Virtuelle Liebe von _Yume_chan_ ================================================================================ Kapitel 9: 9. Kapitel --------------------- Kapitel Neun Nach ungezählten, schlaflosen Stunden quäle ich mich aus dem Bett. Ich spüre den Puls in meinem Arm pochen, es tut weh. Es tut sogar höllisch weh. Das hast du dir selbst zuzuschreiben, du Idiot!! Innerlich beschimpfe ich mich selbst. Ich bin inkompetent und vor allem bin ich es nicht wert, geliebt oder gar gemocht zu werden. Eigentlich müsste ich von dieser Welt verschwinden. Ich habe hier doch so wie so nichts verloren. Was soll das ganze eigentlich? Warum hört dieser Schmerz nicht auf?! Warum…? In jedem Moment fühle ich mich dem Tod so nah, innerlich bin ich schon tot. Mich würde eh keiner vermissen… Im Wohnzimmer angekommen schnappe ich mir die Fernbedienung, als ich an ihr vorbei laufe und sinke in den Sessel. Die Knie anziehend, fest an meinen Körper pressend schalte ich die Flimmerkiste an, zapp etwas durch bevor mir auffällt, dass es nicht wichtig ist was in Fernseher läuft. Mich interessiert es einfach nicht, nichts interessiert mich mehr. Auch der Rothaarige mit den grünen Augen scheint aus meinen Gedanken verschwunden zu sein, denn sobald das Bild von ihm vor meinem inneren Auge auftauchen möchte, versuche ich mich daran zu erinnern, dass er mir nicht verzeihen kann. Keiner kann mir verzeihen, ich selbst kann das nicht. Es scheint, als wäre ich irgendwann eingeschlafen, denn als ich aufwache hämmert es hart gegen meine Eingangstüre. Ich kann nicht... Meine Glieder fühlen sich wie Blei an, es fällt mir schwer auch nur ein Bein zu heben. „Roxas!! Ich weiß, dass du da bist, verdammt noch mal!! MACH DIE TÜR AUF!!!“ Ich kann Soras Stimme erkennen. Was will er hier…? Nach und nach schaffe ich es doch, mich aufzuraffen und ich schleife mich zur Türe, um diese zu öffnen. Sora fällt mir um den Hals. „Oh Gott, du lebst noch!“ Er schluchzt auf, doch ich schiebe ihn leicht von mir weg. „Was willst du…?“ „Ich wollte sehen, ob du noch lebst!! Du warst seit drei Tagen nicht mehr in der Schule, sag was hast du die ganze Zeit gemacht?“ Mein Gegenüber sieht mich schon fast hysterisch aus seinen blauen Augen an. Drei Tage…? Das Zeitgefühl scheint wohl mit allen anderen Emotionen geflohen zu sein, die wollten auch nicht bei mir bleiben. „Es geht mir gut…“, versuche ich ihn abzuwimmeln. Erfolglos. „Roxas, verdammt nochmal! Willst du hier an Nahrungsmangel draufgehen?! Jetzt versuch doch einfach mal, wieder rauszukommen! Ich mach so eine Scheiße nicht nochmal mit dir mit!“ Stimmt, Sora hat es schon mal mitbekommen, musste schon mal dabei zusehen, wie ich nicht stark genug war. „Sora, geh bitte. Du musst das hier alles nicht machen, ich komm sehr gut alleine zurecht. Geh bitte…“ Ein geknickter Ausdruck tritt in Soras Augen, er weiß, dass er machtlos ist. „Bitte Roxas, lass dir helfen…“ Mit diesen letzten Worten lasse ich die Türe langsam zufallen. Ich will nicht, dass er meinetwegen leidet. Er soll sich auf andere Dinge konzentrieren, bei mir ist es eh schon zu spät. Kaum zu glauben, dass ich mehre Tage regungslos irgendwo lag… Ein leichtes Drücken im Magen bestätigt mir aber, dass ich seit längerem nichts mehr gegessen haben muss. Im Kühlschrank wird nichts mehr sein, da brauch ich gar nicht nach sehen. Raus gehen kann ich nicht, die Kraft dazu fehlt mir. Ich leg mich einfach wieder hin, vielleicht hört es irgendwann auf. Das Kribbeln in meinen Beinen weckt mich auf, ich habe in einer sehr seltsamen Körperhaltung geschlafen und mir dabei die Blutzufuhr zu den Beinen zugedrückt – beide Beine sind eingeschlafen. Aber auch mein Hunger ist unerträglich geworden. Es bringt nichts, ich muss jetzt einfach etwas kaufen, damit ich überhaupt etwas esse. Als ob das nötig wäre…  Im Laufen werfe ich mir meine Jacke über und steige in meine Schuhe. Relativ schnell ist das Haus verlassen, ein schlechtes Gefühl begleitet mich bis zu dem Schnellrestaurant bei mir um die Ecke. Ich weiß nicht was es ist, doch es fühlt sich nicht gut an. Wenn mich jetzt jemand überfällt ist es auch schon egal, schlimmer werden kann es nicht… Als ich mich auf den Weg mache, wieder nach Hause zu gehen, werde ich von einer starken Hand in eine dunkle Ecke gezogen. Ich versuche zu schreien, vor Schreck, vor Angst, der Unbekannte drückt mir eine große Hand vor den Mund. Nur noch in der Lage zu atmen lasse ich mich mitschleifen. Wehren brauch ich mich eh nicht. Dann spüre ich die Wand in meinem Rücken und den Angreifer kann ich direkt vor mir ausmachen. „Wehe, du brüllst jetzt rum!!“ Das beruhigt mich nicht! „Okay, ich will dir nicht wehtun, ich muss mit dir wegen Axel reden! Es ist mir sehr wichtig. Versprich mir, nicht zu schreien, ja?“ Die Stimme des Unbekannten klingt unsicher, ich weiß nicht warum, doch ich glaube ihm, versuche zu nicken. Er scheint es verstanden zu haben, denn sogleich lässt er die Hand vor meinem Mund, doch seine Hand am meiner Schulter lässt er dort liegen. Zuerst schnappe ich nach Atem. „Was willst du wegen Axel…?“, zische ich leise, dabei wollte ich diesen Namen nie wieder hören oder sagen. „Ich habe ihn besucht, er murmelt im Schlaf deinen Namen, immer und immer wieder, dabei weint er manchmal.“ Seine Stimme ist sehr leise und gedrückt. Macht sich dieser junge Mann sorgen um Axel? Wer ist das? Ist das nicht einer aus dieser Schlägergang? Vielleicht… „Was interessiert mich das…“ Doch der Andere schneidet mir das Wort mit einer Handbewegung, die ich nur erahnen kann, ab. „Ich beobachte dich, seit wir das letzte Mal auf einander getroffen sind!! Dir geht es beschissen, das sieht man! Du isst nichts, du tust nichts!! Mann, du siehst aus wie eine wandelnde Leiche! Ich weiß, was zwischen euch lief!!“ Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Nicht angenehm, zu wissen, dass man beobachtet worden ist, oder noch wird. „Du wirst morgen Axel besuchen, spätestens übermorgen! Ich schwörs dir, und wenn nicht breche ich bei dir ein und zerr dich dort hin!! Axel braucht dich!!!“ Er schüttelt mich kurz und stößt mich dann leicht gegen die Wand. Dann rauscht er ab. Ich weiß nicht mal seinen Namen, doch inzwischen bin ich mir sehr sicher, dass das einer aus der Gang ist. Anders kann es gar nicht sein! Axel braucht mich? Kann ich mir nicht vorstellen… Was er eher braucht, ist ein Leben ohne mich. Ein Leben, welches ich ihm nicht zerstört habe. Nachdenklich, und mit meinem Essen in der Hand, welches unter diesem Überfall nicht hat leiden müssen, mache ich mich auf den Weg nach Hause. Ich muss mir viele Sachen durch den Kopf gehen lassen. Vor allem das mit Axel. Ich glaube nicht, dass er mich braucht… ich habe ihn erst in diese Lage gebracht! Ich bin doch schuld daran, dass er dort liegt! Die Sonne geht auf, ich bin immer noch nicht drauf gekommen, was besser für mich ist oder für mein Leben. Ob ich Axel besuchen soll oder nicht. Mich bei ihm entschuldigen? Dafür dass ich ihn fast umgebracht habe? Was wird passieren, wenn ich nicht geh? Ich denke an die Drohung zurück. Auf einmal habe ich das starke Bedürfnis an die frische Luft zu gehen. Auch wenn ich weiß, dass das beim letzten Mal etwas schief gegangen ist, ich glaube nicht, dass man mich in der Früh um halb neun zusammenschlagen wird. Ein Versuch ist es wert. Meine Beine tragen mich dorthin, wo sie gerade möchten. Ich selbst habe kein Ziel, eher irre ich ziellos umher. Ich möchte eigentlich nur einen klaren Kopf bekommen, um endlich mal auf eine Lösung zu kommen. Fakt ist, dass ich Gefühle für RedFire habe, und Axel hasse, weil er mich immer anstarrt, immer da ist. Doch es ist ein und dieselbe Person. Das ist doch nicht fair! Was soll ich nur machen… Eigentlich bin ich so auf RedFire sauer, er hat mir nicht gesagt, wer er ist, dafür hasse ich ihn eigentlich. Wohl eher hasse ich ihn, weil er Axel ist. Und das einfach nur deswegen, weil er einfach er ist. Es ist zum Schreien, ich will nicht mehr. Ich komme so nicht auf eine Lösung. Warum hasse ich Axel eigentlich?, kommt es mir in den Sinn. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, nie. Stimmt. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich gar keinen Grund um Axel zu hassen. Nur weil er mich ansieht? Weil er mir ständig über den Weg läuft? RedFire meinte mal, dass es ja sein könnte, dass Axel auf mich steht, was wenn es stimmt? Ich laufe weiter. Ach das bringt doch nichts!! Ich kann mir nichts eigenes zusammen reinem!! Mein Entschluss steht fest, um etwas rauszufinden, muss ich zu Axel, ob ich jetzt nun will oder nicht. Dann weiß ich zumindest, woran ich bin. Gezielt laufe ich los, bis ich bemerke, dass ich mich gnadenlos verlaufen habe. Total verloren bleibe ich stehen und blicke mich um. Das kann doch nicht sein… Ich versuche meine Orientierung zu finden, in dem ich mich ein paar Mal im Kreis drehe. Es bringt nichts. „Soll ich dich wo hinfahren?“ Eine bekannte Stimme ertönt hinter mir, gemischt mit dem Geräusch eines Motors. Hinter mir steht ein Auto, das Fenster offen, aus dem ein junger Mann blickt und mir zu winkt. Ist das nicht der Kerl von letzter Nacht? Zögernd laufe ich auf das Auto zu und steige ein. „Du wolltest doch bestimmt zu Axel, oder?“ Seine Stimme klingt freundlicher. „Du beobachtest mich wirklich, oder?“, meine Gegenfrage. Der Fahrer blickt leicht verlegen auf die Seite, verliert dennoch nicht den Blick für die Straße. „Ja, ich bin übrigens Demyx.“, lächelt er mich an. „Ich bin nicht so der Fan davon, wie dich die anderen behandeln. Ich hasse Gewalt eigentlich!“ Noch verwirrter sehe ich ihn an. Er hasst Gewalt, ist aber dann in einer Schlägergang? Diese Frage stelle ich laut. Er kratzt sich mit seiner freien Hand am Hinterkopf. „Ja ich weiß, das klingt ziemlich behindert. Aber die Jungs sind wie eine Familie für mich, ich habe sonst keinen. Aber die sind immer so auf Gewalt aus, und sie haben Axel nie wirklich zugehört. Ich schon! Deswegen verstehe ich ihn auch besser! Und ich finde, dass es das Beste ist, wenn du mal zu ihm gehst, und mit ihm redest! Er will unbedingt mit dir reden!“ Ich hole zuerst tief Luft, versuche eine Antwort zu finden, doch Demyx hat es sehr gut hinbekommen, mich zum Schweigen zu bringen. „Weißt du, Roxas…“, fängt er erneut an. „Ich weiß, dass die Gefühle von Axel echt sind. Er will dich nicht verarschen! Er will dich vor allem beschützen. Ich glaube sogar, dass er dich liebt!“ Nach dieser Aussage tritt ein schon fast peinliches Schweigen auf. Ich muss mir erst darüber im Klaren werden, was ich jetzt überhaupt im Krankenhaus sagen will. Ich möchte das von ihm selber hören! Das mit den Gefühlen, dass er mich nicht verarschen möchte. Vielleicht werden mir ja dann ein paar Fragen beantwortet, vielleicht geht’s mir ja dann besser. Und vielleicht verzeiht er dir auch… Nach ein paar Minuten des Schweigens kommen wir am Krankenhaus an. Demyx lässt mich raus, mit der Aussage, dass er hier warten würde, egal wie lange es dauert. Er möchte mich danach wieder nach Hause fahren. Ich habe keine Ahnung, warum er so freundlich zu mir ist, doch scheinbar bedeutet ihm Axel wirklich viel! Sonst würde er das nicht für mich machen, weil um meinetwillen kann er das gar nicht machen. Zuvor hat mir Demyx noch gesagt, dass Axel immer noch auf der Intensiv Station liegt, da sich die Ärzte noch nicht sicher sind, ob wirklich alles schon geschafft ist. Wo dieses Zimmer liegt, weiß ich ja schon. Ich laufe durch die Eingangshalle, bin mir immer noch sehr unsicher, ob das jetzt die richtige Entscheidung ist. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt… Und auch davon bin ich nicht überzeugt! Ich suche nicht lange, und trete, ohne zu klopfen, in Axels Zimmer. Es ist etwas abgedunkelt und Axel scheint zu schlafen. Zumindest kann ich von der Tür aus sehen, dass sich sein Brustkorb gleichmäßig hebt und senkt, er sieht auch nicht zu mir rüber. Er schläft sicherlich. Langsam gehe ich näher zu ihm, möchte ihn nicht wecken. Ich erblicke eine freie Stelle rechts auf dem Bett, auf der er nicht liegt und setze mich darauf. Sich einen Stuhl zu holen wäre jetzt zu laut, das erhöht das Risiko, den Rothaarigen zu wecken. Einige Zeit lang beobachte ich ihn einfach, wie er da so friedlich da liegt, selbst sein Mund ist entspannt. Ich kann es nicht verhindern und starre ihm schon fast auf seine wohl geformten Lippen. Sie faszinieren mich. Axels Augenlieder flattern leicht, bevor er sie schwerfällig öffnet. „Hm..?“ Er scheint noch nicht wahrzunehmen, wer hier neben ihm sitzt. „Roxas…?“ Jetzt ist es zu spät um zu flüchten. Ein leichtes Panikgefühl überkommt mich. Doch ich antworte, aber nur ganz leise. Axels Blick klärt sich und nun sieht er mir direkt in meine Augen. Ein Schauer überkommt mich und mir wird zuerst kalt und dann warm. Warm ums Herz. Was macht dieser Kerl mit mir? „Du bist wirklich hergekommen.“ Seine Stimme klingt schon um einiges fester, als beim letzten Mal, er klingt nur noch nicht ganz wach, doch das macht nichts. Ich kann ihm immer noch nicht antworten. „Ich hatte Angst, dass du nicht mehr vorbei kommst.“ Ich kann den Schmerz in seiner Stimme hören, doch warum tut es mir auch weh? „Warum bist du so still, ist alles okay bei dir?“, besorgt erkundigt sich der Grünäugige nach meinem Befinden, ich weiß zuerst nicht was ich darauf antworten soll. „Ich bin nur… müde.“ Was anderes fällt mir im Moment nicht ein. Sofort wird klar, dass er mir das nicht abkauft. Hätte ja klappen können. „Was ist mit dir? Sag es mir… bitte! Ich möchte, dass du mit mir redest!“ Obwohl er leise spricht, kommt sein Verlangen nachdrücklich durch. Ich wende meinen Blick ab, bekomm diesen einen Satz nicht über die Lippen. Ich bin schuld an deinem Zustand. 
Axel hebt langsam und schwerfällig seine Hand, will sie auf meine Hand legen und streift dabei meinen Verband. Er schreckt leicht zurück. „Was ist das?“, fragt er alarmiert, er scheint zu ahnen, was sich darunter verbirgt, was ich verstecken will. Als ich versuche meinen Arm weg zu ziehen, hält er mich fest. „Sag mir bitte, dass du es nicht getan hast! Sag mir, dass du dir nicht weg getan hast!“ Seine Stimme ist nur noch ein Flüstern. Dann rollt mir die erste Träne über die Wange. Ich kann es nicht aufhalten, genauso wenig wie das Beben, welches durch meinen Körper fährt. Verdammt…! „Roxas, ich hab dir gesagt, dass ich es nicht will, dass du dir weh tust!“ Er wird deutlich lauter, aber er schreit noch nicht. Was soll ich nur tun? Schlagartig reagiere ich kopflos: „Du hast du mich doch angelogen! Du hast mich verraten und verarscht! Du bist doch du und hast es mir nicht erzählt!!“ Immer mehr Tränen finden ihren Weg über mein Gesicht. Doch ich kann noch nicht aufhören. „Du hast mich einfach so bloß gestellt. Zuerst schaffst du es, dass ich was für dich empfinde und dann bist du einfach du!! Du hast mich so verletzt und da fragst du noch, warum ich mich selbst schneide?! Warum ich mir weh tu? Du hast mir doch weh getan, nicht ich mir!! Verdammt nochmal!! Eigentlich hasse ich dich!!“ Axels rote Augenbrauen ziehen sich leicht zusammen. „Das wollte ich nicht…“, bringt er als einen Hauch hervor. „Ich wollte dich nie verletzen!“ „Das hast du aber!!“ Ruckartig reiße ich mich los. „Ich wollte mich nur vergewissern, dass du noch am Leben bist…!“ Ich renne aus der Türe und schmeiße diese hinter mir zu. Die Rufe von Axel nehme ich nicht mehr wahr. Warum ist das jetzt so scheiße gelaufen? Sollte es nicht anders laufen? Ich kann die Tränen nicht mehr aufhalten, hemmungslos weine ich, während mich meine Beine nach draußen tragen. An Demyx Auto vorbeirennend suche ich ziellos nach einem Weg, der besser für mich ist. Ich bin einfach verzweifelt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)