Weil du mich nicht kennst von Vidora (Taito) ================================================================================ Kapitel 3: Starallüren ---------------------- Morgens war der Aufenthalt am Strand noch angenehm, aber Mittags war die Sonne kaum mehr zu ertragen. Nachdem sie sich Vormittags in den Wellen ausgetobt hatten, suchten sie nun Schutz unter einem der riesigen Sonnenschirme am Standcafé und bestellten sich jeder ein Eis. Während sie warteten, merkte Tai, wie sein Kumpel ihn die ganze Zeit von der Seite anstarrte. „Habe ich was im Gesicht?“ „Nicht direkt.“ Ryo, Meister der ausführlichen Antworten. Tai bedachte ihn mit einem fragenden Blick. „Ich habe nur gerade überlegt, wie das wohl ist, wenn du auf die Jagd gehst.“ Tais Stirnrunzeln vertiefte sich. Na wenigstens ging es nicht wieder um Körperschmuck. „Wie meinst du das?“ „Na für mich ist das Jagdrevier klar abgesteckt. Aber wenn du irgendwo bist... woher weißt du, wer im selben Team spielt? Ich meine... du gibst dich ja auch nicht gerade wie der 'typische' Schwule... du weißt schon, was ich meine.“ Er machte eine elegante Geste mit der Hand, die wohl „tuckig“ aussehen sollte. Tai schmunzelte. Dass Ryo sich über sowas überhaupt Gedanken machte. Lag das etwa an dem Scherz, den er vorgestern mit ihm gemacht hatte? Hatte er Angst, von schwulen Männern als „Beute“ angesehen zu werden? „Das war anfangs in der Tat ein bisschen schwierig. Aber mit der Zeit entwickelt man irgendwie ein Gespür dafür.“ Diese allgemeine Aussage schien Ryo nicht zu reichen. „Gib mir ein Beispiel. Woran hast du es bei deiner gestrigen Eroberung gemerkt?“ „Oh das war nicht so schwer.“ Tai lachte. „Bestimmte Formulierungen, die er benutzt hat... die Tonlage, in der man miteinander spricht... dieser Moment, wenn man sich eine Sekunde länger in die Augen sieht... Eigentlich ist es wie ein 'normaler' Flirt... nur etwas subtiler wahrscheinlich.“ Ryo schien ein paar Sekunden darüber nachzudenken. „Also sollte ich einem Mann nicht zu lange in die Augen sehen?“ Tai grinste und schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall, sonst fällt noch einer an Ort und Stelle über dich her.“ Endlich bekamen sie ihr Eis serviert. Während sie sich über ihr „Mittagessen“ hermachten, musste Tai weiter über die Sache mit den Blicken nachdenken. Ihr Zimmernachbar, der Blonde mit den blauen Augen, hatte ihn so tief und eindringlich angesehen... vielleicht war das gar kein Zeichen von Genervtheit oder Ablehnung, sondern von Interesse? Aber normalerweise waren solche Blicke... wärmer. Aber dieses Grinsen... „Ich habe mich gestern Abend nochmal mit Dale getroffen.“ „Surfen hat es dir angetan, was? Ich wusste gar nicht, dass du so strebsam sein kannst.“ Ryo zögerte verdächtig lange, bevor er antwortete. „Es ging, glaube ich, weniger ums Surfen. Er hat mir seine Piercings gezeigt und... mich gefragt, ob ich schon mal in einer Hängematte geschlafen hätte...“ Tais Augenbrauen zuckten nach oben. Er verkniff sich das Grinsen angesichts Ryos leicht verstörtem Gesichtsausdruck. Sein kleiner Ryo kam wohl nicht nur bei den Frauen gut an. „Ich gehe davon aus, dass du es nicht darauf angelegt hast, es auszuprobieren.“ Ryo kippte vor Entrüstung fast seinen Eisbecher um. „Tai! Natürlich nicht! Ich bin nicht-!“ „Ja ja ich weiß doch, schrei nicht so.“ „Im Ernst, ich frage mich, was ich falsch mache. Liegt es an meiner Frisur, Tai? Er hätte doch dich fragen können, da hätte sein Radar doch piepsen müssen! Nicht bei mir!“ Er wirkte nahezu verzweifelt. Tai schüttelte den Kopf. „Wahrscheinlich war er so beeindruckt von deiner Surfleistung.“ Sein Freund blickte schmollend auf seinen Eisbecher. „Ryo sowas kann doch passieren. Mich sprechen auch öfter mal Frauen an. Mach dich deswegen nicht verrückt.“ „Das ist nicht das selbe“, murrte sein Kumpel und schob sich eine riesige Ladung Eiscreme in den Mund. * Die nächsten zwei Tage verliefen relativ ruhig. Keine Gewitterstürme, keine sexuellen Übergriffe auf Ryo – zumindest nicht von der unerwünschten Sorte, wenn man seinen Ausführungen glauben durfte – keine überschäumenden hormonellen Ambitionen und vor allem keine unangenehmen Balkon- oder Fahrstuhlbegegnungen. Es war schon fast Mittag, als Tai sich auf den Weg ins Hotelrestaurant machte, um zu frühstücken. Ryo hatte sich zeitig mit einer netten jungen Frau treffen wollen. Aber so hatte Tai wenigstens einmal richtig ausschlafen können. Mit einem heiteren Lächeln stellte er fest, dass das Restaurant fast leer, das Buffet hingegen gerade frisch nachgefüllt worden war. Also schnappte er sich einen Teller und sammelte alles ein, was ihm gefiel. Als er endlich mit seinem gefüllten Tablett in den Händen nach dem besten Sitzplatz suchte, wäre es ihm beinahe heruntergefallen – nur ein paar Plätze entfernt saß sein blonder Zimmernachbar, den er jetzt mehrere Tage lang effektiv gemieden hatte, an einem der Tische und trank Kaffee. Jetzt auf dem Fuße kehrt zu machen, wäre zu auffällig, oder? Der kühle Blick ruhte bereits auf ihm, das spürte er, ohne direkt hinzusehen. Ob die beiden peinlichen Begegnungen bereits in Vergessenheit geraten waren? Unwahrscheinlich. Aber... am besten er benahm sich ganz normal, oder? Tai mühte sich ein unverfängliches Lächeln ab, wünschte aus der Ferne einen Guten Morgen und setzt sich dann so weit entfernt wie möglich an einen Tisch. So richtig genießen konnte er sein Essen jetzt doch nicht mehr. Die ganze Zeit war da dieses Gefühl des Beobachtetwerdens. Aber er strengte sich an, sich den Stress nicht anmerken zu lassen. Wieso zum Geier scherte es ihn überhaupt? Konnte ihm doch eigentlich egal sein, was der Fremde über ihn dachte... Tai sah während der ganzen Zeit nicht von seinem Essen auf, um ja nicht auf diesen bohrenden Blick zu treffen, der ihn aus irgendeinem unerfindlichen Grund wahnsinnig machte. Das Scharren der Stuhlbeine und die darauf folgenden Schritte waren Musik in seinen Ohren. Der Blonde war aufgestanden und auf dem Weg, das Restaurant zu verlassen. Tai sah ihm nach und seufzte erleichtert. So konnte er zumindest noch die letzten paar Bissen seines Frühstücks mit Genuss verzehren, ohne beobachtet – nein, angestarrt – zu werden. Nebenbei überlegte er, was er mit dem Tag anfangen sollte. Ob und wann Ryo zurückkehren würde, hatten sie nicht geklärt, somit würde er heute wohl schwimmen gehen. Also richtig schwimmen, nicht Ryos Definition davon. Nicht bei einer Entfernung von zweihundert Metern zum Strand wieder umkehren, sondern weit raus schwimmen, bis dahin, wo die Wellen sich gerade erst formten und man die Strandbesucher nur noch als bunte, wirre Masse wahrnahm. Voller Tatendrang stand Tai auf, stellte sein Tablett auf die Geschirrablage und schlenderte Richtung Ausgang. Auf einmal erspähte er etwas auf dem Marmorboden, ein zusammengefaltetes Stück Papier. Ob der Blonde das verloren hatte? Seiner Neugier nachgebend blickte Tai sich um und hob den Zettel schließlich auf. Gespannte faltete er ihn auseinander. The trail of crumbs you left somehow got lost along the way If you never meant to leave then you only had to stay But the memories that haunt us are cherished just the same As the ones that bring us closer to the sky, no matter how grey Yet I fall, through these clouds, reaching, screaming Don't let me go Mehrmals huschten seine Augen über die Zeilen. Ein Gedicht? Was sollte das bedeuten? Eine geheime Botschaft für ihn? Blödsinn... wahrscheinlich war das nur irgendeine pseudo-poetische Krakelei, die einem anderen Gast oder einem Angestellten aus der Hosentasche gerutscht war. Was hatte er denn erwartet? Eine Schatzkarte? Eine Telefonnummer? Eine Erklärung, warum er permanent angestarrt wurde? Eine Glückskeksbotschaft? Schulterzuckend und irgendwie trotzdem ein bisschen enttäuscht machte er sich auf den Weg zum Strand. * Es war wie immer ein wettertechnisch idealer Tag mit endlos blauem Himmel, einer leichten Brise und einem gut besuchten Stand. Tai hatte ziemlich weit am Strand entlangwandern müssen, um in die weniger stark beschlagnahmten Bereiche vorzudringen. Hier reihte sich nicht mehr ein Handtuch ans andere. Die meisten Urlauber hatten offenbar keine Lust, ein paar Schritte zu laufen und verzichteten dafür auf solchen Luxus wie Ruhe und … Beinfreiheit. Es war seltsam ruhig ohne Ryo. Niemand der unaufhörlich irgendwelche Frauen- oder Partygeschichten oder gar Witze erzählte und vor allem: kein Kameraklicken... Ja, er vermisste es ein bisschen. Nachdem er sich der Klamotten und seiner Sonnenbrille entledigt hatte, stapfte er Richtung Meer. Der Sand verbrannte ihm beinahe die Fußsohlen, aber das Wasser war danach umso angenehmer. Nach ein paar Minuten war er schon so weit hinaus gekrault, dass die Geräusche des Meeres und des Windes das allgemeine Gemurmel und Kindergeschrei am Strand übertönten. Unter ihm schien nichts als wässrige Schwärze zu sein. Ryo hatte ihm mal anvertraut, dass er nicht gerne weit schwamm, weil er Angst vor dem hatte, was auch immer da unten lauern konnte. Kraken, Haie, Seemonster und so. Tai teilte diese Ängste nicht. Er hielt einen Moment Inne und betrachtete den Strand aus dieser verkehrten Perspektive. Hier wurde der Kontrast zwischen den überlaufenen Strandbereichen gegenüber den nahezu verwaisten erst richtig deutlich. Und inmitten der einzelnen Abschnitte und Buchten erhoben sich die großen und kleinen Klippen, die von hier aus noch imposanter wirkten. Tai setzte seinen Weg nun parallel zum Strand schwimmend fort; bloß nicht Gefahr laufen, von einem Gewitter überrascht zu werden... nicht nachdem er bereits erlebt hatte, wie schnell die sich über der Insel zusammenbrauen konnten. Was Ryo wohl gerade machte? Vielleicht war er inzwischen zurück und suchte nach ihm... oder er lag im Bett irgendeiner Schönheit und ließ es sich gutgehen. Letzteres war wahrscheinlicher. Er wartete immer noch auf den Tag, an dem sich Ryo unsterblich verlieben und sesshaft werden würde. Er konnte ja nicht ewig so weitermachen, oder? So ohne Ziel im Leben, immer nur am schnellen „Spaß“ orientiert... Andererseits machte das einen wichtigen Teil seiner Persönlichkeit aus, die lockere Art, nicht über Morgen nachzudenken und jedes Abenteuer – sei es nun Surfen oder Frauen – mitzunehmen. Naja, fast jedes. Aber konnte man auf Dauer so zufrieden sein? Wenn er so über sich selber nachdachte... Was für Ryo die Frauen waren, war für ihn wohl der Sport. Er lebte dafür. Jeden Tag und zu hundert Prozent. So sehr, dass er vieles von dem, was sich außerhalb dieses Kosmos' abspielte, ausblendete und vernachlässigte. Freundschaften außerhalb der Mannschaft pflegte er so gut wie keine und auch innerhalb war er nicht unbedingt mit jedermann ein Herz und eine Seele. Bei manchen lag es an seiner Strebsamkeit und Disziplin, bei manchen an seiner Art, bei vielen wohl an den Gerüchten, die über ihn kursierten. Aber auch das war nicht so wichtig, solange er den Fußball hatte. Das war sein Leben. Er wollte ganz nach vorne, an die Spitze. Die Welt erobern, Tore schießen, über den Rasen dribbeln bis er alt und grau wurde. Er drehte sich auf den Rücken und betrachtete den Himmel, während er nun etwas langsamer dahinpaddelte. War am Ende sein Leben nicht genauso... einseitig wie das von Ryo? Auf eine andere Art vielleicht... aber ein bisschen wohl schon. Neben dem Sport gab es eigentlich nur noch seine Familie. Wenn er als Teenager mit seiner Schwester Zukunftsfantasien zurecht gesponnen hatte, war da immer auch sowas wie eine eigene Familienplanung im Spiel gewesen. Oder wenigstens eine Partnerschaft... oder überhaupt irgendetwas in Richtung Liebe. Tja... aber seit er seine Homosexualität entdeckt und akzeptiert hatte, war die Sache immer mehr verwässert. Es war in seiner Szene damals irgendwie immer schwierig gewesen, jemanden zu finden, dem es um Gefühle ging. Meistens ging es nur um Sex. Also hatte er aufgehört, danach zu suchen, sich damit zufrieden gegeben. Und dann hatte sich die Chance mit der Mannschaft ergeben... zu zögern wäre dumm gewesen. Und er war zufrieden mit seiner Entscheidung. Fußballspielen war sein Traum und machte ihn glücklich. Trotzdem blieb in nachdenklichen Momenten dieser leise Zweifel. Das war wohl gleichzeitig das Schlechteste und das Beste am Schwimmen: Es war so entspannend, ja beinahe hypnotisch, dass man sich völlig in seinen Gedanken verlieren konnte. Die Regelmäßigkeit der Bewegungen, die Sanftheit des Wassers, das Atmen... Tai seufzte, wechselte wieder ins Kraulen und orientierte sich neu. Dales Surferhütte war schon in Sicht – von hier aus ein Spielzeughäuschen. Wie lange er wohl bis hierher gebraucht hatte? Dem Sonnenstand nach zu urteilen, war es zwischen drei und vier. Noch zu früh, um wieder an Land zu gehen. Außerdem hatte er noch immer so viel Energie... die ganze Insel zu umrunden würde wohl zu lange dauern aber... zumindest wollte er noch ein Stück weiter und dann zurück laufen. Gerade kam er wieder an einer der Klippen vorbei. Es war eine von der mittleren Größe, aber sie ragte etwas weiter ins Meer hinein, als die anderen, die er passiert hatte – ein bisschen wie ein Steg. Rundherum ragten einzelne Felsen aus dem Wasser. Überrascht registrierte Tai, dass eine Person auf der Klippe stand. Wohl um den Ausblick zu genießen, der von dort aus unendlich weit sein musste. Kurz darauf verschwand die Silhouette wieder und Tai wollte gerade den Blick abwenden, als sie plötzlich wieder auftauchte und – sprang! Perplex stoppte er und beobachtete fassungslos, wie der Körper fiel und dann mit Wucht und einem lauten Platschen ins Wasser eintauchte. Er hatte ja von Klippenspringern gehört aber...! …. Und dann tauchte er noch nichtmal wieder auf! Sekunden vergingen. Nichts geschah. Oh Gott! Panik und auch etwas Übelkeit stiegen in ihm auf. Aus dem Instinkt heraus schaltete Tai in den Turbogang, kraulte so schnell er konnte in Richtung Klippe und kam sich dabei trotzdem so langsam vor wie noch nie. An der Stelle angekommen blickte er sich hektisch um. Nichts. Nirgends. Verdammt! Er nahm einen tiefen Atemzug, hielt die Luft an und tauchte, um Unterwasser nach dem Springer zu suchen. Er öffnete die Augen. Weit sehen konnte er nicht. Fieberhaft suchte er nach einem Lebenszeichen, nach einem Arm, einem Strampeln, einem Blubbern... irgendwas!... suchte bis die Luftnot ihn zum Auftauchen zwang. Sein Herz schlug so schnell, dass ihm fast schwindelig wurde. Scheiße! Was sollte er tun? Hilfe rufen! Aber- Plötzlich ein Plätschern und lautes Luftholen hinter ihm. Erleichterung! Was für ein Glück! Tais Herz blieb stehen, als er sich im Wasser umdrehte. Das Meer gefror. Blaue Augen blinzelten ihn an. Er? Hier? Tai öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Da formte sich wieder dieses Grinsen auf den Lippen des Blonden, das er im Fahrstuhl zuletzt gesehen hatte. „Was gibt’s da zu grinsen, verdammt! Ich dachte du wärst tot!“, brach es aus ihm heraus. „Oh, Entschuldigung. Ich wusste ja nicht, dass ich dir so viel bedeute“, kam es von dem anderen mit einem leichten Lachen in der Stimme. „Das ist nicht – Ich wusste nicht-! Ich meine... nicht wegen dir!“, stammelte er in seiner Wut und Überraschung zusammen. Er wusste selber nicht, warum er auf einmal so sauer war. Eigentlich hätte die Erleichterung überwiegen müssen. „Jetzt verletzt du mich aber... ich dachte, du magst mich... immerhin lässt du keine Gelegenheit aus, mich zu beobachten, hm?“ Was sollte diese Show? Musste er sich hier lächerlich machen lassen, weil er versucht hatte, ein Leben zu retten?! Wie war der Kerl denn drauf? „Wie bitte? Du bist doch derjenige, der mich dauernd anstarrt, als wäre ich ein Außerirdischer!“ Der Blonde schenkte ihm noch ein spöttisches Grinsen und schwamm dann einfach ohne eine Erwiderung los. Was? Er wollte endlich eine Antwort! Jetzt einfach abzuhauen nach allem! Unfassbar! Was bildete sich der Kerl ein? „Hey-!“ Energisch schwamm Tai hinterher und holte schnell auf. Nebeneinander wateten sie aus dem Wasser. „Siehst du, du verfolgst mich schon wieder... wie ein Stalker.“ „Sag mir, warum du mich ständig anstarrst!“ Tai versperrte dem Blonden den Weg, sodass dieser ihn erneut ansah. „...forderte der Spanner.“ Hitze schoss in Tais Wangen. „Das... ähm... war ein Versehen.“ Der Blonde lachte auf und schüttelte leicht den Kopf. „Schon klar.“ Damit setzte er sich in Bewegung um an ihm vorbei zu gehen. Tai reagierte schnell und wiederholte das Manöver. „Wirklich!“ „Also auf diese Art wirst du niemanden davon überzeugen, kein Stalker zu sein. Willst du vielleicht ein Autogramm? Bist du dann zufrieden?“ „Autogramm?!“ „Leider habe ich gerade keinen Stift bei mir. Sorry.“ Der Typ wollte ihn eindeutig verarschen. „Aber wir können das später nachholen. Hast du dir verdient, wo du mich doch so heldenhaft retten wolltest. Du kannst mir ja schonmal sagen wie du heißt, Mister Rettungsschwimmer.“ Dieses Gerede brachte ihn völlig aus dem Konzept! Wieso sollte er ein Autogramm von jemandem haben wollen, den er gar nicht kannte? Und wie konnte jemand nach so einer Aktion so... drauf sein? „Ich will kein Autogramm, verdammt! Lass doch den Quatsch! Ich.. will nur wissen, warum du mich immer so anstarrst. Und warum du das gemacht hast! Du hast mir einen Wahnsinns-Schreck eingejagt, Mann.“ Das Grinsen wurde zu einem versöhnlichen Lächeln. Was war der Typ? Schauspieler? Psychopath? Besoffen? Oder lag es an der kürzlich erworbenen Nahtod-Erfahrung? „Okay wir machen einen Deal: Du verrätst mir zuerst deinen Namen.“ Er hatte noch nie so eine merkwürdige Unterhaltung geführt. Selbst im Suff nicht. „Ich bin Tai. Taichi Yagami.“ „Gut. Dann schreibe ich „Für Tai, meinen Beinahe-Lebensretter“.“ Unwirsch schüttelte er den Kopf. „Und?“ „Du darfst mich Yamato nennen.“ „Das meinte ich nicht!“ „Hmm?“ „Meine Antworten?“ „Warum ich dich im Auge behalte? Oder warum ich von der Klippe gesprungen bin?“ „Beides.“ „Komm mit.“ Dieser Kerl machte ihn wahnsinnig. * Irgendwie war ihm unwohl dabei, hier auf dieser Klippe zu stehen. Der Blonde stand vorn am Rand. Hier oben wehte ein harscher Wind, der sie kühl umwehte und ihm eine seichte Gänsehaut auf die Arme zauberte. „Komm her.“ Damit du mich da runter stoßen kannst? Nein im Ernst... Yamato wirkte so unberechenbar auf ihn, dass ihn ihrer beider Aufenthalt hier unruhig machte. Aber er war ja kein Angsthase. Außerdem war er dem anderen körperlich überlegen. Also trat er noch zwei Schritte vor, sodass er nun genau neben dem anderen stand. Ein heftiges Kribbeln erwachte in seinem Magen, als er nach unten blickte. Das Meer breitete sich in seiner tiefblauen Endlosigkeit vor ihnen aus. Direkt unter ihnen blitzten die Felsspitzen gefährlich aus dem Wasser aber das orange-violette Dämmern am Horizont mit der flammenden Sonne in seiner Mitte, zog seinen Blick schnell davon ab. Eine Windböe strich ihm durchs inzwischen fast wieder trockene Haar. Der Wunsch, die Arme auszubreiten und loszufliegen war plötzlich nicht mehr so abwegig. Aber niemand, der bei Verstand war, hätte es drauf ankommen lassen. Yamato neben ihm nahm einen tiefen Atemzug. „Verstehst du mich jetzt?“ Die blauen Augen blickten ihn wieder an, diesmal so nah wie noch nie. Ernst und ohne den sonst gegenwärtigen Hauch von Spott. Tai wandte den Blick ab um wieder das Panorama zu betrachten, welches in weniger als einer halben Stunde in der nächtlichen Dunkelheit verschwinden würde. „Vielleicht... aber wenn du dir die Felsen da unten anguckst, die dich mit ein bisschen Pech bei lebendigem Leib aufspießen könnten.“ „Manchmal...“, er drehte den Kopf noch ein Stück und sprach nun direkt in Tais Ohr, „...muss man einfach springen, um Grenzen zu überwinden.“ Seine Stimme war nicht mehr, als ein Hauchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)