Crystal Riders II von Rainblue (Reminiscence) ================================================================================ Kapitel 1: Richtungswechsel --------------------------- Jet – Richtungswechsel Zoku Natsume Yuujinchou OST - Atatakai Yuki Keshiki Crystals Hand lag in meiner und ich drückte sie abwechselnd fester, strich über ihre weiche Haut und war wie so oft eigentümlich berührt von der zerbrechlichen Schmalheit ihrer Finger. Währenddessen beobachtete ich sie, wie sie mit gekräuselten Lippen in ihrem Jogurt herumstocherte. Sie mochte die Stückchen nicht, wenn es sich um Erdbeerjogurt handelte, bei allem anderen war es ihr gleichgültig. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Ruhe auf den billigen Plätzen“, schnappte Moon von der anderen Seite des Tisches aus und half Crystal mit pseudoprofessioneller Miene, die übrigen Erdbeerüberreste herauszupicken. „Und du da, geh von meinem Bein runter!“, wandte sie sich unwirsch an Amber, der halb auf der Tischplatte hing und offenbar eingeschlafen war. Auf Moons Klaps hin, fuhr er schreiend hoch, sah sich gehetzt in alle Himmelsrichtungen um und stöhnte letzten Endes auf. „Wieso muss es grad erst Frühstückszeit sein? Ich will in mein Bett…“ „Selbst Schuld, du musstest es beim Kirschblütenfest ja auch wieder übertreiben“, meinte Moon kaltschnäuzig und Amber öffnete den Mund zum Protest, allerdings zerflossen die Worte zu einem Gähnen und dann sackte er gespielt wimmernd gegen ihre Schulter. „Jetzt reiß dich am Riemen!“ Und schon hatte Amber einen breiten Gurt um die Taille, den er sich mechanisch und mit noch geschlossenen Augen so fest zurecht zog, dass ich mich fragte, wie er überhaupt noch Luft bekam. Moon drehte sich halb zu ihm und musterte ihn mit einem Ausdruck ehrlichen Erstaunens. „Würde sie nicht auch andersrum funktionieren, er hätte ohne Witz die mächtigste Gabe des Internats, oder irre ich mich?“ Crystal ließ ihren Löffel in die Schüssel gleiten, als hätte sie den Kampf mit den Erdbeeren aufgegeben und sah ebenso wie wir alle zu Amber hinüber, dessen Lider sich Millimeter für Millimeter wieder öffneten, begleitet von weiteren Gähnattacken. „Es ist immer noch eine Illusionsgabe“, warf ich ein und Crystal schaute mich verwundert an. „Alles, was Amber erzeugt, kann zwar materiell sein, ist aber nie real“, erklärte Moon und kniff ihm versuchsweise in die Wange, damit er seinen Halbschlaf beendete. Er schüttelte sich und nahm allem Anschein nach jegliche Konzentration zusammen, um sich auf das Heben seines Löffels für das Müsli zu fixieren. „Deswegen kann er sich mit seiner eigenen Gabe auch nicht umbringen“, fügte Moon lachend hinzu. Auf einmal entzog Crystal mir ihre Hand und legte sie stattdessen auf die Armlehne des Stuhls. Verwirrt sah ich dabei zu und kam nicht umhin, dass mir etwas an dieser Position bekannt vorkam. Klamm bekannt. „Oder eben andere“, fuhr Amber da fort, woraufhin ich auf und zu ihm schaute. Er lächelte mich an. Viel zu fröhlich… viel zu wach. Moon tat dasselbe und Crystal neben mir verkrampfte ihre Finger um die Armlehnen. Alice: Madness Returns OST – Hatter „Was ist los?“, hörte ich mich fragen. Ambers Miene wandelte sich so abrupt, dass ich vor Desillusion zurückzuckte, als er sich schließlich nach vorn auf den Tisch beugte, die Ellbogen aufgestützt und sein Lächeln von Sekunde zu Sekunde herablassender wurde. „Ich bin ja auch keine Killermaschine so wie Jet.“ Der Satz war wie ein Fausthieb. Ich sprang so schnell vom Stuhl auf, dass er klappernd umfiel. Amber und Moon erhoben sich ebenfalls, nur Crystal blieb, wo sie war, ihre Arme immer noch um die Lehnen geschweißt. „Er ist auch noch ein Spion, wenn du es genau wissen willst“, flüsterte Moon mit einem hasserfüllten Blick in meine Richtung und ich war nicht imstande, etwas zu erwidern; ich konnte ja nicht einmal richtig atmen. „Richtig“, erwiderte Amber, dessen Lächeln zu einem grotesken Clownsgrinsen geworden war. Wann hatte er ein Sprichwort gesagt, dass das bewirkt hatte? „Selbst ein Crystal Rider, spielt aber auf Seiten der Regierung. Warum tötest du immer nur Unschuldige?“ „Sei still…“, murmelte ich und schlug mir sofort die Hände auf den Mund, denn ich hatte nicht vorgehabt, das zu sagen. Aber weiße Punkte glommen an den Rändern meines Sichtfeldes auf, das altvertraute Gefühl… Kontrollverlust. Nein! „Er tanzt an ihren Fäden wie eine brave Marionette und siebt jeden Rider aus, der ihnen nicht gefällt.“ Moons Augen hatten sich verdunkelt, so sehr, dass es nicht mehr das Mondsteinblau war – nein, sie hatte die Schwärze meiner eigenen Iris angenommen wie einen Spiegel. „Wenn deine Vorgesetzten es dir befehlen, würdest du doch auch uns umlegen, ohne mit der Wimper zu zucken, ist es nicht so?“, fragte Amber wieder und ich stemmte mit aller Macht die Beine in den Boden, presste die Lider so fest aufeinander, dass meine Wimpern splitterten. Die Bruchstücke rieselten über meine Wangen wie heiße Asche. „So wie all die anderen Rider, die dir nichts getan haben. Sie waren alle noch so jung, oder? Hatten ihr ganzes Leben noch vor sich.“ Ich konnte nicht mehr zwischen Moons und Ambers Stimme unterscheiden, denn wer auch immer jetzt sprach, klang nach keinem von beiden. „Und du lässt alles stehen und liegen, sobald sie dich von der Leine lassen und reißt jedem die Kehle auf, dem du sie aufreißen sollst.“ „Hör auf.“ Ich wollte es flüstern, schrak jedoch zurück, als ich die Worte schrie. Und dann ging es ganz schnell. Brand X Music – Extinction Meine Arme schnellten hervor, bekamen den Tisch zu fassen und schleuderten ihn rücksichtlos beiseite, dass die Teller und Tassen darauf auf dem Boden zerschellten. Am Rande nahm ich wahr, wie sich Crystals Jogurt über den Stein ergoss, dann sprang ich nach vorn und packte Amber hart beim Kragen, um ihn rückwärts gegen die Wand zu stoßen. „Jet, ich bin es!“, rief er und ich sah, dass sein Gesicht wieder normal war. Keine Clownsgrimasse, kein abfälliges Gelächter. Nur vor Angst starre Bernsteinaugen. Ich sah es, all das – aber ich in diesem Zustand verstand ich es nicht. Erst als Amber vor Qualen aufschrie und das warme Glühen in seiner Iris ausblich, die Lebendigkeit, die sonst in seinen Zügen spielte, restlos verschwand und er unter meinem Griff erschlaffte, erfasste ich, was ich getan hatte. Aber ich ließ den Stoff seiner Jacke nur los, wodurch er leblos zu Boden fiel und wirbelte zu Moon herum. Hör auf, hör auf, hör auf!!! Sie machte Anstalten, wegzulaufen und ihre Augen abzuschirmen, aber ich zog sie an den Haaren zurück und warf sie ebenso ungnädig zu Amber auf den Boden, bevor ich in die Knie ging und ihren Kopf zurückriss, um auch sie zu töten. Als ihre Augen ebenso das Licht verloren hatten, sprang ich wie ein Tier zurück auf die Beine und drehte den Kopf langsam über die Schulter herum, erst dann folgte der Körper. STOPP!!! Die Schüler waren wie erstarrt und ich spürte, dass ich schmunzelte, bevor ich meine Gabe aufflackern ließ. Ich hatte niemals ihre volle Macht ausgeschöpft, immer nur im Einzelnen getötet, aber ich war zu so viel mehr imstande. Ich war der perfekte Mörder. Wie vom Blitz getroffen, fielen die Schüler einer nach dem anderen um, ihre kristallisch leuchtenden Augen erblassten und mit ihnen schien auch die Farbe aus der Atmosphäre herauszublättern. Ich ließ den Kopf in den Nacken fallen und spürte die Gefühle nach, die in mir tobten. Es war so einfach, alles auszulöschen. Leben und Tod lagen so dicht beieinander. Was Jahre brauchte, um aufzugehen, zu wachsen und zu alten, konnte innerhalb eines Blinzelns vernichtet werden. Leere, Stille. „Jet…“ Ruckartig kippte mein Kinn wieder nach vorn und ich erkannte Jade, die inmitten der Leichenberge stand und mich nur fassungslos anstarrte, anstatt etwas zu unternehmen. „Du hast die Wahl“, hörte ich mich raunen und trat durch die toten Körper auf sie zu. Wenn ich einen von ihnen berührte, zerfiel er zu Staub und infolge einer Kettenreaktion, lief ich kurz darauf durch ein ganzes Meer aus seelenlosem Puder. „Du hast sie schon immer gehabt.“ „Bitte, Jet…“, flüsterte Jade nur und kämpfte sichtlich mit den Tränen. Ich stand nun direkt vor ihr und griff nach ihrer Hand, in der sie ein Schwert hielt. Langsam führte ich ihren Arm hinauf, bis die Klinge genau an meiner Kehle lag. „Beschütze deine Schüler…“ „Bitte…“, wiederholte sie nur und die Tränen lösten sich. „Bring es zu Ende.“ Doch sie tat es nicht. Und darum riss ich nur die Augen auf und beobachtete wie im Zeitraffer, wie die seidige, grüne Jade zu grauem Stein wurde und sie wortlos vor mir zusammenbrach und sich nicht mehr rührte. Brand X Music – Dark Clouds Die Kälte umschloss mich wie eine Folie aus klebrigem Wachs, haftete sich an mir fest und ließ nicht zu, dass ich eine andere Regung für das Geschehene fand als Gleichgültigkeit. Noch hatte der Blackout mich nicht losgelassen – etwas fehlte, bevor die Mission erfüllt war. Träge drehte ich mich um und fand mich direkt vor ihr wieder. Sie saß immer noch auf dem Stuhl, die Arme auf den Lehnen, nur dass ich jetzt sehen konnte, wieso sie sich nicht von der Stelle bewegte – sie war gefesselt. „Töte… sie…“ Obwohl ich es selbst ausgesprochen hatte, kam es mir so vor, als wäre es ein fremder Befehl gewesen. Fadenzug. Auf Knopfdruck töten. Ich machte einen Schritt nach vorn, sodass ich genau vor ihr stand, erst dann beugte ich mich herunter und stützte die Hände links und rechts von ihrem Kopf am Stuhl ab. Crystal sprach kein Wort, aber ihr ganzes Gesicht bebte und leise Tränen sammelten sich an ihrem Kinn. NEIN! AUFHÖREN! Ich lächelte leicht. „Gute Nacht, kleiner Kristall…“ Augenblicklich kehrte die Anspannung in ihrem Körper zurück, zog ihn gerade gegen die Lehne und zwang die Schreie aus ihrer Kehle hervor. Ich sah geduldig dabei zu, wie ihr Atem flirrte und stotterte, ins Schleudern geriet und sie den Kampf langsam verlor. Als der Schein ihrer Augen ausgraute, traf mich ihr Blick noch einmal und ihre Gabe wirkte wie ein letzter, verzweifelter Hilferuf. Vor mir tauchte Makos Gesicht auf. Ihre Züge glatt und unversöhnlich. Sie streckte mir die geöffnete Hand hin, darauf lag der Schneeflockenobsidian. „Du hast ihn im Stich gelassen, Jace… Du hast ihn getötet.“ Ihre Faust schloss sich, es klirrte und als sie die Finger wieder zurückzog, war von dem Edelstein nur noch schwarzer Sand und weiße Schneeflocken übrig. Schlagartig wurde ich zurück in die Gegenwart gezogen. Crystals Augen vor mir verglommen. Die Trance brach scheppernd entzwei und ich brachte ihren Namen hervor, aber es war zu spät. Sie war kalt wie Eis und aus ihren offenen, toten Augen tropften keine Tränen mehr, sondern Blut. Und als ich der Spur mit dem Blick folgte, konnte ich noch mehr sehen. Ihr Bauch stach vor rotem Leben, es sammelte sich auf dem Boden zu einer Pfütze, hatte ihre Sachen komplett durchweicht und als ich mit den Händen nach ihren Schultern greifen wollte, zerbrach sie wie eine Glasstaue. „CRYSTAL!!!“ Das Glas wurde zu Kristall, das Blut zu rotem Schnee. Glanz aus einstigem Leben. Das war alles, was mir blieb. Ich war allein in einer Welt aus Staub, Asche, Sand und Schnee. Am Ende der Zeit. „Der Tod ist einsam.“ Ich fiel auf die Knie und grub schreiend die Hände in den Splitterhaufen, aber es hatte keinen Zweck mehr. Die Stille war zu laut. Ich sank vornüber und sie wurde noch lauter. Sie sang mit all den Stimmen, die ich gehört hatte, funkelte in all den Lichtern, die hatte erlöschen sehen. Und ich konnte schreien, so viel ich wollte, sie würde niemals verstummen. Sie würde mich verfolgen bis in all Ewigkeit dieses verfluchten Lebens… Soundcritters - Never Found Mein eigener Schrei weckte mich. Ich fuhr in die Höhe und meine Augen begannen zu tränen, ob der unvermittelten Helligkeit. Die Decke fiel raschelnd herunter und meine Stimme verlor sich in heiseren, schweren Atemzügen. „Jet…?“, kam es zaghaft von rechts und ich wandte mich irritiert um. Crystal lag neben mir, hatte verschlafen die Lider gehoben und strich sich gerade die wirren Strähnen aus der Stirn, bevor sie sich ebenfalls aufrichtete. „Crystal!“, rief ich, warf die Decke, die noch zwischen uns lag hastig beiseite und zog sie an mich. Ihre Haut war kühl, aber nicht so kalt und auch nicht aus Kristall. „Jet, ich… ich krieg keine Luft…“, flüsterte sie, aber ich konnte die Bedeutung ihrer Sätze kaum verstehen. Trotzdem lockerte ich meinen Griff, schob sie ein kleines Stück von mir und tastete nach ihren Handgelenken. Keine roten Striemen, nicht mal Narben. Es war alles unversehrt. Aber es reichte mir noch nicht, um zur Ruhe zu kommen, weshalb ich auch am Stoff ihres Tops zog, um ihren Bauch zu sehen. Auch dort war keine Spur mehr von diesem grauenvollen Tag zu erkennen. Aber es war geschehen, es gab unsichtbare Wunden. Sie waren überall… Kraftlos ließ ich von ihrem Oberteil ab, mein Kopf sank auf die Brust und das Zittern in meinen Muskeln übertrug sich auf meinen Atem. „Hast du… schlecht geträumt?“ Ich nickte geistesabwesend. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken…“ „Oh, Jet“, schüttelte sie nur den Kopf und nahm mein Gesicht in die Hände, um mich zu küssen. Als ich es erwiderte, schnappte sie nach Luft – verständlicherweise, denn seit ich sie fast getötet und dabei hatte zusehen müssen, wie sie gefoltert wurden war, war kein Kuss mehr eine Selbstverständlichkeit. „Sorry“, murmelte ich, als ich ihre Lippen losließ und mich stattdessen zu ihrem Nacken hinunter küsste. „Ich bin zu ungestüm, oder?“ „Nein, nein“, beeilte sie sich zu sagen und vergrub ihre Hände in meinem T-Shirt. „Ich bin nur ziemlich… schnell überwältigt.“ Ihr Lachen schälte mich endgültig aus den Erinnerungen an den Traum. Aber die Bilder lagen mir noch auf der Seele wie spinnwebengraue Tücher. Es war kein unbekanntes Szenario gewesen, ich hatte schon früher oft davon geträumt, dass meine Gabe außer Kontrolle geriet, aber niemals hatte ich die Leute auf dem Internat angegriffen. Und… niemals hatte ich dabei eine derlei abstoßende Ekstase empfunden… Ich verharrte an Crystals Schulter und legte lediglich meine Hände an ihren Kopf, um sie zu halten, einfach nur zu halten und zu wissen, dass sie da war… Final Fantasy XI RotZ OST - Grav'iton „Heute ist die Abstimmung, oder?“, fragte sie nach einer Weile, ihre Hand Kreise auf meinem Rücken beschreiben lassend. „Ja“, antwortete ich schlicht mit einem Blick zum Fenster. Die Sonne war noch dabei, aufzugehen, wodurch der Himmel in nebelseichtem Blau schwamm, ohne Wolken, die ihn unterbrachen. Kaum zu fassen, dass seit Crystals Verwandlung zum Rider und ihrem Einzug auf das Internat, nur ein wenig mehr als ein Monat vergangen war. Und schon sollte darüber entschieden werden, ob sie hierbleiben dürfte… „Wie wird es ablaufen?“, flüsterte sie, drückte ihre Stirn gegen meine Schulter und zog sich auf meinen Schoß. Ich ließ meine Hand von ihrem Kopf abwärts wandern, bis ich ihre Taille umfangen hielt, mit der anderen streichelte ich ihr Haar. „Es wird eine Auszählung geben. Wer für dein Bleiben ist, meldet sich, das Ganze geschieht dann auch bei mir und die Mehrzahl entscheidet.“ Kurz und bündig. Ich wusste, Crystal hielt es mir zugute, wenn ich nicht versuchte, die Sache irgendwie zu verschönern. „Und wenn die Entscheidung gegen mich ausfällt?“ Dass ich nichts an den Tatsachen ausschmückte, änderte allerdings nichts an dem Fakt, dass es nicht leicht war, sie ihr mitzuteilen. Ich seufzte. „Dann passiert dasselbe wie bei mir. Du erhältst ein vom Staat finanziertes Apartment und wirst rund um die Uhr bewacht.“ Sie schluckte und vergrub das Gesicht tiefer in den Stoff meines Oberteils. Ich hatte mich nach all den Jahren daran gewöhnt, dass keine meiner Bewegungen unbeobachtet blieb und zu Beginn war es mir egal gewesen, weil ich damals nur Leere empfunden hatte, aber für Crystal musste es sich verstörend anfühlen. Der Gedanke, permanent einer Zahl von fremden Augen ausgeliefert zu werden, wie ein Tier im Zooladen. Darüber hinaus, würden sie ihre Freiheit noch weiter als meine einschränken; sie würden sie tagtäglich vom Apartment zum Internat und abends auch wieder zurückchauffieren, da die Kontaktlinsen bei ihr keine Wirkung zeigten. Feste Zeitpläne, keine Möglichkeiten für außerhalb des Rahmens liegende Gespräche mit Moon oder Amber. Ihre „freien“ Stunden würden sich nur noch in den immer gleichen Wänden einer sterilisierten Luxussuite abspielen. „Wenigstens wärst du dann noch da…“, murmelte sie und ich zog ihren Körper noch enger an mich. Wie abgesprochen, klingelte es zum Frühstück und Crystal holte bang Luft. Ich dachte nicht darüber nach, sondern rückte kurzum von ihr ab und legte meine Lippen auf ihre. Berührungen sagen oftmals mehr als Worte. Daran zeigt sich, dass wir Menschen Wesen der Gefühle sind, tierischer als wir uns eingestehen wollen. Sprache ist streng genommen nur eine Erfindung, etwas, das sich womöglich nicht zwingend hätte entwickeln müssen. Ich war mir dieser Theorie sicher, wenn ich fühlte wie jetzt. Im Zuge des Kusses, drehte ich sie herum, drückte sie in die Laken, spürte die Formen ihres Körpers unter meinem, nahm wahr, wie sich das Blut darunter bewegte, wie die Luft wanderte, wie alles an ihr seinem von der Natur so raffiniert geschaffenem Rhythmus nachging und sie lebte. Sie lebte… Schlagendes Herz, rauschender Atem. Das Mädchen, das ich küsste, lebte mit aller Kraft. Und war so wertvoll. Ich wusste nicht, ob sie es bemerkte und wenn doch, ließ sie es nicht erkennen, aber aus meinen Augen stahlen sich zeitgleich zwei Tränen und flossen in unseren Kuss hinein. Ich wischte sie unauffällig fort, als ich mich von ihr löste und zurückbeugte. „Wir sollten gehen.“ Sie hob wie im Reflex die Hand und legte sie, mit leisem Erstaunen, auf ihre Lippen. „Ja…“, sagte sie dann nur, straffte sich und stand ebenfalls auf. Final Fantasy XIII OST – The Final Stage Die Abstimmung war nicht von den Schülern einberufen worden und auch nicht von Jade. Sie hatte uns erklärt, dass die Anordnung dazu Teil der Bedingungen für ihren Waffenstillstand gewesen war. Also waren letzten Endes all die Gesichter, die mir jetzt entgegen blickten, als ich gemeinsam mit Crystal und Jade die Bühne betrat, dazu aufgefordert worden, hier und heute ihre Stimme abzugeben. Das war vielleicht ein minimaler Trost an der ganzen Sache… „Danke, dass ihr alle erschienen seid“, begann Jade mit lauter Stimme, die mehr als weit trug, da in der Aula Grabesstille herrschte, obschon der Saal brechend voll war. Einige Schüler mussten sogar stehen, weil die Ränge nicht ausreichend Platz für alle boten. Ich erkannte Moon und Amber in der vordersten Reihe, sie wirkten angespannt und hatten Schatten unter den Augen, trotzdem lächelten sie uns Mut machend zu. Crystal griff nach meiner Hand. Audiomachine - Turning Point „Ihr wurdet bereits darüber informiert, dass heute eine Abstimmung um den zukünftigen Verbleib von Crystal auf diesem Internat stattfindet. Des Weiteren gibt es eine zweite Wahl über die Wiederaufnahme von Jetstone. Wir beginnen, wenn keine weiteren Einwände bestehen, direkt mit der Stimmabgabe für Crystal.“ Niemand rührte sich und Jade fuhr mit dezent gepresster Stimme fort. „Gut. Dann bitte ich nun alle die Hand zu heben, die für Crystals fortwährendes Bleiben auf dem Internat sind.“ Ambers und Moons Hände schossen augenblicklich in die Höhe und auch ein paar der Lehrer, sowie Granite schlossen sich an, aber ansonsten zeigte sich in der Menge keine Reaktion. Crystals Hand verkrampfte sich bebend um meine und ich wusste, sie tat, was sie konnte, um gerade stehen zu bleiben und nichts von ihren Gefühlen nach außen zu lassen. Aber ich war machtlos, konnte nur stumm ausharren und den Druck ihrer Hand erwidern. Jade zögerte, das war offensichtlich, aber als sich nach einigen weiteren Sekunden immer noch nichts tat, nahm sie wieder Haltung an und wollte fortfahren. Als sich plötzlich mitten aus der Masse eine Hand emporhob. Moon und Amber stießen im gleichen Atemzug einen verdatterten Laut aus und die Schüler vor ihr drehten sich verwirrt um, wodurch ich sie zwischen den anderen erkennen konnte. Als sie sich kurz darauf von ihrem Stuhl erhob, bestand endgültig kein Zweifel mehr. Es war Mira. Ich hörte, wie Crystal der Atem entwich und ihre Finger entspannten sich ein wenig. Aber bevor irgendjemand Worte für diesen Umbruch finden konnte, wuchs eine Welle von weiteren Händen in die Höhe. Es war, als hätte jemand einen Stein angestoßen und damit den Erdrutsch ausgelöst, denn binnen Sekunden hatten sich nahezu alle Schüler im Saal ihren Vorgängern angeschlossen und damit stand die Waage unmissverständlich. Jade räusperte sich und aus dem Augenwinkel konnte ich ihr Lächeln erahnen. „Dann ist es entschieden. Crystal wird weiterhin ein Teil des Internats sein.“ Die Hände sanken schrittweise wieder herab und Jade holte tief Luft, bevor ihre Augen kurz in meine Richtung huschten. „Nun kommen wir zur zweiten Entscheidung. Ich bitte alle die Hand zu heben, die für die Wiederintegration von Jetstone auf dieses Internat stimmen.“ Diesmal war ich es, der Crystals Hand so fest umklammerte, dass alles Blut herausweichen musste. Ich sah wie schon vorhin Moon und Amber an, deren Arme sich noch während Jades Worten gehoben hatten, erst dann wagte ich einen Blick zu den anderen Schülern. Und hätte fast das Gleichgewicht verloren, als ich all den nach oben gestreckten Händen gewahr wurde. Ich hatte es mir nie zugestanden, aber tief im Inneren hatte ich immer von diesem Moment geträumt. Die Bestätigung, ein Teil von ihnen zu sein, dazuzugehören… ein Zuhause zu haben. „Dann ist auch das entschieden“, hörte ich Jade rufen und ihre nächsten Worte wurden von unvermitteltem Applaus und Jubelrufen geschluckt. „Jetstone wird wieder Teil des Internats!“ Ich war noch wie zu Salz erstarrt, als sich zwei Arme um meinen Hals schlossen und mein Name erklang. Dann kam die Situation endlich wieder bei mir an und ich hob Crystal unüberlegt hoch, wirbelte sie herum, hörte sie lachen und fiel lautstark ein. Und kaum, dass sie wieder stand und wir uns lösten, wurde ich fast von Amber umgeschmissen, als er mir ebenfalls um den Hals fiel. An Crystals Quietschen erkannte ich, dass Moon sie mit derselben Überschwänglichkeit umarmte. „Oh mein Gott!“, rief sie schließlich über das Klatschen und Pfeifen der Schüler hinweg, als sie mich ebenfalls drückte, während Amber Crystal in die Arme nahm. „Ich glaub, ich krieg gleich einen Herzinfarkt! Das ist so schön!!!“ Most Emotional OSTs Ever Moments of Happiness „Aber wo sollst du jetzt wohnen?“, fragte Amber dann, indem er Crystal einmal herumwirbelte und dann direkt vor mir wieder absetzte. Sie verpasste ihm lachend einen Schlag gegen den Arm. Aber bevor ich die Möglichkeit bekam, sie an mich zu ziehen, schlang Moon mit besitzergreifender Miene beide Arme sie. „Nix da!“, zischte sie grinsend. „Das ist meine Mitbewohnerin, kapisché?“ Crystal verdrehte die Augen, musste aber erneut losprusten, als Moon ihr durch die Haare wuschelte. „Bei dir ist doch noch was frei, oder?“, wandte ich mich lächelnd an Amber und er blinzelte erst einige Male, schaute zwischen Moon, Crystal und mir hin und her und zeigte dann fassungslos mit dem Finger auf sich. „Du willst bei mir wohnen? Ist das dein Ernst?“ „Es sei denn, du willst nicht“, meinte ich, aber da boxte er mir schon enthusiastisch gegen die Schulter und stieß einen kehligen Triumphschrei aus. Oder irgendwas in der Art jedenfalls. „Alter, machst du Witze?! Klar, kannst du bei mir einziehen!“ „Dann darf ich das in meine Unterlagen übernehmen?“, erklang Jades sanfte Stimme hinter mir. Ich setzte gerade zu einer Erwiderung an, aber kaum hatte ich mich herumgedreht, schloss sie mich schon in ihre Arme. „Ich habe es dir doch gesagt, Jet“, lächelte sie leise, sodass nur ich es hören konnte. „Das Früher kann uns nicht besiegen. Nichts wird in Stein gemeißelt.“ Ich schnaubte ein Lachen in ihr Haar. „Danke. Für alles.“ Sie streichelte mir einmal übers Haar und löste sich wieder von mir. „Ich helfe dir nach dem Mittagessen, deine Sache abzuholen“, sagte sie und warf einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. „Und jetzt ab zum Unterricht, ihr drei. Gefeiert wird erst beim Kirschblütenfest.“ Sie zwinkerte uns noch einmal zu und machte sich dann auf den Weg zur Sporthalle. „Sie muss verrückt sein“, schnaubte Moon, das Kinn auf Crystals Kopf abstützend. „Wie sollen wir uns dann nach so viel Aufregung auf Matheaufgaben konzentrieren können?“ „Augen zu und durch“, posaunte Amber, erst dann ging ihm auf, was er da gerade gesagt hatte, aber schon schlossen sich meine Augen ohne, dass ich etwas dagegen tun konnte und meine Beine setzten sich, ebenso wie die der anderen, in Bewegung. „Amber, du Schwachkopf!“, brüllte Moon, dann jaulte sie auf, weil in ihrer aufgezwungenen Blindheit offenbar irgendwo gegengestoßen war. „Was kann ich denn dafür?!“, schimpfte er von schräg rechts zurück. „Aua! Okay… äh… Kompanie halt!“ Es zeigte Wirkung, aber wir stießen trotzdem samt und sonders gegeneinander und als sich meine Augen wieder öffnen ließen, konnte ich dabei zusehen, wie wir simultan salutierten. Crystal schaute mit zusammengepressten Lippen über die Schulter zu mir und wir prusteten gleichzeitig los. „Das ist nicht witzig!“, keifte Moon und sprang Amber auf den Rücken, als sie sich wieder frei bewegen konnte. „Eines Tages wird dieser Idiot uns noch alle umbringen!“ „Moon, geh runter, du bist schwer!“, jammerte Amber, aber die letzte Aussage war nur das Öl im Feuer. „Ich! Bin! Nicht! Fett! Mistkerl!“ Kichernd umschloss Crystal meinen Arm und ich gab ihr einen Kuss aufs Haar, bevor wir beide Amber und Moon dabei zusahen, wie sie unter wüsten Beleidigungen durch die Gegend torkelten. Als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legte. Ich drehte den Kopf und erkannte Mrs. Capella. Ihre perlmuttgrauen Augen funkelten scharf unter den abwärts gebogenen Brauen. Das verhieß nichts Gutes. „Jetstone und Amber. Ich würde euch beide bitten, kurz mal mitzukommen.“ „Ups“, hauchte Amber, ohne die Lippen zu bewegen und warf mir einen hilfesuchenden Blick zu und da dämmerte mir allmählich, worum es hier ging… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)