Crystal Riders II von Rainblue (Reminiscence) ================================================================================ Kapitel 6: Deine Veränderung, mein Urteil ----------------------------------------- Mira – Deine Veränderung, mein Urteil Thousand Foot Krutch – Be Somebody Ich trommelte mit meinen Fingern auf der Tischplatte umher und stütze mit der anderen Hand meinen Kopf. „Worüber denkst du so scharf nach?“, fragte Askella mich und ich ließ meine Augen zu ihr wandern. Sie saß mir gegenüber im leeren Klassenzimmer. Mrs. Capella hatte für heute den Unterricht beendet und uns dazu verdonnert, aufzuräumen, was mir gar nicht passte. „Ich denke über nichts nach, ich bin nur genervt“, grummelte ich und erhob mich seufzend. „Dann lass uns aufräumen, desto schneller kommen wir hier weg“, meinte sie und erhob sich ebenfalls. Ich sah mich um und erkannte nur Stifte, Pinsel und Papier, das überall verstreut lag und verdrehte die Augen. Dann nahm ich mit einem Schwung alle Stifte von unserem Tisch in die Hand und pfefferte sie in die entsprechende Kiste, das gleiche tat ich mit den Pinseln, während Askella alles an Papier ordentlich in die Schubladen sortierte. Nicht mal zehn Minuten und wir waren fertig. Langsam machten wir uns auf den Weg zur Mensa, denn mein Magen hatte schon während des Unterrichts geknurrt. „Sag mal, weißt du, was in letzter Zeit mit Onyx ist?“, fragte Askella nach einer Weile und meine Schritte verlangsamten sich. „Diese Crystal ist dafür verantwortlich, egal was sie gemacht hat… es hat… ihn völlig verändert“, meinte ich und warf meine Haare über die Schulter. „Ach, die Kleine. Sie ist doch nicht ehrlich eine Bedrohung für dich, sie ist…“ „Sie ist was?“, unterbrach ich sie und sah sie böse an. Askella schreckte bei meinem Blick etwas zurück. „Ich habe damit nicht gemeint, dass es schlecht wäre, wie Onyx jetzt ist, sie hat ihm damit geholfen.“ „J-Ja, das stimmt“, murmelte sie und wir gingen die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Die große Flügeltür wurde gewaltsam aufgestoßen, als wir unten angekommen waren und ich erkannte, wie Amber reingestürmt kam. Auf seinem Rücken lag Moon, sie war scheinbar bewusstlos und beide waren klatschnass. Er schlug die Richtung zum Krankenflügel ein und dann waren sie auch schon wieder verschwunden. Marina and the Diamonds – Valley of the Dolls „Also mit denen hat man auch immer nur Probleme“, murmelte ich und ging mit Askella zur Mensa. Drei aus unserer Klasse saßen am üblichen Tisch und unterhielten sich. Ich holte mir schnell ein kleines Sandwich mit Käse und Askella nur eine Schale mit Jogurt, dann setzten wir uns dazu. „Was wirst du zum Kirschblütenfest anziehen, Mira?“, fragte mich Nashira und wickelte eine Strähne ihrer lilafarbenen Haare um den Zeigefinger. Ich verzog den Mund und überlegte. „Wenn es nicht zu kalt ist, dann wird es definitiv eine Hot Pants sein, aber was für ein Oberteil weiß ich noch nicht“, grinste ich und biss ein Stück von meinem Sandwich ab. „Ich würde dir dein grünes Oberteil empfehlen, mit den Spagettiträgern“, meinte Sheliak und lehnte sich zu mir. Ich nickte nur, aber antwortete nicht. Manchmal kannten diese Mädchen nichts anderes außer Klamotten. Ich kümmerte mich zwar auch gerne darum, aber das war nicht das Einzige. Jeder von ihnen überspielte die wahren Gefühle und so langsam nervte es mich, denn… ich hatte gesehen, wie es anders laufen konnte. Jet war das beste Beispiel. Vor Crystal… war er wie ein Rätsel, nein… wie eine Ansammlung von Rätseln, hatte man das eine geknackt, waren da noch tausend andere und nie hatte er auch nur gelächelt. Und jetzt? Mit einem Mal sah ich ihn nur noch lächeln und ich wünschte mir, dass ich das bei ihm hervorgerufen hätte. „Ich werde mein Sommerkleid anziehen, das mit den lila Pünktchen“, lächelte Nashira zuckersüß und strich sich durch ihre Haare. „Harmoniert mit deinen Haaren super, fand ich letztes Jahr schon sehr schön“, meinte Lesath und ich atmete tief ein, dann nahm ich noch einen Bissen und wickelte kurzerhand das Sandwich wieder in die Folie ein. „Ich muss noch mal weg“, sagte ich und erhob mich. „Wo willst du denn hin?“, fragte Askella und sah zu mir hoch, wie die anderen auch. „Ich wollte mich noch mit Onyx treffen.“ „Ach so, viel Spaß!“, grinste Sheliak und ich erwiderte es so gut ich konnte, dann drehte ich mich um und ging aus der Mensa. Mir war plötzlich der Appetit vergangen und ich warf das halb gegessene Sandwich in den Mülleimer im Flur. Ich wollte mich zwar heute noch mit Onyx treffen, aber mein Weg führte mich jetzt erst einmal zum Krankenflügel. Seal of the Wind: The Three Trails – FFX-2 Piano Collections Gerade kam jemand aus dem Zimmer und schloss zaghaft hinter sich die Tür. Es war Crystal. Dieses Mädchen wirkte so klein und zerbrechlich, kein Wunder, dass sie in allen diesen Beschützerinstinkt weckte, selbst ich verspürte ihn allmählich. Als sie sich in meine Richtung drehte und mich sah, weiteten sich ihre Augen und sie blieb unschlüssig stehen. Ich zog eine Augenbraue hoch und ging einige Schritte auf sie zu, was sie zu verwirren schien. „Hey, Crystal“, grüßte ich sie und lächelte etwas, damit sie nicht noch mehr verunsichert wurde, aber dann erinnerte ich mich daran, wie sie mich verunsichert hatte. Wie sie mich gepackt und angeschrien hatte, zu Recht. Eigentlich müsste ich eher Angst vor ihr haben. Dennoch blickte ich ihr direkt in die Augen, sie hielt dem Blick stand. „Hi“, erwiderte sie und atmete zitternd aus. Hatte sie geweint? Was war eigentlich passiert? „Ich habe vorhin gesehen, wie Amber mit Moon hierher gerannt ist“, meinte ich beiläufig. „Du willst nach Moon sehen?“, fragte Crystal und die Ungläubigkeit war ihr direkt ins Gesicht geschrieben. „Was ist denn passiert?“, überging ich ihre Bemerkung und sie senkte sofort die Augen. „Frag sie bitte selber, okay?“, meinte Crystal und ging an mir vorbei. Ich zog die Brauen zusammen und sah ihr kurz hinterher, bis sie hinter einer Ecke verschwand. Langsam drehte ich mich wieder zur Tür und klopfte zweimal. „Ja?“, hörte ich jemanden rufen und öffnete die Tür. Ich trat ein und schloss sie augenblicklich wieder, dann sah ich Moon auf dem Krankenbett liegen und ging auf sie zu. Sichtlich verwirrt richtete sie sich auf und musterte mich nur. „Was ist dieses Mal passiert?“, fragte ich und setzte mich auf den Stuhl neben ihrem Bett, als wäre es selbstverständlich, dass ich hier war. Erst blinzelte sie nur, doch dann wanderte ihr Blick kurz zum Fenster und sie seufzte. „Ich bin ausgetickt“, erklärte sie und ihre Augen trafen auf meine. Nun fiel mir auf, wie sehr sich ihre Iris in ein tiefdunkles Blau verfärbt hatte. „Und warum?“ „Crystals Gabe hat mich getroffen, aber nicht absichtlich“, beteuerte sie und ich nickte nur. Dieses Mädchen musste dringend ihre Gabe unter Kontrolle bringen, sonst kam noch gewaltig jemand zu Schaden. „Und was hat dich dazu gebracht, auszuticken?“, fragte ich und schlug das eine Bein über das andere. „Warum willst du das wissen?“ „Es interessiert mich einfach“, antwortete ich sofort und spürte, wie sich meine Mundwinkel etwas nach oben verzogen. Moon schluckte, holte aber Luft, um mir zu antworten. „Du weißt ja schon, dass ich im Zirkus war und… sie mich gezwungen haben, fröhlich zu sein und Kunststücke vorzuführen“, fing sie an und ich nickte. Moon war als Zirkusmonster und als Attraktion dort festgehalten worden. „Meine Eltern hatten mich nach der Infizierung an den Zirkus verkauft“, kam es plötzlich aus ihr und ich dachte nicht, dass sie mir jetzt so viel davon erzählen würde. „Wie bist du da wieder rausgekommen?“, fragte ich ruhig. Ich hatte dieses Mädchen wirklich gehasst. Das übertrieben breite Grinsen, die laute Art, die Unverfrorenheit. Doch nun verstand ich sie irgendwie. Sie war mir nicht unähnlich. To The Moon OST – Everything's Alright (Music Box) „Amber hat mich da wieder rausgeholt“, murmelte sie und als sie seinen Namen aussprach, erkannte ich etwas in ihren Augen. Dass der Typ auf sie stand, das hatte mittlerweile jeder bemerkt, aber nun wohl auch endlich sie. „Kann es sein, dass du ihn sehr magst?“, fragte ich und mein kleines Lächeln wurde größer. Sie zuckte zusammen und drehte ihren Kopf sofort in meine Richtung. „Wir sind nur Freunde, mehr nicht… auch wenn er es scheinbar… nicht so sieht“, seufzte sie und ich zog die Stirn kraus. „Er hat dich gerettet und trotzdem willst du den Kerl nicht? Du bist noch dümmer, als ich dachte“, schnaubte ich und lachte in mich hinein. „Ich sehe in ihm eben nur einen Freund, einen sehr guten Freund. Ich mag ihn sehr, aber mehr ist da nicht“, versuchte sie mir zu erklären und ich verdrehte die Augen. „Dass er was Besseres verdient hat, brauchst du wirklich nicht zu glauben. Es gibt niemanden, der besser zu ihm passen würde, als du“, grinste ich und stand auf. 30 Seconds to Mars – A Beautiful Lie „Hey“, kam es von Moon als ich mich umdrehen wollte, „jetzt bist du mir ein Stück aus deiner Vergangenheit schuldig.“ Leicht lachend, leicht schnaubend schloss ich die Augen und drehte mich langsam wieder zurück, während nur das Klacken meiner Absätze zu hören war. Moons Blick war ernst und doch umspielte ein leichtes Lächeln ihre Lippen. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich wurde infiziert und meine Eltern haben mich abgeschoben, mehr war es nicht“, meinte ich nur und ihre Augen formten sich zu Schlitzen. „Ey, ich hab dir schon mit Mühe was von meiner Vergangenheit erzählt, jetzt hab wenigstens die Eier in der Hose, mir auch einen Teil zu sagen“, zischte sie grinsend und ich lachte leise. Da hatte sie Recht, doch es gab wirklich nicht viel zu erzählen. „Ich hatte ein perfektes kleines Leben, meine Eltern waren reich und ich war ihre Prinzessin… nach außen hin. Die Wahrheit sieht so aus, dass ich nur als Mittel zum Zweck gedient habe: 'Oh, seht! Die Connors haben eine so süße Tochter'. Aber wenn die ganzen Menschen weg waren und ich mit meinen Eltern zu Hause war, dann haben sie sich nicht um mich gekümmert, dafür haben sie ein Kindermädchen eingestellt, das nicht einmal unsere Sprache gesprochen hat. Na ja, aber jetzt bin ich da ja raus und sie haben mich nicht mehr an der Backe“, erzählte ich so beiläufig, wie ich konnte und spürte ein seltsam vertrautes Ziehen in der Brust, was mich schaudern ließ. Lange hatte ich es verdrängt und ich wünschte, jetzt könnte ich es auch. Moon nickte nur und ich war ihr dankbar, dass sie mir jetzt kein Mitleid entgegenwarf, denn das konnte ich gar nicht gebrauchen. Ich lächelte. „Ich bin mehr als froh, dass ich da weg bin“, lachte ich und Moon zog eine Augenbraue hoch. Sie hatte mich durchschaut, das war mir klar, doch ich ließ mir nichts anmerken. „Dann will ich dich auch nicht weiter stören. Ich muss sowieso noch was erledigen“, meinte ich schließlich und ging zur Tür. „Crystal kann dir helfen“, waren ihre letzten Worte und ich blieb stehen. Dann drehte ich mich zu ihr und mein Lächeln verschwand. „Bald ist wieder Neumond und ich nehme an …?“, fing ich an, doch ließ den Satz in der Luft hängen, Moon nickte nur. Dann kam kein Ton mehr, aber meine Augen blieben an ihr hängen. „Von mir erfährt niemand etwas“, meinte ich dann schlicht und Moons Augen wurden etwas größer und ihre Iris heller. Ich drehte mich nur um, riss die Tür auf und schloss sie augenblicklich wieder. Sofort lehnte ich mich an die Wand. Crystal… warum sollte sie mir helfen können? Ich hatte bis jetzt nur von Leuten gehört, die dann ausgeflippt waren. Wieso sollte ich mich foltern lassen? Ich kam doch so jetzt auch super mit allem zurecht. Sad Romance (Violin Version) Ich stieß mich leicht von der Wand ab und ging die unendlich langen Flure entlang, bis ich in der Eingangshalle war. Es war Wochenende, also musste ich mir für heute keine Gedanken mehr um irgendwas machen. Meine Füße führten mich hinaus und ich stellte fest, dass die Sonne bereits fast ganz unter gegangen war. „Mira“, sagte jemand und ich sah mich um. Onyx kam vom Springbrunnen auf mich zu und lächelte. Wir wollten uns hier treffen, das hatte ich ganz vergessen. „Tut mir leid, ich war noch eben im Krankenflügel“, erklärte ich und erwiderte sein Lächeln. Es war schon merkwürdig, wie sehr er sich verändert hatte und doch konnte ich nicht sagen, dass es mir nicht gefallen würde. „Geht es dir gut?“, fragte er besorgt und legte beide Hände an meine Schultern und ich lachte kurz auf. „Ja, mir schon, ich habe nur nach jemandem gesehen“, sagte ich und dachte an das, was Moon gesagt hatte. Crystal könne mir helfen. „Darf ich dich etwas fragen, Onyx?“ „Alles, was du willst“, meinte er und wir gingen zu einer Bank unter den Kirschbäumen. „Was hat Crystal getan, dass es dir jetzt so viel besser geht?“, fragte ich und merkte plötzlich, wie unsensibel das klang, doch zurücknehmen konnte ich das jetzt nicht mehr. „Sie… hat mir meine Vergangenheit gezeigt, was ich falsch gemacht habe und doch nicht daran Schuld wäre, dass mein Leben so verlaufen ist“, erzählte er und ich sah zu ihm auf. Er sah noch genauso aus wie früher, als ich ihn hier auf dem Internat kennen gelernt hatte. Ich hatte gewusst, welchen Ruf er hatte und doch hatte es mich nicht gestört, denn bei mir war er nicht so. Es hatte sich nicht mal viel verändert, nachdem er auf Crystal getroffen war. „Ist mit dir wirklich alles in Ordnung? Du bist so blass“, bemerkte er und ich stand sofort auf. „Mit mir ist nichts“, zischte ich erneut und ballte meinte Hände so fest ich konnte zu Fäusten. Warum wollte immer jemand wissen, ob mit mir etwas war? Warum interessierten sie sich plötzlich so für mich? Das hatte noch nie jemand getan! „Mira, Vorsicht“, murmelte Onyx und als ich die Augen wieder öffnete, erkannte ich, dass meine Hände in Flammen standen, doch tat es mir nicht weh, es kribbelte nur. Ich starrte darauf und versuchte, es zu löschen, aber es gelang mir nicht. Mrs. Capella hatte mir immer gesagt, dass meine Gabe mit Gefühlen gesteuert wurde. Ich musste mich zuerst beruhigen, damit das Feuer verschwand, also atmete ich tief ein und schloss wieder meine Augen. „Verschwinde! Du störst gerade nur!“, ruft sie und dreht mir den Rücken zu. „Ich… brauche nur Hilfe bei -“ „Du sollst verschwinden!“ Sie holt aus und schlägt mich. „Nein!“, schrie ich und fiel auf die Knie, die Flammen loderten noch mehr auf und Onyx wollte auf mich zugehen, doch ich kippte zur Seite, damit ich ihn nicht verletzte. „Was ist denn los? Bitte beruhige dich!“, drängte Onyx und kam trotz der Flammen zu mir. Auf einmal wurde mir warm und ich spürte, wie sich mein Herzschlag verlangsamte. Die Flammen erloschen und meine Augen wanderten ungewollt zu Onyx. Mir war klar, dass er seine Gabe gerade anwandte, aber nur um mir zu helfen. Meine Lippen bebten und ich wusste, ich stand kurz davor, loszuheulen. Ich erkannte plötzlich so vieles an ihm, Sachen, die vertraut waren und doch so neu schienen. Einzelne Strähnen von seinen braunen Haaren fielen in die Stirn. Seine dunklen Augen waren besorgt auf meine gerichtet und seine Lippen ganz leicht geöffnet, als wolle er etwas sagen, doch kam da kein Ton raus. „I-Ich… kann nicht mehr so tun, als wäre alles in Ordnung!“, weinte ich und fiel ihm um den Hals. Dabei riss ich uns beide auf den Boden und versteckte mein Gesicht an seinem Hals. „Das musstest du doch nie“, murmelte er beruhigend und legte vorsichtig beide Arme um meinen Körper, um mich zu halten. Er sollte mich halten, einfach… nur schützen. „Warum versuchst du immer, stark zu sein?“, fragte er und strich über meinen Rücken. Ich atmete zitternd ein und drückte mich wieder hoch, um ihn ansehen zu können. Dabei flossen langsam Tränen an meinem Gesicht entlang und ich schüttelte kaum merklich den Kopf, um ihm zu zeigen, dass ich es selbst nicht wusste. River Flows in You – Martin Ermen Er ließ seine Fingerspitzen auf meine Wange gleiten und strich mir meine Haare hinters Ohr. Ein schwaches Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit und ich strich ebenfalls durch seine Haare. Dann legte er beide Hände an mein Gesicht und zog mich sanft zu sich hinunter, um mich zu küssen. Sanft und vorsichtig legte er seine Lippen auf meine und es wirkte so, als meinte er es ernst. Dieses Gefühl, was er in mir weckte, ließ mich hochschrecken und ich brachte es nicht über mich, ihm wieder in die Augen zu sehen. Er hatte mich schon so oft geküsst, doch dieses Mal war es… ganz anders. „Was ist los?“, flüsterte er und legte seine Hand unter mein Kinn, er wollte, dass ich ihn ansah, doch ich drehte mich weg und stand schnell auf. Die Sonne war bereits nicht mehr zu sehen und einzelne Sterne machten sich auf dem Himmel breit. Nichts war zu hören, außer das Rascheln der Blätter und das Plätschern des Wassers. „Mira?“ Meine Augen wanderten langsam zu Onyx, er hatte sich ebenfalls wieder aufgerichtet und wollte auf mich zukommen, doch ich wich zurück. „Tut mir leid“, murmelte ich, drehte mich um und lief davon. „Mira!“, rief er mir hinterher, doch ich lief einfach weiter Richtung Haupthaus und erreichte schließlich die Eingangshalle. Nur meine eigenen Schritte waren zu hören und ab zu spürte ich, wie sich eine weitere Träne aus meinem Augenwinkel stahl. Kurz hinter der nächsten Ecke blieb ich abrupt stehen, denn jemand stand mir direkt im Weg. Sofort wischte ich mir meine Tränen beiseite, damit er sie nicht sah, doch schon spürte ich, wie er mich besorgt anschaute. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Jet, doch regte er sich auch nicht. „Jetzt frag bloß nicht, ob alles in Ordnung ist! Du hast dich doch sowieso nie für mich interessiert, also fang jetzt nicht damit an! Werd‘ glücklich mit allem, was du hast, aber lass mich in Ruhe! Nur zur Information: Es ist nicht alles in Ordnung. Ist das Antwort genug?!“, schrie ich und spürte erneut die Tränen an meinen Wangen entlanglaufen. Er sah mich einfach nur an und ich konnte seinem Blick nicht standhalten, deswegen senkte ich meinen Kopf und versuchte mit aller Macht, mein immer wiederkehrendes Wimmern zu unterdrücken, doch schaffte ich es nicht. „Hat dir irgendjemand etwas getan?“, fragte er beherrscht und langsam ließ ich meine Augen zu den Stickereien auf seiner Uniform gleiten. Er war entschärft, ein Aushilfslehrer und die Nachtwache, es war seine verdammte Aufgabe, das zu fragen, wenn ihm jemand begegnete, der in so einer Verfassung war wie ich. Aber ich wollte, dass er es selbst war, dass er aus eigenem Interesse fragte und nicht, weil er es musste! „Nein“, zischte ich und wollte an ihm vorbeigehen, doch er ließ mich nicht. „Ist dir etwas zugestoßen?“ „… Täglich… immer wieder aufs Neue…“, murmelte ich nur und hob meine Hand, um ihn am Arm zur Seite zu schieben, damit ich vorbeikonnte. Langsam drängte ich mich an ihm vorbei und endlich ließ er mich gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)