Crystal Riders II von Rainblue (Reminiscence) ================================================================================ Kapitel 5: König der Narren --------------------------- Jet – König der Narren Final Fantasy XI OST - Batallia Downs „Das können die zwei doch nicht ernst meinen, oder?“, stöhnte Amber neben mir in aller Unbedarftheit und fuhr sich durchs Haar. „Wir wandern hier mindestens schon seit fünf Stunden durch die Wildnis und haben nichts gefunden! Bestimmt haben die längst Kehrt gemacht und freuen sich jetzt ihres Lebens in der Mensa.“ „Eigentlich sind es erst fünfundvierzig Minuten“, meinte ich und hob versöhnlich die Hände, als seine Brauen zuckten, „und zugegebenermaßen war deine Bemerkung, dass der Park wie ein Dschungel wäre, wenig hilfreich, sie nicht aus den Augen zu verlieren.“ Dabei kratze ich mich reflexartig an der Schulter, obwohl der Moskitostich, aufgrund dessen, dass es nur eine Illusion gewesen war, längst nicht mehr juckte. Amber knallte nur geräuschvoll die Zähne aufeinander und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich unterdrückte ein Lachen. Noch fünf Minuten und ich würde unsere Schritte unauffällig in Richtung See lenken. Crystal und Moon mussten ein ziemlich großes Vertrauen in mich haben, dass sie sich den Park für ihr Versteckspiel ausgesucht hatten. Der Park, den ich die vergangenen Jahre hindurch nahezu jede Nacht in der Streife abgelaufen war und daher ein jedes Geräusch sofort lokalisieren konnte. „Ach und das mit Mrs. Capellas Strafarbeit ist immer noch deine Schuld“, murmelte er plötzlich. „Fängst du jetzt schon wieder davon an?“, erwiderte ich stirnrunzelnd. „Es ärgert mich halt, dass… es jetzt noch schwieriger wird… du weißt schon!“ Er lief rot an, wie frisch getoastet und ich tätschelte ihm grinsend die Schulter. „Dass es verboten ist, gibt dem ganzen aber auch einen gewissen Reiz, das musst du zugeben.“ „Gibt es nicht irgendein Sprichwort, das Türschlösser verriegelt?“, überlegte er laut, die Augen nachdenklich verdreht. „Vor verschlossenen Türen stehen?“, bot ich an. „Da hätte ich Angst, dass das auf mich selbst zurückfällt.“ „Außerdem hielte die Wirkung nicht sonderlich lang an.“ „Oder man müsste sich kurzzeitig unsichtbar machen können! Wie wäre das?“ Da verzog er das Gesicht. „Obwohl… das hab ich mal gemacht, als ich sagte, dass ich mich in Luft auflöse, das war nicht gerade cool…“ Seine Schnute verhärtete sich und ich musste in mich hineinlachen. „Da war ich sogar dabei“, erinnerte ich ihn. Er schnippte in meine Richtung. „Richtig! Jetzt weiß ich’s wieder – das war am Tag, als wir uns begegnet sind.“ Sein Lachen hätte Tote aufgeweckt. „Mann, warst du damals vielleicht ein Stinkstiefel. Und jetzt schau dich an!“ Aber bei den letzten Worten schlug er sich die Hände vor den Mund und sah vorsichtig zu mir herüber, in Angst, zu weit gegangen zu sein. Aber ich lächelte ihm nur milde zu. „Und das dank euch, Amber.“ Erleichtert ließ er Hände und Schultern sinken und trat einen Schritt vor, aber ich hielt ihn auf Armeslänge. „Keine Umarmungen mehr, bitte“, wies ich gespielt strikt an und Amber fing an, zu winseln wie ein kleiner Hund, den dazu passenden Dackelblick auf dem Gesicht. Ich wollte gerade noch etwas dazusetzen, als ich die Veränderung in der Atmosphäre spürte. E.S Posthumus – Unstoppable „Amber, schnell!“, rief ich noch, dann rannte ich los. Ich hatte diese Art von Störung in der Luft schon einmal wahrgenommen. Etwas war anders als beim letzten Mal, aber ich konnte nicht definieren, was. Der See war schnell erreicht, da ich uns schon vorher allmählich in seinen Radius geführt hatte. Doch als das Wasser in Sichtweite kam, versagten meine Knie den Dienst. Ich hörte, wie Amber hinter mir ebenfalls zum Stehen kam. „Moon! Crystal!“, brüllte er fassungslos und wollte auf die beiden zuspringen, aber ich hielt ihn zurück. Was nicht gerade einfach war, da er mehr Kraft hatte, als man ihm auf den ersten Blick zutrauen würde. „Das hat keinen Sinn“, zischte ich mit einem Nicken auf Crystal, die in bläulichen Nebelschaden stand, welche sich bis zu Moon hin erstreckten und auch sie ummantelten. Während sie wie unter Messerstichen schrie. „Was passiert da?!“, kreischte Amber verzweifelt und zerrte, sehr wahrscheinlich unbewusst, an meinem Griff. „Crystal wendet ihre Gabe an“, entgegnete ich möglichst gefasst, um es für Amber nicht noch schlimmer zu machen, als es ohnehin schon war. Ein Teil von mir hatte bereits angefangen, sich zu fragen, wie zum Teufel es dazu gekommen war, aber ich war mir im Klaren darüber, dass ein Eingriff ins Geschehen zwecklos war. Früher oder später würde es von allein zu einem Ende kommen, bis dahin mussten wir das irgendwie ertragen. „Moon!“, entfuhr es Amber, als sie erneut aufschrie, diesmal schriller und schmerzverzerrter als die vorherigen Male. „Jet, sie stirbt!“ Seine Gegenwehr wurde resoluter, ich hatte alle Mühe, ihn zurückzuhalten. Wenn es so weiterging, musste ich ihn bewusstlos schlagen, zu seiner eigenen Sicherheit. „Nein, vertrau mir“, stieß ich hervor. „Es wird gleich vorbei sein.“ Aber da erkannte ich über seine Schulter hinweg, wie Moon ihre verkrampfte Sitzhaltung aufgab und sich mit wackligen Knien aufrichtete. Sie hatte immer noch die Augen zugepresst und wimmerte, wenn sie nicht gerade vor Qualen rief, doch etwas anderes hatte sich zu ihrer Angst und dem Schmerz gesellt. Und als ich es erkannte, ließ ich abrupt von Amber ab, welcher durch das plötzlich fehlende Gegengewicht zurückstolperte, und raste auf Crystal zu. Als ich zwischen sie und Moon, direkt in die blaue Nebelspur hineinschlitterte, starrte ich für den wahnsinnigen Herzschlag der Sekunde in ihre von jenem Hass tiefseeblau verfärbten Augen, dann schossen die Wasserpfeile auf mich nieder. Ich hob reflexartig die Arme, um mein Gesicht abzuschirmen, konnte aber den Schmerzenslaut nicht zurückhalten, als mir das Wasser zischend die Haut aufriss. „Moon, hör auf!“, brüllte Amber irgendwo von rechts. Neben den Wunden, die die Fontänen immer noch auf meine Arme schnitten, wurde ich nun auch dem stromstoßhaften Wirken von Crystals Nebel gewahr, der anfing, Erinnerungen in mir wachzurufen, während er hier und da schwarze Flecken bekam. Meine Augenfarbe. „Moon, bitte!“, flehte Amber weiter, aber sie hörte nicht auf. „Erkennst du uns denn nicht?“ Nein, sie würde uns nicht erkennen, nicht einmal, wenn wir tot umfielen. Denn in diesem Bann sah sie uns nur als die Menschen ihrer Erinnerung. Und anders als Onyx, der panikgleiche Angst vor ihnen gehabt hatte, verspürte sie daneben noch einen tödlichen Zorn, bis hin zu Hass. Verdammt, wieso hielt es so lange an? Vielleicht kam es mir auch nur so, weil ich bei Onyx lediglich daneben gestanden hatte. Aber je mehr Wasser sie auf mich abfeuerte, desto deutlicher fühlte ich, wie mich die Kraft im Stich ließ und ich dem Boden näherkam. Aber dann würden sie Crystal treffen und das durfte ich nicht zulassen! „Violet!“, schrie Amber da unvermittelt und ihr Angriff erstarb ohne Vorwarnung. Das plötzliche Fehlen der Attacken brachte mich zum Einknicken. Ein Knie fiel zu Boden, das andere zitterte heftig, war aber noch stark genug, damit ich meine blutenden Arme darauf abstützen konnte. Eternal Sonata OST - Someone Special „Violet, ich bin es…“, setzte Amber wieder an. Schwer hob ich den Kopf und sah, wie er näher an den See herantrat. Crystals Nebel hatte sich aufgelöst und Moon wirkte apathisch. Mit röchelndem Atem und starren Augen blickte sie ihn an. Crystal hinter mir keuchte, als sie erfasste, was geschehen war. Ich biss die Zähne zusammen, richtete mich auf und zog sie an mich – sie war so geschlagen, dass sie es kaum mitzubekommen schien. Ihr Ohr sank gegen meine Brust, aber ihre Arme blieben unbewegt und ihre Aufmerksamkeit galt, so wie auch meine, Moon und Amber. „Lea…?“, hauchte Moon und obschon es verwirrt klang, schwang auch etwas anderes darin mit. So als hätte sie ewig nach etwas gesucht und jetzt, wo es tatsächlich da war, konnte sie es nicht ganz glauben. Amber streckte ihr zaghaft die Hand hin. „Ja…“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als das dunkle Blau zusehends aufhellte, bis sie wieder so gleißend und vielschattiert waren wie normalerweise. „Endlich…“, murmelte sie. Ein flüchtiges Lächeln brachte ihre Mundwinkel zum Zucken, dann schlossen sich ihre Augen und sie fiel. Schlagartig riss ihre Kontrolle über das Wasser ab und anstatt auf der Seeoberfläche zu landen, brach sie hindurch und versank. Amber zögerte nicht, war mit einem Satz am Ufer und sprang ihr mit dem Kopf voran hinterher. „Was… hab ich nur getan…?“, hörte ich Crystal flüstern, ihre Worte brüchig vor Tränen. Kurz darauf tauchte Amber wieder auf und zog die bewusstlose Moon mit an Land. Ich legte Crystal den Arm um und führte sie vorsichtig voran. „Sie scheint im Reflex den Atem angehalten zu haben“, sagte ich ruhig und war damit im Augenblick allein; Ambers Hände zitterten und Crystal machte den Eindruck, gleich ebenfalls das Bewusstsein zu verlieren. „Sie hat kein Wasser in die Lunge bekommen, es geht ihr soweit gut.“ Dass meine Worte zumindest angekommen waren, sah ich daran, dass Amber die Augen schloss, tief durchatmete und dann die Arme unter Moons Körper schob, um sie über seine Schulter zu legen. „Zum Krankenflügel“, bejahte ich, als er mich ansah, ohne die Frage aussprechen zu können und nickte dankbar. Dann lief er voraus. „Ich hab das nicht gewollt…“, wimmerte Crystal, den Blick glasig und tränenstarr geradeaus gerichtet. „Sie hat getanzt und auf einmal kamen mir diese Bilder in den Kopf… und dann… dann…“ „Schon okay“, murmelte ich, zog sie an die Brust und strich über ihre Haare. „Du kennst Moon. Sie wird dir nicht böse sein.“ „Das ist es nicht, Jet“, schluchzte sie. Ihre Hände waren unruhig, immer wieder krallte sie die Finger in den Stoff meiner Jacke, nur um wieder loszulassen und das Ganze an anderer Stelle zu wiederholen. „Was dann?“ „Das, was ich gesehen habe…“, kam es mit einiger Verzögerung. „Was sie durchmachen musste… Das hätte ich niemals gedacht.“ Sie vergrub das Gesicht tiefer in meine Brust, als ein Zittern durch ihren ganzen Körper lief und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Oder tun. Nichts schien jetzt richtig. Aber auch nichts falsch. Nach einigen weiteren Sekunden nahm Crystal mir die Entscheidung ab. „Ich muss zu ihr“, hauchte sie und hob den Kopf, um mich anzusehen. „Ich muss mich bei ihr entschuldigen.“ „In Ordnung“, antwortete ich schlicht. Wir lösten uns voneinander und setzten uns wortlos in Bewegung, wenn wir auch aus einem unbestimmten Grund sehr langsam gingen. Der Picknickkorb und die Decken, die sie und Moon für ihre Überraschung so sorgfältig vorbereitetet hatten, blieben einsam im Schatten des Baumes zurück. Melancholy Sad Piano Music - Violin Song Als wir den Krankenflügel betraten, war Amber nicht mehr dort, was uns vor den Kopf stieß, aber keiner von uns sagte etwas dazu. Dafür war Jade anwesend. Und Moon wieder wach. Sie lächelte schwach, als Crystal auf sie zustürzte. „Es tut mir so leid!“, platzte sie umgehend hervor. „Ich wollte das nicht!“ „Das weiß ich doch“, erwiderte Moon, tätschelte ihr den Arm und breitete einladend die Arme aus. Crystal fiel ihr prompt um den Hals. Ich sah fragend zu Jade hinüber, die daraufhin um das Bett herumtrat und mir eine Hand auf die Schulter legte, bevor sie mich ein Stück mit sich wegdrehte, damit Moon und Crystal uns nicht hörten. Obwohl die beiden uns allem Anschein nach sowieso komplett ausgestrichen hatten. „Tust du mir einen Gefallen?“, fragte sie verhalten, ich nickte, ohne zu zögern. Sie warf einen schnellen Blick über die Schulter. „Moons Zustand ist stabil. Ihre Psyche ist noch ein wenig angegriffen, darum wird sie über Nacht hierbleiben, aber ansonsten geht es ihr gut. Um wen ich mir mehr Sorgen mache, ist Amber.“ „Ich gehe zu ihm“, antwortete ich auf ihre noch unausgesprochene Frage. „Hast du ein Auge auf Crystal?“ Sie lächelte leicht. „Selbstverständlich.“ Ich sah noch einmal hinüber zu Moon. Obgleich sie Crystal anstrahlte und so fröhlich wie immer wirkte, war seit dem Vorfall etwas an ihr verändert. Es fiel nicht gleich auf. Es war eher wie ein Graustich auf einer weißen Feder, den man erst sah, wenn das Licht anders stand. Ich hatte mir nie viele Gedanken über dieses Mädchen gemacht. Sie war zu aufgeweckt, zu mitreißend und optimistisch – und machte es ihrer Umgebung damit viel zu leicht, sich nicht um sie zu sorgen. Und genau aus dieser Motivation heraus, tat sie es. Man hätte glauben können, dass es bei Amber genauso war, aber das stimmte nur zum Teil. Bei ihm hatte ich schon damals, am Tag unserer Begegnung, verstanden, dass er nicht seiner Umgebung etwas vorspielte, sondern sich selbst. Er lachte seine Schmerzen beiseite. Während Moon sich ihrer gänzlich bewusst war und alle anderen mit ihrem Lächeln gezielt an der Nase herumführte. Ich begegnete ihrem Blick über Crystals Schulter hinweg. Nur zwei Sekunden lang, sah sie mich ganz genau an und begriff, dass ich sie durchschaut hatte. Und ihre Augen verfinsterten sich in einer eigentümlichen Ruhe, dann war der Moment vorbei, bevor Crystal es bemerken konnte. Narrenkönigin, dachte ich, wandte ich mich ab und verließ das Zimmer. Poets of the Fall – King of Fools Der Geruch stach mir sofort in die Nase, als ich die Tür öffnete und noch währenddessen konnte ich ihn auch benennen. Allerdings hatte ich keinen blassen Schimmer, wie Amber in so kurzer Zeit daran gekommen war. Es sei denn, er hatte irgendwo ein Geheimversteck angelegt. „Du hast es sicher nur gut gemeint“, raunte er von seinem Platz auf dem Bett aus. Die halbleere Gin-Flasche stand auf dem Nachttisch. „Und wahrscheinlich auch nicht gelogen, sondern es wirklich geglaubt, aber die Realität sieht anders aus. Moon empfindet nicht das gleiche, das hat sie auch nie. Für sie bin und werde ich immer nur ein Freund bleiben.“ „Amber…“ Allmählich ging mir auf, wieso er nicht mit Moon im Krankenzimmer gewesen war, als wir dazu gestoßen waren. Ich konnte ihm nicht verübeln, dass er es ihr gestanden hatte – ich hatte es bei Crystal auch in einem Moment unermesslicher Erleichterung nach einem der Todesangst getan. „W-Was soll ich denn jetzt tun, Jet?!“, platzte es auf einmal aus ihm hervor. Er griff sich in die Haare, presste die Lider aufeinander und dann perlte ein freudloses Lachen über seine Lippen. „I-I-Ich kann nicht mehr… i-i-ich k-k-kann sie nicht mehr so a-a-ansehen wie v-v-vorher…“ Mitten im Satz hielt er inne, riss die Augen wieder auf und fasste sich an die Lippen. Und im nächsten Moment wurde seine ganze Brust von Schluchzern durchgerüttelt. „E-Es pa-pa-passiert wieder…! I-I… k-kann…“ „Amber, hör zu“, ging ich dazwischen und trat an ihn heran. Er hatte das Gesicht unterdessen in die Hände gelegt und wiegte sich leicht vor und zurück. Ich ließ mich neben ihm nieder. Das genügte schon, mehr würde er augenblicklich auch nicht bewältigen können. Bei zu viel Trost wird die Wirklichkeit wieder zu grell. „Es waren keine leeren Worte, ich habe das ernst gemeint. Ich glaube nicht, dass Moon dasselbe für dich empfindet, ich weiß es.“ „W-W-Woher…?“, brachte er, von seinen Händen gedämpft, hervor. Ich seufzte und dachte wieder an Moons Gesichtsausdruck zurück. Manchmal verstand man einfache Gesten wie diese erst nach einer Weile. Hatte ich vorhin noch den Befehl, zurückzuweichen darin erkannt, wurde mir nun bewusst, dass es ein Hilfeschrei gewesen war. Und sie hatte ihn an mich gerichtet, weil sie gewusst hatte, nur ich würde ihn erfassen können. Aber das war nie und nimmer bewusst geschehen – das war die große Komplikation der ganzen Sache. „Wenn wir lieben“, begann ich zu erklären, „tun wir ziemlich bescheuerte Dinge. Und wenn du jemanden wirklich gern hast, dann ist dir seine Sicherheit wichtiger als alles andere. Du willst, dass diese Person das beste Leben führt, das möglich ist und manchmal denkst du, dass dich das selbst ausschließt.“ Während ich sprach, stand ich wieder auf und ließ unauffällig die Flasche vom Tisch verschwinden. „Als ich erkannt habe, was ich für Crystal fühle, habe ich sie von mir weggestoßen und so getan, als könnte ich sie nicht leiden… Mir wurde erst später klar, wie dumm das war. Aber die Angst war stärker. Die Angst, ihr wehzutun und nicht gut genug für sie zu sein.“ Ruckartig schoss Ambers Kopf aus seinen Händen empor. „Moon denkt, dass sie nicht gut genug für mich wäre?“ Ich ging hinüber zum Bad und schüttete den Alkohol in den Abfluss, die leere Flasche stellte ich vorerst daneben. „Ich glaube, dass sie das nicht bewusst denkt“, erläuterte ich meine Gedanken von vorhin, so wie ich aus dem Bad wieder ins Zimmer kam, „aber ja.“ Seine wie flüssiges Bienenwachs glimmenden Augen wanderten von mir hinüber zum Fenster und dann auf seine offen im Schoß liegenden Hände. Ich sah die Frage schon herannahen. „Und was soll ich jetzt tun?“ Ich ließ die Hände in die Hosentaschen gleiten. „Gib ihr etwas Zeit…“ Wieder lachte er. Es war trostlos, aber er gab sich alle Mühe. „Davon hab ich wenigstens mehr als genug.“ Ich schüttelte kaum merklich den Kopf, schritt aber wieder auf ihn zu und legte meine Hand auf seine Schulter. Inzwischen war er soweit, das ertragen zu können. Amber und Moon… Beide lächelnd und – wenngleich in unterschiedlicher Absicht – aus demselben Grund. Eigentlich waren sie genauso wie Crystal und ich. So ähnlich, dass sie so weit auseinanderliefen, dass sie sich wiedertrafen. Nebeneinander, auf zwei gegeneinander verlaufenden Fahrbahnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)