OS Sammlung von Yuugii (Verschiedene Kurzgeschichten) ================================================================================ Kapitel 8: Tränen um Mitternacht - (Neutral) -------------------------------------------- Erst gestern hatte er das Video seiner geliebten Schwester gesehen. So lange Zeit hatte er keinen Kontakt mit ihr und irgendetwas in ihm gab ihm selbst die Schuld für ihren Zustand. Er wollte sie retten, aber er war nur ihr Bruder und kannte keinen Ausweg. Schon den ganzen Tag über fiel es ihm schwer nicht an sie zu denken, die Tränen zu verbergen. Seine Freunde wussten lange Zeit nichts von seiner lieblichen Schwester Shizuka, welcher seit ihrer Geburt an einem starken Augenfehler litt. Schon immer hatte sie schlecht gesehen, doch Katsuya war da, um sie aufzufangen und ihr den richtigen Weg zu zeigen. Doch als sich ihre Eltern schieden, nahm ihre Mutter Shizuka einfach mit und verschwand in eine andere Stadt, so weit weg wie möglich von ihrem Vater Kazuhito. Schnell legte sie den Ehenamen ab und nahm ihren alten Namen Kawai an, wollte somit ihre ganze Vergangenheit vergessen. All die Zeit über hatte Katsuya sich gefragt ob es seine Schuld war, weil er so unnütz war, doch irgendwann wurde dieser Gedanke mit Hass und Wut ihr gegenüber ersetzt. Kazuhito hatte seinen Arbeitsplatz verloren und wurde zum Alkoholiker, wurde immer aggressiver und irgendwann verschwand die Liebe, welche Shino und ihn verband. Die beiden Kinder hatten lange Zeit darunter gelitten, doch eines Tages, ohne jegliche Vorwarnung, hatte sich alles geändert. Diesen Tag würde Katsuya niemals vergessen können, dieser Schmerz und diese Enttäuschung damals hatten sich zu sehr in sein kleines geschundenes Herz gebrannt, würden niemals von dannen ziehen. Shizuka war sein einziger Halt, schon damals, als sie noch ganz klein waren. Sein Vater war nie wirklich mit ihm zufrieden gewesen und wurde schnell laut, doch Shizuka war da, um seine Tränen zu trocknen, die seine Wutausbrüche hinterlassen hatten. Schon da entstand ein Gefühl der Nutzlosigkeit, doch seine kleine, süße Schwester schenkte ihm ein heilendes Lächeln und alles war vergessen. Der Gedanke an ihr Lächeln machte ihn stark, doch irgendwann wurde diese Stärke von Schwäche erschüttert. Nie hatte er sich wirklich mit seinem Vater verstanden und nun lebte er alleine mit ihm. Katsuya war erst zehn Jahre alt, als ihm bewusst wurde, dass er auf seinen Vater nicht zählen konnte. Und dennoch wollte er nicht aufgeben, weder sich selbst noch seinen Vater. Lange Zeit zahlte das Sozialamt für die beiden und es ging eine Zeit lang gut, zwei Jahre später, war sein Vater so verzweifelt, dass er sich das Leben nehmen wollte. Katsuya aber hielt ihn auf und zum ersten Mal wurde dem Jungen bewusst, dass er seinen Vater zu Unrecht hasste, denn er war ein schwacher Mensch, der Hilfe brauchte und sie nicht bekam. Auch wenn es für den Blonden schwer war, so wollte er für diesen einsamen Menschen da sein und dazu kam, dass er sein Sohn war und er ihn einfach nicht im Stich lassen konnte. Etwas in ihm verbot es ihm. Der Gedanke an Shizuka war das einzige, das ihm in dieser schweren Zeit Halt gab, doch irgendwann heilte allein der Gedanke an sie nicht mehr seine Wunden und er flüchtete vor seinen aggressiven Vater, welchem öfter die Hand ausrutschte. Tagelang war er draußen herum geirrt und wusste weder ein noch aus, zu diesem Zeitpunkt war er bereits 14, hatte mehr in seinem jungen Leben erfahren müssen, als manch anderer. Verzweiflung fraß sich durch seinen Körper und irgendwann hatte er aufgegeben, kippte um und wollte einfach nur noch sterben. Immer wieder musste er an die alten Zeiten denken, die schönen Erinnerungen mit seiner lieben Schwester und seiner damals noch glücklichen Familie. Es waren die Gefühle, die er nicht vergessen konnte und diese eine schicksalshafte Begegnung mit einem Jungen, welcher sein komplettes Leben auf den Kopf stellte. Hirutani. Er war der Anführer einer Straßengang, zwei Jahre älter als er und für jegliche Lebenssituationen gewappnet. Katsuya wollte genauso sein wie er und nahm ihm zum Vorbild, wurde ein Mitglied dieser Gang und hatte endlich, seit langer Zeit, eine Familie gefunden, die ihm Halt gab und ihn immer unterstützte. Obwohl Katsuya heute nicht mehr so über Hirutani dachte, so waren diese Leute einmal die einzigen gewesen, die ihm das Gefühl gaben nicht nutzlos zu sein. Schlagartig war alles anders, immerhin war er nun nicht mehr allein. Zu lange musste er sich alleine durch sein Leben boxen. Seinen Vater jedoch konnte er niemals vergessen, er bezahlte dessen Schulden und wollte, dass es ihm so gut wie möglich ging. Und dies, obwohl dieser Mann sich nie wirklich um ihn gekümmert hatte, ihn einfach hatte liegen lassen und sich einen Dreck um ihn scherte. In der Zeit, als er in dieser Gang war, wurde er viel selbstbewusster, arroganter und auch aggressiver. Nicht nur geistig wurde er stark, auch äußerlich. Die Straßenkämpfe zwangen ihn dazu kräftiger zu werden. Denn endlich hatte er verstanden, dass Stärke das Wichtigste von allem war. Menschen, die schwach waren, verachtete er und er wollte ihnen zeigen, was es bedeutete stark zu sein. Dass er selbst Mal ein schwacher Mensch war, hatte er zu diesem Zeitpunkt völlig vergessen. Hirutani wurde sein bester Freund und Ersatzvater, der sich seiner annahm. Als er die Schule wechseln musste, hatte er sich für eine andere entschieden und der Kontakt zu Hirutani flachte ein wenig ab. Es war nicht so, dass ihn die Schule interessierte, seine Noten waren miserabel und er wurde einfach nur mitgezogen. Doch an dieser Schule begann wieder ein neuer Lebensabschnitt, welchen Katsuya nicht annehmen konnte. Sich von den anderen distanzierend, fand er aber einen Freund. Hiroto Honda, welcher ihn als Vorbild ansah. Heute könnte Katsuya gar nicht mehr nachvollziehen wie es überhaupt zu ihrer Freundschaft kam, aber er wusste, dass ihre Freundschaft etwas ganz Besonderes war. Da er selbst nie etwas mit den anderen zu tun haben wollte, wurde er schnell aggressiv und beleidigend, um den anderen damit zu zeigen, dass er kein Interesse an ihnen hatte. Hiroto kam als einziger zu ihm und sagte ihm grinsend, dass er sein Freund sein möchte. Diese Art von Glück kannte der Blonde bis dahin nicht, jedoch wollte er nicht Hirutani enttäuschen und erklärte, dass er ihn nie wieder ansprechen sollte. Daraufhin folgten ein langer Streit und eine Prügelei, die die beiden zusammenschweißte und zu besten Freunden machte. Sie erlebten viel und zum ersten Mal in seinem Leben hatte Katsuya die Möglichkeit, jemandem von seinen Problemen und Gefühlen zu erzählen. Tatsächlich fühlte er sich geborgen, aber immer noch waren da gewisse Brücken, die nicht so einfach überwunden werden konnten. So war Hirutani immer in seinen Gedanken. Die Straßengang, zu der er gehörte, verbot äußere Freundschaften, denn man hatte seine Zeit allein für diese „Familie“ zu opfern. Alles andere wäre Verrat. Im Bewusstsein, dass ihm dies nicht gefiel, beschloss Katsuya, sich von der Straßengang loszusagen und ein neues Leben anzufangen. Dieser Entschluss wurde hart bestraft, noch heute waren die Narben auf seiner Haut zu erkennen. Aber er war glücklich sich so entschieden zu haben. Dann erfolgte ein Klassenwechsel und obwohl Katsuya nichts mit den anderen zu tun haben wollte, so war ihm ein bestimmter Junge ein Dorn im Auge. Schwach und einsam, genauso, wie er es einmal war. Und dieses alte Leben, das er einst geführt hatte, hasste er. Eigentlich hasste er sich selbst dafür, dass er ohne fremde Hilfe es nicht schaffte sich wieder aufzurichten. Shizuka war schon immer seine emotionale Stütze und war immer in seinen Gedanken, als er am Ende war, musste Hirutani ihm hoch helfen und nun hatte er Hiroto, welcher ihm Halt gab. Der Hass auf sich selbst war größer als der Hass auf seine Eltern, welche ihm in Stich gelassen hatten. So wie sein Leben war, gefiel es ihm nicht und er wollte es ändern. Dieser Dorn war kein anderer als sein heutiger bester Freund Yuugi Mutou. Damals dachte er aber nicht so über ihn wie heute. Diese kindische und friedliche Natur des Jungen machte ihn rasend und er konnte nicht anders, als ihn zu tyrannisieren und ihm aufzuweisen, was Stärke bedeutete. Und obwohl dieser Junge so schwach erschien, hielt er mutig durch und ließ sich von nichts erschüttern, ging besonnen und ruhig seinen Weg und eigentlich war es das, was Katsuya sich wirklich wünschte. Er hasste ihn nicht, weil er schwach war, sondern weil er stark war und etwas hatte, dass er sich selbst wünschte. Eine liebende Familie, die ihm abends willkommen hieß und ein fröhliches Leben. Etwas, das er niemals haben könnte. Nichts hatte er von alledem. Weder eine Familie, noch ein glückliches Leben. Die Straßenkämpfe waren lange Zeit alles, wofür er lebte und dann kam noch die Sache mit seinem Vater, die ihn zusätzlich belastete. Um dessen Schulden zu bezahlen stahl er von anderem Geld und irgendwie schaffte er es durchzukommen. Hiroto hatte ihm gesagt, dass er ihn als Lieferjunge in einer Pizzeria einen Job besorgen könnte, doch Katsuya war sich nicht sicher ob er das wollte. Eines Tages aber geschah etwas, das Katsuyas Denkweise über den schwächligen Jungen änderte. Hiroto und er hatten sich immer wieder über Yuugi lustig gemacht, doch dann kam die Vergeltung. Ushio schlug die beiden zusammen und verlangte von Yuugi, dass er dies bezahlte. Doch anstatt dass sich der Kleine über den Zustand der beiden freute, schien er schockiert und empört. Dann, als Yuugi sich gegen Ushio auflehnte und die beiden auch noch als Freunde bezeichnete, realisierte Katsuya, dass es da etwas gab, dass er bisher nicht erkannt hatte. Nur weil Yuugi schwach war, hieß das nicht, dass er keinen Mut hatte. Zum ersten Mal sah er wie mutig Yuugi wirklich war und der Gedanke, dass er sich für ihn einsetzte, obwohl er ihn so hart dran genommen hatte, ließ ihm bewusst werden wie erbärmlich er eigentlich war. Das Leben, das er bisher lebte war nicht so wertvoll, wie das, was Yugi anzubieten hatte. Die beiden wurden Freunde und waren immer füreinander da. Katsuya war glücklich diesen Jungen an seiner Seite haben zu können. Yuugi war ein begnadeter Duel Monsters Spieler und er erklärte ihm dieses Spiel, zeigte ihm die Welt der Spiele und brachte ihn dazu seine Zeit nicht mit Straßenkämpfen zu vergeuden. Den Job als Lieferanten hatte er bekommen und bezahlte die Schulden seines Vaters nun ehrlich ab, mit den wenigen Sozialgeld kümmerte er sich um den Haushalt. Nun hatte er wirkliche Freunde gefunden, doch seine Schwester konnte er niemals vergessen. Immer wieder redete er im Gedanken mit ihr, wollte ihr sagen, was er alles erlebt hatte. Lange Zeit hatte er sie nicht sehen können, wünschte es sich und jetzt, als er das Video gesehen hatte, tat es ihm Leid, dass er sich nicht mehr um sie bemüht hatte. Seine Probleme waren im Gegensatz zu ihren Problemen doch ein Witz. „Lieber Bruder, wie geht es dir? Lange her, was? He he, damit du mich nicht vergisst, habe ich dieses Tape aufgenommen und dir geschickt. Schade, dass ich dein Gesicht nicht sehen kann. Ich würde dich so gerne wieder sehen. Aber du hast so viel zu tun und wohnst so weit weg. Jetzt am Ende…“ Tränen bildeten sich in seinen Augen und er biss sich auf die Unterlippe.. „…wollte ich dich noch einmal sehen. Alles Gute. Tschüss Katsuya.“ Noch immer hallten ihre Worte in seinem Kopf wieder. Auf dem Video sah sie so zerbrechlich aus, so krank und in ihren Augen konnte er Furcht, Trauer und Einsamkeit lesen. Sie alle hatten mit ihren Problemen zu kämpfen, doch dass seine geliebte Schwester so sehr leiden musste, ließ ihn nicht ruhig schlafen. Vor seinen Freunden versuchte er stark zu sein und unterdrückte die aufkommenden Tränen und die Angst um sie. Er wollte nicht, dass sie ihn so sahen, da war ihn allerdings nicht bewusst, dass seine Freunde ihm bei dieser schweren Zeit beistehen würden. Yuugi hatte eine Hand auf seinen Rücken gelegt, hatte Verständnis für seine Missmutigkeit und würde ihn nicht im Stich lassen. Lächelnd hatte er sich bei ihm bedankt und erklärte seinen Freunden die Lage, sie alle verstanden ihn und lachten nicht. Dass er zum ersten Mal in seinem Leben richtige Freunde hatte, machte ihn mehr als nur glücklich. Er wollte, dass Shizuka auch solche Freunde kennenlernte. Er wollte sie wieder in den Arm nehmen und ihr sagen, dass sie ihm sehr wichtig war. Doch wie sollte er das schaffen? Er drehte den Kopf zu Seite und blickte auf die Uhr. Es war kurz vor Zwölf und schon wieder kamen ihm die Tränen aufgrund seiner Hilflosigkeit. Wie sollte er sie retten, wenn er in all der Zeit noch nicht Mal den Mut gefunden hatte sie zu besuchen? Ihr zu sagen wie lieb er sie hatte? Wie dankbar er ihr war? Eventuell gab es eine Möglichkeit sie zu retten, er brauchte viel Geld und um dieses zu bekommen, würde er Yuugi heimlich in das Königreich der Duellanten folgen. Yuugi war ein guter Mensch und er verstand ihn, gemeinsam würden sie es schaffen. Sie würden Sugoroku Mutou und seine kleine Schwester Shizuka retten. „Shizuka…“, schluchzte er leise in die Dunkelheit und wischte sich energisch die Tränen weg. Sein Entschluss stand fest, er würde sie auf jeden Fall retten und ihr ein schönes Leben bescheren, denn er wollte ihr stolz in die Augen sehen können, um ihr zu sagen, dass er sie lieb hatte und sie brauchte. All die Zeit war sie sein ständiger Begleiter und er war ihr etwas schuldig. „…ich werde dich retten.“ Anmerkung: Shino und Kazuhito sind nicht die Originalnamen von Katsuyas und Shizukas Eltern. Beide haben sowohl in der Serie als auch im Manga nur wenige Auftritte und haben keinen offiziellen Namen. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)