Weihnachtskummer von Phase (EnricoxOliver [7 Kapitel]) ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Es war gegen drei Uhr, als sich Oliver mit den Weihnachtspäckchen in den recht dunklen Speisesaal schlich, um sie unter den mit zahlreichen künstlichen Kerzen erleuchteten Baum zu stellen. Das Auftauchen von Johnnys Freundin war etwas plötzlich gekommen, aber glücklicherweise hatte er sicherheitshalber ein paar, wenn auch weniger persönliche, Geschenke mehr mitgebracht. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass so ein spontaner Besuch stattfand, und mittlerweile waren sie vermutlich alle darauf vorbereitet. Unruhig drehte er den kleinen Briefumschlag für Enrico hin und her. Er hatte das Geschenk bereits früh gekauft gehabt, als sie noch zusammen gewesen waren: eine gemeinsame Reise. Nun, da sie kein Paar mehr waren, hatte er ihm beide Tickets eingepackt. Natürlich hätte er sich auch um ein anderes Geschenk bemühen können, aber er hatte keine Lust gehabt, sich mit der Rückgabe der Tickets auseinanderzusetzen (es hatte ihn zu sehr frustriert, weil es ihn an ihre gescheiterte Beziehung erinnerte) und außerdem wollte er die Tickets nicht selbst behalten. Er wusste, dass ihn die Reise nur an Enrico denken lassen würde. Mit einem Seufzen stellte er die Geschenke unter den Baum, fuhr jedoch erschrocken herum, als jemand das Licht anmachte. Enrico stand im Türrahmen. „Ich meinte es ernst, als ich meinte, dass wir reden müssen, Oliver. Bitte.“ Oliver sah ihn schweigend an. Hatte Enrico die ganze Zeit darauf gewartet, dass er hier auftauchte? Der Italiener schien sein Schweigen nicht negativ aufzufassen und fuhr fort: „Ich will nur klarstellen, dass Angelina nicht meine Freundin ist.“ „Oh, eine weitere Scheinbeziehung. So ein Zufall.“ „Ich habe sie sicher nicht mitgebracht um dich zu ärgern“, ergänzte Enrico schnell und seufzte, „Sie ist meine Cousine. Im März sind ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen und sie wollte Weihnachten nicht alleine verbringen. Deshalb hat sie mich die letzten Wochen angebettelt, ob sie nicht mitkommen dürfe. Sie hasst es, wenn man sie wegen der Geschichte bemitleidet, deswegen wollte ich euch das nicht auf die Nase binden. Wegen der ‚Nur Teammitglieder und deren Partner‘-Regelung war das einfach der bequemste Weg sie hier unterzubringen“, er hielt inne und seufzte leise, „Ich wollte dich damit nicht verletzen. Tut mir Leid.“ Das erklärte vielleicht einiges, machte aber nichts vergessen. Zumal es für Oliver keinen Unterschied machte. Sie hatten sich getrennt, waren kein Paar mehr und auch wenn Enrico allem Anschein nach doch nicht so sehr auf seinen Gefühlen herumtrampeln wollte, wie es den Anschein gehabt hatte, hatte er immer noch allen Grund dazu, auf den Italiener sauer zu sein. Um Enrico dennoch nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen, nickte er knapp. „War es das?“ „Um ehrlich zu sein – nein“, Enrico schloss die Tür hinter sich und kam ein paar Schritte näher auf Oliver zu, der nach wie vor regungslos vor dem Baum stand. „Hör mir zu, Oliver. Vielleicht bedeutet es dir nichts, wenn ich dir das jetzt hier sage, aber... Ich liebe dich. Nach wie vor. Die letzten Wochen waren für mich einfach schrecklich und die Art, wie wir auseinander gegangen sind-...“, er stockte, blickte kurz zur Seite. Allem Anschein nach versuchte er seine Gedanken zu ordnen und seine Fassung zu wahren. „Wenn du mich tatsächlich lieben würdest, dann hättest du unsere Beziehung nicht so geheim gehalten, als wäre sie etwas, für das man sich schämen müsste“, kommentierte Oliver und musterte ihn düster. Zugegeben hatte es seinem Herz einen Stich versetzt, als Enrico ihm gestanden hatte, dass er durchaus noch für ihn empfand. Aber er wollte nicht auf irgendeine Masche hereinfallen, die letzten Endes nur wieder dazu führte, dass er verletzt wurde. Er hatte genug davon. „Ich habe Fehler gemacht, das will ich nicht leugnen. Wie jeder nun mal Fehler macht. Ja, ich gebe zu, dass ich mich bei dem Gedanken, alles öffentlich zu machen, sehr unwohl gefühlt habe und es auch nach wie vor tue. Aber versetze dich bitte mal in meine Lage und lass uns endlich einmal ein vernünftiges Gespräch zu dem Thema führen, statt dass es wieder darin ausartet, dass wir uns gegenseitig anschreien.“ Oliver verschränkte die Arme vor der Brust – ein deutliches Zeichen, dass er Abstand wollte und er keine Lust auf das anstehende Gespräch hatte. Er schnaubte leise und wandte seinen Blick ab. Er hatte keine Lust auf irgendwelche Rechtfertigungen oder Ausflüchte. „Oliver, ich kann verstehen, dass er dir wichtig ist, dass du an meiner Seite bist und nicht irgendein Mädchen. Wirklich. Aber mir ging das einfach zu schnell und-...“ „Zu schnell? Wir waren sechzehn Monate zusammen und dir geht es zu schnell?“ Enrico brachte ihn mit einem gekränkten Blick zum Schweigen. „Du hast den Wunsch kein einziges Mal vorher geäußert! Ich dachte für dich sei das so in Ordnung, gut darin habe ich mich getäuscht. Aber du kannst dann nicht von heute auf morgen von mir erwarten, dass ich mein ganzes Leben umkremple. Das braucht Zeit. Ganz zu schweigen davon, dass das Ganze aufgrund meiner Frauengeschichten sowieso als Phase abgetan geworden wäre. Und das bist du sicher nicht für mich. Selbst wenn wir den Leuten erzählt hätten, wir seien schon Monate zusammen: Was für ein Bild hätte es deiner Meinung nach erweckt, wenn man sich rückblickend die ganzen Artikel in der Klatschpresse angesehen hätte? Die Leute hätten sich über uns lustig gemacht und wir hätten vor den Journalisten überhaupt keine Ruhe mehr gehabt. Solche privaten Dramen sind doch das Größte für die. Das musst du doch bitte verstehen.“ Oliver wirkte weiterhin abweisend und in ihm tobte ein heftiger Kampf. Sollte er sich von Enricos Worten einlullen lassen oder weiterhin böse auf ihn sein? „Ich bin aber nicht mehr dazu bereit unsere Beziehung im stillen Kämmerlein fortzuführen. Es ist mir ernst und ich will meine Gefühle nicht immer verstecken müssen, nur damit du in der Öffentlichkeit deinen Spaß haben kannst.“ Zu seiner Überraschung ging Enrico auf seine Provokation gar nicht erst ein, sondern trat einen Schritt näher und legte ihm sanft seine Hand auf die Wange. „Das kann ich wirklich verstehen... Aber lass uns das Ganze Schritt für Schritt angehen, ja?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)