochte es sehr. Meine Mutter war immer sehr geschäftig im Gasthaus. Es war das einzige, was von meinem Vater übrig war. Er verschwand vor sieben Jahren ohne ein Wort und heimlich in der Nacht. Wir haben ihn nie wieder gesehen. Mutter war anfangs sehr traurig und ich ebenso. Aber mit der Zeit verabscheute ich es nur noch, dass er uns allein gelassen hat. Wir mussten oft sehr hart arbeiten, besonders im Winter, wenn der eisige Wind gegen die Fenster krachte und es überall durch die Ritzen zog. Aber nun haben wir Sommer. Das Wetter ist gut und Mutter putzte die Fensterscheiben. „Julia, wenn schon ein Gast hier ist“, sagte sie immer zu mir „dann soll es auch ordentlich und sauber sein!“ Nur dieser Gast ist mir unheimlich. Er kam vor ein paar Abendenden, hatte eine Kiste auf der Schulter und einen abgewetzten Seemansrock an. Er stellte sich mit Bill Bones vor, dabei grinste er und beugte sich zu mir, dass ich seinen schlechten Atem roch und seine verfaulten Zähne sah. Sein Blick sagte nichts Gutes und er setzte sich an einen Tisch und bestellte gläserweise Rum. Jeden Tag trank er und er war immer betrunken. Er sang manchmal sogar nachts in seinem Zimmer von Männern auf einer Kiste und noch mehr Rum, stapfte dabei auf und ab, sodass es polterte. Ich habe nach dem zweiten Mal aufgehört zu fragen, warum Mutter ihn hier nicht raus warf. Aber das Geld stimmte leider und wir brauchten es wirklich dringend. Ja, so war das. Und was ich jetzt erzähle, hat sich wirklich zugetragen. An diesem schrecklichen Abend fing es an zu stürmen und zu regnen. Bill Bones verehrte uns mit seiner Anwesenheit in der Gaststube. Manchmal flackerten die vielen Kerzen, wenn ein Luftzug sich durch einen Schlitz verirrt hatte. Es war ziemlich unheimlich, denn so bewegte sich der Schatten von dem alten Seemann bedrohlich hin und her. „Ich will Rum!“, stieß er plötzlich hervor und meine Mutter und ich hielten inne beim Aufräumen des Geschirrs. Sie sah mich an und ich nickte. Mit einer Flasche Rum und einem Glas ging ich zu ihm. Er beäugte mich und sein ungepflegter Bart bewegte sich, als er wieder anfing zu grinsen. Ich schluckte, weil ich seinen Blick verfolgen konnte. „Sir“, sagte ich mehr als laut, damit er seinen Blick von meiner Brust nahm, „hier ist der Rum.“ Ich wollte gerade die Flasche auf den Tisch abstellen, als seine große Hand nach meinem Handgelenk griff. Seine Haut war sehr rau und mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Ich war wie gelähmt, weil ich nicht wollte, dass er mich anfasste. „Setz dich doch ein bisschen zu mir Mädchen. Ich bin in Plauderlaune.“, raunte er mir mit seiner lallenden Stimme zu. Ich hörte, wie meine Mutter die Luft scharf einzog, aber mit einem Blick sagte ich ihr, dass alles in Ordnung sei. Widerstrebend setzte ich mich neben dem Mann. Er roch stark nach Rauch und Alkohol und noch einigen anderen Dingen, die ich mir nicht ausmalen wollte. Er ließ mich los und griff dann nach dem Rum. Er hielt inne, setzte die Flasche dann an seinen Mund und trank so einen großen Schluck des Alkohols. Er machte dabei gurgelnde Geräusche und setzte dann die Flasche ab. Ein komischer Laut entfloh seinem Mund und dann rülpste er lauthals. Ich verzog das Gesicht und rutschte ein wenig von ihm weg, sodass er es nicht bemerkte. Ab und zu hörte ich das Geklapper von Geschirr und Wasserplätschern. Meine Mutter war wieder am putzen, ab und zu sah sie zu uns rüber. „Also… Sir Bones. Sie wollten mir etwas erzählen?“, begann ich, damit ich endlich wieder weg konnte. Ein weiterer Schluck Rum und dann drehte er sich zu mir. „Ja Mädchen! Die Geschichte von Kapitän Flint, dem berüchtigten Piraten! Kennst du sie? Eigentlich ist es keine Geschichte. Denn ich segelte mit ihm! Jawohl! Ein schrecklicher Mann! Und er wollte den Schatz mit niemandem teilen, sag ich dir. Aber ich wäre nicht Bill Bones, wenn ich ihm nicht wenigstens die verdammte Schatzkarte abgenommen hätte! Ha ha ha! Und der einbeinige Silver wird sie auch nie bekommen!“ Sein Lachen war ohrenbetäubend laut. Ich lauschte der Geschichte trotzdem gespannt. Denn von Schätzen habe ich nur gelesen. „Und Sir Bones, wo haben Sie die Schatzkarte versteckt?“, wollte ich wissen und sah ihn mit großen Augen an. Sein Blick verfinsterte sich und er sah sehr bedrohlich aus in diesem Moment. Bones fixierte mich mit seinem trüben Blick und ich schluckte. Ein Geräusch ließ mich aufschrecken, denn soeben wurde die Haustür aufgeschlagen, Wind und Regen schlugen wuchtig herein, die Kerzen flackerten und im Rahmen stand ein gebeugter Schatten. Ein Kichern war zu vernehmen und die gebeugte Gestalt kam in den Raum. Meine Mutter stand wie erstarrt da. Es war alles nicht geheuerlich. Tropfen rannen der Gestalt vom Mantel und dann schlug er die Kapuze fort. Zum Vorschein kam ein alter Mann, seine Augen waren verbunden. Er war wohl blind. „Ja, Billy. Erzähl doch weiter, wo du die Schatzkarte versteckt hast! Hi hi hi.“ Wieder dieses Kichern. Der Seemann stand mit einem Ruck auf, dass der Tisch weg rutschte und die Flasche fast umgekippt wäre. „Pew!“, rief Bones erstaunt und seine Augen waren so weit aufgerissen, dass er wie ein Fisch aussah. Der Blinde bewegte seinen Kopf in unsere Richtung. „Wenigstens erkennst du deinen alten Freund wieder!“, sagte er mit einem Lächeln, wo keine Zähne mehr vorhanden waren. Er kam zum Tisch und benutzte dabei einen Stock, um sich zu orientieren. Als er den Tisch erreichte, hob er den Kopf und sprach weiter. „Ich bin hier, weil ich dir etwas geben muss. Reich mir deine Hand!“ Bones fing an zu Keuchen und als ich zu ihm sah, bemerkte ich den Schweiß, der sich auf seiner Stirn gebildet hatte. Was konnte das nur bedeuten? Langsam und schon fast gemächlich hob er seinen Arm und breitete seine Handfläche vor dem Blinden aus. Dieser suchte nun mit seiner freien Hand nach der von Bones. Als er sie fand, lächelte er wieder. Er legte etwas in die Handfläche von dem Seemann, drehte sich um und bewegte sich langsam wieder fort in die Richtung, aus der er gekommen war. Als er aus der Tür verschwand, lief meine Mutter schnell zur ihr und machte Sie zu und verriegelte sie. „Wer… Wer war das?“ In ihrem Blick stand die Angst. Ich hörte neben mir ein Stöhnen. Billy Bones stand noch immer so da, nur sein Blick fiel auf seine Hand, in der etwas lag. Ein Fetzen Papier und darauf konnte ich einen schwarzen Fleck erkennen. „Was ist das?“, fragte ich. „Der… Der schwarze Fleck!“, stöhnte er und seine Brust bewegte sich auf und ab, als ob er gerade einen Langlauf absolviert hatte. „Sie werden kommen und mich holen… WO IST DER RUM! GIB MIR RUM, MÄDCHEN!“, schrie er mich plötzlich an. Vor Aufregung konnte er sich nicht mal richtig hinsetzen und rutschte hin und her. Ich schenkte ihm den Alkohol ein und er trank das Glas in einem Zug leer. Dann fing er an zu röcheln und aus seinem Mund kam die Hälfte des Rums wieder raus. Ich stand augenblicklich auf und suchte sicheren Abstand. Meine Mutter kam zu mir gelaufen und hielt mich fest. „Oh lieber Gott!“, flüsterte sie und in diesem Moment brach der Seemann Billy Bones zusammen, seine eine Hand verkrampft auf seiner Burst, die sich in sein Hemd verkrallte, in der anderen den schwarzen Fleck umschlossen und sein Körper schlug auf dem Boden auf. Ich wollte zu ihm gehen und nachsehen, was mit ihm war, aber Mutter hielt mich zurück. „Nein…“, sagte sie ängstlich. Ich befreite mich sacht aus ihrem Griff und ging zu dem Mann. Sein Gesicht lag zum Boden gerichtet und ich wollte sehen, ob er noch lebt, griff an seinen Seemansrock und drehte ihn mit Anstrengung ganz auf den Rücken. Ein leiser Schrei entfuhr meiner Kehle, denn seine Augen waren ganz weiß, aus seinen Mundwinkel tropfte Speichel. Sein Brustkorb bewegte sich nicht mehr, stellte ich fest, als ich ihn eine Weile beobachtet hatte. Dann kniete ich mich vor ihn und fing an, seine Taschen zu durchsuchen. „Was tust du da, Julia?!“, schrie meine Mutter schon fast hysterisch. „Lass mich nachsehen, ob es zu der Kiste einen Schlüssel gibt, Mutter. Oder willst du nicht auch einen Schatz haben?“ In mir stieg freudig die Aufregung bei dem Gedanken an einen echten Schatz. Und allen Anschein ist das auch noch ein Piratenschatz. Mein Herz pochte wild in meiner Brust und ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als ich den Toten durchsuchte. Obwohl man das eigentlich nicht machen sollte. In seiner Brusttasche wurde ich fündig. Ein stinknormaler Schlüssel ohne schnick schnack. „Und nun schauen wir uns an, was in der Kiste ist!“, sagte ich und blickte zu meiner Mutter. Diese war absolut nicht davon überzeugt. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätten wir sofort das Haus verlassen und Doktor Livesey geholt. Was uns dann später passierte lies mich wissen, dass meine Mutter nicht immer Unrecht hatte. Wir gingen also hoch in sein Zimmer. Dort war es muffig, denn Bones wollte nicht, dass meine Mutter oder ich diesen Raum betreten. Ich sah auch gleich die Kiste, auf der wir dann zutraten. „Willst du wirklich…? Sollen wir nicht lieber in die Stadt und…“ Ich schnitt meiner Mutter das Wort ab. „Nein, wir machen das jetzt. Vielleicht ist auch ein bisschen Geld drin, von dem wir ein paar Schulden begleichen können.“ Ich sah sie freundlich an und sie nickte nach ein paar Augenblicken. Mit dem Schlüssel öffnete ich das Schloss und machte dann die Kiste auf. Es war ziemlich unordentlich da drin. Ein wenig Schießpulver, Pistolenkugeln, eine Schreibfeder und vergilbtes Papier, ein Buch mit fransigen Seiten, ein paar Sachen zum Anziehen. Nichts davon sah nach einer Karte aus oder nach etwas Geld, als mir dann ein Lederbündel auffiel. Ich nahm es und wickelte den Inhalt aus. Es war wieder ein Stück Papier, aber mit etwas wachsartigem bearbeitet und auf ihr waren zarte Linien gezeichnet. Eine Insel war abgebildet und auf dieser ein Kreuz. Das musste wohl die Schatzkarte sein! Meine Mutter seufzte enttäuscht. Ich glaube, sie hätte lieber Geld gefunden, als ein Stück Papier. Ein Krachen war zu hören, Poltern und Klirren von Glas folgten. Erschrocken sahen wir uns an. „Was war das?“, fragte ich ängstlich. Und dann hörten wir Stimmen. Sie kamen von Männern. Wir schlichen aus dem Zimmer und hörten gespannt zu. „… hat der sich wohl so in die Hose geschissen, dass der verreckt ist! Ha ha ha!“, drang eine bedrohlich tiefe Stimme in mein Ohr. Ich wagte mich weiter nach vorne, um zu sehen, was die Männer da machten. Es war vier und einer von Ihnen untersuchte den toten Bill Bones. „Der alte Billy hat die letzten Jahre ziemlich zugelegt, was?“, sagte der Mann mit der drohenden Stimme in Richtung des Toten. Er hatte langes grau-schwarzes Haar, das er zu einem Zopf gebunden hatte. Seine Haut war braun gebrannt und mit Narben übersät. Die Schatten tanzten um die Männer und ich war neugierig, wie sie reagieren würden. Denn ich wusste genau, dass sie den Schlüssel suchten und die Kiste mit der Karte. Ich zog mich wieder zurück und flüsterte zu meiner Mutter, dass wir schnellstens hier verschwinden müssten. Sie fing an zu zittern und nickte. Wir schlichen in das hinterste Zimmer, wo es eine Leiter nach unten gab. Plötzlich hörten wir wütendes Geschrei von unten. Ich glaube, sie haben nun festgestellt, dass der Schlüssel weg ist. Stühle wurden durch die Gegend geschmissen, Tische umgeworfen und dann hörte ich Geschirr klirren. Sie warfen sicher alles um und zerstörten es. Es musste was mit diesem schwarzen Fleck zu tun haben. Diese Männer kannten Bill Bones sehr gut. Vielleicht war er so erschrocken darüber, weil es sich um Männer von Kapitän Flint handelte? Oder er war selbst einer von ihnen und sein großes Geplauder gar keine Märchengeschichte. Das Scharren von Füßen holte mich wieder aus meinen Gedanken und ich sah, dass jemand hochkam. Wir öffneten das große Fenster im Zimmer und kletterten so leise es ging die Leiter hinunter. Es regnete immer noch in Strömen und für eine Sommernacht war es ziemlich kalt. Zuerst war Mutter unten und dann sprang ich den letzten Meter. Das Fenster knallte, aus dem wir gekommen waren. Wir mussten nun wirklich schnell fort, bevor sie uns sahen. „Heeeeeeeeey! Black Dog! Draußen läuft jemand auf der Straße davon! Die haben vielleicht die Karte!“, rief jemand und ich sah mich beim Laufen um, ob sie uns gleich entdeckten. Wir hatten Glück, das Geschrei wurde immer leiser und ich versteckte mich mit meiner Mutter bei der nächstbesten Gelegenheit hinter Sträuchern. Wir waren außer Atem, wagten aber nicht zu atmen, als wir Stimmengemurmel hörten. Rasch entfernten sie sich, trotzdem blieben wir wie verstummt und versteinert hocken. Erst als wir uns sicher waren, betraten wir die Straße, hielten uns aber eher Abseits von ihr und machten uns auf zur Stadt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)