Outlaw von Pretty_Crazy (... die Macht der Machtlosen (NaruHina)) ================================================================================ Prolog: Navajo Nation --------------------- Das Navajo Nation Museum ist ein Ort, an welchem die Vergangenheit veranschaulicht wird und ein Ort, an dem frühere Ereignisse wieder zum Leben erweckt werden. Ein Ort, an dem Geschichte lebendig wird – ein Slogan mit dem nahezu alle Museen versuchen, Besucher in ihr Inneres zu locken.   Mitten in Arizona, in einem der wärmsten Staaten in den USA, steht dieses architektonische Bauwerk und verkörpert, trotz der extravaganten Bauweise, eine fast perfekte Verschmelzung mit der Natur - doch gibt es so etwas überhaupt? Eine Symbiose mit Mutter Erde? Eine Symbiose bezeichnet die Fusion zweier unterschiedlicher Arten. Beispielsweise ein Clownfisch und eine Seeanemone. Der jeweils eine findet schutz vor den Fressfeinden des anderen. Eine Zusammenkunft, von der beide Parteien Vorteile ziehen.   Die Menschheitsgeschichte hat von Anfang an nie eine Symbiose hervorgebracht. Jedes Gebäude wirkt fehl platziert und fungiert wie ein störender Pickel auf der Oberfläche. Alle Straßen erscheinen wie einzelne Schnitte, der tief in das Fleisch von Mutter Erde eindringen. Jeder Strommast, jede Fabrik und jedes Auto sorgen in ihrer Summe für eine schleichende Vergiftung der Lebensadern. Die Menschheit ist der Tumor und jeder einzelne Mensch stellt eine Metastase dar. Eine tödlich und unauffällig wachsende Krankheit, die sich stetig mehr nimmt, bis der letzte lebensfähige Funken ausgesaugt wurde.   Der menschliche Werdegang zeigt eine zerstörerische Tendenz. Ignoranz ist der Menschheit aber genauso ihr Eigenen, wie der Drang ein möglichst unkompliziertes Leben zu führen. In Anbetracht belegter Ereignisse und globalen Geschehnissen, lässt sich schlussfolgern, dass Harmonie mit der Natur nicht erreichbar ist.   Das Indianervolk der Navajo versucht seit jeher im Einklang mit Mutter Natur zu leben. Eine harmonische Lebensweise, geprägt von einem respektablen Umgang des gegenseitigen Geben und Nehmen. Doch der Wandel der Zeit erfordert von den amerikanischen Ureinwohnern, zu ihrem Bedauern, eine Anpassung an die Umstände. Um nicht gänzlich verdrängt zu werden, bleibt ihnen nur die Wahl einer Einordnung an die herrschende Epoche und so entstehen Sehenswürdigkeiten, wie dieses Museum. So sehr das Gebäude gegen ihre eigentliche Einstellung zum Leben ist, so lässt es sich nicht abstreiten, dass es ein äußerst eindrucksvoller Anblick ist und Geld, in die häufig leeren und chronisch knappen, Kassen spült.   Es gibt einen großen Platz, auf welchem sich der Nachbau eines moderneren Hogan, zusammen mit einigen Unterständen, wie sie einst für das Vieh genutzt wurden, befinden. Es ist ein kleiner und detaillierter Nachbau eines früheren Dorfes. Daneben existiert eine aus Sandstein gefertigte Arena, wo den Besuchern geschichtliche Szenen oder traditionelle Gesänge und Tänze vorgeführt werden. Das Gebäude ist in den aufkommenden Naturfarben der Umgebung gehalten und lässt so den trügerischen Schein der Verschmelzung wieder aufflackern. Es gibt nur wenige, aber dafür große Fenster an den Fassaden des Eingangsbereiches, der zugleich einen kleinen Shop enthält, in dem sich Touristen ihre Andenken kaufen. Schlüsselanhänger, T-Shirts, Tassen oder Stifte lagern dort in den Regalen und warten auf ein williges Opfer. In der Mitte liegt der Informationsstand, hinter dem stets eine fleißige Angestellte ihrer täglichen Arbeit nachgeht. Die Glasfront und ein Oberlicht sorgen für die gewünschte Helligkeit, neben den hoch angebrachten Deckenleuchten. Links und rechts liegen die unterschiedlich gestalteten Ausstellungsräume, in denen geschickt mit Licht und Schatten gearbeitet wird. Ein farbenfrohes Wechselspiel.   Von den handwerklichen Künsten, wie die Silberschmuckausstellung, der Webkunst bis hin zu dem historischen Langen Marsch, wird Außenstehenden ein etwas tieferer Einblick, in das frühere Leben der Ureinwohner Amerikas geboten. Es ist aber dennoch nur ein schwaches Kratzen an der Oberfläche. Die Lebensweise dieses Volkes ist komplex und nicht mit einem geführten Rundgang durch das Museum zu erlernen.   Neben der Ausstellung des Häuptlings Manueltio und anderen bedeutenden Personen, existiert eine weitere Halle, in dem ebenfalls ein Stück Historie zu bewundern ist. Hinter einem hölzernen Torbogen bildet eine große Statue das Zentrum dieses Raumes. Ein Reiter, der sich vergewissernd auf seinem Pferd herumdreht. Ein Gesichtsausdruck, der den unumstößlichen Eindruck vermittelt, dass er sich um sein Gefolge sorgt und mit dieser Handlung sichergeht, seinen Weg nicht alleine zu beschreiten. Es erscheint wie eine romantisierte Veranschaulichung eines fiktiven Romanhelden, der auf dem Rücken seines Pferdes in den Sonnenuntergang reitet, nachdem er die finale Schlacht siegreich verlassen hat. Drei Meter misst diese Art der Kunst und verdeutlicht den weiterhin existierenden Respekt, welcher diesem längst verstorbenen Mann gezollt wird.   Er ist schon viele Jahre nicht mehr Teil dieser Welt und dennoch scheint er an diesem Ort allgegenwärtig zu sein. Materielle Besitztümer, eigens durch seine Hände gegangen, sind sorgsam in Schaukästen platziert und mit kleinen Kärtchen bestückt worden. Bilder sind die stummen Zeugen seines ungewöhnlich langen Lebens und jedes einzeln aufgeführte Objekt ist Teil des heldenhaften Tuns.   Ein Junge, am Anfang seiner rebellischen Phase, mit dichten, wilden Brauen Haaren, schlürft unmotiviert die zahlreichen Schaukästen ab und widmet den Objekten weitaus weniger Aufmerksamkeit, wie die begeisterungsfähigen Touristen. Diese tummeln sich in der Halle, wie Ameisen um einen Zuckerwürfel. Sie schießen unzählige Erinnerungsbilder, wobei sie sich gegenseitig vorschwärmen, welch ungewöhnliche und üppige Ausstellung es hier doch gibt. Es handelt sich dabei um Aussagen, welche der Junge nicht bestätigt.   Der Bursche wirkt etwas schlaksig, aber nicht schwächlich. Sein kantiges Gesicht spiegelt völlige Antriebslosigkeit wider, wobei er mit hängenden Schultern und in den Taschen verstauten Händen durch die Halle schlürft. Er kennt diesen umschwärmten Helden und ist mit den Geschichten über ihn aufgewachsen. Seit seiner frühsten Kindheit, haben diese Erzählungen ihn genervt und inzwischen versteht er nicht mehr, wie einem solchen Menschen überhaupt Respekt gezollt werden konnte und weiterhin wird. Wenn diese aufgezwungene Hausarbeit, über die geschichtliche Entwicklung seines Volkes nicht wäre, dann wäre er überhaupt nicht hier. Die Freizeit eines Teenagers ist ein kostbares Gut und er verschwendet es in einer Museumshalle mit verstaubten Exponaten. Er versteht nicht, wieso seine Eltern ihn dazu nötigen, auf altmodische Art und Weise an Informationen zu kommen. In der heutigen Zeit lässt sich doch alles im Internet finden. Mit einem brummenden, schon verächtlich klingenden Laut, stoppt der Halbwüchsige seine Schritte vor einem der Schaukästen, der viele Schusswaffen beinhaltet.   Im Laufe der Zeit hat sich bei dem verstorbenen Helden ein ausgeprägtes Arsenal angesammelt. Jedes Winchester Modell von 1866 bis 1894. Ein beschädigtes Revolvergewehr und ein Henry- und Spencer Rifle gehörten zu den Gewehren dieses Mannes, die jetzt in Schaukästen ausliegen und mit kleinen Kärtchen. Zahlreiche Colt Revolver, von Walker bis Navy, ebenso wie Schusswaffen von Smith & Wesson und der berühmte Peacemaker, so wie eine Remington von 1890 vervollständigen diese historische Waffensammlung. Mit einem genervten Ausdruck in den Augen und Unverständnis in seinen Gedanken, hebt der Junge seinen Blick und betrachtet ein Schwarz-Weiß-Foto aus dem Jahr 1868. Es zeigt eine Zusammenkunft aller Stammeshäuptlinge der einzelnen Clans eines großen Volkes und trägt den Titel: Häuptling der Häuptlinge.   Dutzende Männer, mit äußerlich unverkennbarer Herkunft und an der Spitze ein weißer Mann in westlicher Kleidung mit einem dunklen Cowboyhut auf seinem Kopf, an dem eine Feder befestigt ist. In einer arrogant wirkenden Haltung steht er vor den übrigen Männern, die Arme vor der Brust verschränkt und unerschrocken dreinblickend. Eingebildet und von sich selbst im höchsten Maße überzeugt, hat sich dieser Mann vor allen anderen positioniert. Es zeigt den Tag, an dem der damals 37-jährige weiße Gesetzlose einstimmig zu dem bestimmenden Oberhaupt eines ganzen Volkes gewählt wurde. Der erste Chairman. Ein schwarzer Tag, wie der Halbstarke findet. Er ist beschämt über die Tatsache, dass seine Vorfahren einen weißen Mann zu ihrer aller Anführer ernannt haben und das mit dem Wissen, dass es doch erst die weißen Männer waren, die Tod, Elend und Krankheit zu ihnen gebracht haben. Tausende haben die Pilger auf dem Gewissen und ausgerechnet von diesen Bleichgesichtern wird ein Mann zum Volksoberhaupt ernannt? Eine Demütigung ohne Vergleich.   Zähneknirschend schaut der Junge über seine Schulter zurück und damit genau in das Gesicht der Reiterfigur, dessen Gesichtszüge eindeutig Sorge kennzeichnen. Es kommt ihm so vor, als würde diese Emotion ihm gelten. Wer war dieser Mann überhaupt? Niemand kennt ihn persönlich. Niemand weiß, was für ein Mensch er gewesen ist und doch vergöttern ihn alle. Auf einem Schild, neben der Statue, sind die wichtigsten Daten zu seinem Leben aufgelistet. Diese verraten aber ebenso wenig über das Wesen und den Charakter dieses angeblichen Helden. Er könnte der größte und egoistische Mistkerl in der gesamten Geschichte der Menschheit gewesen sein oder ein weinerlicher Feigling, der jede Konfrontation scheute. Wieso wird ein Mensch bewundert, dessen Heldentaten nur aus Überlieferungen stammen? Woher soll er wissen, ob all diese Erzählungen ihre Richtigkeit haben? Menschen sind bekannt dafür, dass sie Gehörtes gerne etwas ausschmücken und wenn jeder einen Teil hinzufügt oder weglässt, wie viel Wahrheit steckt dann in diesen Sagen? Grummelnd überfliegt der Halbstarke einige Daten auf dem Schild. Geboren: 10. Oktober 1830   Sohn eines Kaufmannes und einer Bäckerstochter in New York. Die Eltern starben bei einem Aufstand zwischen Protestanten und Katholiken. Unterbringung im House of Refuge. Flucht aus dem Waisenhaus. Erster Mord aus Notwehr. Ca. im Sommer 1847 Aufnahme im Dorf Bla, bla, bla … Wütend und recht angespannt starrt der Junge wieder in das Gesicht der Statue und verspürt den unbedingten Drang dieses Schild zu zerlegen, welchen er nur mit Mühe und Not unterdrücken kann. „Was glotzt du so blöd?“ Seine Worte klingen verächtlich und sind in einem bedrohlich klingenden Zischen verpackt, wobei er in die starren Augen der Statue schaut. „Warum so respektlos?“ Erschrocken springt der Halbstarke einen Schritt zur Seite. Für einen winzigen Augenblick glaubt er, diese Statue würde mit ihm sprechen, doch erblickt er das Gesicht eines alten Mannes linksseitig von sich. Diese gealterte Person kommt mit einem nahezu amüsiert wirkenden Lächeln auf ihn zu und stoppt nur wenige Schritte von ihm entfernt.   Ein alter Indianer, wie ihn sich viele Leute vorstellen. Tiefe Falten über das gesamte Gesicht verteilt. Wässrig wirkende Augen, leicht gekrümmte Körperhaltung und ergraute Haare. Ein Anblick, wie der eines liebenswürdigen Großvaters, der mit Stolz in den Augen seinen Enkelkindern beim Spielen zuschaut. Ein Indianer der Neuzeit und mit Wahrscheinlichkeit ein Bewunderer dieses weißen Mannes. Er verbeugt sich ehrfürchtig vor der Statue, weswegen der Junge nur die Augen verdreht und leicht den Kopf schüttelt.   Ein angriffslustiges Funkeln breitet sich in den Augen des Jünglings aus, der trotzig die Hände in seinen Hosentaschen verstaut. „Was geht dich das an, Opa?“ Es ist kein Zischen, welches über seine Lippen gleitet, sondern klare deutliche Worte, in denen er seine innere Unsicherheit aber nicht verbergen kann. Egal wie präsent er sich vor diesem Mann aufbaut und demonstrativ die Hände tiefer in seine Taschen steckt, es hilft nicht. Der Bursche gewinnt den Eindruck, dass der Greis in seinen Augen liest. Dieser entrüstet sich nicht über die respektlos klingenden Worte, sondern findet eine Erwiderung, die recht untypisch erscheint. Der alte Mann lacht auf. Es ist ein kehliges, raues Lachen, welches durch den Raum halt und die Aufmerksamkeit einiger umher stehender Besucher auf sich zieht. Manche drehen sich um und werfen verwunderte Blicke auf ihn, doch intensiv interessiert sich niemand für den Humor eines alten Großvaters.   So manch ein Altersgenosse würde über die Respektlosigkeit der heutigen Jugend herziehen und weise mit dem Kopf schütteln. Solche Leute vergessen stets, dass sie selbst einmal jung waren und auf eine andere, nicht unbedingt gleich drastische Weise gegen Autoritätspersonen rebelliert haben. Es ist seltsam, dass dieses Verhalten eine große Neugier in dem Halbstarken weckt. Eine Art Feuer, welches sich in jede Faser seines Körpers ausbreitet und sein Herz erwartungsvoll das Tempo aufnimmt. Ein Gemisch aus Unsicherheit und überschwappender Neugier. Dieser alte Mann strahlt etwas aus, was den Jüngling fasziniert. Sein Aussehen zeugt von vielen Lebensjahren, in denen vermutlich keines wie das andere war. Lebensgeschichten die einnehmen und deren Wahrheitsgehalt im Dunkeln bleiben. Der Jüngling weiß sich seine abstrusen Gedankengänge nicht einmal selbst zu erklären, wobei er den alten Mann dabei beobachtet, wie dieser zu dem weißen Marmorpodest mit der vergoldeten Messingplatte geht und eine Feder, oberhalb der Inschrift ablegt.   Häuptling Ahiga mit seinem Pferd Ashkii. Ein weißer Mann mit einem Namen von indianischer Herkunft. Das ist ein Widerspruch an sich, doch ebenfalls ein erneutes Verschulden der Rothäute selbst. Der Name bedeutet übersetzt: Er kämpft.   „Du scheinst nicht viel von unserer Volksgeschichte zu halten.“ Ein seltsames Lächeln ziert die schmalen Lippen des alten Mannes, während dieser eine kleine Sitzbank ansteuert. Wieder eine Ansprache, die dafür sorgt, dass der Bursche zusammenzuckt und aus seinen Gedanken gerissen wird. Die geäußerte Feststellung des Herren, entspricht aber nur zu einem gewissen Teil der Richtigkeit. Aus diesem Grund schüttelt der Halbstarke nur den Kopf und dementiert die ausgesprochene Behauptung. Er ist stolz auf seine Herkunft und auf das, was sein Volk im Laufe der Jahre erreicht hat. Er liebt sein Land, seinen Stammbaum und alles, was mit seiner Existenz und Kultur im Zusammenhang steht.   Die Navajo sind selbstständig und leben von den Staaten der USA unabhängig. Ihr Reservat ist ein eigenständiges Land, in einem Land. Sie haben eigene Gesetzte, eigene Schulen und Polizeieinrichtungen. Er ist in historischer Hinsicht an dem vergangenen Geschehen seiner Vorfahren interessiert, doch sein Interesse hört an dem Punkt auf, wo Ahiga auf der Bühne erschienen ist.   Anklagend und sogar angewidert deutet er auf die übergroße Statue und würde sie am liebsten von dem Marmorsockel stoßen. „Ich halte nicht viel von IHM.“ Es könnte glatt der Eindruck entstehen, dass Hass in seinen Worten mitschwingt. Dieser Satz ist dermaßen von Abfälligkeit dominiert, dass er wie eine Flutwelle durch die Halle schwappt und an die nächste Wand klatscht. Er hat diese Worte so laut geäußert, dass die Aufmerksamkeit einiger anderer Besucher an ihm haften bleibt und der Greis scheint einen Augenblick überrascht zu sein. Die wässrigen Augen weiten sich für einen Wimpernschlag, bis der Alte sich räuspert und seine Hände ineinander faltet. „So, so. Was weißt du denn über ihn?“ Diese Worte klingen in den Ohren des Burschen schon teilweise bedrohlich. So klingt seine Mutter, wenn sie ihn beim Lügen erwischt. Diese Tonlage á la Ich weiß, was du getan hast. Es sind solche Sätze, die immer vor einer ausführlichen Belehrungsrede geäußert werden.   Mit einem schmerzähnlichen Laut und ungewöhnlich steif wirkenden Bewegungen lässt sich der alte Mann auf einer kleinen Bank nieder, welche genau zwischen zwei Schaukästen platziert ist und einen ungehinderten Blick auf die Statue ermöglicht. Vielmehr ist es die Aussicht auf das breite Hinterteil des Pferdes. Der Halbstarke ertappt sich dabei, wie er hilfsbereit einen Schritt nach vorne tätigt. Für einen kurzen Augenblick wirkt es, als würde der alte Mann sich nicht setzen, sondern zu Boden fallen. Eine Szenerie, als wäre er außer Stande seine Gliedmaßen, wie gewünscht zu bewegen und zu koordinieren. Seine Hilfsbereitschaft schaltet der Junge doch sofort ab, kaum dass der Greis sicher auf der Bank sitzt und nimmt stattdessen wieder seine trotzige Haltung, wie sie einem Kind in seinem Alter entspricht. Stur, störrisch und eigenwillig. Unbelehrbar und besserwisserisch. Es ist eine Schande, dass in der edlen Geschichte seiner Vorfahren, ein Weißer einen so großen und bedeutsamen Einfluss erlangen konnte. Jeder, der auch nur einen Funken von Ehre in sich spürt, sollte über diese Tatsache beschämt den Kopf senken – das ist seine Meinung.   Seine Antwort auf die vorhergegangene Frage ist ein erstes, lasches Schulterzucken. „Er ist ein Weißer gewesen. Mehr muss man doch nicht wissen.“ Für ihn ist klar, dass das kein eloquenter Grund ist, um jemanden abzulehnen. Es ist rassistisch und politisch unkorrekt, doch diese Meinung kommt nicht von ungefähr. Es handelt sich aber um einen Standpunkt, welche dem alten Mann zu oberflächlich erscheint. Er schüttelt den Kopf. „Wie ist dein Name, Junge?“ „Konohamaru Sarutobi.“ „Ich heiße Bansai. Setze dich zu mir, Konohamaru. Ich möchte dir seine Geschichte erzählen.“ Lächelnd und in Großvatermanier, deutet der alte Mann auf den einzig verbliebenen Platz neben sich, der gerade groß genug ist, um sich die Sitzfläche miteinander zu teilen. Diese Bank ist nur für einen kurzen Stopp gedacht und nicht für eine Geschichtsunterweisung, die weitaus länger dauern wird, als bloß zwei Minuten. Dennoch will Konohamaru nicht dem Drang widerstehen, sich diese Erzählungen anzuhören. Legenden und Mythen aus längst vergangenen Tagen. Wilde Abenteuer und heroische Lebensweisen. Er ist ein Liebhaber solcher Geschichten.   Nahezu ohne Zögern lässt sich der Halbstarke neben dem Alten nieder, der mit einem leichten Lächeln seinen Blick auf den Pferdehintern richtet. „Wenn er uns eines gelehrt hat, dann dass ein Mensch nicht nach seinem Äußeren beurteilt werden sollte. Er mag ein weißer Mann gewesen sein, doch mit jeder Faser seines Herzens, war er einer von uns. Sein Geburtsname war Naruto Uzumaki -.“     Kapitel 1: Diné --------------- Spätsommer 1847 Ein Brechen und Knacken. Ein Zischen und Pfeifen. Naruto vernimmt deutlich das verräterische und unverkennbare Knistern von Feuer in seinen Ohren. Ein irregulär ertönendes Zischen und Krachen von brechendem Holz, mit dem aufdringlich, süßlichen Geruch von Rauch, Ruß und Asche. Ein Geruchsgemisch, das sich langsam aber stetig in seiner Nase festsetzt. Eine Kombination, einhergehend mit einer wohligen Wärme, die sich in seinen Gliedern ausbreitet. Obwohl er sich inmitten einer todbringenden Feuersbrunst aufhalten könnte, die ihm das Fleisch von den Knochen brennt und ihn in einen qualvollen Tod schicken würde, verspürt er keinerlei Angst. Keine Unruhe oder vergleichbare Emotionen. Kein Fluchtgedanke, der ihn aufspringen lassen könnte. Die Wärme, das Knistern und dieser Geruch, wirken benebelnd. Die ganzen Geräusche um ihn herum operieren so einschläfernd, dass sein Körper sich nur schwer dazu durchringen kann, dem vollen Bewusstsein nachzugeben.   Diese endlose und betäubende Schwärze war ein Segen, als er auf dem sandigen Boden gelegen und sich alles um ihn gedreht hatte, wie ein nie stillstehendes Karussell. In diesem Moment hatte er sich die Ohnmacht herbeigewünscht. Er hat sie mit offenen Armen empfangen und gar nicht mit dem Gedanken gespielt, sich dagegen zu wehren. Jetzt kämpft er sich langsam zurück. Zurück in die harte Wirklichkeit, welche sich fernab von jeder romantisierten Fantasiedarstellung befindet. Der Boden der Tatsache erscheint in manchen Situationen weitaus härter, als er zu ertragen ist.   Mühsam öffnet Naruto seine schweren Lider, nur um kurz darauf wie eine geblendete Eule gegen das dämmrige Licht zu blinzeln. Er braucht einen Augenblick, bis er sich an die Helligkeit gewöhnt hat und sein Blick klare Umrisse erkennen lässt. Er starrt zu einer dunklen Decke empor, die aus Holzstämmen und Erde besteht. In der Mitte dieses Daches ist ein Loch eingearbeitet, durch welches der Rauch abzieht und von dem leichten Wind davongetragen wird. Dies ist eine Behausung, die ihm völlig fremd ist. Ein Ort, zu dem er keinerlei Erinnerungen besitzt. Mit einer leicht aufkommenden Panik reckt Naruto seinen Kopf in alle Richtungen und es kommt ihm ein Verdacht, den er äußerst beunruhigend erscheint.   Dicke Baumstämme, sorgsam aufeinandergeschichtet und mit Lehm und Erde abgedichtet. Ein kuppelförmiger Bau. Sandiger Erdboden, bedeckt mit Schafwolle und handgewebten Decken. Eine festgetretene Erdmulde, in der das Feuer brennt und an den Wänden hängen zahlreiche gewebte Teppiche und Stoffe, mit unterschiedlich bunten Mustern. Kunstvolle Verzierungen, wie sie im keinen Gemischtwaren- oder Schneiderladen ein zweites Mal zu finden sind. Sein Körper ist ebenfalls mit einer solchen Decke umhüllt und damit wandelt sich seine Befürchtung zu einer beängstigenden Wirklichkeit. Er hält sich in der Behausung eines Stammesmitgliedes der Navajo auf. Er ist bei Indianern. Um dieses Bauwerk herum wird es nur so von Rothäuten wimmeln. Wenn er zur Tür hinausgehen würde, rechnet er faktisch damit, sofort mit Pfeil und Bogen bedroht und angefallen zu werden. Die schlimmsten Szenarien spielen sich in seinem Kopf ab und sein Herz poltert immer heftiger gegen seinen Brustkorb, dass er befürchtet, es würde mit dem nächsten Schlag zerspringen. Sein vorher  recht müdes Bewusstsein, wird von Panik übermannt und er richtet sich hastig auf - zu schnell.   Wie ein Blitzschlag durchschlägt der vergessene Schmerz seinen Körper, entlockt ihm ein gequält klingendes Keuchen und lässt ihn in jeder Bewegung verharren. Wie aus einem Reflex heraus, presst er sich eine Hand auf die Schusswunde und stellt erst dabei fest, dass eben jene Wunde versorgt wurde. Ein weicher Verband verbirgt die Verletzung und ein paar Blütenblätter schauen unter diesem hervor. Etwas verwundert zieht er mit den Fingerspitzen eines der gelben Pflanzenteile heraus und riecht kurz daran, nachdem er es zwischen seinen Fingern leicht zerrieben hat. Arnika. Eine Pflanze die mit bestätigter Wirkung bei Verletzungen. Die Ärzte in den Siedlungen nutzen das Grünzeug ebenfalls entsprechend zur Wundbehandlung. Wieso haben sie ihn verarztet?   Da der weiße Mann alle Ländereien der Indianerstämme erobert und irrtümliche Besitzansprüche äußert, führen die Rothäute Krieg gegen ihn. Sie wehren sich und freuen sich über jeden getöteten Siedler. Ein toter Pilger bedeutet einen Feind weniger. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn zum Sterben einfach zurückzulassen, und dennoch haben sie ihn in ihr Dorf gebracht und sein Leben gerettet. Dass sie dabei ein großes Risiko eingegangen sind, sollte dem Stamm bewusst sein. Wenn es um Dankbarkeit geht, so ist der weiße Mann damit mehr wie zurückhaltend. An jeder Ecke steht der Profit im Sinn und für eine Handvoll Gold würde der eine oder andere die eigene Mutter verschachern.   Naruto vernimmt ein Geräusch, welches seine ganze Aufmerksamkeit einfordert. Zu seinem Entsetzen sieht er, wie sich die spärlich zusammengezimmerte Tür langsam aufschiebt und eine ältere Frau eintritt. Ihr schwarzes langes Haar, welches sie zu einem Zopf geflochten hat, lässt einige graue Strähnen erkennen und sie weist eine etwas füllige Figur auf. In ihrem rundlichen Gesicht, mit den braunen Knopfaugen und der fast schon zierlichen Stupsnase, zeichnet sich ein intensiver Ausdruck von Überraschung ab, als sie seinen wachen und somit aufnahmefähigen Zustand erkennt. Augenblicklich verharrt sie in ihren Bewegungen. Sie starrt ihn eindringlich an. Fixiert ihn mit ihrem Blick, wie ein Raubtier, das seiner Beute auflauert. Ihre Augen wandern über seinen Körper, wobei sein eigener Blick pure Angst widerspiegelt. Sie hält ein Gefäß in den Händen. Etwas unförmig, aber bunt bemalt und mit irgendetwas gefüllt. Sie starren einander an wie Erscheinungen, bis die Frau genügend Mut zusammennimmt und sich erneut in Bewegung setzt. Mit jedem Schritt kommt sie näher und Naruto fühlt sich dabei wie ein in die Enge getriebenes Beutetier. Er weicht immer weiter zurück, bis er die Wand mit seinem Rücken berührt.   Die Frau spricht mit ihm. Seltsam nasal klingende Wörter, die in seinen Ohren keinerlei Bedeutung besitzen und damit vollkommen zusammenhangslos für ihn sind. Er weiß nicht einmal, wo das eine Wort aufhört und das nächste anfängt. Ihre Tonlage ist allerdings keine bedrohliche. Sie hat einen beruhigenden Tonfall und lächelt leicht, während sie mit ihm spricht. Immer wieder sagt sie das Wort Adtá. „I-ich verstehe nicht.“ Ratlos schüttelt Naruto den Kopf und macht eine hilflose Geste. Es ist, als würde eine Katze versuchen mit einem Hund zu kommunizieren. In seinem Kopf herrschen eine vollkommene Leere und gleichzeitig ein völliges Durcheinander von Gedankensträngen. Es ist, als würde jemand auf ihn zielen und er nicht weiß, ob er weglaufen oder lieber die Hände heben soll.   Sie scheint einen Augenblick zu überlegen und schaut nachdenklich zur Seite, ehe sich ihre Mimik wieder aufhellt. Sie hält ihm die bemalte Schüssel hin, welche er mit zitternden Händen entgegennimmt und mit einem Wechselspiel zwischen Flüssigkeit und alter Frau hin und her gleitet. Sie führt sich eine nicht existierende Schüssel an die Lippen und deutet dann auf die, in seinen Händen. Immer wieder hebt er den Blick auf die Frau zurück, die nur ermunternd nickt und wiederholt diese eine Geste vollzieht. Sie muss ihn für begriffsstutzig halten oder für einen äußerst dummen Menschen, der die simpelsten Aufforderungen nicht versteht. Eine Schüssel mit Flüssigkeit, ist gleichbedeutend mit einem gefüllten Whiskyglas. Es schreit geradezu: trink!   Das Gesöff riecht scharf, beinahe beißend. Seine Augen beginnen zu tränen, als dieser Geruch in seine Nase vordringt. Ein lauwarmer Trank aus Kräutern. Kaum hat er einen Schluck genommen, beginnt er zu husten und ein unangenehmes Brennen breitet sich in seinem Hals aus. Ein Gefühl, als breite sich ein loderndes Feuer in seinen Eingeweiden aus. Bevor er das Gefäß zu Boden fallen lässt, nimmt die Frau es ihm schnell wieder ab und verschwindet aus der bescheidenen Behausung, während er selbst keuchend und hustend zurückbleibt. Er presst sich eine Hand auf die Brust und krümmt sich, wie unter schrecklichen Magenkrämpfen zusammen. „Das Brennen lässt nach. Das Getränk betäubt den Schmerz.“ Eine raue Stimme bohrt sich in seine Gehörgänge und lässt Naruto zusammenfahren, wie es sonst nur ein Blitzschlag fertigbringen könnte. Hastig richtet er sich wieder auf und erblickt statt der Frau einen älteren Mann, der sich vollkommen sorglos und ungeniert gegenüber dem Feuer niederlässt und ein Holzstück auf die Glut wirft.   Dieser Mann sitzt bloß da und hat eine komplett andere Ausstrahlung, wie die vorhin anwesende Dame. Er sieht streng und autoritär aus. Tiefe Falten zeichnen sich auf seinem Gesicht ab und lange schwarze Haare, die an einigen Stellen silberne Strähnen aufweisen, fallen ihm über die Schultern. Er hat ein längliches und hart wirkendes Gesicht, mit breitem Kinn und tiefer Stirn. Sein Blick wirkt entschlossen, nahezu einschüchternd. Ein Mann aus echtem Schrot und Korn, wie die Siedler jemanden von seiner Statur und Erscheinung betiteln. Zweifelsfrei handelt es sich bei ihm um einen Indianer. Seine Kleidung ist verräterisch und doch ist es auffallend, dass er die Sprache der Siedler spricht, wenn auch mit einem deutlichen Akzent. Verunsichert blickt Naruto erneut durch diese seltsame Behausung, auf der Suche nach einem alternativen Fluchtweg, wobei er von dem alten Mann ganz genau beobachtet wird.   Das Misstrauen auf beiden Seiten lässt sich nicht von der Hand weisen. Zuviel hat sich in der vergangenen Zeit zwischen diesen unterschiedlichen Rassen abgespielt und selten verlief eine Konfrontation ohne Blutvergießen. Siedler überfallen Indianerdörfer und Indianer überfallen die Siedler. Es ist das Auge um Auge Prinzip. Es normal, dass sie nicht gleich die Friedenspfeife miteinander rauchen.   Mit einem dünnen, leicht angebrannten Stock stochert der alte Indianer in der Glut herum, was die Flammen kurz wild auflodern lässt, ehe sie wieder ruhig das Holz zerfressen. Der Indianer schaut mit einem undefinierbaren Blick in die züngelnden Flammen. „Wie ist dein Name?“ „Naruto.“ Er klingt bedauernd sogar etwas abwehrend und dennoch beantworte er diese Frage unverzüglich. Es gibt genug Plakate, auf denen er zu lesen ist und ob es wirklich der ist, dem seine Eltern ihn gaben, weiß er nicht. Er kam nie in den Genuss seine Herkunft kennenzulernen.   Naruto ist misstrauisch und dieses Misstrauen steht ihm förmlich im Gesicht geschrieben. Was wollen sie von ihm? Sind sie ihm gut gesonnen oder soll er als Druckmittel fungieren? Ein Lockvogel, für ein weitaus größeres Vorhaben. Es wäre alles möglich, denn entgegen der weitläufigen Meinung sind die Indianerstämme organisiert und talentiert in offener Kriegsführung. Es ist dumm und naiv zu glauben, dass es sich bei den Rothäuten um unzivilisierte und gottlose Wilde handelt, die ohne Verstand und Vernunft handeln. Ihre Angriffe auf die Siedlungen erfolgen plötzlich und durchgeplant. Sie nehmen sich, was sie wollen und sogar Frauen und Kinder werden entführt, um sie für die Sklaverei zu missbrauchen. Ein gern praktiziertes Unterfangen – speziell in den Südstaaten.   Was die Boshaftigkeit und nicht vorhandene Menschlichkeit angeht, so tun sich die beiden Rassen in diesem Punkt nichts. Beide handeln grausam und ohne einen Gedanken an die möglichen Konsequenzen. Sie verbauen sich einander jegliche Chance auf eine friedliche Koexistenz. Im Laufe der Geschichte ist es wiederholt die weiße Bevölkerung, die andere Linien als minderwertig ansieht. Tiere leben ein vergleichsweise gutes Leben. Naruto hat inzwischen genug Plantagen und Sklavenjäger gesehen, um sich dieser Behauptung sicher zu sein.   „Mein Name ist Hiashi. Sei versichert, dass dir hier keine Gefahr droht. Ich stehe in deiner Schuld.“ Diese Worte reißen ihn zurück aus seinen Gedanken und Naruto glaubt ehrliche Dankbarkeit in dem Augenpaar seines Gegenübers zu erkennen. Keine abschätzigen Blicke oder bedrohlichen Worte, sondern nur Erleichterung und tiefe Verbundenheit. Ihm fällt der Grund für die Schussverletzung wieder ein.   Entgegen jeder Vernunft hat er sich im Alleingang zwei grausamen Männern gegenübergestellt und dadurch zwei Frauen gerettet. Diese Halunken haben sie vor sich hergetrieben, wie bei einer Treibjagd und sichtlich Spaß dabeigehabt, während ihre Opfer mit Todesängsten zu kämpfen hatten. Es waren abscheuliche Gesellen. Strauchdiebe mit einem verdorbenen Wesen. Es waren Leute, denen niemand auch nur eine Träne nachweinen wird.   Naruto hatte dieses makabere Spektakel erst nur beobachtet, die Vor- und Nachteile eines Einschreitens abgewogen, bis das Beben in seinem Körper zu groß wurde, als dass er es hätte ignorieren können. Ein Griff nach seiner Waffe und schon begann ein Schusswechsel, der ihn beinahe ins Grab gebracht hätte. Was hat er sich dabei gedacht? Er hätte bei diesem heroischen Rettungsversuch draufgehen können. Eine schmerzende Schussverletzung hat es ihn ja wenigstens gekostet. Unbewusst legt er seine Hand auf den Verband und betrachtet gedankenvoll die wieder auflodernde Glut des Feuers. Gierig fressen sich die Flammen durch das Holz und verwandeln den Scheid mit jeder dahin streichenden Sekunde mehr zu einem schwarzen, verkohlten Kohlestück.   Im Grunde stellt Naruto sich die Frage nach dem Wieso, völlig umsonst. Er weiß, wieso er so gehandelt hat. Es ist das erst kürzlich neu verfasste Gesetz, welches ihn immer wieder sauer aufstoßen lässt. Je öfter es sich diese Regelung durch den Kopf gehen lässt, umso heftiger kann er nur mit diesem schütteln. Für jeden Skalp eines Apachen-Kriegers werden 100 Dollar gezahlt. Für den einer Frau 50 und für den eines Kindes 25. Er verachtet es. Es fördert ein wahlloses Abschlachten an unschuldigen Menschen, die nur in Frieden leben wollen. Sie waren es nicht, die zuerst zu den Waffen gegriffen haben. Sie haben den Kampf nur aufgenommen.   Die Siedler dringen in bewohntes Land ein und nehmen es sich mit Gewalt. Sie vertreiben die Indianer aus ihrer Heimat und verfrachten sie in Reservate, ohne irgendwelche bestehenden Rechte und unter unwürdigen Lebensbedingungen. Bei solch einem gewissenlosen Vorgehen braucht sich niemand zu wundern, dass sich diese Wilden zur Wehr setzen. Sie hatten ein gut funktionierendes Gemeinschaftssystem mit Regeln, an die sich jeder hielt. Sie lebten nur nicht so, wie sich die christliche Gemeinschaft das wünscht und plötzlich kommt der weiße Mann daher und nimmt sich, ohne jede Grundlage, die Gefilde sämtlicher Stämme. Dreiste Besitzansprüche von Land, das keinen Besitzer hat. Es lässt sich nicht einmal als Diebstahl bezeichnen. Sie nehmen sich, was sie wollen und legen niemandem gegenüber Rechenschaft ab. Es sind nicht die Rothäute, die als wild bezeichnet werden sollten.   Dank diesem Gesetz, welches die Indianer zum Abschuss frei gibt, greift jeder bewaffnete Mann zum Schießeisen und feuert auf Menschen, die nicht die gleiche Hautfarbe haben. Es kann ja auch niemand bezeugen, ob es sich bei dem Skalp um den eines Apachen handelt oder nicht. Ein toter Indianer zusätzlich. Da spielt die Stammeszugehörigkeit keine Rolle mehr. Es werden Menschen angegriffen und niedergemetzelt, nur für den Eigenprofit. Macht und Geldgier sind ein schlimmes Laster und machen die Leute blind für die wesentlichen Dinge im Leben. Das ist es, was ihn zum Eingreifen bewegt hat. Aus diesem Grund hat er seinen Hals riskiert und bereuen tut er lediglich, dass diese Kerle ihn angeschossen haben.   „Meine Töchter haben mir alles erzählt. Es kommt nicht oft vor, dass sich ein Bleichgesicht für zwei Rothäute einsetzt und dabei sein Leben riskiert. Eigentlich habe ich noch nie von einer solchen Erzählung gehört. Das war sehr ehrenhaft.“ „Leichtsinnig, würde es wohl eher treffen.“ „Und dennoch hast du geholfen. Dank dir bleibt meinen Kindern ein grausames Schicksal erspart.“ Eine große Portion von Anerkennung schwingt in diesen Worten mit und zu seiner Überraschung sieht Naruto, wie sich dieser alte Indianer vor ihm verbeugt und für einen Moment in dieser demütigen Position verharrt. Für den Outlaw wirkt dieser Anblick fast surreal. Ein Indianer, der dem Feind seinen Respekt zollt und ihm tiefe Dankbarkeit entgegenbringt? Das klingt abwegig und so ist es nur ein beschämt wirkendes Nicken, welches er darauf erwidert.   Jeder Mann, der genügend Fantasie besitzt, kann sich denken was aus den beiden Frauen geworden wäre, wenn er nicht den Helden gespielt hätte. Der Tod wäre da noch die gnädige Variante gewesen. Die Tendenz, zur leidenschaftlichen Folterung von Farbigen, ist schon seit langer Zeit ein wiederkehrendes Problem, welches in den verhärteten Fronten immer wieder für Zündstoff sorgt. Sexueller Missbrauch von Indianerfrauen ist leider keine Seltenheit und unter den männlichen Siedlern als das Vernaschen einer wilden Frucht bekannt. Schon oft hat er einige Männer stolz von ihrer Ausführung berichten hören, die dadurch auch noch Anerkennung und Lob erhalten haben.   Offensichtlich steht Naruto bei den Frauen ebenfalls in der Schuld, denn nur sie können es gewesen sein, die nach seiner erfolgreichen Rettungsaktion sein Leben gerettet haben. Er würde noch immer im Staub liegen und von Geiern umkreist werden, hätten sie sich seiner nicht angenommen. Es ist dennoch verwunderlich, dass sie ihrem Stamm aus reiner Dankbarkeit und Nächstenliebe in Gefahr gebracht haben.   „Man trifft in dieser Gegend nicht häufig auf Bleichgesichter. Wo kommst du her?“ Mit einer laschen Handbewegung wirft Hiashi einen weiteren Holzklotz in die Flammen und stochert anschließend mit dem verschmorten Stock in der Glut herum. Naruto zuckt nur mit den Schultern. Eine Geste die er häufig tätigt, wenn es ihm an Worten mangelt. „Ich kenne meine Wurzeln nicht, falls das die Frage ist. Meine Eltern starben, bevor ich laufen konnte. Ich bin in einem Waisenhaus in New York aufgewachsen.“ „Also keine Familie?“ Naruto lacht etwas bitter in sich hinein und schüttelt verneinend den Kopf, während Hiashi in seinen Bewegungen erstarrt.   Eine Familie wird nicht nur bei den Indianerstämmen als die große Lebenserfüllung angesehen, sondern auch bei den Siedlern hoch geachtet. Eine Familie gilt als das Maß aller Dinge und als unverzichtbar für irdisches Glück. Unverheiratete werden immer mit einer gewissen Portion an Skepsis betrachtet und Frauen, die dazu noch kinderlos sind, gelten schnell als sonderbar. So manch einer wird wegen des fehlenden Ehegelöbnisses von dem Gemeinschaftsgeschehen ausgeschlossen. Waisenkinder ergeht es in ihrem Leben nicht besser. Ihr Werdegang ist von harter Arbeit am Existenzminimum geprägt. Wer nicht auf der Straße landet, der wird in Waisenhäuser abgeschoben und wer einmal dort war, der bevorzugt den Aufenthalt in einer Gasse. Die schlechten Lebensbedingungen gehen einher mit der Gefühlskälte der Erzieher und sind somit nur unmenschlich. Körperliche Züchtungen, die an anderen Orten als Folter bezeichnet werden, sind an der Tagesordnung. Er war acht, als er dieses Dasein nicht mehr ertragen konnte und Reißaus nahm. Er wollte sein Leben selbst in die Hand nehmen, wenn ihm schon kein anderer eine Chance gab.   Naruto hat sich mit dieser aufgezwungenen Einsamkeit durchaus arrangiert, doch gut findet er sie deswegen lange nicht. Harmonische Familienszenerien registriert er stets mit einem schmerzlichen Ziehen in der Brust. Er kennt keine Liebe oder Geborgenheit. Er hat keinen sicheren Hafen, zu dem er jederzeit zurückkehren kann. Bisher gab es nur eine Person, in deren Nähe er das Gefühl hatte, etwas Besonderes zu sein. Bei ihr fühlte er sich sicher und geliebt. Bei dem Gedanken verkrampfen sich seine Innereien und er bevorzugt diese Bilder wieder in den hintersten Teil seines Denkens zu verbannen.   Hiashi schweigt auf diese mitleiderregenden Worte und schaut gedankenverloren in die Flammen hinein.   Naruto versucht aus der Mimik seines Gegenübers etwas abzulesen. Er fühlt sich noch immer nicht wohl, in dieser äußert ungewohnten Situation, aber Hemmungen davor, anderen zu erzählen, welch bescheidenen Werdegang er zurückgelegt hat, hat er nicht. Für seinen unschönen Lebensumstand kann er nur zum Teil etwas. Die Restschuld liegt bei der Gesellschaft, die ihn schon abgestempelt hat, bevor er sprechen konnte. Was wäre aus ihm geworden, hätte er die lieblose Atmosphäre in dem Heim weiterhin ertragen? Darüber kann er nur Mutmaßungen äußern. Was er aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass er sich noch nie so frei gefühlt hat, als er diese Gemäuer hinter sich ließ. Die Tatsache, dass er in seinem bisherigen Leben nicht sonderlich viel erreicht oder bewegt hat, ist jedoch ein bitterer Beigeschmack seiner Freiheit. Er führt im Grunde jenes Leben, welches die Gesellschaft ihm vorausgesagt hat.   „Erhole dich. Die Verletzung war sehr schwer. Du bist hier willkommen.“ Schlagartig aus seinen Gedanken gerissen, blickt der Angesprochene wieder auf und beobachtet schweigend, wie der alte Mann diese bescheidene Behausung verlässt.   Kein Wort hat Hiashi zu der geschilderten Lebenslage geäußert, was an sich schon recht ungewöhnlich ist. Die wenigsten Menschen schaffen es, sich bei solchen Schilderungen zurückzuhalten. Sie urteilen vorschnell und engstirnig. Einen Blick über den Tellerrand riskieren die Wenigsten.   Dumpf und dieses ganze Szenario kaum glaubend, lässt sich Naruto zurück auf seine Schlafstelle sinken und schaut gedankenverloren zur Decke empor. Die angebotene Gastfreundschaft muss er zwangsläufig annehmen. Er würde nicht weit kommen und im schlimmsten Fall an der Verletzung sterben. Etwas unsicher blickt er zu der zusammengezimmerten Tür, durch dessen Schlitze helle Sonnenstrahlen scheinen.   Ihm wurde nicht gesagt, dass er den Hogan nicht verlassen darf. Es werden ja wohl keine bewaffneten Männer vor der Tür auf ihn warten – hoffentlich. Seufzend stemmt er sich in die Höhe. Mit einem kurzen und entschlossenen Durchatmen öffnet Naruto die Tür der Behausung und blinzelt gegen das grelle Sonnenlicht an. Er hebt eine Hand vor sein Gesicht, um sich vor dem Tageslicht zu schützen und um seinem Blick einen größeren Spielraum zu ermöglichen. Mit jedem weiteren Blinzeln erkennt er die Umgebung besser und kommt schließlich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es ist ein Anblick, wie ihn sich so manch einer von dem versprochenen Paradies erhofft. Es präsentiert sich ihm eine malerische Panoramalandschaft, von so einzigartiger Schönheit, wie er sie noch nie in seinem Leben zu Gesicht bekommen hat. Das New-Mexiko-Territorium ist nicht unbedingt ein Ort sein, in dem sich eine große Vielfalt von kunterbunter Vegetation ausbreitet, doch dieser Anblick verwandelt sogar dieses wüstenähnliche Land in ein kleines paradiesisches Örtchen.   Nur wenige Meter von dem schützenden Hogan entfernt, findet der feste Boden ein Ende und geht in ein steiles, felsiges Gefälle über. Am Rand dieses Canyons präsentiert sich ein weitläufiges Tal, welches aus einer mit Steppengras bewachsenen Ebene besteht und die emporragenden roten Felsgebilde malerisch umspielt. Es wirkt wie ein Kunstwerk und zaubert Naruto ein verträumtes Lächeln auf die Lippen, wobei er kurz die Augen schließt und sein Gesicht der leichten Brise entgegenhält. Für eine Weile verharrt er an Ort und Stelle und genießt sämtliche Eindrücke um sich herum, bis er sich von der Idylle abwendet und seine Augen eine selbstgebaute Konstruktion neben dem Eingang entdecken, auf dem ein halbfertiger Teppich aufgespannt ist. Mit Begeisterung betrachtet er diese Handwerksarbeit, scheut jedoch davor zurück, diese auch nur mit den Fingerspitzen zu berühren. Sein Blick gleitet weiter, weg von dem Holzrahmen, an dem Hogan vorbei, zu einem lebhaften Dorfgeschehen, welches schon an ein reges Stadtleben heranreicht. Das Dorf ist riesig. Lauter Hogan soweit das Auge reicht und dazwischen Viehställe, Felder und Obstgärten. Töpfereien, Webstühle und sogar die Verarbeitung von Silber zu Schmuckgegenständen. Arbeitende Frauen und Männer, spielende Kinder und zufrieden vor sich hindösende Tiere. Was er hier zu sehen bekommt, unterscheidet sich nicht von dem Leben der Siedler. Fleißige Hände, wo auch immer der Blick hinfällt und klar durch strukturierte Arbeitsabläufe und im Gegensatz zu dem sonst so propagierten Bild, zeigt sich dieses Volk in kunstvollen gestalteten Ponchos und zivilisierten Kleidungsstücken. Keine halbnackten Irren, die mit wildem Gebrüll durch die Gegend laufen. Naruto selbst ist der Einzige, dessen Oberkörper frei liegt und nur zum Teil von dem Verband verdeckt wird.   Der Outlaw ist von diesem Anblick so fasziniert, dass er die gehäuften Blicke der Dorfbewohner, die zu ihm schauen und das erneute Herannahen von Hiashi, gar nicht bemerkt. Naruto reagiert erst, als der alte Mann seine Worte an ihn richtet und dabei ein stolzes Lächeln auf den Lippen trägt, wodurch die tiefen Falten an seinen Augenrändern deutlich hervorstechen. „Gefällt es dir?“ „Das ist unglaublich.“ Naruto wirft auf diese gehauchte Antwort nur einen vielsagenden Blick durch die Runde seines Dorfes und erntet von den umher stehenden Indianern nur ein Nicken, kombiniert mit einem leichten, kaum wahrnehmbaren Lächeln. Eine Tatsache, die den alten Mann dazu veranlasst ihm eine Hand auf die Schulter zu legen. Eine Geste der Freundschaft und ein Zeichen der Gastfreundschaft.   Die Größe des Dorfes ist enorm. Nie hätte Naruto es sich träumen lassen, dass es noch einen Stamm gibt, der eine solch hohe Anzahl an Menschen verzeichnen kann.   Die Regierung ist so energisch bei der Verfolgung sämtlicher Stämme, dass eine Ausrottung der Ureinwohner Amerikas gar nicht mehr so unwahrscheinlich erscheint. Ein Dorf, welches längst die Größe einer Kleinstadt hat und von einigen tausend Indianern bewohnt wird, scheint da unmöglich zu sein und dennoch steht er mitten drin.   Hiashi zeigt und erklärt ihm alles, während sie sich auf den zahlreichen Trampelpfaden ihren Weg durch das Dorfgeschehen bahnen und Naruto erwidert dabei immer wieder begrüßende Gesten. Zumindest glaubt er, dass es sich darum handelt. Was versteht er denn schon von den Sitten und Bräuchen dieser fremden Kultur? Er kann nur mutmaßen, was welche Geste zu bedeuten hat. Von den Comanchen weiß er, dass eine zärtliche Berührung mit der flachen Hand keine Zuneigung oder Trost symbolisieren soll. Es bedeutet: Ich habe dich besiegt.   „Ist dir irgendetwas von uns bekannt?“ Entspannt, doch mit einer graden Körperhaltung, verschränkt Hiashi die Arme hinter seinem Rücken und leitet seinen Gast durch das Dorf, vorbei an den ersten Obergärten und einem Schwarm Hühner. Diese werden gerade von einem kleinen Mädchen gefüttert, indem sie aus einem Korb Körner auf den Boden streut. Naruto beobachtet diese Szenerie weiterhin, obwohl sie längst ihre Schritte daran vorbei getätigt haben und ist somit dazu gezwungen rückwärts zugehen. Er kann sich nicht helfen, aber jede einzelne Handlung, jede Szenerie wirkt, als müsse es so sein. Ein Muss, nicht in dem Sinn von Verpflichtung, sondern eines Zusammenspiels. Es wirkt so perfekt, dass er es nicht einmal beschreiben kann. Auf die Frage von THiashi reagiert er dennoch mit etwas Unsicherheit, ehe er ratlos mit den Schultern zuckt und dabei schon fast entschuldigend in sich hinein lächelt. „Nun, es gibt ja nicht gerade viel Literatur und die, die es gibt, beinhaltet das übliche Gewäsch von Propaganda und unmenschlichem Gerede. Ihr seid Mitglieder der Navajo und gehört mit zu den wenigen Stämmen, die kein nomadisches Leben mehr führen. Das ist alles, was ich weiß.“ „Damit hast du wohl schon mehr Wissen, als so manch ein anderer. Wir bezeichnen uns jedoch nicht als Navajo, sondern als Diné - Als das Volk. Wir bauen Getreide, Obst und Gemüse an. Wir züchten Churros, Pferde und Rinder.“ Wie zur Bestätigung seiner Worte deutet Tahoma auf die aufgelisteten Lebensgrundlagen. Große Getreidefelder am Rande des Dorfes. Viehställe und sorgsam umzäunte Kleingärten auf denen Mais, Kürbisse, Bohnen und sogar Tabak wachsen. Eine Schafherde, die zusammen mit einigen Rindern auf einer Weide grasen. Auf einer anderen Ebene teilen sich die Pferde der Dorfbewohner den weitläufigen Platz. Innerhalb von wenigen Minuten erhält Naruto einen so tiefen Einblick in das Leben dieses Volkes, wie es vor ihm keiner geschafft hat.   Hiashi erzählt seinem Gast von ihrer Lebensphilosophie, die sie Hazhoo nennen und die weitaus komplexer erscheint, als es im ersten Moment erwartet werden würde, denn für die Diné ist das Universum eine organische Ganzheit. Jede Störung, ob Krankheit oder Unglück, bringt Gefahr und muss durch bestimmte Rituale wieder in Ordnung gebracht werden. Sie glauben, dass es zwei Kategorien von Wesen gibt. Das Erdenvolk und das heilige Volk. Sie werden dazu erzogen in Harmonie mit Mutter Erde, Vater Himmel und den vielen anderen Elementen, wie Menschen, Tiere, Pflanzen und Insekten zu leben. Naruto verurteilt eine solche Philosophie nicht und auch wenn er nie ein Mann des Glaubens gewesen ist, so ist ihm diese, er will es mal als Religion bezeichnen, weitaus plausibler, als es das Christentum je schaffen könnte. Das Ziel der Diné ist ein harmonisches Leben auf der Erde, während die Christen nur das Paradies als Ziel vor Augen haben.   Mit einer erneuten Berührung an seiner Schulter, verabschiedet sich Hiashi von dem Gast und macht sich auf den Weg zu seinen Verpflichtungen als Oberhaupt des Stammes, während Naruto zurückbleibt und dankbar in sich hinein lächelt. Er weicht einigen Kindern aus, die lachend an ihm vorbeieilen und dabei eine Art Ball vor sich hertreiben. Sie kümmern sich nicht um seine Anwesenheit. Für einen Außenstehenden würde es wohl den Eindruck machen, als wäre er schon immer hier und somit ein fester Bestandteil des Dorflebens. Nachdenklich stoppt der Outlaw seine Schritte vor einer weitläufigen Pferdekoppel, auf denen die Pferde grasen und Fohlen übermütig ihre Haken schlagen. Ein weiteres harmonisches Bild, welches er beobachtet und dabei die Arme auf der mittleren Sprosse des Zaunes verschränkt. In Gedanken versunken betrachtet der Outlaw die entspannten Bewegungen der Herde. Dieses bisher so rastlos geführte Leben, ist ihm schon immer zuwider gewesen und hier ist ein Ort, der sehr einladend erscheint. Unter all diesen fremden Leuten zieht er den Gedanken an eine Heimat in Erwägung. Paradox, wo er zuvor über eine sofortige Abreise spekuliert hat.   Plötzlich aus seinen Gedanken gerissen, blickt der Outlaw zur Seite und sieht genau jene Gruppe von Kindern auf sich zu eilen, denen er zuvor ausgewichen ist, um ihr Spiel nicht zu stören. Sie rufen ihn in einer unüberhörbaren Lautstärke - zwar nicht mit seinem Namen, aber viele Outlaws wird es hier nicht unter ihnen geben. Einer der Burschen läuft der Gruppe etwas voraus und hält ein Objekt in die Höhe, als würde er eine Trophäe nach Hause bringen, doch eigentlich ist es nur eine schlichte Gitarre.   Der Junge ist vielleicht zehn Jahre alt und damit nur sechs Sommer jünger als Naruto selbst. Der Outlaw hat in seinem Leben nur schon sehr viel erleben und ertragen müssen, weswegen seine Gesichtszüge älter wirken. Der Bartwuchs lässt ihn männlich und robust erscheinen, wobei er erst seit einem Jahr mit diesem zu kämpfen hat. Die wenigen jungenhaften Züge in seinem Gesicht fallen kaum noch auf und werden in naher Zukunft der vollendeten Männlichkeit Platz gemacht haben. Der kräftige Körperbau und seine hochgewachsene Statur, sind auch keinesfalls Nachteile in solch einer rabiaten Zeit. Die Kindergruppe nährt sich ihm in eiligen Schritten und stoppt unmittelbar vor ihm. Das Musikinstrument scheint schon einiges mitgemacht zu haben, als der Junge ihm die Gitarre entgegenhält und dabei diesen fragenden Gesichtsausdruck in seiner Mimik trägt. „Du ähm … spielen? Du kannst?“ Die Gitarre ist schmutzig, trägt Kratzer und Risse mit sich herum, doch sie scheint in ihrer Funktion brauchbar zu sein. Trotzdem betrachtet der Outlaw das Stück skeptisch, als er die Frage des Jungen mit einem Nicken bejaht und ihm das Instrument schließlich aus der Hand nimmt.   Naruto hat nicht unbedingt gute Erinnerungen an das Waisenhaus, aber wenn er etwas von dort mitgenommen hat, dann ist es die Fähigkeit, eine Gitarre spielen zu können. Zusammen mit den anderen Kindern und seinem besten Freund, ist er mitten in der Nacht aus ihrem Schlafsaal getürmt und hat sich mit ihnen in einem Holzschuppen im Garten der Anstalt versteckt, wo etwas vorgespielt hat. Das war ihr Lichtblick in der tristen, grauen Welt eines Waisenkindes. Seit Jahren hat er jedoch nicht mehr an irgendwelchen Saiten gezupft, weswegen er sich nicht sicher ist, ob er es noch beherrscht, als er sich mit dem Instrument auf dem Boden niederlässt. Nachdenklich streicht er über die Saiten und produziert ein paar schiefe und kratzige Töne, die er mit gekonnten Bewegungen verstellt und erst zufrieden ist, als er jede einzelne Saite neu gespannt und überprüft hat. Er schaut kurz auf und damit in die erwartungsschwangeren Gesichter der Kinder, die sich vor ihm auf den Boden gesetzt haben und einige Erwachsene schenken dem Geschehen ebenfalls ihre Aufmerksamkeit.   Der Outlaw holt tief Luft, nimmt das Instrument auf und beginnt gekonnt die Saiten zu zupfen, wodurch er eine Melodie produziert, die in ihrem Klang so einmalig ist, wie das Rauschen einer Baumkrone im seichten Wind. Eine schnelle, lebhafte Melodie. Zurückhalten und doch energisch. Seine Finger fliegen regelrecht von Ton zu Ton, wobei er die Augen geschlossen hält und das Lächeln auf seinem Gesicht immer breiter wird. Die Zuhörer werden mehr und mehr und mitten unter ihnen, befinden sich auch die Frauen, denen Naruto sein Leben zu verdanken hat und umgekehrt. Zwei Dorfschönheiten, sofern es möglich ist, bei einem Kind von Schönheit zu sprechen. Hiashis jüngste Tochter ist keinesfalls über das 13te Lebensjahr hinaus, während ihre große Schwester bereits das heiratsfähige Alter erreicht hat. Das Geschwisterpärchen lauscht der harmonisch erklingenden Melodie, wobei die ältere Tochter weniger diese beachtet, sondern vielmehr den Spieler. Jeder der Zuhörer wirkt fast schon enttäuscht, als der Outlaw das Stück beendet.   Die Kinder klatschen begeistert in die Hände und Naruto lächelt zufrieden in sich hinein, doch hebt der Bursche das Musikinstrument, als er ihm die Gitarre zurückgeben möchte. In den Augen des kleinen Kerls funkelt ein regelrechtes Feuer, während er den Kopf schüttelt und schließlich mit dem Finger auf ihn deutet. „Behalten. Bald nochmal spielen.“ Naruto wird der Dorfmusiker. Ihm soll es recht sein, weswegen er die Gruppe nur einverstanden anlächelt.   Er hat in diesem Moment eine Entscheidung getroffen. Er wird bleiben, wenn Hiashi ihm dies gewährt. Kein Schritt, der leichtfertig übers Knie gebrochen werden sollte, denn wenn er bleiben darf, so wäre er ein Fremder und schlicht und einfach keiner von ihnen.   „Hallo?“ Etwas erschrocken und ein weiteres Mal aus seinen Gedanken gerissen, reißt Naruto den Kopf in die Höhe und erblickt eine recht unsicher wirkende Frau, welche langsam auf ihn zugeht und dabei nervös an ihren Fingern herumspielt. Sie traut sich kaum ihren Blick in sein Gesicht zu richten. Ein recht verschüchtertes Ding möchte er behaupten, aber dafür eine wahre Schönheit. Ihre langen schwarzen Haare umrahmen ihr Gesicht wie ein Kunstwerk und fallen ihr seidig glatt über die Schultern. Ihr üppiger Vorbau lässt zahlreiche Männerherzen höherschlagen, doch weitaus auffallender und bemerkenswerter findet er ihre Augen. Klare, bernsteinfarben schimmernde Augen, welche er in solcher Form noch nie zu Gesicht bekommen hat. Ungewöhnlich und eindeutig individuell. Er ist sich sicher, dass es keine weitere Person gibt, die solch ein Augenpaar vorweisen kann. Seine eisblauen Augen werden aber ebenfalls keiner breiten Masse an Menschen zugeschrieben. Er hat sie sofort erkannt kaum, dass seine Augen ihren Anblick erfasst haben. Zwar hat er bei seiner Rettungsmission nur einen kurzen Blick auf sie werfen können, bevor um ihn herum alles schwarz wurde, aber eine solche Persönlichkeit würde er niemals vergessen können. Ihr Gesicht hat sich fast in sein Gedächtnis gebrannt.   „Darf ich … fè nouvo? Ähm ... neu machen?” Mit zittrigen Fingern deutet sie auf den Verband an seinem Körper, wobei sie ihre Augen schnell wieder abwendet. Naruto erkennt eine feine Schamesröte auf ihrem Gesicht, wobei er sich nicht sicher ist, ob sie sich im Allgemeinen schämt oder ob sein halbnackter Anblick ihr peinlich ist. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass seine zahlreichen Narben sie etwas abschrecken. Die verheilten Schnitte, Brandspuren und Kratzer sind unschöne Andenken an seine Kindheit.   Sie ist die Tochter des Stammesoberhauptes. Sie spricht seine Sprache, ebenso wie die Kinder vorhin, weitaus schlechter. Sie ist aber um eine deutliche Verständigung bemüht und wo die Worte scheitern helfen Gesten weiter und so ist bei dieser Konversation ersichtlich, dass sie den Verband wechseln will.   Naruto blickt kurz an sich herunter, ehe er zustimmend nickt und der schüchternen Frau schließlich folgt. Sie geht mit ihm zurück in dem Hogan und bittet ihn wortlos, sich zu setzen. Mit übertriebener Vorsicht entfernt sie den alten Verband und reinigt die Wunde mit einer Flüssigkeit, die nur im ersten Anschein wie Wasser aussieht. Es brennt wie Salz in einer offenen Wunde und Naruto zuckt unter dieser Behandlung merklich zusammen, wobei er sein Gesicht verzieht und es  nur zu ertragen versucht. Die junge Frau richtet ihren Blick auf ihn und bemerkt dabei, wie er die Zähne zusammenbeißt. Seine Mimik gleicht einer Fratze und ihm entweicht ein gequält klingendes Keuchen. Ertrage den Schmerz, denn er zeigt, dass du lebst. So oder so ähnlich, würde Tahoma diese Situation umschreiben. Ihr Vater zeigt sich hart, doch in seinem Inneren wohnt eine sanfte Seele.   “Danke für ... Hilfe.” Überrascht öffnet Naruto die Augen und schaut seit Beginn dieses Aufeinandertreffens zum ersten Mal in die ihre, ohne dass sie ihm ausweicht. Sie hält seinem Blick stand und ein leichtes Lächeln liegt auf ihren Lippen, bei dem er nicht anders kann, als es zu erwidern. Diese Frau ist faszinierend und er könnte den ganzen Tag damit verbringen, ihr in die Augen zu schauen. Einen solch unschuldigen Menschen hat er noch nie getroffen und irgendetwas sagt ihm, dass niemand anders ihr in dieser Beziehung das Wasser reichen kann. “Was heißt gern geschehen in deiner Sprache?” “Ikaw ay malugod.” Kapitel 2: Die weiße Rothaut ---------------------------- "Er bat um Erlaubnis bleiben zu dürfen und diese wurde ihm gewährt.“ Bansai lächelt und wendet seinen Blick von der Statue ab, die er bis zum letzten Satz der Geschichte durchgehend angeschaut hat, als würde er jedes einzelne Wort von dem Hintern der Pferdestatue ablesen.   Die bisher dargelegten Fakten unterscheiden sich nicht von dem zwanghaften Schulstoff oder den Gute Nacht Geschichten, die Konohamaru bisher zu Ohren gekommen sind. Nicht so detailliert und an einigen Stellen romantisiert, aber etwas Neues war unter diesen Schilderungen nicht dabei gewesen. Es lässt sich alles in dieser Hall of Hero wiederfinden. Konohamaru hätte jeden Grund empört aufzustehen, und trotzdem harrt er aus. Es ist ein Gemisch aus Interesse und Desinteresse, welches ihn intensiv zum Bleiben animiert. Er hat noch nie viel Zeit und Energie in irgendwelche Schulaufgaben gesteckt, sehr zum Leidwesen seiner Eltern und obwohl er in dieser hoch technischen Epoche des World Wide Web lebt und bestimmt auch ein ganzes Referat zu den unmöglichsten Themen finden kann, bleibt er sitzen, um einer Erzählung zu lauschen, dessen Wahrheitsgehalt keiner bestätigen kann. Niemand wird zustimmend nicken oder einen Beleg aussprechen. Keiner, wird diese Geschichte als die reine Wahrheit betiteln. Es bleibt bei einem Hören-Sagen basiert.   „Schmarotzer.“ Trotzig und keinesfalls bereit seine Meinung zu ändern, verschränkt Konohamaru die Arme vor der Brust und lehnt sich zurück, wobei er einen weiteren, verachtenden Blick auf die Statue wirft. Bansai lacht auf die Aussage nur kehlig, was bei seinem jungen Zuhörer auf Unverständnis stößt. Selbst einige der  Museumsbesucher werfen verwunderte Blicke auf das seltsame Duo, ehe sie sich wieder der Ausstellung zuwenden. Es ist dem rebellischen Teenager nicht entgangen, dass so manch ein Tourist die Ohren gespitzt und ungewöhnlich lange an den ausgestellten Exponaten in unmittelbarer Nähe stand.   Ein paar Augenblicke später hat sich Bansai wieder beruhigt und scheint nach diesem rauen Lachanfall kurz um Luft zu ringen. Er hustet und legt sich angestrengt eine Hand auf den Brustkorb, ehe er mit einem pfeifenden Laut die Luft einsaugt. Er wirkt gequält, wie von Schmerzen gepeinigt. Ein sorgenvoller Anblick und wenn diese Tatsache nicht wäre, dann wäre es schon beinahe amüsant, denn Bansai gibt Geräusche von sich, wie ein Staubsauger. Wenn Konohamaru sich den alten Herren so anschaut, dann schätzt er ihn um die achtzig Jahre und aktuell in einem bedenklichen Zustand. Körperliche Beschwerden sind bei betagten Personen keine Seltenheit. Bewegungseinschränkungen oder Atemnot sind schon standardmäßige Erscheinungen. Sie klagen über ihre Schmerzen und jammern ihrer Jugend hinterher. Es folgen Sprüche, welche die junge Generation nur genervt mit den Augen rollt. Gesund und in der Blüte seiner Jugend ist JBansai definitiv nicht mehr, aber mit dem Unterschied zu seinen Leidensgenossen, beschwert er sich nicht über diesen Zustand. Er nimmt ihn so hin. Der alte Mann muss mit seinem Leben sehr zufrieden sein, wenn er lächelnd an die Vergangenheit denken und sein baldiges Ende mit Stolz akzeptieren kann.   Bansai räuspert sich, wobei er ein paar Mal angestrengt tief durchatmet, ehe er sich seinem Zuhörer widmet. „Wieder eine falsche Beurteilung, Junge. Naruto legte sehr viel Wert darauf, sich im Dorfgeschehen zu intrigieren. Er lernte bereitwillig unsere Sprache und war offen für unseren Glauben und unsere Kultur. Wir hingegen lernten die propagierten Leitmotive der weißen Männer kennen und erlernten die Sprache der Siedler - beinahe bis zur Perfektion. Es war ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Joe wurde zu einem unentbehrlichen Mitglied des Stammes.“ „Ja, ich weiß. Er durfte dann sogar die Häuptlingstochter heiraten und sie bekamen zusammen 1851 ihren ersten Sohn, bla, bla, bla.“ Konohamaru verdreht die Augen und lässt sich etwas weiter in der Bank herunterrutschen, so dass sein Kinn faktisch auf seiner Brust ruht. Bansai hebt auf diese Worte jedoch nur mahnend einen Finger. „Das entspricht nur teilweise der Richtigkeit. Ich will aber nicht soweit vorgreifen, sondern Stück für Stück erzählen.“   Winter 1847   Seit ein paar Monaten ist Naruto schon in diesem Indianerdorf und inzwischen bezeichnet er es sogar als sein Zuhause. Eine Betitelung, welche er bisher noch für keinen Ort verwendet hat. Er hat sich nicht einmal vorstellen können, wie es sich anfühlt einen Ort zu haben, an den er immer wieder zurückkehren kann. Eine solche Idee, allein ein solcher Gedankengang, war ihm so fremd wie die höhere Mathematik. Die langen einsamen Nächte hat er unter freiem Himmel oder in irgendwelchen Viehställen, neben Pferden oder Rindern verbracht - manchmal mit und manchmal ohne Erlaubnis von dessen Inhaber. Es gibt zahlreiche Dinge, die er nicht erleben kann oder konnte, aber wenigstens das Empfinden einer Heimat hat nun Einzug in sein Leben erhalten. Nach siebzehn Jahren weiß er endlich, wie es sich anfühlt zuhause zu sein.   Naruto betrachtet es als normal, noch nicht vollständiges Vertrauen von dem Stamm erhalten zu haben, aber er versucht sein Bestes, um jeden einzelnen davon zu überzeugen, dass er anders ist. Eine Beteuerung, die er in dieser Form jedoch nie aussprechen würde. Ich bin anders - wie schnell wird ein solcher Satz ausgesprochen und vom Wind davongetragen? Solche Formulierungen sollen beruhigen und Vertrauen wecken, doch sind sie, in den meisten Fällen, nicht mehr als reine Heuchelei. Wenn er auf etwas stolz sein kann, dann ist es seine Menschenkenntnis. Ein kurzer Blick genügt, damit er eine ungefähre Vorstellung seines Gegenübers gewinnt.   Naruto will niemanden bekehren und auf den rechten Weg bringen. Es ist nicht in seinem Sinn, mit der Bibel in der Hand zu predigen und mit der Verdammnis zu drohen. Er will kein Land stehlen und erst recht keinen Krieg führen. Er will ein friedliches Leben, auch wenn das unter den gegebenen Umständen nahezu unmöglich erscheint. Ein Zusammenleben innerhalb des Dorfes ist durchaus denkbar, außerhalb dieser Gemeinschaft gibt es genügend Gründe, die sein Leben in große Gefahr bringen. Von Viehdiebstahl bis hin zu Mord hat er alles auf dem Kerbholz, was die Regierung sauer aufstoßen lässt. Sie würden ihn am liebsten baumeln sehen und die Unantastbarkeit des Regimes und der Justiz öffentlich zur Schau stellen. Eine schöne Hinrichtung, welche eine klare Botschaft an alle anderen Kriminellen senden soll. In diesen Zeiten ist der Strick allgegenwärtig und schneller zu erreichen, als es in der Vorstellung möglich ist. Korruption, kleinere Straftaten oder das Betrügen in einer Pokerrunde können Todesurteile sein.   Ein Frösteln lässt seinen Körper erzittern, als der Outlaw aus seiner warmen Behausung tritt und seinen noch recht schläfrigen Blick über die Umgebung schweifen lässt.   Die Winternächte präsentieren sich in den Morgenstunden am eindrucksvollsten. Trotz der warmen Temperaturen am Tage zeigt sich in der aufgehenden Sonne eine schneebedeckte Landschaft, welche tiefe Bewunderung auslöst. Eine unendlich wirkende Weite in einem weißen Gewand, mit rötlich hervorstechenden Felsgebilden. Mit einem herzhaften Gähnen streckt sich Naruto durch, um die Müdigkeit aus seinen Gliedern zu verbannen, ehe er seinen wärmenden Poncho etwas zurechtzupft. Hinata, die älteste Tochter von Hiashi, hat ihm dieses Kleidungsstück angefertigt. Die schüchterne Häuptlingstochter hat ihm den Stoff zögernd und mit einer unübersehbaren Rötung im Gesicht überreicht. Für einen Moment hatte er sogar den Eindruck, sie würde vor ihm zusammenbrechen. Sein dankbares Lächeln und die zärtliche, wenn auch kurze Berührung seiner Hände, haben ihr wohl weitaus mehr bedeutet, als es ein schlichtes Dankeschön geschafft hätte.   Da die Diné sich der Lebensweise von mexikanischen Einwanderern angepasst haben, führt dieses Volk kein nomadisches Leben mehr und sie sind nicht von der Jagd. Sie sind Farmer und produzieren eigenständig. Die Männer und Frauen teilen sich die anfallende Arbeit, wobei der weibliche Anteil hauptsächlich mit der Erziehung der Kinder, der Kleider-, und Nahrungsherstellung beschäftigt ist. Die Männer nehmen nach wie vor eine wichtige Rolle zum Schutz des Dorfes ein. Sie sind Krieger und das ändert sich auch nicht durch die landwirtschaftliche Lebensweise. Sie stellen einen stabilen Stützpfeiler in der Dorfgemeinschaft dar und sind Vorbilder für eine neu heranwachsende Generation. Alles Wissen und jede Fertigkeit werden weitergegeben und gehütet, wie ein kostbarer Schatz.   Naruto ist froh über einen solch routinierten und strukturierten Tagesablauf. Sein vorheriger Lebensstil hat ihm nicht viel geboten und keinen Ausgleich geliefert. Er hat in den Tag hineingelebt und nicht weiter, als bis zur nächsten Stunde gedacht. Zu wissen, was er zu tun hat und was auf ihn warten wird, verleiht ihm ein anderes, vollwertiges Lebensgefühl. Er hat das Gefühl wichtig zu sein und gebraucht zu werden.   Die Augen des Outlaws gleiten nicht zufällig zu einem der benachbarten Hogan, denn wie jeden Morgen hat er die stille Hoffnung, einen kurzen Blick auf sie zu erhaschen. Wenn sich ihre Augen treffen, so schenken sie sich einander ein bedeutsames Lächeln, welches so einmalig ist wie jeder Sonnenaufgang, doch an diesem Morgen bleibt der begehrte Sichtkontakt aus. Ein bisschen enttäuscht ist er, was wohl daran liegt, dass er insgeheim viel für die älteste Häuptlingstochter übrighat. Nicht nur, dass er sie in ihrer Erscheinung bezaubernd findet - es ist ihre gesamte Art, die ihn anzieht und gleichermaßen fasziniert. Noch hat er nicht den Respekt oder nötigen Stand, um überhaupt eine Annäherung zu wagen, die über normale Gespräche hinausgeht. Dies ist eine Grenze, die er unter keinen Umständen leichtfertig überschreiten will. Die Frage ist nur, ob das jemals der Fall sein wird. Eine Rothaut und ein weißer Mann. Wird eine solche Konstellation überhaupt akzeptiert? Bisher hat er davon nicht gehört und seine Zweifel sind nicht ungerechtfertigt. Die Allgemeinheit des weißen Volkes dürfte wohl seinen Geisteszustand anzweifeln, eine Rothaut ehelichen zu wollen und eine Indianerfrau, die den Bund der Ehe mit einem weißen Mann eingeht, mit dem Feind, dürfte den sozialen Stand einer Verräterin erhalten. Wenn er daran denkt, dann wird er trübselig.   Viele sind bereits auf den Beinen. Ein Hüter über die Gefilde der Diné. Das wird heute seine Aufgabe sein. Die Soldaten sind trotz des aktuell herrschenden Krieges zwischen Amerika und Mexiko.  Eine ständige Bedrohung, die unter keinen Umständen unterschätzt werden sollte. Es ist unvermeidbar entsprechende Sicherungen zu unternehmen, um etwas länger in Harmonie zu leben. Hiashi hat Maßnahmen ergriffen und darunter zählt, dass einige Männer in der näheren Umgebung patrouillieren und potenzielle Gefahren beseitigen oder melden. Sie verfolgen Spuren und kontrollieren jede noch so kleine Aktivität. An diesem Tag gehört Naruto mit zu den Männern, die ein wachsames Auge auf die Ebene haben werden. Eine vertrauensvolle Aufgabe, die Tahoma ihm aufgetragen hat.   „Tapos ka ba?“ Trotz Stimmgewirr sticht diese eine Stimme hervor, wie ein Donnerschlag. Präsent und dominant. Naruto zuckt im ersten Augenblick erschrocken zusammen. Es ist kein bedrohlicher Unterton zu hören und dennoch ist diese unvermittelte Ansprache unvorhergesehen gekommen. Er war in Gedanken versunken. Die Person, welche ihn unverblümt und so direkt von hinten angesprochen hat, trägt den Namen Neji. Er ist der Neffe des Häuptlings und wenigstens genauso ernst wie dieser. Ein ruhiger und besonnener Zeitgenosse, dem es schwerfällt, Entscheidungen mal aus dem Bauch heraus zu treffen. Neji bietet den Anblick eines Indianers, wie aus einer Romanvorlage. Lange Haare, dessen Strähnen ihm rechts und links über die Schulter fallen und damit ihm seine übrige Haarpracht nicht die Sicht verschleiert, trägt er ein schlichtes Tuch um die Stirn. Sein Körperbau ist kräftig und er ist etwas größer wie Naruto. Neji ist das Musterbeispiel für ein Exemplar mit harter Schale und weichem Kern. Die beiden Männer kommen gut miteinander aus und in Ansätzen ist eine Freundschaft erkennbar, doch im Moment verweilen sie auf der Ebene einer soliden Bekanntschaft. Für den heutigen Tag sind die beiden Partner, weswegen sich Naruto schon auf schweigsame Arbeitsstunden eingestellt hat.   Mit einem laschen Schulterzucken wendet sich der blonde Mann zu dem ernst dreinschauenden Indianer um, der mürrisch die Arme vor der Brust verschränkt hat und auf eine Antwort wartet. Sein Körper ist von einem weiten Poncho verhüllt, welcher zusammen mit den übrigen Kleidungsstücken, den einzigen Schutz gegen die Kälte darstellt. Liebevoll gefertigt von seiner schwangeren Frau, die als ausgewählte Person einen anderen Umgang mit ihm genießt. In ihrer Gegenwart wandelt Neji sich und trägt dabei stets ein ausdrucksstarkes Lächeln auf den Lippen. Er scheint in ihren Händen zu Wachs zu werden und liest ihr jeden Wunsch von den Augen ab. „Natürlich.” Es klingt wie eine Herausforderung, obwohl dies gar nicht in der Absicht des Outlaws liegt. Deshalb zieht Neji nur vielsagend eine Augenbraue in die Höhe. „Dann los.“ Bestimmt schreitet der baldige Vater an ihm vorbei und bis auf ein leichtes Kopfschütteln, verkneift sich Naruto jeglichen Kommentar.   Naruto hat in den vergangenen Monaten gelernt mit dieser recht distanzierten und teils abweisenden Art umzugehen. Neji braucht länger, um mit jemandem warm zu werden, und wenn nicht, dann ist das auch in Ordnung. Es ist unmöglich, in einem Dorf dieser Größenordnung jeden einzelnen einen Freund nennen zu können. Bekanntschaften sind da wahrscheinlicher und keinesfalls etwas Schlechtes. Die Betitelung einer großen Familie mag zutreffen, aber Naruto ist in diesem Punkt Realist. Er hält es für ausgeschlossen, jeden mit Namen anzusprechen. Ohne große Umschweife oder gar Gesprächsthemen, begeben sich die beiden Männer zu ihren Pferden und reiten nur wenige Augenblicke später schon aus dem Dorf.   In diesen bekannten Gefilden und weitläufigem Areal, bewegen sich die Dorfbewohner frei und ohne Sorgen. Es ist nicht verwunderlich, weit abseits des Dorfes auf Gruppen von Bewohnern zu treffen. Frauen, die Kräuter sammeln. Männer, die aufgestellte Fallen überprüfen oder Halbstarke, die sich mit ihrem zukünftigen Leben als Krieger auseinandersetzen. Alternativ praktizieren sie irgendwelche Spiele. Es ist Harmonie, die stets präsent ist und welche einen schnell dazu verleitet die Vorsicht fallen zu lassen. Für Naruto ist der Punkt, wo es zu schön ist, um wahr zu sein, längst erreicht.   Seit den ersten Sonnenstrahlen lässt ihn dieses unangenehme Gefühl nicht los. Er hat ein bohrendes Drücken in der Magengegend, dass etwas nicht stimmt. Das Gefühl einer Vorahnung, weswegen er trotz des ausgelassenen Shinny Spieles, einen wachsamen Blick auf die Umgebung hat. Er und Neji betrachten das Hockey ähnliche Spiel schon seit einiger Zeit, während sie auf dem Rücken ihrer Pferde sitzen und Position auf einer kleinen Anhöhe bezogen haben. Die Halbstarken sind so in ihr Spiel vertieft, dass sie die Zuschauer am Rand nicht einmal wahrnehmen und Naruto ist so mit seiner unangenehmen Vorahnung beschäftigt, dass er die mehrfach zugeworfenen Blicke von seinem Begleiter überhaupt nicht registriert. Immer wieder wandern die Augen des Indianers zu dem Outlaw und mustern ihn eindringlich. Im Dorf hat es längst die Runde gemacht, welche Blicke Naruto und Hinata sich zuwerfen. Sie versuchen es zwar zu verbergen, stellenweise sogar voreinander, aber es ist offensichtlich.   Nachdenklich richtet Neji seinen Blick auf die spielenden Halbstarken und beobachtet einen flinken Jungen, wie dieser den etwas unförmigen Ball mit einem Stock vor sich hertreibt und dabei geschickt den Gegenspielern ausweicht. „Du magst sie.“ Ein direkter Treffer. Der Jüngling hat mit einem perfekt abgepassten Schlag den Ball durch die aufgestellten Holzpfosten geschlagen und damit einen Punkt für seine Mannschaft geholt, welche freudig zu jubeln beginnt. Erschrocken zuckt Naruto auf diese Worte zusammen und schenkt den wieder verstummenden Freudenschreien keine Beachtung. Neji seufzt nur, wobei er seinen Rücken durchstreckt und eine Körperhaltung annimmt, wie im Dienst des Militärs „Die Art, wie du sie anschaust oder versucht sie nicht anzuschauen.“ „Was soll ich da sagen? Erwischt.“ Überrascht schaut ihn Neji an, während die Halbstarken um den Ball kämpfen und dabei rabiat miteinander umgehen.   Bei solchen Spielen kommt es nicht selten zu Knochenbrüchen oder anderen Verletzungen. Für die beiden Männer spielt das im Moment aber keine Rolle. „Du leugnest es nicht?“ Ein leicht fassungsloser Tonfall dominiert seine Worte, auf welche Naruto nur ergeben mit den Schultern zuckt. „Ich sehe keinen Grund dazu. Du hast nur die Wahrheit ausgesprochen und wenn ich jetzt ein verzweifeltes Lügengerüst aufbauen und es als Unterstellung abtun würde, wäre das nicht gerecht.“ „Du besitzt mehr Rückgrat als ich dir zugetraut habe.“ Ein recht seltsames, vielleicht spöttisches Lächeln liegt auf den Lippen des Indianers. So manch ein anderer würde diese Worte als Beleidigung empfinden, doch Naruto kennt die Meinung der Rothäute, wenn es sich um die weiße Bevölkerung handelt. Unehrenhaft und feige sind da noch die weniger verletzenden Worte.   Nachdenklich, beinahe schon mit einer gewissen Hoffnungslosigkeit im Blick, schaut der Outlaw wieder in die Ferne und wird dabei erneut von Neji betrachtet, der eine Ahnung zu haben scheint, was ihm im Kopf herum spukt. Die Zweifel stehen dem jungen Mann förmlich ins Gesicht geschrieben. Diese eine bohrende Frage: Hat eine solche Liebe überhaupt eine Chance? Neji schüttelt nur leicht schmunzelnd den Kopf. „Hast du dich je gefragt, warum Hiashi und auch viele andere von uns, deine Sprache sprechen?“ Das unerwartete Anschneiden eines neuen Themas, bringt Naruto aus dem Konzept. Diesen Wechsel kann er nicht mit dem vorhergegangenen Thema in Verbindung bringen, weswegen seine Antwort auf diese Frage ein verwirrtes Kopfschütteln ist. „Hiashi ist der Sohn eines einfachen Schafzüchters und einer Indianerin. Er war ähnlich wie du. Ein Mann, dem es vollkommen egal war, wer welche Hautfarbe trug oder welcher Glaube praktiziert wurde. Ein Idealist, der mit seinen wenigen Mitteln versuchte, das Leben ein Stück besser zu gestalten.“ Anerkennend richtet Neji seinen Blick in den Himmel und ein bedeutungsschwangeres Lächeln liegt auf seinen Lippen. „Er war noch recht jung, als er eine Handelspartnerschaft mit unserem Dorf einging. Nicht älter als fünfzehn und trotzdem reifer, als so manch ein Mann, der die Meinung vertritt, dass mit dem Alter auch die Weisheit einsetzt. Er übernahm nach dem Tod seines Vaters die Verantwortung für die kleine Farm und erkannte schnell die Vorteile einer Partnerschaft mit uns. Er ging hier ein und aus und war gern gesehen. Höflich, zuvorkommend und respektvoll -“ Es tritt eine Pause nach diesen Worten ein, in der erneutes Jubelgeschrei eintritt, als eine der Mannschaften wieder einen Punkt erzielt, ehe Neji seufzend fortfährt. „Für seine Gefühle kann niemand bestraft werden und genauso wenig kann niemand es beeinflussen, an wen er sein Herz verschenkt. So kam es, dass er sich in eine Dorfschönheit verliebte. Den Bewohnern gefiel das zuerst nicht und sie versuchten diese Bindung zu verhindern, jedoch ohne Erfolg und schließlich zeugte er mit ihr Zwillinge. Meinen Onkel Hiashi und meinen Vater Hizashi.“   Auch wenn Naruto sich nie die Frage gestellt hat, warum Hiashi so perfekt Englisch spricht, so ist für ihn dennoch überraschend zu erfahren, dass dieses stolze Stammesoberhaupt ein Mischling ist. Ein Bastard, wie die Siedler ihn nennen würden. Ein kleiner Teil der Hintergrundgeschichte eines sonst recht verschlossenen und geheimnisvoll wirkenden Mannes. Seine Neugier ist geweckt. „Was geschah mit deinem Großvater?“ „Nun, im Dorf wurde diese Beziehung akzeptiert und auch respektiert. Die Beiden liebten einander aufrichtig und er hatte nie böse Absichten gehabt. Er wurde einer von uns, doch die Siedler gaben ihm keine Chance. Als sie davon erfuhren, dass er mit einer Rothaut zwei Bastarde gezeugt hat und auch Handel mit dem Dorf betrieb, klagten sie ihn an. Er wurde von seinesgleichen hingerichtet. Sie nannten es Verrat am Volk und Sünde an der Natur. Er war zwanzig Jahre alt, als ihn ein wütender Mob verprügelte und schließlich erschoss und seine Söhne gerade mal zwei. Er war es, der die Sprache in unser Dorf brachte und aus Respekt vor ihm bewahren wir sie, so gut es uns möglich ist.“ Neji bedauert die Tatsache, dass er seinen Großvater nie kennenlernen durfte, denn laut den Erzählungen, muss er ein großartiger Mann gewesen sein, der ein Vorbild für viele war. Neji wurde jedoch nicht nur seines Großvaters beraubt, sondern musste auch seinen Vater vorzeitig betrauern. Er verlor ihn zartem Alter von sechs Jahren, bei einem der zahlreichen Überfälle von Seiten der Siedler. Dieser Verlust war der erste in seinem Leben und als wäre das nicht schon schwer genug, lernte er zeitgleich die Kaltherzigkeit des Militärs kennen. Die Bilder des damaligen Gemetzels hat er immer vor Augen.   Bedauernd und mit einer gewissen Sehnsucht in seinem Inneren, richtet der Indianer seinen Blick zum Horizont und denkt an vergangene Zeiten. Freud und Leid - Emotionen, die immer gegenwärtig waren und die ihn schnell haben, erwachsen werden lassen und wie dicht sie beieinanderliegen, hat er in zahlreichen Situationen erfahren. Er hätte allen Grund dazu, die Weißen zu hassen. Sie zu verfluchen und zu verachten, denn sie haben ihm schon viel genommen und dennoch tut er es nicht. Er verallgemeinert nicht, sondern betrachtet jede Person als einzelnes Individuum, mit unterschiedlichen Eigenschaften, Leitmotiven und Gedankengängen. Sein Großvater und Naruto selbst, stammen nicht aus seinem Volk, doch gehören sie auch nicht zu ihrem eigenen. Heimatlose und Ausgestoßene, die ihr Leben praktizieren wollen – ohne Zwang. Weiße Männer, die aus dem vorgeschriebenen Schema herausbrechen und ihre Erfüllung in der Mitte der Diné finden. Sie helfen, kämpfen und verlieben sich. Sie sind weiße Rothäute.   Naruto muss gestehen, dass er mit solchen Enthüllungen nicht gerechnet hat und dennoch ist er beeindruckt von diesen Schilderungen. Es ist Erleichterung, die sich in seinem Innersten ausbreitet. Es gibt keine Hürden, die er überwinden muss, um sein Glück zu finden. Eine Tatsache, die ihn hoffen lässt. Die Hoffnung darauf, dass es andere wie ihn gibt, die jedes Leben als lebenswert betrachten und keinen Unterschied zwischen Kultur, Hautfarbe, Tier und Pflanzen machen. „Wie war sein Name?“ „Bei den Siedlern hieß er Charles, doch wir nannten ihn Dyami.“ „Adler?“ „Er wollte immer die Ketten sprengen, die seine Gesellschaft ihm angelegt hatten. Er wollte frei sein und so leben und denken, wie er es selbst für richtig hielt und nicht wie Prediger oder ein Buch es verlangten. Am Ende blieb dieser Wunsch jedoch unerfüllt.“   Was ist Freiheit? In der Regel wird dieses Wort als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen verschiedenen Varianten auswählen und zu entscheiden. Es ist das größte Paradoxem der Menschheit. Niemand kann wählen, egal, um welche Lebensbereiche es sich dabei handelt, denn jeder wird schon verurteilt, bevor er des Laufens mächtig ist. Die Freiheit besteht nur darin, ob ein jemand den Sonnenaufgang unter freiem Himmel oder durch Gitterstäbe betrachtet. Schweigend schaut Naruto zu den ausgelassenen Halbstarken, wobei er sich über diese paradoxe Definition von Freiheit seine eigenen Gedanken macht. Er hebt seinen Blick weiter an und betrachtet einige Augenblicke den harmonischen Horizont, ehe er eine Bewegung vernimmt, welche seine Gedanken sofort sprengen. Ein sich tanzender Punkt in der Ferne. Eine wabernde Silhouette, die sich nährt. Angestrengt verengt Naruto die Augen und beugt sich im Sattel weiter nach vorne. Aus dem schwarzen Punkt wird die schemenhafte Gestalt eines Reiters erkennbar und diese Erkenntnis ist längst nicht das Schlimmste. Hastig zerrt der Outlaw ein stark mitgenommenes Fernglas aus einer der Satteltaschen. Ein überprüfender Blick hindurch, um seine aufkeimende Befürchtung entweder zu bestätigen oder zu zerstören.   Ein einsamer Reiter würde keine ernsthafte Bedrohung darstellen, doch dank der eindeutig erkennbaren blauen Uniform ist Naruto schon beim ersten Blick klar, dass an diesem Reiter nichts harmlos ist. Es ist ein Kavallerist auf Erkundungspatrouille und die vor ihm liegende Szenerie hat er längst bemerkt. Der Mann hat sein Pferd gestoppt und wirft seinerseits einen Blick durch ein Fernglas. Kaum, dass sich der Kavallerist einen Überblick verschafft hat, gibt er seinem Pferd die Sporen und sucht sein Heil damit in der Flucht.   „Ein Kundschafter!“ Es ist mehr ein entsetzest Aufkeuchen, welches seine Kehle verlässt, bevor Naruto das Fernglas zurücksteckt und hastig die Zügel aufnimmt. Ehe Neji zu einer Erwiderung ansetzen und bevor er überhaupt den Kundschafter selbst entdecken kann, gibt Naruto seinem Pferd auch schon die Sporen und prescht den Hügel im vollen Galopp hinab. Mitten durch die Reihen der spielenden Halbstarken, die hastig auseinanderströmen und in ihrem Spiel innehalten.   Eben noch einem friedlichen Gespräch vertieft und mit den Gedanken in den Wolken, sieht Neji dabei zu, wie der Outlaw sein Pferd zur Höchstleistung antreibt und sich zusehends entfernt. Erst als dem Indianer diese neue Gesamtsituation vollends bewusst wird, treibt er sein Pferd an und galoppiert hinterher. Naruto ist sich im klaren, sollte er diesen Mann nicht zu fassen kriegen, werden sie innerhalb von Tagen oder Wochen ernste Schwierigkeiten bekommen. Überall werden Gegenden ausgekundschaftet und wenn Indianerdörfer entdeckt werden, dann werden sie so lange unter Druck gesetzt, bis diese aufgeben. Er hat diese Szenerien genau vor Augen. Hungernde Frauen, Männer und Kinder, zerstörte Hogan, Obstgärten und Viehbestände. Die systematische Vernichtung eines Volkes, welches nur in Frieden leben will. Die Regierung beabsichtigt ihm sein neugewonnenes Zuhause nicht nur wegzunehmen, sie wollen es vernichten.   Naruto hat das Gefühl sich in einem Rausch zu befinden, in dem er nur eine Blickrichtung zur Verfügung hat. Die starre Sicht nach vorne, direkt auf den gekrümmten Rücken des Soldaten, der mit unbarmherzigen Tritten und Schlägen sein Pferd vorantreibt. Sein Blut rauscht durch seine Gehörgänge und sein Herz hämmert entschlossen in seiner Brust. Sämtliche Muskeln in seinem Körper unter Anspannung. Jeder Galoppsprung bringt ihn näher an diesen Feind heran und mit jedem weiteren überwundenen Meter schlägt sein Herz schneller. Seine Brust schmerzt schon, doch noch ehe sich der Outlaw Gedanken darübermachen kann, bietet sich ihm die einmalige Gelegenheit, die Gefahr zu beseitigen. Er lässt die Zügel los, nimmt die Füße aus den Steigbügeln und während sein Hengst noch einmal zu beschleunigen scheint, positioniert sich Naruto für einen Sprung. Es ist nur eine halbe Armlänge zu überbrücken. Ein kurzes Luftholen, die starre Fixierung seines Opfers und ein beherzter Sprung in die entsprechende Richtung. Mit seinem gesamten Körpergewicht prallt der Outlaw gegen den Soldaten, der jeden festen Halt verliert und beide hart auf dem Boden aufschlagen.   Der erzwungene Sturz vom Pferd ist schmerzhaft und obwohl Naruto am liebsten im Dreck liegen bleiben würde, bis das Pochen und Ziehen in seinen Gliedern ein Ende gefunden hat, hechtet er zu seinem Kontrahenten. Dem Soldaten bietet sich nicht die Möglichkeit, auf die Beine zu kommen. Er schafft es nur keuchend auf alle viere und bekommt unverzüglich einen kraftvollen Tritt in den Magen, der ihn zurück an den Boden fesselt und nach Luft schnappen lässt, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Hektisch reißt Naruto den Colt aus dem Holster des Kavalleristen und stolpert ein paar Schritte zurück, wobei er den Abzug spannt und die Waffe auf den Uniformierten richtet. Neji nährt sich dem Geschehen und stoppt mit etwas Abstand. Die beiden Männer werfen sich einen kurzen, vielsagenden Blick zu, ehe der Indianer sich daran macht das entlaufene Pferd des Kavalleristen einzufangen. Narutos Hengst steht nur wenige Meter von seinem Herrn entfernt und zupft an ein paar Grashalmen herum. Diese Ruhe und Gleichgültigkeit hätte der Outlaw in diesem Moment auch gerne, doch stattdessen betrachtet er das wimmernde Häufchen Elend am Boden genauer.   Ein Jüngling. Keinesfalls älter, wie er selbst und mehr ein Kind, als ein Mann. Schlaksig, fast schon hager. Er hat Sommersprossen auf beiden Wangen und braune, kurze Haare die vom aufgewirbelten Staub des Sturzes, ein wenig gräulich wirken. Seine Nase ist schief, was darauf hindeuten könnte, dass sie mal gebrochen war. Er hat dunkle, grüne Augen welche zitternd und voller Panik in die seine starren. Unverständnis spiegelt sein Blick wider, ebenso die blanke Angst. Furcht um sein Leben und Unwissen, wieso einer seinesgleichen mit dem Feind paktiert. Es müssen unendlich viele Fragen sein, die im Kopf des Burschen umherschwirren, wie ein Schwarm Mücken an einem Bachlauf.   Wissend und keuchend, bedeckt mit lauter rötlichen Staub der Steppe und einer blutenden Schürfwunde an der Wange, richtet Naruto seinen Blick auf den Colt in seiner Hand. Der Abzug ist längst gespannt. Er muss nur zielen und abdrücken. Ein weiterer Toter in seiner kriminellen Karriere und ein zusätzlicher Grund, für die Justiz ihn baumeln zu lassen. Das Auslöschen eines Lebens, ist nie mehr als nur ein Augenblick und dennoch endgültig. Ihm ist bewusst, dass er diesen Mann nicht ziehen lassen kann. So gerne er es tun würde, die Gefahr ist zu groß, dass er wegen seiner Güte seine neugewonnene Heimat verliert. Er kann durch die Tötung dieses Mannes vermeiden, dass es zu weiterem Blutvergießen kommt. Keine zusätzliche Abschlachtung von Frauen und Kindern. Er hat keine Wahl. Er tötet einen und rettet viele – für eine gewisse Zeit.   Eine gefühlte Ewigkeit schaut Naruto auf den Revolver, ehe seine Stimme die zum Zerreißen gespannte Luft durchschneidet und dabei trotzdem ruhig und mit einem bedauernden Unterton erklingt. „Wie ist dein Name?“ Mit einer solchen Frage rechnen wohl die Wenigstens, die dem Tod schon im Nacken sitzen haben. So ist es auch bei diesem Burschen, der nun völlig verunsichert im Dreck liegt und das Zittern seines Körpers schon nicht mehr kontrollieren kann. Er schluckt mehrfach und braucht einige Anläufe, ehe seine zittrige Stimme die gewünschten Silben formt. „C-Cole Chaplin.“ Tonlos wiederholt Naruto den ausgesprochenen Namen und lässt dabei den Revolver in seiner Hand sinken. Für Cole entsteht jedoch nicht der Eindruck, dass die Gefahr gebannt ist und er eine Chance erhält. Der Blick seines gegenüber zeigt ihm nur zu deutlich, dass sein letztes Stündlein geschlagen hat. Es gibt für ihn keine Hoffnung und diese Gewissheit treibt ihm Tränen der Angst in die Augen, wobei Joseph seinen Blick in sein grünes Augenpaar richtet und dabei eine Ruhe ausstrahlt, welche andere als kaltherzig betiteln könnten.   Neji nährt sich der Szenerie erneut. Er bleibt in einigem Abstand zurück und lauscht dem erklingenden Dialog, der hauptsächlich von Naruto ausgeht. Er fordert den Jüngling auf sich auf die Beine zu stellen, was diesem nur schwerlich gelingt und schließlich fragt der Outlaw ihn, ob er Angst vor dem Tod habe. Eine Frage, die von dem Kavalleristen mit einem hastigen Nicken und kurzem heftigen Schluchzen bejaht wird. Nejis Verwirrung steigt weiter an. Der Outlaw stellt die nächste Forderung – Cole soll die Augen schließen. Tränen laufen über die blassen Wangen des Jungen, als er seine Lider schließt, den Kopf leicht einzieht und einen kurzen Moment zu wanken scheint, als das Zittern in seinen Knien wieder zunimmt. Vielleicht wäre schon manch ein anderer eingeschritten, um diese Tötung selbst zu übernehmen, doch Chayton verspürt dazu keine Veranlassung. Er bleibt stumm auf Abstand und betrachtet die Szenerie vor sich, wobei Joseph die Distanz zu dem Soldaten verkürzt, mit der geladenen Waffe in der Hand.   Bedauernd mustert der blonde Mann die zitternde Gestalt ein weiteres Mal, ehe er tief Luft holt und zum Sprechen ansetzt. „Dort, wo du hingehst, gibt es eine andere Welt. Wälder, Seen, Berge und Flüsse und wenn du ganz genau hinhörst, dann hörst du sie flüstern. Es ist der Ort, an dem du weiter lebst. Du erforschst ihn unentwegt und doch kennst du erst einen Bruchteil davon. Du kannst überall und nirgends sein. Du kannst dich auflösen in nichts und plötzlich wieder ganz werden. Du verbindest dich mit anderen oder bist so allein, wie kein Wesen es je war. All das ist möglich - allein durch die Kraft deines Willens.“   Die ganze Zeit über ist seine Stimme ruhig, langsam und entspannt und kaum lauter wie ein Flüstern. Es wirkt nahezu hypnotisch. Mit jedem weiteren Wort ist das Zittern aus den Gliedern des Burschen mehr verschwunden. Jetzt steht er ihm gegenüber - vollkommen mit sich und der Welt im reinen. Ohne Angst und ohne Bedauern. Die Vorstellung von diesem Paradies, in dem die Unendlichkeit nicht mehr als ein Augenaufschlag ist, scheint ihn zu beruhigen. Es ist eine Bilddarstellung, die dem jungen Soldaten ein freudiges Lächeln auf die Lippen zaubert. Dass Naruto, während er den letzten Satz aussprach, den Revolver wieder angehoben und zwischen die Augen seines Gegenübers gezielt hat, konnte nur Neji beobachten. Der Schuss, der direkt nach der letzten Silbe durch die Umgebung hallte, dürfte auch im Dorf gehört worden sein.   Feiner Dampf steigt aus der Mündung des Colts empor, den Naruto resigniert sinken lässt, wobei er auf den vollkommen leblosen Körper zu seinen Füßen blickt, der nur eine Armlänge von ihm entfernt im rötlichen Staub der Steppe liegt. Cole Chaplin, ein weiterer Name, den er nie vergessen wird. Er hat ihm die Angst vor dem genommen, was passieren wird. Er hat dafür gesorgt, dass Cole das kommende Ende seines Lebens schon fast freudig in empfangen hat. Das Letzte, was er zu sehen bekommen hat, entsprach den Vorstellungen aus einigen Schilderungen. Es war nicht die Mündung eines Revolvers oder das Gesicht von seinem Mörder.   Ernst steuert Neji sein Pferd neben den Outlaw und schaut seinerseits zu dem Leichnam. Trotz verlorener Körperspannung wirkt der Gesichtsausdruck friedlich und zufrieden. „Diese Ehre hätte er dir sicher nicht erwiesen.“ Naruto hingegen seufzt darauf und zuckt lasch mit den Schultern. „Deswegen muss ich nicht genauso handeln.“ Noch immer glaubt Naruto, das Echo dieses einzigen Schusses in seinen Ohren zu vernehmen, wobei er den toten Cole über seine Schulter und schließlich auf den Rücken seines Pferdes legt. Ihm ist klar, dass durch diese Tötung keine vollkommene Entwarnung geschaffen wurde. Irgendwann werden sie einen Trupp losschicken, um nach dem verlorenen Kundschafter zu suchen. Irgendwann wird auch dieses Dorf gefunden werden und es wird dann ebenfalls ein Ultimatum geben. Irgendwann.   Das Töten fällt ihm nie leicht und das ist gut so, aber er hat sich daran gewöhnt und weiß damit zu leben. Vergessen tut er es nie. Träume erinnern ihn immer wieder an seine Taten und sein Gewissen verschont ihn nicht.   Mit einer großen Portion an Unverständnis beobachtet Neji den Outlaw dabei, wie er auf das gescheckte Pferd des Soldaten steigt und die Zügel seines eigenen lediglich aufnimmt, um es zu führen. Cole hängt quer über dem breiten Pferderücken, Arme und Beine baumeln leicht hin und her, als Naruto die Pferde antreibt und im Schritttempo zurück zum Dorf aufbricht. Wieso macht er das? Wieso bringt er jemandem so viel Respekt und Würde entgegen, der nichts von beidem verdient hat? Mit einem Schnaufen und anschließendem Kopfschütteln gibt auch Neji seinem Pferd den Befehl weiter zu reiten.   Im Dorf zieht Unruhe auf, kaum dass die beiden Männer zurückkehren. Empörte Rufe und enttäuschte Gesten machen die Runde, denn niemand von ihnen würde auf die Idee kommen einen Soldaten, ob tot oder lebendig, in ihre heilige Mitte zu bringen. Einen offensichtlichen Feind, der jeden von ihnen erschossen hätte, wenn nur die Möglichkeit dagewesen wäre.   Naruto besitzt ausreichend Vernunft, um den Leichnam am Rand des Dorfes zurückzulassen. Er würde ihr heiliges Land entweihen, käme er auf die irrwitzige Idee einen geschlagenen Feind durch die Reihen ihrer Hogan zu leiten. Sein Hengst bleibt geduldig zurück, die Last weiterhin auf seinem Rücken tragend, wobei diese von einigen Indianern ausgiebig betrachtet wird. Der Outlaw selbst macht sich auf dem direkten Weg zu Hiashi, gefolgt von Neji, der jedoch seinen eigenen Hogan ansteuert und gleich schon von seiner erleichterten Frau in Empfang genommen wird. Sie legt die Arme um seinen Körper, ehe sie sein Gesicht in ihre zierlichen Hände nimmt und ihn mit sanfter Gewalt zu sich herunterzieht. Es erscheint, als untersuche sie ihn nach irgendwelchen Spuren des Kampfes. „Geht es dir gut?“ Sorgenvoll schaut sie in seine Augen, obwohl sie nicht einen einzigen Kratzer an seinem Körper ausmachen kann. Erst sein Nicken und die zusätzlichen Worte lassen ihre Sorge verschwinden. „Alles in Ordnung.“ Nachdenklich legt der werdende Vater seine Arme um sie, nachdem ihr ein erleichtertes Seufzen entwichen ist und sie sich an ihn drückt. Beobachten tut er jedoch die Szenerie zwischen Naruto und seinem Onkel in einiger Entfernung. Er kann nicht hören, was sie einander sagen. Naruto gestikuliert und scheint ausführliche Argumente zu liefern, während Hiashi nur stirnrunzelnd die Arme vor der Brust verschränkt und schließlich ein ergeben wirkendes Nicken tätigt. Der Outlaw wirkt darauf sehr erleichtert und verbeugt sich dankbar vor dem Oberhaupt des Dorfes, ehe er sich zurück zu dem Leichnam aufmacht. „Wieso macht er das? Wieso opfert er sich für jemanden auf, der uns im Angesicht des Todes noch bespucken würde?“ Individuum hin oder her - Neji hat seine Zweifel daran, ob Cole auch so gehandelt hätte, hätte er über einen Indianer triumphiert. Wenn von getöteten Rothäuten gesprochen wird, dann dauert es meist nicht lange, bis die Worte Massengrab oder Geierfraß fallen. Er versteht solches Handeln nicht, wohingegen seine Frau nur schmunzelt. „Kannst du es dir nicht denken?“ „Was denn?“ Seufzend drängt sich TenTen näher an ihrem Mann und atmet genüsslich seinen wohltuenden Duft ein, ehe sie dem blonden Outlaw hinterherschaut, der eine nicht definierbare Ausstrahlung besitzt.   Schon beim ersten Anblick hat er etwas ausgestrahlt, was einmalig ist. Selbstsicherheit, Hoffnung und Wärme. In seiner Gegenwart kommt schnell das Gefühl von Sicherheit auf. Er vermittelt einem, absolut einzigartig und besonders zu sein. Sein Wesen ist fesselnd und einnehmen. Ein Menschenfänger, der andere mit Leichtigkeit begeistern kann und der immer die richtigen Worte findet. Naruto ist jemand, dem sich Leute gerne anvertrauen und auf dessen Loyalität ganze Gebäude errichtet werden können. TenTen ist von ihm beeindruckt und damit ist sie nicht alleine. Seine Leitmotive sind edel und verdienen höchste Anerkennung. „Das Töten macht ihm keinen Spaß. Er betrachtet Siege nicht als solche, sondern nimmt jede geschlagene Seele als Last auf seine Schultern. Er will keinen von ihnen vergessen, sondern mit dieser Schande leben. Er respektiert das Leben, ganz gleich ob Freund oder Feind und will jedem die Würde entgegenbringen, auf die er selbst oftmals verzichten musste. Er lebt und praktiziert Menschlichkeit.“      Das Leben leben und sich trotzdem jeder begangenen Sünde bewusst sein. Es gibt keine Absolution durch die Kirche. Keine Vergebung durch eine irdisch existierende Institution, sondern nur durch sich selbst. Nur wer einen Weg findet, mit all seinen Taten zu leben - sie alle so zu akzeptieren, wie sie begangen worden sind - nur der ist in der Lage, mit sich im Reinen zu sein. Wer zu sich steht, nur der kann sich selbst vergeben und wer sich selbst vergibt, dem kann vergeben werden. Langsam versteht Neji die Beweggründe des Outlaws und kommt nicht darum herum, für diese seltene Eigenschaft eine gewisse Bewunderung zu empfinden. Bei diesen Gedankengängen an seinen Großvater denkend, lässt Neji von seiner Frau ab, drückt ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und verschwindet im leichten Dauerlauf in dieselbe Richtung, wie zuvor Naruto.   Es ist eine zermürbende Knochenarbeit, in diesem staubigen, trockenen Boden ein Grab auszuheben. Innerhalb kürzester Zeit beginnen seine Finger zu schmerzen und die ersten Blasen bilden sich auf seiner Handfläche. Er hat nicht einmal die Hälfte geschafft und ist jetzt schon am Ende seiner Kräfte. Seufzend und mit Schweißperlen auf der Stirn, stützt sich Naruto auf dem Stiel der Schaufel ab und blickt in den klaren, wolkenlosen Himmel. Hiashi hat ihm gestattet den Toten am Rande des Dorfes beerdigen zu dürfen. Abseits vom täglichen Geschehen, als symbolische Darstellung der Fremdartigkeit, welche eine tiefe Kluft zwischen den Weißen und den Rothäuten gebildet hat. Das Dorfoberhaupt war nicht angetan von seiner Bitte, doch konnte er den Argumenten keine Gegenargumente entgegenbringen und so sah sich Hiashi dazu gezwungen, den Respekt vor dem Tod zu wahren. Ein Grab für den Feind, für die ewige Ruhe - direkt im Schatten eines Wüsteneisenholzbaumes. Erschrocken zuckt Naruto zusammen, als er das kratzende Geräusch einer weiteren Schaufel vernimmt und Neji erblickt, der schweigend seine Hilfe anbietet und nur ein dankbares Lächeln dafür erntet, ehe Naruto sich selbst wieder an die Arbeit macht.   Stechen, kratzen, graben, die Arbeit erscheint endlos und trotz aller Blasen und schmerzenden Knochen können sie den eingewickelten Leichnam von Cole Chaplin unter die Erde bringen. Behutsam haben sie seinen toten Körper in das ausgehobene Loch gelegt und im Anschluss die staubige Erde zurück geschaufelt. Die Blessuren an ihren Händen und das hügelige Grab sind die stummen Zeugen ihrer gemeinsamen Arbeit. Neji hat sich bereits zurückgezogen. JNaruto verweilt neben dem Erdhügel und betrachtet gedankenverloren den Sonnenuntergang. Aufmerksam richtet der Outlaw seinen Blick zur Seite, als er sich nährende Schritte vernimmt und erblickt die älteste Häuptlingstochter, die sich mit besorgtem Gesichtsausdruck nährt. Sie lässt sich schweigend, in einigem Abstand neben ihm nieder und schaut ihrerseits in den Sonnenuntergang. Eine ganze Weile sitzen sie nur da, betrachten den malerischen Horizont und erachten Worte als überflüssig. „Bereust du?“ Unsicher wendet sich Hinata leicht zu ihm und wenn nicht so eine Ruhe herrschen würde, dann hätte er ihre fast gehauchten Worte nicht einmal verstanden. Er zögert nicht mit seiner Antwort und schüttelt daher den Kopf. Er weiß, dass er keine andere Alternative hatte und dennoch ist dieser Mord nicht vergleichbar mit den vorherigen.   Zum ersten Mal getötet hat er mit elf Jahren. Ohne Absicht und aus Notwehr heraus. Nichts in ihm wollte diesen dickbäuchigen Mann, mit schwarzem Backenbart und kahl rasiertem Kopf, tot sehen. Er wollte nur etwas zu essen haben und wurde dabei erwischt. Er hatte Angst davor zurück zu müssen. Abgeschoben an den Ort, den er so fürchtet und verachtet und dann war da dieser Stein ... dieser große, schwere Stein. Er erinnert sich noch genau an das Geräusch, welches aufkam als die harte, raue Oberfläche die Schläfe des Mannes traf. Er erinnert sich daran, wie dieses wütende Gesicht plötzlich jeden Ausdruck verlor und wie dieses braune Augenpaar nur ins Leere starrte. Steve Edwards. Besitzer eines kleinen Gemischtwarenladens, unverheiratet und bei seinen Mitmenschen, als arrogant und lieblos verschrien. Er erinnert sich an jeden Mord. Nie hat er aus Spaß getötet und nie wollte er es. Alle Situationen in seinem Leben, in denen er von der Waffe Gebrauch machen musste, waren unglückliche Konstellationen des Schicksals. Betrunkene, die von Alkohol vernebelt, jeglicher Vernunft beraubt, ein Duell provozierten. Banditen, die um Hilfe baten und ihn dann ausrauben wollten. Immer hat er das Gefühl, als wolle sein Leben es ihm besonders schwermachen. Ein ratloser Laut verlässt seine Kehle, wobei er sich durch die Haare fährt und seinen Blick schließlich in ihre Augen richtet. „Zum ersten Mal hatte ich die Wahl. Ich hätte ihn auch gehen lassen können und darauf hoffen, dass er über seinen Fund schweigt, stattdessen habe ich ihn getötet.“ „Weil du Gefahr wusstest.“ „Und es noch immer tue. Ich habe damit nichts beseitigt. Ich habe uns nur mehr Zeit verschafft. Irgendwann werden sie kommen, aber das eigentlich erschreckende an der Sache ist, wie leicht mir die Entscheidung fiel. Die Wahl zwischen leben lassen und töten.“ Hinata schweigt darauf. Sie weiß nicht, wie es ist einem Menschen das Leben zu nehmen. Welche Gefühle und Gedanken werden spürbar, wenn der Lauf der eigenen Waffe auf jemanden gerichtet ist und sogar der Abzug betätigt wird? In solch einer Situation war sie noch nie und sie hofft inständig nie in so eine zu geraten.    Niedergeschlagen lässt Naruto den Kopf hängen, bis er spürt wie Hinata nach seiner Hand greift. Sie denkt gar nicht darüber nach, als sie den Abstand zu ihm überbrückt und ihren Kopf an seine Schulter lehnt, während sie ihre Finger mit denen seinen verschränkt. „Wenn nur Zeit, du trotzdem uns beschützt. Danke.“ Kapitel 3: Bei Nacht und Nebel ------------------------------ "Wird das jetzt eine schwulstige Liebesromanze?“ Mürrisch rutscht Konohamaru in der Bank etwas nach unten, während er sich über die bisher schwache Fortsetzung dieser historischen Erzählung ärgert.   Der Bursche hat da weitaus mehr erwartet und wenn die Geschichte jetzt in eine Richtung abdriften, die hauptsächlich das Liebesleben des Protagonisten beleuchtet, dann wird er auf der Stelle verschwinden. Bansai lächelt nur, wie es nicht anders zu erwarten ist, und schenkt den immer näherkommenden Museumsbesuchern einen kurzen Blick. Einige hören inzwischen offen mit, während andere Interesse an den Exponaten vorspielen.   Der alte Herr schenkt der versammelten Runde ein liebevolles Lächeln, wie ein Großvater der seinen Enkelkindern eine Abenteuergeschichte erzählt, bis er wieder den mahnenden Finger hebt und seine wässrigen Augen zurück auf Konohamaru richtet. „Urteile nicht vorschnell mein Junge. Es ist wichtig zu wissen, woher ein Mann die Kraft und Ausdauer nimmt, um seine Ziele zu verfolgen. Hinata war die Quelle seines Lebens. Sie gab ihm die mentalen Mittel, damit er vorwärtskam. Damit er sein Ziel nicht aus den Augen verlor. Sie war sein Antrieb, bei allem was er tat.“ Der Halbstarke verdreht die Augen und vollzieht mit seinen Händen eine teils abwehrende und eine beschwichtigende Geste. „Okay, okay, aber nur eine Frage. Wie kommt es, dass das Dorf so lange unentdeckt geblieben ist? Es gab immer wieder Überfälle seitens der Weißen und ständig kamen angebliche Vermittler, die mit Ultimaten versuchten uns zu vertreiben. Wie kann es sein, dass dieses eine Dorf so lange Bestand haben konnte, ohne Konflikte?“ „Eine solche Behauptung habe ich nie getätigt. Auch dieses Dorf blieb vor diplomatischen oder gar gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Weißen nicht verschont. Naruto war jedoch eine große Hilfe. Nicht nur, dass er als Waffenschieber allerlei Schusswaffen in die Finger bekam und die Bewohner damit ausstattet, er lehrte ihnen auch den Umgang und konnte sich dank seines Aussehens unter die Siedler mischen. Auf diese Weise schnappte er ständig irgendwelche brauchbaren Dialoge auf. Sie entwickelten Abwehrmaßnahmen und bauten aus ihrem Dorf nahezu ein Fort.“ „Dann hat er uns doch verarscht. Bei seiner angeblichen Hilfe, nahmen wir die Lebensweise der Weißen an.“ „Oh nein. Mit Nichten. Was die Kampfstrategie anging, war es eine Anpassung an die gegebenen Umstände. Man geht eben nicht mit einem Messer zu einer Schießerei. Unsere Lebensweise blieb stets dieselbe. Darauf legte er großen Wert. Er konnte mit unserer Lebensweise, des gegenseitigen Gebens und Nehmens mit der Natur, weitaus mehr anfangen, als mit der gedankenlosen Folgsamkeit der Siedler.“   Die Indianer praktizieren ihr Dasein im Einklang mit der Natur und die Siedler erhoben den irrtümlichen Anspruch, selbst die größte Schöpfung zu sein und damit das Recht zu besitzen, alle anderen Lebewesen zu unterwerfen. Die Folge waren nicht nur blutige Massaker an amerikanischen Ureinwohnern, sondern auch das völlig sinnlose und ebenso wahllose Ausbeuten der Natur. Trockenlegung von Flüssen oder Seen, zur Errichtung neuer Städte. Das Abholzen ganzer Wälder und das Niedermetzeln von Wildtieren. Die Siedler glaubten, dass alle ihre Taten von Gott so gewollt sind und er ihr Handeln in jeder Hinsicht gutheißt. Das Töten im Namen Gottes. Sie legten ihre Heilige Schrift so aus, wie sie es wollten. Sie passten die weisen Worte der Bibel an jede beliebige Situation an. Die eigentlichen Inhalte, wie Nächstenliebe, Respekt und Hilfsbereitschaft, spielten keine Rolle für die Menschen, die zeitgleich daraus predigten. In einer solch blinden Gesellschaft wird ein Zweifler, wie Naruto es war, keinen Platz gefunden haben. Jemand der Gott in Frage gestellt hat, der stellte sich selbst in Frage. Ein Mensch ohne Glauben, war nicht in sich selbst gefestigt und wurde eher als eine Art Bedrohung für den öffentlichen Frieden angesehen.   Bansai wirft einen kurzen Blick auf seinen jungen Zuhörer und greift seine anfänglichen Worte auf. „Ich möchte dich nicht mit Liebesschwüren langweilen, also komme ich nun zu dem Zeitraum, den du bereits angesprochen hast. Wie du schon sagtest, heirateten die Beiden und bekamen schließlich ein Kind zusammen. Sie wurden jedoch schon im Jahr 1849 zum ersten Mal Eltern.“ Konohamarus Interesse ist wieder geweckt und in Begleitung eines erstaunten Raunens der Museumsbesucher, setzt er sich auf. Es ist deutlich erkennbar, dass der Junge an dieser Aussage Zweifel hat und ein leichtes Kopfschütteln seinerseits bestätigt diese Vermutung. Nirgendwo steht geschrieben, dass ihr erstes Kind zwei Jahre früher zur Welt gekommen ist. Selbst in dieser Hall of Hero ist nirgends ein Beweis dafür zu finden. Es wäre eine Sensation und würde garantiert für Schlagzeilen sorgen, wenn historische Daten überarbeiten werden. Wieder schüttelt Konohamaru den Kopf. „Das kann nicht stimmen. In meinen Büchern steht, dass 1851 der gemeinsame Sohn Hanzo zur Welt kam und nicht '49.“ „Die Daten entsprechen auch der Richtigkeit, Junge. Ich spreche aber auch nicht von Hanzo.“ Wieder ein Raunen in der versammelten Menschentraube. Konohamaru durchforstet verzweifelt sein gesammeltes Wissen, um sich eine Erklärung auf diese Worte zu verschaffen. Er würde sich schon als sehr belesen bezeichnen, was die Historie seines Volkes betrifft, aber egal wie sehr er seine Gedanken auch nach einer entsprechenden Erklärung untersucht, er kann sich nicht an eine Erwähnung erinnern, die auf ein weiteres Kind hindeutet. Keine kurze Anmerkung in einer Fußzeile und nicht einmal eine indirekte Anspielung, hat er je gelesen. Konohamaru weiß nicht, was genau er dazu denken soll. Er ist sich nicht sicher, in wieweit diese Neuigkeit glaubwürdig ist. Ungläubig verzieht der Halbstarke das Gesicht. „Du redest von einem weiteren Kind. Wenn diese Behauptung stimmt, wie kommt es dann, dass über ein viertes Kind nichts zu finden ist? Kein Name und auch kein Geburtsjahr. Es wird nirgendwo erwähnt. In allen Büchern und mir bekannten Quellen, ist immer nur von drei Kindern die Rede. Zwei Söhne und eine Tochter.“ „Das ist richtig. Ich will dir erklären, was passiert ist. Hinata war zu diesem Zeitpunkt mit Hanzo hochschwanger ...“   ***   Mai 1851   Naruto hat sich in den vergangenen Jahren äußerlich verändert. Er ist zu einem Mann herangereift und hat alle kindlich wirkende Erscheinung abgelegt. Ein kräftiger Körperbau und seine, von der Sonne gebräunten Haut verleihen ihm eine respektable Ausstrahlung. Härtere Gesichtszüge und deutlich sichtbarer Bartwuchs verwandeln ihn zu einem Outlaw, wie er in keinem Roman besser beschrieben wird. Er wirkt reif und wenn dieser sanfte Ausdruck in seinen Augen nicht wäre, könnte er schnell als grob eingeschätzt werden. Er sticht in seiner Erscheinung aus der Menge der Indianer deutlich heraus, denn trotz gebräunter Haut sind seine kurzen, blonden Haare schon verräterisch genug. Zwar hat er die Lebensweise der Diné uneingeschränkt angekommen, doch was seine Kleidung angeht, ist er unverkennbar ein Cowboy. Ein Siedler und ein Fremder. Ein Mann, welchen die Indianer verfluchen und töten sollten, sobald dieser ihnen nahe genug käme. Es ist ein Bild, das bei außenstehenden Verwirrungen auslöst, so wie er vollkommen ungehindert durch das Dorf marschiert und von allen als einer der ihren akzeptiert wird. Das dunkle Leinenhemd, dessen Ärmel er immer bis zu den Ellenbogen hochkrempelt, die robuste Baumwollhose, die von einem deutschen Einwanderer für die Goldgräber entwickelt wurde und die typischen Stiefel, wie sie bei den Kuhtreibern Anwendung finden. Der Holster an seiner Taille, mit dem polierten Revolver drin. Der abgegriffene Hut, mit einer Steinadlerfeder am Bund und das rötliche Halstuch, spiegeln ein Cowboyimage wider, der seinen Sold mit Rindertreiben verdient, doch sein Herz ist das eines Diné. Er hat Hinata geehelicht, ohne dafür auf Knien vor Hiashi herum zu rutschen. Der Häuptling war sogar erfreut, als Naruto um die Hand seiner Tochter angehalten hat und hat nicht eine Sekunde gezögert, ebenso wenig wie Hinata selbst.   Nach wochenlanger Abwesenheit und dem damit verbundenen Aufenthalt in Little Water, ist es eine Wohltat für den Outlaw, schon von weitem das Dorf zu erblicken. Die Aussicht auf ein paar erholsame Tage von den Strapazen seiner Reise, köstliches Essen und die liebevolle Atmosphäre seiner Familie, lässt ihn sein Pferd wieder etwas schneller antreiben. Little Water wurde ursprünglich als Wasserstraßen-Lager für teure Waren gegründet, verkam jedoch mit den Jahren zu einem großen Banditenlager. Die Einheimischen nennen es untereinander Death Water. Verwahrlost sind dort nicht nur die Bauten, sondern auch die Menschen. Alles wirkt unfreundlich, farblos und abweisend und ein Aufenthalt dort kann sehr gefährlich sein. Für einen Hüter des Gesetzes ist es ratsamer einen großen Bogen, um dieses Banditendorf zu machen. Andernfalls steckt schnell eine Kugel zwischen den Augen, bevor der erste Schritt über die Stadtgrenze getätigt wurde. Als Krimineller ist die Sicherheit jedoch um ein Vielfaches höher, worauf aber nicht immer Verlass ist. Makaber ist die Tatsache, dass von ansässigen Händlern, es handelt sich dabei eher um Hehler, Rabatte beim Kauf ihrer Waren ausgesprochen werden, wenn dem Kunden ein gewisser Ruf vorauseilt. Je höher das Kopfgeld, desto billiger ist der Einkauf. Naruto ist froh, aus dieser Umgebung wieder raus zu sein und in sein Familienleben zurückzukehren. Dass bei seiner Ankunft gleich schon Ärger auf ihn wartet, schmälert seine Freude über die Heimkehr jedoch, denn unmittelbar nachdem sich Naruto aus dem Sattel hat gleiten lassen, weiß dieser schon, dass ein Problem im Dorf herrscht. Chouza eilt hastig auf ihn zu.   Chouza ist Mitglied des Beraterkreises des Dorfes und damit ein enger Vertrauter von Hiashi. In diesem Ausschuss befinden sich neben Chouza, dem bulligen Haudegen, drei weitere Personen. Sie sind zuständig, wenn es sich um schwerwiegende Entscheidungen, innerhalb der Dorfgemeinschaft handelt. Naruto seufzt kurz genervt, ehe das Stammesmitglied bei ihm stoppt. Er wirkt, äußert aufgeregt und atmet tief durch, ehe er verständliche Sätze bildet. Naruto hat schon eine gewisse Ahnung, worum es sich handelt, weswegen seine gute Laune weiter zu Boden sinkt. Mit einem grummelnden Laut lockert der Outlaw den Sattelgurt und klopft seinem Pferd kurz lobend den Hals, während Chouza nach Luft ringt. „Also gut. Was ist los?“ Mit deutlich genervtem Unterton in der Stimme, löst Naruto die Riemen seiner Gepäckrolle und lässt diese achtlos zu Boden fallen, ehe er sich daran macht den Sattelgurt zu lösen. Chouza beginnt wild zu gestikulieren. „Unterhändler der Regierung sind hier. Zumindest behaupten sie, welche zu sein. Wir verstehen nicht, was sie von uns wollen. Die reden so … wie nennst du das? Geschwollen?“ „Dann schickt sie wieder weg.“ Schwungvoll zieht der Outlaw den Sattel von dem Rücken seines Pferdes, umfasst fest das Horn und legt sich das schwere Objekt lässig über die Schulter, ehe er mit der anderen Hand die am Boden liegende Gepäckrolle aufgreift. Auf diese Worte verdreht Chouza die Augen. „Das haben wir. Die sind wie Unkraut. Die kommen seit Tagen immer zurück.“ Wieder seufzt Naruto, ehe er mit einem energischem Nicken Chouza auffordert, die Zügel von seinem Pferd zu nehmen und mit forschen Schritten zum bescheidenen Zentrum des Dorfes eilt. Ein Großteil der Indianer hat sich dort versammelt und betrachten ein paar Dutzend weiße Männer skeptisch. Beide Seiten lauern auf eine falsche Muskelzuckung. Es grenzt an eine Form der Belagerung.   Naruto schenkt den unerwünschten Besuchern nur einen kurzen, dafür aber  intensiven Blick, der schon ausreicht, um jeden einzelnen von ihnen als Drecksack abzustempeln. Die Arroganz steht den Herren schon fast auf der Stirn geschrieben und ihr Auftreten, ebenso wie ihre abschätzigen Blicke, könnten nicht unerträglicher sein. Diese Männer gehören zu der Sorte Mensch, denen NarutoZwei von den fremden Herrschaften stecken in feinen Anzügen, während der Rest als bezahlte Leibwache zu ihrem Schutz engagiert wurde. Robuste und ungepflegt wirkende Männer, mit verfärbten Zähnen, strengem Körpergeruch und den Rotz ihres Kautabaks auf den Boden spuckend. Sie würden am liebsten um sich schießen, was der Blick und die Körperhaltung auch ohne Worte verrät. Jeder einzelne von ihnen wirkt überrascht, beinahe schockiert, als sich Naruto in den Vordergrund stellt und sich neben Hiashi in die Hocke setzt, nachdem er den Sattel und die Gepäckrolle in den Staub hat fallen lassen. Nur ein verächtliches Schnauben im Vorbeigehen hat Nauto für sie übrig. Er schenkt den Fremden keine Beachtung und unterhält sich mit dem Stammeshäuptling in der unverständlichen Sprache der Diné. Die weißen Männer können nur mutmaßen, was die einzelnen Blicke und Gesten zu bedeuten haben, die sie von ihnen zugeworfen bekommen. „Sino Sila?” Fragend schaut der Outlaw seinen Schwiegervater an, ehe er zurück zu den Unterhändlern blickt und des Häuptlings Antwort lauscht. „Negosyador ng pamahalaan. Nauunawaan ko ang mga ito, ngunit sa pagpili ng mga salita hindi ko masusunod ang mga paliwanag.“ Hiashi zuckt ratlos mit den Schultern, wobei er kurz eine ausladende Geste in die Richtung der verstummten und verwirrten Männer tätigt, die sich darauf selbst anschauen. Naruto erkennt deutlich, wie die Leibwächter ihre Hände in unmittelbarer Nähe ihrer Revolver belassen. Er selbst zieht nur vielsagend die Augenbrauen in die Höhe und schaut erneut zu seinem Schwiegervater. „Isang Tawag?" „Ipagpalagay ko iyan.“ „Tanggihan ba namin?” Auf diese Frage streckt das Dorfoberhaupt den Rücken durch und verschränkt mit grimmiger Entschlossenheit die Arme vor der Brust, ehe er sein Augenpaar auf die weißen Männer richtet und jedem einzelnen einen intensiven Blick schenkt. „Oo, anuman ang nanganganib sa kanila.” Naruto nickt zustimmend, ehe er sich mit einem finsteren Blick in die Richtung der abwartenden Herrschaften wieder in die Höhe wuchtet und die Hände in die Hüften stemmt.   Er wollte nur sein Pferd versorgen und für eine Weile die Zeit mit süßem Nichtstun verbringen. Ein Plan, der sich schlagartig in Rauch aufgelöst hat, weswegen er die Anwesenheit der Gentleman gleich noch viel unfreundlicher findet. Sie haben ihm seine Heimreise versaut und anstatt dass der Outlaw sich entspannt zurücklehnen kann, steht er inmitten dieses Spektakels und spielt den Vermittler und Dolmetscher. Seufzend streicht sich Naruto durch sein Gesicht und tätigt einige Schritte auf die Gruppe zu, so dass die Leibwächter ihre Hände näher an ihre Waffen führen. „Scheinbar gibt es Verständigungsprobleme. Dürfte ich auch den Grund für diesen wiederholten Besuch erfahren?“ Naruto vollzieht eine kurze auffordernde Geste, ehe er die Arme vor der Brust verschränkt und seinen Blick durch Runde gleiten lässt. Sie schauen ihn an, als würden sie an seinem Verstand zweifeln und der Ausdruck von einigen schreit förmlich Verräter. Wie kann er es nur wagen mit Indianern zu paktieren?   Der deutlich ältere der beiden stattlich gekleideten Männer, räuspert sich und zupft sich kurz den langen Ziegenbart zurecht, ehe er vortritt und sich dem kommenden Dialog mutig entgegenstellt. Joseph kann ihm förmlich ansehen, wie er seine bisher angewandte Taktik überdenkt, da er ihm mehr Intelligenz zuschreibt, als den ganzen Diné zusammen. Ein weiterer Beweis für die oberflächliche Sichtweise der Siedler. Eine Rothaut ist grundsätzlich zu dumm, um die Zusammenhänge und Funktion einzelner Abläufe zu verstehen, während ein Weißer es stets mit einem Gelehrten aufnehmen kann und dabei hat Naruto selbst kaum Schulbildung erhalten. Er hat mit seinem Erscheinen, die zuvor so durchdachte Planung der Herren über den Haufen geworfen. Eine Stärke von Naruto ist seine Spontanität. Er improvisiert und handelt der Situation entsprechend.   Der Mann räuspert sich erneut, wobei er in gerader Haltung posiert und provokant eine vergoldete Taschenuhr hervorzieht, auf deren Zifferblatt er die Zeit abliest. Er lässt ein Seufzen erklingen, ehe er seine Sprache wiederzufinden scheint. „Nun, ich versuche bereits seit einer bestimmten Zeitspanne, diese Wilden davon in Kenntnis zu setzen, dass es für die zukünftige Agrarwirtschaft unabdingbar ist, dieses Areal zu quittieren. Die Regierung fordert daher, eine Umsiedlung in ein anderes Gebiet, um eine Ansiedlung von Farmerfamilien zu ermöglichen. Des Weiteren wird verlangt, dass sämtliche Anmaßungen von Eigentum künftig unterlassen werden. Sollte dies nicht erfolgen, werden Verfehlungen konsequent verfolgt. Die Regierung gibt den Indianern bis zum nächsten Sommer Zeit, sich fakultativ am Fort Defiance zu sammeln, um von dort in die neue Heimat gebracht zu werden.“   Naruto ist vielleicht nicht schlau, aber auch nicht dumm. Der Unterricht im Waisenhaus war bescheiden und mehr von Demütigung und körperlichen Züchtigungen geprägt, aber dennoch besitzt er genug Wissen und Verstand, um das Anliegen dieser Leute, trotz hochtrabender Wortwahl, zu begreifen. Schmunzelnd verlagert er sein Gewicht auf ein Bein und obwohl ein leichtes, fast amüsiertes Lächeln auf seinen Lippen liegt, ist sein Blick fest auf den Anzugträger gerichtet, so dass dieser nervös schluckt und dem blauen Augenpaar ausweicht. Naruto späht zu Hiashi, der ahnungslos zu ihm schaut. „Sie wollen das Land für die Siedler haben und uns woanders hinbringen. Außerdem sollen die Überfälle auf die Siedlungen aufhören.“ Empörung macht die Runde und eine entsprechende Unruhe mischt sich unter die Indianer, die stellenweise mit wüsten Beschimpfungen und wütenden Rufen, die weißen Männer unter Druck setzen. Der Kreis der Menschentraube zieht sich enger zusammen und die Cowboys legen äußert nervös ihre Hände auf die Revolver, wobei sie versuchen, mit hektischen Bewegungen, den Überblick zu wahren. Ein Funke würde ausreichen, um die Atmosphäre zu sprengen.   Hiashi traut seinen Ohren kaum und ihm fehlen im ersten Moment die Worte. Natürlich hatte jeder eine Vermutung in diese Richtung gehabt, doch noch nie gab es ein solch direkt formuliertes Ultimatum. Hierbei handelt es sich nicht um ein Gespräch, dass sie auf der Basis eines Handelsgeschäftes führen könnten, sondern um eine Anweisung, wie sich dieses Dorf in Zukunft zu agieren hat. Eine solch dreiste Befehlsaussprache, lässt das Blut des Dorfoberhauptes pulsieren und seine Berater verziehen ihre Gesichter zu wutentbrannten Fratzen. Naruto ist da weitaus weniger geschockt, weil seine Vermutung Bestätigung gefunden hat. Alle Mittelsmänner kommen immer mit einem Ziel, weswegen er selbst es ist, der eine Äußerung dazu tätigt und damit seine aufgebrachten Dorfmitglieder erst einmal zurückpfeift. Beschwichtigend hebt er eine Hand und die empörten Rufe werden leiser, bis sie wieder verstummen. Er ist zwar nicht das Oberhaupt dieses Clans, aber ein Vertrauter und der Schwiegersohn des besagten Mannes. Sie alle respektieren und achten ihn. Er besitzt ein hohes Ansehen in ihren Reihen. Er spricht nicht nur für sich allein, sondern für jeden einzelnen Menschen in diesem Dorf. „Ihr stellt Anspruch an Ländereien, die nicht euch gehören und deswegen sollte klar sein, dass wir nicht gehen werden. Wir waren zuerst hier und fügen niemandem Schaden zu, weswegen ich auch gleich auf die angesprochenen Überfälle komme. Dieser Clan hat damit NICHTS zu tun. Niemand hier hat Interesse daran, noch mehr Unfrieden zwischen unseren Kulturen zu stiften. Wir meiden die Siedlungen und leben unser eigenes Leben und wenn ihr auf den Konflikt zwischen Manuelito und Major Brooks hinauswollt, wir sind darin nicht involviert.“   Durch den Bau des Fort Defiance, mitten im Herz des Navajolands, sehen sich die Indianer seit einiger Zeit damit konfrontiert, dass sie das kostbarere Weideland mit den Soldaten teilen müssen. Der stolze Häuptling Manuelito hat sich darüber bereits bei dem Major beschwert. Eine Einigung gab es nicht und Brooks besteht weiterhin auf die Weidelandnutzung. Ein weiterer Konflikt zwischen Indianern und Siedlern.   Der Mittelsmann schnappt bei diesen Worten entsetzt nach Luft, wobei seine Begleiter schockiert die Augen aufreißen. Sie dürften sich diese Unterredung einfacher vorgestellt haben. Mit einem empört klingenden Laut startet der Ziegenbart einen erneuten Vermittlungsversuch, den Naruto im Keim erstickt. „Diese Überfälle-“ „Werden von den Apachen und kleinen Gruppen von Diné aus anderen Clan-Familien begangenen, jedoch von niemandem aus diesem Dorf. Außerdem macht ihr doch nichts anderes, wenn ihr mordend und plündernd über die Dörfer herfallt. Wenn Indianer das machen, ist es barbarisch, wenn die US-Armee das praktiziert ist legal und legitim.“ Naruto zuckt demonstrativ mit den Schultern, während die Gentleman leicht von ihrem Glauben abfallen und auf diese offene Provokation reagieren möchten, es sich, in Anbetracht ihrer deutlich unterlegenen Anzahl an kampffähigen Männern, anders überlegen.   Naruto ist sich bewusst, dass er mit diesem Vergleich, der ja der Wahrheit entspricht, einen direkten Angriff auf die Würde und Ehre des gesamten weißen Volkes gestartet hat. Bedauern tut er dies nicht, auch wenn er sich damit direkt an die Front dieses irrwitzigen Rassenkrieges katapultiert hat. Der einzige Unterschied, der zwischen den Siedlern und den Indianerstämmen herrscht, ist die Kultur. Die eine Sitte wäre bereit, in einem friedlichen Miteinander zu leben, aber die andere versucht mit allen Mitteln eine Assimilation der fremdartigen Lebensweise zu erzwingen. Intoleranz und Oberflächlichkeit. Etwas Anderes herrscht nicht bei den Siedlern. Egoismus und Hochmut. Eine niedrige Moralvorstellung, in der immer nur das eigene Wohl im Vordergrund steht.   Naruto  beobachtet genau, wie der Gentleman seine Weste zu Recht zieht und den Stehkragen seines Hemdes richtet. „Denkt besser über das Angebot nach. Es wäre für alle am besten. Ich habe jedoch noch eine Frage, bevor wir gehen: Wie fühlt es sich an, sein eigenes Volk zu verraten?“ Es ist schon lachhaft, wie dieser Mensch versucht, mit gespielter Enttäuschung ein Umdenken bei Naruto zu bewirken. Dieser lächelt nur in sich hinein und legt den Kopf etwas schief, während die Aufmerksamkeit sich uneingeschränkt erneut auf ihn richtet. Viele der Dorfbewohner lächeln wissend und finden diese gestellte Frage äußerst amüsant. Es wird eine Antwort folgen, welche den Herren garantiert nicht gefallen wird. Loyalität gegenüber der eigenen Rasse und Kultur. Eine Bindung, mir der jeder angeblich geboren wird und die zu wahren und zu ehren ist. Ein Mensch ehrt und schützt jedoch nur das, was ihm wichtig ist und diese Männer, ebenso wie die US-Regierung, würde Naruto nicht einmal als Kofferträger engagieren. Der dilettantische Versuch, ein schlechtes Gewissen in ihm hervorzurufen, ist schon nahe an der Grenze zur Erbärmlichkeit. Abgesehen davon hat er spätestens mit elf Jahren seinem Heimatland den Rücken gekehrt. Er ist ein gesuchter Verbrecher, der von der Gesellschaft als unerwünscht betrachtet wird. Noch immer mit diesem Lächeln auf den Lippen schüttelt Naruto fast mitleidig den Kopf. „Netter Versuch, aber ich kann niemanden verraten, mit dem ich nie paktiert habe. Nur weil wir die gleiche Hautfarbe haben, muss ich deswegen nicht loyal sein.“ „Das ist ein großer Fehler. Von allen Lebewesen wird nur der weiße Mann frei geboren und es ist unsere Last und Aufgabe, uns um die anderen Wesen der Schöpfung zu kümmern!“ Noch nie in seinem Leben hat Naruto so viel Müll in einem einzigen Satz, aus einem einzigen Mund gehört. Ihm wird beim Zuhören schon beinahe schlecht und das süffisante Lächeln verschwindet aus seinem Gesicht. Es breitet sich stattdessen das brodelnde Verlangen in ihm aus, diesem Mann auf der Stelle niederzuschlagen. „Soll ich mir jetzt Bibelverse anhören?“ „Wenn dies deinen Verstand wiederherstellt.“ Mit einem etwas aggressiv klingenden Laut und einem Lächeln, welches intensiv darauf hindeutet, dass er seine Fassung wahren will, schaut Naruto zur Seite, ehe er sich in Bewegung setzt und auf den Schlipsträger zugeht. Jeder spürt, wie die Luft zu knistern beginnt und dass Naruto eine Ausstrahlung annimmt, bei der es keiner wagen würde ihn aufzuhalten. Der Outlaw bleibt eine halbe Armlänge von dem Ziegenbart entfernt wieder stehen und wirkt so bedrohlich, dass die Leibwache einige Schritte auf ihn zu tätigen, ihr Unterfangen aber beenden, als die Indianer es ihnen gleichtun. Sie schützen ihn und werden eingreifen wenn nötig.   Naruto lässt seinen Blick über den ordentlich gekleideten Körper seines gegenüber gleiten. Von den polierten Stadtschuhen, die für solche Gefilde absolut ungeeignet sind, über den teuren Anzug, bis hin zu diesem lächerlichen Melonenhut, der auf dem runden Kopf bloß zu liegen scheint. Im Allgemeinen bietet dieser Mann eher ein amüsantes Erscheinungsbild. Der wohlgenährte Bauch, über dem sich die Knöpfe seiner Weste spannen. Die verhältnismäßig große und schiefe Nase, kombiniert mit den kleinen, runden Augen, verleihen ihm mehr die Erscheinung einer Schießbudenfigur und trotzdem weicht der bedeutend kleinere Mann nicht vor ihm zurück. Er hält ihm stand, was an sich schon eine gewisse Achtung verdient. Anerkennung ist jedoch etwas, was dieser Herr vergebens bei dem Outlaw suchen würde. Naruto kratzt sich kurz am Hals und lacht leise in sich hinein, ehe er sich dem Ziegenbart widmet. „Ich kenne auch ein Zitat aus der Bibel: Du sollst nicht töten!“ Kaum hat er diesen Satz beendet, verpasst er dem Regierungsbeauftragten einen kraftvollen Schlag in sein rundes Gesicht, welcher ihn stolpernd zu Boden befördert und den Melonenhut niedersegeln lässt.   Dieser Schlag kam so unvermittelt, dass es Naruto möglich ist, direkt im Anschluss seine Waffe zu ziehen, bevor es einer der Cowboys tut. Sie stoppen sofort ihren Rettungsversuch und reißen ihre Hände ergeben in die Höhe, als Naruto jeden einzelnen einmal mit seiner Waffe anvisiert. Er ist mit Sicherheit nicht der schnellste Revolverheld, doch war er bisher immer besser als andere. Die ebenfalls aufgescheuchten Dorfbewohner hält er mit einer schlichten Handbewegung seiner freien Hand zurück, während er die Besucher mit festem Blick fixiert. Der Schlag war so kraftvoll, dass er ein schmerzhaftes Ziehen und Pochen in den Fingern spürt und trotzdem empfindet er eine gewisse Befriedigung in seiner Brust. Abfällig schaut er zu dem am Boden liegenden Mann hinab, der sich keuchend das Gesicht hält. Narutos donnernde Stimme veranlasst ihn dazu, in Sicherheit zu kriechen. „Diese verdammte Scheinheiligkeit und eure offen praktizierte Doppelmoral, kotzt mich an! Ihr sprecht nur dann von christlichen Werten, wenn es sich um Weiße handelt. Sobald die Hautfarbe eine andere ist, greift ihr sofort zu den Waffen. Die einzige Gefahr, die es in diesem Land gibt, seid ihr! Weil ihr niemanden anderen duldet und es nicht ertragen könnt, irgendetwas teilen zu müssen. Verschwindet, bevor ich mich vergesse!“ Bei der anhaltenden Gefahr ist das eine Aufforderung, welcher nur zu gerne nachgegangen wird. In Windeseile hasten die Herrschaften davon und bevor Joseph seinen Revolver zurück in den Holster gesteckt hat, springen sie auf ihre Pferde und treiben diese an, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Zurück bleibt nur aufgewirbelter Staub und leicht aufgebrachte Dorfbewohner. Murmelnd löst sich die Menge langsam auf, während Naruto mit den Zähnen mahlt.   Mit jedem weiteren Tag mehr in diesem Dorf und mit diesen wiederholten, unerwünschten Besuchen solcher Männer, wird sein Groll auf die Regierung immer größer. Er gibt den Siedlern nur eine Teilschuld an der momentanen Situation, aber ausschlaggebend sind das Vorgehen der Regierung und die damit verbundene Verteuflung, der gesamten indianischen Kultur. Das einzige, was den Einwanderern übelgenommen werden kann, ist dass sie sich keine eigene Meinung bilden. Seufzend und sich für diesen kurzen, aber dennoch eindrucksvollen Gewaltausbruch schämend, zieht der Outlaw einen Strich unter dieses Ereignis und belässt es dabei. Er ist kein Freund von körperlichen Auseinandersetzungen, doch im aktuellen Fall konnte er sich nicht beherrschen. Ein einmaliger Ausrutscher. Er war wochenlang nicht zuhause und will seine Zeit nicht damit verschwenden, sich über solche Leute aufzuregen. Seufzend wendet sich Naruto um und widmet sich ein weiteres Mal seinem Schwiegervater, der kurz mit seinen Beratern spricht, ehe er seine Aufmerksamkeit seinem Schwiegersohn zuwendet. „Schön, dass du wieder da bist. Hinata wurde langsam unruhig.“ Freundlich und herzlich, wobei das ernste Auftreten nicht im Geringsten abgemildert wird, begrüßt Hiashi seinen heimgekehrten Schwiegersohn.   Ein so langer Aufenthalt in Little Water ist nicht geplant gewesen. Ein paar Nächte vielleicht, aber nicht aufeinander folgende Wochen. Die Angelegenheit hatte sich verzögert und so wurde aus einem geplanten Kurztrip schnell ein mehrwöchiger Zwangsaufenthalt. Wenn er das hätte voraussehen können, wäre seine Vorgehensweise eine andere gewesen.   Seit etwa drei Jahren führt er ein Leben als Waffenschmuggler und stattet das Dorf mit allem aus, was sie für eine erfolgreiche Verteidigung benötigen. Diese Berufswahl gefällt Hinata nicht unbedingt, denn sie birgt große Risiken, doch bisher geführte Diskussionen zu diesem Thema führten stets zum selben Ergebnis. Er bleibt ein Waffenschieber, trotz hohen Berufsrisiko und guter Argumente seiner Frau. Aus diesem Grund, hat die Häuptlingstochter es aufgegeben ihn davon abzubringen. Was ihr bleibt, sind große Sorgen, wenn ihr Mann das Dorf wieder verlässt. Müde von der langen Reise streicht sich Naruto durchs Gesicht und schließt kurz die Augen, wobei er sich innerlich schon auf eine erneute Debatte mit seiner Frau einstellt. „Geht es ihr gut?“ „Natürlich. Wir können später sprechen. Du solltest dich erst einmal ausruhen.“ Mitfühlend berührt Hiashi seinen Schwiegersohn kurz an der Schulter, ehe er mit seinen Beratern verschwindet. Vermutlich werden sie in ernster Runde über diese Szenerie sprechen und damit eine Krisensitzung abhalten. Nur mit Ausdauer und Sturheit lässt sich ein solcher Krieg eben nicht gewinnen.   Die Gemütsumschreibung unruhig, ist wohl die nette Formulierung von ungeduldig und wütend gewesen, denn wie er es insgeheim erwartet hat, gibt es keine herzliche Umarmung und auch keinen Begrüßungskuss, sondern einen ziemlich bösen Blick, kaum dass er in ihr Sichtfeld tritt. Er fühlt sich schon beinahe schuldig, dass er bei ihrem vorwurfsvollen Ausdruck nicht sofort zur Salzsäule erstarrt oder sollte er sich doch lieber in den Dreck werfen und um Verzeihung bitten? „Kriege ich wenigstens eine Umarmung?“ Gespielt schmollend entledigt sich Naruto seines Gepäcks und lässt sich dumpf neben seiner Frau auf dem Boden nieder. Sie schaut ihn noch nicht einmal an und flechtet energisch den Korb weiter, als sie seine Frage beantwortet. „Du hast gesagt, maximal zwanzig Tage und jetzt sind es zwei Monate.“ Auf diesen anschuldigen Inhalt entwicht Naruto nur ein weiterer Seufzer, wobei er sich die schweigsamen Momente nimmt, um sie ausgiebig zu betrachten. Ihre weichen Gesichtszüge, die seidigen Haare, welche ihr offen über die Schultern fallen, diese eindrucksvollen Augen und ihre sonst so liebevolle Ausstrahlung. Ihr momentaner Zustand ist jedoch entschuldigend genug, für ihre leicht launische Art und die abrupten Stimmungswechsel. Beim ersten Mal ist es nicht anders gewesen. Ein etwas schrill klingender, aber genauso freudiger Aufschrei, zieht seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung. Ein kleines Mädchen, gerade sicher genug auf den Beinen, um möglichst schnell laufen zu können, wirft sich in seine ausgebreiteten Arme und zeigt damit weitaus mehr Wiedersehensfreude als dessen Mutter. Das kleine Mädchen ist Narutos ganzer Stolz und schlägt eindeutig in seine Richtung. Sie hat seine Augen und die gleiche Haarfarbe, sogar einige markante Gesichtszüge ihres Vaters lassen sich in ihrem Kindergesicht wiederfinden. Ein aufgewecktes, lebenshungriges Wesen, mit unendlichem Wissensdurst und unerschöpflicher Energie. Ein Energiebündel, welches nicht nur ihren Eltern, sondern auch allen anderen im Dorf einiges abverlangt. Sie ist lebhaft, aktiv und kaum zu bändigen.   Freudig lässt sich Naruto nach hinten fallen und drückt den kleinen Kinderkörper liebevoll an sich, ehe sich das Mädchen aufsetzt und sich auf seinem Brustkorb abstützt. „Naiwan ako sa iyo, Papa.” „Ich habe dich auch vermisst.” Kurz blickt der Familienvater zu seiner Frau, ehe er sich leicht aufrichtet und seine Tochter etwas ins Ohr flüstert. Das Mädchen springt von ihrem Vater und fordert die Aufmerksamkeit seiner Mutter ein, in dem sie sich in ihrer kindlichen Gestalt vor ihr aufbaut, was Hinata dazu bringt das Korbflechten zu unterbrechen. Verwundert blickt die junge Mutter in die blauen Augen ihrer kleinen Tochter, die einen traurigen und gleichzeitig bettelnden Ausdruck innehaben, was Hinata schon von vornherein erweicht. Als sie dann sagt, dass sie sich wieder mit Naruto vertragen soll, schenkt sie ihrem Gatten einen vielsagenden Blick, der nur eine gespielt unschuldige Geste vollzieht und verräterisch schmunzelt.   Hinata kann es nicht leiden, wenn er die gemeinsame Tochter vorschickt, aber anderseits kann sie keinen von beiden lange böse sein. Als Harmonie bedürftiger Mensch sind ihr Streitigkeiten zuwider. Die werdende Mutter seufzt ergeben und rutscht näher an ihren Gatten heran, der sich der Tatsache bewusst ist, dass sie sich schreckliche Sorgen gemacht haben muss. Aus den zugesicherten Tagen ist über das doppelte geworden und wahrscheinlich hat sich schon der dunkle Gedanke in ihrem Kopf ausgebreitet, dass er gar nicht mehr zurückkommen wird. Vielleicht hat sie ihn schon irgendwo in der Steppe liegen sehen, erschossen von Banditen oder gar hingerichtet von Staatsbeamten. Er mag sich gar nicht ausmalen, wie viele unruhige Nächte ihr das beschert hat. “Warum hat es so lange gedauert? Ich dachte dir wäre etwas passiert.” “Es gab ein paar Verzögerungen. Ich musste so lange warten, bis alles wieder geregelt war.” “Was hättest du gemacht, wenn während deiner Abwesenheit unser Kind geboren wäre?” “Vermutlich hätte ich versucht mir selbst in den Hintern zu treten.”   In der Nacht   Der Schleier der Nacht hat sich um die Umgebung gelegt und taucht alles in ein tristes, fast trostlos wirkendes Grau. Ein klarer Halbmond scheint vom Firmament hinab, doch immer wieder schieben sich dichte Wolkenformationen vor die halbrunde Kugel und sorgen kurzzeitig für eine fast durchgehende Finsternis. Feine Rauchschwaden steigen aus den Löchern der Hogan empor, während im Dorf eine friedliche Stille herrscht. Ein Großteil der hier lebenden Menschen und Tiere haben sich der Nachtruhe hingegeben, um neue Kraft für den folgenden Tag zu sammeln. Unterbrochen wird die Ruhe von den tierischen Lauten des Viehbestandes oder nachtaktiven Lebewesen, die flink zwischen den Behausungen her huschen und nach Nahrung suchen. Ein paar Männer patrouillieren auf den Pfaden des Dorfes, um die nötige Sicherheit zu vermitteln und in Anbetracht der erst kürzlich stattgefundenen Unterhaltung mit den Gentlemen, ist dies eine zwingende Vorsichtsmaßnahme. Nach dieser erniedrigenden Abfuhr durch Naruto ist es durchaus denkbar, dass sie ihr Ego mit anderen Maßnahmen wieder kitten möchten.   Naruto und seine kleine Familie haben sich den erholsamen Träumen hingeben und in der wohligen Wärme des Hogan auf einen neuen Sonnenaufgang warten. Eng aneinander liegend schwelgen die Familienmitglieder in Traumwelten und schenken der Realität keine Beachtung. Für den Familienvater endet die Nachtruhe abrupt. Er reißt die Augen auf und starrt hellwach zur Decke empor. Aufgeschreckt, wie aus einem Albtraum, doch es war ein vertrauter Laut, welcher seinen Schlaf beendet hat. Unsicher lauscht der Familienvater in die Stille hinein, wobei er zu der Feuerstelle blickt, welche nur einen glimmenden Kohlehaufen darstellt.   Es ist wieder da. Dieses beunruhigende Gefühl, welches einem Kribbeln direkt unter der Haut gleicht. Als würden Millionen von Käfern in seinem Körper umherlaufen. Dieses Empfinden einer Vorahnung. Der Glaube, einer lauernden Gefahr direkt in die Augen zu blicken. Beunruhigt schaut Naruto zu seiner schlafenden Frau und Tochter, die friedlich aneinander gekuschelt neben ihm liegen und nichts von dem verspüren, was in ihm selbst tobt, wie ein Sturm auf hoher See. Einen Moment betrachtet er die sanften Gesichtszüge und lauscht ihrem ruhigen Atem, während das Beben in seiner Brust an Stärke gewinnt. Schwungvoll schlägt er die Decke zurück und stemmt sich in die Höhe, ehe er aus dem Hogan tritt. Er verweilt vor der Tür, schaut in die Nacht hinaus und lauscht den Geräuschen der Dunkelheit, wobei sein wachsamer Blick über die nahestehenden Behausungen gleitet. Es ist ruhig. Keine angespannte Ruhe, sondern entspannt und friedlich. Dösende Tiere, leichtes Knistern von Feuerstellen und, trotz zugeteilter Wachschicht, anregend gehaltene Gespräche der Patrouillen. Nichts von all dem, was er sieht oder hört, wirkt bedrohlich. Es erscheint schon erschreckend normal und vielleicht ist es das, was ihn so beunruhigt. Die Ruhe vor dem tobenden Sturm, der mit Macht über das Land herfällt und alles verschluckt, was sich ihm in den Weg stellt. Diese Fähigkeit der Vorahnung hat er schon immer als Teil von sich betrachtet und nie hat er sich in diesem Zusammenhang geirrt – leider. Aufmerksam blickt der Outlaw in den Nachthimmel empor, nachdem ein schriller Schrei sich durch die Luft schneidet und sämtliche Kleintiere panisch in Sicherheit eilen. Ein Adler zieht mahnend seine Kreise und lässt dabei immer wieder seinen markanten Ruf erklingen, als wolle er vor einer Gefahr warnen. Eine Feder genau dieses Vogels, steckt am Bund von Narutos Hut und seit er das ausgewachsene Tier im letzten Sommer verwundet gefunden und wieder flugtauglich gepflegt hat, hat es sich nicht mehr von dem Dorf entfernt. Ein stiller Bewohner der Gesellschaft, der mal da ist und mal unsichtbar zu sein scheint. Er hat ihn Charles getauft, als Anspielung auf den unerfüllten Lebenswunsch des verstorbenen Großvaters von Neji und Hinata.   Der Familienvater beobachtet den Vogel aufmerksam und glaubt Unruhe, gar Hektik in den eleganten Bewegungen erkennen zu können. „Was ist los?“ Es ist ein leises Flüstern, welches seine Lippen verlässt und er spricht mehr zu sich selbst, als zu Charles und trotzdem scheint der Adler diese Worte verstanden zu haben. Mit kräftigen Flügelschlägen entfernt sich das Tier von Naruto, als würde er ihm die Ursache seiner Unruhe zeigen wollen. Ohne darüber nachzudenken, folgt er dem Tier zum Rand des Dorfes. Mit eiligen Schritten läuft er über die Wege und zieht somit die Aufmerksamkeit der Patrouillen auf sich, die sich einander verwirrte Blicke zuwerfen. Eine Ursache, für den überstürzt wirkenden Dauerlauf quer über die Trampelpfade, findet keiner von ihnen. In ihren Augen ist ein solches Verhalten grundlos, weswegen sie deutlich Beunruhigung verspüren, welches sich in ihrem Inneren seinen Platz erkämpft. Wenn Naruto sich so benimmt, dann ist Gefahr im Vollzug. Niemand von ihnen käme auf die Idee, ein solches Verhalten seinerseits als eine Laune abzutun und das aus dem Grund heraus, dass er schon zu oft mit seinen Empfindungen richtig gelegen hat.   Eine kleine Klippe, mit Aussichtsposten für Späher, ist das Ziel. Es ist ein weitläufiger Blick möglich und bei Tageslicht kommt der Eindruck auf, bis hinter den Horizont schauen zu können, während dazwischen die roten Felsgebilde, wie Mahnmale in die Höhe ragen. Bei Nacht und wolkenverhangenem Himmel wie jetzt, ist es jedoch das Gefühl auf eine schwarze Wand zu starren, welches sich in die Empfindungen schleicht. Bis zu diesem Punkt ist er Charles gefolgt und weiterhin zieht dieser warnend seine Kreise, während Naruto versucht, die Gefahr auszumachen. Angestrengt und immer in Begleitung der Adlerrufe, schaut er in die Ferne und macht schließlich eine Art schwarze Welle ausfindig, die sich kontinuierlich nähert. Ein immer lauter werdender Donner überspielt zusehends die Rufe des kreisenden Vogels, doch dabei handelt es sich nicht um ein hereinbrechendes Unwetter, sondern um die niedertrampelnden Hufe von Pferden. Für einen Moment der Ewigkeit fühlt sich Naruto wie gelähmt und erst als er das entsetzte Keuchen eines anderen Stammesmitgliedes neben sich vernimmt, reißt es ihn aus der Starre. Die Welle wandelt sich schnell in eine riesige Reiterschar um und Naruto, ebenso die Patrouillen, machen auf dem Absatz kehrt und schlagen unüberhörbar Alarm. Sie schreien aus Leibeskräften, dass jeder kampffähige Mann zu den Waffen greifen soll, während sie im Vorbeilaufen gegen die Türen der Hogan schlagen und damit die Nachtruhe eines jeden Dorfbewohners beenden.   Er hätte es besser wissen müssen. Er hätte es ahnen sollen. Schwungvoll reißt Naruto die Tür seiner Behausung auf und schreckt damit seine Frau und Tochter endgültig auf, während das ganze Dorf erwacht. Laute, energische und teils panische Rufe der Erwachsenen. Verschreckte Kinder, die zu weinen beginnen, wozu seine eigene Tochter zählt, die auf ihrer Schlafstelle hockt und ihre Decke an sich presst. Energisch treibt der Familienvater Hinata an, ehe er sich sein Kind schnappt und mit beiden fluchtartig den Hogan verlässt. Die Erwachsenen greifen nach den Waffen und die Alten, Frauen und Kinder werden in Sicherheit gebracht. Raus aus der Gefahrenzone und bewacht, von kampferprobten Männern. Ein tunnelreicher Canyon soll ihnen Schutz und Sicherheit bieten. Versteckt in Höhlen und Felsspalten, um der Gefahr unbemerkt entgehen und falls doch ein Soldat diesen Ort erreicht, wird er erfahrenen Kriegern gegenüberstehen, die bis zum letzten Atemzug kämpfen werden.   Es herrscht Chaos, denn mit einem solchen Blitzangriff hat niemand gerechnet. Mit einem Angriff an sich durchaus, aber nicht mitten in der Nacht und in solch einer Truppenstärke. Irgendwo haben sie ein Lager aufgeschlagen. Unbemerkt von den Diné hat es die Armee geschafft, sich in direkter Nähe zu sammeln und einen Angriff zu planen. Sie haben nur auf den passenden Moment gewartet. Naruto könnte sich ohrfeigen für seine Leichtfertigkeit. Immer wieder murmelt er Flüche vor sich hin, während er Frau und Kind in Sicherheit bringt und beiden deutlich einbläut, unter keinen Umständen das Versteck zu verlassen, egal was passiert. Er drängt sie regelrecht in eine der Höhlen, wo seine Tochter sich gleich an ihre Mutter klammert, kaum dass ihr Vater sie abgesetzt hat. In unmittelbarer Nähe ist Shikamaru, der Sohn eines Beratermitgliedes, der seiner Frau genau dasselbe sagt und gleichzeitig versucht beruhigend auf sie einzureden. Er hält ihr Gesicht in seinen Händen und keiner lässt den anderen ausreden. Ino will ihren Mann nicht ziehen lassen. Sie fleht ihn an, bei ihr zu bleiben, während er nur den Kopf schüttelt und ihr versichert auf sich aufzupassen. Er löst sich von ihrem Griff, nachdem er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen gedrückt hat und eilt mit anderen Familienvätern, einschließlich Joseph, zurück zum Dorf. Sie alle lassen ihre Familien hinter sich, um sie auf einem bald entstehenden Schlachtfeld, wenn nötig, bis in den Tod zu verteidigen. Ihre Frauen und Kinder sind dazu verdammt, ihnen angsterfüllt hinterher zuschauen. Ein letzter Blick auf die Rücken ihrer Männer, mit der Ungewissheit in der Brust, ob es vielleicht der letzte Blick ist.   Die Distanz zum Dorf ist schon zu gering gewesen, als dass sich die Indianer noch schnell einen Schlachtplan ausdenken könnten. Die nötigsten Anweisungen werden umher geschrien und teils von tobendem Stimmgewirr und dem Lärmpegel der trampelnden Füße verschluckt. Es reicht, um etwas Ordnung in das Chaos zu bringen, ehe die Welle von Angreifern über die ersten Hogan schwappt und Schüsse ertönen, die von beiden Seiten abgegeben werden. Kampfgeschrei, explosionsartige Laute und Schmerzenslaute, vermischt mit Pferdeschnauben, trampelnden Hufen und Füßen. Eine erneute Schlacht zwischen Weißen und Indianern. Binnen kürzester Zeit ist die Luft von einem Geruchsgemisch aus Schießpulver, Schweiß und Blut geschwängert.   Naruto weiß gar nicht, wie lange er damit beschäftigt ist auf Leute zu schießen oder sie mit bloßen Händen zu töten. Blutspritzer und Dreck zieren seinen Körper, während er auf Soldaten schießt, um sie an ihrem Vorhaben zu hindern, welches jeder andere Bewohner schnell durchschaut hat. Diese mordlüsternen Männer haben es weniger auf die menschlichen Anwesenden des Dorfes abgesehen, sondern vielmehr auf die dringend benötigten Lebensgrundlagen. Sie zerstören die Obstgärten und schlachten die Viehbestände ab. Das ist ihr Druckmittel. Das ist ihr Vorhaben. Kein Ultimatum und keine Diplomatie. Es ist die Vernichtung jeglicher Grundlagen zum Überleben. Dieser Kampf ist längst kein Kampf mehr, sondern ein verzweifeltes Unterfangen seitens der Diné, diese Männer an der Vernichtung ihres Lebens zu hindern.   Frustriert wirft Naruto seinen Revolver in die Richtung eines Soldaten, nachdem letzten Schuss, ehe er einen weiteren aus dem Sattel eines vorbei galoppierenden Pferdes reißt und ihm kraftvoll auf den Kopf tritt, so dass er den Schädel brechen hört. Zwischen dem ganzen Rufen und Lauten kann er jedoch einen einzigen Satz ausmachen, der ihn zutiefst beunruhigt und welcher ihn erschrocken zusammenfahren lässt. Sie sind bei den Frauen! Für einen Moment scheint sein Herzschlag auszusetzen, ehe er mit einer Vielzahl weiterer Männer, zu den Höhlen eilt, in denen alle Familien eigentlich in Sicherheit sein sollten.   Es gleicht einem einzigen Getümmel und Naruto hat Mühe seine Frau in dieser Menge aus kämpfenden Männern, hysterischen Weibern und schreienden Kindern ausmachen zu können. Immer wieder wird er in ein Handgemenge verwickelt und somit zum Töten gezwungen. Dass er selbst noch keine Verletzungen davongetragen hat, ist gleicht ein Wunder. Erleichtert ist er nur für einen kurzen Augenblick, als er seine Frau entdeckt. Sie weint bitterlich und Panik steht ihr ins Gesicht geschrieben, während sie hektisch durch Menge eilt und den Namen ihrer Tochter schreit. Immer wieder dreht sie sich um die eigene Achse, schluchzt unkontrolliert und ruft nahezu bettelnd nach ihrem Kind. Dabei ist sie nicht einmal die einzige Mutter, die sich auf der Suche befindet. Keuchend stolpert der Familienvater zu seiner Frau und zieht sie hinter sich her, in eine weniger umkämpfte Zone, während sich die ersten uniformierten Männer zurückziehen. In einem schmalen Felsspalt, gerade groß genug, um sich dort drin zu verstecken, hockt er sich schließlich vor sie, nachdem er zuvor einen sichernden Blick zurückgeworfen hat. Er nimmt ihr verweintes Gesicht in seine Hände, wobei er vor diesem ängstlichen und panischen Ausdruck in ihren Augen, förmlich zurückschreckt. Sie zittert und scheint kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, wobei sie immer wieder den Namen ihrer Tochter murmelt. Er muss sie finden, auch wenn eine schreckliche Befürchtung in ihm aufsteigt. Er verdrängt diesen Gedanken und redet sich Gegenteiliges ein. „Du bleibst hier! Genau hier.“ Es sind energische Worte, welche er ihr direkt ins Gesicht sagt und die in diesem Moment nicht liebevoll klingen. Er wartet noch nicht einmal auf eine Reaktion von ihr in Form eines Nickens oder dergleichen. Er stürzt zurück zum Kampfgeschehen, was schon längst keines mehr ist und versucht in der Menge von Verletzen, seine Tochter ausfindig zu machen. Auf seine Rufe erhält er keine Antwort und die umherirrenden Kinder sind nicht seine. Niemand hat sie gesehen. Wie ein Tischlerhammer schlägt diese Erkenntnis auf ihn ein und lässt seinen Körper erzittern. Sie ist weg! Dieser eine erschreckende Gedanke drängt sich wieder in den Vordergrund, weswegen er dem letzten abrückenden Soldaten hinterherschaut. Sie haben sie mitgenommen! Die ganzen vermissten Kinder sind in der Gewalt dieser Männer und darunter seine Tochter. Es ist das blanke Entsetzen, welches sich in seinem Körper ausbreitet und ohne über Konsequenzen nachzudenken, schnappt sich Naruto eines der umherirrenden Pferde, dessen uninformierter Reiter zwischen den Toten zu finden ist und schwingt sich in den Sattel. Trotz vereinzelter und protestierender Rufe, welche ihn an einem Aufbruch hindern wollen und unter denen Shikamarus und Nejis ertönen, treibt er das Pferd energisch an, um die Angreifer nicht aus den Augen zu verlieren.   Es ist ein schreckliches Gefühl von Hilflosigkeit, als er feststellt, dass die Distanz zunehmend größer wird. Egal wie lange er der Schar hinter her reitet und wie energisch er das Tier antreibt, er verliert den Anschluss. Es liegt aber nicht daran, dass die anderen Pferde bedeutend schneller sind, sondern dass dieser Gaul eine stark blutende Wunde am Vorderlauf hat, weswegen es keine volle Leistung aufbringt. Wie sehr er dem Tier auch die Hacken in die Seiten schlägt, es wird immer langsamer was eine unglaubliche Aggression in ihm auslöst. Plötzlich ist er in der Gemütslage besinnungslos auf dieses Tier einzuprügeln. Er will es bestrafen, verletzen und töten. Er hasst es, dass es trotz der Schmerzen nicht schneller läuft. Er hasst es! Naruto tobt innerlich und holt schon zum ersten Schlag aus, ehe er die Faust wieder senkt und aufmerksam zu Boden blickt. Hufspuren! Er kann den Spuren im Sand folgen und muss keinen Gewaltakt gegen ein völlig unschuldiges Tier ausüben. Erleichterung durchflutet seinen Körper, zusammen mit neu aufkeimender Hoffnung. Im Dorf   Langsam und stetig kämpft sich der neue Morgen durch den bewölkten Himmel und das gesamte Ausmaß dieser kurzen, aber dennoch blutigen Schlacht, wird immer deutlicher. Zahlreiche Leichen auf beiden Seiten und wenigstens genauso viele Verletzte, die klagend um Hilfe rufen oder in den letzten Atemzügen liegen. Tierkadaver, zerstörte Hogan und Handwerkskunst. Niedergetrampelte Felder und damit eine nutzlose Ernte. Es ist ein Anblick, welcher einem die Tränen in die Augen treibt. Wie eine Flutwelle ist dieser Angriff über sie hinweg geschwappt und hat alles zerstört, was ihr den Weg versperrt hat. Die plötzliche Auseinandersetzung mit der eigenen und nun gefährdeten Existenz scheint einige der Überlebenden regelrecht zu lähmen. Manch einer versucht verzweifelt, etwas zu retten, während andere sich um die Gefallenen und Verwundeten kümmern. Seufzend und schockiert lässt Hiashi seinen Blick über die Überreste seines Dorfes gleiten und kann kaum begreifen, was er sieht. Ihm erscheint es unwirklich und mehr wie ein Albtraum. Um ihn herum existieren nur Trümmer. Tote Freunde zu seinen Füßen und eine zerstörte Lebensgrundlage. Wie sollen sie aus diesem Unheil wieder herausfinden? „Tiyuhin!“ Aufgeregte Rufe werden hinter ihm laut und nähren sich unerbittlich, weswegen der Gerufene sich umdreht und seinen heraneilenden Neffen erkennt, der sich im Kampf einige blutige Kratzer zugezogen hat und der in Begleitung von Chouji und Shikamaru heran gestolpert kommt. Chouji ist ein dickbäuchiger Mann, von kräftiger Erscheinung und ein guter Freund von Naruto. Mit ist Pferdestehlen umsetzbar. Die beiden Männer sind verletzt, jedoch sind sie in der Lage zu stehen und zu handeln. Es sind nur oberflächliche und kaum nennenswerte Blessuren. Schürfwunden und blaue Flecken. Das ist alles, was sie in diesem unfairen Kampf davongetragen haben und nichts davon wird eine Narbe auf ihrer Haut hinterlassen. Sie sind Krieger durch und durch. Dieses aufgewühlte Verhalten ist daher untypisch, weswegen sie sofort die volle Aufmerksamkeit des Dorfoberhauptes erhalten, dessen Gesichtsmimik gleich wieder besorgte Züge annehmen. Er will nicht noch mehr schlechte Neuigkeiten hören, denn dieses Gemetzel, eine andere Bezeichnung hat er dafür nicht, reicht an negativen Erfahrungen für ein ganzes Leben. „Sa a pral sou?” “Hinata Sie liegt in den Wehen.” Das ist eine Neuigkeit, welche das Dorfoberhaupt entsetzt. Schock schleicht sich seine sonst so ernsten Gesichtszüge und für den Moment eines Augenaufschlages, glaubt Neji Ratlosigkeit in dem Blick seines Onkels zu erkennen. Etwas fahrig streicht sich der Häuptling durch sein müde wirkendes Gesicht, ehe er sich wieder an die drei Männer wendet. “Wo ist Naruto?” “Er ist den Soldaten hinterher geritten. Die Mistkerle haben einige Kinder mitgenommen und Nita scheint dabei zu sein.” Ein erneut entsetzt klingendes Keuchen entfährt Hiashi, bei dieser Antwort von Chouji. Soviel schlechte Nachrichten sind eine Belastungsprobe, weswegen der zweifache Vater fieberhaft zu überbelegen scheint, wie er vorgehen soll. Seine Enkelin wurde entführt, sein Schwiegersohn unternimmt einen heroischen Rettungsversuch, der mehr einem Selbstmordkommando gleicht und seine hochschwangere Tochter bekommt in all diesem Chaos ihr zweites Kind. Gibt es für solch eine Situation überhaupt ein richtiges Vorgehen? Irgendein Patentrezept, was garantiert funktionieren wird? Es erscheint fast, als hätte sich Asdzáá Nádleehé gegen sie verschworen. Als wäre der Schutz Mutter Erde von ihnen gewichen. Das Dorfoberhaupt seufzt niedergeschlagen, ehe er sich in Bewegung setzt und mit einer forschen Handbewegung dem Dreiergespann anweist, ihm zu folgen. “Reitet ihm hinterher. Holt ihn ein und bringt ihn zur Vernunft. Wenn er sie einholt, wird er das nicht überleben. Um alles Weitere kümmere ich mich.” Die drei nicken gehorsam und machen sich für den Aufbruch bereit, während Hiashi sich um das Wohlergehen seiner Tochter kümmert.   Bei Joseph   Mit hoher Konzentration starrt der Outlaw auf die Spuren im Sand, um zu verhindern endgültig den Anschluss zu verlieren. Er denkt gar nicht darüber nach, wie er vorgehen soll, sollte er diese Männer einholen. Wenn sich sein Verstand wieder einschaltet, so wird ihm schnell bewusst werden, dass er gegen eine Überzahl antreten müsste, von denen er vielleicht eine Handvoll besiegen könnte, ehe er tödlich getroffen und von Kugeln durchlöchert zu Boden fällt. Diese Variante wäre eine sehr positive Umschreibung von eventuellen Begegnungen. Selbst wenn die Konfrontation kein gutes Ende für ihn nehmen wird, so hat er die Gewissheit, um sein Kind gekämpft zu haben. Er hat es wenigstens versucht. Nita soll wissen, dass ihr Vater sie nicht im Stich lassen wird und alles nur erdenklich Mögliche unternimmt, um sie zurück zu holen.   Ein Donnergrollen ertönt in seinen Ohren und als ein Regentropfen auf seiner Hand landet, richtet er seinen Blick abrupt in den pechschwarzen und wolkenverhangenen Himmel. Die dunklen Wolken ziehen so rasant auf und verdrängen jedes Tageslicht, dass es nahezu den Eindruck macht, die Natur würde von einer übermächtigen Hand gesteuert. Sie hüllen die Landschaft in ein tristes Grau und scheinen die Nacht erneut hereinbrechen zu lassen. Das Unwetter wartet nur darauf, die Umgebung heimzusuchen, doch auch wenn ein erfrischender Regenschauer für die Vegetation eine Wohltat wäre, so versetzt ihn dieser Anblick in Panik. Wieder ein Donnergrollen, bei dem Naruto das verletzte Pferd erneut forsch antreibt. Minutenlang sind es nur vereinzelte Tropfen, die vom Himmel fallen, doch schließlich öffnen sich sämtliche Schleusen und eine wahre Sturzflut fällt herab. Wie Nägel, die ins Holz geschlagen werden, prasseln sie auf den trockenen Boden und zerreißen die Erdschicht. Binnen weniger Augenaufschläge ist er völlig durchnässt. Der Regen wird immer stärker und schließlich stoppt er das Pferd, welches stellenweise bis zu den Fesseln im Schlamm versinkt. “Nein, nein, nein, nein!” Hektisch blickt er zu allen Seiten, um die Fährte wieder aufzunehmen, doch der Regenschauer hat die Umgebung in eine matschige Landschaft verwandelt. Die Trampelpfade sind zu schlammigen Flüssen mutiert und mögliche Spuren, jeder Hufabdruck, wurde innerhalb kürzester Zeit vom Regen davon geschwemmt. Mit einem platschenden Geräusch springt Naruto vom Rücken des immer schwächer werdenden Pferdes, welches mit hängendem Kopf auf der Stelle verharrt und schwer atmet. Unruhig dreht sich der Outlaw mehrmals um die eigene Achse, ehe er sich auf den Boden kniet und den erfolglosen Versuch unternimmt, den Schlamm von dem Spuren zu wischen. Das darf nicht sein!   Voller Verzweiflung trommelt der Familienvater auf den matschigen Untergrund, ehe er sich schreiend zusammenkrümmt und um ein Wunder fleht. Immer wieder flüstert er den Namen seiner Tochter und bettelt regelrecht um Verzeihung für sein Versagen. Gleichzeitig fleht er darum, dass er nur träumt. Dass er einen schrecklichen Albtraum durchlebt, aus dem er jeden Moment aufschreckt. Er will aufwachen und feststellen, dass nichts von alldem passiert ist. Zitternd kauert er auf dem schlammigen Untergrund, unfähig zu denken, unfähig sich zu bewegen. Er spürt nur diese schreckliche Kälte in seinem Inneren und diesen bohrenden Schmerz in seiner Brust. Für wenige Momente verharrt er in dieser resigniert wirkenden Position, ehe er sich mit einer aufkommenden Leere in seinem Inneren aufrichtet, jedoch am Boden knien bleibt und dabei in die Ferne starrt. Er weiß nicht einmal, ob es die Richtung ist, in welche die Soldaten abgerückt sind und trotzdem holt er tief Luft und stützt sich mit seinen Händen ab. „GEBT MIR MEINE TOCHTER ZURÜCK!“ Ein verzweifelter Appell, der von dem prasselnden Regen und einem kräftigen Donnerschlag verschluckt wird. Ein Bild des Elends manifestiert sich in dieser Umgebung. Niedergeschlagen, gebrochen und ein Stück weit hoffnungslos kauert Joseph am Boden. Den Blick gesenkt und die Kälte in seinen Inneren und in seinen Gliedern nicht registrierend, während der Regen auf ihn einschlägt, wie Fausthiebe. Sein Verstand hämmert auf ihn ein, dass er sie nie wiedersehen wird und sein Herz schreit vor Verzweiflung. Er fühlt sich so taub. Unfähig etwas zu empfinden. Gefangen in einer bitterkalten Dunkelheit, die ihm jegliche Lebenslust raubt. Er vernimmt nicht einmal die platschenden Laute hinter sich, als Neji mit Shikamaru und Chouji bei ihm ankommen. Er dreht sich nicht zu ihnen um, als der Cousin seiner Frau aus dem Sattel springt und besorgt zu ihm eilt. Er spürt die Berührung nicht, als er ihm eine Hand auf die Schulter gelegt wird. Er hört nicht Nejis Stimme, als er unter lautem Sturmgetöse seine Begleiter anweist, die Suche aufzunehmen, dabei jedoch auf Abstand bleiben sollen. Er fühlt sich jedem Gefühl und jeder Handlung beraubt.   Neji findet es erschreckend, welch eine Leere in diesen blauen Augen steckt, als er den Blick des blonden Mannes sucht. Er hat das Gefühl in tote, glanzlose Pupillen zu schauen. Als würde er es mit einer Puppe zu tun zu haben, deren Fäden durchtrennt worden sind und so zerreißt es ihn fast, als Joseph sich vollkommen willenlos von ihm in die Höhe ziehen und zum Pferd dirigieren lässt. Es ist kaum eine Anstrengung, ihn in den Sattel zu bekommen, denn der Outlaw scheint nur zu funktionieren. Er nimmt die Zügel auf als sie ihm in die Hand gedrückt werden und wartet teilnahmslos auf das Signal für den Aufbruch. Ratlos schaut der Indianer zu Naruto empor, ehe er in die Richtung blickt, in die seine Begleiter verschwunden sind und sich dabei eine nasse Strähne aus dem Gesicht streicht. Was kann er tun? Was kann er sagen? Kann er überhaupt etwas tun oder sagen, damit die Situation weniger schlimm erscheint? Das Einzige, was Neji tun kann, ist auf das Beste zu hoffen, weswegen er sich auf sein eigenes Pferd schwingt und durch ein kurzes Ziehen an Narutos Zügeln das Startsignal vermittelt. Ein letztes Mal wirft der Indianer einen Blick zurück und formt eine stumme Bitte. Er hat das kleine Mädchen wirklich gern und allein die Tatsache, dass sein Sohn wohlbehütet im Dorf bei seiner Mutter und nicht unter den entführten Kindern ist, löst beinahe ein schlechtes Gewissen in dem Familienvater aus. Sein Kind ist da und Nita nicht.   Shikamaru und Chouji befinden sich derweil auf ihrer aufgetragenen Mission, die Tochter ihres Freundes zu retten, und kämpfen sich dafür durch Schlamm und Morast, während ihnen der entgegen peitschende Regen stark zusetzt. Sie müssen einander anschreien, um sich verständigen zu können, während sie nicht einmal wissen, ob sie auf der richtigen Spur sind. Sie sind nach Gefühl geritten, mit der stummen Hoffnung in der Brust, das kleine Mädchen zu finden und wenn nicht, dann wollen sie wenigstens einen Hinweis aufspüren, wo die Reiterschar sie und die anderen Kinder hinbringt. Ihren Eltern und dem Zuhause entrissen, festgehalten von Fremden und mit traumatischen Bildern einer blutigen Schlacht im Kopf, muss das kleine Mädchen mit dieser neuen Situation vollkommen überfordert sein und niemand ist da, der ihr beisteht. Allein die Vorstellung, wie Nita aufgelöst nach ihren Eltern schreit, lässt Shikamaru wütend mit den Zähnen mahlen und die Gangart seines Pferdes beschleunigen. Er wird bald selbst Vater sein und wenn er daran denkt, sein Kind auf solch eine Art zu verlieren, dann wird ihm übel. Er kann sich nicht einmal vorstellen, was in Naruto und Hinata in diesem Moment vorgeht. „Shikamaru, siehst du das?“ Die gebrüllte Frage von Chouji reißt ihn schlagartig aus seinen Gedanken und lässt den Indianer in der Ferne einige Bauten erblicken, was beide dazu veranlasst ihre Pferde zu stoppen. Es ist schwierig, durch den regnerischen Vorhang was zu erkennen und der pechschwarze Himmel verdunkelt den Tag zusätzlich. Dennoch ist etwas zu sehen, was nicht zu der Umgebung gehört. Unsicher beobachtet der werdende Vater den Horizont, während Chouji langsam sein Pferd neben das seines Freundes steuert und dabei seinen Blick weiterhin in die Ferne richtet. „Was ist das?“ Choujis Stimme klingt gedrückt und einige seiner Silben werden von dem Niederschlag regelrecht verschluckt. Es erscheint fast, als fürchte der stämmige Indianer seine Stimme könne ihre Anwesenheit verraten.  „Es könnte ein Lager sein.“ „Sehen wir nach?“ „Wir kommen langsam von der Seite. Wenn dort noch Soldaten sind, werden sie uns schnell bemerken, wenn wir direkt auf sie zu reiten.“ Eine, wie sich herausstellt, unnötige Vorsichtsmaßnahme.   Zweifelsfrei handelt es sich um das Lager der Soldaten, die bei ihrem Aufbruch nur das Nötigste mitgenommen haben. Verkohlte Lagerfeuer, Zelte und Kochstellen, sind die einzigen Überbleibsel dieser Belagerung. Keine Soldaten, keine Pferde - keine Menschenseele weit und breit. Es wird niemand hier her zurückkommen. Sie haben ihren Angriff umgesetzt und sind verschwunden. Sie haben das erreicht, was sie beabsichtigt haben.   Langsam steuern die zwei Diné ihre Pferde durch das aufgegebene Lager ihrer Feinde, ehe Chouji aus dem Sattel rutscht und überprüfende Blicke in die Zelte hineinwirft oder Objekte genauer betrachtet. Kochtöpfe, Besteck, Vorräte - es ist vieles zurückgelassen worden. Schließlich hebt er ein Gewehr auf, welches sich als defekt herausstellt und lässt es wieder zurück in den Schlamm fallen. Während Chouji auf der Suche nach Hinweisen ist, sitzt Shikamaru fassungslos auf dem Rücken seines Pferdes und schüttelt zum wiederholten Male den Kopf. Sie hatten sie direkt vor der Nase! Wieso haben sie diese gewaltige Ansammlung von Soldaten nicht bemerkt, obwohl das Lager nur einen Steinwurf von ihrem Dorf entfernt aufgeschlagen wurde? Waren sie so sorglos? So unvorsichtig? Warum haben die Kundschafter nichts bemerkt? Warum sahen die Späher keine Lagerfeuer in der Ferne aufflackern? Es sind unzählige Fragen, welche Shikamaru in den Sinn kommen und jede einzelne ist beunruhigend. Der Feind war genau vor ihnen und kaum hatten sie ihm den Rücken zugedreht, griff er an. Fassungslos schaut der zukünftige Vater auf eine verkohlte und matschige Feuerstelle herunter, wobei er sich selbst und jedem anderem die Schuld für diesen Übergriff gibt. „Walang anuman dito.“ Die Worte seines Freundes holen ihn zurück aus seinen Gedanken und erst als er einen weiteren Blick durch das Lager hat gleiten lassen, stimmt er Chouji mit einem schlichten Nicken zu. „Wir reiten zurück. Wir haben die Spur verloren.“ Eine bittere Erkenntnis, die sein Herz schwer werden lässt und auch Chouji schluckt hart. Der Regen, das Gewitter - es macht ihnen eine Suche unmöglich und so bleibt den Männern keine andere Wahl, als an diesem Punkt aufzugeben und sich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dass sie das lebensfrohe Mädchen nie wiedersehen werden. Dumpf wendet Shikamaru sein Pferd und schlägt den Heimweg ein. Wie sollen sie das nur Naruto erklären?   Es ist eine Frage, mit der sie sich gar nicht hätten auseinandersetzen müssen, denn Naruto ist ein völliges Wrack. Als sie wieder im Dorf ankommen, sitzt der Familienvater teilnahmslos auf den Überresten seines Hogan und das scheinbar ohne einen Gedanken daran zu verschwenden seiner gebärenden Frau beizustehen, deren Klagelaute kaum zu überhören sind. Er scheint in ein tiefes Loch gefallen zu sein, wo er nicht einmal den Versuch unternimmt, wieder an die Oberfläche zu gelangen. Noch immer herrscht Chaos, doch es sind strukturierte Abläufe zu erkennen, die das Bestatten der Leichen beinhalten, während auf der anderen Seite die Verwundeten versorgt werden. Die Tierkadaver werden, in Anbetracht ihrer Masse, aufeinandergelegt und verbrannt. Der Gestank von verkohltem Fleisch dominiert inzwischen die Luft um sie herum. Zu groß ist die Gefahr von Krankheiten und Seuchen, als dass sie sich mit dieser Handlung Zeit lassen könnten. Es bleibt keine Möglichkeit um zu trauern.   So plötzlich wie das Unwetter über sie hereingebrochen ist, so ist es wieder verschwunden. Die dunklen Wolken sind weitergezogen und die Sonne strahlt wieder vom Himmel herab, während die Temperaturen kontinuierlich ansteigen und die schlammigen Pfade zurück in trockene Wege verwandelt. Es ist fast schon höhnisch. Es ist, als würde die Natur sich über ihr Schicksal lustig machen und dem ganzen eine zusätzliche Krönung erteilen. Naruto schaut nur für einen kurzen Augenblick auf, als die Beiden zurück geritten kommen. Kaum, dass er das Fehlen seiner Tochter registriert, hängt sein Kopf auch schon wieder auf seiner Brust und er scheint ein Stück weit mehr in sich zusammenzusacken. Es sind alle Mitglieder des Beraterkreises, Neji und Hiashi die sich stattdessen den Heimgekehrten annehmen, nachdem sie von ihren Pferden gestiegen sind. „May nakita ka ba?“ „Ang ulan ay hugasan ang lahat ng bagay.” Enttäuscht und niedergeschlagen senkt Hiashi den Blick, auf die Erläuterung von Chouji und beißt sich auf die Unterlippe. Seine geliebte Enkelin, entführt von Soldaten. Verschleppt in eine Welt, welche dem Mädchen völlig fremd ist. Dem Dorfoberhaupt ist bewusst, dass die Möglichkeit, sie jemals wieder zu sehen, gering ist. Es ist Shikamaru, der ihn aus seiner Trauer frühzeitig herausreißt und gleichzeitig auf ein ganz anderes Problem hindeutet. „Hiashi. Kami ay walang ingat. Ang kampo ay ilang milya ang layo at ito ay dapat na napakalaking.“ Hiashi hat überhaupt nicht die Möglichkeit in eine fassungslose Starre zu verfallen, denn aus den Augenwinkeln heraus, sieht er seinen Schwiegersohn vorbeigehen, der einen Punkt fixiert und nicht einmal zu blinzeln wagt.   Sämtliche Augenpaare folgen Naruto und das angeschnittene Thema ist schlagartig vergessen, als sie erkennen, was der Outlaw wie ein hungriges und mordlüsternes Raubtier fixiert. Einen Soldaten!   Ein überlebender Kavallerist, der versucht sich unbemerkt davon zu stehlen und am Boden herum kriecht, wie eine Schlange. Er ist verletzt, was seine mit Blut durchtränkte Kleidung beweist und er hat vermutlich keine großen Überlebenschancen. Er schaut über seine Schulter, als er die stapfenden Schritte hinter sich bemerkt und bekommt sofort einen Tritt mitten in sein Gesicht verpasst, was ihn schmerzhaft keuchen lässt. Mit Hass packt Naruto den Mann an den Haaren und reißt ihn in die Höhe, wodurch dieser aufschreit, ehe er schon einen klammerartigen Griff um seinen Hals verspürt und wie der Boden unmittelbar hinter seinen Fersen ein plötzliches Ende findet. Nach Luft schnappend und panisch versuchend, an dem blanken Arm seines Gegenübers Halt zu finden, sieht sich dieser Soldat mit dem Ende konfrontiert. Mit nur einer Hand drückt Naruto ihm die Luft ab und ist zeitgleich der einzige Halt an diesem steinigen Abhang, welcher den Mann am tödlichen Aufprall hindert.   Eine blutende Wunde klafft mitten auf dem Bauch des Kavalleristen und mit jedem Augenaufschlag scheint mehr der roten Körperflüssigkeit in seine Kleidung zu sickern. Es ist eine Verletzung, der Naruto keinerlei Beachtung schenkt und in der er, in Anbetracht der Situation, am liebsten herum bohren würde. „Wo bringt ihr die Kinder hin?“ Seine Stimme ist ein bedrohliches Zischen und die Antwort nur ein schweres Röcheln, welches sich in ein leises Lachen umwandelt. Es ist ein nahezu triumphierendes Kichern, was alle umher stehenden Diné nicht nur verwirrt, sondern auch sprachlos macht. Damit wird jedem deutlich, dass dieser Mensch keine Antworten abliefern wird, denn er hat nichts mehr zu verlieren. Entweder er stirbt durch Narutos Hand oder durch seine ohnehin schon zugefügten Verletzungen. Egal, aus welcher Perspektive diese Situation betrachtet wird, ein Davonkommen gibt es nicht.   Der Soldat lächelt und legt dabei seine Zähne frei, die von dem vielen Blut schon rot verfärbt sind. „Fahr zur Hölle, Verräter.“ In diesem Moment zerbricht etwas in Naruto. Seine Augen bekommen einen boshaften Ausdruck, dass einem angst und bange wird. Eine tiefe Dunkelheit, in der kein Platz für Gnade ist. Er verliert innerhalb eines einzigen Augenblickes und nur wegen eines Satzes, eine bedeutende Eigenschaft von sich. Seine Moral erlischt. Sie fällt von ihm ab, wie Herbstblätter von einem Baum und seine Ausstrahlung wird eine andere. Seine Wärme ist verschwunden. Er wirkt wie der Teufel selbst. Alarmiert tätigen Hiashi und die anderen, einige Schritte vorwärts, doch einschreiten können sie nicht mehr. Sie sehen nur wie der Familienvater selbstsicher den Kopf anhebt und mit solch einer Verachtung in den Augen, in die des Mannes blickt, wie sie nicht mehr von dieser Welt sein kann. Das freche Grinsen entweicht schlagartig aus dem Gesicht des Soldaten, dessen Gesichtszüge gänzlich entgleiten, als er die Worte seines Gegenübers vernimmt. „Du zuerst.“ Schlagartig und ohne Vorwarnung, löst er seinen Griff und sieht emotionslos dabei zu, wie der Soldat schreiend und zappelnd in die Tiefe stürzt.   Naruto, der das Töten sonst nur als eine reine Verteidigungsmaßnahme betrachtet, lässt einen sterbenden Gegner in die Tiefe stürzen und das ohne eine Regung des Bedauerns oder Mitgefühls zu zeigen. Seine Augen waren immer die Fenster in seine Seele und nun ist nur völlige Finsternis erkennbar, die ihn beginnt zu zerfressen. Für alle anderen Anwesenden ist es ein schockierender Gesamtanblick. Sie weichen aus, als er sich umdreht und an ihnen vorbeigeht, mit einem Blick in den Augen, dessen Ursprung nur die Hölle sein kann. Kapitel 4: Das Maß ist voll --------------------------- "Diese Ungewissheit hat ihn nie losgelassen.“ Es ist Bedauern und aufrichtiges Mitleid, welche in der Stimme von Bansai mitschwingen, wobei er wieder zu der Statue schaut.   Eine dramatische Entwicklung, bei dessen Erzählung die Zuhörer mitgefiebert und gehofft haben. Inzwischen sind die Ausstellungsstücke völlig vergessen und nebensächlich. Viele haben sich im Halbkreis um den alten Mann und den Jüngling versammelt. Kinder sitzen vor ihm auf den Boden und lauschen gebannt einer Erzählung, die für sie nicht mehr als eine Abenteuergeschichte ist. Es herrscht eine kaum definierbare Stille in dieser Halle, während Bansai eine kurze Pause macht und scheinbar angestrengt schluckt, wobei er sich eine Hand auf die Brust legt. Ein junger Mann tritt aus der Menge vor und reicht dem alten Greis eine kleine Wasserflasche, welche dieser dankend annimmt. „Hat er sie wiedergefunden?“ Der hilfsbereite Mann wirkt neugierig und zeitgleich auch sehr unsicher, als wenn er sich für die Art der Einmischung schämen würde. Doch Bansai schüttelt den Kopf und schraubt die Flasche wieder zu, nachdem er etwas Wasser vom Kinn gewischt hat, welches beim Ansetzen der Flasche nebenhergelaufen ist.   Knohamaru betrachtet Bansai genauer, der seinen Blick durch die versammelte Runde gleiten lässt. Er sieht krank aus. Ungewöhnlich blass und sein Gesicht wirkt eingefallen. Erst beim genaueren Hinsehen fällt dem Jungen auf, wie dünn Bansai ist. Er macht einen ausgemergelten Eindruck. Als hätte er tage-, oder wochenlang nicht mehr gegessen. Der alte Indianer schenkt diesen besorgten Blicken aber keine Aufmerksamkeit und fügt seinem vorhergegangenen Kopfschütteln eine Erklärung hinzu. „Nita kam nie zu ihren Eltern zurück.“ Bedrückendes Schweigen erfüllt die Museumshalle, wobei die ganzen Zuhörer den Blick senken. Konohamaru kann sehen, wie ein Vater seinen kleinen Sohn etwas an sich zieht, als wolle er sichergehen, dass ihm dieser nicht vor seinen Augen entrissen wird. Mit leicht zitternden Fingern, hält Bansai die Plastikflasche in seinen Händen, während er sich wieder Konohamaru zuwendet, der mit einer solchen Entwicklung der Geschichte wahrhaftig nicht gerechnet hat. Dramatisch und tief einschneidend. Dieser Geschichtsverlauf erklärt, warum das Mädchen nirgendwo erwähnt wird. Sie war erst knapp zweieinhalb Jahre alt, als sie von den Soldaten entführt worden ist und somit für ihre Eltern unerreichbar wurde. Im Grunde war diese Entführung gleichbedeutend mit ihrem Tod.   Mit einem großen Anteil an Unverständnis schaut der Bursche zu der Statue und schließlich wieder zu Bansai. „Wieso hat man sie überhaupt entführt?“ „Entführungen von Kindern aus Indianerstämmen, waren bei Überfällen keine Seltenheit. Diese sogenannten Wissenschaftler von damals, wollten wissen ob ein Kind, das von Wilden abstammt, sich in einer zivilisierten Gesellschaft zurechtfinden kann. Ob sie fähig waren, so zu leben und zu denken, wie die Weißen. Diese Leute waren nicht in der Lage zu glauben, dass es mehrere Arten von Menschen gibt und waren ganz besessen darauf, einen Beweis zu finden, dass wir minderwertig waren. Versuchskaninchen, doch bei Nita war die Lage etwas anders. Zumindest vermute ich das. Soweit ich weiß, hatte das Mädchen westliches Aussehen. Sie hatte sehr viel Ähnlichkeit mit ihrem Vater. Die blauen Augen, blonden Haare und Gesichtszüge kamen eindeutig von Naruto. Die Soldaten dachten vermutlich, sie wäre aus einer der überfallenen Siedlung entführt worden und nahmen sie mit, in dem Glauben, sie einfach nur aus den Fängen ihrer Entführer zu befreien. Dass sie das Mädchen in Wirklichkeit ihrer Heimat entrissen, konnten sie nicht ahnen.“ Das macht das Geschehen nicht weniger schlimm. Es ist schrecklich, mit welch Brutalität und fehlendem Moralempfinden, die US-Regierung gegen die amerikanischen Ureinwohner vorgegangen ist und es weiterhin tun.   Wer glaubt, dass die Diné inzwischen in friedlicher Freundschaft und in Einklang mit den Amerikanern existieren, der irrt sich gewaltig. Noch immer beherrschen Profit und Arroganz das Denken, doch sie greifen nicht mehr zu den Waffen. Dieser weiterhin andauernde Krieg wird inzwischen auf der psychologischen Ebene ausgetragen.   Konohamaru schüttelt fassungslos den Kopf. „Hat er sie gesucht?“ „Er verbrachte Jahre damit. Mal war er Tage unterwegs, dann Wochen - manchmal sogar Monate. Die ersten Lebensjahre von Hanzo, war er eigentlich nicht da. Seine Verzweiflung war zu groß und er lud sich selbst die Schuld für das Geschehen auf seine Schultern. Er nahm an, dass er das alles hätte verhindern können, wenn er die Bedrohung nur ernst genug genommen hätte. Er ritt in Dörfer und Städte und ging jedem noch so kleinen Hinweis nach.“ Bansai macht eine Pause und blickt traurig wieder auf das Denkmal, die nur die heroische Seite beleuchtet. Wie es in Narutos Innerem aussah, kann sich niemand bildlich vorstellen. Wie geht es einem Vater, dessen Tochter entführt wurde und der nicht weiß, ob sie gesund ist? Ein Vater, der sich die quälenden Fragen stellt, ob sie lebt. Ob sie genug Essen und Trinken bekommt. Ob sie gut behandelt wird und ob sie sich überhaupt an ihr Zuhause erinnert. Jeder formt sich seine eigene Vorstellung, wie dieser Vater durch die Steppen reitet, die Leute befragt, ob sie sein Kind gesehen haben. Wie groß müssen der Kummer und Schmerz gewesen sein?   Bansai seufzt und schaut betrübt auf den Boden der Halle. „Es ist nicht leicht für einen Vater, sich eingestehen zu müssen, dass er sein Kind nicht beschützen konnte. Naruto war ein guter Vater, der seine Kinder über alles geliebt hat und der auch alles für sie getan hätte. Der Gedanke, sie nicht aufwachsen sehen zu können, nicht für sie da sein zu können, hat ihn innerlich beinahe zerstört. Nach Jahren der erfolglosen Suche musste er sich damit abfinden, sie verloren zu haben. Das Schlimme daran war, dass er auch sich selbst aufgab.“ Verwundert blickt Konohamaru zu dem alten Mann neben sich, während leichtes Gemurmel um sie herum einsetzt. Die ersten Vermutungen werden miteinander geteilt und wahrscheinlich ist die Vorstellung des Halbstarken, gar nicht so unterschiedlich von der allgemeinen Auffassung der Museumsbesucher.   Unter einer kompletten Selbstaufgabe stellt sich Konohamaru einen ungepflegten, alkoholabhängigen, lebensmüden und schwer depressiven Menschen vor, dessen Frühstück aus einer Zigarette und Dosenbier besteht und der irgendwie doch zu feige ist, sich umzubringen. Jemanden, der schon Dutzende Male an einem Brückengeländer stand und sich dann doch zu seiner Existenz bekennt. Vergessene Menschen, wie er sie bezeichnet. Es sind die Gestalten, die bereits vormittags die Parkbänke der Stadt in Beschlag nehmen und sich ein Tetrapack Supermarkt – Wein miteinander teilen. Kann sich eine solche Vorstellung auf die damaligen Verhältnisse projizieren lassen? Naruto, mit Bierbauch, Flasche in der Hand und einem Körpergeruch, der das hungrigste Tier verscheucht? Eine Vorstellung, bei der die Mundwinkel des Teenagers kurz nach oben zucken. Lustig - vielleicht. Vorstellbar - eher weniger. Die damalige Epoche bot einem kaum Zeit, um zu trauern, geschweige denn sich selbst zu bemitleiden. Wer nicht sterben wollte, der musste alles ertragen und überwinden.   Bansai seufzt etwas niedergeschlagen und nimmt einen weiteren Schluck aus der Wasserflasche, ehe er überhaupt zu einer Erklärung ansetzt. „Naruto verlor sein Lächeln. Er entwickelte einen solch oberflächlichen Hass auf die weiße Bevölkerung, dass er für jeden weißen Mann eine unkalkulierbare Gefahr darstellte. Er war nicht mehr derselbe. All seinen Kummer und den Schmerz hat er in sich vergraben. In den Jahren, in denen er nach Nita gesucht hat, hat er sich einen Namen angeeignet, der nicht unbedingt für ihn gesprochen hat.“ Konohamaru ist etwas fassungslos und blickt entsprechend zu der Statue, während nur ein leises Flüstern seine Kehle verlässt. „Was hat er getan?“ „Er war brutal, grausam und gewissenlos. Er hatte den wohl grausamsten Ruf als Revolverheld inne und wurde gefürchtet. Du kennst doch sicher die ganzen Western - Filme, in denen die Stadtbewohner in ihre Häuser flüchten, wenn ein gesuchter Verbrecher durch die Straßen reitet. So war es auch bei ihm. Sie erstarrten alle zu Salzsäulen, wenn sie ihm begegneten, aus Angst sich eine Kugel einzufangen, wenn sie auch nur zu blinzeln wagten. Selbst im Dorf war man sich unsicher, wie man sich ihm gegenüber nun verhalten sollte. Die ganze Lebensfreude ist aus seinen Augen verschwunden und zu einem Lächeln schien er unfähig geworden zu sein.“ Es klingt so, als hätte Bansai, bis zu einem gewissen Punkt, Verständnis für diese brachialen und cholerischen Übergriffe. Vielen anderen sollte bewusst sein, dass traumatische Erlebnisse einen Menschen grundlegend verändern. Soldaten, die aus dem Krieg zurückkehren und mit ihrem alten Leben völlig überfordert sind. Posttraumatische Belastungsstörung, schimpft sich ein solcher Zustand. Überlebende von Attentaten, die jede Nacht schweißgebadet aufschrecken und tagsüber paranoide Wahnvorstellung entwickelt haben. Missbrauchsopfer, die ihren Peiniger an jeder Ecke befürchten und zweifelsohne ist es traumatisierend, wenn das eigene Kind entführt. Diese Ungewissheit muss einen an den Rand des Wahnsinns treiben und es gab scheinbar nichts, was diese Irrfahrt von Naruto hätte stoppen können. Er muss völlig am Ende gewesen sein, wenn er sich zu einem mordenden Mann entwickelt hat, der mit fehlender Hemmung und ohne sein sonst so gewahrtes Gewissen, Menschen niederschießt. Nicht grundlos und mit Sicherheit nicht aus Spaß, aber sein Finger war sehr viel schneller am Abzug, als früher. Bei der beschriebenen Charakterveränderung drehen sich viele der Zuhörer zu der Staue um, als könnten sie es nicht glauben. Stellenweise wirkt es so, als erwarten sie eine Bestätigung des Gesagten. Ein Held, der zwischenzeitlich der Teufel selbst zu sein schien. Noch immer ist der Bursche über die Entwicklung überrascht und ein Stück weit fassungslos. In seinen Gute – Nacht – Geschichten kam nie ein wild mordender Naruto vor. Er schluckt trocken „Wie kam es dann, dass er sich wieder änderte?“ „Das ist Hinata zu verdanken. Naruto ging eines Tages einfach zu weit.“   ***   Spätsommer 1856   Death Water. Der wirkliche Name der Stadt, findet in dem Vokabular der Einheimischen keinen Platz. Der Name ist für diesen Ort aber ein durchaus passender Titel. Triste, farblose Atmosphäre, matschige Straßen und baufällige Gebäude. Ein ständig Regen behangener Himmel und Menschen, die so gesellig sind, wie vereiterte Backenzähne. Ein völlig herunter gekommenes Loch, welches die Schlimmsten der Schlimmsten beherbergt. Revolverhelden, Strauchdiebe, Raufbolde oder entflohene Sklaven. Death Water ist die Heimat des gesellschaftlichen Abschaumes. In den dichten Wäldern von Oregon und unmittelbar am Columbia-River erbaut, ist diese Stadt nicht nur gut versteckt, sondern besitzt ihre eigene, unerschöpfliche Wasserquelle. Wäre sie nicht von Banditen beherrscht und in ihrer ursprünglich erdachten Funktionsweise aktiv, wäre hier ein angenehmes Leben durchaus vorstellbar. Unter den vorherrschenden Bedingungen ist Death Water eher ein Ort der schnellen Durchreise. Die Wälder bieten Schutz. Das sumpfige Gelände ist unwegsam, was sie vor plötzlichen Überraschungsangriffen staatlichen Institutionen schützt und nebenbei lassen sich zahlreiche Versteckmöglichkeiten finden – speziell für entlaufene Sklaven.   Die Südstaaten der USA praktizieren aus voller Überzeugung, Sklaverei. Menschen, die auf riesigen Plantagen unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten und bestenfalls zehn Peitschenhiebe erhalten, wenn sie auch nur die kleinste Verfehlung begehen. Sklaven die fliehen können, flüchten in die aufgeklärten Regionen, sind aber deswegen noch lange nicht frei. Sklavenjäger machen diesen armen Teufeln das Leben schwer. Es ist mühsam sich das alles vorzustellen, solange wie es nicht mit den eigenen Augen gesehen wird. Menschen, die gezüchtet werden wie Vieh. Die mit Zuckerbrot und Peitsche zur Arbeit genötigt werden und in kleinen Häusern auf dem Grundbesitz ihres Herren leben müssen. Menschen, die von Hunden in Stücke gerissen werden, wenn sie bei ihrer Flucht scheitern. Brutale Misshandlungen, von denen kaum jemand zu träumen wagt und die trotzdem praktiziert werden. Lebensumstände, die von der führenden Staatspolitik bereitwillig anerkannt werden, weil die Wirtschaft keinerlei Einschränkungen erfahren soll und da Sklaven noch immer billiger sind, als einheimische Arbeiter, sehen die wenigsten Gutsherren einen Anlass zur Handlung. Wer die Menschenfeindlichkeit, Brutalität und Barbarei nicht ertragen kann, sollte prinzipiell die Südstaaten meiden und die Plantagen weitläufigen umgehen. Es genügt, sich die entflohenen Sklaven anzusehen, um erkennen zu können, mit was sie tagtäglich konfrontiert wurden. Death Water ist voll von solchen Gestalten. Noch bevor die Stadt überhaupt in Sichtweite erscheint, kann ein jeder zahlreiche Schwarze in den Wäldern treffen und sei es nur für einen flüchtigen Augenblick. Viele springen wie aufgescheuchte Waldtiere zurück in ihr Versteck, um bloß kein Risiko einzugehen.   Naruto hat auf der Reise bis hier her genügend Flüchtige zu Gesicht bekommen und das ändert sich nicht mit seiner Ankunft in der Stadt. Der bisher grausamste Anblick war der eines Mannes, welcher mit Brandnarben nahezu vollständig bedeckt war. Eine solche Verstümmelung kann nur dann erreicht werden, wenn jemand genügend Boshaftigkeit besitzt, um kochendes Wasser oder Ähnliches über einen anderen Menschen zu kippen. Der arme Teufel konnte sich vor Schmerzen kaum bewegen und so kann es sich nur um ein Wunder handeln, dass er die Flucht vom Landsitz seines Herren gemeistert hat. Zu mehr als einer kleinen Spende von Geld und wenigen Nahrungsmittel sah sich Naruto aber nicht in der Lage und das ist schon weitaus mehr Mitgefühl, als der entflohene Sklave bisher kennengelernt hat.   Es ist ein kühler Tag, als Naruto nach einem langen Ritt die Stadtgrenze passiert. Langsam aber stetig kündigt sich der Herbst an und ist zum Äußersten entschlossen, den Sommer aus dem Land zu jagen. In Oregon ist der Jahreszeitenwechsel intensiver wahrnehmbar, als im New Mexico Territorium. Dort sind nur die Nächte entsprechend kalt. Der Outlaw hat sich an diese milden Winter gewöhnt, weswegen ihm immer wieder ein Frösteln durch den Körper jagt, während er auf der schlammigen Hauptstraße sein Pferd nun selbst die Gangart wählen lässt. Die Beine seines Reittieres sind bis zu den Knien mit Schlamm bedeckt und der Schweif weist verkrustete Schlammreste auf, welche die Haare zu einem einzigen Klumpen verklebt haben. Um die Stadt zu erreichen, ist es stellenweise notwendig, durch knietiefen Matsch zu waten. Aufmerksam und unauffällig zugleich, beobachtet Naruto das Geschehen um sich herum, um sich so eine Absicherung nach allen Seiten zu ermöglichen. Auch wenn er einen einschüchternden Ruf innehat, so ist es an einem Ort wie diesen nicht verkehrt, eine gewisse Vorsicht aufrecht zu halten. Es gibt immer Größenwahnsinnige oder Lebensmüde, die alles versuchen, um sich selbst einen Namen zu machen. Kleine Lichter am Rande der Gesellschaft, die unbedingt aus der immer gleichen Tristesse hervorstechen wollen. Narutos Ziel ist der heruntergekommene Saloon der Stadt, in dessen Räumlichkeiten Glücksspiel und Prostitution praktiziert werden. Ein zweistöckiges Gebäude, mit überdachter Veranda, auf der auch jetzt einige Betrunkene ihre Zeit vertrödeln und ein paar der Damen aus dem fragwürdigen Gewerbe, ihrem Geschäft nachgehen. Dieser Saloon ist das einzige Prunkstück der Stadt, wenn auch nicht im optischen Sinn.   In einer Stadt ohne Saloon herrscht eine nie enden wollende Unruhe und Krawalle stehen an der Tagesordnung. Die Männer brauchen einen Ort, an dem sie sich erholen können. An dem sie anderen Dingen frönen und die Seele baumeln lassen können. Viele Männer sind Cowboys, die über viele Monate keine Frau zu Gesicht bekommen. Wenn sie in den Rinderstädten dann doch einige treffen, dann behandeln sie diese mit Respekt und mit schon fast übertriebener Höflichkeit. Die Männer des Westens sind die perfekten Kavaliere und wer sich gegenüber Frauen nicht benimmt oder diese sogar belästigt, dessen Stunden sind gezählt. Der Grund dafür ist einfach, denn der weibliche Bevölkerungsanteil ist nicht sonderlich groß. Die Männer konkurrieren untereinander und oftmals sind es blutige Auseinandersetzungen, welche Naruto auch in dieser Stadt bereits oft genug beobachten konnte.   An dem leicht morschen Anbindepfosten lässt sich Naruto vor den knarzenden Stufen der Veranda aus dem Sattel gleiten und bindet seinen Hengst, mit der seltenen Silver Dun Fellfärbung, fest. Ein mausgraues Fell, welches in der Sonne Silber glänzt, während Mähne und Schweif fast Weiß sind. Ashkii hat er den Nachkommen seines Hengstes getauft, welcher bei dem vernichtenden Überfall auf das Dorf mit nahezu allen anderen Pferden getötet wurde. Nur eine Handvoll der edlen Geschöpfe überlebten das Massaker, unter ihnen Ashkii. Ein schneller, ausdauernder und kräftiger Hengst, der mit den besten Eigenschaften seines Vaters bestückt wurde.   Schwungvoll und erneut über seine Schulter zurückblickend, erklimmt der Outlaw die Stufen, die unter seinen Schritten leicht nachgeben und ein bedrohlich klingendes Geräusch von sich geben. Er registriert die nervösen Blicke der Saloonbesucher, Prostituierten und selbst die Betrunkenen sind nüchtern genug, um sich seiner Identität sicher zu sein, ehe er das Gebäude betritt und mit seiner Erscheinung schnell alle Aufmerksamkeit erhält. Zahlreiche Tische und eine blank polierte Theke, als Aushängeschild für diesen Sündenfoul. Im Inneren dieses Hauses ist es finster und demnach nur notdürftig beleuchtet. Milchige Öllampen auf dem Tischen und ein paar verstaubte Kronleuchter an der Decke, sind die einzigen Lichtquellen. Keine Gaslampen, wie sie in jeder Stadtwohnung zu finden sind. In diesen Räumlichkeiten scheinen die technischen Entwicklungen der letzten Jahre nicht angekommen zu sein. Hier befindet sich eine andere Welt. Die Dielen knarren unter seinem Gewicht und von den anwesenden Herrschaften wird er genausten beobachtet. Sie fürchten ihn. Die Angst zeichnet sich auf ihren Gesichtern ab. All die Geschichten und Erzählungen haben ihn zu einer gefürchteten Bestie werden lassen.   Ein alter Mann, mit nur wenigen Zähnen im Mund, bändelt mit einer Hure an, die nicht nur zu viel Schminke in ihrem Gesicht trägt, sondern auch frei von Scham ihre Hand in den Schritt des verschwitzten Herren wandern lässt. Diese Damen kann ein Mann nur betrunken ertragen, weswegen der Alte ausreichend zu sich genommen haben muss. Die Dinge schön saufen. Als die Dame mit fragwürdigem Ruf von ihrem Freier ablässt, weil sie glaubt in Naruto ein attraktiveres Opfer gefunden zu haben, mustert sie ihn wie ein Beutetier. Nicht nur, dass er diese Damen in diesem Ort unattraktiv findet, er nimmt seinen ehelichen Schwur sehr ernst, weswegen der Outlaw die eindeutigen Blicke ignoriert und keinesfalls erwidert. Zwar ist er nicht nach den christlichen Grundsätzen getraut, in Form einer religiösen Zeremonie, aber er liebt seine Frau viel zu sehr, als dass er seine niederen Triebe bei einer Dockschwalbe befriedigt. Er winkt abschätzend ab und verdreht dabei die Augen, was die Dame mit einem beleidigt klingenden Laut quittiert.   Seufzend stellt sich Naruto an die Theke und bekommt, ohne einen entsprechenden Wunsch geäußert zu haben, prompt ein Glas gefüllt mit Whisky vorgesetzt. Kein Begrüßungsdrink, sondern genau das, was er jedes Mal bestellt, wenn er hierher kommt und aus diesem Grund kippt er sich die bernsteinfarbene Flüssigkeit gleich den Rachen herunter, ehe er das geleerte Glas zurück auf die Theke stellt. Schweigend nimmt sich der Outlaw den Hut ab und legt diesen neben dem Glas ab.   Der Barkeeper ist ein großgewachsener, schwarzhaariger Mann mit einer kräftigen Statur und schwarzem, aber gestutztem Vollbart. Naruto kennt ihn schon lange und er ist eine der wenigen Personen, denen er uneingeschränkt vertraut. Sie haben zusammen diese Hölle namens Kinderheim in New York überlebt und sind gemeinsam aus ihr ausgebrochen. Sie sind zwar nicht blutsverwandt, aber dennoch achten und respektieren sie sich wie Brüder. All die gemeinsamen Jahre haben sie zusammengeschweißt und sie kennen einander auswendig. Ein Blick genügt, um die Gedanken des anderen erkennen zu können. Der Name des Barkeepers ist Sasuke Uchiha, der es über Jahre hinweg geschafft hat, sich an diesem gesetzlosen Ort voll Sodom und Gomorra eine Existenz aufzubauen. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter, doch Frau und Kind leben in Salem. Gute drei Tage von Death Water entfernt. Fernab von Gewalt und Kriminalität, lebt das Ehepaar in einer vollkommen anderen Welt und damit fast in einem Paradies. Sasuke hält sich jedoch wechselhaft bei ihnen auf. Wenn er bei seiner Familie ist, überlässt er die Führung des Saloons, einem zuverlässigen Freund. Hier her zieht er sich immer dann zurück, wenn ihm das Familienleben über den Kopf zu wachsen droht. Kenneth ist kein Familienmensch und eher ein unruhiger, rastloser Geist.   Sasuke füllt das geleerte Glas wieder auf, nachdem Naruto es fast gierig geschluckt hat, wobei er die Flasche gleich daneben stellt und sich mit den Händen an seiner Theke abstützt. Ein dreckiges Tuch hat er sich lässig über die Schulter geworfen. Die Ärmel seines Hemdes hat er bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt, so dass seine muskulösen Unterarme gut zu sehen sind. Auf seinem rechten Unterarm dominiert eine blassrosa lange Narbe seine Haut, welche ein Überbleibsel von den Misshandlungen im Heim ist. Seine dunklen Augen mustern den Outlaw eindringlich und abschätzend. „Die Ladung ist fertig. Du kannst sie mitnehmen.“ Seine dunkle Stimme ist ein leises Flüstern, wobei Sasuke noch immer versucht aus den Gesichtszügen seines Gegenübers irgendetwas ablesen zu können. Ihm ist nicht entgangen, dass sein bester Freund sich in den letzten Jahren gravierend verändert hat. Ein besorgniserregender Zustand, wie er findet. „Willst du mich wieder loswerden?“ Naruto lächelt provozierend und leert das gefüllte Glas erneut, während Kenneth einen abfälligen Laut tätigt und sich wieder seiner Arbeit zuwendet. Den getätigten Satz bevorzugt er unkommentiert zu lassen. Kein ungewöhnliches Verhalten. Besonders gastfreundlich ist der Barkeeper nie gewesen, doch inzwischen findet er gar keine Freude mehr daran, wenn Naruto in seinen Saloon kommt. Der Outlaw zeigt sich bei seinen Aufenthalten nicht unbedingt von der besten Seite und Eskalationen in Form von Gewalt und Blut vergießen sind schon eine Regel geworden.   Naruto Lächeln verblasst wieder, kaum dass Sasuke ihm den Rücken zugedreht hat. Für den Hauch eines Augenblickes betrachtet er sein leeres Glas mit einer nachdenklichen Mimik, ehe er sich erneut Whisky einschenkt. Früher hat er den Alkohol gemieden. Es schwächt die Sinne und der Meinung ist er immer noch, doch seit der Entführung seiner Tochter, ist er diesem Zeug nicht mehr gänzlich abgeneigt. Mit genug Whisky intus, verschwindet oft sogar dieser unsagbare Schmerz in seinem Inneren. Es füllt die Leere im Herzen und vertreibt die trüben Gedanken. Nicht für immer, doch in diesen paar Stunden, in denen seine Sinne in einem Schleier aus Gleichgültigkeit und Lethargie gefangen sind, fühlt er sich gut. Er lauscht auf, als vor dem Saloon ein höhnisches Lachen erklingt. Zwei Männer treten durch die Flügeltüren, denen Naruto im ersten Moment keine weitere Beachtung schenkt. Ihrem Aussehen nach zu urteilen sind es Goldgräber oder Totengräber, die sich nach einem harten Arbeitstag einen kleinen Absacker genehmigen. Schmutzige und ungepflegte Gesellen. Sie setzen sich an einen Tisch, nicht unweit von dem Eingang entfernt und unterhalten sich über die aktuellen Geschehnisse. Keine Besonderheit, doch das Thema lässt Naruto aufhorchen.   Der Outlaw steht noch immer lässig wirkend an der Theke, mit einer Hand das wieder volle Glas umklammernd, während sich die Finger seiner anderen Hand nahezu schmerzhaft in seinen Unterarm bohren. Seine Fingernägel graben sich tief in seine Haut hinein und seine Muskeln spannen sich zusehends mehr an. Sein Blick ist auf das Glas gesenkt, so dass das dämmrige Licht der spärlichen Gastronomiebeleuchtung seine Augen nicht mehr zeigt. Ein Schatten verdeckt den oberen Teil seines Gesichtes, während seine blonden Haare über seine Augen fallen, wodurch er bedrohlich wirkt. Eine Tatsache, die bereits einige andere Gäste dieser Schenke bemerken und unruhig auf ihren Stühlen herumrutschen. Diese dunkle Ausstrahlung von Hass und Zorn wabert wie ein unsichtbarer Nebelschleier um ihn herum. Sasuke bemerkt das angespannte Verhalten seines Besuchers, ebenso wie die nervöse Anspannung der übrigen Gäste. Er registriert dieses drückende knisternde Gefühl in der Luft, in der nur ein Funke nötig ist, um die Atmosphäre zum explodieren zu bringen. Beunruhigt schaut der Barkeeper zu Naruto und zu den Neuankömmlingen, die trotz angespannter Atmosphäre vollkommen unbekümmert den Rest der Anwesenden von ihrem Erlebten zu berichten wissen. Sie sprechen so laut miteinander, dass dieser Dialog sicher im letzten Zimmer des obersten Stockwerkes hörbar ist. Er schenkt diesem selbst den Großteil seiner Aufmerksamkeit, wobei er die Glassäuberung unterbricht. Normalerweise interessiert sich der Barkeeper nicht für die Themen seiner Gäste und nimmt die entsprechenden Dialoge gar nicht wahr. Nichts hören, sehen oder sagen. Die beste Methode, um hier bestehen zu können. Worüber die Herrschaften aber in diesem Fall reden, versetzt auch Sasuke in einen leicht nervösen Zustand, so dass er sich das Tuch wieder über die Schulter wirft und sich Naruto widmet. „Reiß dich bloß zusammen.“ Mahnend stützt sich der Familienvater auf seiner Theke ab und beugt sich nach vorne, während der Outlaw nur schweigt. Sasukes Sorge der Eskalation ist nicht ungerechtfertigt, doch die mitschwingende Mahnung in den Worten des Barkeepers, wird von seinem Freund nicht wahrgenommen oder sogar absichtlich ignoriert. Er bleibt stumm an der Theke stehen und lauscht den Worten dieser Männer, ohne auf die seines Freundes einzugehen. Während der eine Kerl fast bewundernde Worte wählt und sich mit Lob und Respekt gar nicht zurückhält, prahlt der andere mit dem Vernaschen einer wilden Frucht. Mit jeder weiteren Silbe bohren sich Narutos Fingernägel tiefer in sein Fleisch, dass es inzwischen schon schmerzhaft sein müsste. Betont langsam blickt er über seine Schulter zu dem Duo und mustert diese Männer genausten. Der Mann, der sich beinahe selbst auf die Schulter klopft, ist ein dickbäuchiger Geselle, mit fransigem Kottlettenbart, verdreckten, eingerissenen Fingernägeln, verfaulten Zähnen und Glatze. Sein stinkender Körper wird von einem verdreckten Hemd und ebenso verdreckter Hose bedeckt. Der zweite und deutlich jüngere, wirkt lebensunerfahren. Er scheint dennoch, dank gut funktionierender Propaganda, schon voller Vorurteile zu stecken. Er ist klein, schmächtig und von der Reife eines Mannes weit entfernt. Er hat hervorstechende Wangenknochen und feuerrotes Haar mit spitzem Haaransatz – wohl der Spross irischer Einwanderer. In seinen Augen kann Joseph die reine Bewunderung ablesen und er hängt förmlich an den Lippen seines Kumpels. Dieser Mann spricht von dieser kriminellen und abstoßenden Handlung, als hätte er eine Heldentat vollbracht. Als müssten alle anderen ihm dafür dankbar sein und hoch in den Himmel loben. Es treibt Naruto die Galle hoch und lässt seinen Hass auf eine nicht mehr messbare Ebene ansteigen.   „Und die Kratzer? Die sind doch von ihr oder nicht? Tut dir das nicht weh?“ Der Jüngling begutachtet ein paar blutig verkrustete Striemen an der bärtigen Wange seines Begleiters, welche dieser auch noch demonstrierend in seine Richtung hält. Der schmächtige Bursche ist vielleicht um die vierzehn, aber keinesfalls älter. Ein Waisenjunge, der an die falschen Vorbilder geraten ist oder ein Ausreißer, der das große Abenteuer sucht. Sein Begleiter wirkt wie ein Mann, der sich unbedingt in der Gesellschaft profilieren möchte und dafür jeden nur erdenklichen Mist anstellt, um Anerkennung zu erhalten. Jemand, der ununterbrochen redet und alle an seinem Tagesgeschehen teilhaben lassen will. Ein Mann mit Mitteilungs- und Geltungsbedürfnis. Auf die fragenden Worte seines jungen Begleiters schüttelt der Dicke den Kopf und verzieht seine schmalen Lippen zu einem unappetitlichen Grinsen. „Machst du Witze? Je mehr sie sich wehren, umso mehr komme ich erst richtig in Fahrt. Hey, wir wollen Whiskey haben!“   Der Kerl steht auf Schmerzen.   Ehe Sasuke die unfreundlich drein gebrüllte Bestellung erfüllen kann, greift sich der Outlaw die halb leere Whiskeyflasche, ebenso wie sein Glas und geht auf die recht unbekümmert wirkenden Herrschaften zu. Die Saloongäste zucken bei seinen Bewegungen erschrocken zusammen oder verlassen fluchtartig den Raum. Die vorhin noch kundenfreundliche Nutte springt ihrem anbändelnden Freier regelrecht vom Schoß und hastet in das oberste Stockwerk. Es sind nur wenige Schritte, die Naruto tätigt, ehe er schweigend vor dem Tisch stehen bleibt und erst ihre Aufmerksamkeit erhält, als er die Flasche geräuschvoll auf die Tischoberfläche platziert. Die Männer heben ihre Blicke an und in der kurzen Zeit, in der sie realisieren, wer sich da zu ihnen gesellt und alles andere als amüsiert ausschaut, zieht Naruto seinen Revolver und verpasst dem Jüngling ein Loch zwischen die Augen. Kaum einen Augenaufschlag später, beinahe zeitgleich und noch bevor der Tote den Boden berührt, rammt er dem zweiten Mann sein Jagdmesser durch die Handfläche und fixiert diesen somit an der Tischoberfläche. Der gellende Schmerzensschrei muss in den umliegenden Straßen deutlich hörbar sein und der vorher gegangene Schuss, hat wohl jeden in der Stadt aufgeweckt. „Scheiße! Scheiße!“ Mit einem plötzlich erblassten Gesicht und schmerzlich verzogener Mine, versucht der Mann sich mit seiner freien Hand von dieser ungewöhnlichen Art der Fessel zu befreien. Klägliche Versuche, die er schließlich stoppt, als Naruto einen Stuhl zurückzieht und sich auf diesem niederlässt. In völliger Ruhe und ohne ein Anzeichen von Hast, schüttet der Outlaw sein Glas wieder voll, während der Mann fieberhaft darüber nachdenkt, wie er aus dieser Situation fliehen kann. Sein Revolver steckt im Holster. Er könnte versuchen, ihn unauffällig zu nehmen und zu schießen, doch während er diese Szenerie in seinem Kopf durchspielt, beugt sich der Familienvater mit einem Räuspern leicht vor und nimmt die Waffe seines Gegenübers an sich. Der Revolver findet neben der Whiskeyflasche seinen Platz, und das schmerzhafte Ziehen und Pochen in der Hand nimmt unerträgliche Ausmaße an. Das Blut hat bereits die Tischplatte erreicht und die Panik des Mannes steigt in einen nicht mehr messbaren Bereich. Der Blick des Dicken huscht hilfesuchend durch den Raum, doch niemand der Anwesenden unternimmt einen Rettungsversuch. Im Gegenteil. Wer sich noch nicht in Sicherheit gebracht hat, versucht verbissen seinen Blick von diesem Geschehen abzuwenden. So ist es fast der blanke Hohn, als sich einer der anwesenden Männer an das Piano setzt und eine Melodie zu spielen beginnt, die pure Fröhlichkeit symbolisiert und zum Tanzen einlädt. Der Barkeeper steht hinter seine Theke, die Arme vor der Brust verschränkt und den Outlaw wütend fixierend, doch eingreifen tut auch er nicht. Sasuke hat diesen Fehler einmal gemacht und dafür bezahlen müssen. Naruto ist so in Rage verfallen, dass er keinen Unterschied mehr zwischen Freund und Feind machte. Er hat ihn halb totgeschlagen, als dieser versuchte, ihn wieder zur Besinnung zu bringen. In solch eine Lebensgefahr wird er sich kein zweites Mal begeben. Dafür ist ihm sein Leben zu kostbar, als dass er einem Goldgräber zu Hilfe eilt. „Ich dachte du magst Schmerzen.“ Entspannt lehnt sich Naruto zurück und hält dabei das Glas in einer Hand, während sich das panisch zitternde Augenpaar auf ihn richtet. Dieser Mann weiß, wer er ist und damit auch, mit welch einem Monster er es zu tun hat. Er sieht sein Leben schon an sich vorbeiziehen und macht sich kaum Hoffnung, aus dieser Situation lebendig heraus zu kommen. Es ist Verzweiflung und pure Angst, welche in seinem Blick lesbar sind und die Joseph vollkommen unberührt lassen. Für solch ein Musterbeispiel an menschlichem Abschaum hat er kein Mitgefühl übrig. Er bringt für die wenigsten Dinge noch so etwas wie Mitleid oder Bedauern auf, denn zu diesen Empfindungen scheint er unfähig geworden zu sein. Er sitzt nur da, blickt dem Verletzten in die Augen und fährt mit dem Zeigefinger über den Rand des Whiskyglases. In seinem Gesicht sind keine Emotionen ablesbar. Seine Züge sind wie ein unbeschriebenes Blatt Papier. Es ist nichtssagend und in einer Pokerrunde äußert hilfreich für einen gewagten Bluff. Der Goldgräber schluckt hart, startet einen erneuten Versuch, sich zu befreien und als ihm das misslingt, wendet er sich mit einer beschwichtigend erhobenen Hand seinem Peiniger zu. „Warte, w-warte. Es tut mir leid. Es tut mir leid.“ Verwundert zieht Naruto eine Augenbraue in die Höhe und nippt kurz an seinem Glas. „Wofür entschuldigst du dich?“ „Ich habe dich verärgert. Tut mir leid.“ Der Kerl weiß nicht einmal, wieso Naruto ihn körperlich angegangen ist und wieso er seinen Kollegen erschossen hat, der am Boden und halb unter dem Tisch liegt. Wäre nicht das kleine Loch zwischen den Augen, aus dem ein feiner Blutrinnsal fließt, so könnten andere ihn für einen Betrunkenen halten, der an sein Limit gestoßen ist. Noch immer klimpert der Mann auf dem Piano rum und ein weiterer Gast tritt durch die Flügeltüren. Er verharrt auf der Stelle und als er die Situation erkennt, macht er auf dem Absatz kehrt. Raus aus der Gefahrenzone und damit ein zahlender Kunde weniger für Kenneth.   Naruto zieht nur die Augenbrauen in die Höhe und schüttelt kaum wahrnehmbar den Kopf, ehe er das Glas wieder leert und sich erneut einschenkt. Der wievielte Trunk ist das? Er weiß es nicht einmal, aber langsam breitet sich diese angenehme Leere wieder in ihm aus. Mit jedem weiteren Schluck fühlt er sich leichter und von der Last befreit. Noch während sich der Whiskey im Glas ansammelt, schielt er leicht zu dem Mann, ehe er wieder auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit schaut und die Flasche erneut zur Seite stellt. „Wie alt war sie?“ „Was? Wer?“ „Die Indianerin, mit der du deinen Spaß hattest. Ich will wissen, wie alt sie war.“ „K-keine Ahnung. Ich habe sie nicht nach ihrem Alter gefragt.“ Ein leicht fassungsloses, wenn nicht gar ungläubig wirkendes Lächeln und ein kurzes Auflachen mitten im Satz, lassen Naruto auf den Tisch schauen. In den blauen Augen des Outlaws manifestiert sich etwas Diabolisches. Etwas Böses und Gnadenloses strahlt er aus, was den Goldgräber zusammenzucken lässt und er sich instinktiv nach einem Fluchtweg umschaut, obwohl das Messer in seiner Hand ihn hindert.   Da sitzt er nun vor ihm. Die Bestie vom Monument Valley. Der Teufel des New Mexico Territoriums. Es gibt inzwischen so viele Namen, die versuchen diese Boshaftigkeit zu umfassen und doch ist nichts vergleichbar mit dem, was er ausstrahlt. Alle Namen wirken wie eine Romantisierung. Es gibt keine Worte oder Bezeichnungen, die seinen momentanen Gemütszustand treffend beschreiben würden. Als würde die Luft um ihn herum brennen. Als wäre er der Leibhaftige selbst. Ohne jede Vorwarnung, ohne ein vorhergegangenes Muskelzucken, rammt Naruto seinem Gegenüber ein zweites, kleineres Messer in dessen Bein, was sich knapp oberhalb des Knies in das Fleisch bohrt und ein neuer Schmerzensschrei durch den Raum hallt. Noch immer klimpert das Piano und es entsteht das Gefühl, als würde der Mann nun lauter spielen, um das klägliche Wimmern zu überspielen.   Naruto hält den Goldgräber davon ab, sich nach vorne fallen zu lassen, indem er diesen mit einem leichten Klaps unter dessen Kinn, wieder ungeteilte Aufmerksamkeit entlockt. Mit einem festen Blick starrt der Familienvater in die Augen, des keuchenden und wimmernden Mannes, der bis vor wenigen Minuten noch prahlend davon sprach, wie scharf es ihn macht, wenn sich die Frauen wehren. Jetzt ist er kleinlaut und fürchtet um sein Leben. Alle Anwesenden und speziell Sasuke, sind sich der Tatsache bewusst, dass es nicht bei einem Toten an diesem Abend bleiben wird. Niemand mischt sich ein. Niemand will es riskieren, die Bestie auf sich selbst zu lenken. Zu groß ist die Gefahr ein Opfer zu werden und in diesen Zeiten ist es mit der Zivilcourage ohnehin nicht weit her. Jeder ist sich selbst der Nächste und jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Den Helden spielen tut niemand, wenn ein Sieg nicht absolut gewiss ist.   Naruto beugt sich etwas nach vorne, wobei er das Messer im Bein des Mannes zu drehen beginnt, so dass dieser erneut aufschreit. „Ich hole dir die verdammte Kniescheibe raus! Wie alt?“ „Ich weiß nicht. Ich-“ „Was schätzt du? Kind, Heranwachsende oder Frau?“ „13 - vielleicht älter.“ „Du vergewaltigst ein Kind und willst dafür noch lobend die Schulter geklopft haben?“ „Scheiße! Das war doch nur eine Wilde.“ Bei diesem Satz oder besser gesagt, bei diesem einen bestimmten Wort, zucken zahlreiche Anwesende zusammen, als hätten ihn jemand einen Schlag in die Magengrube verpasst und auch Naruto schweigt für einen kurzen Moment. Dieses eine Wort, verrät mehr als es ganze Buchbände könnten und Sasuke schließt nur ahnend die Augen, als sein bester Freund es wiederholt. „War?“ Der Mann schluckt nur und zieht es vor zu schweigen, wobei er dem eindringlichen Blick ausweicht und lieber auf sein blutendes Bein blickt. Diese Handlung wird von dem Outlaw als Zustimmung gewertet. Oftmals ist eine Verbalisierung gar nicht notwendig. Ein Schweigen ist so manches Mal eine Form der Bestätigung.   Naruto zieht schwungvoll das Messer aus dem Bein und legt es stumm, aber energisch mit den Zähnen mahlend, neben die halbleere Flasche und stemmt sich in die Höhe, wobei er den letzten Rest seines Glases seine Kehle hinunterlaufen lässt. Er wird dabei genau von dem verängstigten Mann beobachtet, der das bittere Ende kommen sieht. Fast mitfühlend legt Naruto ihm eine Hand auf die Schulter und lächelt sogar leicht, ehe er sich zu ihm runter beugt und leise flüstert. Sein Mund ist nur eine Handbreit von dem Ohr des bulligen Goldgräbers entfernt, dessen Hemd von Angstschweiß durchtränkt ist und der bei all seiner Furcht die Kontrolle über seine Blase verloren hat. Eine verräterische Pfütze hat sich unter dem Stuhl gebildet. „Pumunta sa impiyerno!“ Kaum ist der Satz ausgesprochen, schon folgen wenige Bewegungen und das Genick des Goldgräbers gibt unter der Gewalteinwirkung, mit einem deutlichen Knack, schließlich nach. Sämtliche Spannung weicht aus dem Körper des Dicken, dessen Oberkörper auf die Tischplatte sackt und Richtung Boden gleitet. Erst als Naruto das Messer aus der Hand zieht, fällt die Leiche gänzlich neben den toten Jüngling.   Ein Doppelmord an nur einem einzigen Abend und ein wütender Barkeeper, zusammen mit verschüchterten Gästen als Zeugen. Sasuke ist sauer und das ist noch eine harmlose Umschreibung seiner Laune. Trotz des Wissen, eine lebensmüde Handlung auszuführen, stapft er hinter seiner Theke hervor und geht strammen Schrittes auf den Outlaw zu, der die Gefahr nicht kommen sieht und unbekümmert damit beschäftigt ist, das Blut von seinem Jagdmesser zu wischen. Er rechnet nicht damit, dass er einen Schlag kassiert und der Alkohol in seiner Blutbahn tut sein Übriges. Die Faust trifft punktgenau und ehe sich Naruto versieht, drückt der Barkeeper ihn bäuchlings auf den Tisch und hat dabei einen Arm von ihm nach hinten gedreht, während er mit seiner anderen Hand den Kopf nach unten drückt. Eine Absicherung für den Barkeeper, um nicht selbst noch einmal zum Opfer zu werden und gleichzeitig eine Entladung von Wut und Frustration, weil solche Situationen schon zur Routine geworden sind. Ankunft, ein bisschen was trinken und nebenbei Leute abschlachten. „Was ist los mit dir? Du versaust mir das Geschäft! Jedes Mal, wenn du hier bist, muss ich hier Tote raus schaffen!“ „Mach doch ein Nebengeschäft als Bestatter auf. Du würdest ein reicher Mann werden.“ Schnaufend dreht Sasuke seinen besten Freund herum und packt ihm am Kragen. Er funkelt den Outlaw wütend an und dieser erwidert es nur ein amüsiertes Lächeln. Der Alkohol beginnt seine Wirkung zu entfalten, weswegen dieses leichte Lächeln auf den Lippen äußerst provozierend wirkt. Am liebsten würde Sasuke so lange auf ihn einschlagen, bis er seinen Verstand wiedererlangt. Bis er endlich wieder normal ist. Einfach der, der er früher war. Ein Mann mit Gewissen und Respekt vor dem Leben. Er soll wieder der Mann sein, den Sasuke zu schätzen wusste. Der Mann, der früher für andere in die Bresche gesprungen ist. Der trotz großer zugefügter Schmerzen, immer ein Lächeln im Gesicht hatte. Sasuke hat längst keine weiße Weste mehr, doch umgebracht hat er niemanden. Zusammengeschlagen, ja - doch keiner musste seinetwegen sterben und schon gar nicht, weil ihm das Gesprächsthema nicht gefiel. Bei Naruto fällt es ihm schwer, seine Gewalt nicht an ihm zu entladen. „Findest du das witzig?! Nimm die Ware und verschwinde.“ Ruckartig schubst Sasuke den leicht angetrunkenen Naruto in Richtung Ausgang, so dass dieser sich nur mit Mühe auf den Füßen halten kann.   Naruto nimmt diese Anweisung hin und winkt lässig ab. Er holt nur seinen Hut von der Theke, ehe er durch die Schwingtüren tritt und am Rande zu hören bekommt, dass er sich erst wieder blicken lassen soll, wenn er wieder normal geworden ist. Eine Definition von Normal wäre nicht schlecht, denn wo beginnt normal sein und wo hört es auf? Seufzend und mit einem Empfinden der Genugtuung, trottet der Outlaw über die wacklige Holzbrücke, sein Pferd hinter sich herführend, in Richtung eines großen Gebäudekomplexes, in dem die Banditen Waffen und Munition sammeln, teils sogar selbst herstellen. Sasuke ist der Verwalter dieser illegal stattfindenden Waffenschieberei und somit der Lieferant für die Diné im Dorf. Naruto kommt regelmäßig her und holt neue Ware, doch für die nächste Zeit scheint er nicht mehr willkommen zu sein. Ein Planwagen voll mit Kisten und verborgen abgestellt, im hinteren Teil des zugestellten Hofes, dient ihm als Transportmittel. Selbst die Maultiere sind eingespannt und warten gelangweilt auf ihren Einsatz. Naruto spielt erst mit dem Gedanken die Nacht in Death Water zu verbringen, doch er hat keine Unterkunft und auf die Gastfreundlichkeit seines besten Freundes braucht er nicht zu setzen. Ein Hotel gibt es in dieser Gegend nicht und der einzige Stall, in dem er übernachten könnte, wäre der Schweinestall. Bevor er sich bei diesen Tieren niederlässt, schläft er lieber unter freiem Himmel. Mit einem erneuten Seufzen bindet der Outlaw seinen Hengst am hinteren Teil des Planwagens fest und schwingt sich kurz darauf auf den Kutschbock. Entspannt nimmt er die Zügel auf und treibt die Maultiere an.   Dumpf steht Sasuke an dem Tisch unter dem die jüngst getöteten Männer liegen, während auf der Tischplatte ein großer Blutfleck das Holz verfärbt. Zwei Tote an nur einem Abend und das innerhalb von wenigen Minuten. Naruto hat seinen persönlichen Rekord aufgestellt. Von dem vorher dominanten, wütenden Ausdruck ist nichts mehr erkennbar, als der Barkeeper von den Leichen aufsieht und stattdessen zu den Flügeltüren schaut, aus denen Augenblicke zuvor sein bester Freund herausgetreten ist. Was ist nur aus ihm geworden? Naruto hat sich immer einen Teil seiner kindlichen Art bewahrt. Die Fähigkeit, auch in den dunkelsten Stunden noch ein Licht erkennen zu können, war immer ein Teil von ihm. Eine Eigenschaft, die so ansteckend war, wie die Pest. Jede Zuversicht seinerseits, wurde ihm sofort geglaubt. Nie zweifelte jemand an seinen Worten. Wenn er sagte, dass alles gut werden wird, dann war das so. Wo ist sein bester Freund geblieben? Wo ist sein Lachen geblieben, dass Sasuke einerseits nervte und das anderseits so ansteckend wirkte? Sasuke lässt einen niedergeschlagenen Seufzer erklingen und den Kopf hängen, als einer seiner Angestellten sich zögernd zu ihm gesellt. Warabi, ein talentierter Trickbetrüger, Rinderdieb und Brandstifter. Ein Mann von kräftiger Natur, mit einem blinden Auge, über welchem er eine Klappe trägt und einer dominanten Narbe verläuft durch dem anderen Auge. Wenn er nicht gerade seiner kriminellen Karriere nachgeht, dann arbeitet er im Saloon als Tagelöhner und am heutigen Abend darf er die Überreste von diesem Besuch beseitigen. Die beiden Männer schauen einander nur kurz an, ehe Sasuke sich abwendet und Warabi sich daran macht, die Leichen aus dem Laden zu schaffen.   Ein paar Wochen später   Nach einer Reisezeit von etwas mehr als einem Monat, mit betagten Maultieren im Gespann, erreicht Naruto wieder das Dorf und kann die gesamte Anspannung und Aufmerksamkeit zum ersten Mal seit langem, von sich abfallen lassen. Nicht zur Ruhe zu kommen, nicht einmal während des leichten Schlafes in der notwendigen Rast, ist ein großer Nachteil in diesen Zeiten, wenn sich jemand dazu entschließt allein durch ein wildes Land zu reisen. Allein, bedeutet schutzlos und schutzlos bedeutet, leichte Beute für jeden. Es ist schon erstaunlich, dass er über die gesamte Strecke keinen Kontakt mit Banditen hatte. Auch wenn er den Ruf eines gefürchteten Revolverhelden innehat, so würde er gegen eine Handvoll Banditen nicht bestehen können. Ein plötzlicher Angriff aus dem Hinterhalt, ein paar Schüsse und ihn würde es von dem Bock reißen.   Die Wächter haben ihn schon von weitem erspäht, doch ist es das Rattern der Räder welches seine Rückkehr verkündet, während er den Planwagen durch das Dorf steuert. Es weist nur noch wenig darauf hin, dass vor einigen Jahren ein verheerender Kampf an diesem Ort stattgefunden hat. Es hat lange gedauert, bis sie die angerichteten Schäden des Blitzangriffes behoben haben und bis jeder von den Bewohnern wieder ein Dach über den Kopf hatte. Es war viel Arbeit und Geduld von Nöten und dennoch haben sie es fertig gebracht, ihre frühere Größe wieder zu erlangen. Sie haben sich ihren Stolz bewahrt. Naruto hat zu dem Wiederaufbau wenig beigetragen. Durch seine häufige Abwesenheit und seine kurzen Gastauftritte in der Heimat, ist ihm so jeder Vorgang des Wiederaufbaues entgangen. Auch wenn er inzwischen offiziell die Suche aufgegeben hat, so ist ihm zum damaligen Zeitpunkt nichts wichtiger gewesen, als seine Tochter wieder zu finden. Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Eine Suche, mit dem Ergebnis, dass er sich von seiner Familie entfremdet hat und Nita keinen Schritt nähergekommen ist. Trotz allem ist dieses Dorf aber immer sein Zuhause. Es ist der Ort, an den er gerne zurückkehrt und obwohl er sich seit Tagen auf die Heimkehr freut, die mit jeder weiteren zurückgelegten Meile stetig angewachsen ist, verläuft diese nicht so, wie er es sich vorgestellt hat. Ein äußert kühler Empfang und nicht der erste, den er über sich ergehen lässt. Unverständnis und teils tiefe Enttäuschung steht in den Gesichtern der Dorfbewohner geschrieben, während er an ihnen vorbeifährt. Er ahnt, wieso sie ihn so anschauen. Die gnadenlose Tötung der zwei, ihm völlig unbekannten Männer in Death Water, hat sich schneller verbreitet als jeder Flächenbrand. Eine neue Tat des Teufels. Naruto hat einen unfreiwillig großen Bekanntheitsgrad und da spricht es sich schnell herum, wenn er wieder zugeschlagen hat. Durch die Kontakte zu anderen Weißen, welche er in den vergangenen Jahren aufgebaut hat und die mit den Indianern sympathisieren und paktieren, bleibt es den Dorfbewohnern nicht lange verborgen, wenn er mal wieder ausgerastet ist. Sie halten nichts von dem neuerworbenen Image und lassen ihn das regelmäßig spüren. Er ist kaltherzig, emotionslos, distanziert und oberflächlich. Er ist genau das, was er an den Siedlern so verabscheut.   Das letzte Mal, als er menschliche Gefühle zeigte, war der Tag, an dem er die Suche nach Nita endgültig eingestellt hat. An dem Tag zeigte er tiefe Trauer, bodenlose Verzweiflung und bittere Reue für sein Versagen, doch all dies wandelte sich mehr und mehr zu grenzenlosem Hass auf jeden Menschen mit bleicher Hautfarbe um. Er gibt jedem einzelnen die Schuld für den Verlust seines Kindes und macht keinen Unterschied zwischen alt, jung, Mann, Kind oder Frau. Sein Auftritt in Death Water hat das ein weiteres Mal bestätigt. Der Junge, den er erschossen hat, hatte nicht einmal das zwölfte Lebensjahr beendet. Er war ein Kind und Naruto hat ihn ohne Zögern getötet.   Stumm und ohne ein Willkommen zurück, macht der Familienvater sich daran die erschöpften Tiere zu versorgen. Er öffnet das Gatter der umzäunten, weitläufigen Pferdekoppel und befreit seinen Hengst von Sattel und Zaumzeug ehe er ihn, mit einem sachten Klaps auf dessen Hinterteil, auf die Weide zu den anderen Pferden schickt. Das Tier zeigt keine Eile. Diese Reise zieht auch an einem ausdauernden Pferd nicht spurlos vorüber und so trottet Ashkii gemächlich zu seiner Herde zurück, während Naruto das Gatter schließt und sich den betagten Maultieren widmet. Er schafft es aber gerade mal die Riemen zu lockern, ehe er über den Rücken der Tiere hinweg, seine heraneilende Frau erblickt, die nicht weniger enttäuscht zu ihm schaut. Er weiß, was jetzt kommen wird und löst mit einem Seufzen die Zugkette.   Hinata streicht einem der Maultiere im Vorbeigehen kurz über die Nüstern, ehe sie sich vor ihrem Mann aufbaut, der einfach in seiner Arbeit fortwährt und ihr somit nur einen geringen Teil seiner Aufmerksamkeit schenkt. Wäre die Situation nicht so ernst, wäre dieser Anblick durchaus amüsant. Hinata ist um einiges kleiner und zierlicher als ihr Gatte und so wirkt es nicht unbedingt beeindruckend, als sie die Hände in die Hüften stemmt und ihn voller Enttäuschung und Wut anfunkelt. „Wieso hast du das getan?“ „Weil sie es nicht anders verdient haben.“ Ein lasches Schulterzucken, ohne Blickkontakt, bei dem Hinata sich wie vor dem Kopf gestoßen fühlt. Sie kann nicht glauben, was für Wörter da aus seinem Mund kommen. „Du hast ein Kind erschossen.“ „Er war kein Kind mehr.“ „Vielleicht nicht in deinen Augen.“ Naruto hält inne und blickt zu seiner Frau, die nicht enttäuschter und schockierter über ihn sein könnte. Er registriert, wie sich einige seiner Freunde nähren und genau denselben Blick im Gesicht tragen, wie sie. Shikamaru, mit seiner Tochter auf den Armen, welche nur drei Monate nach der Entführung von Nita auf die Welt gekommen ist. Neji, der stolze Vater eines Sohnes. Hiashi, der seine zwei Töchter aufgezogen hat und bereits Großvater ist, ebenso wie einige Mitglieder des Beraterkreises. Ebenfalls alles stolze Männer, die zeitgleich Väter und manche schon Großväter sind. Sie alle haben ihre Kinder großgezogen und vor Gefahren bewahrt. Ein Faktum, den Naruto nur schwer ertragen kann. Er blickt jedem einzelnem ins Gesicht, ohne etwas dabei zu empfinden. Sie verstehen ihn nicht und genau das wollen sie auch nicht. Niemand will einen anderen verstehen, der ein Kind erschießt. Es ist Naruto selbst, der nicht zu verstehen scheint. Männer haben ihm sein Kind entrissen und er hat einem anderen Vater den Sohn genommen. Er hat genau dasselbe getan und ist sich dieser Tatsache noch nicht einmal bewusst. Er denkt nicht mehr darüber nach, wen und weshalb er tötet. Er tut es einfach und vergisst es danach. Es ist genau das Gegenteil von dem, was früher seine Eigenschaft gewesen ist. Die Toten ehren und sich der Sünde annehmen.   Dumpf und noch immer ausdruckslos schaut Naruto zurück zu seiner Frau, die es als stumme Aufforderung versteht etwas dazu sagen - und sie will es sagen. Sie hat genug. Sie kann seine Art, seine Worte und seine gesamte Gegenwart nicht mehr ertragen und zuckt jedes Mal zusammen, wenn er in ihr Blickfeld tritt. Die Angst vor ihm wächst mit jedem Tag mehr. „Er war elf und du hast ihn erschossen, weil er einen anderen Mann bewundert hat. Er hatte nichts getan und du hast ihn getötet, weil dir nicht gefallen hat, an wem er sich orientierte.“ „Ich habe ihn älter geschätzt. Lässt sich jetzt auch nicht ändern.“ Wieder ein lasches Schulterzucken und das entsetzte Aufkeuchen in der Runde wahrnehmend, öffnet er die Riemen der Bespannung endgültig und befreit die Maultiere von der schweren Last, ehe er sich schon daran macht das Zaumzeug abzunehmen.   Es schockiert ihn nicht einmal selbst, dass ihn das junge Alter seines Opfers vollkommen unberührt lässt. Ein Kind zu töten ist auch in diesen rauen Zeiten eine unverzeihliche Tat, für die niemand Verständnis aufbringt und obwohl er den Worten seiner Frau innerlich recht geben muss, ist es ihm egal. In seinen Augen hat er das einzig Richtige getan, denn dieser Junge wäre bei so einem Vorbild genauso geworden und damit automatisch zu einer Gefahr für jeden Indianer, unabhängig von der Stammeszugehörigkeit. Er hat die bedrohliche Entwicklung des Burschen im Keim erstickt. Für Hinata ist eine solche Erklärung vergleichbar mit gar keiner und gepaart mit dieser Gleichgültigkeit, kann sie seine Gegenwart kaum ertragen. Ihr stehen die Tränen in den Augen, während sie ihm beim Lösen der Trense zuschaut und dabei leicht mit Kopf schüttelt. Sie erkennt ihn nicht wieder und ist über seine Charakterveränderung nahezu entsetzt. Sie fürchtet sich vor ihm. Sie hat Angst vor ihrem eigenen Ehemann. „Wer bist du?“ Naruto hält erneut in seinem Tun inne, nachdem er die flüsternden Worte vernommen hat und wendet sich ihr wieder zu. Ihre Enttäuschung ist so dominant, dass er meint sie greifen zu können. Sie hasst das Kämpfen und Töten. Sie ist ein so harmoniebedachter Mensch, dass jede Art von Konflikt ihr schwer zusetzt. Dass er bereitwillig in jede Art von Kampf einsteigt und nahezu wahllos Menschen umbringt, muss ihr zahlreiche schlaflose Nächte bescheren. Ihre Worte klingen verzweifelt und zeitgleich fordernd. Auf ihre ernst gemeinte Frage, macht Naruto nur eine ratlose Geste und blickt sie unwissend an, als wenn er den Inhalt dieser Formulierung nicht verstehen würde. „Der, der ich immer war.“ Energisch kopfschüttelnd überbrückt sie den wenigen Abstand zu ihrem Mann und verpasst ihm einen protestierend wirkenden Schubs, so dass er einen Schritt rückwärts tätigt, um nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten. Anklagend und mit zitternder Stimme bohrt sie immer wieder ihren schlanken Zeigefinger in seine Brust, während die ersten Tränen über ihre Wangen laufen. So aufgelöst und voller Ratlosigkeit hat er sie das letzte Mal erlebt, als er die Suche nach Nita eingestellt hat. Sie sieht genauso aus wie zu dem damaligen Zeitpunkt und Naruto kommt sich genauso hilflos vor. Es gab nichts, was er damals hätte tun können, um ihre Trauer zu lindern und er hat keinerlei Versuche in diese Richtung unternommen. Zu sehr lastete das Gefühl des Versagens auf ihm, als dass er aufmunternde Worte gefunden hätte. Noch immer nagen die Schuldgefühle an seinen Knochen und auf die Worte seiner Frau, scheinen zusätzliche hinzuzukommen. „Nein, das bist du eben nicht. Wo ist dein Gewissen, deine Moral? Wo ist der Mann, in den ich mich verliebt habe? Du bist kalt und herzlos.“ Diese Worte treffen ihn ausgesprochen hart. Sie bohren sich wie Dolche in seine Brust und hinterlassen ein äußert beklemmendes Gefühl, dass er für einen kurzen Moment nach Luft schnappt.   Sie hat noch nie direkt die Konfrontation mit ihm gesucht und Naruto befindet sich in einer Situation, in den zwei Faktoren zusammenkommen, die ihm bisher gar nicht bekannt gewesen sind. Die Konfliktbereitschaft seiner Frau, gepaart mit ihren schweren und vor allem treffenden Vorwürfen. Er weiß nicht, wie er sich verhalten soll. Durch diese verletzenden Worte fühlt sich Naruto dazu verpflichtet, sich zu verteidigen. „Was willst du mir hier vorwerfen? Dass ich zum Schutz des Dorfes handle? Ich töte Leute, die eine potenzielle Gefahr für uns darstellen.“ „Du bist doch inzwischen selbst eine Gefahr für uns und all diese Leute haben uns nichts getan. Glaubst du, dein Handeln verschafft uns Sicherheit? Du schiebst uns damit immer mehr in die Schussbahn.“ „Das ist nicht wahr. Ich tue alles, um euch da raus zu halten.“ „Lassen wir dein schießwütiges Verhalten mal außer Acht. Wenn es etwas gibt, das ich dir vorwerfe, dann ist es dein Versagen als Vater. Du hast einen Sohn, der dich nicht kennt und den du immer wieder zurückweist. Ich weiß, du hast Angst davor auch ihn zu verlieren, aber du musst das endlich überwinden.“ Das ist eine Behauptung, die er entschieden abstreitet. Er liebt seinen Sohn und würde für ihn quer durch die Hölle marschieren. Ihn als schlechten Vater zu titulieren ist die größte Beleidigung, die sie ihm gegenüber äußern kann und die zeitgleiche Aufforderung endlich mit dem damaligen Geschehen abzuschließen, versetzt ihm einen Schlag in den Magen. Er blickt sie mit einem recht fassungslosen Gesichtsausdruck an, als würde er an ihrem Geisteszustand zweifeln. Mit einem ungläubigen Lächeln auf den Lippen schüttelt er den Kopf „Weißt du, was du von mir verlangst? Ich soll meine Tochter vergessen. Ich habe Jahre nach ihr gesucht und ich werde niemals aufgeben. Sie ist mein Kind.“ „SIE IST AUCH MEINE TOCHTER!“ Dieser Dialog wird ohnehin schon von einigen belauscht und nach diesem Ausbruch hören weitere Dorfbewohner zu, während es Naruto die Sprache verschlagen hat. Ihm bleibt jede Silbe im Hals stecken, wobei er sie anschaut, wie eine geisterhafte Erscheinung. Neji und die anderen senken nur betrübt ihre Blicke, aber halten sich dennoch aus diesem öffentlich praktizierten Ehestreit heraus. Sie wissen, wie es Hinata in den vergangenen Jahren ergangen ist. Ihnen hat die zweifache Mutter sich anvertraut, weil ihr Mann zu einer mordenden Bestie mutiert ist. Alle ihre Gefühle und Emotionen hat sie bei ihren Freunden abladen müssen und ihren Gatten in Ungewissheit zurückgelassen. Er hat nie danach gefragt, wie es ihr geht und wenn das Thema drohte aufzukommen, dann flüchtete er. Hinata hat ihren Mann seit dem Verschwinden der gemeinsamen Tochter nicht einmal traurig oder gar weinen gesehen. Er weigert sich, diese Situation zu verarbeiten und stößt alles von sich, was damit zusammenhängt. All seine Freunde wissen das und haben es bis zum heutigen Tag ertragen und geduldet. Jetzt bricht alles heraus.   Schluchzend presst sich Hinata eine Hand auf den Mund und sammelt sich. „Ich habe sie ausgetragen und unter Schmerzen auf die Welt gebracht. Du warst dabei und glaub mir, wenn ich dir sage, dass ich denselben Schmerz spüre, wie du. Es zerreißt mich, wenn ich daran denke, sie nie wieder zu sehen. Es tut schrecklich weh, nur noch von ihr träumen zu können. Hanzo wird seine ältere Schwester niemals sehen und wir werden nie erfahren, was aus ihr geworden ist. Ich liebe unsere Kinder nicht weniger als du. Sie bedeuten mir alles. Bist du wirklich so blind geworden, dass dir das nicht bewusst ist?“ Sie erwartet auf diese Frage nicht einmal eine Antwort. Sie steht nur eine Armlänge von ihm entfernt, schaut ihn vorwurfsvoll und mit geröteten Augen an, bis er diesen Anblick nicht mehr ertragen kann und seinen Blick beschämt abwendet.   Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit, fühlt er sich schlecht. Plötzlich ist diese bleierne Schwere wieder zurück und scheint seine Bewegungen zu lähmen. Ein schwerer Stein manifestiert sich in seinem Inneren und nimmt ihm fast die Luft. Sein Gewissen klopft wieder an und breitet sich in seinem Denken aus, während in seinen Ohren dieser eine spezifische Satz, wie ein nie enden wollendes Echo widerhallt: Sie ist auch meine Tochter. Wieso hat er diese Tatsache verdrängt? Wieso hat er so getan, als würde nur er alleine diese Qualen durchleiden? Was hat er ihr nur angetan? Von jetzt auf gleich wird ihm klar, wie egoistisch er sich verhalten hat und was er damit angerichtet hat. Hinata betrauert diesen Verlust ihrer Tochter immer noch und durch seine Abweisung, ist es ihr unmöglich gewesen, mit ihm darüber zu sprechen. Sie konnte sich ihm nicht anvertrauen, weil er immer gleich abblockte. Er hat als Ehemann versagt und war nicht für sie da, als sie ihn am meisten gebraucht hat.   Nach unzähligen Morden und mit der Hilfe nur eines einzigen Satzes, wird ihm das Ausmaß seines Handelns erst jetzt bewusst. Nach fünf Jahren wird ihm bewusst, dass er nicht nur seine Familie, sondern all seine Freunde mit seinem Tun verletzt und sogar verraten hat. Er hat all seine Prinzipien verloren und seine Moralvorstellungen mit Füßen getreten. Er war weder Vater, noch Freund, noch Ehemann. Er war - er ist ein Monster. Hilflos macht er einen Schritt auf seine Frau zu und verspürt den unbändigen Drang, sie zu umarmen. Er will vor ihr auf die Knie fallen und um Entschuldigung betteln, doch er schafft es nicht einmal Luft zu holen, um zu einer ehrlich gemeinten Entschuldigung anzusetzen. Hinata kommt ihm zuvor. „Ich verlange nicht von dir, dass du sie vergessen sollst, aber setze dich endlich damit auseinander. Bitte.“ Mit einem unterdrückten Schluchzen wendet sich Hinata von ihrem Mann ab, der ihr nur schweigend hinterherschaut und erneut in die Gesichter seiner Freunde blickt, bis sie sich abwenden und verschwinden. Wie verloren, steht er auf der Stelle und scheint zu jeder Handlung unfähig zu sein. In seinem Kopf kreisen die zahlreichen Gedanken in einem Karussell und eine einzige Frage spielt sich dominant in den Vordergrund: Was hat er nur angerichtet? Die ganzen Morde, sie haben nichts gebracht. Er ist seiner Tochter kein Stück nähergekommen und hat sich stattdessen von seiner Familie entfremdet. Er hat alles nur noch schlimmer gemacht. Sich der ganzen bitteren Realität plötzlich wieder bewusst, blickt er erneut in die Richtung seiner Frau, ehe er die Maultiere weiter von dem Zuggeschirr befreit und auf die Koppel zu den Pferden entlässt.   Für Naruto entpuppt es sich immer mehr zu einer Qual, dass er das Leid und den endlosen Kummer seiner Liebsten nicht bemerkt hat. Erst jetzt breitet sich die Erkenntnis in seinem Kopf aus, dass er für Hanzo bisher kein guter Vater gewesen ist. Distanziert, abweisend und kaum zuhause. Er hat Entwicklungen von dem Jungen verpasst, die ein Vater nicht verpassen sollte und bei seiner ständigen Abwesenheit ist es nahezu ein Wunder, dass der Bursche ihn Vater nennt.   Hinata findet in dieser Nacht nicht zur Ruhe. Zum wiederholten Male öffnet sie ihre Augen und blickt zu der schlafenden Gestalt ihres Sohnes, der friedlich und entspannt seine Traumwelt erkundet und von den Sorgen seiner Eltern keinerlei Vorstellung besitzt. Sein Vater war bisher nie für ihn da. Er war nicht da als Hanzo die ersten, selbstständigen Schritte tätigte und er war nicht da, als der Junge zu sprechen begann. Naruto ist dem Leben seines Sohnes kaum präsent und eben das versteht der Junge nicht. Zweifelsfrei liebt er seinen Vater und buhlt um dessen Aufmerksamkeit, doch als männliches Vorbild und als Vaterfigur, hat er sich Neji ausgesucht. Eine Tatsache, derer Naruto sich gar nicht bewusst ist.   Seufzend tastet Hinata den Platz neben sich ab, der sich als vollkommen kalt und verwaist herausstellt. Er ist nicht ins Bett gekommen, was bedeutet dass er irgendwo im Dorf sitzt und mit dem Schicksal hadert. Schweigend richtet sich die Indianerin auf und blickt zu der Schlafstelle ihres Mannes, ehe sie zur Tür schaut. Sie wollte, dass er endlich wieder zur Vernunft kommt und sich all seine Taten in ihrer Grausamkeit vor Augen hält. Sie wollte, dass er sich damit auseinandersetzt und doch fällt es ihr schwer, ihn mit dieser Fülle an Grausam-, und Gedankenlosigkeit alleine zu lassen. Früher hätte sie es ihm zugetraut, alleine damit fertig zu werden, doch in diesem akuten Fall denkt die zweifache Mutter darüber anders. Seine Opfer sind so zahlreich, dass er sich von dieser Masse überrannt vorkommen muss und zusätzlich dazu, quält ihn die Erkenntnis, dass er über Jahre seine Familie und Freunde im Stich gelassen hat. Es ist die Einsicht, alles falsch gemacht zu haben, was er falsch machen konnte. Vielleicht hätte sie die Sache ruhiger und diplomatischer angehen sollen. Ihn erst einmal nur leicht in die gewünschte Richtung stoßen sollen, anstatt ihn sofort in kaltes Wasser fallen zu lassen. Sie hat den Schmerz in seinen Augen erkennen können und damit auch sicherlich vernarbte Wunden wieder aufgerissen, aber sie konnte nicht anders.   Schweigend stemmt sich Hinata in die Höhe, nachdem sie abermals einen kurzen, prüfenden Blick auf ihren Sohn gerichtet hat und verlässt den Hogan, um sich auf die Suche nach ihrem Mann zu machen. Sie hat eine Ahnung, wo sie ihn finden wird.   Es gibt kaum Anzeichen von Aktivität, nur wachsame Wärter, die nach dem verehrenden Angriff in der Vergangenheit ihre Aufgaben äußert ernst nehmen. Sie nickt einigen von ihnen zu, die zwar verwundert das Gesicht verziehen, sich aber keine weiteren Gedanken machen und sie ziehen lassen. Ihre Vermutung stellt sich, nach einigen letzten Schritten, als richtig heraus. Naruto sitzt auf dem staubigen Boden der Pferdeweide, angelehnt an einem Pfosten des Zaunes und von dem Licht des Vollmondes bestrahlt. Die Beine von sich gestreckt mit gesenktem Kopf und in sich zusammen gefallener Haltung. Sein Blick versprüht eine andere Art von Ausdruckslosigkeit, während er abwesend mit einem kleinen Stöckchen herumspielt. Er sitzt nur da und rupft die Rinde von dem Stock, während sein Blick ins Leere zu laufen scheint. Er geht immer zu den Pferden, wenn er über etwas nachdenken will. Hierhin zieht er sich zurück, wenn es ihm nicht gut geht und das hat die Auseinandersetzung am Nachmittag sicherlich bewirkt. Er fühlt sich schlecht, überfordert und ein Stück weit allein gelassen. Seit dem klärenden Dialog hat er dutzende von Bildern im Kopf, die ihn nicht mehr loslassen. Unzählige tote Augen, die er nicht verdrängen kann und dazwischen flackert immer wieder das lachende Gesicht seiner Tochter auf. Eigentlich hilft ihm dieser Ort, wieder einen klaren Gedanken zu fassen und zur Ruhe zu kommen, doch dieses Mal hat er damit keinen Erfolg. Die Ruhe und die selbstgewählte Einsamkeit bringen ihm keine Antworten, sondern scheinen alles nur zu verschlimmern. Ratlos, verzweifelt und voller Selbsthass wirft er das Stöckchen von sich, ehe seine Hände dumpf in seinen Schoß fallen. Mit einem Mimikspiel der Resignation legt er den Kopf in den Nacken und blickt in den klaren Nachthimmel, der von dem silbrigen Schein des Vollmondes dominiert wird.   Hinata ist im Schatten der Hogan stehen geblieben und beobachtet dieses betrübte Bild ihres Mannes, der nahezu leblos in sich zusammen gesunken an dem Zaun lehnt und ins Leere starrt. Er sieht so schrecklich verloren und verzweifelt aus. Wie ein kleiner Junge, der in einer Menschensammlung von der Hand seiner Mutter gerissen wurde und vergeblich versucht, diese in der Masse wieder zu finden. Erneut drängt sich die Frage in ihr Gewissen, ob sie nicht zu hart mit ihm ins Gericht gegangen ist. Zu behaupten, ihn nicht verstehen zu können, wäre eine Lüge. Die Liebe zu seiner Tochter ist so unendlich, dass diese Ungewissheit unsagbar schwer auf ihm lastet. Es ist Wut und die Frustration der Verzweiflung, die ihn so haben werden lassen. Sie kennt diesen Schmerz und diese nagende Ungewissheit selbst nur zu gut, doch kann sie es sich nicht erlauben, den gleichen Weg einzuschlagen. Sie würde Hanzo jedem Halt berauben, der ohnehin schon nicht versteht, wieso sein Vater ihn so distanziert behandelt. Seufzend setzt sich Hinata in Bewegung und geht auf ihren Mann zu, der bei den Geräuschen ihrer Schritte kurz in ihre Richtung schaut, dann aber niedergeschlagen zurückblickt. Es wirkt beinahe so, als könne er ihren Anblick nicht ertragen. Er schämt und hasst sich. Vermutlich wäre es ihm lieber, sie würde ihn ignorieren und keines Blickes würdigen. Dass sie seine Nähe sucht und sich unaufhaltsam nährt, hat er nach seinem eigenen Empfinden nicht verdient. Sie lässt sich neben ihm nieder und schweigt. Sie schweigt, weil sie ihm alles gesagt hat und sie schweigt, wenn er nicht reden will. Trotzdem will sie ihm zeigen, dass sie ihn nicht alleine lassen wird und dass sie für ihn da ist, wenn ihm doch der Drang überkommen sollte, sich alles von der Seele zu sprechen. Sie sind ein Ehepaar. Sie sind Eltern. Sie achten aufeinander und helfen sich, wenn es möglich und nötig ist.   Eine ganze Weile sitzen die Zwei einfach nur nebeneinander, lauschen den Geräuschen der Nacht und ihren eigenen Gedanken.  „Hast du mir je die Schuld dafür gegeben, dass sie fort ist?“ Erschrocken über diese plötzlich erklingenden Worte, hält die zweifache Mutter in ihren Gedanken inne und betrachtet das Profil ihres Gatten, der nur in die Ferne blickt und auf die Antwort wartet. Die Antwort auf eine Frage, die sich in ihm festgefressen haben muss. Sie kann Angst in seinen Augen sehen und das schwere Schlucken entgeht ihr nicht. Er hat Angst davor, dass sie diese Frage bejaht und somit insgeheim eine Wut in sich trägt, die auch unter den größten Bemühungen nicht beseitigen werden kann. Hat er Schuld an dem Angriff und der damit verbundenen Entführung seiner Tochter? Ist alles nur sein Verschulden? Nachdenklich richtet Hinata ihre Augen auf die Herde und beobachtet eines, der wenig aktiven Pferde. Ein Rappe, der gelangweilt durch das Gras trottet und hin und wieder an einigen Grashalmen herum zupft. Es ist verständlich, dass eine solche Frage ihn beschäftigt, denn es ist menschlich nach einem Sündenbock zu suchen, damit die Situation leichter zu ertragen ist. Für negative Geschehnisse lässt sich selten eine Begründung finden. Es wird auf das Schicksal oder eine andere übernatürliche Macht geschoben, um wenigstens den Ansatz einer Erklärung zu erhalten. Um selbst nicht wahnsinnig zu werden, ist jemand von Nöten, welcher sich die Hauptschuld in die Schuhe schieben lässt, aber Naruto hat sich selbst zum Sündenbock ernannt. Im ersten Moment will sie mit der Wahrheit hinterm Zaun halten. Sie will ihn nicht noch mehr verletzen, als sie es ohnehin schon getan hat, doch er ist endlich bereit darüber zu sprechen. Er will über das Geschehen reden. Jetzt ist der Zeitpunkt, um ihn mit allen Fakten, Gedanken und Empfindungen zu konfrontieren. „Am Anfang tat ich das wohl.“ Sie bemerkt wie sich sein Körper verkrampft und er mehrfach schluckt, als würde er einen Stein verschlucken wollen. Beruhigend greift sie nach seiner Hand und sucht seinen Blick. „Ich tue es aber längst nicht mehr. Du hast dich so gequält und irgendwann habe ich mir die Frage gestellt, wer wirklich schuld ist. Die Schuld allein liegt bei dem Militär. Bei den Befehlsgebern, die diesen Angriff anordneten. Du konntest nichts dafür.“ „Ich habe mich immer gefragt, was wohl passiert wäre, wenn ich diplomatischer gewesen wäre. Wenn ich eine kurzfristige Einigung erwirkt und nicht die Konfrontation gesucht hätte. Ich bin davon überzeugt, dass mein Zutun in der Situation mit den Botschaftern, der Auslöser gewesen ist.“ Seine Selbstzweifel sind nahezu greifbar.   Sich solche Fragen überhaupt zu stellen, ob er Einfluss auf den Verlauf hätte nehmen können, sind weitaus quälender, als es jede Folter fertigbringen würde. Hinata schüttelt auf seine Vermutung aber nur den Kopf und verstärkt den Griff um seine Hand. „Sie wären auch so gekommen. Vielleicht nicht in dieser Nacht und vielleicht auch nicht in der danach, aber ein Angriff hätte stattgefunden. Wir hätten das Ultimatum trotzdem abgelehnt und damit wäre das Ergebnis kein anderes gewesen.“ „Es hätte uns mehr Zeit gegeben.“ Darauf schweigt Hinata und JNaruto spart sich jedes weitere Wort.   Zeit ist ein kostbares Gut, welches einem durch die Finger rieselt, wie trockener Sand. Die gemeinsame Zeit mit Nita war gleichermaßen intensiv und wertvoll, wie kurz. Was ihnen geblieben ist, sind die Erinnerungen und einige Objekte ihrer Tochter. Wenn diese Dinge nicht wären, dann wäre es fast so, als wenn sie nie existiert hätte. Das plötzliche Verschwinden eines Menschen. Als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden. Oft kommt der Wunsch auf, dass sich in äußert peinlichen Situationen der Erdboden auftun soll, doch dass ein Verschwinden so schnell möglich ist, daran denkt niemand. Ihr kleines Mädchen wäre jetzt sieben Jahre alt. Was die ganzen Jahre übergeblieben ist, ist das verzweifelte Flehen, dass es ihr gut geht.   Die Sehnsucht nach ihrer Tochter nimmt völlig andere und bisher nicht dagewesene Dimensionen an. Der Schmerz breitet sich in ihrem Inneren aus, wie ein Fluss, der nach tagelangem Regen über die Ufer tritt. „Sie fehlt mir.“ Narutos brüchig klingende Stimme zieht ihre Aufmerksamkeit auf sich, doch ihren Mann tatsächlich weinen zu sehen, ist für sie weitaus erschreckender, als sie es je für möglich gehalten hat. Seine verzweifelten blauen Augen, die in Tränen zu schwimmen scheinen und diese fest aufeinandergepressten Lippen, um eben jene Tränen an einem Ausbruch zu hindern. Sie hat sich nächtelang in den Schlaf geweint, tagsüber bei routinierten Arbeiten oder gar beim Stillen ihres Sohnes, unvermittelt angefangen zu weinen, ohne dass sie damit wieder aufhören konnte. Naruto hat hingegen in dieser Zeit nicht eine Träne vergossen und nun brechen sie aus ihm heraus. Langsam hebt er seine schimmernden Augen an und blickt sie an, wobei die erste Träne aus seinem Augenwinkel tritt und langsam über seine Wange läuft. Diese glitzernde Perle stoppt kurz an seinem Kinn, ehe sie herabfällt und einen kreisrunden Fleck auf dem Hemd hinterlässt. „Ich habe versagt. Ich bin ihr Vater. Ich hätte sie beschützen müssen. Ich war nicht da, als sie mich am meisten gebraucht hat.“ Schwer schluckend blickt der Familienvater wieder resigniert zu Boden, während Hinata über diese Gedankengänge nahezu entsetzt ist. Wie kann er nur glauben versagt zu haben? Er hat alles getan, um sie zu finden. Er ist von Stadt zu Stadt geritten und hat die Leute um Hilfe gebeten. Bei Wind und Wetter war er unterwegs. Er hat von sich und seinem Pferd alles abverlangt, was in ihnen steckte. Er ritt einer Reiterschar hinterher, um sein Kind aus ihren Fängen zu befreien und hätte dafür auch den Tod in Kauf genommen. Er hat alles getan, was er konnte und sich mit seinem Scheitern bis heute nicht abgefunden. Er wollte die Suche nie aufgeben und das hat er auch nicht. Selbst wenn er nicht mehr für Monate verschwindet, so hält er dennoch immer Augen und Ohren offen. Trotz geringer Erfolgsaussichten hat er Berge versetzt und musste einsehen, dass seine Mühen umsonst sind. Er hat nicht versagt. Das würde sie ihm nie unterstellen. Kopfschüttelnd und ohne Zögern, klettert Hinata zwischen die Beine ihres Mannes, ehe sie sich an seinen Oberkörper drückt und die Arme fest um ihn legt. Die erste intime Berührung seit langer Zeit und beinahe so intensiv, wie beim ersten Mal. Sie lauscht seinem Herzschlag, welcher ihr noch immer die liebste Melodie ist und atmet seinen Geruch ein, der ein wohliges Kribbeln in ihr auslöst. Als er seine Arme um sie legt und sie zärtlich an sich drückt, wobei er sein Gesicht in ihrer Haarpracht vergräbt, sind diese zahlreichen dunklen Empfindungen und Gedanken verschwunden. Als hätte die leichte Brise sie davongetragen. Dankbar schließt sie die Augen und flüstert einen Satz, den nur er verstehen kann und der die empfundene Schuld schmälert. Sie wird dich immer lieben. Ein Platz auf ewig in ihrem Herzen. Egal bei wem sie lebt, sie sind ihre Eltern. Sie waren da, als sie die ersten Schritte tätigte. Sie waren da, als die ersten Wörter über ihre Lippen kamen und sie waren es, die ihr die erste Liebe schenkten kaum, dass sie auf der Welt war. Vielleicht erinnert sie sich nicht mehr an ihre Gesichter, aber sie sind ein unauslöschlicher Teil von ihr, welcher tief in ihrem Bewusstsein verankert ist. Vielleicht kann sie sich an ihre Stimmen oder prägende Ereignisse erinnern und seien es nur schemenhafte Erinnerungen. Vielleicht weiß sie, wo sie herkommt und wo ihr zuhause ist. Vielleicht ...   Hinata hat die unglaubliche Eigenschaft, sofort eine wohltuende Ruhe in ihm auszulösen, sobald sie nur in seiner Nähe ist. In ihr wohnt eine unglaubliche Persönlichkeit. Herzensgut und nach außen hin schwach wirkend. In Wirklichkeit ist so stark, wie es kein Mann an körperlicher Kraft erreichen könnte. Eine Frau mit so viel Güte, dass es für die ganze Welt reicht und mit solch einem Willen, der genauso fest ist, wie ein Fels in der Brandung. Naruto weiß schon lange, dass er sie für sein Leben benötigt, um sich nicht selbst zu verlieren. Ihre Worte sind es, welche die Schwärze in seinem Inneren ein wenig aufklaren lässt. Er lauscht auf, als ihre Stimme die Stille durchbricht. „Es hat auch sein Gutes, dass wir nicht wissen, was passiert ist. So können wir hoffen. Hoffen darauf, dass es ihr gut geht und sie bei Leuten ist, die sich um sie kümmern.“ „Und das reicht dir?“ „Es macht es erträglicher.“   ***   „Die Tötung, dieser ganzen Menschen, hat er jedoch nicht bereut. Zumindest nicht in dem Umfang, wie er es früher getan hätte, aber er ließ den Revolver wieder im Holster. Seine Wut und seinen Hass jedoch, wurde er mit diesem Gespräch nicht los. Er befolgte nur den Rat seiner Frau: Hoffnung lässt einen die Last leichter tragen.“ Wieder gleiten die zahlreichen Augenpaare der Zuhörer auf die übergroße Pferdestatue. Jedem einzelnen wird immer klarer, dass diese ganzen Heldentaten und historisch belegten Fakten, nur die Spitze des Eisberges sind. Unter dieser Hülle sah es anders aus. Naruto muss sein Leben lang ein trauernder Vater gewesen sein, während er alles dafür tat seiner Familie ein gutes Leben zu ermöglichen. Er war innerlich zerfressen. Konohamaru hat die Geschichte nie so zu hören bekommen. Ihm wurden immer nur die zahlreichen Schlachten und Verhandlungen mit der US-Regierung vermittelt. Selbst in der Schule handelt das Thema bloß von den politischen Aspekten und viel weniger um die Persönlichkeit dieses Mannes, die absolut einmalig war. Er ist inzwischen schon intensiv dabei seine oberflächlichen Gedanken zu überdenken und entwickelt eine tiefgehende Neugier, wie es mit Joseph weiter gegangenen ist. „Wie ist es dann weitergegangen?“ „Nicht so harmonisch, wie man sich das vielleicht denkt. Es kam immer zu Übergriffen auf das Dorf. Die Regierung wollte sie unter Druck setzen und so eine Kapitulation erzwingen. Das Leben im Dorf wurde zu gefährlich und niemand wollte das Risiko eines Blutbades eingehen, so dass sie sich schließlich umsiedelten. Sie bauten sich eine neue Heimat in einem Canyon auf. Wir kennen diesen Ort unter den Namen Canyon de Chelly. Ein fruchtbarer Platz, mit sehr viel natürlichem Schutz. Schluchten, Höhlen, unübersichtliche Stellen. Dort hätten sie gut leben können und im Grunde war die Aufgabe der alten Heimat, der Sieg für die Siedler. Sie konnten das Land nun für sich nutzen und damit, sollte man meinen, könnten die Indianer nun in Frieden leben. Ein Irrglaube. Die Regierung wollte die alleinige Macht. Eine Unterjochung jeder einzelnen Rothaut und deshalb kam es, wie es kommen musste ...“     Kapitel 5: Der Abltraum beginnt ------------------------------- Frühjahr 1864 Die letzten neun Jahre sind unsagbar schnell ins Land gezogen und mit all dieser Zeit sind auch Veränderungen einher gegangen, die unausweichlich gewesen sind. Am dramatischsten ist wohl der erzwungene Rückzug aus ihrer einstigen Heimat gewesen. Gewaltsam vertrieben von den weißen Siedlern und der US-Regierung, wurden die Diné dazu genötigt ihr Land zu verlassen und woanders neu anzufangen. Die ständigen Kämpfe und Drohungen sind ermüdend gewesen und zerrten an den mentalen Kräften. Sicherlich kann diese Tätigkeit als eine Niederlage angesehen werden und doch war es zeitgleich die einzige Möglichkeit, um einen Schritt in eine eventuell friedliche Koexistenz zu tätigen. Nach langem Fußmarsch, mit hunderten von Tieren und tausenden Stammesmitgliedern, kam es einem himmlischen Geschenk gleich, als sie einen Ort fanden, an dem sie einen Neuanfang als möglich betrachteten. Schnell wurden Felder angelegt und Häuser gebaut. Ein neues Dorf und somit ein neues Zuhause. Sie haben sich alle eingelebt und trotzdem bleibt der Gedanke existent, dass dieses friedliche Leben nicht ewig anhalten wird. Mehr Zeit ist alles, was die Indianer mit solchen Aktionen heraus holen können. Eine weitere und nicht weniger katastrophale Veränderung ist der Bürgerkrieg, der seit dem 14ten April 1861 das Land in ihren Grundfesten erschüttert und weite Gebiete im Land betrifft. Es ist der Höhepunkt von zahlreichen gescheiterten Kompromissen, die bereits 1819 mit dem Beitritt von Alabama in die Union begonnen hatten. Damit gab es elf freie und elf unfreie Staaten. Vor der Zulassung von Missouri als neuem Staat, verlangten nordstaatliche Abgeordnete, in diesem Gebiet sollten Sklaven oder zumindest deren Kinder frei werden. Sie konnten darauf verweisen, dass im Rahmen der Northwest Ordinance von 1787 auch Ohio, Indiana und Illinois, vor der Aufnahme in die Union, Auflagen bezüglich Sklaverei hatten hinnehmen müssen. Die Vertreter des Südens stellten sich auf den Standpunkt, der Kongress habe in diesem Punkt keine Kompetenz, den Einzelstaaten Vorschriften zu machen. Die in der Verfassung niedergelegte Formulierung - neue Staaten können in die Union aufgenommen werden- sage nichts über die Art der Gesellschaftsordnung aus. Sklaven haltende Südstaatler pochten auf das Recht, ihr Eigentum mit über den Mississippi zu nehmen. Eine Kompromissmöglichkeit zeichnete sich ab, als das im äußersten Nordosten gelegene Maine um Aufnahme in die Union suchte. Im Missouri Compromise von 1820, einigte sich der Kongress darauf, die Sklaverei in den Territorien nördlich der Mason-Dixon-Linie künftig zu verbieten, mit Ausnahme Missouris. Maine wurde als freier, Missouri als unfreier Staat aufgenommen. Das Gleichgewicht war scheinbar wiederhergestellt. Der Kompromiss hielt noch, als Arkansas und Michigan zu Unionsstaaten wurden, der eine nördlich, der andere südlich der vereinbarten Linie. Allerdings stand zu erwarten dass südlich der Linie in nächster Zukunft nur Florida die Aufnahme beantragen würde, während sich im Norden Wisconsin, Iowa und Minnesota anschickten Bundesstaaten zu werden. Die Südstaaten mussten also befürchten, wieder ins Hintertreffen zu geraten. Im Norden zeigte sich Irritation darüber, dass die Verfassung von Missouri freien Schwarzen die Einreise verwehrte. Der Kompromiss von 1850, vorangetrieben von Henry Clay, war ein letzter Versuch sich zu einigen. Kalifornien wurde als freier Staat aufgenommen. Im Gegenzug verzichtete der Kongress darauf für Neumexiko und Utah eine Regelung in puncto Sklaverei zu treffen. Die Fugitive Slave Laws wurden verschärft. Der Kansas-Nebraska-Act von 1854 stellte den Bewohnern die Entscheidung frei, ob sie Sklaven haben wollten oder nicht. Nachdem diese beiden Territorien nördlich der Mason-Dixon-Linie lagen, war der Missouri-Kompromiss entwertet. Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd ist die Sklaverei. Sklaven freie gegen Sklaven haltende Staaten. Ein Kräftemessen auf einer kaum vorstellbaren Ebene. Nach der Wahl Lincolns zum Präsidenten brachte Senator John Crittenden aus Kentucky einen letzten Kompromissvorschlag ein. Das Parlament sollte sich für die Sklaverei erklären, wenn die Südstaaten in der Union bleiben. Der Norden war jedoch kompromissmüde. Lincoln unterstützte diesen Vorschlag demnach nicht und sein langjähriger Weggefährte William Herndon fauchte: „Kompromiss - Kompromiss! Also, mir wird schon schlecht bei der Vorstellung. Lasst diesen natürlichen Krieg, lasst diesen unvermeidlichen Kampf seinen Lauf nehmen, bis die Sklaverei tot ist, mausetot.“ Mit einem weiteren Kompromiss hätte der Norden nur den Rest seiner Selbstachtung kompromittiert, schrieb James Russell Lowell im Atlantic Monthly. „Lasst uns den Streit jetzt austragen“, forderte der Kongressabgeordnete Edward Wade. Der Krieg sei nicht das schlimmste aller Übel, schrieb eine Zeitung in New Hampshire. Das Unrecht der Sklaverei sei nur noch mit einem Blutopfer zu sühnen. Der Frieden sei nicht das primäre Interesse eines Volkes, echote ein Abgeordneter aus Ohio. Mäßigende Stimmen gingen im Lärm der Kriegsvorbereitung unter. William Seward kam auf die Idee, die allseitigen Aggressionen in einen anderen Kanal zu lenken. In einem Memorandum legte er Lincoln nahe, die USA sollten sich an einem europäischen Krieg beteiligen, um Nord und Süd auf eine gemeinsame Sache zu verpflichten. Der Präsident ließ sich nicht beirren, die Weichen waren gestellt und das vor einem Hintergrund, den kein menschliches Wesen als plausibel erkennen sollte. Die erste Kriegshandlung war der Beschuss von Fort Sumter, nachdem sich die militärische Besatzung einer Räumungsaufforderung der Konföderierten widersetzt hatten und seitdem herrscht Krieg im Land. Die nun herrschenden Zeiten und die Bedingungen, sind äußert konsequent und von einer umherschwappenden Welle an Patriotismus geprägt. Wer sich gegen den Krieg ausspricht, wird direkt eingesperrt. Es ist schwerer geworden zwischen Freund und Feind zu unterscheiden und es muss genau abgewägt werden, was gesagt werden kann und was unmittelbare Konsequenzen nach sich ziehen würde. Es gibt nur noch Schlachtfelder und Tote. Egal wo der Blick auch hingeleitet, überall scheint gekämpft zu werden. So gesehen hat dieser Bürgerkrieg auch eine gute Seite: Der Stamm ist weniger Angriffen ausgesetzt, auch wenn die Feldzüge gegen die Rothäute noch immer praktiziert werden. Familiär gibt es auch einige Änderungen bei Naruto und Hinata. Eigentlich gibt es nur zwei und die tragen die Namen Minato und Kushina. Minato wurde vor sieben Jahren geboren und hat einen äußert lebhaften Charakter und während Hanzo äußerlich von beiden Elternteilen etwas geerbt hat, so sieht Minato wiederum seinem Vater zum verwechseln ähnlich. Dieselben Gesichtszüge, dieselben wilden blonden Haare und die gleichen blauen Augen. Der Junge ist jedoch bei allen Stammesmitgliedern dafür bekannt, dass er nur Unsinn im Kopf hat und so ist es fast schon an der Tagesordnung, dass Naruto sich bei irgendeinem Dorfmitglied für irgendeine Dummheit seines Sprosses entschuldigen muss und den Jungen hinter sich her schleift, damit dieser sich noch zusätzlich und reumütig für sein Handeln entschuldigt. Die bisherigen Strafpredigten und Konsequenzen zeigen jedoch keine Wirkung und dass der Bursche so ist, wie er eben ist, überrascht den Familienvater nicht. Naruto hat gegenüber seiner Frau zugegeben, dass er in dem Alter ganz genauso war. Er sagte, Minato könnte die jüngere Version von ihm sein. Die kleine Schwester von Hanzo und Minato ist im direkten Vergleich das genaue Gegenteil. Sie ist ruhig, nahezu unauffällig und unglaublich schüchtern. Sie schlägt damit eindeutig in die Richtung ihrer Mutter und ist wegen ihrer jungen vier Jahre auch das wohlbehütete Nesthäkchen der Familie. Kushina hat jedoch nicht nur den sanftmütigen Charakter ihrer Mutter geerbt, sondern auch die seidigen dunklen Haare und die weichen Gesichtszüge. Lediglich ihre Augen stammen von ihrem Vater. Sie hat die gleichen ausdrucksstarken saphirblauen Augen. Sie ist ein richtiger Sonnenschein. Ihre großen Brüder lesen ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Sie beschützen sie und fallen jeden an, der sie auch nur leicht zu trietzen beginnt. Die Beiden erfüllen ihre Rolle als große Brüder sehr lobenswert. Naruto muss sich faktisch um nichts Sorgen machen. Hanzo ist inzwischen dreizehn Jahre alt und ein sehr verantwortungsbewusster Jüngling, der gerne auch mal die Führungsrolle übernimmt. Wegen seiner selbstbewussten Art und seinem entsprechenden Auftreten, blicken seine Geschwister zu ihm auf, während Hanzo selbst sich sehr an seinem Vater orientiert. Es hat lange gedauert, bis er seinem Vater uneingeschränkt vertrauen und ihn als Vorbild anerkennen konnte, wo Naruto doch vorher kaum für ihn da gewesen ist. Es war viel Geduld und Feinfühligkeit von Nöten, um eine wirklich enge Bindung zwischen Vater und Sohn entstehen zu lassen, von der fast schon angenommen wurde, dass sie gar nicht mehr entstehen kann. Naruto hat sich sehr bemüht und wurde dafür belohnt. Die drei Geschwister könnten gar nicht unterschiedlicher sein und doch sind sie allesamt zuverlässig und fleißig. Sie erledigen ihre Aufgaben nur sehr individuell und lassen ihren Eltern schon das eine oder andere graue Haar wachsen. Zur jetzigen Zeit befindet sich Hanzo mit seinem kleinen Bruder auf einer der großen Weidenflächen für das Vieh, welche mit saftigem Gras bewachsen sind und Bäume und Felsen als Schattenspender fungieren. Zwischen grasenden Schafen und einigen Hühnern erhält Minato einige Lektionen, in der Thematik Reiten. Während Hanzo auf festem Boden steht, dreht Minato um seinen Bruder herum Kreise und versucht dessen Anweisungen umzusetzen, was ihm aber nur mäßig gelingt. Er sitzt verkrampft auf dem Rücken des Pferdes und schafft es kaum sich aufrecht zu halten. Der Bursche hat sich das alles sehr viel leichter vorgestellt, als es in Wirklichkeit ist. Bei seinem Vater und seinem Bruder sieht das immer so einfach aus. Hastig greift Minato die Zügel nach und bemerkt dabei erneut, welch Schmerzen bereits in seinen Fingern stecken. Er kann diese kaum noch strecken und das erste Taubheitsgefühl breitet sich in seinen Fingerspitzen aus. Bestimmt dutzende Male hat Hanzo in den letzten Minuten zu ihm gesagt, dass er seine Hände nicht so verkrampfen soll und trotzdem umschließt der Bursche die Zügel durchgehend so fest, als würde sein Leben daran hängen. Die Stute beginnt leicht zu bocken, weswegen Hanzo schon einige Schritte auf seinen Bruder zu tätigt, da er die drohende Gefahr kommen sieht. „Halt dich gerade. Korrigiere sie mit den Versen, nicht mit den Zügeln.“ Eine ebenfalls schon mehrfach ausgesprochene Anweisungen, doch wenn Hanzo eines ist, dann ein äußert geduldiger Mentor, der kein Problem damit hat Dinge zum zehnten Mal zu sagen. Es ist aber nicht verwunderlich, dass diese Order nicht mehr umgesetzt werden kann, denn noch bevor Minato überhaupt die Zügel lockern oder seinen Sitz korrigieren kann, schlägt die Stute mehrfach aus, buckelt und steigt leicht in die Höhe. In den ersten Momenten gelingt es Minato noch sich auf dem Rücken des Tieres zu halten, doch bei einem erneuten Ausschlagen hebt es ihm aus seinem Sitz und er landet äußert unsanft auf dem staubigen Boden. Minato keucht schmerzhaft auf, als er den Bodenkontakt verspürt und ringt einen Moment lang um Atem. Erschrocken über diesen Anblick und mit der Befürchtung im Hinterkopf, dass sich sein kleiner Bruder ernsthaft verletzt haben könnte, läuft Hanzo zu ihm hin und beugt sich runter, wobei er seinem Bruder eine Hand auf den Rücken legt. Dieser kauert am Boden und mahlt angestrengt mit den Zähnen. Er macht keine Anstalten wieder auf die Beine zu kommen. Er ist frustriert und demotiviert. „Hast du dir was getan?“ „Ich habe keine Lust mehr.“ Hanzo seufzt erleichtert und schließt einen Moment die Augen, nachdem er absolut sicher ist, dass seinem jüngeren Bruder nichts passiert ist. Auf diese kapitulierenden Worte hingegen, schüttelt der dunkelhaarige Jüngling aber nur den Kopf. „Du kannst nicht erwarten gleich alles zu können. Was hast du dir denn vorgestellt? Du steigst auf und bist ein hervorragender Reiter?“ „Nein, aber ich wollte wenigstens nicht abgeworfen werden. Sie ist kein gutes Pferd.“ Empört schlägt Minato die Hand seines großen Bruders weg und funkelt ihn wütend an, wobei Tränen in seinen Augen stehen. Keine Tränen des Schmerzes, sondern vielmehr Tränen aus Enttäuschung und Wut. Das Ergebnis von Frustration und Selbstüberschätzung. Die utopische Wunschvorstellung in seiner kindlichen Fantasie, ist schon beim Aufsteigen in seine Einzelteile zersprungen. Hanzo seufzt etwas ratlos und lässt sich einfach auf dem Boden nieder, so dass er Minato gegenüber sitzt, der nur beleidigt auf den staubigen Boden blickt und an einigen trockenen Grashalmen herum zupft. Die bockende Stute hat sich inzwischen beruhigt und steht friedlich grasend, etwas abseits von den Geschwistern. Eine Weile blickt Hanzo seinen Bruder nur schweigend an, während dieser immer wieder grimmige Blicke zu der Stute wirft und ihr wohl ziemlich boshafte Dinge an den Hals wünscht. Eine ungerechtfertigte Wut auf ein unschuldiges Wesen. Aus diesem Grund schüttelt Hanzo erneut nur den Kopf und verschränkt ernst die Arme vor der Brust. „Es gibt keine schlechten Pferde, nur unfähige Reiter.“ Empört und gekränkt schaut Minato zu seinem großem Bruder, dessen Worte gar nicht authentischer hätten klingen können. Im Bruchteil eines Augenblickes wandeln sich die Wuttränen in bittere Tränen der Enttäuschung um. Es ist normal dass Menschen für Misserfolg erst bei anderen Faktoren den Fehler sucht, doch wenn jemand die eigene Unfähigkeit vorgehalten bekommt, dann ist das niederschmetternd. Das eigene Versagen ertragen zu müssen ist nur schwer zu meistern und wohl so manches mal auch schwer zu verstehen. Kritik bleibt nun mal Kritik, ganz gleich in welch konstruktive Worte diese auch verpackt werden mag und Kritik hört sich niemand gerne an. Traurig und mit bebender Unterlippe blickt Minato wieder auf den Boden und beginnt erneut damit an den trockenen Grashalmen herum zu spielen, ehe ein kleiner Stein seine Aufmerksamkeit zurück fordert, den Hanzo geworfen hat. Sein großer Bruder lächelt aufmunternd. „Minato, du erwartest zu viel von dir. Du bist zu verkrampft. Sie hat dich abgeworfen, weil du ihr wehgetan hast. Es geht beim Reiten nicht darum die Kontrolle über das Tier zu haben, sondern darum eine Einheit zu bilden. Die Zügel sollten für die gar nicht existieren. Du musst mit deinem Körpergewicht arbeiten. Suche ihren Rhythmus und passe dich daran an, alles andere ist sinnlos. Wenn du das schaffst, ist der Rest nur noch Nebensache.“ „Das versuche ich doch, aber ich kriege es nicht hin.“ „Ein Pferd ist ein Fluchttier, dass bei geringstem Anzeichen für Gefahr davon läuft. Wir verlangen von diesen Geschöpfen unglaublich viel, wenn wir uns auf ihre Rücken schwingen, wie es Raubtiere bei einem Angriff tun. Daher ist es umso wichtiger ihnen die Kontrolle zu lassen, ohne selbst die Kontrolle zu verlieren.“ Hanzo weiß, dass das ziemlich widersprüchlich klingen muss und sucht nach einer Möglichkeit seinem kleinen Bruder diese Worte irgendwie begreiflich zu machen. „Schließ' die Augen und stell dir jede Gangart von ihr genausten vor. Jede Muskelbewegung. Jeder Schritt. Überlege dir, wie du dich diesen Bewegungen anpassen kannst. Wie solltest du sitzen, wie dich halten? Wie kannst du zu einem Teil von ihr werden? Wie kannst du sie lenken, ohne ihren Willen zu brechen? Du musst es fühlen.“ Gehorsam und willig diese Hürde zu überwinden, tut Minato genau das, was sein großer Bruder von ihm verlangt. Er stellt sich jedes Detail vor und formt ein harmonisches Gesamtbild daraus. Der Bursche bemerkt gar nicht, wie er langsam zu lächeln beginnt und eine Selbstsicherheit ausstrahlt, wie sie ihm die ganze Zeit gefehlt hatte. Er war unsicher, kaum dass die erste Reitstunde begonnen hat. Angst und Unsicherheit sind Empfindungen, die unbewusst auf das Tier übertragen werden, welches unglaublich sensibel darauf reagiert und im schlimmsten Fall den Reiter abwirft. Ohne dass sein kleiner Bruder etwas davon mitbekommt, stemmt sich Hanzo in die Höhe und holt die Stute zurück, welche durch ein Schnauben die Aufmerksamkeit ihres Besitzer weckt. Die Stute ist ein Geschenk von von Naruto gewesen, der seinem Sohn damit einen sehr großen Wunsch erfüllt hat. Ein ruhiges ausgeglichenes Tier, mit fuchsfarbenem Fell, einer breiten Blässe von der Stirn bis zu den Nüstern und stolzer Körperhaltung. In Narutos Augen ist die Stute genau das richtige Pferd für seinen unerfahrenen Sohn, auf dem er schnell die Reitkunst erlernen wird und Minato hat sich auch sehr darüber gefreut. Er konnte es kaum erwarten auf dem Rücken des Tieres zu sitzen, doch dass ihm das Reiten so schwer fällt hat er nicht in Betracht gezogen. Der Bursche holt noch einmal tief Luft, um sich von dieser nervösen Anspannung zu befreien, als er erneut auf sein Pferd zu geht. Minato kann es nicht leugnen, dass er ein ganz anderes Gefühl hat, als er sich von seinem Bruder erneut auf die Stute heben lässt und sogleich den passenden Sitz findet. Er fühlt sich sicher und ruhig. Das nervöse Herzklopfen zu Beginn ist verschwunden und selbst wenn er darüber nachdenkt, hat er keinerlei Erwartungen an sich selbst oder an das Pferd. Er hält sich plötzlich an die Devise: Passieren lassen. Der blonde Spross nimmt die Zügel auf, wobei Hanzo schon jetzt eine Korrektur vornimmt, oder besser gesagt eine Hilfestellung tätigt. Er sorgt dafür dass sein kleiner Bruder zwar die Zügel in den Händen hält, sich jedoch hauptsächlich an der Mähne des Tieres festhält. Die Zügel sollen nicht existent sein. „Richte dich auf. Halte deinen Körper gerade, sei aber nicht angespannt. Winkel deine Beine leicht an und halte die Versen unten. Drücke deine Knie zusammen, so hast du einen sicheren Sitz. Wenn die Richtung ändern willst, arbeite mit deinen Beinen. Arbeite mit ihr und nicht gegen sie.“ Minato nickt verstehend und nachdem sein Bruder ein paar Schritte zurück gegangen ist, übt er nur ein minimalen Schenkeldruck aus, der vollkommen ausreichend ist dass sich das Tier mit gemütlichen Schritten in Bewegung setzt. Entspannt und ohne Druck gelingt es dem Jungen problemlos zwischen den Gangarten zu wechseln und das einzig und allein mit minimalen Beinarbeiten, die er selbst kaum wahrnimmt. Kein Scheuen und kein Bocken, nicht einmal ein Schnauben. Die Freude über diesen längst überfälligen Erfolg, lässt so auch nicht lange auf sich warten. Ein fröhliches, vielleicht auch etwas fassungslos klingendes Lachen hallt über die Weidefläche, während Hanzo nur stolz die Arme vor der Brust verschränkt und seinem kleinen Bruder beobachtet. Er hatte keine Sekunde lang daran gezweifelt, dass er das schafft. Jeder braucht nur unterschiedlich lange, um die Besonderheiten der Reitkunst wirklich zu verstehen. Diese Lehre ist, wie so vieles andere auch, bei den Indianern völlig anders, als bei den Siedlern. Dort geht es darum den Willen zu brechen. Das Tier gefügig machen und zu kontrollieren. Bei den Diné geht es um eine zwanglose Zusammenarbeit. Um ein Miteinander. Naruto ist ein hervorragender Reiter, der mit seinem Pferd auf eine Weise kommuniziert, die bisher keiner für möglich gehalten hat. Sie verstehen einander ohne irgendwelche Befehlsäußerungen. Ashkii wechselt die Richtung, noch bevor Naruto die Anweisung ausführen kann. Der Hengst lauert förmlich auf jedes kleinste Muskelzucken. Er reagiert auf einen bestimmten Pfiff, wenn sein Herr nicht in Sichtweite ist und beginnt damit nach ihm zu suchen. Die Beiden sind ein perfektes Team ohne dass der eine, den anderen kontrolliert. Mit seinem Vater als Vorbild vor Augen, hat Minato einfach viel zu hohe Ansprüche an sich selbst gehabt. Der dadurch entstandene Druck hat ihn vollkommen blockiert und jetzt reitet er, als hätte er nie etwas anderes getan. „Hanzo, was ist dahinten los?“ Überrascht von dieser Frage dreht sich der Angebrochene in Richtung des Dorfes und erkennt schnell, was sein kleiner Bruder gemeint hat. Zwischen den Stallungen und Hoganreihen herrscht Hektik. Verwirrt reitet Minato zu seinem Bruder und lässt sich vom Rücken der Stute gleiten, die ebenfalls recht nervös zu werden scheint. Sie scharrt mit den Hufen und schnaubt wiederholt. Würde Minato sie nicht an den Zügeln halten, würde sie wohl davon eilen und es ist nicht nur das Pferd, welches unruhig erscheint. Die Schafe laufen wild durcheinander und suchen ihr Heil in der Flucht. Die fehlende Umzäunung macht es ihnen da einfach. Die beiden Brüder sind zwar noch jung, doch solch ein Verhalten wissen sie längst zu deuten. Irgendetwas stimmt nicht und verängstigt Mensch und Tier gleichermaßen. Immer lauter werdendes Stimmgewirr, bringt Unruhe in die Umgebung. Die ersten Bewohner fliehen überstürzt aus dem Dorf und reiten oder laufen kopflos durch den Canyon. Einige stürmen an den Brüdern vorbei, die nur ratlos der flüchtenden Menge hinterher schauen und dann wieder zum Dorf blicken. „Was … was ist denn los?“ Unsicher und verängstigt blickt Minato einem guten Freund von sich hinterher, der mit seiner Familie überstürzt an ihm vorbei läuft und ihm nur einen kurzen angstvollen Blick zuwirft. Seine Mutter zerrt ihn förmlich hinter sich her, während sie mit der anderen Hand einen wenige Wochen alten Säugling an sich drückt. Mit einem zitternden Körper drängt sich Minato an seinen Bruder und klammert sich mit seiner freien Hand an dessen Hemdsaum fest, wobei er immer noch seinem Freund hinterher schaut. Eine Antwort auf diese berechtigte Frage, kann ihm Hanzo aber auch nicht geben. Er zuckt ahnungslos mit den Schultern und blickt den fliehenden Menschen ebenfalls hinterher, ehe er wieder in Richtung des Dorfes blickt. Er hat die Hoffnung, die Ursache für diese Massenhysterie zu entdecken, doch stattdessen sieht er in einer erneut heran schwappenden Flüchtlingswelle seine Mutter, mit seiner kleinen Schwester auf den Armen heran eilen. In ihrem Gesicht kann er Angst und tiefe Sorge ablesen, doch der Grund dafür ist ihm noch immer vollkommen unbekannt. Er macht einige Schritte auf sie zu und als sie nahe genug an ihm dran ist, wird aber sogleich von seiner Mutter am Arm gepackt und zurück zu der Fuchsstute gezogen, die nervös auf der Stelle tänzelt. „Ihr müsst hier weg. Jetzt, sofort!“ Wie ein gehetztes Tier erscheint sie und ihre sonst so ruhige, sanfte und liebevolle Stimme klingt wie eine falsch gespannte Gitarrenseite. Es ist mehr ein Krächzten, als ein Sprechen. Hanzo versteht die Welt nicht mehr. „Warum? Was ist denn?“ Energisch scheucht Hinata ihren ältesten Sohn auf den Rücken der Fuchsstute, drückt ihm ebenso hastig die völlig eingeschüchterte Kushina in die Arme und schwingt zum Schluss noch Minato auf das Tier, so dass dieser sich am Rücken seines Bruders festklammern muss, um nicht herunter zu fallen. Sie blickt immer wieder zum Dorf zurück. Es ist trotz der Entfernung deutlich zu erkennen, dass sich viele der Männer auf einen Kampf vorbereiten. Sie greifen zu den Waffen und stürmen nach vorne, anstatt davon. Noch immer ist sie ihrem ältesten Sohn eine Antwort schuldig, doch noch bevor sie sich überhaupt eine plausible Erklärung für das ganze Geschehen überlegen kann, fallen auch schon die ersten Schüsse und schrecken jedes Lebewesen auf. Die Stute steigt leicht und Hanzo hat seine liebe Mühe sie ruhig zu halten. Er ist entsetzt über das, was sich gerade in seiner Heimat abspielt und blickt zu seiner Mutter runter, die bei den Schüssen herum gewirbelt ist und sich erst jetzt wieder zu ihren Kindern umdreht. „Bring deine Geschwister hier weg. Reitet zu den Höhlen und kommt auf keinen Fall hier her zurück.“ „Aber... was ist mit dir? Das waren Schüsse.“ „Wir sehen uns wieder. Tu was ich dir sage. Wartet auf euren Vater. Er wird kommen.“ „Mama -“ „Jetzt geht schon! Beeilung. Mwen renmen ou.” „Wir dich auch.“ Zögernd und widerwillig treibt Hanzo die Stute schließlich an und folgt der, nun in aller Panik flüchtenden Masse. Dass er den Gedanken, seine Mutter zurück lassen zu müssen, nicht einfach so abschütteln kann, sorgt für ein unerträgliches Gefühl in seinen Innereien. Er beißt sich energisch auf die Unterlippe, so dass er bereits sein eigenes Blut schmecken kann. Seine Geschwister weinen und am liebsten würde er dem schmerzenden Klos in seinem Hals einfach nachgeben und ebenfalls den Tränen freien Lauf lassen. Tränen aus Wut und Verzweiflung. Er hatte all die Jahre gehofft, dass dieser Krieg sie hier nicht finden würde. Er hatte wirklich gedacht es wäre vorbei und jetzt sind sie plötzlich wieder da. Wieder wird er aus seinem Zuhause gejagt und wieder müssen sie sich verstecken. Sie fliehen dieses mal nur nicht zusammen. Hinata bleibt mit vielen anderen aus dem Dorf zurück, um den anderen Zeit zu verschaffen. Sie stellen sich einer Übermacht, mit dem Wissen nicht gewinnen zu können. Sie opfern sich für die anderen und blicken damit dem Tod direkt in die Augen. Mit einem tiefen Luftholen wendet sich Hinata von ihren Kindern ab und sich der nährenden Gefahr zu, die in Form von Soldaten, die wie ein Unwetter über sie alle hereinbrechen. Ein Angriff aus dem Nichts. Ohne Vorwarnung. Ohne irgendwelche Verhandlungen. Ein Vernichtungsschlag und was bleibt ist das Flehen, dass ihren Kindern nichts passieren wird. Bei den Höhlen handelt es sich nicht um ein vorher ausgesuchtes Versteck, welches im Notfall aufgesucht werden soll, sondern vielmehr um einen Ort, an dem die beiden Brüder sich immer wieder zum gemeinsamen Spiel aufhielten. Ein Tunnelsystem, welches tief in den Canyon hineinführt und den beiden Jungs am besten vertraut ist. Für Außenstehenden sind die weit verzweigten und engen Abschnitte mit einem Labyrinth zu vergleichen, doch sie kennen jeden Stein in diesem Gebilde. Ein Spielplatz, welcher in Zeiten der Not zu einem Versteck wird. Vorher haben sie hier ihrem Echo gelauscht, als Krieger Schlachten gegeneinander geführt, Schätze gesucht und absichtlich viel Krach gemacht, um zu erfahren wie es klingt. Jetzt sitzen die Geschwister ängstlich im Dunkeln und lauschen ihrem Herzschlag, den sie am liebsten unterdrücken würden, aus Angst er könnte ihn in den Gängen gehört werden. Es ist beängstigend, wie schnell das eigentlich friedliche Leben aus dem Gleichgewicht gerät. Es ist, als hätten sie die ganze Zeit in einer riesigen Blase gelebt und nur ein winziger Augenblick hat gereicht um diese Blase zum zerplatzen zu bringen. Mit äußerster Vorsichtig wagt Hanzo einen überprüfenden Blick außerhalb der Höhle, doch viel erkennen kann er bei der Dunkelheit nicht mehr. Das einzige Licht rührt vom Vollmond her, welcher alles in einem silbrigen Schein glänzen lässt. Gefahren kann der Jüngling nicht ausmachen, weswegen er sich weiter hinaus wagt und in die nächtliche Stille hinein lauscht. Kein verräterischer Laut erklingt in seinen Ohren, stattdessen sind es nur die ihm altbekannten Tierlaute. Niemand lauert in der Dunkelheit auf sie, weswegen er seine Vorsicht zum Großteil weichen lässt und die frische Luft einatmet. Noch immer spürt er dieses Zittern in seinen Fingern und diese nagende Angst um seine Mutter. In seinem Kopf spielen sich die schlimmsten Bilder ab, denn er weiß was Soldaten unter anderem mit den Frauen der Indianern anstellen. Sie fallen über sie her, wie Tiere. Quälen und misshandeln sie auf die abscheulichste Weise, welche die Vorstellungskraft produzieren kann. Er kann die Schreie seiner Mutter förmlich hören und dann diese Bilder ... Hecktisch schüttelt er seinen Kopf um diese Schreckensszenarien zu verbannen, als er eine Berührung an seiner Hand vernimmt und somit seitlich an sich herunter schaut. Seine kleine Schwester klammert sich mit beiden Händen an seiner fest und blickt aus traurigen und ängstlichen Augen zu ihm auf, während Minato völlig apathisch an der Höhlenwand lehnt, seine Beine umschlungen hat und mit weit aufgerissenen Augen in eine völlige Leere starrt. Seit sie die Höhle betreten haben, sitzt er so da. „Ich habe Hunger, Hanzo.“ Hanzo seufzt und wirft einen besorgten Blick auf seinen Bruder, ehe er in die Hocke geht und seiner Schwester mit einem beruhigenden Lächeln auf den Lippen, kurz durch die dunklen Haare streicht. Er würde den Beiden so gerne sagen dass alles wieder gut wird, aber daran glaubt er selber nicht mal. Sie haben Angst und haben im Moment nur ihn. Er ist plötzlich in einer Rolle, die ihm bis zu diesem Augenblick völlig fremd gewesen ist. Ohne jede Vorwarnung ist er plötzlich nicht mehr nur ein großer Bruder, sondern muss auch seine Eltern ersetzen und hat dabei überhaupt keine Vorstellung davon, wie er das anstellen soll. Wie soll er auf einen traumatisch geschädigten und apathischen Bruder eingehen? Wie soll er seinen kleinen Schwester verdeutlichen, was dort passiert ist ohne sie ebenfalls zu traumatisieren? Wie soll er sich selbst Mut machen und als Stütze für seinen jüngeren Geschwister fungieren? Er wünscht sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher, als dass irgendeiner von seinen Eltern bei ihnen wäre. Solange wie das nicht der Fall ist, muss er den starken, großen Bruder spielen, obwohl er sich am liebsten neben Minato setzen würde. Er muss ihnen etwas vorspielen, weswegen er weiterhin lächelt und in die Augen seiner Schwester schaut. „Warte hier bei Minato. Ich gehe Brennholz suchen. Ich komme ganz schnell wieder zurück.“ Kushina nickt nur und eilt zu ihrem Bruder, der auch noch immer keine Regung zeigt, als sie sich eng an ihn schmiegt. Das war einfach zu viel für ihn, weswegen Hanzo nur ratlos seufzt und die Höhle schließlich verlässt. Er entfernt sich nicht zu weit und sammelt dabei soviel Holz, wie er auf einmal tragen kann, ehe er auch schon wieder zurück geht und das Geäst aufeinander schichtet. Als Zunder benutzt er trockenes Gras und nach einigen Mühen gelingt es ihm schließlich ein Feuer zu entfachen. Er wagt es jedoch nicht, eine lodernde Feuersbrunst zu kreieren. Zu groß ist das Risiko, dass Soldaten den Rauch oder gar die Flammen entdecken könnten. Er hält die Flammen klein, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, doch zum aufwärmen reicht es, weswegen kaum ein Augenblick vergeht bis Kushina sich an die Feuerstelle setzt und ihre kleinen Hände an die aufsteigende Hitze hält. Minato bleibt noch immer an Ort und Stelle sitzen, was Hanzo nur mit einem kurzen Blick quittiert. Immer noch ratlos, wie er damit umgehen soll, geht er auf seinen kleinen Bruder zu und kniet sich direkt vor ihm. Obwohl er so nun direkt im Sichtfeld von Minato sitzt, hat Hanzo dass Gefühl als würde dieser geradewegs durch ihn hindurch schauen. Ein erschreckendes Empfinden, bei dem er hart schlucken muss. Zögernd legt Hanzo seinem kleinen Bruder eine Hand auf die Schulter und sucht fast schon verzweifelt nach dessen Blick. Selbst bei diesem Körperkontakt bleibt sein Körper ohne jede Regung. Nicht einmal ein Blinzeln huscht über sein Gesicht. „Ich versuche was zu Essen aufzutreiben. Du musst so lange auf Kushina aufpassen, ja?“ Keine Reaktion. Kein Nicken … kein Wort. Egal wie lange Hanzo vor ihm hocken bleibt, er erhält kein Verständnis und wird dadurch in seinem Umgang mit Minato nur noch unsicherer. Er weiß einfach nicht, was er tun könnte. Soll er ihm doch sagen, dass alles gut wird und das ihr Vater bestimmt bald wieder bei ihnen sein wird? Ohne ein weiteres Wort und mit nun zusätzlich aufkeimender Frustration in seiner Brust, stemmt er sich wieder in die Höhe und verkündet seiner Schwester ebenfalls, wieso er die Höhle verlässt und dass er schnell wieder zurück kommen wird. Es widerstrebt ihm die Beiden in diesem Zustand alleine zu lassen, doch er entdeckt keine Alternative. Natürlich könnte er Fallen aufstellen, doch dabei gibt es keine Garantie tatsächlich einen Erfolg verzeichnen zu können, weswegen er sich gezwungenermaßen auf den Weg zurück zum Dorf macht. Kommt auf keinen Fall hierher zurück. Das waren die eindringlichen Worte seiner Mutter, die ihm zwar sehr präsent in den Ohren widerhallen, aber trotz aller Gefahr von ihm übergangen werden. Seit einer gefühlten Ewigkeit hält Hanzo sich nun im Schatten einiger Felsen und Bäume auf und beobachtet sein ausgestorbenes Zuhause. An zahlreichen Stellen züngeln Flammen empor und selbst aus dieser Entfernung glaubt er den Geruch von Tod und Blut vernehmen zu können. Auf der Weidefläche, wo er Stunden zuvor seinem Bruder das Reiten beigebracht hat, liegen tote Schafe und Pferde. Erschossen, niedergestochen oder niedergetrampelt. Schaurige Bilder, die sich sonst nur in den Albträumen manifestieren. Es sind aber nicht nur leblose Tierkadaver, die er ausmachen kann sondern auch leblose Körper von Dorfbewohnern liegen dazwischen und dieser Anblick ist es, welcher ihm die Kehle zuschnürt. Er wagt es nicht einmal einen flüchtigen Blick auf irgendeinen von ihnen zu richten, als er die Stute endlich antreibt, aus Angst einen von ihnen wieder zu erkennen. Sein bester Freund könnte hier liegen oder ein Nachbar. Gedanken, die eine tiefe Übelkeit in ihm auslösen und welche weitere Schreckensbilder produzieren. Bei dem Anblick der Weidefläche hat er den Glauben gehabt, dass es schlimmer nicht mehr werden kann, doch dies muss er überdenken, kaum dass er die ersten zerstörten Hogan passiert. Überall Spuren eines erbitten Kampfes. Blutpfützen. Leichen überall und eine Zerstörung, wie nach einem erbarmungslosen Sturm. Der Gestank von verbranntem Fleisch, Blut und Schießpulver treibt ihm die Galle nach oben und lässt die Übelkeit noch schlimmer werden. Mit dem Gefühl, sich übergeben zu müssen, steigt Hanzo von dem Pferd und wickelt die Zügel locker um einen Anbindepfosten, der nur eine gering füge Beschädigung aufweist, ehe er zu Fuß durch sein früheres Zuhause schleicht. Langsam und mit großer Vorsicht beschaut er sich das, was von dem Dorf noch übrig geblieben ist. Er steigt über Leichen, Trümmer und Tierkadaver, während Asche durch die Luft wirbelt. Er setzt einen Fuß vor den anderen und weigert sich, auch nur einen Toten näher zu betrachten. Wie in tiefer Trance wankt er zu dem Hogan, in dem er mit seinen Eltern und Geschwistern lebte, doch nun ist es nicht mehr als ein eingestürztes Gebilde aus Erde, Lehm und verkohlten Baumstämmen. Es erscheint ihm, als würde irgendeine Macht den Boden unter seinen Füßen Stück für Stück entfernen, bis er sich in einem nie enden wollenden freien Fall wieder findet. Betrübt lässt Hanzo seinen Blick über das Chaos gleiten, ohne sich dabei auf der Suche nach etwas zu befinden. Was schließlich seine Aufmerksamkeit weckt, liegt unter einem halb abgebrannten Holzbalken und gehört eigentlich in den Besitzt seiner Schwester. Es ist eine handgroße Puppe, gefertigt aus einem Stück Rinderleder und gefüllt mit Schafswolle. Sie trägt einen kleinen Poncho, den Hinata mit liebevoller Fingerarbeit gefertigt und perfektioniert hat. Die Puppe ist an manchen Stellen angesengt und auch der Poncho ist sichtbar beschädigt dennoch ist es Glück, dass dieses Spielzeug seiner Schwester nicht vollkommen in Flammen aufgegangen ist. Vielleicht schafft er es damit ihr wieder ein Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern. Er sieht sie gerne lächeln. Seufzend nimmt sich Hanzo der Puppe an und setzt seinen Weg fort, wobei jedes Knacken, Knistern oder Brechen ihn aufschrecken und umher wirbeln lässt. Er ist angespannt, schreckhaft und besitzt nur einen oberflächlichen Blick für die Umgebung. Obwohl er Lebensmittel besorgen wollte, hat er danach noch nicht einmal Ausschau gehalten. Hanzo verengt die Augen und starrt auf einen in der Ferne liegenden Körper, ehe er erschrocken auf keucht. Er hastet zwischen zertrümmerten Töpferwaren und schmorenden Holzplanken vorbei, ehe er vor der leblosen Gestaltet auf die Knie fällt und diese mühsam auf den Rücken dreht, in der stillen Hoffnung sich zu irren. Eine Hoffnung, die wie Glas zerspringt, als er in das blutige Gesicht seines Großvaters schaut, der aus toten Augen in ein endloses Nichts starrt. Der ganze Körper ist voller Blut und er fühlt sich so schrecklich kalt an, wie frisch gefallener Schnee. Fassungslos und ungläubig berührt Hanzo mit den Fingerspitzen eine nicht blutige Stelle im Gesicht seines Großvaters und flüstert dabei Granpè, als hätte er Angst davor Hiashi aus einem tiefen Schlaf zu reißen. Im Grunde sagen die ausdruckslosen Augen schon mehr als tausend Worte und trotzdem beugt sich Hanzo zu seinem Großvater herunter und legt ein Ohr auf dessen Brust, um einen Herzschlag feststellen zu können. Eine Hoffnung die von der Wirklichkeit mit Füßen getreten wird. Kein Herzschlag erklingt in seinem Ohr und gibt ihm zu verstehen, dass es keinen Grund zum hoffen gibt. Sein Großvater ist tot. Getötet von Soldaten, die einfach über sie hergefallen sind, wie Raubtiere. Sein Großvater. Das Oberhaupt dieses Dorfes. Immer ernst und pflichtbewusst, doch gleichzeitig auch liebevoll und fürsorglich. Er hatte immer eine Geschichte für seine Enkelkinder parat und brachte ihnen viele nützliche Dinge bei. Er lächelte jedes mal, wenn er sie sah und war so stolz auf sie. Hanzo fühlt sich wie gelähmt, während er in die glanzlosen Augen seines Großvaters starrt und dabei die brutal zugefügten Verletzungen gar nicht wahrnimmt. Sie müssen immer wieder auf ihn eingeschlagen haben, bevor sie ihm die erlösende Kugel zwischen die Augen platziert haben. Er wurde gequält und gedemütigt, bevor sie ihn erschossen. Unfähig zu irgendeiner Empfindung oder einem logisch erscheinenden Gedanken, stemmt sich Hanzo wieder in die Höhe und versucht vergebens, sich das Blut von seinen Händen zu streichen. Immer wieder streicht er sich deswegen über sein Oberteil, doch die halb getrocknete Körperflüssigkeit heftet sich an seine Haut wie Baumharz. Sein ganzer Körper fühlt sich taub an, als er sich von diesem Anblick abwendet und sich einen Weg durch die zahlreichen Leichen und den Schutt bahnt, bis er sich eine kleine Tasche aus Hirschleder greift, die unter einem eingestürzten Holzhaufen hervorlugt bevor er in den verwüsteten Obstgärten nach noch essbaren Lebensmitteln sucht. Viele der mühsam angepflanzten Gemüsearten sind zertrampelt oder noch so unreif, dass sie nicht genießbar sind. Wie viel Zeit genau er damit verbringt, die noch verbliebenen Lebensmittel zu sammeln, weiß er nicht, doch während er durch die Gemüsegärten streift, immer wieder in der Erde herum gräbt und Gefundenes in der Tasche verstaut, laufen ihm unentwegt stumme Tränen über sein Gesicht. Erst als er über das Bein eines toten Soldaten stolpert und zu Boden geht, kauert er sich zusammen und beginnt hörbar zu schluchzen. Sein Großvater ist tot. Seine Freunde sind weg und seine Mutter entführt, während sein Vater nicht auffindbar ist. Er will zu seinen Eltern. Er will, dass sie ihn und seine Geschwister beschützen. Sie sollen ihn in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles wieder gut wird. Er will, dass das alles hier nicht wahr ist. Es soll nicht wahr sein. Zitternd starrt Hanzo zu Boden und streicht über den Staub unter seiner Hand, als wolle er sicher gehen wirklich im Hier und Jetzt zu sein. Ist es wahr? Ist er wirklich hier? „Wach auf! Wach auf, verdammt!“ Verzweifelt haut sich der Jüngling immer wieder mit der flachen Hand gegen seinen Kopf, während er am Boden kniet. Diese schmerzende Prozedur wiederholt er mehrfach, sobald er feststellt, dass er noch immer in dieser Szenerie gefangen ist. Am Boden kniend zwischen Toten, in mitten seines völlig zerstörten Zuhauses. Sie verschwinden nicht aus seinem Blick und niemand kommt mit den beruhigenden Worten zu ihm, dass das alles nur ein Albtraum gewesen ist. Irgendwann, nach zahlreichen Schlägen gegen seinen Kopf und den damit verbundenen Schmerzen, muss er einsehen dass diese Bilder der Richtigkeit entsprechen. Er erlebt all diese Dinge wirklich und befindet sich somit nicht in einem Gebilde seiner dunklen Fantasie. Diese Erkenntnis trifft ihn wie ein Hammerschlag, so dass sich neue Tränen in seinen Augen sammeln. Fahrig wischt sich Hanzo über seine Augen und dreht sich zu dem toten Soldaten um, über dessen Bein er zuvor gestolpert und zu Boden gegangen ist. Ein älterer Mann, mit dicht gewachsenen Schnauzer. Klein, aber dafür sehr breitschultrig und mit durchgeschnittener Kehle. Auch sein Leben fand ein sehr grausames Ende, doch Mitleid empfindet Hanzo deswegen noch lange nicht. Das Einzige, was ihn bei diesem Anblick schockiert, ist die große Menge an Blut. Den Revolver, welchen der Tote noch immer in seiner Hand umklammert hält, nimmt Hanzo ihm schließlich ab und überprüft sogleich Funktionsfähigkeit, wie auch die Munition. Die anderen verstreut umher liegenden Waffen, weisen sichtbare Beschädigungen auf, oder sind leer geschossen. Es fällt ihm ungewöhnlich schwer die Trommel des Revolvers zu öffnen, weil seine Finger so stark zittern dass er kaum die Waffe halten kann, doch schließlich gelingt es ihm. Drei Kugeln stecken noch in der Trommel. Naruto hat ihm den Umgang mit einem Revolver als auch mit einem Gewehr beigebracht und laut seiner Aussage, steckt ein sehr guter Schütze in dem Jungen. Drei Kugeln sollten also im Ernstfall Abhilfe schaffen können ... wenn er das Ziel auch trifft. Mit einem geräuschvollen Hochziehen der Nase hebt er die Tasche mit den Lebensmitteln wieder vom Boden auf und geht zurück zu der Stute. Zwei Tage später Seine Schritte wirbeln eine kleine Staubwolke auf, als er sich vor den Leichnam seines Schwiegervaters stellt und diesen mit getrübten Blick betrachtet, ebenso wie er es mit allen anderen Eindrücken gemacht hat. Diese Zerstörung ist einschüchtern und eindrucksvoll zugleich und so viele tote Stammesmitglieder hat er nicht erwartet. Hunderte von Toten, darunter auch viele Kinder, prägen das Bild der Umgebung und machen einen einfach nur sprachlos. Mit solch einem Anblick hat er nicht gerechnet. Befürchtet hat er es durchaus, aber seine Vorstellungskraft war unfähig ein solches Blutbad zu produzieren. Seufzend geht er in die Hocke und legt dem Toten ein altes Tuch auf das beinahe graue und leblose Gesicht, ehe er seinen Blick noch einmal über die Umgebung schweifen lässt. Sein Leben liegt in Trümmern zu seinen Füßen. Es ist einfach alles zerstört. Fahrig streicht er sich durch sein verschwitztes Gesicht und schließt für einen Moment betend die Augen. Wo ist seine Familie? Seine Kinder und seine Frau? Wurden sie verschleppt, liegen sie bei den Toten oder konnten sie fliehen? Ihre Behausung gibt es nicht mehr und unter den ganzen Leichen hat er sie noch nicht ausfindig machen könnten. Mit einem erneuten Seufzen und stimmloser Lippenbewegung hebt er seinen Blick erneut an, bis er in jeder Bewegung verharrt und sich sogar das Blinzeln verbietet. Rauchschwaden. Kaum wahrnehmbar und so leicht, dass sie auch für eine Illusion gehalten werden könnten. Es ist jedoch keine Einbildung. In der Ferne über den Baumkronen steigt eindeutig Rauch empor, der seinen Herzschlag sprunghaft beschleunigt. Die Hoffnung keimt in ihm auf und veranlasst ihn dazu, sich wieder in die Höhe zu stemmen und mit seinem Pferd den Weg fortzusetzen. Hanzo hat sein Zeitgefühl verloren. Es kommt ihm vor, als würden sie sich seit Wochen in dieser Höhle aufhalten und dabei dürften es in Wirklichkeit nicht mehr als zwei oder drei Tage sein. Sie harren aus und warten. Warten darauf, dass ihr Vater sie findet, so wie es Hinata ihnen zugesichert hat. Warten darauf dass er die Aufgabe des Beschützers seiner Kinder annimmt und jede weitere Gefahr mit Leichtigkeit abwehrt. Naruto ist für seine Kinder schlicht und einfach der größte, stärkste und beste Vater auf der ganzen Welt. Niemand kann ihn besiegen und keine Herausforderung ist ihm zu schwer. Ein solch naives Denken mag zutreffen, wenn die Kinder noch klein sind. Wenn sie sich in einem Alter befinden, wie Minato und Kushina. Hanzo jedoch fing gerade damit an seinen Vater als ein fehlbares Wesen zu begreifen, welches auch natürliche Grenzen besitzt. Er fing gerade an erwachsen zu werden und doch ist er plötzlich in einer Situation, in der er sich wieder hinter seinem Vater verstecken und ihm die Probleme überlassen möchte. Diese schützende Vaterhand, unter der sich alle Gefahren harmlos anfühlen. Der Junge Indianer würde vieles dafür hergeben, wenn er aus dieser, für ihn ungewohnten Beschützerrolle entfliehen könnte. Er weiß gar nicht, wie er die letzten Tage gemeistert hat. Er funktioniert einfach irgendwie. Er tröstet seine Schwester, wenn die Sehnsucht nach der gemeinsamen Mutter zu groß wird. Er kümmert sich um Minato, den er zum trinken und essen zwingen muss und sorgt für Sicherheit in der umliegenden Umgebung. Er geht jagen und stellt Fallen auf. Er hat seinen kleinen Geschwistern ein provisorisches Zuhause errichtet und hofft insgeheim doch dass sie es bald mit ihrem Vater wieder verlassen können. Dieser Druck und diese unausgesprochene Erwartung, lassen Hanzo die Nächte kaum durchschlafen. Meistens liegt er wach und blickt starr zur Höhlendecke empor. Er findet einfach nicht zur Ruhe. Seine Gedanken laufen immer auf Höchstleistung. Immer vom schlimmsten Fall ausgehend und immer nachprüfend, ob er wirklich an alle Einzelheiten gedacht hat. Hanzo verschafft sich keinen Freiraum, keine Ruhe. Er treibt sich selbst an seine Grenzen und darüber hinaus und so ist es kaum verwunderlich, dass er auch in diesem Moment wieder dabei ist ein benötigtes Feuer zu entfachen, nachdem das vorher gegangene erloschen ist. Er hat nicht aufgepasst und nun muss er es wieder irgendwie zum brennen bekommen. Er hat es geschafft aus dem nahegelegenen Fluss ein paar Fische zu fangen. Kein sehr großer Fang, aber ausreichend um den quälenden Hunger zu stillen. Hanzo beherrscht die Grundlagen um auch ohne Dorfgemeinschaft überleben zu können. Er kann Fallen aufstellen, Tiere häuten und zerlegen, Spuren lesen, Feuer machen und noch einige Dinge mehr. Er ist darin nur nicht sehr geübt, weswegen gewisse Vorgehensweisen ziemlich viel Zeit in Anspruch nehmen. Am heutigen Abend will es ihm beispielsweise einfach nicht gelingen ein Feuer zu entfachen. Der Zunder will nicht brennen und dabei hat er das trockenste Gras genommen, was sich finden lassen konnte. Die Frustration wächst, mit jedem weiteren vergeblichen Versuch. Wenn sein Vater hier wäre, dann könnten sie schon längst essen. Hanzo hat oft schon das Gefühl gehabt, dass Naruto nur mit den Finger schnipsen muss und schon züngeln sich die Flammen durch das Holz. Bei seinem Vater sehen so viele Dinge leicht aus. Resigniert kniet sich der Bursche vor die Feuerstelle und blickt auf seinen Fischfang. Er weiß nicht genau warum, aber ihm steigen plötzlich Tränen in die Augen, die er schließlich energisch weg wischt. Er kann nicht einmal mehr zählen, wie oft er in den vergangenen Tagen einfach nur weinen wollte und erneut ist er wieder in der Stimmung dazu. Er tut es aber nicht. Er zwingt sich selbst dazu die Tränen zu verschließen und so bleibt ihm nichts weiter übrig, als einen erneuten Versuch zu unternehmen. Ein Seufzen entwicht seiner Kehle, ehe er den Zunder wieder zurecht legt. Für einen winzigen Augenaufschlag richtet er seinen Blick in die Ferne, ehe er auch schon hastig auf die Beine springt und nach dem Revolver greift. Er trägt die Waffe immer an seinem Körper, um auf das Schlimmste vorbereitet zu sein und hofft zeitgleich dass eben dieser Fall niemals eintreten wird. Er war noch nie in der Situation jemanden töten zu müssen und obwohl es bei den Erwachsenen so aussieht, als würde es ihnen nicht ausmachen ein Leben auszulöschen, so weiß er von seinem Vater, dass es niemals Spaß machen sollte und das es einen ein Leben lang verfolgen wird. Das hat sein Vater ihm immer eingebläut und es so oft wiederholt, dass Hanzo schon genervt davon war. Bei dem Anblick, der sich ihm nun bietet, wirbeln seine Gedanken umher während er den Revolver empor hält, bereit jederzeit abzudrücken. Er wird schießen, wenn es nötig sein sollte – zumindest redet er sich das ein. Er hat noch nie auf einen anderen Menschen geschossen. Die untergehende Sonne blendet ihn und so kann er nicht mehr als die schemenhafte Gestalt eines Reiter erkennen, der sich seinen Weg auf sie zu bahnt. Seine Unruhe steigt exorbitant an, weil er unter diesen Bedingungen nicht zwischen Freund und Feind unterscheiden kann und daher rückt er ein Stück weiter vorwärts und versucht möglichst selbstsicher zu klingen. „Wer ist da?“ „Tout bon. Ich bin es.“ Er kennt diese Stimme. Unter tausenden würde er sie heraus hören und so durchfährt es ihn wie ein Schlag, als er sie in seinen Ohren vernimmt. Seine Hand, mit der er noch immer den Revolver erhoben hält, beginnt so stark zu zittern, dass die Waffe ihm beinahe seinem Griff entgleitet. Ein schmerzender Klos verfestigt sich in seinem Hals, während die Umrisse des Reiters immer deutlicher werden und dieser sich schließlich aus dem Sattel gleiten lässt, nachdem er sein Reittier gestoppt hat. Sie sind nur weniger Schritte voneinander entfernt und erst als der Mann noch ein wenig auf ihn zukommt, erkennt Hanzo endlich das Gesicht seines Vaters. Die blauen Augen, die blonden Haare, welche vorwitzig unter seinem Hut hervorschauen. Diese markanten, auf der einen Seite hart und auf der anderen Seite weich wirkenden Gesichtszüge. Die von der Sonne gebräunte Haut und die blonden Bartstoppeln, welche Kinn- und Wangenpartie bedecken. Noch nie war Hanzo über die Anwesenheit seines Vaters so erleichtert und erfreut. Es fühlt sich an, als würde ihm eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen werden. Er kann kaum glauben dass Naruto wirklich vor ihm steht, weswegen er noch immer die Waffe auf seinen Vater gerichtet hält. Ein kleiner Teil in seinem Inneren befürchtet sich das alles bloß einzubilden, weil die Sehnsucht so unendlich groß ist. Eine Halluzination oder eine geisterhafte Erscheinung, die mit dem nächsten Blinzeln verschwindet. Naruto lächelt leicht, als er mit beiden Händen die erhobene Hand seines Sohnes umfasst und diese nach unten drückt. Es ist nicht ganz ungefährlich direkt auf jemanden zu zugehen, der seine Hand kaum ruhig halten kann und dabei mit einer Waffe zielt. Schon oft hat sich dadurch ein versehentlicher Schuss gelöst, der jemanden anderen getötet hat, dessen Tod gar nicht beabsichtigt gewesen ist. Der Jüngling starrt seine Vater eine gefühlte Ewigkeit an. Seine Unterlippe beginnt zu zittern und gegen die Tränen will er in diesem Moment auch nicht ankämpfen. Mit einem dumpfen Laut fällt die Waffe auf den Boden und Hanzo wirft sich mit einem erleichterten Aufschrei regelrecht auf seinen Vater und klammert sich an ihn, als wenn er befürchtet ihn gleich wieder zu verlieren. In seinem Inneren tobt ein Gefühlsgemisch aus Erleichterung und der Angst, dass Naruto gleich wieder gehen könnte. Es kommt zu oft vor, dass der dreifache Vater seine Familie zurück lässt und über Wochen verschwindet. Was genau er in diesem Zeitraum macht, weiß keiner und niemand fragt nach. Hanzo weiß nur, dass sein Vater an aktivem Waffenschmuggel beteiligt ist und auch andere Indianerstämme mit diesen ausrüstet. Auch diese Reise hatte damit zu tun und Reisen dieser Art haben sich in den letzten Jahren gehäuft, weil die Konflikte der Indianer und Siedler nicht mehr messbares Ausmaße annehmen. Eine zusätzliche Einnahmequelle stellt natürlich der tobende Bürgerkrieg dar, an dem sich aber nicht nur Naruto bereichert. Diese Angst, er könne wieder gehen, ist also nicht ganz ungerechtfertigt. Eine Angst, die aber schnell abschwächt, als Naruto die Arme um seinen Sohn legt und ihm beruhigend durch die schwarzen Haare streicht. Es ist keine Wahnvorstellung als Endprodukt seiner Sehnsüchte. Ihr Vater ist tatsächlich gekommen. Er ist wieder da. Genau wie Hinata es ihren Kindern zugesichert hat. Er ist zurück an der Seite seiner Kinder, die ihn nun mehr den je brauchen. Binnen eines einzigen Momentes hasten Kushina und Minato ebenfalls heran und werfen sich auf ihren Vater. Das erste Mal seit dem Überfall, ist Minato aus seiner vegetativen Erstarrung erwacht und weint nun bittere Tränen, die wohl so ziemlich jedes Gefühl widerspiegeln, was in seinem Inneren tobt, während er sich an seinen Vater klammert und in dessen Oberteil hinein weint. Es spielt in solch einem Moment keine Rolle, wie lange diese Szenerie anhält und während sich Hanzo schließlich wieder beruhigt und von seinem Vater ablässt, weigert sich Kushina ihren Vater auch nur für einen kurzen Augenblick los zu lassen. Selbst Minato ist nicht bereit, von seinem Vater abzulassen. Ein Paar zusätzliche Arme wären in solchen Situationen wirklich hilfreich. Der bärtige Outlaw nimmt seine Tochter kurzerhand auf die Arme, so dass das Mädchen Arme und Beine um ihn schlingt, während Minato mit einer Hand weiterhin den Hemdsaum festhält. Naruto legt seinem jüngeren Sohn nur beruhigend eine Hand auf die schmale Schulter, während Ashkii von Hanzo nur schnell an einer Astgabel angebunden wird, ehe Naruto mit seinen Kindern den Schutz der Höhle aufsucht. „Woher wusstest du, dass wir hier sind?“ Schniefend und sich hastig über die Augen wischend nimmt Hanzo schließlich eine Schachtel Streichhölzer von seinem Vater entgegen, womit er das widerspenstige Feuer zähmen soll. Zwar beherrscht Naruto auch die Fähigkeit mit einem Feuerstein in wenigen Momenten ein wärmendes Feuer zu entfachen, aber da er gerade keine freie Hand hat und es mit den Streichhölzern eindeutig schneller geht, ist die Verwendung eines solchen Hilfsmittels durchaus gestattet. Auf die Frage seines Sohnes hin, schüttelt Naruto den Kopf und lässt sich schließlich an der Höhlenwand zu Boden rutschen. Sofort drängen sich seine beiden jüngeren Kinder wieder an ihn und schränken ihn in seinen Bewegungsmöglichkeiten stark ein. Er lässt es zu. Sie haben Schlimmes erlebt und versuchen irgendwie damit fertig zu werden. Sie von sich zu stoßen wäre keine Hilfe, sondern würde Gegenteiliges bewirken. Sie brauchen in jetzt mehr denn je. „Gewusst habe ich es nicht. Es gab nicht viele Möglichkeiten, was mit euch passiert sein könnte. Ich ging einfach mal von dem besten Fall aus und bin hier her geritten.“ „Mama hat uns fortgeschickt und gesagt, dass wir nicht zurück kommen sollen. Ist sie...?“ „Ich weiß es nicht. Ich habe sie im Dorf nicht gefunden.“ „Dann … haben die Soldaten sie mitgenommen?“ Naruto nickt nachdenklich, wenn auch etwas zögerlich. Er weiß nicht, was ihn weniger berühren würde oder was für seine Frau besser wäre. Wäre es besser gewesen, sie hätten sie erschossen oder ist eine Gefangennahme durch die Soldaten angenehmer? Naruto empfindet beide Möglichkeiten als eine emotionale Qual. Es ist kein Aufenthalt im Paradies, wenn jemand von Soldaten verschleppt wird, sondern eher das Durchqueren der sieben Höllenpforten. Es ist dem Familienvater auch nicht unbekannt, was einigen Indianern in der Gefangenschaft widerfährt und was speziell einige Frauen ertragen müssen. Es ist daher nur verständlich, dass er sehr große Angst um seine Frau hat und seitdem ihm klar ist, dass sie sich nicht bei den gemeinsamen Kindern aufhält, darüber grübelt wie er sie retten kann – ob er sie überhaupt retten kann. Als er in der Stadt von dem Überfall erfahren hat ist er sofort los gestürmt, hat den Handel auf der Stelle abgebrochen und wertvolle Ware zurückgelassen und das mit dem Wissen im Hinterkopf, nicht rechtzeitig im Dorf anzukommen. Ihm war von Anfang an klar gewesen, dass er auf einem Schlachtfeld erscheinen wird, indem er vergebens nach seinen Liebsten suchen wird und trotz zahlreicher, blutiger Vorstellungen in seinem Kopf hat ihn der Anblick entsetzt. Eine völlige zerstörte Heimat mit unzähligen Leichen, die verwesend im Staub liegen und kein anständiges Begräbnis erhalten werden. Er hat jedem Toten ins Gesicht geschaut, einfach nur um in Erfahrung zu bringen wer dort liegt und ob seine Frau oder seine Kinder darunter sind. Ein blutiges Schlachtfeld, wie es in dieser Zeit nahezu überall zu finden ist. Der tobende Bürgerkrieg hat schon viele Opfer gefordert. So weit es ihm möglich gewesen ist, hat er jedem von ihnen die letzte Ehre erwiesen und sich gleichzeitig dafür verflucht, dass er nicht da gewesen ist. Das Endergebnis hätte er nicht beeinflussen können, doch wenigstens hätte er Gewissheit über das Schicksal seiner Frau und Freunde. Er hätte den Stamm unterstützen und vielleicht... vielleicht den Tod seines Schwiegervaters verhindern können. „Das war eine große Truppenstärke. Wir hatten gar keine Chance gegen sie anzukommen. Du hattest doch gesagt, dass der Bürgerkrieg uns die meisten Soldaten vom Hals hält. Warum konnte sie so viele Männer herschicken?“ Naruto wird von den teilweise vorwurfsvoll klingenden Worten seines Sohnes, aus seinen Gedanken gerissen. „Die Niederlage der Konföderierten ist nur noch eine Frage der Zeit. Der Sieg der Nordstaaten ist längst gewiss und was den Süden von der Kapitulation abhält, ist ihr Stolz. Der Krieg ist also faktisch vorbei und somit wird die Front jetzt wieder an eine andere Stelle gelegt. Sie machen nun dort weiter, wo sie vorher eine Unterbrechung angeordnet haben.“ Naruto seufzt etwas frustriert und streicht sich durch die Haare. „Es tut mir leid mein Junge, aber jetzt haben sie es wieder auf uns abgesehen.“ Die Zeit ihres persönlichen Friedens ist nun wieder vorbei. Sie müssen sich wieder vor plötzlichen Angriffen fürchten und angebliche Botschafter vertreiben, die eine friedliche Lösung des Konfliktes haben, der aber hauptsächlich auf den vollständigen Verzicht aller Ländereien der Indianer aufbaut. Das ist keine friedliche Lösung und schon gar kein Kompromiss. Es beginnt alles wieder von vorne. Bekümmert blickt Hanzo in das Feuer. „Was machen wir jetzt?“ Der Familienvater blickt ebenfalls in die lodernden Flammen, während Hanzo damit beginnt die gefangenen Fische über dem Feuer zu braten und dabei etwas verloren in die Glut starrt. Naruto seufzt ergeben und streicht seiner inzwischen schlafenden Tochter sanft durch die Haare. Kushina hat sich immer noch an ihn geklammert, auch wenn sie sehr ruhig und entspannt auf seinem Oberkörper liegt. Zusätzlich drückt sie die angesenkte Puppe an sich, die ihr Bruder aus den Überresten retten konnte. Minato hingegen blickt abwesend in das Feuer, wobei er seinen Kopf auf den Oberschenkel seines Vaters gelegt und die Beine soweit angezogen hat, dass er beinahe einer Katze Konkurrenz machen könnte. Bisher hat der Bursche nicht ein Wort von sich gegeben, was Naruto als äußert beunruhigend empfindet. Eine berechtigte Frage von seinem ältesten Sohn, auf die er keine exakte Antwort liefern kann. Was soll er tun? Aufbrechen und versuchen seine Frau zu retten? Das wäre Selbstmord und eindeutig ein Beweis für Größenwahnsinn. An erster Stelle stehen zum jetzigen Zeitpunkt seine Kinder. Ihr Wohlergehen steht im Vordergrund. Er muss sie zurück in ein geregeltes Leben bringen und ihren freien Fall stoppen, in dem sie sich befinden. Er kennt diese Schwärze, die alle Empfindungen verdrängt und alles abtötet. Er will unter allem Umständen verhindern, dass seine Kinder sich darin verlaufen - besonders Minato. „Bei Sonnenaufgang reiten wir los. Ich bringe euch erst einmal in Sicherheit.“ Kapitel 6: Kindheitsfreund -------------------------- „Weißt du von welchem Zeitraum ich spreche?“ Mit einer gewissen Erwartung in seinen wässrigen Augen, schaut Bansai zu Konohamaru, der nur zustimmend nickt. Es handelt sich dabei um ein Datum, welches wohl jedem Diné bekannt ist und welches auch die folgenden Generationen nicht vergessen werden. Ein feiger Angriff der US Regierung aus dem Hinterhalt. Sie hatten keine Chance und zusammen mit den aberkannten Rechten, hatten die Diné in den Augen der weißen Männer keine Existenzberechtigung. Ihre oberflächliche und engstirnige Denkweise erlaubte ihnen nur eine verschwommene Sicht auf die Gegebenheiten. Dumm, naiv und gutgläubig. So sahen sie die Indianer. Menschen, die wie Tiere im Dreck leben und keine Ahnung davon haben, wie die Welt angeblich funktioniert. Konohamaru steigt regelrecht die Galle hoch, wenn er an die damalige Szenerie denkt. Er hört die Kanonenschüsse und Schreie regelrecht im Canyon widerhallen und dennoch nickt er wissend auf die Frage des alten Mannes. „Der Angriff der Regierung im Februar 1864.“ „Ganz genau, doch schon im Jahre zuvor begann die Regierung mit einem neuen Kreuzzug. Im Sommer wurde Oberst Christopher Carson vom Oberbefehlshaber General James Carleton damit beauftragt, die Diné ebenfalls in die neue Militär-Reservation am Pecos River zu treiben. Zuvor wurden die Mescalero 1862 dorthin zwangsumgesiedelt. Das Militär schickte also Unterhändler an einige Diné-Gruppen und lokale Führer mit der Aufforde-rung zum Umzug nach Bosque Redondo, andernfalls würde man sie dazu zwingen. Die meisten, der weit verstreut lebenden Diné, hörten nie etwas von diesem Ultimatum und General Carleton machte keinen Versuch sie aufzuspüren. Stattdessen gab er an Carson den Befehl, die wirtschaftlichen Grundlagen der Diné zu zerstören. Carson zog daraufhin mit 300 Soldaten, verstärkt durch Ute-, Pueblo-Indianer und Freischärler aus New Mexico durch das Land der Diné und vernichtete Obstgärten, Maisvorräte, Hogans, Wasserlöcher und Viehherden. Das waren die Feldzüge die Naruto und alle anderen Dorfbewohner, schließlich zum Rückzug in den Canyon gezwungen haben. Ihr Stamm war der größte von allen verteilt lebenden Diné Clans und somit, in den Augen der Regierung, auch gleichzeitig die größte Gefahr. Carson gestattete ihnen also fast, sich mit ihrer Hauptstreitmacht in den von ihnen für uneinnehmbar gehaltenen Canyon de Chelly zu flüchten. Auf den Rändern der Schlucht hatten die Amerikaner aber Kanonen in Stellung gebracht und die Diné ergaben sich nach kurzem Gefecht.“ Eine Geschichtsunterweisung für die anderen Zuhörer. Die ganze Geschichte, bis hin zu diesem Zeitpunkt, lässt die Siedler und vor allem die Regierung in einem sehr schlechten Licht dastehen. Für viele der interessierten Museumsbesucher scheint es sehr beschämend zu sein, aus einer Blutlinie zu stammen, die sich am barbarischen Abschlachten der amerikanischen Ureinwohner beteiligt haben. Es ist eine der vielen negativen Eigenschaften der Menschen andere zu verurteilen ohne sie wirklich zu kennen. Zum Leid der Indianerstämme hat zum großen Teil die Macht der Gesellschaft beigetragen. Menschen sind leicht zu beeinflussen und so ist es nicht verwunderlich, dass der verbreiteten Propaganda schnell zugestimmt wurde, ohne sich eine eigene Meinung darüber zu bilden. Viele Weiße haben in ihrem Leben nie einen Indianer zu Gesicht bekommen und doch waren sie der festen Überzeugung, dass es sich bei dieser Rasse um primitive Wilde handelt, die ohne Verstand und gottlos auf der Erde leben. Bansai räuspert sich und fährt mit seiner Erzählung schließlich fort. „Die Lebensgrundlage der Diné war zerstört und im Februar 1864 sammelten sich über 8.000 Diné bei Fort Defiance, das jetzt Fort Canby hieß. Über 5.000 Diné allein stammten aus Narutos Dorfs und unter ihnen war auch Hinata. Naruto selbst wäre wohl am liebsten sofort aufgebrochen, um sie alle zu retten, doch er brachte erst seine Kinder in Sicherheit.“ *** Solomon City April 1864 Noch ist der Bürgerkrieg nicht beendet. Noch immer toben blutige Schlachten in weiten Teilen des Landes, doch der Siegeszug der Nordstaatler findet kein Ende. Schlacht um Schlacht scheint längst entschieden zu sein, wer siegreich die Heimreise antreten wird und doch weigert sich der Süden der unmittelbaren Niederlage ins Gesicht zu sehen. Sturheit und Stolz machen ein rationales Denken kaum mehr möglich. Eigentlich verschlimmern diese Eigenschaften die Situation nur noch. Von etwaigen Schlachtfeldern hat Naruto seinen Nachwuchs ferngehalten. Er hat weite Umwege in Kauf genommen, um nicht zwischen die Fronten zu geraten und um zu verhindern, dass seine Kinder noch mehr traumatische Erfahrungen machen. Es war somit ein sehr weiter und anstrengender Weg, den der Outlaw erleichtert als beendet betrachtet, kaum dass er die Lichter der Stadt am Horizont ausmachen kann. Solomon City erscheint wie ein kleines, verschlafenes Nest in dem kein Platz für Kriminalität ist. Sobald Reisende die mit Hügeln gesäumte Landschaft hinter sich gelassen haben, springt ihnen die Kirche der Stadt, mit dem ringsherum ansässigen Friedhof in die Augen. Ein prachtvolles, hölzernes Gebäude mit emporragenden Glockenturm und riesigen Fenstern auf jeder Seite des Gebäudes. Tageslicht fließt von allen Seiten in das Innere der Kapelle und beleuchtet so die unbequemen Holzbänke, die akkurat hintereinanderstehen und schon nach wenigen Minuten eine Tortur für die Sitzmuskulatur darstellen. Wenn dieses Manko außer Acht gelassen wird, so ist die Gesamterscheinung harmonisch und eben das einer Kirche, in dem die Sünden vergeben werden und der Kontakt zum Allmächtigen ermöglicht wird. Lediglich die Fassade könnte einen neuen Anstrich vertragen und auch wenn Naruto noch nie ein Mann Gottes gewesen ist, so ist auch er immer wieder von der idyllischen Erscheinung dieses gottesfürchtigen Ortes angetan. Jetzt, umhüllt von den Schatten der Nacht, hat dieses Gebäude jedoch etwas Gespenstisches an sich, während Naruto mit seinen Kindern den staubigen Weg entlang reitet und die Gebäude der Stadt sich immer deutlicher vor ihnen auftun. Große Bauten aus Stein oder Holz und gepflasterte Straßen, die unmittelbar an der Stadtgrenze beginnen. Straßenlaternen am Rande der Häuser und ein Verwaltungsgebäude, von solcher Größe dass sich jeder davon fast erschlagen fühlt. Ein Saloon, ein Hotel, ein Schneider, ein Gemischtwarenladen und ein Waffenhändler, gehören zu den ortsansässigen Geschäftsleuten. Eine Postkutschenstation befindet sich am Rande des Dorfes und sogar ein künstlich angelegter Park, mit gepflasterten Gehwegen hat zur Verschönerung des Stadtbildes seinen Platz gefunden. Selbst eine Wachstation gehört mit zu den erbauten Einrichtungen, die Ordnung und Struktur vermitteln sollen. Die Zivilisation soll hier zu finden sein. Die Heimat der Siedler und ihr ganzer Stolz. Die Schritte der Pferde werden von den Fassaden zurückgeworfen und erzeugen eine unheimliche Atmosphäre. Das dämmrige Licht der Laternen und die nächtlichen Geräusche der Tiere, die sonst beruhigend wirken, erzeugen nun ein bedrohliches Empfinden. Ein Schauer, der immer wieder den Rücken runter läuft. Die Augen seiner Kinder stehen nicht für einen Moment still. Überall entdecken sie Neues und völlig Unbekanntes, doch gerade der Blick von seinem ältesten Sohn Hanzo, der zusammen mit seinem Bruder auf der Fuchsstute den monatelangen Ritt getätigt hat, verändert sich zunehmend. Aus Ehrfurcht wird schnell Kummer, denn Natur wird an diesem Ort vergebens gesucht. Diese Stadt ist ein Beispiel dafür, dass die Siedler keinen Halt vor natürlicher Schönheit machen und ihnen der Fortschritt wichtiger als der Bestand ist. So eindrucksvoll diese Stadt auch sein mag und so großartig die architektonischen Leistungen sind, niemand bedenkt die Konsequenzen dieses Handelns. Dieser Ort ist wie ein eitriges Geschwür auf der Haut von Mutter Natur. Diese Stadt gehört hier nicht hin. Hier sollten Bäume, Gräser und Tiere wachsen und gedeihen und keine steinernen Bauten in den Himmel ragen. Hanzo erträgt diesen Anblick schließlich nicht mehr und verlegt sich darauf, auf den Rücken seines Vaters zu blicken. Die bedrohlich wirkende Atmosphäre versucht der Jüngling zu ignorieren, während er seinem Vater durch die Straßen der Stadt folgt, der sich von all dem vollkommen unbeeindruckt zeigt. Er kennt diesen Ort bereits, ebenso wie viele andere. Die Respektlosigkeit und die andauernde Ausbeutung gegenüber der Natur sind ihm nicht fremd, doch wie soll er alleine dagegen vorgehen? Ein Kampf gegen Windmühlen, dem er unterlegen wäre. Ihr Weg führt quer durch die Stadt und aus dieser schließlich wieder heraus. Etwa zwei Meilen hinter Solomon City und zurück auf den staubigen Trampelpfaden der Landschaft, ist schließlich eine kleine Farm zu erkennen. Hanzo muss angestrengt die Augen verengen, um die Umrisse der Gebäude zu erkennen. Das Gelände erscheint ihm weitläufig umzäunt zu sein und betreten tun sie dieses schließlich durch einen hölzernen Torbogen, an dem ein großes Schild angebracht ist. Cowboy's Heaven, ein sehr einladend klingender Name. Der Gesamtanblick an diesem Ort gefällt Hanzo schon sehr viel besser, auch wenn er bei den bescheidenen Sichtverhältnissen durch die Nacht nur wenig erkennen kann. Es gibt allerdings einen Anblick, der ihn nahezu erschreckt. Er sieht Plantagen, zwar nicht besonders groß, aber sie sind da und in der Ferne kann er kleine Behausungen erkennen, welche den Sklavenhütten sehr ähnlich sehen, die meist mehr lieblos zusammengezimmerten Verschlägen gleichen und auf dem Land ihrer Herren des Nachts als Zelle fungieren. Schockiert blickt Hanzo wieder zu seinem Vater, der ungerührt weiter reitet. Ist sein Vater wirklich mit jemandem befreundet, der die Sklaverei auf seinem Land praktiziert? Der Bursche weigert sich das zu glauben, wo sein Vater sich doch mehrfach und deutlich gegen diese Menschenverachtung ausgesprochen hat. Hanzo weiß nicht wieso, aber er traut sich nicht seinen Vater auf die offensichtlichen Begebenheiten dieser Ranch anzusprechen. Er schweigt und folgt, vorbei an einem Silo und einer Scheune reiten sie auf das Haus zu und bringen die Pferde schließlich zum Stehen. „Wir sind da. Wir lassen die Pferde erst einmal hier.“ Geschickt gleitet Naruto vor einem Anbinde-pfosten, der sich unmittelbar am Haus befindet, aus dem Sattel und hilft seiner Tochter schließlich beim Absteigen. Hanzo tut es ihm gleich, wobei Minato schon zu Boden springt, bevor die Stute überhaupt zum Stehen kommt. Seit Naruto wieder bei ihnen ist, geht es ihm deutlich besser. Er wird wieder lebhafter, wenn auch nicht mehr ganz so redselig wie früher. Gemeinsam erklimmt die kleine Familie die Stufen der Veranda, welche um das ganze Haus herum zu führen scheint, ehe Naruto auch schon an die Haustür klopft. Energisch und deutlich wahrnehmbar, dass er dabei Kushina auf den Armen trägt stört ihn wenig. Das Mädchen ist erschöpft und völlig übermüdet. Sie ist sogar so müde, dass sie für die fremde und neue Umgebung nicht einmal Neugier aufbringen kann. Sie hat die Arme um den Hals ihres Vaters gelegt und ihre Beine baumeln locker vor Narutos Bauch. Ihr ganzes Gewicht trägt der Outlaw mit nur einem Arm, wobei er wiederholt an die Tür klopft. Sie hören Geräusche im Inneren und durch die Fenster ist deutlich zu erkennen, wie jemand ein Licht entzündet. Für Minato Grund genug sich hinter seinem Vater zu verstecken, während auch Hanzo mit nervöser Erwartung auf den Bewohner des Hauses wartet. Naruto hatte die gesamte Reise über nur gesagt, dass sie zu einem guten Freund von ihm reiten. Wie dieser Freund heißt hat er nicht verraten. Er tat so, als wäre es ein Geheimnis das unter keinen Umständen verraten werden dürfe. „Wer ist da?“ Eine gedämpfte, aber sehr energisch klingende Stimme durchdringt das Holz der Tür und lässt darauf schließen, dass Besucher zu so später Stunde nicht sehr willkommen sind. Ein solches Misstrauen ist nicht ungewöhnlich, denn einige Banditen locken Hausbewohner vor der Tür, um sie dann zu erschießen und auszurauben. Es gehört zur Eigensicherung herauszufinden, wer da um Einlass bittet. Mit Sicherheit ist die Person hinter der Tür auch bewaffnet, um sich im Fall der Fälle wehren zu können. Hanzo erwischt sich dabei, wie auch er sich leicht zurückzieht und damit den Schutz seines Vaters sucht. Naruto hingegen wirkt nicht sehr beeindruckt und verdreht nur genervt die Augen, ehe er kurz mit der flachen Hand auf die Oberfläche der Tür haut. „Lass den Quatsch und mach auf!“ Für einen Augenblick herrscht Stille, bis schließlich das Geräusch eines Riegels zu vernehmen ist, der zurückgeschoben wird und ein leises Quietschen der Scharniere das Öffnen der Tür verkündet. Kaum ist ein Blick in das Innere des Gebäudes möglich, schon erblicken sie einen schwarzhaarigen Mann der locker sein Gewehr in der rechten Hand hält und den Gesamteindruck vermittelt, als hätte Naruto ihn aus einem tiefen Schlaf gerissen. Er trägt noch seinen Longjohn Pyjama über den er lediglich seine Stoffhose gezogen hat, dessen Hosenträger unbeachtet an seinen Beinen baumeln. Dass es sich bei diesen Herren um den wohl besten Freund handelt, wird Hanzo erst klar als sein Vater das Wort erneut erhebt. „Entschuldige die Störung, Sasuke.“ „Ich habe mich schon gefragt, wann du hier aufkreuzt.“ Später in derselben Nacht „Was hast du jetzt vor?“ Naruto zuckt ahnungslos mit Schultern, nachdem er sogleich die Frage gestellt bekommt, als er die Küche des Haupthauses betritt. Sasuke sitzt geduldig am Tisch, mit einer ungeöffneten Flasche Whisky und zwei Gläsern vor sich. Die Flasche wird erst angebrochen als Naruto den Stuhl zurückzieht und sich ebenfalls am Tisch niederlässt. Die beiden Männer schweigen sich eine Weile an und leeren ihre Gläser, ehe sie diese mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit wieder auffüllen. Viel zu erklären gibt es auch nicht, denn die Zeitungen berichten von nichts anderem mehr. Der Abingdon Virginia, der Adams Sentinel, der Albany Evening Journal, der Alleganian - sie alle berichten davon und feiern den Überfall auf den Indianerstamm als größten militärischer Erfolg, seit Beginn der Konflikte mit den Rothäuten. Der Plan der Regierung sieht vor, alle Indianer nach Fort Sumner in das trostlosen Reservat Bosque Redondo umzusiedeln und um das zu erreichen, ist ein Gewaltmarsch von über 300 Meilen zu bewältigen. Naruto ahnt, dass viele diese Reise mit ihrem Leben bezahlen werden. Warum sollten Soldaten auf alte, kranke Indianer Rücksicht nehmen? Diejenigen die das Ziel erreichen erwartet kein Paradies, sondern eine trockene Einöde. Das Reservat ist nicht mehr als ein trockener Streifen sandigen Bodens und eine Vielzahl an Bäumen wurde gefällt um das Fort zu errichten. Dort gibt es nichts weiter als winzige, ausgedorrte Gräser und Sträucher. Es wird ein Ort des Elends werden und für die Regierung ist es nicht mehr als ein Experiment. Frustriert leert Naruto sein Glas erneut und füllt es direkt im Anschluss wieder auf. „Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Am liebsten würde ich einfach zum Fort reiten und versuchen dort alles niederzuschießen, was eine Uniform trägt. Die würden mich aber abknallen, noch bevor ich in die Nähe käme.“ „Wahre Worte.“ „Sie verdammen sie zum Sterben und ich weiß nicht, wie ich das verhindern soll.“ Verzweifelt blickt Naruto in sein noch volles Glas und fühlt sich dabei in die Enge getrieben, wie ein Raubtier im Käfig. Er hat gegen eine solche Übermacht einfach keine Chance, zumindest nicht wenn es um eine direkte Konfrontation im Kampf geht. Die Armee ist besser bewaffnet und kampferprobt. Er ist nur ein kleines, unbedeutendes Licht der Gesellschaft. Ein krimineller Rumtreiber, der wenig Feuerkraft besitzt und auch keine Armee hat, welche ihm den Rücken stärkt. Mit wirren Gedankengängen und einer absurden Idee nach der anderen, bekommt der Familienvater gar nicht mit, wie sein bester Freund sich in die Höhe stemmt und für wenige Augenblicke aus dem Raum verschwindet. Naruto wird erst aus seinen Gedanken gerissen, als Sasuke eine Uniform auf den Tisch legt und selbstsicher zu Naruto runter blickt. „Damit kannst du dich nähren ohne aufzufallen und es verschafft dir genügend Zeit, um wenigstens deine Frau zu retten.“ Überrascht blickt der Familienvater zwischen der Uniform und seinem besten Freund hin und her, während sich in seinem Blick ein hohes Maß an Fassungslosigkeit manifestiert. „Die gehörte deinem Bruder.“ Sasuke winkt lässig ab und lässt sich wieder auf seinem Stuhl nieder, wo er nun selbst sein Whiskyglas leert und sich nachschenkt. Diese Uniform ist ein Andenken an Sasukes verstorbenen älteren Bruder, der nicht nur als Kavallerist in der Armee diente, sondern auch vor einem Jahrzehnt in einem Saloon ermordet wurde. Er hatte mit all seiner Vernunft versucht einen Streit zu schlichten, doch eher Gegenteiliges bewirkt. In der Schlägerei, die plötzlich auf alle anderen Anwesenden überging, hat ihm irgendjemand eine zerbrochene Flasche in den Hals gerammt. Er ist verblutet, während die Prügelei um ihn herum einfach kein Ende fand und das nur, weil er helfen wollte. Niemand schenkte seinem Todeskampf Beachtung. Man trampelte sogar noch auf ihm herum, weil er im Weg lag. Für Sasuke ist das ein sehr herber und unerwarteter Verlust gewesen. Er redet auch nicht gerne darüber. Die einzigen Andenken an seinen Bruder sind die Erinnerungen und dessen gut gepflegte Uniform, aus seinen patriotischen Dienstjahren. Itachi war kein Befürworter im Krieg gegen die Rothäute und auch alles andere als konfliktfreudig. Nach Möglichkeit umging er Auseinandersetzungen jeder Art und versuchte erst an die Vernunft der gegenseitigen Parteien zu appellieren. Ungewöhnlich, dass ein solch sachlicher Mensch in den Staatsdienst eintritt und blutige Schlachten geschlagen hat, doch dieser Werdegang hat seinen Grund. Auch Itachi hat den Horror im House of Refuge am eigenen Leib erfahren müssen und um in der Gesellschaft bestehen zu können, in die jeder ihn nach diesen traumatischen Zeiten entlassen hat, hat er sich im Alter von 16 Jahren dem Militär verschrieben, um seinem jüngeren Bruder eine Zukunft sichern zu können. Sein Einkommen floss in diesen Hof und das Land und da ihm die Macht- und Habgier der führenden politischen Personen in diesem Land nur zu gut bekannt gewesen ist, hat er ein Testament in mehreren Ausführungen bei verschiedenen Notaren seines Vertrauens abgegeben, in dem Sasuke als alleiniger Erbe eingetragen wurde, sollte Itachi durch Fremdeinwirkung zu Tode kommen. Dieser Hof und das Land auf dem die ganzen Bauten stehen, gehört bis zum letzten Grashalm uneingeschränkt Sasuke und seiner Familie. Itachi war ein sehr gewissenhafter Mann, der für seinen kleinen Bruder einfach alles getan und jede Eventualität in seinen Planungen berücksichtigt hat. Sasuke verdankt ihm faktisch das Leben, was er nun führt. Verheiratet, Vater einer Tochter, Viehzüchter und Eigentümer eines Saloons, auch wenn dieser in einer Gegend von zweifelhaftem Ruf steht. Auch wenn der plötzliche Verlust seines Bruders und somit letztem Verwandten sehr schmerzhaft für ihn gewesen ist, so ist Sasuke stolz, einen solch fürsorglichen und liebevollen Bruder gehabt zu haben, der in schweren Zeiten seine eigenen Bedürfnisse verdrängte und für Sasuke nicht nur der große Bruder war, sondern ihm auch gleich die verstorbenen Eltern ersetzte. Es ist ein großer Vertrauensbeweis, dass er diese wohl gehütete Uniform einfach so herausgibt und Narutos indirekten Einwand mit einer laschen Handbewegung abtut. „Gib sie mir zurück, wenn du sie nicht mehr brauchst, aber damit wirst du es etwas leichter haben.“ „Damit komme ich vielleicht nahe genug dran, aber irgendwann werden sie mich bemerken. Ich habe vom Militärdienst doch keine Ahnung.“ Sasuke verdreht etwas die Augen, aber es ist nicht das erste Mal, dass Naruto ihm nicht so ganz folgen kann und er ihm alle Einzelheiten eines Planes genauestens erklären muss. Mit dieser Tarnung stehen ihm viele Möglichkeiten offen und da er vor gut einem Jahr von der Regierung für tot erklärt wurde, weil er über ein Jahrzehnt keine kriminelle Aktivität mehr gezeigt hat und Gerüchte über seinen Tod immer lauter wurden, hat die Regierung schließlich ein Extrablatt veröffentlicht, in dem sein Tod publik gemacht wurde. Angeblich wurde er von einem engagierten Jungsheriff in die Enge getrieben, so dass er sich lieber für den Freitod entschieden hat, als am Galgen zu landen. Naruto konnte über solch eine offensichtliche Lüge nicht einmal schmunzeln, auch wenn es komisch gewesen ist, von seinem eigenen Tod zu lesen. Dank dieser Meldung steht er aber auf keiner Fahndungsliste mehr und auch das Militär wird ihn nicht mehr auf dem Schirm haben. Er kann sich nahezu frei bewegen, was ideale Voraussetzungen für eine Rettungsmission darstellt. „Jetzt denk doch mal ein bisschen mit. Der Marsch zum Reservat wird Monate dauern. Die Soldaten planen mehrere Konvois. In einem von ihnen wird sich Hinata befinden und mit meinen Beziehungen kann ich herausfinden, welcher das sein wird. Du wirst sie nicht alle retten können, aber wenigstens sie.“ „Das könnte tatsächlich funktionieren.“ „Das wird funktionieren.“ Sasuke klingt sehr zuversichtlich, doch Naruto hegt noch die einen oder anderen Zweifel. Ein grober Plan, der noch Feinheiten benötigt und bei dessen Ausführung er garantiert häufig improvisieren muss und dennoch prosten die langjährigen Freunde sich einander zu und leeren zeitgleich ihre Gläser, welche sie schließlich geräuschvoll zurück auf den Tisch stellen. Bei den eben erwähnten Kontakten von Sasuke handelt es sich um gute und zuverlässige Freunde von Itachi, die praktisch zur Familie gehören und ihren moralischen und ethnischen Werten bis heute treu geblieben sind. Ebenfalls alles Männer im Dienste des Staates, die für das barbarische Abschlachten der Indianer keinerlei Verständnis aufbringen und dennoch dazu gezwungen sind, sich daran zu beteiligen. Befehlsverweigerung ist mit einem Besuch vor dem Kriegsgericht verbunden und dieser Besuch fällt äußert selten positiv aus. Mit diesen Männern wird Sasuke Kontakt aufnehmen, um Genaueres zu erfahren und um Naruto in die Armee einschleusen zu können. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt, weswegen sie nichts überstürzen dürfen und gut überlegt handeln müssen. Für diese Hilfe hat Sasuke auf jeden Fall ein Stein im Brett. „Wo hast du eigentlich deinen Anhang gelassen?“ Eine fast beiläufig gestellte Frage, auf die Sasuke sich in dem Stuhl zurücklehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. Eine Geste, die nichts Gutes bedeutet und bei der es nun Naruto ist, der die Augen verdreht. Offensichtlich sind Frau und Kind mal wieder ausgeflogen und das bedeutet, dass sie sich mal wieder gestritten haben. Keine Besonderheit bei dem Ehepaar, denn die Zwei haben sich schon vor dem Traualtar gestritten, wo sie ihm gesagt hat, dass er nicht so murmeln soll. Erst fliegen die Fetzen und später sind sie dann wieder ein Herz und eine Seele. Die Beiden sind nur schrecklich stur und keiner ist bei einem Streit bereit einen Kompromiss zu tätigen oder gar einen Irrtum einzugestehen. Wer das Ehepaar kennt, der kann die Streitereien ohnehin nicht mehr ernst nehmen. Nicht einmal die eigene Tochter nimmt das Geschrei noch für voll. Sie ist immer nur genervt, wenn das Pulverfass mal wieder explodiert und versucht den aufsteigenden Rauch einfach zu ignorieren. Sakura ist der Name von Sasukes besserer Hälfte. Eine starke Persönlichkeit, welche sich durchzusetzen weiß und in einigen Leuten nicht nur Respekt, sondern auch regelrecht Angst auslöst. Es gibt aber auch noch eine andere Seite von ihr, die nur die Personen erfahren die ihr nahestehen. Sentimental, hilfsbereit und freundlich. Eine starke, hübsche Frau, mit stechenden grünen Augen, schlankem Gesicht und wohlgeformten Rundungen, die es versteht sich in dieser, von Männern dominierten Welt Gehör zu verschaffen. Zu Sasukes Leidwesen ist die gemeinsame Tochter Hanna genauso wie ihre Mutter und seit sie in die rebellische Phase gerutscht ist, lässt sie sich von ihrem Vater noch weniger sagen, als vorher. Sasuke zuckt auf das Augenrollen seines Freundes nur mit den Schultern. „Sakura ist mit Hanna vor drei Tagen nach Death Water gefahren. Sie wollte etwas Abstand.“ „Was war eigentlich die längste Zeit, in der ihr euch nicht in die Haare bekommen hat?“ „Keine Ahnung. Eine Woche?“ „Kaum zu glauben, dass ihr euch liebt.“ „Tja, wo die Liebe halt hinfällt …Es ist spät. Ich werde wieder ins Bett gehen. Mach es dir bequem. Ihr könnt so lange bleiben, wie ihr wollt.“ Kapitel 7: Teilstrecke ---------------------- Winter 1864 In den vergangenen Tagen ist es bedeutend kühler geworden und in der Nacht ist Neuschnee gefallen. Die gesamte Landschaft schlummert unter der weißen Schneepracht. Alles scheint in eine Art winterliche Starre verfallen zu sein, in der Eile keine bedeutende Rolle spielt. Eine kühle Hand, die Mensch und Natur in einem eisigen Griff zu halten scheint und welche die kahlen Äste der Bäume, wie klagenden Hände in den Himmel ragen lässt. Dennoch, trotz aller Starre, findet auch in dieser Jahreszeit Bewegung statt. Es sind nicht nur Tiere, die sich durch die weiße Pracht kämpfen, sondern auch die Menschen, die trotz erschwerten Bedingungen ihre Arbeiten verrichten müssen. Seit dem ersten Tageslicht bereitet sich Naruto auf den lang erwarteten Aufbruch vor. Den ganzen Sommer über hat er geplant und versucht jeden nötigen Schritt vorher zu sehen und neben all der Planung und der tiefen Sorge, hat er auch versucht seine Kinder zu erziehen. Unter den gegebenen Umständen wahrhaftig keine Leichtigkeit, denn die Mutter kann er ihnen nicht ersetzen und Hinata wird außerdem schmerzlich vermisst. Das Trauma ist tief in ihnen verankert und kann auch von ihm nicht beseitigt werden. Hinata besitzt in solchen Situationen die benötigte Feinfühligkeit, die er einfach nicht aufbringen kann. Zwar ist Naruto keinesfalls gefühllos, aber in solchen Situationen erscheint er oft plump und ungeschickt. Den Kindern fehlt ihre Wärme und Fürsorge. Es fehlt ihnen, einfach zu ihrer Mutter gehen zu können, um sie in die Arme zu nehmen. Es fehlt ihre ganze Erscheinung und Naruto geht es in diesem Zusammenhang nicht anders. Die Sehnsucht, vermischt mit der Sorge, zerfrisst ihn förmlich. Die Nächte ohne sie erscheinen ihm unerträglich lang und ebenso ungewöhnlich kalt. Es ist immer Hinata gewesen, die das Familienleben am laufen gehalten hat. Sie hat immer alles zusammen gehalten und jedem ein offenes Ohr geschenkt. Es wäre faktisch der Untergang der Familie, wenn sie nie zurückkommen würde. Natürlich ist Naruto für seine Kinder da und versucht die Lage so erträglich wie möglich für sie zu gestalten, doch gelingt ihm dies nur bedingt. Er leidet nicht weniger unter den Umständen, doch kann er sich seinen Gefühlen nicht ergeben. Er hat niemanden, mit dem er seine Trauer teilen kann und auch niemanden, der ihn in den Arm nimmt. Seine Kinder haben es da leichter. Ein schlechter Traum und im Anschluss kriechen sie unter seine Decke, an seine Seite. Er muss stark für sie sein und dennoch ... Er ist eben 'nur' ihr Vater und um seine Kinder wieder lächeln zu sehen, nimmt er diese Reise auf sich. Eine Reise mit ungewissem Ausgang und obwohl er nicht die besten Aussichten auf Erfolg hat, ist er bereit dieses hohe Risiko zu tragen. Die Uniform sitzt an seinem Körper wie für ihn geschneidert und sein Auftreten lässt das Trugbild an Perfektionismus herankommen. Gegen die Kälte fühlt er sich ausreichend gewappnet und er will nun auch keine weitere Minute verschwenden, weswegen der Outlaw sein weniges Hab und Gut für die Reise auf den Rücken von Ashkii schwingt und mit geübten Handgriffen sichert. Zusätzliches Gepäck hat er auf der Stute seines jüngsten Sohnes verstaut, welche er ebenfalls mitführen wird, um seiner Frau ein Pferd für die Flucht zur Verfügung stellen zu können. Er wird einige Wochen unterwegs sein und wenn alles planmäßig verläuft, den Konvoi noch vor dem Eintreffen in Fort Sumner erreichen. Der Plan ist simpel und gleichermaßen riskant. Hinata aufspüren, befreien und mit ihr flüchten. Naruto hegt jedoch starke Zweifel daran, dass es wirklich so einfach ablaufen wird. Es ist nie so einfach. Irgendeine unerwartete Hürde gibt es immer. Mit einem tiefen Luftholen zieht sich der Outlaw die Jacke zurecht und führt die fertig gesattelten Pferde schließlich aus dem Stall, wo er die einzelnen Riemen noch einmal nachstellt und gerade aufsteigen will als er über den Rücken des Pferdes hinweg Minato heraneilen sieht. Seine Haare sind ganz zerwühlt und nur mit Nachthemd bekleidet und blanken Füßen springt er durch den knöchelhohen Schnee auf ihn zu. Er muss direkt aus dem Bett gesprungen sein, als er den dämmernden Tagesanbruch im Fernster erkannt hat. Naruto wollte sich eine schmerzende Abschiedszeremonie ersparen, in der ihnen falsche Verspre-chungen macht. Er kann ihnen nicht zusichern zurück zu kommen, weswegen er niedergeschlagen seufzt und um sein Pferd herumgeht. Er hatte ihnen nicht einmal gesagt, dass er am heutigen Mor-gen aufbrechen wird und so bleibt nur die Möglichkeit, dass der Junge das Gespräch zwischen seinem Vater und Sasuke am vergangenen Abend belauscht hat. Ein Gespräch, bei dem Naruto auch den schlimmsten Fall geäußert hat und Sasuke ihm daraufhin zusicherte, dass er sich um die Kinder kümmern würde. Als Kind und auch später als Erwachsener, mag sich keiner ein Leben ohne die Eltern vorstellen. Der Gedanke daran beunruhigt einen. Es ist quälend, wenn sich die Gewissheit in den Vordergrund drängt, das eigene Leben irgendwann ohne die elterliche Fürsorge und Liebe bestreiten zu müssen. Es ist nur schwer vorstellbar und wenn eben jener Tag kommt, ist es ein Gefühl des freien Falls. Es dauert seine Zeit, bis dieser schmerzliche Verlust weitgehend überwunden ist und so wird Minato sich wohl die Nacht um die Ohren geschlagen haben, mit quälenden Gedanken in seinem Kopf und schlimmen Bildern vor seinen Augen. Hinata und Naruto waren in dem Leben ihrer Kinder bisher immer so präsent gewesen, dass nie der Gedanke aufgekommen ist, sie mal nicht mehr um sich zu haben. Es ist wohl diese speziellen Vorstellungen die Minato kaum noch klar denken lassen, als er vor seinem Vater stoppt und beunruhigt in dessen Augen blickt. „Du gehst?“ Ein zustimmendes Nicken ist das Einzige was Minato auf diese Frage erhält, während sein Vater ein weiteres Mal die Gurte und Riemen überprüft und damit seinem Sohn faktisch aus-weicht. Eine Tatsache, die auch Minato mit seinen jungen neun Jahren bemerkt und entsprechend traurig reagiert. Er beißt sich auf die Unterlippe und knetet seine Hände, während er auf den Boden starrt und wegen der Tränen nicht einmal einen klaren Blick hat. Naruto spürt die Verzweiflung seines Sohnes regelrecht im Nacken und schließt seufzend die Augen, ehe er sich umdreht und sein Kind betrachtet, was einen völlig verlorenen Eindruck macht und unendliche Angst vor den Geschehnissen hat, die da kommen werden. Eine Angst die Naruto verstehen, ihm aber nicht nehmen kann. Ratlos geht der Outlaw in die Hocke und sucht die Augen seines Sohnes, der daraufhin nur noch krampfhafter zu Boden blickt, so das sein Kinn auf seiner Brust aufliegt. Mit einem erneuten Seufzen streicht Naruto sich kurz über sein Gesicht, ehe er mit sanfter Gewalt seinen Sohn dazu zwingt ihn anzusehen. Minato hat dieselben ausdrucksstarken Augen wie sein Vater, die nun in Tränen zu schwimmen scheinen, tiefe Unsicherheit und Panik widerspiegeln. „Ich muss gehen, Minato. Ich muss es wenigstens versuchen.“ „Ich weiß. Ich weiß das, aber ...“ „Aber was?“ Ein Zögern und Unsicherheit in seinem Blick sind für einige kurze Momente das Einzige, was Naruto als Antwort erhält, ehe sein Sohn hastig Luft holt und bettelnd in sein Gesicht blickt. „Stirbst du wirklich?“ Es gibt eine Tatsache, der Naruto sich schon immer bewusst gewesen ist, die aber nur wegen dieser einen Frage plötzlich einen ganzen anderen Stellenwert einnimmt. Seit dem Verlust von Hoshi fällt es dem Familienvater unglaublich schwer körperliche oder emotionale Nähe zu zulassen, somit stellen schon simple Umarmungen eine große Herausforderung für ihn dar und sind, abhängig von der Situation, sogar unangenehm für ihn. Natürlich liebt er seine Kinder und er hat sie immer beschützt, doch emotional war er nie so für sie da, wie sie ihn gebraucht hätten. Es gab immer eine Distanz welche der Outlaw unbewusst produzierte und auch aufrecht hielt. Aus diesem Grund haben die Drei eine sehr viel intensivere Bindung zu ihrer Mutter, als zu ihrem Vater. Für Naruto ist das bis zu diesem Zeitpunkt nie ein Problem gewesen, doch jetzt stellt er sich die Frage was genau er sich bei seinem Vorhaben eigentlich gedacht hat. Er stellt für seinen Nachwuchs den letzten Stützpfeiler in ihrem Leben dar und wenn er einfach so verschwunden wäre, hätte er diesen gefährlich beschädigt, wenn nicht sogar ganz eingerissen. Sie konnten sich schon nicht von ihrer Mutter verabschieden und ihren Vater auf gleich drastische Weise zu verlieren, würde sie in ein tiefes Loch fallen lassen. Es wäre dasselbe dunkle Loch, aus dem er sie mit viel Geduld und Mühe gerade erst wieder herausgeholt hat. Er hätte nur sich selbst einen Gefallen damit getan, seine Kinder jedoch vor vollendete Tatsachen gestellt. Als Vater darf er sich so nicht verhalten und er empfindet es schon als schlimm genug, dass ihm das jetzt erst klar wird. Naruto fühlt sich wie vor den Kopf gestoßen und muss seinen Sohn so überrascht anblicken, dass dieser unaufgefordert zu einer Erklärung ansetzt und dabei nervös an seinem Nachthemd zupft. „Du hast zu Sasuke gesagt, dass du stirbst.“ „Ich meinte aber nicht, dass ich jetzt sterbe. Ich lebe noch eine ganze Weile.“ „Aber dein Papa ist gestorben, als du ein Kind warst.“ Wieder ist er überrascht und auch sprachlos. Mit einem solchen Argument hat er nicht gerechnet und doch hat sein Sohn recht damit. Niemand weiß, wann sein letztes Stündchen geschlagen hat. Er könnte heute, morgen oder erst in zwanzig Jahren sterben. Es gibt kein Lebewesen auf der Erde, welches das vorhersagen kann. Der Tod ist ein ewiges Rätsel, auf dass die Kirche glaubt eine Antwort gefunden zu haben und welches für den Menschen niemals zu entschlüsseln sein wird. Ja, Naruto ist ohne Vater aufgewachsen und auch ohne Mutter. Sie verschwanden aus seinem Leben, als er noch ein Baby war. Er war zu diesem Zeitpunkt weder in der Lage zu sprechen, noch konnte er krabbeln, geschweige denn laufen. Er konnte ja nicht einmal ohne Hilfe sitzen. Er hat keinerlei Erinnerungen an seine Eltern und sich häufig gewünscht, es wäre anders. Es hätte ihm vieles erleichtert, hätte er sich wenigstens an ihre Gesichter erinnern können. Was wäre aus ihm geworden, wenn er in einer Familie aufgewachsen und geliebt worden wäre? Auch das vermag niemand zu sagen. Es sind nur Spekulationen und auch wenn er sich in diesem Zusammenhang eine harmonische Szenerie vorstellt, so ist er für dieses Leben dankbar. Er hat eine wunderbare Frau und vier Kinder, für die er alles tun würde. Es gibt jedoch nichts was er sagen könnte, um dieses Argument abzuschwächen und so wählt er einfach die Worte, die ihm als erstes in den Sinn kommen. „Aber das muss dir ja nicht auch passieren.“ „Und wenn es doch passiert?“ Dieses Mal zögert er nicht. Dieses Mal handelt er so, wie ein Vater in solch einer Situation handeln sollte. Er überbrückt den letzten Abstand zu seinem Sohn und nimmt ihn einfach auf die Arme, wobei der Junge gleich die Arme um ihn schlingt und sich an ihn drückt, als würde sein Leben davon abhängen. Minato ist so von Sorge und Angst erfüllt, dass er die Kälte in seinem Körper überhaupt nicht regis-triert und stattdessen nur die Berührung seines Vaters genießt, der wiederholt über seinen Rücken streichelt und keine Anstalten macht, ihn wieder auf die Beine stellen. Kinder brauchen Hoffnung. Sie brauchen eine Perspektive, um der kommenden Zeit etwas Positives abgewinnen zu können. Es widerstrebt Naruto jedoch Versprechungen zu äußern, deren Einhaltung er nicht mit absoluter Sicherheit garantieren kann. Er war noch nie ein Freund der leeren Versprechungen und das wird er auch in dieser Situation nicht ändern. In diesem Punkt ist er sich sicher seinen Kindern keinen Gefallen damit zu tun, wenn er ihnen eine Zusicherung machen würde, an welche sie sich zukünftig verzweifelt klammern und ihn schließlich mit jedem weiteren Tag, der unverändert ins Land zieht, mehr und mehr verfluchen. Was sind die Empfindungen welche aufkommen, sobald ein Versprechen unerfüllt bleibt? Enttäuschung, Trauer und schließlich sogar Wut und Hass. Eine solche Entwicklung will er vermeiden, denn wenn er sterben sollte, will er nicht dass seine Kinder mit Enttäuschung an ihn denken. „Wenn mir etwas passieren sollte, dann seid ihr hier gut aufgehoben.“ Lächelnd und, nachdem er die Zügel von den Pferden noch einmal um den Anbindepfosten geschlungen hat, geht Naruto, mit seinem Sohn auf den Armen, zurück zum Haus, um sich auch von seinen anderen beiden Kindern zu verabschieden. Das Zimmer, welches Sasuke ihnen zur Verfügung gestellt hat, dient in dem Haupthaus als Vorrats-kammer. Zwischen Kisten mit Obst und Gemüse, Getreidesäcken und einem verstaubten Regal mit lauter Einmachgläsern, nächtigen die Kinder auf aufgefüllten Heusäcken und sobald sie auch nur mit einem Muskel zucken, beginnen die Dielenbretter unter ihnen zu knarren, dass einem ein Schreck durch die Glieder fährt. Es ist jedoch kein Zustand, der den Kindern fremd oder unangenehm ist. Sie sind solch beengte Verhältnisse gewohnt und mit ihnen aufgewachsen. Ein Hogan hat nicht sehr viel mehr Platz geboten, als dieser Raum und dennoch hat sich dort das gesamte Familienleben abgespielt. Für die Drei ist es immer wieder erstaunlich, wie groß dieses Haus ist und dass in den ganzen Räumen immer andere Tätigkeiten praktiziert werden. In dem einen wird geschlafen, in dem anderen gegessen. Dort wird gekocht und dort kommt die Familie zusammen, während ein Feuer im Kamin prasselt. Sie lernen eine andere Welt kennen. Sie lernen das Leben und die Gesellschaft kennen, aus der ihr Vater ursprünglich stammt. Eine Welt, die sie bisher nur aus Erzählungen kannten und welche so unwirklich für sie erschien. Sasuke praktiziert ein ganz anderes Leben, als es ihnen bisher bekannt ist, aber der Farmer betreibt zumindest keine Sklavenhaltung. Die ursprüngliche Befürchtung von Hanzo hat sich schon am nächsten Tag als grundlos herausge-stellt. Zwar sind die Bauten, die er in der Dunkelheit erkennen konnte, ähnlich konstruiert wie Skla-venhütten, doch fungieren sie als ein eigenes Zuhause für Sasukes Arbeiter. Sie haben Fenster, Mobiliar und werden auch nicht über Nacht eingesperrt. Sie bekommen Essen und eine faire Bezahlung. Dass es sich bei den Arbeitern tatsächlich um ehemaligen Sklaven handelt, ist zwar erwähnenswert, spielt aber keine Rolle. Sasuke hat sie freigekauft und ihnen die Wahl gelassen. Sie konnten bleiben und unter fairen Bedingungen für ihn arbeiten oder gehen und versuchen in Ungewissheit ein Leben aufzubauen, immer mit der Angst im Nacken, von Sklavenjägern geschnappt und zurück in die Sklaverei verkauft zu werden. Sie entschieden sich zu bleiben und alle sind mit ihren Leben auf diesem Land mehr als zufrieden. Wie sie selbst sagen, haben sie hier alles was sie brauchen. Sie sind zuverlässige und fleißige Angestellte, die jedoch unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Kinder allerdings, speziell Kushina, haben sie sehr schnell in ihr Herz geschlossen. Die Angestellten der Ranch liegen aber auch noch in den Federn und bekommen somit nichts von Narutos nahendem Aufbruch mit. Der Outlaw kehrt mit seinem Sohn zurück in das Innere des Hauses und betritt auch Augenblicke später die Räumlichkeiten seiner Kinder. Kushina liegt zwischen zwei Getreidesäcken, die Decke fest um sich geschlungen, während Hanzo quer über ihr in einer Hängematte liegt. Die Decke liegt nur noch zur Hälfte über seinem Körper wobei ein Bein leblos aus der Hängematte baumelt. Das Kissen verdeckt die Hälfte seines Gesichtes und der Junge schnarcht so laut, als würde er einen ganzen Wald abholzen. Erstaunlich, dass seine Geschwister bei dem Krach überhaupt schlafen können. Schmunzelnd setzt sich Naruto auf ein kleines Fass, in dem Kartoffeln gelagert werden und setzt Minato dabei auf seinen Schoß, während Hanzo damit beginnt Geräusche von sich zu geben, wie ein wildes Tier. Hat der Bursche das schon immer gemacht? Naruto kann sich nicht daran erinnern jemals solch eine akustische Belästigung in der Nacht durchlebt zu haben. „Das geht noch schlimmer. Ich drücke mir immer das Kissen auf die Ohren.“ Minato zieht eine Schnute und blinzelt verstimmt seinen älteren Bruder an. Naruto lacht amüsiert auf und ist gleichzeitig dankbar dafür, dass er selbst sein Nachtlager auf dem Sofa vor dem Kamin hat und von dieser Lärmbelästigung nichts mitbekommt. Das amüsierte Lachen wird schließlich zu einem wehmütigen Lächeln, wobei er seine schlafenden Kinder eingehend beobachtet und feststellt, wie groß sie inzwischen geworden sind. Hanzo reift mehr und mehr zu einem Mann heran und ist auf seinen beginnenden Bartwuchs mächtig stolz. Er ist vor wenigen Wochen vierzehn Jahre alt geworden und trotzdem schon so groß, wie sein Vater mit seinen vierunddreißig Jahren. In dem vergangenen Jahr hat er einen unglaublichen Wachstumsschub hingelegt. Er war ganz aufgeregt, als er die ersten vereinzelten Barthaare spüren konnte und musste dies unverzüglich seinem Vater mitteilen, der diese Begeisterung sehr amüsant fand. Irgendwie ist die Freude über den beginnenden Bartwuchs aber durchaus nachvollziehbar. Die Ge-sichtsbehaarung ist bei keinem Indianerstamm sonderlich weit verbreitet oder direkter ausgedrückt, gar nicht erst vorhanden. Shikaku und Naruto sind die einzigen im Dorf, die Bartwuchs präsentieren und in Hanzos Augen auch die Einzigen, die dadurch noch männlicher wirken. Die vereinzelten Bartstoppeln sind für den Halbstarken also ein Zeichen dafür, dass er dem Mann sein immer näherkommt. Minato wird selbstständig und beginnt das Leben zu hinterfragen. Der Schrecken aus vergangenen Monaten steckt noch immer in seinen Knochen und es ist nicht zu leugnen, dass er sich verändert hat. Aus diesem lebensfrohen Jungen, der immer irgendwelchen Unsinn angestellt hat und kaum eine Minute ruhig sitzen konnte, ist ein schweigsamer und nachdenklicher Bursche geworden, dem es sehr schwer fällt noch Spaß am Leben zu empfinden. Und Kushina … nun, dass Mädchen hat noch etwas Zeit bevor sie den bitteren Ernst des Lebens kennenlernt, obwohl sie bereits einen Einblick in die Welt der Erwachsen gelangen konnte und Naruto ist ohnehin der Meinung, dass sich die Drei mit dem Erwachsenwerden ruhig Zeit lassen können. Es ist nicht so spaßig, wie es aussieht. „Ihr seid das Beste, was ich in meinem Leben zustande gebracht habe. Ich wünschte nur, ich wäre euch ein besserer Vater gewesen.“ Gedankenverloren und mit dem empfinden von bitterer Reue streicht Naruto seinem Sohn durch die blonden Haare, die in alle Himmelsrichtungen abstehen und schon immer nur schwer zu bändigen sind. „Aber … du bist doch ein toller Papa.“ Verwirrt blickt Minato seinem Vater in die Augen, der ihn einfach nur anlächelt. Der Familienvater zweifelt an dieser Aussage, weswegen er auch nicht auf diese Worte eingeht. Er hat sich zu viel von ihrer Entwicklung entgehen lassen oder diese eben nicht gewürdigt. Er glaubt nicht daran, dass es perfekte Eltern gibt und dass jeder immer irgendeine erzieherische Maßnahme entdeckt, die im Nachhinein als Fehler betitelt wird. Ratschläge oder pädagogische Lektüre können einen nicht auf die Existenz als Eltern vorbereiten. Erziehung mag zum Teil eine Wissenschaft sein, doch in erster Linie sollte Erziehung intuitiv erfolgen. Handlungen, die sich an den Bedürfnissen und Wünschen des Kindes orientieren und gleichermaßen auf ein Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Das ist seine Denkweise und diese hat er nicht selbst befolgt. Er hat sich von seinen Kindern distanziert und eine Entfremdung in Kauf genommen. Schweigend stellt Naruto seinen Sohn wieder auf die Beine und betrachtet lange seine kindlichen Gesichtszüge, die seinen so unwahrscheinlich ähnlich sind. „Ich wünschte, ich könnte bleiben, aber,- Das Einzige, was ich euch versprechen kann ist, dass ich alles tun werde, um zurück zu kommen. Ich habe euch sehr lieb. Das dürft ihr niemals vergessen, egal was passieren wird.“ Minato nickt darauf und sucht erneut die Nähe zu seinem Vater, der für einen kurzen Augenblick mit dem Gedanken spielt, tatsächlich zu bleiben. Er könnte es tun. Einfach bei ihnen verharren und ein Leben als alleinerziehender Vater aufbauen. Ein Zuhause suchen, arbeiten gehen und seine Kinder zu rechtschaffenen und ehrlichen Menschen aufziehen, doch er zweifelt daran, dass er ohne Hinata auch nur für eine Minute eines solchen Lebens glücklich sein könnte. Schließlich löst er sich doch von seinem Sohn und verabschiedet sich auch von seinen anderen beiden Kindern, die davon zwar nichts mitbekommen jedoch von ihm dadurch nicht vergessen werden. Nur wenige Augenblicke später reitet Naruto auch schon von dem Hof, beobachtet von seinem jüngsten Sohn, der sich die Nase an der kalten Fensterscheibe plattdrückt und seinem immer kleiner werdenden Vater hinterher schaut. Auch als dieser längst aus dem Sichtfeld verschwunden ist, harrt der Junge vor dem Fenster aus und schaut besorgt in die Ferne. Es ist Sasuke, der schließlich hinter ihn tritt und ihm eine Hand auf die Schulter legt. „Dieser Krieg tobt schon lange. Man muss zu solchen Mitteln greifen, um andere endlich wach zu rütteln.“ Betrübt senkt Minato den Blick auf die Fensterbank und lauscht in die nun wieder herrschende Stille hinein, ehe seine Augen wieder in die Ferne schauen und er einen Satz äußert, der eine unglaubliche Reife voraussetzt, um sich dieser Bedeutung überhaupt bewusst zu werden. Sasuke ist überrascht von einem siebenjährigen solche Worte zu hören, die er nicht einfach nur wiederholt, sondern auch wirklich so meint. Worte, deren Bedeutung ihm bewusst sind. „Einen Krieg gewinnt nicht der, der recht hat … es gewinnen nur die, die übrig bleiben.“ *~*~* Die langersehnte Rast nach unzähligen Meilen durch unwegsames Gelände und getrieben, wie eine Viehherde. Erschöpft, ausgemergelt und unterernährt lassen sich die Indianer auf dem Boden nieder und versuchen sich mit den wenigen Mitteln die ihnen zu Verfügung stehen, ein behelfsmäßiges Nachtlager zu errichten. Kaum Lebensmittel, keine Decken oder Überdachungen und bei jeder einzelnen ihrer Handlungen werden sie von Soldaten beobachtet, die stets schussbereit mit ihren Gewehren drohen und aufmerksam patrouillieren. Keuchend und am Ende ihrer Kräfte, lässt sich Hinata an einem kleinen Felsen zu Boden sinken, wo sie damit beginnt ihre geschundenen Füße zu massieren. Blutige Schrammen und schmerzende Blasen zieren ihre Fußsohlen, so dass jeder Schritt immer schmerzhafter und qualvoller für sie wurde. Wer noch bei Kräften war, hat einem anderen geholfen. Sie haben einander gestützt und sogar getragen. Die geringe Anzahl an klapprigen Karren, ließen sie für diejenigen, die keinen Schritt mehr tätigen konnten. Wenn sie einander im Stich lassen würden, wären viele von ihnen schon erschossen worden. Es sind nicht nur körperliche Schändungen, sondern auch ihre Seelen werden gequält. Es sind Blessuren, die sie alle tragen. Ein Blick in die erschöpfte Runde zeigt ihr deutlich, dass eine Vielzahl ihrer Stammesmitglieder an ihre Grenzen gekommen sind, doch Schwäche vor den Soldaten zu zeigen ist ein Todesurteil. Ein falsches Wort oder gar die Bitte um Rast, setzt dem Leid ein schnelles und drastisches Ende. Binnen weniger Stunden hat Hinata mehr Unmenschlichkeit zu Gesicht bekommen, als sie es je für möglich gehalten hat. Sie hat eigentlich gedacht, dass die Einblicke in menschliche Abgründe nicht tiefer hätten reichen können, als sie im Fort der Gefangenschaft ausgesetzt gewesen ist. Sie hat sich geirrt. Noch bevor der erste Konvoi aufgebrochen ist, wurden die nicht reise fähigen Männer, Frauen und Kinder aussortiert. Vor den Augen aller anderen wurden behinderte, alte, kranke und schwache Diné einfach erschossen und ihre Leichen den Geiern überlassen. Sie haben kaum Verpflegung erhalten und mussten im Dreck schlafen. Viele sind verhungert und von Krankheiten dahingerafft worden. Als wäre all das nicht schon schlimm genug, geht die Barbarei während des Marsches weiter und scheint zusehends schlimmer zu werden. Der grausame Höhepunkt fand vor wenigen Stunden statt, als ein Vater die Soldaten verzweifelt um Rast bat, damit seine Tochter ihr Kind zur Welt bringen kann, doch auf Rücksicht hoffte er vergebens. Irgendwann war ein Schuss zu hören und ein Nachfragen war nicht nötig gewesen. In Hinatas Augen sind diese Soldaten keine Menschen. Es sind Monster, denn anders kann es sich einfach niemand erklären, wie jemand in der Lage ist eine hochschwangere Frau in den Wehen zu erschießen. Voller Kummer, Angst und Verzweiflung richtet Hinata ihren Blick in den immer dunkler werdenden Nachthimmel, wo bereits vereinzelte Sterne funkeln. Sie betet jeden Tag darum, dass es ihren Kin-dern gut geht und dass Naruto bei ihnen ist, wobei sie zeitgleich unendliche Sehnsucht nach ihnen hat. Von den einen auf den anderen Moment brach ihre heile Welt in sich zusammen, so dass ihr die Möglichkeit einer vernünftigen Verabschiedung genommen wurde. Sie hat ihre Kinder regelrecht fortgejagt, ohne eine Erklärung für dieses Verhalten. Naruto wurde bei seiner Rückkehr vor vollendete Tatsachen gestellt und erlebt nun die gleiche Ungewissheit, wie sie noch immer präsent ist wenn er an Hoshi denkt. Der Gedanke an ihn schmerzt. Nichts würde sie in diesem Augenblick lieber sehen, als sein liebevolles Lächeln. Der harte Stein in ihrem Rücken und der kalte Winterboden unter ihr, ist nicht vergleichbar mit seiner warmen und schützenden Umarmung. Sie findet nichts beruhigender und angenehmer, als sich am Abend an ihn zu schmiegen und seinem Herzschlag zu lauschen. Das einzige Geräusch, welches nun in ihren Ohren widerhallt, ist der pfeifende Wind, der ein Frösteln durch ihren Körper jagt. Zitternd schlingt Hinata ihre Arme um ihren Körper und zieht die Beine an. Der Poncho an ihrem Leib ist viel zu groß, für ihren zierlichen Körper und eine Gabe von Neji, der mit zu denen gehört, die versuchen alle anderen zum Durchhalten zu motivieren. Die bisher zurückgelegten 100 Meilen hat er einen alten Mann auf seinem Rücken getragen, der wohl sonst von den Soldaten erschossen worden wäre. Er musste für seine Hilfsbereitschaft jedoch schon teuer bezahlen. Sie hat gesehen, was die Soldaten mit ihm gemacht haben, als er sich auf die Seite der gebärenden Frau gestellt und die Uniformierten ebenfalls um Rast gebeten hat. Er war jedoch energischer und sehr viel direkter. Ein Fakt, den die Soldaten im Keim erstickt haben und so einen Präzedenzfall geschaffen haben. Wer aufmüpfig wird, der muss bezahlen. Mit Tränen in den Augen und einer erschreckenden Leere in ihrem Inneren, legt sich Hinata schließlich auf den gefrorenen Boden, rollt sich wie eine Katze zusammen und drängt sich gegen den harten Felsen, mit der vergeblichen Suche nach Wärme. Eine stumme Träne läuft ihr Gesicht entlang, als sie ihre Augen schließt und den Poncho enger um sich zieht. Die Tränen werden mehr und mehr, bis sie ihr Gesicht in dem Stoff des Ponchos vergräbt und sich der immer finsterer werdenden Nacht hingibt. Sie versucht in ihre Träume zu flüchten. Der einzige Ort, an dem die zerstörte Idylle noch vorhanden und ihre Liebsten bei ihr sind. Der einzige Ort, an dem sie neue Hoffnung schöpfen kann, bis zum Moment des Erwachens. Bis zu dem Moment, wo der erste Augenaufschlag ihre entfachte Glut abkühlt. Dass Naruto dem ausgemergelten Konvoi bereits sehr viel näher ist, als sie glaubt, verraten ihr aber nicht einmal ihre Träume. Gute vier Meilen östlich von dem errichteten Lager, befinden sich drei Soldaten auf ihren Pferden und harren in der Dunkelheit aus, während ihre Blicke durch die Umgebung gleiten und Ausschau halten. Sie warten. Sie warten auf eine Bewegung oder ein Geräusch, während hinter ihnen feine Rauchschwaden von Kochstellen und Lagerfeuern emporsteigen. Der einzige Schutz zwischen ihnen und ihren Kameraden ist die Entfernung, die kahlen Baumstämme des Wäldchens und das kleine Tal, in dem sie sich befinden. Sie begehen gerade eine Handlung, die ihnen eine Schlinge um den Hals garantiert, wenn sie auch nur von einem ihrer Kameraden entdeckt werden. Das Risiko sitzt ihnen im Nacken und jagt ihnen in regelmäßigen Abständen einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Einer der Soldaten hält sich die Hände von seinem Mund, um diese mit seinem Atem aufzuwärmen. Seine Haare schimmern fast silbrig in der Nacht, sein linkes Auge ist milchig-weiß getrübt und eine senkrecht verlaufende, feine Narbe dominiert von der Stirn, bis zur Hälfte seiner Wange das Erscheinungsbild. Er ist groß und kräftig, zittert unter den Witterungsbedingungen jedoch sichtbar, weswegen er den Kragen seiner Jacke, aufrichtet und enger um seinen Hals schlingt. Die Sehnsucht nach einem warmen Lagerfeuer wird immer größer und die Kälte dafür immer präsenter. Ungehalten richtet der frierende Soldat seinen Blick wieder nach vorne und damit auf den Rücken seines Kameraden, der ausschlaggebend für diese nächtliche Aktion gewesen ist und nun selbst mit der bibbernden Kälte zu kämpfen hat. Nur auf seine Bitte hin, haben sie ihn hierhin begleitet und müssen nun befürchten zu erfrieren oder gar entdeckt zu werden. Der Mann, in dessen Rücken sich die ungehaltenen Blicke des Soldaten bohren, ist von der äußeren Erscheinung ein durchschnittlich großer Mann, mit kurzen schwarzen Haaren, die vorwitzig unter dem Saum seiner Mütze hervorschauen. Auffallend ist jedoch die stark vernarbte rechte Gesichtshälfte, welche sein Aussehen fast unheimlich wirken lässt. „Obito wir sollten zurück. Unsere Abwesenheit fällt sonst noch auf.“ Der Angesprochene zuckt kurz zusammen und wirft einen Blick auf seinen silberhaarigen Begleiter, der seine Hände aneinander reibt und einen durchaus bettelnden Ausdruck in den Augen hat. Obito schweigt auf diesen Vorschlag und schaut stattdessen zurück in die Ferne, ehe er eine Taschenuhr hervorzieht. Er muss sich anstrengen, um die Zeit von dem Ziffernblatt ablesen zu können. Das regelmäßige Ticken verrät das Unbarmherzige Voranschreiten der Zeit und nach diesem überprüfenden Blick steckt der angesprochene Soldat seine Uhr zurück in die Tasche. Nach einigen schweigsamen Momenten mischt sich auch der dritte Uniformierte ein, nachdem auf den Einwand seines Gefährten keine Äußerung erfolgt. Er selbst hat bei der Äußerung bestätigend mit dem Kopf genickt und auf eine Einsicht gehofft. Bei ihm handelt es sich um einen Mann mit unvorteilhafter Frisur, die stark an die Form eines Pilzes erinnert, mit dichten, breiten Augenbrauen, großer Nase und hervorstechenden Wangenknochen. Eine recht kuriose Erscheinung, die wenig Respekt auslöst. Er lenkt sein Pferd neben Obito und pflichtet dem Hinweis schließlich direkt bei. „Kakashi hat recht. Wir haben den Zeitplan längst überschritten.“ Ein eigentlich unnötiger Hinweis, nachdem Obito die Zeit abgelesen hat und dennoch macht er keine Anstalten zurück zum Lager zu kehren. Er weiß selbst, dass dieses Unterfangen sehr riskant ist und dass sie das geplante Zeitfenster bereits um fünfzehn Minuten überzogen haben, aber dennoch will er nicht vorzeitig abbrechen und damit die Flinte ins Korn werfen. „Noch fünf Minuten.“ Darauf schauen sich seine beiden Begleiter kurz an und krümmen sich auf ihren Pferden etwas mehr zusammen, um der Kälte erfolgreich trotzen zu können. Dass werden die längsten fünf Minuten ihres Lebens werden – glauben sie. Kakashi startet einen erneuten Versuch mit Hilfe seines Atems, seine inzwischen schmerzenden Hände zu wärmen, bis er ein Geräusch unmittelbar neben sich vernimmt. Er hat noch nicht einmal die Zeit seinen Kopf in die besagte Richtung zu drehen, denn im selben Moment wird er auch schon schwungvoll von dem Rücken seines Schecken gerissen, der erschrocken einen Satz nach vorne tätigt und leicht bockend davon trabt. Überrascht landet Kakashi rücklings im Schnee, ehe er auch schon eine Waffe vor seinem Gesicht tanzen sieht und er, mit einem Fuß auf seinem Brustkorb, nach unten in den Schnee gedrückt und so am Boden fixiert wird. Obito und Maito reißen nur erschrocken ihre Pferde herum, die völlig aufgeschreckt auf der Stelle tanzen und kaum zu händeln sind. Die Revolver lassen die Herrschaften allerdings stecken, denn die Kälte und der pfeifende Wind hat ihre Finger bereits taub und steif werden lassen. Selbst wenn sie wollten, könnten sie ihre Waffen noch nicht einmal halten. Sie haben diese Person weder kommen sehen noch kommen hören. Er war plötzlich einfach da und hat mit Leichtigkeit einen von ihnen überwältigt. Sie sind alle erfahrene Soldaten mit viel Kampferfahrung, was allein das Aussehen von Kakashi und Obito schon widerspiegelt. Ihre Narben haben sie sich nicht etwa bei einem Kirchgang zugezogen, sondern in Schlachten. In Anbetracht der Tatsache, mit wem sie es hier zu tun haben, ist es aber auch nicht verwunderlich. Sasuke hat also nicht gelogen als er sagte, dass Naruto Uzumaki noch äußert lebendig ist und um Hilfe bittet. Die drei Soldaten haben es mit einem Mann zu tun, der genau weiß was er tut und der es über Jahrzehnte geschafft hat, der Justiz mit Leichtigkeit zu entkommen. Naruto ist ein Mann, der weiß was getan werden muss, um unsichtbar für alle anderen zu werden. Er kann verschwinden, wenn er das nur will. Wenn er nicht gefunden werden will, dann findet ihn auch niemand. Er besitzt die Fähigkeit mit seiner Umgebung zu verschmelzen. Die Fähigkeit jeden Schachzug seiner Feinde zu sehen, selbst jedoch zu jeder Zeit das Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben. Er ist wie ein Geist, der seine Gegner heimsucht, wann immer es ihm beliebt. Das Licht des Mondes gibt das Gesicht eines totgeglaubten Mannes frei, der noch immer gefürchtet wird und in diesem Moment einen Diener des Staates mit einer Waffe bedroht, dass dieser sich nicht traut auch nur zu zwinkern. Kakashi liegt regungslos am Boden, die Hände leicht in die Höhe haltend und im angesichts des drohenden Todes, unregelmäßig und schwer atmend. Obito ist jedoch der Erste, der begreift dass diese Situation nicht so gefährlich ist, wie es ein Außenstehender vielleicht denken würde. Ein Schuss und jeder Soldat im Lager würde aufgeschreckt werden. Für Naruto würde das bedeuten, dass er binnen weniger Augenblicke ein paar dutzend Soldaten an den Hacken hätte. Er wäre unsagbar dumm, wenn er dieses Risiko eingehen würde. Daher lächelt Obito nur leicht in sich hinein, während Kakashi dem Tod noch immer wortwörtlich ins Auge blickt. „Ich hätte wissen müssen, dass du kein Risiko eingehen und dich nicht direkt nähren wirst, aber wärst du wirklich so dumm, abzudrücken?“ „Nein, aber versteht meine Position. Ich musste halt sichergehen.“ Gelassen steckt Naruto seinen Revolver zurück in den Holster und streckt schließlich dem am Boden liegenden Soldaten die Hand helfend entgegen, welche dieser noch immer überrascht ergreift und sofort auf die Beine gezogen wird. Mit einer unglaublichen Ruhe geht der Familienvater auf Obito zu und blickt schließlich zu ihm hoch. Als wäre diese Begegnung eine ganz gewöhnliche, streckt der Outlaw ihm die Hand entgegen und bekommt diese Begrüßung auch gleich erwidert. „Naruto. Angenehm.“ „Obito. Der Mann mit dem offenen Mund ist Maito und der Herr, der sich den Schnee von der Hose klopft heißt Kakashi.“ Während dieser Vorstellungsrunde fängt Kakashi seinen Schecken wieder ein, wohingegen Maito sich darauf verlegt Naruto etwas genauer zu betrachten, dass es schon fast an Belästigung grenzt. Sie alle kennen die ganzen Geschichten von dem Outlaw nur zu gut. Sie kennen seine Boshaftigkeit und die zahlreichen Morde, wo jeder grausamer als der andere gewesen ist. Diese ganzen Horrorgeschichten prägen die Vorstellungskraft und so erscheint es fast, als wäre Maito ein bisschen enttäuscht, weil der Anblick nicht mit seinem zurecht gelegten Bild übereinstimmt. Naruto wirkt so schrecklich … normal. Die Bestie von Monument Valley, sieht nicht aus wie eine Bestie und so reibt sich Maito nachdenklich das Kinn, wobei sein Blick erneut über den Körper des Outlaws gleiten lässt, der das einfach nur unkommentiert über sich ergehen lässt. Aus diesem Grund redet er auch ungeniert weiter mit Obito über die nun folgenden Schritte, während Kakashi, der wieder auf seinem Pferd sitzt, neben ihm stoppt und so derjenige ist der die gemurmelten Worte seines Kameraden vernimmt. „Der Teufel. Irgendwie hatte ich eine andere Vorstellung. Mehr monströser.“ „Wie denn? Mit Hörnern auf seinem Kopf und purpurfarbenen Augen?“ Kakashi verdreht die Augen, während Maito auf diese Frage tatsächlich mit dem Kopf nickt. Überra-schen sollte es den Soldaten allerdings nicht. Es entspricht seinem immer noch kindlichen und leicht nervigen Charakter, utopische Vorstellungen tatsächlich auf die Realität zu übertragen. So gesehe-nen, ist es nur normal, dass er sich den Teufel vom New Mexico Territorium auch tatsächlich als Teufel vorgestellt hat. Kakashi hingegen sieht nur einen Mann, der eine unglaubliche Gefahr auf sich nimmt, um seine Frau zu befreien und dafür sogar mit ihnen paktiert während Obito dem gesuchten Outlaw gerade erklärt, dass ein sehr erschreckender Anblick auf ihn warten wird, sobald sie zum Lager zurückkehren. Eine Vorwarnung, die Naruto mit einem Nicken annimmt, ehe er seine kleinen Finger in seine Mundwinkel steckt und einen schrillen Pfiff, vergleichbar mit dem eines Greifvogels, ausstößt. Es vergehen nur wenige Augenblicke bis zwei Pferde antraben, wobei es eher ein Pferd ist. Das andere ist am Horn des Sattels befestigt und wird zwangsläufig mitgezogen. Die Stute seines Sohnes bindet Naruto an einer Astgabel an, ehe er sich auf den Rücken von Ashkii schwingt und signalisiert, dass es losgehen kann. Seine ganzen Handlungen wirken wohl überlegt und durchstrukturiert, so als würde er solche Unterfangen regelmäßig praktizieren. Die Vorwarnung hat Naruto aber nicht ausreichend genug auf dieses Bild vorbereiten können, wel-ches sich ihm offenbart, kaum dass die drei Soldaten ihn erfolgreich in das Lager eingeschmuggelt und sich dann verabschiedet haben. Die ausgemergelten Gestalten zu seinen Füßen sind Nachbarn, Bekannte und Freunde. Wie soll er es schaffen all ihr Leid zu ignorieren und ohne schauspielerisches Talent eine Maskerade aufrecht halten? Er bewegt sich zwischen den Fronten und läuft damit Gefahr auf beiden Seiten erkannt zu werden. Er wusste, dass das ein Spiel mit dem Feuer ist und auch wenn es einfach war, sich unter die Soldaten zu mischen, so ist diese Szenerie mit einem Spaziergang auf einem zugefrorenen See zu vergleichen. Inwieweit seine nächsten Schritte das Eis belasten ist unvorhersehbar. Schockiert streift Naruto durch die Reihen seiner Stammesmitglieder und mit jedem Schritt mehr, kann er weniger verstehen, wie die Soldaten an ihren christlichen Werten festhalten können, nachdem sie solche Taten begehen und es dann noch fertigbringen ohne Gewissensbisse in den Spiegel zu schauen. Wie viel Ignoranz kann ein Mensch verkörpern, damit er zu solchen Dingen in der Lage ist? Er zweifelt an der Menschlichkeit dieser Leute, die christliche Werte predigen, diese aber selbst nicht umsetzen. Heuchler, allesamt. Angewidert geht Naruto weiter durch dieses sehr provisorische Nachtlager und während die Solda-ten sich an Feuerstellen aufwärmen, sich gegenseitig schlechte Witze erzählen und Karten spielen, stoppt der Outlaw seine Schritte vor einer leblos wirkenden Gestalt zu seinen Füßen. Im Gegensatz zu den anderen, hat sich dieser Indianer nicht zusammengerollt um sich gegen die klirrende Kälte irgendwie zu schützen. Der Mann liegt rücklings im Schnee, ein Bein leicht angewinkelt und eine Hand auf dem Oberkörper ruhend. Er ist ungewöhnlich blass, sein Kopf leicht zur Seite geneigt und ohne jede Körperspannung. Das eigentlich Beunruhigende an diesem Anblick ist jedoch die Tatsache, dass es sich bei diesem Mann um Neji handelt, der wohl ziemlich viel von brachialer Gewalt einstecken musste. Sein Gesicht ist übersähet von blauen Flecken, Schrammen und Platzwunden. Sein rechtes Auge ist zugeschwollen und die Unterlippe aufgeplatzt. Die Knöchel an seinen Händen weißen blutige Abschürfungen auf, woraus sich schließen lässt, dass er sich zur Wehr gesetzt hat. Was haben sie ihm nur angetan? Vergewissernd dreht sich Naruto zu der entfernt sitzenden Gruppe Kavalleristen um, die witzelnd am Lagerfeuer hocken und den erbärmlichen Gestalten um sich herum keinerlei Beachtung entgegenbringen. Erst als Naruto sicher ist, dass seine Handlung unbemerkt bleiben wird, geht er vor dem leblosen Körper in die Hocke und betrachtet das geschundene Gesicht des einst stolzen Kriegers, ehe er die Handfläche knapp über Mund und Nase hält. Eigentlich eine überflüssige Geste, denn auch ohne die Überprüfung eines Lebenszeichens ist schnell erkennbar, dass Neji nicht mehr am leben ist. Dass Naruto keine Atemluft an seiner Handfläche vernehmen kann ist nur der endgültige Beweis, ebenso wie der fehlende Herzschlag, als er seinen Kopf auf die Brust des Toten legt. Die fast gräulich wirkende Haut, die Kälte seines Körpers und die fehlende Körperspannung sprechen für sich und trotzdem ist es niederschmetternd. Seufzend richtet sich der Outlaw wieder etwas auf, bleibt jedoch am Boden hocken und betrachtet den leblosen Körper vor sich, bis sein Blick an einem zerrissenen Teil der Bekleidung hängen bleibt und er schließlich das Hemd von Neji nach oben schiebt. Er keucht entsetzt auf. Nejis Oberkörper sieht weitaus schlimmer aus, als sein Gesicht. Kein Fleck besitzt noch eine normale Hautfärbung. Von Blau bis Grün sind alle Farbvarianten vorhanden und einfach nur zu sagen, dass sein Körper angeschwollen ist, wäre noch eine viel zu milde Umschreibung des Zustandes. Es sieht aus, als wäre er von einem Felsen zerquetscht worden. Als hätte ihm jemand eine tonnenschwere Last auf den Körper gelegt und dabei zugehört wie seine Knochen brechen. Sie haben ihn totgeprügelt. Fassungslos zieht Naruto das Oberteil wieder zurecht und blickt kurz zu Boden, ehe sein Blick sich auf die Gruppe der grölenden Soldaten richtet, die er am liebsten auf der Stelle erschießen würde. Sein Verstand schreit geradezu dass er die Waffe ziehen soll und das verlockende Kribbeln in seinen Fingerspitzen, macht es ihm ausgesprochen schwer es nicht zu tun. Er seufzt verbissen und mahlt energisch mit den Zähnen, ehe er wieder auf die Leiche schaut und sich nun die Frage in den Vordergrund drängt, wie er diesen Verlust Tenten oder Hinata erklären soll. Vor ihm liegt ein Mann, den selbst er für unbesiegbar gehalten hat. Stolz und direkt, stets mit Ordnung und Struktur. Ein liebender Ehemann und Vater. Auch die Zeit mag solch einen Verlust nicht erträglicher zu machen. „Mwen se konsa regrèt.” Bedauernd legt Naruto dem Toten eine Hand auf die Schulter und hält einen Moment lang inne. „Warum entschuldigst du dich? Du hättest das auch nicht verhindern können.” Überrascht blickt Naruto zur Seite, wobei er sich wieder auf die Beine stellt und recht erstaunt darüber ist, als er einen der Dorfältesten aus dem Schatten treten sieht und der von seinem sonst respektablen Erscheinungsbild viel eingebüßt hat. Die Zeit der Gefangenschaft und mageren Verpflegung haben sichtbare Spuren bei Shikaku hinterlassen und so wundert es den Outlaw auch nicht, als sich das Mitglied der Dorfältesten sich auf dem Boden niederlässt und etwas in sich zusammenfällt. Die schwarzen Haare, die sonst immer zu einem strengen Zopf zusammengebunden sind, hängen platt und strähnig von seinem Kopf herab. Seine Körpermasse ist bedeutend weniger geworden und der ernste Blick hat definitiv an Ausdruck verloren. Einzig und allein die Narben in seinem Gesicht sind vollkommen unverändert. Hinterlassenschaften seiner Jugendsünden, wie er es selbst nennt. Trübsinnig blickt Shikaku zu Neji und schließlich zu Naruto, der sich kurz zu den Soldaten umdreht, die nicht unbedingt den Eindruck von Wachsamkeit vermitteln. Scheinbar vertrauen die Kerle darauf, dass alle Indianer zu schwach für einen Fluchtversuch sind und mit dieser Ansicht haben sie gar nicht mal so unrecht. Die Wenigstens sind in der Lage sich zu bewegen. Unterernährung und Kälte scheinen sie zu lähmen. „Er ist kurz nach Sonnenuntergang gestorben.“ Naruto schließt kurz die Augen, ehe er Shikaku an-sieht. „Was ist passiert?“ „Einen Grund haben diese Menschen noch nie gebraucht. Neji hat sich gegen die Soldaten aufge-lehnt, als er eine Frau in den Wehen verteidigen wollte. Ihn haben sie verprügelt und die Frau er-schossen. Sie könnten wegen so etwas nicht anhalten, haben sie gesagt.“ So etwas? Ist Kinder zur Welt bringen, etwa eine Kleinigkeit? Eine Nebentätigkeit, die zwischen Tür und Angel verrichtet wird? Hinata hat sich bei jeder der vier Geburten über Stunden mit diesen Schmerzen herumgequält. Am längsten hat die Tortur bei Kushina gedauert, die auch nach einundzwanzig Stunden in den Wehen nur wenig Interesse daran zeigte, das Licht der Welt erblicken zu wollen. Über einen Tag lag Hinata in den Wehen, ehe sie ihre Tochter endlich in den Armen halten konnte und obwohl das Mädchen es ihr nicht einfach gemacht hat, hat sie nicht eine Sekunde daran gedacht, ihr irgendwelche Vorwürfe aufzuladen. Der ganze Schmerz und die Erschöpfung schienen vergessen, kaum dass Kushina sich an sie geschmiegt hat. Für Hinata war es eine einzige Quälerei bis zu diesem harmonischen Zeitpunkt und auch wenn Naruto selbst von den Schmerzen einer Geburt keine Ahnung hat und dafür sogar dankbar ist, so ist er sich absolut sicher, dass keine Frau auf dieser Welt, egal welche Hautfarbe sie hat und welchen Glauben sie praktiziert, eine Geburt als leichte Sache betiteln würde. Das So etwas der Soldaten bezog sich aber nicht auf die Geburt selbst, sondern eher auf die Unwichtigkeit einer indianischen Existenz. Sie sind des Lebens unwürdig. Wer entscheidet eigentlich, wer das Leben und wer den Tod verdient? „Sind die anderen auch hier?“ „Nein. Wir haben uns so verteilt, dass jeweils einer von uns in jedem Konvoi dabei ist. Chozua war im Ersten. Shibi wird im Dritten dabei sein und Inochi im letzten. Irgendwie müssen wir ja versuchen Halt zu vermitteln, seit Hiashi getötet wurde.“ „In welchem Konvoi ist Tenten?“ „In gar keinem. Takeo, ihr und den Mädchen ist die Flucht in die Wälder gelungen. Shikamaru konnte ebenfalls mit Frau und Kind fliehen“ Wenigstens eine gute Nachricht und auf lange Sicht wohl auch die einzige. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie alle auch in Sicherheit sind. Wie viele genau der Gefangenschaft entkommen konnten und wie viele Tote zu beklagen sind, bleibt wohl nichts weiter als eine grobe Schätzung. Diejenigen die fliehen konnten, werden aber keine Ruhe finden. Die Regierung wird so lange alle Stämme verfolgen, bis sie auch den letzten Indianer erwischt haben. Ein Leben in Angst und Schrecken und ständig auf der Flucht. Kaum erstrebenswert und doch das Einzige, was der Freiheit am nächsten kommt. Ratlos stemmt Naruto die Hände in die Hüften und blickt schweigend zu Boden, während das erfreute Lachen der Kavalleristen ihn fast wahnsinnig macht. Shikaku hingegen mustert den Outlaw von oben bis und unten und hat eine entsprechende Ahnung, wieso dieser in solch einer Uniform steckt und wieso er überhaupt hier ist. Er hüllt sich in die Kleidung seiner Feinde, um denen zu helfen die er liebt und die ihm ein Zuhause gaben. Es ist einfach unglaublich, was er auf sich nimmt. Er stellt sich immer und immer wieder einer Übermacht in den Weg, ohne ein einziges Mal an sich selbst zu zweifeln. Selbst jetzt wirkt sein Auftreten zuversichtlich und überzeugend. Im Moment jedoch scheint er mit irgendeiner Idee zu hadern. „Hinata ist dort hinten. Was genau hast du eigentlich vor?“ „Improvisieren, schätze ich.“ Unbewusst setzt Naruto seine Schritte immer schneller und schneller voreinander, kaum dass er glaubt die zusammengekauerte Gestalt seiner Frau ausgemacht zu haben. Eine Gestalt, die in der Dunkelheit nicht mehr als ein schwarzer Klumpen zu sein scheint, der Abseits von allen anderen liegt und versucht das Grauen zu verarbeiten, welchem sie alle ausgesetzt sind. Eine Gemeinschaft verbindet und macht einen auch stärker, doch eine geschwächte Gemeinschaft, in der Hoffnung nur eine Illusion darstellt, ist ein bröckliges Fundament aus lebensmüden Geistern, die immer wieder herausbrechen und zurückbleiben. Ein Schuttberg auf dem staubigen Pfad in eine ungewisse Zukunft, der niemand einen positiven Gedanken entgegenbringt. Naruto hat in dieser kurzen Zeit so viel Resignation zu Gesicht bekommen, dass er selbst Zweifel verspürt welche er nur mit einer großen Willenskraft aus seinen Gedanken vertreiben kann. Er darf nicht daran denken, dass alles hoffnungslos erscheint und er darf auch nicht darüber nachdenken, was passiert wenn er scheitert. Um nicht selbst in einem tiefen Sumpf aus dunklen Gedanken und endloser Resignation zu versinken, muss er an sich glauben. Er muss daran glauben, dass alles gut wird und er ein Wunder vollbringen kann, welches an Göttlichkeit zu grenzen scheint. Wenn er nur seine Frau retten kann, dann ist das allein schon weitaus mehr als er überhaupt zu hoffen gewagt hat. Er muss sich selbst dazu zwingen nicht überhastet zu wirken, während er sich einen möglichst unauffälligen Weg durch die Reihen der Diné sucht, damit seine Tarnung nicht auffliegt. Eine Sorge, die vermutlich unberechtigt ist. Die meisten Soldaten sind damit beschäftigt Karten zu spielen oder im wärmenden Schein des Feuers einige Stunden Schlaf nachzuholen und die Indianer sind zu erschöpft, als dass einem umherlaufenden Soldaten Beachtung entgegenbringen. Bisher war nicht ein einziger Mann unter ihnen, der Naruto viel Aufmerksamkeit entgegengebracht hat. Niemand fragte ihn nach seinen Namen, seiner Herkunft oder einer sonstigen Angabe aus seinem Leben, die ihn hätte in Schwierigkeiten bringen können. Diese Männer bringen ihm genau die verkehrte Aufmerksamkeit entgegen. Sie grüßen ihn und haben ihn bereits schon zu einer Partie Würfelpoker eingeladen. Sie glauben, er gehöre zu ihnen obwohl sie ihn eigentlich noch nie gesehen haben. Das spricht nicht unbedingt für sie und ist für den zurechtgelegten Plan des Outlaws nur von Vorteil. Den letzten Abstand zu seiner Frau beinahe überspringend, hockt er sich schließlich vor sie und lässt nur einen hastig, überprüfenden Blick durch die Runde gleiten, ehe er Hinata seine Handfläche auf den Mund presst, um jede potenziell verdächtige Geräuschkulisse, welche von ihr ausgehen und die Soldaten alarmieren könnte zu verhindern. Seine Handfläche berührt nur leicht ihre Lippen, ehe sie schon erschrocken die Augen aufreißt und ihr damit verbundener Aufschrei, von seiner Handfläche verschluckt wird. Er hält sie bestimmt am Boden und gibt beruhigende Zischlaute von sich, während sie versucht diesem Griff zu entkommen. Die auflodernde Panik in ihrem Blick dominiert ihr gesamtes Denken, weswegen sie versucht sich nach Leibeskräften zu wehren. Es sind jedoch nur wenige Augenblicke, bis ihr Bewusstsein begreift, wer sie auf dem Boden hält und mit leisem Flüstern auf sie einspricht. Ihr Widerstand erlahmt zusehends, weswegen er seine Hand von ihrem Mund nimmt und die Panik weicht bodenloser Fassungslosigkeit, gepaart mit ebenso endloser Ungläubigkeit. Eine kleine Ewigkeit starrt sie in seine Augen, in denen sie sich nach all den Jahren noch immer verlieren kann, während er ein dankbares Lächeln auf den Lippen trägt und schließlich zärtlich eine Hand auf ihre Wange legt. Hinata hat sie so nach seinen Berührungen verzehrt, dass es ihr in diesem Moment beinahe die Luft nimmt. Mit einem unterdrückten Schluchzen schmiegt sie sich an seine leichte raue Handfläche und ehe sich der Outlaw versieht, presst sich seine Gattin auch schon an seinen Oberkörper, klammert sich an ihn, während stumme Tränen in der Uniform versickern. Er lässt sie gewähren, legt die Arme um sie und drückt sie enger an sich heran, während eine Welle von Dankbarkeit und Erleichterung durch deinen Körper schwappt. Es ist schließlich das grölende Lachen eines Soldaten, welches ihn daran erinnert in was für einer Situation er sich gerade befindet. Er kann sich keine Unachtsamkeit erlauben, weswegen er entschlossen seine Frau auf die Beine zieht und im Schutz der nächtlichen Schatten einen Weg aus diesem provisorischen Lager sucht. Geschickt schleichen sie an den unaufmerksamen Soldaten vorbei, verstecken sich hinter Planwagen, Felsen oder schneebedeckten Sträuchern und Büschen, immer mit der bohrenden Angst im Nacken, mit dem nächsten Zwinkern entdeckt zu werden, bis sie im Schutz des dichten Waldes zum ersten Mal aufatmen können, nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit über eine freie Fläche sprinten mussten. Zeit zum Ausruhen, oder gar zum Genießen dieses kleinen Teilerfolges gönnt Naruto sich und seiner Frau nicht. Er läuft weiter durch den Wald, zieht seine Frau dabei hinter sich her und kämpft sich durch den knöchelhohen Schnee. Die Freunde von Sasuke haben Wort gehalten und ihn nicht nur sicher in das Lager hineingeschleust, sondern ihm auch eine Möglichkeit geboten, es schnell und unauffällig wieder verlassen zu können. Ohne sie wäre dieses Unterfangen auch weitaus schwieriger gewesen, wenn nicht sogar unmöglich. Kakashi wartet bereits bei der Fuchsstute, was Hinata kurz erschrocken auf keuchen lässt, da sie befürchtet entdeckt worden zu sein, doch da Naruto unbekümmert weiterläuft und dem Mann sogar noch zu nickt, als würden sie sich seit Jahren kennen, lässt diese Befürchtung sofort wieder verschwinden. Es ist eher Verwirrung, die bei dieser ungewöhnlichen Zusammenarbeit entsteht und die sie immer wieder zwischen den Herren hin und her schauen lässt. Bei dem Pferd angekommen fixiert die vierfache Mutter den Soldaten regelrecht, als wenn sie nur darauf wartet, dass er seine Hilfsbereitschaft vergisst und sie auf der Stelle niederschießt, doch Kakashi lächelt nur beruhigend und vollzieht einen etwas halbherzigen Salut, der eher die Wirkung eines höflichen Grußes innehat. Er will ihnen wahrhaftig nichts tun, zu diesem Schluss kommt schließlich auch Hinata, die sich zu ihrem Mann herum dreht, der dabei ist eine Karte auszubreiten. Die Fuchsstute von Minato, welche ruhig und abwartend im Schnee steht, aber aufmerksam den Kopf anhebt als sie sich ihr genährt haben, lässt alles über sich ergehen und stört sich der Hektik um sie herum nicht. Minato hat ihr den Namen Espere gegeben. Übersetzt bedeutet dieser Hoffnung. Hoffen darauf, dass alles wieder in Ordnung kommt. Hoffen darauf, dass ihr Leben zurückkehrt und darauf, dass sie als Familie wieder zusammen kommen. Das hoffen darauf, dass dieses Pferd die geliebte Mutter wieder zu ihnen bringt. Unter den jetzigen Umständen könnte das sogar tatsächlich erfolgen. Narutos wilder Atem bildet immer wieder kleine Wölkchen in der kalten Winterluft, während ein wolkenfreier Mond durch die Nacht scheint und die Sichtverhältnisse etwas besser erscheinen lässt. Hinata ist es möglich einen klaren Blick auf die Karte zu erlangen, die Naruto ihr demonstrierend hinhält und mit dem Finger schließlich eine eingezeichnete Route entlangfährt. „Hier. Halte dich auf diesen Weg und meide die Straßen. Such in den Wäldern nach Tenten und Ino. Wenn du sie findest, oder auch nicht, dann begibt dich nach Cowboys Heaven. Das ist hier. Die Kinder sind dort. Kakashi wird dich eine Weile begleiten, bis du in Sicherheit bist.“ Naruto nickt nur kurz in die Richtung des grauhaarigen Mannes und auch Hinata schenkt dem Soldaten einen erneuten, wenn auch nur kurzen Blick, ehe sie wieder zurück zu ihrem Gatten schaut. „W-was ist mit dir?“ Hinata traut sich kaum diese Frage zu stellen, denn bisher deutet alles darauf hin, dass sie sich alleine auf den Weg machen wird, während er zurückbleibt und versucht den Hel-den zu spielen. Es fällt ihr schwer seinen Ausführungen zu folgen, während in ihrem Kopf die Erkenntnis herrscht, dass sie sich in wenigen Augenblicken wieder trennen werden. Sie haben gerade erst wieder zusammengefunden und als wäre das alleine noch nicht schlimm genug, beginnt ihr Herz zu rasen, als ihr Mann auf ihre Frage schweigend die Karte wieder zusammenfaltet und in der Satteltasche verstaut. Schweigen ist eine andere Form der Zustimmung. Sie hasst es, wenn er das tut. Sie rechnet ihm seine Hilfsbereitschaft sehr hoch an, doch hasst sie diese Eigenschaft sobald er sich deswegen ihn eine unkalkulierbare Gefahr begibt. Hinata schließt die Augen, um ihre Tränen daran zu hindern über ihre Wangen zu laufen, ehe sie eine Berührung an ihrer Hand vernimmt welche sie dazu veranlasst ihrem Mann in die Augen zu schauen, der mit einem entschuldigenden Blick in ihr Gesicht schaut. Kakashi hingegen wendet sein Augenpaar diskret zur Seite und hält sich im Hintergrund, denn es ist gut möglich, dass dieser Abschied für immer sein wird. Hinata kennt den Charakter ihres Mannes. Er muss ihr keine weitere Begründung für sein Handeln abliefern, denn es liegt in seiner Natur alle Ungerechtigkeit bekämpfen zu wollen und eine Opferbereitschaft an den Tag zu legen, wenn es um seine Heimat, seine Familie und Freunde geht. Er kennt die kaum nennenswerten Erfolgschancen seines Unterfangens und lässt sich dennoch nicht entmutigen. Er sieht auch noch in der dunkelsten Stunde immer ein Licht in der Ferne brennen, auf das er hinarbeitet. In ihm steckt so viel Ehrgeiz, dass er es mit jedem Menschen auf der Welt teilen könnte. Kein Ziel ist ihm zu weit gesteckt und keine Hürde zu hoch. Wo Hilfe benötigt wird, bietet er seine bereitwillig an. Er ist die Verkörperung von Menschlichkeit. Ein leichtes Lächeln legt sich auf ihre Lippen, welches sowohl Stolz, als auch tiefe Sorge und Angst widerspiegelt. Obwohl es ihr widerstrebt ihren Mann zurück zu lassen … obwohl jede Faser in ihrem Inneren förmlich schreit, äußert sie kein Wort welches gegen seine Entscheidung sprechen könnte. Das Einzige was sie tut, worauf sie einfach nicht verzichten will und mit diesem drückenden Gefühl in der Brust, dass sie ihn für lange Zeit nicht sehen wird, nimmt sie sein Gesicht in seine Hände und zieht ihn zu sich herunter, für den ersten Kuss seit einer Ewigkeit. Sie haben sich beide nach dieser Berührung verzehrt und so ist ein Feuerwerk der Gefühle, als sich ihre Lippen berühren. Es ist beinahe so früher, als sie sich das aller erste Mal geküsst haben. Es löst noch immer dieses wohlige Kribbeln in ihnen aus, welches auch mit tausenden von Worten nicht beschrieben werden könnte. Sie bedauern es fast, als sie sich wieder voneinander lösen, sich jedoch nicht vollständig voneinander trennen. Noch immer hält die vierfache Mutter das Gesicht ihres Mannes in ihren Händen und blickt in seine tiefen blauen Augen, wobei sie ihre Stirn gegen seine lehnt. Die folgenden Worte sind nicht mehr als ein leises Wispern in der Dunkelheit und somit nur für ihn wahrnehmbar. „Ich liebe dich.“ „Und ich dich.“ Kapitel 8: Familientragödie --------------------------- „Das waren für lange Zeit die letzten Worte, die sie miteinander sprachen.“ „Wieso?“ „Während Hinata den Anweisungen ihres Mannes folgte, blieb er zurück und spielte mit dem Feuer. Er befreite dutzende von Stammesmitgliedern, noch bevor der Konvoi das Reservat erreicht hat. Von den Gefangenen starben mehr als 10 Prozent auf dem Weg nach Bosque Redondo. Da es nur wenige Wagen gab, mussten sie über 480 km zu Fuß laufen. Kranke und Erschöpfte, sogar Frauen in den Wehen, wurden getötet. Wer endlich in der Reservation angekommen war, wusste von Entbehrungen und Verzweiflung zu berichten. Es gab nur wenige Lebensmittel und keine Decken. Auch für die Unterbringung der Menschen war unzureichend gesorgt. Krankheiten und Epidemien nahmen überhand und es war so trocken, dass die Saat nicht aufging. Ein Viertel der gefangenen Diné starb und binnen vier Jahren endete Carletons Plan in einer Katastrophe.“ „Davon habe ich gelesen. In dem Buch stand, dass die Menschen über das Schicksal der Diné so schockiert waren, dass ein Schrei der Endrüstung bis nach Washington gelangte.“ Bansai nickt beeindruckt. Offensichtlich hat er es hier mit einem sehr belesenen Halbwüchsigen zu tun, der nicht ganz so oberflächlich agiert, wie Bansai es zu Beginn befürchtet hat. „Sehr gut. Viele der Weißen hatten keine Ahnung, was man uns antat und als, trotz großer Geheimhaltung, alles an die Öffentlichkeit gelangte konnten sie es kaum glauben. Ich denke, du hast eine Idee wem dieser Aufschrei zu verdanken ist.“ „Naruto.“ „Genau. Er versetzte Berge, um das Unmögliche möglich zu machen und nahm es sogar schmerzlich in kauf für ganze vier Jahre auf seine Familie zu verzichten. Dazu erzähle ich aber später mehr. Ich möchte erst ein wenig auf das Leben seiner Familie eingehen. Hinata wurde von Kakashi aus der Gefahrenzone gebracht ...“ *** „Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück.“ Das waren die Worte, mit denen Kakashi sich von ihr verabschiedet hat und seitdem ist die vierfache Mutter alleine unterwegs. Obwohl ihr Misstrauen gegenüber dem Soldaten nie wirklich abgeschwächt ist und sie seine Gegenwart mit größter Vorsicht genossen hat, so hatte seine Gegenwart etwas Beruhigendes an sich. Zu wissen, dass es jemanden gibt der auf einen aufpasst, ist erleichternd und angenehm. Die meiste Zeit hatten sie sich angeschwiegen, doch eine Gefahr ging nie von Kakashi aus. Stellenweise wirkte er sogar gelangweilt. Er hätte sie nicht begleiten müssen und dennoch tat er es. Er hat es Naruto versprochen und sich so einer vollkommen fremden Frau verpflichtet, nebenbei Verrat begangen und sich von seiner Truppe unerlaubt entfernt. Naruto hat seinen Platz dafür eingenommen. Es hat sie schon erschreckt, als der Soldat ihr mitteilte, dass sie ab jetzt alleine weiterreisen muss. Er schien in diesem Moment sogar ihre Unruhe und Unsicherheit zu spüren und schenkte ihr ein mitfühlendes, aber gleichzeitig ermutigendes Lächeln. Seine gesamte Art war liebenswert und aufrichtig. Er war wirklich um ihre Sicherheit besorgt und verabschiedete sich auch nur widerwillig von ihr. Sie hat ihm sogar noch lange hinterher geschaut, bis sie sich endlich zur Weiterreise überwinden konnte. Allein und ohne Schutz. Im Grunde fühlte sie sich schlecht, weil sie ihm solch ein Misstrauen entgegengebracht hatte. Mit größer Vorsicht und zermürbender Aufmerksamkeit hält sich Hinata strikt an die vorgegebene Route auf der Karte und hat sich in ihrem ganzen Leben noch nie so einsam gefühlt, wie in der jetzi-gen Situation. Ohne Familie, ohne zuhause und ohne Freunde … nur sie, völlig allein in einer ver-schneiten Steppe, in der ihr einziger Gesprächspartner ein schnaubendes und erschöpftes Pferd ist. Sie war in ihrem Leben noch nie allein gewesen. Sie hatte immer irgendjemanden um sich herum. Egal ob Freunde oder Familie und seit sie Naruto kennt, scheut sie die Einsamkeit sogar. Sie braucht Nähe und Halt und auch wenn Naruto der Meinung ist, dass eine Kämpferin in ihr steckt, so sieht sie sich selbst nicht als Kriegerin. Die Scheu vor Konflikten und ihre Harmoniebedürftigkeit sind keine Auszeichnungen einer Kämpfernatur. Die Nächte sind kalt und lang und der Weg scheint ihr immer beschwerlicher zu werden, obwohl sie dem Ziel mit jedem weiteren Tag näherkommt. Jede Meile ist für sie ein Ritt durch die Unendlichkeit. In ihrem Kopf herrscht eine endlose Leere, in der die Entwicklung von Gedanken noch nicht einmal möglich ist. Ihre Glieder fühlen sie so schwer an, wie eine Wagenladung Getreidesäcke. Sie fühlt sich unfähig etwas zu spüren oder zu empfinden. Sie fühlt sich, wie unter einer Glaskuppel, die jeden Versuch des Vordingens von außerhalb unmöglich werden lässt. Es erscheint beinahe wie ein Automatismus, der ein Hinterfragen gewisser Handlungen überflüssig werden lässt. Sie tut es einfach. Sie tut einfach das, was verlangt wird. Sie tut das, was ihr Mann von ihr erwartet. Sie folgt seiner Route, meidet die Straßen und ist zum Großteil nur im Schutz der Nacht unterwegs. Bis in die frühen Morgenstunden hat sie die letzten entscheidenden Meilen hinter sich gebracht, welche noch zwischen ihr und ihrem früheren Zuhause lagen, von dem nun nichts mehr übrig ist. Das Jahr neigt sich unaufhaltsam dem Ende, um das nächste einzuläuten und die Ruinen eines ganzen Stammes, dessen Bewohner hier lachten, weinten und stritten liegen unter einer dünnen Schneeschicht begraben, welche mit den voranschreitenden Stunden des Tages wieder verschwinden wird. Es ist ein trügerisches Bild einer harmonischen Idylle, während die vierfache Mutter die ersten zer-störten Bauten passiert und es dabei kaum wagt, sich weiter umzuschauen. Zu viele Erinnerungen verbindet sie mit diesem Ort, der so viel mehr war als nur ein Zuhause. Nun ist dieser Platz ein Sym-bol für die Unmenschlichkeit eines ganzen Volkes. Ein Friedhof für eine Vielzahl an Stammesmitgliedern. Ihr getrübter Blick wandert oberflächlich diese Szenerie ab, wobei sie die Stute weiterhin durch das Dorf lenkt, bis sie fest an den Zügeln zerrt um das Pferd zum sofortigen Stopp zu zwingen. Ein empörtes Schnauben und schmerzlichen Zucken sind die folge und dennoch finden die Schritte ein Ende, während Hinata ihre Augen verengt und die Ferne starrt. Ihr Augenpaar hat eine Bewegung erfasst. Eine Gestalt, die scheinbar ziellos umherläuft und in den Überresten des Dorfes nach brauchbaren Objekten Ausschau hält. Sein Körper ist umhüllt von einem recht ramponierten Poncho und eine Kapuze verdeckt das Gesicht dieser geheimnisvoll erscheinenden Person, doch etwas reißt Hinata vollständig aus ihrem tranceähnlichen Zustand. Es sind Bewegungen die sie kennt. Bewegungen die so spezifisch sind, dass sie nur zu einer einzigen Person gehören können. Es ist eine Erkenntnis, bei der sich ihre Gesichtszüge aufhellen und sie die Stute wieder nach vorne treibt. Sie kann sich nicht mehr beherrschen und beginnt schließlich laut zu rufen. „Takeo!“ Wie ein Echo ertönt dieser Name über dem Landstrich, so dass die gerufene Person in die Höhe schreckt und herumwirbelt, als würde sein schlimmster Albtraum herannahen. Diese kurze Bewe-gung ist so energisch, dass es ihm die Kapuze von seinem Kopf reißt und somit ein dunkelbrauner Haarschopf freigelegt wird, der früher weitaus länger gewesen ist und ihm bis zu den Schultern gereicht hat. Jetzt reichen sie ihm nicht einmal mehr bis zu den Ohren. Noch immer ist er unverkennbar der Sohn von Neji und obwohl er noch bis vor dem Überfall einige kindliche Züge innehatte, sind diese von ihm nun völlig abgefallen. Er ist längst selbst ein Mann und stolzer Krieger eines verblassten und verdrängten Stammes. Nicht so ernst wie sein Vater und auch nicht so analytisch wie seine Mutter. Er besitzt einen Charakter, der eine Mischung aus beiden dominanten Eigenschaften seiner Eltern darstellt. Er war ein starker, selbstbewusster junger Mann. Doch nun wirkt er anders. Gebrochen und traumatisiert, obwohl er in seinem jungen Leben schon viele Überfälle erlebt hat. Er hat es miterlebt wie Hoshi aus dem Dorf entführt wurde und wie Naruto sich daraufhin verändert hat. Er war da, als die Regierung damit begonnen hat, ihre Lebensgrundlagen zu vernichten. Er hat schon viele Tote gesehen und viel Entbehrung und Leid erfahren müssen. Seine Hoffnung war von all dem irgendwann Abstand gewonnen zu haben, doch nun wurden sie von diesen Dingen wieder eingeholt. Das friedliche Leben im Canyon hat ein schlagartiges Ende gefunden. Er ist in sich gekehrt, ohne existierende Hoffnung in seinem Inneren und dieser Vernichtungsschlag der Regierung hat sichtbare Spuren an ihm hinterlassen. Auf seiner rechten Gesichtshälfte prangt eine großflächige Verbrennungsnarbe, die von seinem Haaransatz bis zum Kinn verläuft und es ist fraglich, ob er auf diesem Auge noch sehen kann. Er schont seine Mitmenschen vor diesem monströs wirkenden Anblick, indem er ein Stück Stoff benutzt und damit etwas von seinem Gesicht verdeckt. Eine Stoffmaske wohl auch aus dem Grund, um sich nicht selbst vor seinem Anblick zu erschrecken oder gar zu ekeln. Hinata ist über den Gesamtanblick sehr schockiert und findet keine Worte dafür. Wie versteinert sitzt sie auf dem Rücken der Stute und starrt den Jüngling an, als hätte er gerade den unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang verkündet. Die vorher aufgeflammte Freude ist nur noch ein kleines Flämmchen und das Lächeln auf ihren Lippen verblasst zusehends. Ein Mimikspiel, welches von Takeo selbst in gleicher Form angewandt wird. Eben noch voller Freude über dieses Wiedersehen, erlahmen seine Bewegungen wieder und er fällt ein Stück weit in sich zusammen. Er erkennt den schockierten Ausdruck in den Augen von Hinata und blickt niedergeschlagen zu Boden. Für gewöhnlich empfinden die Männer stolz, wenn sie Wunden aus einem Kampf davontragen und daraus siegreich hervorgegangen sind, doch an dieser Schlacht gab es nichts Siegreiches. Es war nur ein Gemetzel, in dem jeder versuchte den Schaden gering zu halten. Diese Narbe ist nichts weiter als eine zusätzliche Demütigung, die ihn immer an diesen Tag erinnern wird. Der Tag, an dem er sein Zuhause verloren hat. Betrübt tätschelt Takeo den Hals der Fuchsstute, ehe er seinen Blick anhebt und dabei ein recht gezwungenes Lächeln auf den Lippen trägt. „Yonn nan sòlda yo te bat m 'lanp lwil oliv l' nan tèt la.” Heißes Öl. Daher hat er die großflächige Narbe und diese eine Äußerung genügt der vierfachen Mutter auch. Sie will nicht noch weiter in dieser Wunde bohren und nickt nur verstehend, ehe sie sich beinahe demonstrierend umschaut, als wolle sie ihm so symbolisieren, dass dieses Thema bereits wieder beendet ist. Es erscheint vielleicht taktlos und zu einem gewissen Teil ist es Hinata sogar unangenehm, nur durch ihr Anstarren Takeo dazu verleitet zu haben eine Erklärung für diese Verunstaltung in seinem Gesicht zu tätigen. Wenn sie nicht weiter darauf eingegangen wäre, dann hätte sie seine Erinnerungen daran gar nicht erst aufwecken müssen. Vermutlich leidet der junge Mann schon genug unter seinem eigenen Spiegelbild. Diese nicht definierbare Faszination. Der Ekel vor der eigenen Persönlichkeit, wenn es einem unmöglich erscheint den Blick von etwas Bestimmten abzuwenden. Egal ob Hautfarbe, Kleidung, Unfälle oder eben eine auffällige Vernarbung an sichtbaren Körperstellen. Es kostet unglaublich viel Willenskraft, um nicht wenigstens einen kurzen Blick zu wagen, wenn die Neugier einen erfasst. Das eigene Verhalten widert einen an und trotzdem gelingt es nur selten, die Neugier zu ignorieren und einfach vorbeizugehen. Hinata hat in diesem Moment nicht daran gedacht und den Sohn ihres Cousins auffallend lange und intensiv angestarrt. Ihr Blick viel nicht in seine Augen, sondern direkt auf die Stelle, die er zu verbergen versucht. Es ist ihr nicht gelungen Anstand zu zeigen, wofür sie sich in Grund und Boden schämt. „Ist Tenten auch hier?“ „Pa gen. Wir haben uns in einem Wäldchen ein paar Meilen von hier niedergelassen. Ich komme immer mal wieder hier her, um nach brauchbaren Sachen zu suchen.“ Demonstrierend hält Takeo die gefüllte Tasche empor, nachdem er zuvor in eine Richtung gedeutet hat in der sein neues, aufgezwungenes Zuhause liegt. Sie haben Kochstellen, wärmende Schlafstätten und sind um ein halbwegs normales, geregeltes Leben bemüht. Jagen, Putzen, Kleideranfertigung … eben alles, was zu einer Existenz am äußersten Rande der Gesellschaft von Nöten ist. Vertriebene und Ausgestoßen. Das eigene Volk wird wie Vieh zusammengetrieben und die, die entkommen konnten, leben weit verstreut im ganzen Land. Niemand weiß wie viele es tatsächlich geschafft haben und eine genaue Zahl wird auch niemals angegeben werden, doch auch wenn es überhaupt keine Hoffnung mehr zu geben scheint, so ist ihr Leben das einzige, was sich noch in ihrem Besitzt befindet. Ein unterdrücktes Leben, aber ein Dasein in Freiheit. Versteckt zwischen Bäumen, Felsen und Gräsern haust Takeo mit seiner Familie unter schwierigen Witterungsbedingungen, in einem zusammengezimmerten Verschlag aus Ästen, Laub und Tierfällen. Es ist wahrhaftig nichts Besonders, doch das Einzige was ihnen im Moment ein wenig Schutz vor Wind und Wetter bietet. Es ist nicht einfach wieder eine Gemeinschaft zu bilden, nachdem das gewohnte Leben in seine Einzelteile zerschlagen wurde und doch funktioniert es irgendwie. Zusammen mit seine Mutter, seinen Schwestern und Ino mit ihrer Tochter, die dank der Hilfe von Shikamaru dem blutigen Gemetzel entkommen konnten, bilden sie eine Gruppe von hartnäckigen Überlebenden die aus ihrer Situation das Beste heraus holen. Ihr Kampfgeist erlischt mit jedem weiteren Tag jedoch mehr und mehr, weswegen die herrschende Atmosphäre eines sehr drückende und trostlose ist. Takeo ist allein unter Frauen, auch wenn Shikamaru und seine Familie bei ihnen sind. Der erfahrene Indianer ist in seinem jetzigen Zustand keine sehr große Hilfe. Takeo versucht geradezu zwanghaft ihnen allen Halt zu vermitteln. Er tut sein Bestes, doch schon am Anfang hat er schnell festgestellt, dass ihm die Führungsrolle nicht liegt. Er hat keine Erfahrung und auch wenn er gewissenhaft und verantwortungsvoll ist, so ist diese Form der Verantwortung weitaus mehr, als er tragen kann. Er fühlt sich überfordert und alle zählen auf ihn. Sie verlassen sich blind auf ihn, weswegen er eine Enttäuschung vermeiden will und sich daher in Schweigen hüllt. Er leidet stattdessen lieber still in sich hinein und quält sich in den schlaflosen Nächten. „Sind Shikamaru und Ino bei euch?“ Mit einer hoffnungsvollen Tonlage, wendet sich Hinata wieder dem jungen Indianer zu der darauf bestätigend nickt, jedoch alles Anderes als zuversichtlich aussieht. „Ja, aber Shikamaru ist verletzt. Wir wissen nicht ob er den Winter überlebt.“ Eine schlechte Nach-richt, welche kaum Freude über die Tatsache aufkommen lässt, dass sie einige ihre Freunde wiedergefunden hat. Hinata gibt einen niedergeschlagenen Laut von sich und blickt gedankenverloren in die Ferne, ehe sie wieder zu Takeo schaut, welcher geduldig neben dem Pferd steht und ihr bisher zu allen Fragen Rede und Antwort steht. „Kannst du mich zu ihnen bringen?“ „Sicher. Sie werden sich sehr freuen, dich wiederzusehen.“ Ein Lächeln huscht über die Gesichtszüge von Hinata. Ein Wiedersehen mit ihren schmerzlich ver-missten Freunden. Nach all diesem Chaos hat dieser Gedanke etwas sehr Beruhigendes und an sich, weswegen die vierfache Mutter etwas verträumt in die Ferne schaut und sich in diesem Moment ganz bewusst, die wenigen Augenblicke nimmt um all diese schönen Erinnerungen mit ihnen noch einmal zu erleben. Vergangene Szenerien, die wieder bewusst hervorgeholt werden können etwas sehr Belebendes bewirken. Takeo steht noch immer neben dem Pferd und streichelt gedankenverloren den Hals des Tieres entlang, während er zu Hinata emporschaut. Für diesen Moment ist der ganze Schrecken aus ihrem Gesicht gewichen. Nicht ein Gedanken aus der Gegenwart spielt in diesem Augenblick eine Rolle. Als hätte sie alles um sich herum vergessen. Nachdenklich blickt der junge Mann kurz zu Boden und scheint für einen Moment mit seinen Gedankengängen zu hadern, ehe er wieder hochschaut und mit den folgenden Worten auch Hinata zurück auf den grausamen Boden der Tatsachen holt. Die bittere Realität, die wenig Raum für Träume, Wünsche und Hoffnung bereitstellt. „Mein Vater ist tot, nicht wahr?“ Erschrocken blickt Hinata zu Takeo herunter und wieder scheint dieser in ihrem Gesicht die Antwort ablesen zu können. Er lächelt bitter in sich hinein und streicht erneut über den Hals des Pferdes, während er verbissen versucht dieses Lächeln aufrecht zu erhalten. Er hat es gewusst. Die ganze Zeit über hat er es gewusst. Irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm, dass er seinen Vater nie wiedersehen wird und so hat er sich insgeheim auf solch eine Botschaft schon vorbereiten können. Die endgültige Gewissheit darüber zu haben, ist jedoch um einiges schmerzhafter als der Schmerz der bloßen Vorahnung. Es fühlt sich an, als würde ihm jemand die Luft abdrücken. Als hätte irgendetwas sein Herz in einem festen Griff und würde diesen Griff immer mehr und mehr verstärken. Es ist, als hätte jemand einen Teil von ihm herausgerissen und würde auf diesem noch herum trampeln. Takeo hat seinen Vater vergöttert. Zu niemandem hat er mehr aufgesehen. Von ihm hat er alles gelernt und Neji war es auch, der seinem Sohn bei dem Überfall vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Dank seines Vaters ist es nur bei dieser Verbrennung geblieben. Takeo wollte kämpfen. Er wollte das verteidigen, was ihm am Herzen liegt und er hat sich gut geschlagen, bis zu diesem einen Moment. Einen Augenaufschlag der Unachtsamkeit und schon spürte er diesen stechenden Schmerz im Gesicht. Es war ein unbeschreibliches Stechen, gepaart mit dem Gefühl als würde flüssiges Wachs sein Gesicht entlanglaufen. Es riss ihn zu Boden und ließ ihn aufschreien. Er konnte gar nicht sehen, dass sein Gegner bereits auf ihn zielte. Einzig und allein der Schmerz dominierte sein Denken. Er bemerkte nicht, wie Neji den Soldaten zu Boden riss und diesem schließlich den Schädel einschlug. Neji war es der seinen wimmernden Sohn wieder in die Höhe gerissen und zusammen mit seinen Schwestern und seiner Mutter aus dem Dorf getrieben hat. Er hat sie regelrecht gescheucht und keinerlei Wiederworte zugelassen. Das letzte, verschwommene Bild, welches Takeo von seinem Vater hat, ist wie dieser zurück in das Getümmel eilt. Sein Rücken und die mahnenden Worte, unter keinen Umständen aus ihrem Versteck zu kommen … das ist alles, was sie noch voneinander sahen und hörten. Es war dieser letzte Blick auf den breiten Rücken seines Vaters, der das Gefühl auslöste, ihn nicht mehr sehen zu werden. Das Gefühl eines unausgesprochenen Lebe wohl. Er hatte so sehr gehofft, sich zu irren. Hinata erkennt deutlich, dass es keiner weiteren Worte mehr bedarf, denn das verbissene Lächeln verschwindet aus dem Gesicht von Takeo und ein tief trauriger Ausdruck macht sich stattdessen breit. Er weiß es und eine Bestätigung ihrerseits ist überflüssig. Vielleicht wäre nur ein weiterer, schweigsamer Augenblick nötig um die Dämme brechen zu lassen, doch der junge Indianer weigert sich diesen herrschenden Gefühlen in seiner Brust nachzugehen. Takeo richtet sich mit einem tiefen Luft holen wieder auf und schluckt alle gesammelten Tränen hinunter, ehe er die Tasche schultert und forschen Schrittes vorangeht. Den gesamten Weg über schweigen sie sich an. Keiner sagt ein Wort und keiner wüsste, was sie einander erzählen sollten. Beide haben sie die Hölle durchlebt und noch immer scheinen sie in dieser gefangen zu sein. Es gibt keine Worte oder Taten, die ihr Empfinden beschreiben könnten. Keine Macht der Welt, egal ob irdisch oder übernatürlich wird sie jemals von diesen Erfahrungen erlösen können. Für den Rest ihres Lebens, wenn sie mit diesen Erlebnissen ihr Dasein führen müssen. Die zurückgelegte Strecke erscheint ungewöhnlich lang, obwohl es kaum nennenswerte Meilen sind und eher einem Katzensprung gleicht, doch obwohl Hinata sich vorher noch auf ein Wiedersehen freute so zieht sich alles schmerzhaft in ihr zusammen, als sie Tenten erblickt. Noch während Hinata sich die Frage stellt, wie sie ihrer Freundin den Verlust des Ehemannes erklären soll, versteht Tenten die Gesamtsituation auch ohne irgendwelche Worte. Ihr freudig verzücktes Gesicht wandelt sich um in eine fassungsloses Mimikspiel und als sie dann auch noch den traurigen Blick ihres Sohnes erkennt, der dem ihren ausweicht bricht für die dreifache Mutter eine Welt zusammen. Keuchend sinkt sie in die Knie und verfällt in ein regelrechtes Klagelied. Die Zwillingsmädchen Nozumi und Natsuko scheinen in diesem Moment die Welt noch weniger zu verstehen. Die gerade mal sechsjährigen Mädchen blicken zu ihrer weinenden Mutter und beginnen selbst damit bittere Tränen zu vergießen, obwohl sie das Ausmaß dieser Trauer noch gar nicht kennen. Wie viel verstehen die Mädchen von diesem ganzen Leid? Bis vor einem Jahr war ihre Welt noch in Ordnung. Sie konnten Kinder sein und nun sind sie heimatlos, ohne Freunde und ohne ihren geliebten Vater. Verstehen sie schon, dass er nie zurückkommen wird? Verwirrt eilen die Mädchen zu ihrem großen Bruder, der ein Jahrzehnt älter ist als sie und der in den kommenden Jahren ein Stück weit die Rolle seines Vaters übernehmen müssen wird. Das tut er jetzt schon und so nimmt der junge Indianer seine Geschwister nur in die Arme, nachdem er in die Hocke gegangen ist, damit die Zwei sich an ihn klammern können. Noch immer weigert er sich seinen Gefühlen den benötigten Raum zu geben und um eben einen solchen Ausbruch zu verhindern, presst er die Zähne aufeinander wobei er sich selbst an seine Geschwister klammert, die schluchzend in seinen Poncho hinein weinen. Tenten kauert weinend am Boden, während diese Szenerie eine Familientragödie von Hinata, Ino und dessen Tochter mitfühlend beobachtet wird. Es gibt keine Worte, welches dieses Leid beschreiben könnte. Neji war der Fels in der Brandung für seine Familie. In jeder Situation standhaft und strukturiert. Ein strenger Vater, ja. Aber auch genauso liebevoll. Ratlos streicht Hinata über die Nüstern der Stute nachdem sie abgestiegen ist. Sie hat unsagbare Angst davor, dass ihren Kindern genau das gleiche Schicksal blühen wird. Ein Erwachsenwerden ohne Vater und die Wahrscheinlichkeit ist erschreckend groß. Welche Chancen hat Naruto in seiner jetzigen Situation denn auch schon? Wie wahrscheinlich ist es, dass er irgendwann zu seiner Familie zurückkehren wird? Ängstlich blickt Hinata in den Himmel empor, während im Hintergrund die Klagelaute einer zerbrochenen Familie immer lauter zu werden scheinen. Sie fleht darum, dass ihrem Mann nichts passieren wird und dass sie ihre Kinder bald wieder in die Arme nehmen kann. Mit einer endlosen Schwere in ihrem Inneren wendet sich Hinata Ino zu, die von dem Verlust Nejis nichts weniger betroffen ist. Sie steht mit ihrer Tochter in einiger Entfernung und presst sich entsetzt eine Hand auf den Mund, wobei sie stumme Tränen vergießt. Ihre Tochter steht betrübt neben ihr und scheint diese Nachricht kaum erfassen zu können. Hinata fühlt sich in der Rolle des Überbringers dieser Hiobsbotschaft alles andere als wohl. Nach einem kurzen Zögern tritt sie an die blonde Mutter heran, die sie auch sogleich in die Arme schließt. Die beiden Freundinnen verharren für eine Weile so und bedauern schweigsam die Allge-meinheit ihrer Situation, ehe sie voneinander ablassen, aber sich jeweils nur zu einem bitteren Lächeln im Stande sehen. Mitfühlend greift Hinata nach der Hand von Ino. „Wie geht es Shikamaru?“ Eine Frage auf die Hinata als Antwort nur zusammengepresste Lippen und ein schwaches Kopfschütteln erhält. Ino scheint kaum noch Hoffnung in sich tragen und die Nachricht von Nejis Tod ist ein weiterer Schlag, der sie in die Knie zwingt. „Papa geht es nicht gut. Er wurde angeschossen.“ Shina hat sichtlich Angst um ihren Vater, was das Zittern in ihrer Stimme nur zusätzlich verdeutlicht und als Hinata den verwundeten Shikamaru selbst zu Gesicht bekommt, weiß sie, dass diese Angst nicht unbegründet ist. Shikamaru besitzt kaum noch Gesichtsfarbe. Er hat hohes Fieber und kämpft immer wieder mit der Bewusstlosigkeit, während er sichtlich unter Schmerzen leidet. Nun weiß Hinata warum Takeo Zweifel daran hat, dass der Indianer durch den Winter kommt. Sein Zustand ist äußert kritisch und der letzte Atemzug allgegenwärtig. Wieso wird alles nur noch schlimmer? Wieso gibt ihnen das Schicksal nicht einmal eine Verschnaufpause? *** „Ich habe meinen Großvater vor zwei Jahren verloren. Er starb an einem Herzinfarkt.“ Konohamaru schluckt auf diese Worte hart und fühlt wieder diesen schmerzenden Klos im Hals, wie er immer aufkommt, sobald er an seinen Großvater denken muss. Er hat lange gebraucht, um diesen Verlust überhaupt akzeptieren zu können und wenn er jetzt daran denkt, seinen Vater in baldiger Zukunft zu verlieren … Konohamaru schaudert bei dem Gedanken, während Bansai nur zustimmend nickt. Es gibt nichts Schlimmeres auf der Erde, als der plötzliche Verlust eines geliebten Menschen. Wenn eine Krankheit vorhergeht, so gibt einem das wenigstens die Möglichkeit sich auf den endgültigen Abschied vorzubereiten, doch wenn der Tod nicht zu erahnen ist, sich ein Ehepaar am Morgen ge-genseitig einen schönen Tag wünscht und das Haus verlässt, nur um am Abend eine solche Hiobsbotschaft zu erhalten, bricht die Welt auseinander. Es zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Solche Ängste dürften jedem Menschen bekannt sein und niemand setzt sich gerne mit dem Tod auseinander. Das ganze Leben versucht ein jeder Dinge wie Krankheit und Tod zu verstehen, doch Steven Hawking hat mal gesagt, dass Gott nur ein Name für die Dinge ist, die der Mensch nicht erklären kann. Unwissenheit erzeugt Unsicherheit und Angst und darum gibt es die Religion, ganz gleich in welcher Form sie auch praktiziert wird. Konohamaru ist ein Bewahrer der alten Traditionen und Kultur seines Volkes, doch ein gläubiger Mensch ist er nicht mehr. Er sucht selbst nach dem Sinn des Lebens und hinterfragt viele Dinge, dennoch muss er zugeben, dass der Gedanke an ein Leben nach dem Tod etwas sehr Beruhigendes hat. Der Gedanke das etwas danach kommt und wenn es die Wiedergeburt ist. Bansai räuspert sich und fährt in seiner Erzählung schließlich weiter fort. „Es dauerte lange, bis sich die kleine Gruppe für einen Aufbruch bereit fühlte. Shikamarus Leben hing auch weiterhin in der Schwebe. Dennoch wagten sie den Aufbruch ...“ Kapitel 9: Heimkehr und Flucht ------------------------------ Dezember 1864 Weihnachten steht vor der Tür. Die besinnliche Zeit. Das Fest der Liebe. Im engsten Kreise der Familie wird die Geburt von Jesu Christi gefeiert und jeder läuft brav zur Weihnachtsmesse und trällert festliche Lieder, während hunderte Meilen ein ganzes Volk gegen den Hungertod kämpft. Gefangen im Reservat in der Nähe von Fort Sumner, gibt es keinen Festtagesbraten für die Indianer und auch keine Nächstenliebe. Sie heben stattdessen Gräben oder Erdlöcher aus, um gegen die Kälte bestehen zu können. Kein genießbares Wasser, kaum zu essen und wenig Feuerholz. Es ist ein schleichender Tod dem sie ausgesetzt sind und während die Kirche von Güte, Menschlichkeit und Liebe faselt sterben immer mehr und mehr Leute in diesem trostlosen Gebiet. Scheinheiligkeit, Intoleranz und Machtgier … das ist es, was die Institution Kirche ausmacht und mit ihren wortgewandten Predigen und der Panikmache vor dem Tod, schafft es diese Institution den Verstand von allen anderen Bürgen zu vergiften und nach ihren Vorstellungen umzuformen. Diese Menschen wissen gar nicht, was sie mit ihrem Glauben anrichten. Sie werden als Schäfchen bezeichnet, die von ihrem Hirten geführt werden und das trifft tatsächlich zu. Diese Schafe folgen blind, ohne dabei selbst über ihr Leben zu bestimmen. Die Christen sind untereinander ja noch nicht einmal aufrichtig zu einander. Wenn an den Pforten der Kirche ein Bettler sitzt und um kleine Gaben bittet, bekommt er nur ein Naserümpfen von den feinen Herrschaften, die Augenblicke zuvor noch einer Predigt gelauscht haben, die mit den Schlussworten Gebt und dient dem Herren geendet hat. Diese ach so frommen Menschen schenken den wirklich Hilfebedürftigen keinerlei Aufmerksamkeit und lassen sie lieber neben dem Rinnsal der Stadt versauern. Hanzo hat während seines bisherigen Aufenthaltes auf der kleinen Ranch und den gelegentlichen Ausflügen in die Stadt, genug Eindrücke gesammelt, um sich einen entsprechenden Eindruck davon machen zu können. Diese Ahnungslosigkeit und zusätzliche Oberflächlichkeit widern ihn schon bei-nahe an. Dem einzigen Menschen, dem er die Worte von Nächstenliebe und Güte abgekauft, ist Sasuke. Der Familienvater ist sehr darum bemüht ihnen ein gutes Zuhause zu bieten, obwohl sie nicht seine eigenen Kinder sind und obwohl er nicht einmal weiß, ob Naruto oder Hinata jemals zurückkommen werden. Sasuke ist bereit sich den Kindern von anderen anzunehmen und sie aufzuziehen, als wären sie seiner Lenden entsprungen. Eine solche Bereitschaft ist nun wirklich nicht als selbstverständlich anzusehen und zeugt schon sehr viel eher von Nächstenliebe. Sasuke ist jedoch auch kein Mann Gottes. Er glaubt nicht an ein vorbestimmtes Leben und auch nicht an das Paradies oder die Hölle. Er lebt so, wie er es als richtig empfindet und nicht wie die Kirche es vorschreibt. Hanzo ist seinem, hoffentlich nur vorübergehenden Ziehvater sehr dankbar und unterstützt ihn auf der Ranch, wo es nur möglich ist. Er hackt Holz, füttert die Tiere, führt Zimmerarbeiten und der glei-chen aus, um seine Dankbarkeit in irgendeiner Weise zu zeigen. Für Sasuke ist Hanzo zu einem äußert zuverlässigen und engagierten Arbeiter geworden, denn er sogar entlohnt. Der Junge legt einen solchen Fleiß an den Tag, dass die eigentlichen Arbeiter sehr viel mehr Freizeit zur Verfügung haben, aber auch von seinem Tun sichtlich beeindruckt sind, ebenso wie von Minato, der ebenfalls tatkräftig im Alltagsgeschehen werkelt. Die anstehenden Festlichkeiten stehen jedoch auch bei Sasuke hoch im Kurs, weswegen das Haupthaus entsprechend verschönert wird. Sasuke war mit den drei Geschwistern sogar im angrenzenden Wald, um einen Weihnachtsbaum aus zu suchen. Eine Tätigkeit, die sie noch nie zuvor praktiziert haben und schon eine gewisse Aufregung an den Tag gelegt haben. Hanzo jedoch war bei diesem Ausflug ziemlich skeptisch, doch im Nachhinein muss er gestehen, dass es viel Spaß gemacht hat. Sasuke hat es geschafft gehabt, den Kindern für einige Stunden die dunklen Gedanken zu nehmen und sie alle zum Lachen zu bringen. Es erschien, als würde ein Vater mit seinen drei Kindern durch den Wald toben, während sie sich einander mit Schneebällen abwarfen. Den ganzen Tag über fühlten sie sich seit langer Zeit wieder richtig frei und wohl. Sie suchten zusammen den Baum aus, der nun geschmückt in der Wohnstube steht und lachten zusammen alle trüben Gedanken weg. Allerdings betrachtet Sasuke das Weihnachtsfest nicht als eine Geburtstagsfeier für Jesu Christi, sondern vielmehr als eine besinnliche Zeit, in der er Dankbarkeit für alle bisher erreichte Lebensabschnitte empfindet und ein familiäres Umfeld ganz bewusst genießt. Diese Ausführung des Weihnachtsfestes ist schon eher etwas, womit Hanzo sich anfreunden kann, doch eine feierliche Laune verbreitet der Halbstarke dennoch nicht. Er kann diesem christlich propagierten Tagen einfach keine Sympathie abgewinnen, aber niemand versucht ihn in diesem Zusammenhang umzustimmen. Kraftvoll lässt Hanzo die Axt hinab rauschen und zerteilt somit einen der Holzstämme in zwei Teile, ehe er den nächsten aufstellt und auch diesen teilt. Minato stapelt die geschlagenen Holzscheite ordentlich unter einer kleinen Überdachung, während Kushina mit dem Hofhund im Schnee herumspielt. Die Geschwister haben sich angepasst. Sie tragen die Kleidung der Stadtbewohner und meiden es in irgendeiner Weise aufzufallen. Dank dem Erbgut ihres Vaters sieht kaum einer ihnen ihre Abstammung an, obwohl es sich längst herumgesprochen hat, dass Sasuke drei Indianerkindern Zuflucht gewehrt hat. Der ortsansässige Priester hat sogar schon den Versuch unternommen, die angeblich fehlgeleiteten Kinder auf den rechten Pfad zurück zu führen. Sasuke trockener Kommentar dazu war, dass keiner von den Dreien sich verlaufen hat. Des Weiteren scheinen die Bewohner von Solomon City ohnehin sehr überrascht zu sein, dass diese heranwachsenden Wilden sich überhaupt nicht wild benehmen. Sie sind nett, freundlich, respektvoll und vor allem zivilisiert. Hanzo fragt sich, was für Vorstellung in den Köpfen dieser Menschen herrschen, wenn ein selbstverständliches Benehmen als Resultat einer gesellschaftsfähigen Kindererziehung, so überraschend auf sie wirkt, nur weil sie von Indianern abstammen. Sollen sie auf allen Vieren durch die Straßen kriechen, sich im Dreck suhlen und um Essen kämpfen, während sie sich gegenseitig anknurren? Mit dieser Frage wandte er sich sogar an seinen Ziehvater, doch auch Sasuke konnte nur ratlos mit den Schultern zucken. Die Leute in der Stadt sind beinahe schockiert darüber, dass ihr zurechtgelegtes Bild überhaupt nicht mit der Realität übereinstimmt. Das beste Beispiel dafür ist wohl der erste Besuch in der Stadt gewesen, als Sasuke die drei Geschwister zum ortsansässigen Schneider gebracht hat, weil sie neue Kleidung benötigten. Mit Sasuke sprach dieser Schnauzbartträger vollkommen normal, doch als er sich den Geschwistern zugewandt hat sprach er betont langsam und gestikulierte wild vor ihnen. Er sprach mit ihnen wie jemand, der irgendeine geistige Behinderung hat und formte seine Sätze nahezu vollständig ohne Prädikat. Es war schwer seinen Ausführungen zu folgen. Es stieg ihm eine tiefe Schamesröte in sein Gesicht, als Kushina mit verwirrtem Gesichtsausdruck zu ihm hochblickte und ganz unverblümt, in ihrer kindlichen Unschuld fragte warum er denn so komisch sprechen würde. Sasuke hatte seine liebe Mühe gehabt nicht laut los zu lachen und so fest die Zähne aufeinandergebissen, dass es schon schmerzhaft ausgesehen hat. So gesehen war das der Wendepunkt und seitdem suchen diese Leute nach einer Möglichkeit mit ihnen umgehen zu können. Dass sie die Geschwister allerdings so behandeln können, wie ihres Gleichen scheint noch keinem in den Sinn gekommen zu sein. „Ihr solltet mal langsamer machen. Bei dem Arbeitstempo schindet ihr euch nur die Hände blutig.“ Omoi, einer der dunkelhäutigen Arbeiter der Ranch, tritt an die Brüder heran und betrachtet die Zwei mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck, dessen Bemerkung diese aber nur mit einem leichten Lächeln abtun. „Sei froh, sonst müsstest du das machen.“ „Oder Darui. Nein, ernsthaft Jungs, ihr solltet eine Pause einlegen.“ Omoi ist ein kräftiger, schwarzer Mann mit kurzen weißen Haaren, der bis vor zehn Jahren noch auf einer Baumwollplantage in New Orleans ein elendiges Leben gefristet hat und für den kleinsten Fehler schwer misshandelt wurde. Sein Rücken ist übersät von langen Narben, die von schweren und zahlreichen Peitschenhieben herrühren. Laut eigener Aussage hat Sasuke ihm das Leben gerettet. Sein jetziger Arbeitgeber kam zu einem Zeitpunkt, wo er kurz davor war, seine letzten Lebensgeister zu verlieren. Er ist ein sehr nachdenklicher und vorsichtiger Mensch, aber die Brüder bringen ihm auf seine ehrliche Besorgnis nicht die gewünschte Reaktion entgegen. „Ja ja, in fünf Minuten machen wir Pause.“ Gerade als Omoi mit einem Seufzen wieder davongehen will, fordert ein anderes Ereignis sein Inte-resse ein und sogar die Brüder unterbrechen ihre Arbeit. Aufmerksam hebt Hanzo den Kopf und beobachtet eine herannahende Kutsche, wobei er die Axt im Holz stecken lässt und auch Minato verharrt auf der Stelle, die Arme vollgepackt mit Holzscheiden und interessiert das Geschehen beobachtend. „Omoi, wer ist das?“ Ahnungslos aber neugierig wendet sich der jüngere der Brüder an den Ange-sprochenen und auch Hanzo blickt ihn an, doch der Dunkelhäutige lächelt nur leicht und verstaut gelassen seine Hände in den Jackentaschen. „Ich habe da so eine Ahnung.“ Auf dem verschneiten Weg über die Ranch, nährt sich eine zweiachsige Kutsche mit zwei betagt wirkenden Pferden in der Bespannung. Ein recht abgewrackt wirkendes Gefährt, mit sichtbaren Beschädigungen wie gesplittertem Holz, Rost und abblätternder Farbe. Auf dem frei liegenden Kutschbock hockt ein schmächtiger Kerl, mit dickem Wintermantel in dem er fast verloren geht und einer Mütze, welche er sich tief ins Gesicht gezogen hat. Hinter dem Kutschbock befindet sich eine geschlossene Kabine, mit jeweils einer Tür auf der rechten und linken Seite. Die Fenster der Kutsche sind mit staubigen Vorhängen bestückt und auf dem Dach befinden sich zahlreiche Koffer und Taschen, die fest verzurrt und mit Schnee bedeckt sind. Direkt vor dem Haupthaus und damit auch unmittelbar vor den hart arbeitenden Brüdern und Omoi, der sich aber mit einem breiten Grinsen schließlich abwendet und im Herrenhaus verschwindet, bringt der Kutscher sein Gespann zum Stillstand und betätigt einen rostigen Hebel, der mit einem quälenden Quietschen den Dienst beginnt und die Bremsen der Droschke aktiviert. Noch bevor der Kutscher es schafft von seinem Bock zu klettern, öffnet sich eine der Türen und eine prallgefüllte Tasche landet dumpf im Schnee. Ungefragt treten die Brüder nach vorne und während Minato die unliebsam hinaus geworfene Tasche nimmt, reicht Hanzo einer schwarzhaarigen jungen Frau die Hand. Eine Schönheit mit schulterlangem, seidig glattem Haar und auffallend intensiv funkelnden grünen Augen. Ihr schlankes Gesicht gehört auf einem Bild verewigt und ihr ebenso schlanker Körper, strotzt nur so vor Selbstbewusstsein und Stärke. Eine damenhafte Gestalt, indem ein freiheitsliebender Charakter inne wohnt der sich auch gegen Regeln stellt, wenn diese sinnlos erscheinen. Ein Blick in dieses Augenpaar und Hanzo ist sofort beeindruckt. Die junge Frau blickt ihn erst verwundert an, nimmt dann aber doch seine Hand, nachdem er ganz Gentleman, um Erlaubnis bat ihr helfen zu dürfen und klettert schließlich aus dem Wagen. Sie bedankt bei ihm und lächelt ihn freundlich an, ehe Hanzo sich wieder abwendet und einer weiteren Frau aus der Kutsche hinaus hilft, während der Kutscher mit dem Gepäckstücken auf dem Dach zu kämpfen hat. „Ich muss schon sagen … euer Vater hat euch sehr gut erzogen.“ Schmunzelnd ergreift auch die zweite Frau seine dargereichte Hand und klettert aus der engen Kabine der Droschke. Sie ist älter, hat ebenfalls ein grünes Augenpaar und ihrer Tochter einige Gesichtszüge vererbt. Ihre Stirn ist vielleicht etwas groß, aber das tut ihrer Gesamterscheinung keinen Abbruch. Sie klopft sich den Staub von der Hose und hebt sich damit von der übrigen weiblichen Bevölkerung deutlich ab, ebenso wie ihre Tochter. Eine Frau in Hosen gilt als verpönt und unfolgsam. Die Kirche hat den Frauen sogar verboten dieses Kleidungsstück zu tragen. Während der Mann sich im Anzug zum leistungsorientierten Geschäfts-mann entwickelt, sollen die Frauen sich auf ihre "natürlichen Dispositionen" besinnen. Sanft, zurückhaltend und mit karitativen Neigungen. Völliger Blödsinn. Sollen die Damen doch tragen, was sie wollen. Hanzo findet es regelrecht erschreckend, dass die Kirche bis in die privatesten Lebensbereiche ihre Finger im Spiel hat und Regeln dazu aufstellt. Eine eigentlich nicht tragbare Anmaßung. Die Zwei bieten den strikten Regeln und der Anmaßung dieser Institution ganz offen die Stirn. Das lässt sie gleich noch sympathischer erscheinen. Auf die löblichen Worte lächelt Hanzo etwas be-schämt, während Minato dem leicht überfordert wirkenden Kutscher schließlich zur Hand geht und die Koffer von ihren Fesseln befreit. Die Dame hält dem Halbstarken freundlich eine Hand entgegen, welche er ergreift und schüttelt. „Ich nehme an du bist Hanzo?“ „Ja und du bist dann wohl Sakura.“ „Sehr richtig. Ich möchte dir auch meine Tochter Hana vorstellen.“ Die beiden heranreifenden Halb-starken reichen sich ebenfalls die Hand und lächeln einander freundlich an, wobei sie sich gegenseitig ihre Namen ein weiteres Mal nennen und bekunden, wie erfreut sie doch sind. Natürlich bleiben auch Minato und Kushina nicht ungenannt, auch wenn die Beiden gerade anderweitig beschäftigt sind. Während Minato sich ein kleines Wortduell mit dem Kutscher liefert, tobt Kushina noch immer mit dem Hofhund durch den Schnee. Seit ihrer Ankunft auf der Ranch haben die Geschwister noch nicht das Vergnügen gehabt Sasukes Familie kennenzulernen. Der Streit zwischen den Eheleuten muss derartig ausgeartet sein, dass eine Beziehungspause bitter nötig gewesen ist. Per Telegramm hat Sakura ihrem Gatten verkündet, dass sie bald wieder die Heimreise antreten werden. Demnach hat sich das Ehepaar seit ganzen acht Monaten nicht mehr gesehen. Eine lange Auszeit, in der wohl schon das eine oder andere Mal der Gedanke an eine endgültige Trennung aufgekommen ist. Sasuke würde es zwar nie zugeben, aber er liebt seine Frau viel zu sehr, als dass er eine Trennung vollziehen würde. Er ist einfach nur zu stolz und zu dickköpfig um Fehler einzugestehen und das sorgt eben immer wieder für Zündstoff. Hanzo hat seinen Ziehvater oft dabei gesehen, wie er sehnsuchtsvoll in die Ferne geblickt hat und ebenso ist ihm auch das erfreuliche Lächeln aufgefallen, als er das Telegramm bekommen hat. Seit Tagen schon blickt der Hausherr immer wieder aus dem Fenster oder zum Horizont in der Hoffnung, dass seine Familie zurückkommt. Er ist ein Familienmensch, auch wenn er etwas anderes behauptet. Es ist nicht verwunderlich, dass er seine Wiedersehensfreude entsprechend unterdrückt und stattdessen so tut, als hätte er die Rückkehr von Frau und Kind gar nicht registriert. So ist sein Charakter. Entweder man kommt mit diesen Zügen zurecht, oder eben nicht. Sakura und Hana haben damit zu leben gelernt, auch wenn es sie stellenweise wirklich nervt, wie er sich verhält. Sakura kennt jedoch auch die andere Seite von ihrem Gatten. Liebevoll, zuvorkommend und fürsorglich … diese Züge zeigt er jedoch nur den Menschen, die ein festen Platz in seinem Herz haben. Das Gepäck wird schnell in das Haupthaus getragen und der Kutscher macht sich mürrisch auf dem Rückweg. Gute Laune hat der werte Herr ohnehin nicht ausgestrahlt, doch es werden keine weiteren Gedanken an ihn verschwendet, kaum dass er die Droschke gewendet hat und seine Passagiere im Haus verschwunden sind. Die Arbeiter gehen wieder ihrem geregelten Tagewerk nach, so als wäre nichts Nennenswertes passiert und vielleicht stimmt das sogar. Vermutlich hat sich das Ehepaar schon öfter eine Beziehungspause über einen längeren Zeitraum gegönnt. Ein Kommen und Gehen, was zwar registriert wird, jedoch nur noch wenig Beachtung von den Angestellten erhält. Es ist Hanzo, welcher der Heimkehr der Frauen sehr viel Beachtung entgegenbringt oder genauer gesagt bringt er Sasukes Tochter Beachtung entgegen. Für eine ganze Weile scheint die Welt um ihn herum still zu stehen, während er Hana hinterherschaut, als hätte er noch nie ein solches Geschöpf wie sie zu Gesicht bekommen. Die Tochter des Hauses bemerkt seinen fixierenden Blick und schenkt diesem jungen Mann, welchen sie nur aus Erzählungen ihres Vaters kennt, ein kurzes Lächeln, bevor sie in das Haus tritt und damit aus seinem Sichtfeld verschwindet. Hanzos stille Faszination für die Tochter des Hauses, wird schließlich wieder gegen seinen Arbeitsei-fer ausgetauscht, weswegen er gleich die nächsten Scheite zerschlägt. Das Gesicht von Hana vermag er jedoch nicht aus seinen Gedanken zu verdrängen. Mit einer Art von verträumten Lächeln auf den Lippen geht Hanzo weiter seiner Arbeit nach, während Minato sich längst entfernt hat und der empfohlenen Pause von Omoi nachgeht. Dass der Halbstarke bei seiner Tätigkeit eine Beobachterin hat, entgeht diesem jedoch. Es ist Hana, die sich am Fenster der Wohnstube herumtreibt und jede seiner Handlungen genausten beobachtet. Sie betrachtet seinen Körper und seine Bewegungen, wie ein frisch fertig gestelltes Bauwerk und mit jeder weiteren Sekunde scheint ihre Verwunderung zu steigen. Hanzo ist groß, kräftig und in seinem Gesicht konnte sie bereits Bartwuchs feststellen. Er sieht aus wie ein Erwachsener, was sie nachdenklich die Stirn runzeln lässt. „Pa' hast du nicht gesagt, dass Narutos ältester Sohn in meinem Alter ist?“ „Das ist er auch. Er wurde im Herbst Vierzehn.“ Eine fast gleichgültig klingende Erläuterung, auf den verwirrten Zustand seiner Tochter und während Hana ungläubig den jungen Indianer beobachtet, wirft Sasuke einen Holzscheit in den Kamin hinein, um diesen wieder anzufachen. „Er sieht so … erwachsen aus.“ Bei dieser leisen Äußerung schaut der Familienvater zu seiner Tochter und schweigt für eine Weile, ehe er zurück zur auflodernde Feuerquelle blickt und mit dem Schürhaken die Asche aufwühlt. „Die Umstände prägen und formen einen. Wenn die Gegebenheiten es verlangen, dann wächst ein Junge schnell zu einem Mann heran. Hanzo hat bereits viel erleben müssen und deswegen musste er schnell erwachsen werden. Er musste viel Verantwortung übernehmen. Als ältester Sohn, ist es seine Pflicht die Familie zu schützen und zu ernähren, solange Naruto nicht zurückgekehrt ist.“ Hana kommt nicht umhin Bewunderung für den Halbindianer zu empfinden. In ihren Augen erlangt er in diesem Moment sogar heroische Züge, jedoch ist sie sich der Tatsache bewusst, dass er eine ungeheure Last auf den Schultern tragen muss, die ihn wohl so manches Mal zu erdrücken droht. In ihrem Inneren schwappt eine Welle von Mitgefühl durch ihren Körper und sie kommt nicht umhin, diesen jungen Mann ehrlich zu bedauern. Es treibt ihr nahezu die Tränen in die Augen, Hanzo mit einem Mix aus Bewunderung und Mitleid wahrzunehmen und wenn sie ihn so anschaut, dann wirkt er sehr ernst und beinahe verbittert. Mit vierzehn Jahren bereits so vom Leben geschlagen worden zu sein, ist ein äußert hartes Los und auch eines, welches Spuren hinterlässt. „Ich helfe ihm ein wenig.“ Noch ehe Sasuke irgendetwas darauf sagen kann, ist seine Tochter auch schon verschwunden. Eine Tatsache, die den Familienvater zum Schmunzeln bringt. Nachdem Sasuke einen weiteren Holzscheit in das Feuer geworfen hat, begibt er sich zu dem Fenster, wo bis vor wenigen Augenblicken noch Hana, in stiller Bewunderung dem Sohn seines besten Freundes nachspioniert hat und was er nun zu sehen bekommt, ist ein gänzlich anderes Bild. Hanzo hat mit seiner Arbeit innegehalten und anstatt dass die beiden Halbstarken irgendeiner geschäftigen Tätigkeit nachgehen, unterhalten sie sich angeregt miteinander. Sie lachen und haben offensichtlich Spaß. Seit der Ankunft der Uzumaki Sprösslinge, hat Sasuke den Halbindianer noch nie lachen sehen oder hören können. Ein schwaches Lächeln, war bisher immer der einzige Ausdruck von Freunde zu der Hanzo sich als fähig erwies. Ihn nun so zu sehen, voller Freude und Lebenslust, ist keinesfalls ver-gleichbar mit den vergangenen Monaten. Es tut Sasuke sehr gut, den Jungen mal in einer anderen Gemütslage zu sehen. Es ist befreiend und erleichternd ihn offen und ehrlich zu erleben und wie er mal nicht seinen trüben Gedanken nachhängt. Dass Hana an diesem Wandel nicht unbeteiligt ist, ist dem Familienvater bewusst. Seine Tochter ist schon immer zu den unglaublichsten Dingen fähig gewesen. Zufrieden geht Sasuke wieder an der Arbeit und lässt die zwei Halbstarken in ihrem Gespräch zurück. Seufzend lässt sich der Familienvater am Abend und nach einem üppigen Abendessen, rücklings in das Bett fallen und verschränkt die Arme hinter seinem Kopf. Sakura kann eindeutig besser kochen, was auch mit ein Grund ist, warum er dankbar für ihre Rückkehr ist. Sakura schüttelt bei dem Anblick ihres zufrieden wirkenden Mannes nur schmunzelnd den Kopf, ehe sie geradewegs zu ihm ins Bett kriecht und sich einfach auf ihn legt. Sie betrachtet eingehend sein Gesicht, wobei sie ihre Arme auf seinem Brustkorb verschränkt. Die Ehe mit ihm kann noch so anstrengend sein und ganz egal, wie oft sie sich auch noch anschreien werden, sie würde ihn niemals endgültig verlassen. Diese achtmonatige Auszeit war aber einfach mal nötig, um ihm bewusst zu machen, wie viel sie einander bedeuten und dass sich keiner von Beiden für ein Leben ohne des jeweils anderen entscheiden würden. Dafür haben sie einfach schon zu viel gemeinsam durchgemacht. Mit einem wohlig klingenden Laut lagert Sakura ihren Kopf auf seiner Brust und lauscht mit geschlossenem Augen seinem Herzschlag, bis sie plötzlich seine Finger spürt, die zärtlich durch ihre Haare streichen. „Ich hätte nicht erwartet, dass du es so lange in Death Water aushältst.“ „Und ich hätte nicht erwartet, dass du mich so lange dort lässt.“ „Ich traue dir schon zu mit diesem Pack fertig zu werden. Du bringst sogar den schlimmsten Revol-verhelden zum Zittern.“ „Ich verstehe das jetzt einfach mal als Kompliment.“ Sasuke schmunzelt darauf nur, wobei er die lang vermisste Nähe und Wärme seiner Frau schon fast aufsaugt, wie ein Schwamm. Dass seine Frau nachdenklich auf das Bettlaken blickt bemerkt er nicht, bis sie eine Frage stellt, die er selbst auch schon in seinen Gedanken hatte, diese jedoch konsequent aus seinem Denken verbannt hat. „Wie wahrscheinlich ist es, dass Naruto zurückkommen wird?“ Seine zärtlichen Streicheleinheiten finden ein schlagartiges Ende. Daran hat er nie denken wollen und jetzt ist es wieder so präsent, dass es ihn förmlich zu lähmen scheint. Er hat Sakura per Telegramm in Death Water von den ganzen Geschehnissen in Kenntnis gesetzt und dabei kein Detail ausgelassen. Auch sie ist gut mit Naruto befreundet und hängt sehr an dem Blondschopf. Ihn zu verlieren wäre ein harter Verlust für die gesamte Familie. Naruto ist sehr viel mehr, als bloß sein Freund für Sasuke. Naruto ist wie ein Bruder für ihn. Sie haben eine enge Bindung zueinander. Sie können einander vertrauen und aufeinander bauen. Wenn Hilfe benötigt wird, ist der jeweils andere sofort zur Stelle. Sie lachen miteinander, sie streiten sich und haben bittere Zeiten gemeinsam überwunden. Sie sind durch Dick und Dünn gegangen. Einen Bruder hat Sasuke bereits verloren und nun sieht es so aus, als würde er den nächsten verlieren. Ein weiteres Opfer auf dem blutigen Pfad der Assimilation von den Indianerstämmen. Ein Kollateralschaden für die Regierung und ein bitterer Verlust für die Hinterbliebenen. Seufzend und niedergeschlagen blickt Sasuke zu der Zimmerdecke empor, während Sakura noch immer auf eine Antwort wartet. Auf die aber folgende, stützt sich seine Frau wieder auf seinem Brustkorb ab und blickt mit einer gewissen Portion an Unverständnis in seine Augen. „Unwahrscheinlich. Er allein gegen die Armee und die Regierung … das nimmt kein gutes Ende.“ „Warum hast du ihn dann nicht aufgehalten?“ Entschlossen blickt er in das grüne Augenpaar seiner Frau und streicht ihr zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, wobei er schließlich seine Handflä-che auf ihrer Wange ruhen lässt. „Weil ich an seiner Stelle genauso handeln würde.“ *~*~* Es ist eigentlich ein kaum nennenswerter Zeitraum, den die Indianer bisher in diesem Reservat verbracht haben und welches sich mit einfachen und wenigen Worten treffend beschreiben lässt: Eine trockene Einöde. Es gibt kaum Bäume, denn die meisten wurden für den Bau von Fort Sumner gefällt und damit gibt es für die ganzen Bewohner in Bosque Redondo noch nicht einmal ausreichend Feuerholz. Sie müssen Meilenweit laufen, um Mesquitewurzeln zu sammeln, die sie verfeuern können. Zu mehr als glimmende Feuerstellen, mit hin und wieder auf züngelnden Flämmchen, reicht dieses Alternative zum Feuerholz jedoch nicht. Das Wasser ist fast ungenießbar, da es stark alkahlihaltig ist und die zusammengepferchten Diné und Mescalero Apachen, liefern sich zusehends blutige Konflikte, da diese Stämme seit alter Zeit verfeindet sind. Wer sperrt einen Bären und einen Berglöwen zusammen ein? Inzwischen haben beide Stämme bereits so viele Tote zu beklagen, wie noch nach keiner zuvor praktizierten Schlacht gegen die Armee. Elend, Krankheit und Tod dominiert das alltägliche Bild, welches sich jedem Wärter, jedem Indianer und jedem Besucher offenbart. Verzweifelte Fluchtversuche und blutige Prügeleien, um das wenig Essen sind an der Tagesordnung. Was vorher einer propagierten Lüge entsprach, ist nun die bittere Wirklichkeit: Sie leben wie Tiere im Dreck. Zusammen mit den drei verbündeten Soldaten versucht Naruto sein Bestes, um möglichst viele von diesen verurteilten Wilden zu retten und dabei macht er keinen Unterschied ob Diné oder Mescalero. Mal schaffen sie es nur einen aus dem Reservat zu bringen und mal sind es halbes Dutzend Leute. Er teilt sein Essen mit den Kindern und versucht stets Streitigkeiten zu schlichten, um blutige Auseinandersetzungen im Keim zu ersticken. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, in der er der bitteren Niederlage immer dichter gegenübersteht. Im Grunde blickt er ihr schon direkt ins Gesicht, doch weigert er sich aufzugeben. Mit dem Rücken zur Wand bleibt ihm nur der Weg nach vorne. Er weiß, dass er nicht gewinnen kann und trotz dieser ausweglosen Situation, denkt er nicht für einem Moment daran aufzugeben. Er bleibt und nimmt mit jedem weiteren Tag das Risiko in Kauf, entlarvt zu werden und die Zeit rinnt ihm durch die Finger. Die Soldaten sind ihm gegenüber schon sehr misstrauisch, denn sein respektvoller Umgang mit den Rothäuten ist ihnen nicht verborgen geblieben. Sie durchschauen ihn zusehends und behalten ihm im Auge. Obito hat sich bereits bei ihm dafür ausgesprochen, dass er lieber abhauen sollte, bevor es zu spät dafür ist. Eine Empfehlung, die Naruto mit einem simplen Kopfschütteln verneint hat. Er bleibt und geht damit ein ungeheuer großes Wagnis ein. Wie so oft läuft er durch das Reservat, doch anstatt seine Schritte durch gepflegte und liebevoll errichtete Hoganreihen zu lenken, stolpert er über Erdlöcher oder springt über Gräben, welche die Männer unter größter Kraftanstrengung in den trockenen und gefrorenen Boden geschlagen haben. Der einzige Schutz, gegen die unbarmherzigen Mächte der Natur und dennoch würde niemand der Indianer diese notdürftigen Behausungen als ein Zuhause bezeichnen. Sie sind gezwungen so zu leben. Sie werden erniedrigt und gedemütigt, ohne die Chance sich gegen diese unwürdige Behandlung aufzulehnen. Schlitternd stoppt der Outlaw seine Schritte vor einem der vielen Erdlöcher, vor dem sich bereits einige andere seiner Stammesmitglieder versammelt haben, unter ihnen auch Inoichi, Chouza und Shibi. Sie alle empfangen ihm mit einem hoffnungslosen Blick. Die sonst so stolzen Krieger, sind nur noch Schatten ihrer selbst. Abgemagert, krank und verzweifelt. Selbst der früher so wohlgenährte Chouza ist nur noch Haut und Knochen. Sein Gesicht ist eingefallen, seine Haut blass und sein ausgemergelter Körper zittert unablässig. Naruto wollte alle Mitglieder des Beraterkreises bereits aus dem Reservat heraus schmuggeln, doch ähnlich wie er selbst, weigern sich diese Männer ihrer Brüder und Schwestern allein zu lassen Egal, welch plausible klingende Argumente Naruto auch aufbringt, um sie zum Gehen zu überreden, sie verneinen jedes mal. Er schenkt ihnen allen nur einen kurzen Blick, ehe er sich den schmalen Durchgang der Erdhöhle hinuntergleiten lässt und somit diesen provisorischen Bau betritt. Es ist die Behausung von Shikaku, welche einem Kaninchenbau gleicht. Die Deckenhöhe reicht noch nicht einmal aus, um sich aufrecht hinzustellen. Der Boden ist karg und hart. Nur ein paar löchrige und schmutzige Decken bieten Schutz gegen die bittere Kälte und unter diesen Decken liegt der unfreiwillige Eigentümer dieses Erdloches. Zusammengekauert und ausgezehrt. Shikaku blickt aus trüben und hoffnungslosen Augen seinem Besucher entgegen, nachdem dieser sich an die Dunkelheit gewöhnt hat und sich schließlich neben ihm kniet. Shikaku ist nicht einmal mehr in der Lage sich zu bewegen. Einzig und allein seine Mundwinkel verziehen sich zu einem dankbaren Lächeln, als der Outlaw seine Hand ergreift. „Du hast es bald geschafft.“ Ein kaum wahrnehmbares Nicken ist die Antwort von Shikaku auf diese Worte und auch wenn Naruto wochen- und tagelang versucht hat, an den Kampfgeist des Indianers zu appellieren, so scheiterte jeder einzelne Versuch. Sie prallten an der Rothaut ab, wie Regentropfen an einem Stein und auch wenn diese Versuche geachtet wurden, so gibt es kein Mittel der Welt, welches den entschlossenen Willen eines Mannes brechen könnte. Zuviel Elend und zu viel Schmerz dominieren ihr aller Leben und für Hoffnung ist längst kein Platz mehr. Sie sind alle des Kämpfens müde und ergeben sich in ihr Schicksal. Eine Haltung an der Naruto fast verzweifelt und schon viele seiner Brüder daran verloren hat. Nun ist es auch noch Shikaku. Er hat seinen Lebenswillen eingebüßt und wird in diesem Reservat sein Leben lassen. „Naruto. Du musst am leben bleiben. Sie alle zählen auf dich.“ „Ich weiß nicht ob ich das schaffe. Wie soll ich ein ganzes Volk retten, wenn ich nicht einmal euch retten kann?“ Seit einer ganzen Weile plagen ihn diese Zweifel und lassen ihn nachts kaum schlafen. Mit jedem weiterem Toten fühlt er sich schlechter und besiegter. Ihm ist dieses Gefühl des Versagens sehr vertraut und jetzt, nachdem er es jahrelang geschafft hat dieses Empfinden in seinem Unterbewusstsein einzuschließen, es aus seinem gesamten Denken zu isolieren, kämpft es sich zusehends wieder an die Oberfläche. Das dreckige Gesicht einer bitteren Niederlage. Es fällt ihm schwer nicht selbst zu kapitulieren und sich den ganzen Geschehnissen zu beugen. Er könnte einfach aufgeben, sich ergeben oder zu seiner Familie zurückkehren und versuchen ein halbwegs normales Leben zu führen. Es wäre weitaus einfacher und nicht so müßig wie dieser störrische Kampf gegen eine Übermacht. Aufgeben kommt für ihn nur nicht in Frage. Wie soll er in Frieden ein familiäres Leben führen, wenn sein Stamm unter unmenschlichen Bedienungen leidet und zugrunde geht? Ratlos blickt Naruto auf den Boden, ehe er erneut die kratzige, raue Stimme des sterbenden Shikakus vernimmt. „Es gibt keinen Krieg ohne Opfer. Verluste sind nicht zu verhindern, aber so schmerzhaft diese auch sind … wir dürfen uns nicht daran aufhalten.“ Ein trauriger Unterton schwingt in seiner schwachen Stimme mit und in Anbetracht, der bisherigen Verluste auch nicht verwunderlich. Shikaku weiß nicht, was aus seinem Sohn und dessen Familie geworden ist und nicht nur, dass er viele Freunde verloren hat, auch seine Frau war all diesen schlimmen Dingen nicht gewachsen. Yoshino wurde auf dem Weg in das Reservat schwer krank. Sie hatte hohes Fieber, starken Husten und da die Soldaten keine Zeitverzögerung duldeten und ebenso Ansteckungen mit irgendwelchen Krankheiten vermeiden wollten, egal aus welchem Grund, verpasste ihr jemand die erlösende Kugel. Es brach Shikaku förmlich das Herz, als er den leblosen Körper im Dreck zurücklassen musste. Ein Teil von ihm ist mit dem Tod seiner Frau schließlich auch gestorben. Dieses Ereignis, da ist sich Naruto sicher, ist der Auslöser dafür gewesen, dass Shikaku dieser Konflikte überdrüssig geworden ist. Der Grund, warum er seit Ankunft in dem Reservat jede Nahrungsaufnahme verweigert und dem sicheren Tod entgegensteuert, ist die tiefe Trauer und endlose Sehnsucht nach seiner Frau. Shikaku wartet nur noch auf den letzten Atemzug und wird sein Ende mit offenen Armen empfangen. Trotzdem, scheint er dem vierfachen Vater noch einige Dinge mitteilen zu wollen, weswegen er trotz aller Schwächer erneut die Stimme erhebt. „Du bist unsere Hoffnung. Du hast das Herz am rechten Fleck und die Seele eines Indianers. Ich habe mit den anderen gesprochen. Wir wollen, dass du Hiashis Platz einnimmst. Du, als Stützpfeiler unserer Kultur und als neuer Häuptling unseres Stammes.“ Ruckartig schnellt Narutos Kopf wieder in die Höhe und sein Blick spiegelt absolute Fassungslosigkeit wieder. Häuptling? Er?! Sie wollen ihn zum Häuptling ernennen, obwohl er noch nicht einmal in ihren Kreisen geboren wurde? Er, ein Weißer, soll für einen ganzen Stamm die Verantwortung übernehmen, in Krisenzeiten als weise Stütze fungieren und mit Rat und Tat stets zur Seite stehen? Ihm fehlen in diesem Zusammenhang tatsächlich die Worte, weswegen er nur kurz nach Luft schnappt, wie ein Fisch. Eine solche Führungsposition hat er nie angestrebt und stellenweise hat er es schon als anstrengend erachtet, dass er der Schwiegersohn des Häuptlings gewesen ist. Durch diese Verbindung hatte er fast ein Ansehen erlangt, dass dem vom Hiashi gleich erschien. Sie hörten auf ihn, baten ihn um Hilfe und respektierten ihn. Sie tun es immer noch. Wenn er durch das Reservat geht, dann schauen sie ihn alle mit diesem Blick an. Dieser eine Blick ... dieser Ausdruck, der so voller Hoffnung und Vertrauen steckt. Shikaku lächelt zuversichtlich, wobei seine mageren Finger sich etwas fester um die Hand von Naruto schließen. „Bring uns wieder nach nachhause.“ Gerade als Naruto etwas darauf erwidern will, steckt Obito seinen Kopf durch das Erdloch und schlägt keuchend Alarm. Er jappst regelrecht, dass die Wärter auf der Suche nach ihm sind, da sie seine Identität nun wüssten, ehe sein Kopf auch schon wieder aus dem Sichtfeld verschwindet. Es breitet sich wie ein Lauffeuer aus, dass der Teufel von Arizona wieder unter den Lebenden ist und dass die damalige Meldung eine reine Lüge gewesen sein muss, was Naruto schreckhaft zusammenzucken lässt. Sein Herz scheint für einen kurzen Moment auszusetzen. Es geht jetzt um Sekunden. Hastig springt Naruto auf die Beine und eilt zum Ausgang, ehe er noch einmal über die Schulter zurück zu Shikaku blickt, der mit besorgtem Ausdruck das Geschehen beobachtet. Es wäre die reinste Katastrophe, wenn er jetzt noch in die Hände der Soldaten fallen würde. Das würde den endgültigen Zusammenbruch seines Stammes bedeuten. Einem Sterbenden den letzten Wunsch erfüllen und die Hoffnung neu entfachen lassen. Wenn sie ihm alle dem Posten des Häuptlings zutrauen, dann will er sein Bestes versuchen. „Ich werde sie alle heimbringen.“ Später Ein idyllisches Plätschern durchbricht die Stille der winterlichen Landschaft und löst ein Gefühl von Sicherheit im erschöpften Körper des Outlaws aus. Das Rauschen eines friedlichen dahinfließenden Bachlaufes, in mitten der kalten und fast ausgestorben wirkenden Landschaft, erscheint wie eine Melodie aus dem Paradies. Wie ein Lockruf aus der Ferne, dessen Klang so unwiderstehlich klingt, dass alle Gedanken sich auf diesen unbekannten Zielpunkt richten. Obwohl eine solch paradiesische Symphonie auch ein Trug sein könnte und keinesfalls einen Ort beinhalten müsste, der Sicherheit verspricht, so kommen dennoch keine Zweifel auf. Die Quelle muss gefunden werden, denn der sichere Hafen scheint gefunden zu sein. Wie in Trance nährt er sich dem friedlich vor ihm liegendem Bachlauf und ein leichtes, kaum wahrnehmbares Ziehen an den Zügeln reicht aus, um den verschwitzen Hengst zum Stehen zu bringen, ehe sich Naruto mit einem schmerzlichen Stöhnen aus dem Sattel gleiten lässt und sich an seinem Reittier abstützen muss, um nicht in die Knie zu sinken. Ashkii keucht hörbar und zittert, während sein überhitzter Körper in diesen kalten Gefilden Dampf erzeugt. Naruto hat ihn viel zu lange, viel zu hart angetrieben. Keuchend und um Gleichgewicht bemüht richtet der Familienvater seinen Blick auf die Idylle, welche sich vor ihm auftut und ihn faktisch mit offenen Armen empfängt. Die schneebedeckten Ufer umspielen malerisch das klare Wasser des Baches. Jeder Baum ist umhüllt von der weißen Pracht und selbst die aus dem Wasser ragenden Steine sind so mit Schnee bedeckt, dass der Eindruck entsteht, sie würden Mützen tragen. Ein dankbares Seufzen verlässt seine Lippen, ehe er den Hals seines Pferdes tätschelt. Er ist erleichtert über diesen Anblick, denn hier sind sie abseits von jeder Gefahr. Die überstürze Flucht aus dem Reservat hat unerbittlich an seinen Kräften gezerrt. Es hat unwahrscheinlich viel Zeit in Anspruch genommen, die Soldaten abzuschütteln und kurzfristig hat sich sogar der Gedanke in den Vordergrund gespielt, dass er ihnen nicht entkommen kann. Noch nie hat er so hartnäckige Verfolger im Nacken gehabt. Noch nicht einmal in dem Zeitraum, auf dem Höhepunkt seiner kriminellen Lebensweise. In diesem Zeitraum haben sie ihm eher gemieden und mehr auf das Glück eines professionellen Kopfgeldjägers gesetzt. Der Gedanke an die vergangenen Gegebenheiten lassen ihn beinahe Sehnsucht empfinden, denn dieses Mal ist er wirklich nur um Haaresbreite entkommen. Mit weichen Knien wankt der Outlaw zum Ufer des Baches, wo er sich schließlich in die Knie sinken lässt und wo er mit einem platschenden Geräusch sein Gesicht in das eiskalte Wasser hält und mit einem geräuschvollen Aufkeuchen wiederauftaucht. Nach Luft schnappend verharrt Naruto für einen Moment, ehe ein schmerzvolles Pochen ihn zusammenfahren lässt und er seinen Blick an sich herabgleiten lässt. Ein dunkler Fleck, welcher sich großzügig auf der rechten Hälfte seines Oberteiles ausgebreitet hat, ziert die bloß geliehene Uniform und ein ausgefranstes Schussloch deutet darauf hin, dass seine Flucht kein voller Erfolg gewesen ist. Er ist in einem wahren Kugelhagel geflüchtet und kann sich glücklich schätzen, dass es nur bei dieser Verletzung geblieben ist. Bei der Feuerrate der Soldaten, hätte das auch wortwörtlich ins Auge gehen können. Ein Schuss jagte den nächsten und mehr als einmal hat er das Pfeifen an seinen Ohren vernommen, wenn eine Kugel nur eine Fingerbreite an ihm vorbei schnellte. Es ist reines Glück gewesen und keinesfalls Können, welches ihn aus dieser Situation herausgeholfen hat. Erschöpft befreit Naruto sich von den Bekleidungsstücken, die seinen Oberkörper verdecken und kaum, dass er die Wunde freigelegt hat schöpft er mit einer Handfläche Wasser aus dem Bach und befreit sich weitgehend von dem Blut, welches wie Baumharz an seiner Haut zu kleben scheint. Auch wenn die Verletzung brennt und schmerzt, so ist er über die Tatsache erleichtert, dass es sich um einen glatten Durchschuss handelt und er somit sehr viel bessere Überlebenschancen hat. Mit Schießpulver und Feuer kann er die Wunde desinfizieren und verschließen, auch wenn das keine schmerzlose Wundbehandlung ist. Von jetzt an kann er nur in kleinen Schritten denken. Etwas ratlos richtet Naruto seinen Blick auf sein Reittier, welches erschöpft und schwer atmend noch immer an Ort und Stelle steht, den Kopf weit herabgesenkt hat und wohl noch nicht einmal im Traum daran denkt, irgendeinen Muskel zu bewegen. Wie soll es jetzt weitergehen? Um das Reservat sollte er besser einen großen Bogen machen und da seine Identität nun kein Geheimnis mehr ist, wird es auch nicht lange dauern, bis auch die restliche Bevölkerung von seiner wundersamen Wiederauferstehung erfährt. Die Zeitungen werden voll davon sein und in keiner Stadt wird er sich noch frei bewegen können. Sein Handlungsspielraum ist plötzlich drastisch eingeschränkt und trotzdem durchfährt es ihn wie ein Blitzschlag, als er an die baldige Veröffentlichung seiner Rückkehr denkt. Er hat eine Idee, doch wird er bei der Umsetzung Hilfe benötigen. Einige Tage später Die Feiertage sind vorbei und nun ist das nächste Jahr nicht mehr weit entfernt. Weitere zwölf Monate überstanden, ohne irgendeinen schweren Verlust und dennoch ist dieses Jahr so ereignisreich gewesen, dass es für das gesamte restliche Leben ausreichen würde. Das Volk der Diné ist zerschlagen und dazu verurteilt, den christlichen Glauben anzunehmen oder zu sterben. Sasuke und seine Frau lebten über ein halbes Jahr getrennt voneinander und des weiteren hat der Barkeeper die drei Kinder seines besten Freundes bei sich aufgenommen, um die er sich kümmert, als wären sie seine eigenen. Es sind keine zahlreichen Ereignisse und dennoch so dominant in ihrer Wirkung, dass es unglaublich viel Kraft kostet, trotzdem weiter zu machen. Es ist dennoch erstaunlich, welch Anpassungsfähigkeit in einem Menschen steckt. Irgendwie geht es immer weiter. Entspannt lehnt Sasuke an einem der Holzpfeiler seiner Veranda und beobachtet, mit vor der Brust verschränkten Armen, seine Tochter und seinen ältesten Ziehsohn, welche ungezwungen auf der obersten Sprosse der Viehweide sitzen und scheinbar einen sehr amüsanten Dialog miteinander führen. Sie lachen und necken einander, als würden sie sich bereits seit Jahren kennen. Dass die Temperatur nur knapp über dem Gefrierpunkt liegt, scheint sie dabei wenig zu stören. Hana hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft Narutos ältesten Sohn aus diesem dunklen Loch heraus zu ziehen, ohne sich wirklich darum bemüht zu haben. Hanzo hat schon öfter gezeigt, dass er das Lachen nicht verlernt hat, jedoch hat er das Leben nur noch als äußert ernst betrachtet und wenig Grund zum lachen erkannt. Durch diese schrecklichen Erlebnisse ist das keinesfalls verwunderlich, doch für einen Jungen in seinem Alter untypisch. Hana scheint sich an dieser entwickelten Eigenschaft gestört zu haben und den Entschluss gefasst zu haben, etwas dagegen zu unternehmen. Es ist ihre gesamte Art, mit der sie dieses kleinen Wunder vollbracht hat. Ihre ungezwungene, offene und ehrliche Art auf Menschen zu zugehen, wirkt einfach faszinierend und nahezu hypnotisch. Mit einem einfachen, ernst gemeinten Lächeln hat seine Tochter bei Hanzo mehr erreicht, als er es selbst in den vergangenen Monaten fertig gebracht hat. Der Familienvater hat diese eindeutigen Blicke jedoch schon längst bemerkt, welche sie sich einander zu werfen und doch voreinander zu verbergen versuchen. Mit einem leicht amüsierten Lächeln schüttelt der Barkeeper ergeben den Kopf, ehe er sich etwas mehr an den Pfeiler lehnt und schließlich genüsslich die erfrischend, kühle Luft aufsaugt. Aufmerksam blickt er zur Seite, als er eine Berührung an seinem Arm vernimmt und erblickt sogleich seine Frau, die sich genießerisch an ihn lehnt und ebenfalls zu dem noch inoffiziellen Paar schaut. Auch ihr huscht bei diesem Anblick ein Lächeln über die Lippen, wobei sie zu ihrem Mann hinaufschaut. „Sie scheinen einander sehr zu mögen.“ Sasuke lacht darauf nur kurz auf und verlegt sich schließlich darauf, die Szenerie weiter zu beobachten. „Also ich finde ja, dass das über mögen längst hinaus geht.“ „Hast du nichts dagegen? Deine einzige Tochter ist dabei dich vom Thron zu stoßen.“ Er hört den leicht spöttischen Ton in ihrer Stimme und verdreht nur vielsagend die Augen. „Muss ich dich daran erinnern, dass wir etwa im selben Alter waren, als dass zwischen uns ernst wurde?“ Darauf ist es nun wiederum seiner Frau die leise zu lachen beginnt und sich etwas intensiver an ihn schmiegt. Nein. Erinnern muss sich an diesen Teil der gemeinsamen Vergangenheit wohl nicht, zumal es ihnen nicht unbedingt einfach gemacht wurde. Noch immer halten seiner Schwiegereltern nicht viel von ihm, doch zur damaligen Zeit hielten sie noch weniger von ihm. Er war ein Waisenjunge, der aus dem Waisenhaus abgehauen ist und fortan ein Dasein als Rumtreiber und Tagelöhner praktiziert hat. Schweineställe ausmisten, Viehherden hüten, Zimmermanns - Arbeiten, Unkraut jäten oder Nachtwachen. Er tätigte all die undankbaren Arbeiten, die kein anderer machen wollte. Dankbarkeit hat er deswegen aber nicht kennengelernt, stattdessen war es Abscheu, welche er in den Gesichtern lesen konnte, wenn er nach Schweineurin stank. Er gehörte mit zu der Sorte Mensch, die sich kein Mann als Schwiegersohn wünscht und der von vornherein verurteilt wird. Sakura war die einzige Person aus der Stadt, die sich um ihn und auch um seinesgleichen kümmerte. Sie brachte Essen, Decken und bot für die Nacht ein Dach über dem Kopf – ohne das Wissen ihrer Eltern. Sie scherte sich nicht darum, was andere sagten oder dachten. Sie betrachtete ihre Hilfe als selbstverständlich. Im Grunde war sie sogar schon sehr aufdringlich und äußert penetrant. Vielleicht sind es gerade diese Eigenschaften gewesen, von denen er sich schließlich hat einfangen lassen. Er war beeindruckt von ihrer Ausdauer, ihrem Dickkopf und der Hilfsbereitschaft. Aus einfachen Gesprächen wurden verabredete Treffen und aus diesen schließlich eine Beziehung. Eine Beziehung, die ihr alter Herr unterbinden wollte. Kizashi muss sich gefühlt haben, als würde er gegen eine Wand sprechen oder gegen Windmühlen kämpfen. Nichts von dem was er unternahm oder sagte, zeigte die erhoffte Wirkung und so sah er sich irgendwann gezwungen den Platz einfach zu räumen. Er lässt es Sasuke aber dennoch deutlich wissen, dass er ihn nicht als den Richtigen für seine Tochter empfindet. Dass Sasuke maßgeblich an der Existenz, der dafür innig geliebten Enkeltochter beigetragen hat, spielt in diesem Zusammenhang hingegen keine Rolle. Wenn es etwas gibt, was Sasuke aus dieser Situation gelernt hat, dann ist es die Tatsache, dass er es seinem Kind niemals so schwer machen wird, wenn es um die große Liebe geht. Er weiß, wie sehr Sakura unter dem abweisenden Verhalten ihres Vaters gelitten hat und eine solche Erfahrung will er seiner Tochter auf jeden Fall ersparen. Er vertraut darauf, dass sie den Richtigen von alleine findet und offensichtlich hat sie das. Hanzo ist trotz seines jungen Alter schon sehr reif und Sasuke war nur zwei Jahre älter, als er die ersten, wirklich ernsten Versuche unternahm, um Sakura für sie zu gewinnen. Der einzige Unterschied ist nur, dass Hanzo keine Versuche starten muss. Es ist schon mehr als offensichtlich, dass Hana ihr Herz bereits an den Indianer verschenkt hat und seine Nähe sichtlich genießt. Sasuke hat gegen diese Bindung keine Einwände. Warum sollte er auch? Bloß weil der Junge aus einem Indianerstamm kommt und andere Werte vermittelt bekommen hat? Hanzo ist sehr viel vernünftiger, als so manch ein anderer seiner Altersgenossen und wenige Verehrer hat Hana wahrhaftig nicht. Sie hat nur bisher jeden in die Flucht geschlagen. Sakura verschränkt ihre Finger mit denen ihres Mannes und übt einen leichten Druck aus, welchen er sofort erwidert. „Wenn ich Hanzo sehe... Gage wäre jetzt nur zwei Jahre älter.“ Etwas unsicher schielt sie auf das Profil ihres Mannes, nachdem dieser merklich zusammengezuckt ist, kaum dass sie diesen Namen ausgesprochen hat. Er schluckt schwer und schließt für einen Moment die Augen, ehe sie ein leichtes und dennoch zustimmendes Nicken erkennen kann. Sie weiß, dass er nicht gerne über dieses Thema spricht und es nach Möglichkeit umgeht, doch komplett in sich einschließen tut er es auch nicht. Der traurige Ausdruck in den Augen des Familienvaters verschwindet schlagartig, als er zum Horizont blickt. Er stößt sich von dem Pfeiler ab, überspringt die wenigen Stufen der Veranda und tritt nach vorne, während Sakura ihren Gatten verwirrt betrachtet, nachdem die erste Empörung über ihr Fortstoßen gewichen ist und sie schließlich seinem Blick folgt. „Kouman ou ye?” „Se mwen menm ki byen.“ „Ki jan ou rele?“ „...“ Keine Antwort. Nur ein angestrengt nachdenklicher Gesichtsausdruck, der ihre Mimik verzieht. Hanzo kann ihr förmlich ansehen, wie sie alle bisher gelernten Einheiten und auswendiggelernten Satzbeispiele durchgeht, in der stummen Hoffnung die passende Antwort zu finden. Er wartet geduldig, bis er ein resignierten Laut vernimmt und sie ratlos mit den schmalen Schultern zuckt. Er lächelt amüsiert. „Non mwen se … und dann dein Name. Also Non mwen se Hanzo.“ Etwas frustriert, aber zeitgleich mit einem entschlossenen Funkeln in den Augen, stützt sich Hana rechts und links auf der obersten Sprosse des Weidenzaunes ab und legt ihren Kopf in den Nacken, womit sie ihren schlanken Hals freilegt und eingehend von Hanzo betrachtet wird. Als sie den junge Mann darum bat, sie in seiner Muttersprache zu unterrichten, hat sie wohl keinen solchen Aufwand dahinter vermutet. Sie hat den Halbstarken oft fasziniert beobachtet, wenn dieser in seiner fremdartigen Sprache, mit seinen Geschwistern sprach und während sie nur inhaltsloses Gebrabbel verstand, ist die Bedeutung für seine kleinen Geschwister in jeder Silbe unmissverständlich klar gewesen. Die Sprechweise, der Klang, der Rhythmus und die Wörter selbst, machten sie neugierig. Sie wollte mehr darüber wissen und es selbst können. Andere Menschen in einer anderen Sprache miteinander sprechen zu hören, fasziniert sie und das nicht erst, seit die drei Geschwister eines Diné Stammes auf dem Grundstück ihrer Familie leben, sondern seit die denken kann. Eine andere Sprache, derer sie selbst nicht mächtig ist, wirkt äußert anziehend auf sie und so konnte sie gar nicht anders, als Hanzo gegenüber diese Bitte zu formulieren. Der schwarzhaarige Jüngling zeigte sich zu Anfang äußert skeptisch und verwundert darüber, aber abgeschlagen hat er ihr diese Bitte nicht. Er ist ohnehin erstaunt darüber, wie gelehrig die junge Frau ist. Trotz erst weniger Tage intensivem Unterricht, ist sie sehr gut und saugt alle Lerneinheiten faktisch in sich auf, wie ein trockener Schwamm das Wasser. Es scheint sie aber dennoch zu überraschen, dass es nicht so einfach ist, wie sie es sich vorgestellt hat. „Diese Sprache ist schwieriger als ich dachte.“ „Dafür bist du aber schon sehr gut und außerdem, muss ich zugeben, dass es fast unmöglich ist unsere Sprache zu lernen, wenn man nicht mit ihr aufgewachsen ist.“ „Wie kommt es, dass ihr beide Sprachen könnt?“ Neugierig legt die Tochter des Hauses ihre Hände zurück in ihren Schoß und betrachtet das Profil ihres Gesprächspartners, der auf diese Frage nur entspannt mit den Schultern zuckt und sich kurz nachdenklich am Kinn kratzt. „Meine Mutter hat überwiegend in dieser Sprache mit uns gesprochen, während mein Vater seine Muttersprache angewandt hat. Meine Geschwister und ich sind also zweisprachig erzogen. Daher können wir beide Sprachen perfekt.“ „Aber Naruto spricht doch auch die Sprache der Diné oder?“ „Es reicht, damit er sich verständigen kann. Er hat damit keine Probleme, aber an Perfektionismus grenzt es nicht. Er ist halt nicht damit aufgewachsen, sondern hat es sich lediglich angeeignet.“ Mit einem Grinsen im Gesicht, kaum dass er sich den deutlichen Akzent seines Vaters ins Gedächtnis ruft, richtet der heranwachsende Mann seinen Blick schließlich in die Ferne und scheint auf zu erstarren. Wie auf der Stelle fixiert und es noch nicht einmal wagend zu blinzeln, starrt Hanzo in die Ferne, während Hana im ersten Moment gar nicht registriert, was passiert. Langsam, beinahe so wirkend, als pirsche er sich an seine Beute heran, lässt sich Hanzo von dem Zaun rutschen und tätigt einige unentschlossene Schritte vorwärts, ehe er wieder stehen bleibt und es noch immer nicht wagt, auch nur für einen kurzen Moment die Augen zu schließen. Hana ist über diesen plötzlichen Stimmungswechsel sehr verwirrt, doch kommt sie noch nicht einmal dazu, eine entsprechende Frage zu formulieren. Johlend und schreiend stürmen Minato und Kushina an ihnen vorbei, wo die Zwei doch bis vor kurzem noch in der Scheune herum getobt haben und hasten einfach nur vorwärts und damit direkt auf eine kleine Gruppe von Menschen zu, von denen sich eine Person los löst und den Kinder entgegen eilt. Es ist diese Gruppe, die Hanzo mit einem Gemisch aus absoluter Fassungslosigkeit und Ungläubigkeit betrachtet. Er kann sehen, wie diese Person seine kleinen Geschwister in die Arme schließt, sie fest an sich drückt und mit Küssen bedeckt, während die zurück gebliebenen Leute langsam wieder aufschließen. Es ist ein Beben welches durch seinen Körper jagt und ein schwerer Klumpen manifestiert sich in seiner Brust, während heiße Tränen seine Augen füllen und er nur mit einem undefinierbaren Laut den Kopf senkt und dabei seinen Hut tief in sein Gesicht zieht. Er hat nicht mehr damit gerechnet. Er hatte keine Hoffnung mehr, sie jemals wieder zu sehen. Ein Teil von ihm hatte sich längst damit abgefunden, dass sie fortan als Waisenkinder ihr Leben fristen werden. Die geringen Erfolgsaussichten drängten sich zusehends stärker in seinen Kopf und ließen ihn immer realistischer denken. Er betrachtete es immer mehr als unwahrscheinlich, dass der Plan seines Vaters in irgendeiner Weise Früchte tragen würde und stattdessen begann er ihn dafür zu hassen, dass er einfach gegangen ist. Er war wütend und enttäuscht, dass Naruto zu diesem Wagnis aufgebrochen ist und seine Kinder zurückgelassen hat, wo er sich doch selber der Tatsache bewusst gewesen sein muss, dass ein Sieg fast ausgeschlossen ist. Hanzo kann einfach nicht glauben, dass sein Vater es tatsächlich geschafft hat und diese Erkenntnis sorgt dafür, dass der Bursche ein schlechtes Gewissen, für seine bisherigen Gedankengänge entwickelt. Ein schlechtes Gewissen, gegenüber der Ungerechtigkeit, welche er ihm dadurch hat zukommen lassen. Der Bursche hat kein Gefühl dafür, wie lange er zitternd an diesen einem Punkt steht, mit seinen wild durcheinander fliegenden Bildern und Gedanken hadert und versucht seine Tränen unter seinem Hut zu verbergen, doch als er die eindeutige Präsenz seiner Mutter vernimmt und wie sie ihn schließlich an sich drückt, bricht alles aus ihm heraus. Die ganzen Szenen in seinem Kopf, die Ansammlung von dunklen Gedanken und diese unbändige Angst, nie wieder ein Wort mit ihr sprechen zu können, lagen wie ein Schatten auf seinem Inneren und haben all sein Denken und Handeln beeinflusst. In diesem Moment ist er einfach nur ein Junge, der seine Mutter wieder gefunden hat, auch wenn er bereits einen Kopf größer und sehr viel kräftiger ist als sie. Schluchzend schlingt er die Arme um die zierliche Gestalt seiner Mutter, während alle anderen sich zurück halten, um dieses Wiedersehen nicht zu unterbrechen. Es war ein schrecklich langer und ermüdender Weg gewesen, den sie bis hier her zurück gelegt haben. Immer fernab der Straßen und durch unwegsames Gelände. Es war eine Reise, welche sie immer tiefer in die Ungewissheit befördert hat und während dieser Hinata oftmals Überzeugungsarbeit leisten musste. Sie alle waren äußert skeptisch und misstrauisch als die vierfache Mutter den Zielort schließlich preisgab. Sie wusste, dass sie viel von ihnen verlangte, wenn sie zusammen in die Nähe einer Stadt reisten, bloß um potenzielle Sicherheit bei einem Farmer und Barkeeper zu erhalten, den Naruto als seinen besten Freund betitelt. Schutzsuche bei einem Weißen. Sie haben diesem widersprüchlichen Vorhaben nur zugestimmt, weil Shikamaru dringend Hilfe benötigt und weil eine solche Verletzung nicht durch rituelle Tänze oder Gesänge allein geheilt werden kann. Die Schussverletzung hätte den Familienvater fast unter die Erde gebracht. Dass er noch lebt grenzt daher an ein Wunder und trotzdem hat er schreckliche Schmerzen und kann sich kaum bewegen. Die Reise hat sich um ein Vielfaches verlängert, weil sie stets Rücksicht auf ihn nehmen und ständig Pausen einlegen mussten und so ist es in diesem Moment Takeo, welche den sichtlich geschwächten Mann stützt, als die übrige Truppe sich den anderen nährt. Freude und Erleichterung steht ihnen in den Gesichtern geschrieben und dennoch sehen sie gesundheitlich sehr schlecht aus. Verdreckt, abgemagert und übermüdet. Sie machen alle den Eindruck, als würden sie jeden Moment zusammenbrechen. Hinata registriert jedoch erst in diesem Moment, dass sie körperlich völlig am Ende ist. Allein der Gedanke an ihre Kinder hat sie vorwärts getrieben und sich nun der Tatsache sicher zu sein, dass es ihnen allen Drein gut geht, löst eine tiefe Erleichterung in ihr Haus, welche jede Anspannung von ihr abfallen lässt und der übergroßen Müdigkeit Platz macht. Hanzo kann fühlen wie seine Mutter etwas in seinen Armen zusammen sackt, während sie ihm zusichert, wie unglaublich stolz sie auf ihn ist. Sakuras Gesichtsmimik spiegelt tiefe Sorge wieder, als sie sich schließlich mit ihrem Mann nährt und die ausgemergelten Gestalten betrachtet. Mutter und Sohn lassen schließlich voneinander ab, dennoch bleibt der Halbstarke dicht bei Hinata stehen, um sie an einem völligen Zusammenbruch zu hindern, während Sasuke sich den Neuankömmlingen schließlich annimmt und freundlich Lächelnd in die Runde blickt. Es ist jedoch ein bitterer Beigeschmack dabei, als er sich dem Fakt bewusst wird, dass Naruto nicht unter ihnen ist. „Ich weiß nicht recht was ich sagen soll, außer willkommen und seid meine Gäste. Ihr könnt so lange bleiben wie ihr wollt. Ich gebe euch Unterkunft, Essen, Kleidung … alles was ihr benötigt. Wenn jemand verletzt ist … meine Frau wird sich euch annehmen.“ Sasuke deutet kurz auf seine Gattin, was Sakura als Anlass nimmt eifrig und zustimmend zu nicken. Ärztliche Versorgung haben sie mehr als nötig, auch wenn sie selbst nicht zu den studiert, medizinischen Fachkräften gehört. Ihr Wissen hat sie sich selbst angeeignet und praktiziert es weitaus talentierter, als so manch ein gelehrter Mediziner, der nach zahlreichen Vorlesungen, Hospitationsphasen und Praxiskursen auf die Gesellschaft los gelassen wird. Es entfährt allen ein dankbarer Laut, kaum dass ihnen die Aussicht auf Essen oder Gastfreundschaft versprochen wird. Diese Verlockung ist so groß, dass selbst die Skepsis und das Misstrauen weicht und sie sich zuversichtlich in die Hände dieses Mannes und seiner Familie begeben. Sasuke löst den erschöpften Takeo ab, in dem er sich dem ausgelaugten Shikamaru annimmt und diesen zum großen Haupthaus verfrachtet, gefolgt von allen anderen. Sie alle wollen sich nur ausruhen und erholen. Neue Kräfte sammeln und dann … ja, was dann? Wie geht es weiter? Was erwartet sie hier? Was wird aus den anderen? Eine fundamentalistische Frage, die keiner beantworten kann und welches sie bisher auch nicht zu lösen versucht haben. Es gibt Fragen, auf die sich einfach keine Antwort finden lässt. Fragen die unangenehm sind und die so belastend wirkend, dass sie am liebsten in Vergessenheit geraten. Fürs Erste begnügt sich jeder mit der dargebotenen Gastfreundschaft. Sie können sich waschen, sich von Schmutz und Gestank befreien, sie können die angebotenen saubere Kleidung entgegen nehmen, die nicht mehr viel mit dem Erscheinungsbild eines Diné zu tun hat und dennoch ein angenehmes Geschenk darstellt und sie verschlingen das Essen, wie ein ausgehungertes Rudel von Raubtieren. Sie haben ihr Ziel erreicht und müssen hier keine Gefahr fürchten, doch wie oft haben sie das schon geglaubt, bis es anders kam? Wie lange werden sie hier ihren Frieden haben? Sakura hat sich zwischenzeitlich den Verletzungen von Takeo und besonders von Shikamaru angenommen. Letzterer fand die Behandlung nicht sehr angenehm und für Außenstehen ist es ein sehr brutaler und rabiater Anblick gewesen. Fakt war jedoch: Die Kugel musste raus. Bei der Flucht mit seiner Familie hatte der Indianer nicht das Glück einen Durchschuss zu erleiden, was weitaus angenehmer und weniger gefährlich gewesen wäre. Die Kugel blickt stattdessen in seinem Körper stecken und stellte eine unkalkulierbare Gefahr dar. Wenn sie nicht entfernt worden wäre, dann hätte sie in seinem Körper ernste Schäden anrichten und im schlimmsten Fall die inneren Organe so schwer beschädigen können, dass er letzten Endes doch daran verstorben wäre und so spielten Hanzo und Sasuke die Fixierung auf dem Küchentisch, nachdem Shikamaru sich mit reichlich Whisky etwas Mut angetrunken hat und Sakura irgendwann damit beschäftigt war, wortwörtlich nach der Kugel zu fischen. Die Schmerzensschreie waren auf dem ganzen Gelände zu hören und das Mitgefühl war dem Familienvater sicher. Jetzt, gegen Abend, liegt er jedoch erschöpft und nun endgültig außer Lebensgefahr, in der Nähe des Kamins, seine Frau fest an sich gedrückt und tief schlafend, während die gemeinsame Tochter nur eine Armlänge entfernt von ihnen, ebenfalls auf dem Boden liegt und sich der Traumwelt hingebt. Takeo hat sich zusammen mit seinen Schwestern auf dem Sessel zusammengerollt, so dass der Anblick eines verknoteten Menschenknäuels, bestehend aus Armen und Beinen geweckt wird. Zuvor hat Sakura sich der großflächigen Verbrennungsnarbe angenommen und eine wohltuende, kühle Salbe darauf verteilt. Sie meinte, dass bei täglicher Anwendung, die Narbe mit der Zeit etwas blasser werden würde. Sein rechtes Augenlicht jedoch konnte sie nicht retten. Die Verletzung an dem Augapfel sind irreparabel, was ein wenig niederschmetternd wirkte. Tenten liegt auf dem Sofa, die Decke fest um sich geschlungen und ebenfalls fest schlafend, während Hinata zu ihren drei Kindern in die Speisekammer gezogen ist und dort die Nacht verbringt. Viel geredet wurde an diesem Abend nicht. Zuviel ist passiert und bevor eine Gesprächsrunde darüber praktiziert werden kann, muss erst selbst ein Weg gefunden werden, damit zurecht zu kommen. Die Verarbeitung der Erlebnisse und erst dann, wenn die Bereitschaft dazu da ist, lässt sich vielleicht darüber reden. In diesem Fall war Schweigen das Gebot der Stunde. Sasuke hat sich der dominierenden Nachtruhe jedoch noch nicht hingegeben. Der Familienvater steht in der nächtlichen Kälte auf seiner Veranda, die Arme auf dem Geländer verschränkt und in der Ferne den Mond betrachten, während Frau und Kind in ihren wärmenden Betten an den Kissen lauschen. Wärme erhält er von einer Winterjacke, gefüttert mit Schafswolle, wobei er immer wieder gedankenverloren kleine Atemwölkchen in die Luft pustet. Die Tatsache, dass sein bester Freund nicht mit zurückgekehrt ist, setzt ihm unwahrscheinlich zu aber das hätte er sich auch denken können. Es wäre gegen Narutos Natur gewesen seine Frau zu retten und alle anderem im Stich zu lassen. Er hasst jede Art von Ungerechtigkeit und bekämpft sie mit allen Mitteln. Dass seine Identität längst aufgeflogen ist, weiß Sasuke auch. Er kennt die Schlagzeilen, welche die Zeitungen hergeben und diese Tatsache allein ist es, die ihn so unruhig werden lässt. Narutos Bekanntheitsgrad ist über Nacht von Null auf hundert Prozent gestiegen. Sein Gesicht ist überall angeschlagen und das Kopfgeld ist so absurd hoch, dass jeder mit einer Waffe dieser Verlockung nicht widerstehen können wird. Naruto bewegt sich nur noch auf sehr dünnem Eis und mit jedem weiteren Schritt könnte er einbrechen. Sasuke meint das Bersten schon selbst hören zu können, obwohl er nur indirekt etwas damit zu tun hat. Wieder bläst der Familienvater seinen Atem in die Luft und betrachtet, wie dieser davon getragen wird. Er stellt sich schon länger die Frage, ob er ihn vielleicht hätte aufhalten sollten. Hätte er ihm ins Gewissen reden sollen, damit der Outlaw sich auf das besinnt, was er noch hat? Ein Abhalten von diesem waghalsigen Plan, der die drei Geschwister auch zu Waisen hätte machen können? Es wäre Heuchelei gewesen, wenn er diesen Versuch wirklich unternommen hätte. Er würde selbst genauso handeln, wenn es um seine Familie geht. Wie hätte er da von Naruto verlangen können, seinen ganzen Stamm und seine große Liebe aufzugeben, um sich auf seine Kinder besinnen zu können? Seufzend lässt der Familienvater den Kopf hängen und schließt betend die Augen, während seine schmalen Lippen eine stumme Bitte formen, welche den Inhalt besitzt, dass sein bester Freund … sein Bruder, heil zu ihnen allen zurück kommt. Es sind knarrende Dielenbretter, welche hinter ihm ertönen und welche ihnen aus seinen Gedanken heraus reißen, so dass er einen kurzen Blick über seine Schulter wirft und seinen ältesten Ziehsohn erkennt. Hanzo erweckt nicht den Eindruck, als hätte er auch nur eine Minute geschlafen. Er wirkt nachdenklich und in sich gekehrt, während er die die Decke um sich schlingt und sich neben den Familienvater stellt, um selbst einen Blick auf den Mond zu werfen. Sasuke betrachtet den Jungen einen Augenblick eindringlich. „Kannst du nicht schlafen?“ „Du doch auch nicht.“ Auf dieses Argument lächelt er Familienvater leicht in sich hinein, ehe er sich darauf verlegt, wieder in die Ferne zu blicken. Hanzo hingegen zögert sichtlich. Sein Augenpaar weicht von dem Horizont zu Boden und schließlich auf das Profil seines Ziehvaters. „Ich habe die Schlagzeilen gelesen. Glaubst du … dass er jetzt noch eine Chance hat? Dass er zurück kommen wird?“ Darauf senkt der Angesprochene seinen Blick zu Boden. Er hat zwar versucht diese Schlagzeilen so lange wie möglich geheim zu halten, doch da sowohl Hanzo, als auch Minato des Lesens mächtig sind und bei ihren Besuchen in der Stadt zwangsläufig mit Zeitungen in Berührungen kommen und sei es nur, dass die Zeitungsjungen die Schlagzeilen durch die Gassen brüllen, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie es erfahren. Hanzo stellt ihm eine Frage, auf die er nur zu gerne selbst eine Antwort hätte. Zuversicht ist immer Narutos Stärke und Eigenschaft gewesen. Sasuke gehört mehr zu den Menschen, die äußert pessimistisch die Fakten begutachten und wenig Hoffnung verbreiten. Er hat diese flehende Tonlage in dem Satz sehr wohl wahrgenommen. Das Flehen um Hoffnung und Zuversicht. Das Flehen darum, dass Gesicht seines Vaters noch einmal sehen zu können und nicht nur dann, wenn er es sich in Erinnerung ruft. Es ist ein Flehen welches auch Sasuke besitzt. Er hat schon zu viele Menschen verloren, die ihm lieb und teuer gewesen sind. „Wenn dein Vater eines ist, dann ein Meister der Improvisation. Er schafft es auch aus der hoffnungslosesten Situation noch etwas Gutes zu gewinnen. Ja, ich denke, es gibt immer noch eine Chance.“ „Und wenn wir uns irren?“ Irren ist menschlich. Aus Fehlern werden Nutzen für die Zukunft gezogen. Welcher Nutzen würde sich aber aus solch einem Irrglauben ergeben? Wenn sie sich irren, dann wäre das eine äußert schmerzliche Tatsache, die nicht einfach vergessen werden kann. Sasuke schweigt darauf für einen Moment, ehe er seinen Blick zurück auf den Mond richtet. „Wenn wir uns irren, dann haben wir alle einen schweren Verlust zu bewältigen.“ Es ist vielleicht eine sehr direkte Äußerung der anderen Eventualität gewesen und dennoch ist sie ehrlich und nicht unwahrscheinlich. Hanzo weitet zwar entsetzt die Augen und zuckt merklich zusammen, doch auch Sasuke wird ihm keine falsche Versprechen machen. Der Familienvater beobachtet nur aus den Augenwinkeln, wie sein Ziehsohn, die Decke noch enger um sich schlingt und seine Finger sich in dem Stoff verkrampfen, während er auf den Boden starrt. Sie können nicht viel tun. Sasuke kann dieser heimatlosen Gruppe von Indianern nur ein mögliches Zuhause bieten, während er all seine Hoffnung darauf setzt, dass Naruto das Unmögliche möglich macht. Sie können ihm nur vertrauen und warten. Warten, während die Zeit vergeht. Warten, während andere sterben. Es ist kein schöner Gedanke und doch das Einzige, wozu sie in der Lage sind. Wenn Naruto stirbt, dann verlieren sie alle einen sehr wichtigen Menschen in ihrem Leben. Vater, Freund, Ehemann, Patenonkel und Bruder. Es ist sich wohl keiner der Tatsache bewusst gewesen, wie präsent dieser Mann in ihrer aller Leben eigentlich gewesen ist. Er hat ihr Leben bereichert. Unbewusst und mit fast erschreckender Leichtigkeit hat er sich einen Platz in ihrer aller Herzen erschlichen und jeder von ihnen wohnt im seinen. Aus diesem Grund tut er alle das. Aus diesem Grund ist er bereit in den Tod zu gehen. Dumpf stößt sich Sasuke von dem Geländer ab und streicht seinem Ziehsohn im Vorbeigehen kurz durch die Haare. „Wir können nur hoffen Hanzo. Viel mehr bleibt uns nicht übrig.“ Kapitel 10: Alte Freundschaften ------------------------------- Es ist schon fast beängstigend, wie schnell die Zeit vergeht und was für Veränderungen damit einhergehen. Die Kinder werden größer, die Umgebung verändert abermals in ihrem natürlichen Rhythmus ihre Erscheinung und die Menschen passen sich erneut den Gegebenheiten an. Es ist Spätfrühling und die Sonne hat nun auch den letzten Frost aus dem Boden vertrieben, während die Bäume in aller Pracht zu blühen beginnen. Das Grün kehrt in die Landschaft zurück und weckt alles Leben auf, welches zuvor noch in der eisernen Hand es Winters gefangen war. Die Vögel kehren Heim und lassen ihre individuellen Lieder vom seichten Wind davontragen. Dieser Tag ist ein besonderer, wobei sich ein jeder sicher sein sollte, dass jeder Tag besonders ist. Ob ereignisreich oder nicht. Ob mit wolkenverhangenem Himmel oder einem azurblauen Horizont, ohne das kleinste Wölkchen entdecken zu können. Ob schlafend oder wach … kein Tag ist wie der andere und kein Tag kehrt je wieder zurück. Jeder, der sein Leben und seine Existenz zu schätzen weiß, sollte jeder Minute davon genießen. Das Leben kann nur allzu schnell vorbei sein. Sasuke kennt die Lektionen des Lebens und die eine oder andere hat er sehr schmerzhaft erfahren müssen. Es sind die Lektionen von denen am meisten gelernt wird. Erkenntnisse, die einen für den Rest des Lebens begleiten und die nie in Vergessenheit geraten. An negativen Erfahrungen hält sich ein jeder allzu lange auf. Viel zu selten wird Dankbarkeit für das gezeigt, was längst Bestandteil des eigenen Lebens ist. Ob nun die eigene Gesundheit, ob Reichtum oder Kindersegnen, ob Glück oder Freude … all diese Dinge finden in Gebeten oder dem alltäglichen Denken nur selten Platz, doch heute, heute nimmt sich Sasuke die Zeit. Er nimmt sie sich jedes Jahr. Egal wie hart das Leben ihm bisher auch mitgespielt hat, es gab immer einen Lichtblick an dem er sich orientieren konnte. Es gibt viele Dinge für die Sasuke unendlich dankbar ist und egal welche Macht auch immer dazu beigetragen hat, ob nun göttliche oder das Schicksal selbst, er hat viel, für das es sich zu leben lohnt. Zielsicher geht der Familienvater auf eine große alte Eiche zu, dessen dichtes Blätterdach sich in der seichten Frühlingsbrise schaukelt und ein Rauschen erzeugt, welches dem von Wellen gleicht, die sich seicht an dem Ufer brechen. Das hohe Gras reicht ihm bis über die Hüften, während er sich seinen Weg auf den Baum zu bahnt, welcher auf einem Hügel thront, der sich über den Landstrich hinweg erhebt und sich ebenfalls in Sasuke Besitzt befindet. Hier lässt er auch sein Vieh grasen oder hängt seinen Gedanken hinterher, wenn das Familienleben ihn abermals zu erdrücken scheint. Unter dem Blätterdach bietet sich ein idyllisches Panoramabild. Von hier aus kann er seinen gesamten Besitzt überblicken und sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben besinnen. Diese alte Eiche ist für ihn ein symbolisches Bild von einer Konstante. Ein Symbol für Freiheit und Beständigkeit. Dieser Baum war da, als er auf das Land zog und er wird auch noch da sein, wenn seine Lebensgeister erloschen sind. Mit einem ausdrucksstarken Lächeln auf den Lippen, passiert der Familienvater den mächtigen Stamm und tritt schließlich aus dem Schatten heraus, ehe er seinen Blick über das Panorama gleiten lässt. Hinter ihm, zurück unter dem Blätterdach, in unmittelbarer Nähe des Stammes, befindet sich ein leicht schiefes Holzkreuz in dessen Maserung ein Name geschnitzt wurde. Gage Uchiha Sasukes und Sakuras Sohn. Ihr erstes Kind. Das Ehepaar hat ihn an diesem Ort beerdigt, denn von der Bestattung auf Friedhöfen halten sie nicht viel. Es ist unpersönlich, eintönig und wenn es auf der Erde einen Ort gibt, der einem dem Glauben an ein Leben nach dem Tod nehmen kann, dann sind es Friedhöfe. An dieser Stelle hat Sasuke seinem Kind nahezu ein Denkmal gesetzt und von diesem Punkt aus, ist sein Sohn noch immer Teil des Geschehens. Er ist für alle gegenwärtig. Ein kurzer Blick auf den Baum genügt und schon scheint eine Verbindung zu existieren. Es ist als würde Gage ihn anlachen, wenn er von der Arbeit aufsieht und einen Blick in die Ferne richtet. Der Junge wurde nicht einmal zwei Jahre alt. Er starb an Masern, nachdem er sich wochenlang damit herumgequält hatte. Für Sasuke als auch für Sakura, war es ein unerträglicher Anblick ihr Kind so leiden zu sehen. Er war so schwach und hilflos. In seinen Augen glaubte Sasuke die Frage ablesen zu können, warum er ihm nicht half. Warum befreite er ihn nicht von dieser Krankheit, den Schmerzen und der Schwäche? Warum blieben seine Eltern untätig und warum hatten sie diesen Blick in den Augen, der Gewissheit und unendliche Trauer ausstrahlte? Sie wussten, dass die Gage verlieren würden und trotzdem versuchten sie für ihn durchzuhalten. Sie versuchten alles zu ertragen, während ihr Junge in ihren Augen lesen konnte. Das strahlende Kinderlächeln wurde schwächer und schwächer und sein kleiner Körper immer kraftloser. Irgendwann schlief er einfach ein und wachte nicht mehr auf. Kein Verlust ist leicht zu ertragen, doch das eigene Kind beerdigen zu müssen, noch bevor er es überhaupt richtig sprechen konnte, ist kaum in Worte zu fassen. Für Sasuke steht fest, dass es auf dieser Welt nichts Schlimmeres und nichts Unnatürlicheres geben kann, als sein Kind zu überleben. Es ist einfach gegen die Natur. Kein Vater und auch keine Mutter sollte sein Kind betrauern. Es war eine unwahrscheinlich harte Zeit, in der die Resignation und Trauer allgegenwärtig war. Der Tod seines Sohnes war für Sasuke, wie das Erlöschen eines Feuers. Eine Flamme in seinem Inneren, welche mit dem Verlauf der Erkrankung immer kleiner wurde und schließlich erlosch. Er wusste lange Zeit nicht, wie er weitermachen sollte. Hana ist bloß anderthalb Jahre jünger als ihr großer Bruder. Sie erinnert sich nicht an ihn oder seinen Tod. Sie kennt ihren Bruder bloß aus Erzählungen und damit verbindet sie mit Hanzo eine Gemeinsamkeit. Sie hat ihren Bruder nie kennengelernt und Hanzo nie seine Schwester. Eine äußert tragische Gemeinsamkeit. Was hat sich in den vergangenen Monaten alles verändert? Die befreiten Indianer haben sich auf seiner Ranch eingelebt. Sie leben und arbeiten gemeinsam unter einem Dach. Sasuke hat auf seinem Grundstück längst weitere kleine Häuser bauen lassen, um ihnen Privatsphäre und Platz zu bieten. Moderne Hogan. Achteckige Blockhütten mit einem Kuppeldach, aus dem der Schornstein herausragt. Sie sind geräumiger als die im alten Stil errichteten Hogans, doch nach derselben Grundstruktur gebaut. Sie sollen sich ihre Traditionen bewahren. Er hat nicht vor sie in irgendeiner Weise zu missionieren. Jede Familie bewohnt einen davon. Sie unterstützen einander, haben Spaß zusammen und können einander helfen, diese traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten. Sie sind Freunde geworden, die einander stützen und nicht nur das. Hanzo und Hana sind nun offiziell ein Paar, was sich inzwischen auch schon in der Stadt herumgesprochen hat, zusammen mit der Tatsache, dass Sasuke einigen entflohenen Indianern Unterschlupf auf seinem Land gewährt. Die Familie Uchiha ist das Gesprächsthema in der Stadt und stellenweise werden sie behandelt, als hätten sie die Pest. Für die Einheimischen ist es fast ein Skandal und neutrale oder gar positive Stimmen gehen in den Stammtischparolen einfach unter. Diejenigen, die sich gegen eine solche Beziehung oder Sasukes Gastfreundschaft aussprechen, verfolgen schon mit fanatischem Gedankengut die Umsetzung zur vollständigen Assimilierung der Ureinwohner. Sie haben stets ein offenes Ohr für die Lügenmärchen der Regierung und sind für andere Meinungen gänzlich taub. Ihre Kultur und Religion ist der einzig richtige Weg, um durch das Leben schreiten zu können. Indianer, die an ihrem Glauben und ihrer Kultur festhalten, haben den Stellenwert von Vieh, doch weder Hinata noch sonst irgendeiner der verfolgten Rothäute benimmt sich wild. Sie sind zivilisiert und zuvorkommend. Sie sind das, was aus ihnen gemacht werden soll und damit steigt die Verwirrung der Leute zusehends. Die Propaganda stimmt nicht. Die Leute fangen langsam an, selbst zu denken, auch wenn ein gänzliches Ausmerzen aller Vorurteile sehr viel mehr Zeit in Anspruch annehmen wird – wenn es nicht sogar unmöglich ist. Leider gibt es keine Neuigkeiten von Naruto. Er lässt nichts von sich hören und zeigen tut er sich schon gar nicht, weswegen die Annahme der schlimmsten Möglichkeit schon gerechtfertigt wäre. Niemand weiß, wo er ist oder was er gerade macht. Es gibt kein Lebenszeichen von ihn, während sich die Pressemitteilungen noch immer das Maul über seine Wiederauferstehung zerreißen. Nicht mehr so ausführlich und in dicken Buchstaben gedruckt, aber in Vergessenheit geraten ist es nicht. Was bleibt ist die Sorge um ihn und die Hoffnung darauf, dass er weiß, was er tut. Mit einem tiefen und genießerischen Atemzug wendet sich Sasuke zum Gehen, nachdem er einen Blick auf das Holzkreuz gerichtet hat. Er vertraut seinem besten Freund, auch wenn dies nicht ausreicht, um auch die letzten Zweifel und sorgenvollen Gedanken zu beseitigen. Kingscross, ein kleiner Ort vor New York Kingscross ist ein verschlafenes Städtchen, ohne nennenswerte kriminelle Aktivität und eher ein Ort, wo sich Fuchs und Hase eine gute Nacht wünschen. Liebevoll errichtete Wohnhäuser mit gepflegten Kleingärten säumen die Straßen. Glücksspiel und Prostitution hält sich in überschaubaren Grenzen und werden eher heimlich in irgendwelchen Hinterzimmern praktiziert. Die Leute respektieren und schätzen einander. Im ersten Moment erscheint dieser Ort wie das Paradies auf dieser verdorbenen Erde mit seiner fast schon klischeehaften Idylle, doch auch hier hat die publizierte Propaganda längst zugeschlagen, jedoch in einem gänzlich anderen Ausmaß. Ein Großteil der hier lebenden Menschen sympathisiert mit denen, von der Regierung unterdrückten und verfolgten Indianerstämmen und fluchen eher auf das Vorgehen ihrer Regierung. Sie sind empört und entsetzt darüber, was diesen Menschen für eine Gewalt angetan wird, obwohl sie wohl nur einen Bruchteil des tatsächlichen Ausmaßes kennen dürften. Viele sind in der Politik aktiv und versuchen auf diesem Weg ein humane Lösung für beide Seiten zu finden, doch die dekadente und sture Sichtweise der politischen Gegner macht eine solche Lösungsfindung nahezu unmöglich. Korruption und Machtgier sind sehr viel effizienter als Humanität oder Nächstenliebe. Gut gelaunt und nach getanem Tagewerk, schlendert ein Mann in den Vierzigern durch die schmalen Straßen von Kingscross und wünscht dem hiesigen Nachtwächter eine ruhige Schicht, bevor er sich die neuste Ausgabe der Tageszeitung unter seinen Arm klemmt und seine Haustür aufschließt. Bei dem fröhlichen Mann handelt es sich um einen bekannten Journalisten, der ein Händchen dafür hat interessante Geschehnisse aufzuschnappen oder aus inhaltslosem Gefasel etwas Interessantes zu formen. Einer seiner Artikel als Verkaufsaufhänger und die Zeitungen sind weg, bevor sie überhaupt angeboten wurden. Im Großen und Ganzen wirkt er jedoch recht unscheinbar. Ein durchschnittlicher Mann mit geregeltem Einkommen und festem Wohnsitz. Ein typischer Amerikaner von nebenan. Einzige Besonderheit in seiner Erscheinung stellt die große Narbe dar, welche horizontal über seiner Nase und unter den Augen her verläuft. Ein recht ungewöhnlicher Anblick und mit Sicherheit kein Überbleibsel aus irgendeiner Schlägerei im Saloon. Ein kleines Mysterium, welches sein sonst recht unspektakuläres Leben kennzeichnet. Dieser Mann gehört zu den besonnen und ruhigen Zeitgenossen der Gesellschaft, welche es sich lieber mit einer Tasse Tee vor dem Kamin gemütlich machen und die Ruhe am Abend genießen, als dass sie sich in den Trubel und die Hektik eines Sündenfouls begeben. Ein Konflikt vermeidender Geselle, der freiwillig in einer Pokerrunde verliert, um bloß keine Meinungsverschiedenheit vom Zaun zu brechen. Für manch einen vielleicht Eigenschaften eines Hasenfußes und Muttersöhnchens, doch auch er trägt noch andere Seiten in sich, welche er der Öffentlichkeit aber lieber vorenthält. Für Außenstehende ist er einfach nur ein unverheirateter, berufstätiger und ehrgeiziger Mann, der sein Leben mit Leichtigkeit meistert. Er ist jemand, über den es sich nicht zu reden lohnt, weil es einfach nichts über ihn zu reden gibt. Summend aber dennoch erschöpft, schließt der Mann die Haustür hinter sich, legt die Zeitung auf einen kleinen Tisch unmittelbar neben der Tür und bringt, mit wenigen routinierten Handbewegungen, eine Öllampe an der Wand zum leuchten, so dass im gesamten Raum ein schwaches Licht erscheint. Mit einem Schalter neben dem Türrahmen aktiviert er die einzige Gaslampe im ganzen Haus an, die jedoch nur wenig zusätzlich Licht erzeugt. Er verstummt und erstarrt schlagartig, kaum dass die dämmrige Wandbeleuchtung ihren Dienst tätig und einen Schatten auf die gegenüber liegende Wand wirft, welcher eindeutig den Umriss einer Person abzeichnet. Die Müdigkeit ist aus seinen Gliedern gejagt, während der Fakt in seinem Kopf wild umher tanzt, dass er nicht alleine ist. Irgendjemand sitzt in seinem Sessel, den er normalerweise nach so einem Arbeitstag bezieht, während ein Kaminfeuer harmonisch vor sich hin prasselt. Jemand ist in sein Refugium eingedrungen und hat den Sessel so platziert, damit die Tür keine Sekunde aus den Augen gelassen werden kann. Wie versteinert betrachtet der Journalist die kaum wahrnehmbaren Bewegungen des Schattens, ehe er sich doch dazu durchringt einen Blick zu riskieren. Angespannt, aber keinesfalls auf einen Kampf oder Überfall vorbereitet, dreht er sich zu der Gestalt herum, dessen Gesamtanblick ihn weitaus mehr erschreckt als es der Schattenwurf getan hat. Es fährt ein gewaltiger Ruck durch seinen Körper, kaum dass seine Augen diese Gestalt erfasst haben und noch bevor er überhaupt erkennt, wen er da vor sich hat. Er braucht nur einen kurzen Augenaufschlag um die Identität feststellen zu können und kaum ist er sich der Person sicher, verfliegt die Angst und Anspannung. Es ist stattdessen ein sehr vorwurfsvoller Blick, dem er seinem unerwarteten Besucher entgegen wirft. Kopfschüttelnd entledigt er sich seiner Jacke, die er schwungvoll an einen Haken neben der Tür hängt, ehe er auch schon die Stimme seines Gastes in den Ohren vernimmt, der wahrhaftig keine Bedrohung für ihn darstellt. „Lange nicht gesehen, Iruka.“ Vorwurfsvoll deutet der Angesprochene mit dem Finger auf ihn, als würde er ihn bedrohen und ringt kurz um Worte, ehe er festen Schritte den Abstand überbrückt. „Du kannst doch nicht einfach hier auftauchen. Verdammt, Naruto. Ich erleide noch einmal einen Herzstillstand wegen dir.“ Mit einer ausladenden Geste lässt sich Iruka auf sein Sofa plumpsen, wo er den Kopf in den Nacken legt. Der Outlaw schmunzelt etwas, denn trotz all der vergangenen Jahre ist Iruka seinem Wesen eindeutig treu geblieben. Nicht einmal sein Aussehen hat sich gewaltig verändert. Die ausgeprägte Wangenpartie, die schmale Nase und das kantige Gesicht. Er ist nur älter geworden und außerdem hat er es weit gebracht. Von einem halbstarken Jüngling, der in den Straßen von New York Zeitungen verkaufte, zu einem gefragten Journalisten. Iruka hat auch großes Glück gehabt, denn wenn niemand sein Talent für das Schreiben entdeckt hätte, dann wäre er wohl irgendwann in der Gosse, neben den Rinnsalen der Stadt gelandet. Auch Iruka kennt den Horror aus dem Waisenhaus und die dort herrschende Lieblosigkeit. Mit sechzehn haben die Erzieher ihn dann vor die Tür gesetzt, weil er in ihren Augen nun als erwachsen galt und keine weitere Hilfe verdient hat. Ohne etwas in den Händen und ohne eine helfende Hand, schien der Aufbau einer funktionierenden Existenz nahezu unmöglich. Er hat sich von diesen derben Schicksalswendungen nicht unterkriegen lassen, sich einen Job in einem Austernkeller ergattert und hart für all sein Können und seinen Besitz gearbeitet. Ihm wurde nichts geschenkt und trotzdem hat er einfach immer weiter gemacht. Wie genau er es fertig brachte seinem Schicksal so entschlossen die Stirn zu bieten, weiß Iruka selbst nicht zu beantworten. Als er mit sechs Jahren seine Eltern verlor, scheute er sich davor an die Zukunft zu denken, doch irgendwie wurde der Kampfgeist in seinem Inneren geweckt als die Erzieher im Waisenhaus ein unbedeutendes Leben für ihn voraussagten. Naruto hat ihn für diese Eigenschaft schon immer bewundert. Im Grunde ist es Iruka gewesen, welcher ihn dazu bewogen hat aus dem Waisenhaus stiften zu gehen. Es ist aber mehr eine indirekte Beteiligung gewesen, denn angestiftet hat der heutige Journalist noch nie jemanden. Eine ganze Weile schweigen sich die Männer einander an, ehe Iruka sich seufzend wieder in die Höhe stemmt und sich dem Kamin widmet. Schweigend und ohne Eile schichtet er einige Holzscheite aufeinander und zündet diesen mit einigen gekonnten Handgriffen schließlich an. Sofort tritt diese stille Faszination in den Blick des Outlaws, der erst reagiert als er die Stimme seines alten Freundes hört, der unbeeindruckt in den auflodern Flammen herumstochert. „Was willst du hier?“ Naruto seufzt ergeben und lehnt sich in dem Sessel vor, wobei er sich nach vorne fallen lässt und seine Arme auf den Knien lagert. Er wird nicht um den heißen Brei reden, denn darin sieht er wenig Sinn, weswegen er einen entschlossenen Blick auf den Rücken seines guten Freundes richtet. „Ich brauche deine Hilfe.“ „Wobei?“ „Du hast doch sicherlich von dem Regierungsprojekt gehört, was die Rothäute angeht.“ „Ja. Das Reservat am Bosque Redondo. Ich nenne es eine Massenmissionierung. Wieso?“ „Dieses Projekt ist zum scheitern verurteilt. In diesen Gefilden ist ein Leben nur dann möglich, wenn genügend Rohstoffe und Bewegungsfreiraum vorhanden ist und das ist eben nicht gegeben.“ Iruka blickt etwas ratlos drein, da er nicht nachvollziehen kann, was er mit diesen Informationen machen soll. Naruto seufzt deswegen erneut und fährt sich durch die Haare. „Ich will erreichen, dass die Regierung ihr Unterfangen aufgibt und die Indianer zurück in ihre Heimat können.“ „Na, da hast du dir ja etwas auf die Fahne geschrieben, aber wo komme ich nun ins Spiel? Wobei brauchst du meine Hilfe?“ „Nun ja, im Moment bin ich bekannter, als ein bunter Hund und jeder mit einer Waffe ist hinter mir her. Wenn ich weiter kommen will, dann muss ich wieder anonym werden und du hast die Mittel und Wege um mich wieder verschwinden zu lassen.“ Fassungslos wendet Iruka sein braunes Augenpaar in das erwartungsschwangere Gesicht seines Besuchers. „Mittel und Wege? Verstehe ich das richtig: Ich soll eine Ente drucken lassen?“ „Darum bitte ich dich.“ „Bist du des Wahnsinns?! Das kann mich meine Karriere und Anstellung kosten. Das kann meine gesamte Existenz ruinieren!“ Erbost und einem fast angriffslustigem Funkeln in den Augen, springt Iruka wieder auf die Beine und baut sich in einer bedrohlichen Haltung vor seinem ungebetenen Gast auf, was diesen aber nur nur geringem Maß beeindruckt. Naruto sitzt weiterhin lässig wirkend vor ihm und blickt fast ausdruckslos zu ihm hinauf. Nach einer Weile des gegenseitigen und schweigsamen Anstarrens, schüttelt Iruka nur energisch den Kopf und vollzieht eine äußert abweisende Geste. „Ich riskiere doch nicht meine gesamte Existenz wegen eines Gefallens.“ „Es ist kein Gefallen, sondern eher eine Bitte.“ „Gut. Eine Bitte kann man ablehnen.“ Mit einer abwehrenden Handbewegung wendet sich Iruka ab und verschwindet mit strammen Schritten in einem angrenzenden Nebenraum, während Naruto nur die Augen verdreht und sich schließlich selbst in die Höhe stemmt. Der Outlaw hat mit einer solchen Reaktion gerechnet und im groben ist es auch so abgelaufen, wie er sich das vorgestellt hat. Iruka ist ein unwahrscheinlich ehrlicher Mensch, der selbst bei etwaigen Verlockungen nicht einmal einen kurzen Gedanken an irgendwelche Betrügereien verschwendet. Die Bitte, um den Druck einer Lüge, um eine Zeitungsente, dürfte ihm bei dieser Eigenschaft, wie ein Auftragsmord vorkommen. Gelassen lehnt sich Naruto an den Türrahmen an und beobachtet seinen alten Freund dabei, wie dieser energisch sein Geschirr aus der Spüle schrubbt. Er murmelt die ganze Zeit etwas vor sich hin und auch ohne ihn zu kennen, würde jeder Außenstehende merken, dass er sich gedanklich sehr wohl mit dieser Bitte auseinander setzt und mit seiner bereits ausgesprochenen Antwort am hadern ist. So ehrlich und aufrichtig wie er ist, so hilfsbereit und mitfühlend ist er auch. Jemandem seine Hilfe zu verweigern, entspricht also nicht seiner Natur. Naruto ist sich dennoch nicht sicher, ob Iruka seine Antwort überdenkt oder ob er zusätzliche Überzeugungsarbeit leisten muss. Nachdenklich fährt sich er Outlaw durch die Haare und durchforstete seine Gedanken nach plausibel klingenden Argumenten, ehe er sein Augenpaar wieder auf seinen alten Freund richtet. „Erinnerst du dich noch an früher? All die Dinge, die wir erlebt und ertragen haben … Wir haben immer gedacht, in der Hölle zu leben und dass es nirgendwo schlimmer sein kann...“ Mit einem kurzen Schauer, welcher ihm über den Rücken jagt, stößt sich der Gesetzlose von dem Türrahmen ab und verschränkt die Arme vor der Brust ehe er sich an die selbst gezimmerte Küchenzeile neben Iruka lehnt und schließlich einen kurzen Blick in dessen Gesicht wirft. Die grausamen Erinnerungen lassen sich förmlich in seinen Augen ablesen. „Dieses Reservat ist für die Regierung nicht mehr als ein Experiment, doch was dort geschieht... es ist nicht zu beschreiben. Du kannst dir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was dort passiert und was wir erlebt haben, wirkt dagegen fast schon lächerlich. Krankheit, Elend, Tod … Dort verhungern Kinder, während wir im Überfluss leben.“ Irgendwann, während dieser Erzählung, hat Iruka seinen Abwasch gestoppt und stützt sich nun mit den Händen an der Spüle ab. Er hat den Blick auf das schmutzige Geschirr gesenkt, was Naruto zum Anlass nimmt seinen Blick zu suchen, weswegen sich der Familienvater etwas herab beugt und in die braunen Augen seinen Gesprächspartners blickt. „Ich mach es kurz. Ich bin mit einer Indianerin verheiratet und wir haben zusammen vier Kinder. Mein Schwiegervater war der Häuptling des Stammes und ich habe über Jahre am eigenen Leib erfahren, was die Regierung für Verbrechen begeht. Sie töten Frauen und Kinder. Sie haben meine Schwiegervater umgebracht und jedem einzelnen ihrer Heimat beraubt. Der Rat hat mich zum Häuptling ernannt und als dieser ist es meine Pflicht, meinesgleichen zu schützen. Genau das will ich tun. Ich will ihnen helfen und sie heim bringen, doch das schaffe ich nur mit deiner Unterstützung, denn sonst verliere ich meine gesamte Familie und mein Zuhause.“ Ergeben seufzend schließt Iruka seine Augen. Eine gefühlte Ewigkeit herrscht nachdenkliches Schweigen, wobei Naruto feststellt, dass eine nervöse Anspannung sich in seiner Brust festsetzt und sein Herzschlag beschleunigt. Er weiß, dass er soviel reden kann, wie er will. Wenn Iruka seine Hilfe verweigert, dann kann er ihm keine Vorwurf machen und muss sich dieser bitteren Niederlage stellen. Der Outlaw rechnet bereits mit einem weiteren Nein, bevor Iruka sich schwungvoll abstößt und damit beginnt in seiner Küche umher zu laufen, wie ein gefangener Tiger. Der Familienvater beobachtet dieses Verhalten eine ganze Weile, wobei er nur einzelne Wortfetzen aufschnappt, die über die Lippen des unfreiwilligen Gastgebers kommen. Wörter wie verrückt, Irrsinn oder unfassbar. Schließlich scheint der Journalist sich aber wieder zu beruhigen, stemmt die Hände in die Hüften und blickt vielsagend zu seinem zurückhaltenden Gast. „In Ordnung. Ich werde dir helfen, auch wenn ich verrückt sein muss, aber wie stellst du dir das Ganze vor? Ich kann nicht einfach einen Artikel von deinem Tod drucken lassen. Die Leute würden diesem keinen Glauben schenken, weil der vorherige Artikel sich ja nun als eine offensichtliche Lüge entpuppt hat. Wenn du willst, dass die Leute dich für tot halten, dann gib ihnen etwas Handfestes. Etwas, was die Zweifel verhindert oder zumindest bedeutend abschwächt.“ Wenn Naruto ehrlich ist, so hat er diesen Punkt gar nicht in Betracht gezogen. Die Möglichkeit, dass die Bevölkerung einem solchen Report keinen Glauben schenken könnte, ist in seiner fein zurecht gelegten Planung nicht vorgekommen. Er hat sich das weitaus einfacher vorgestellt und fühlt sich nun wie vor den Kopf gestoßen. Die einfache Wunschvorstellung, mit einem einfachen Artikel schnell wieder von der Oberfläche verschwinden zu können, zerplatzt wie eine Seifenblase, weswegen er sich etwas beschämt und auch ratlos an seiner stoppeligen Wange kratzt. Etwas Handfestes. Einen Beweis. Ein Beweis dafür, dass er dieses mal und endgültig unter den Toten weilt und keinen Schaden mehr auf Gottes grüner Erde anrichten kann. Bloße Wörter können viel erzählen, doch weitaus mehr schenken die Leute dem Glauben, was sie selbst sehen und anfassen können. Iruka schweigt auf das nachdenklich Mimikspiel seines Gegenübers, denn wenn er seine Hilfe schon bereitstellt – noch immer hält er sich deswegen für verrückt – dann soll Naruto gefälligst einen vernünftigen Plan präsentieren, der sie nicht gleich in Teufels Küche bringen wird. In solch einem Fall ist Narutos pragmatisches Wesen, welches ihn dazu verleitet Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu treffen, sehr viel hinderlicher als hilfreich. Der Outlaw war aber schon immer so. Impulsiv und sprunghaft. Ein Meister der Improvisation, der von langen Planungen eher Kopfschmerzen bekam, als eine klare Einsicht. Eine Tatsache, bei er Iruka schmunzeln muss. Es ist lange her dass die Männer einander sahen und da die nun vorherrschende Situation etwas Ruhe beinhaltet, betrachtet Iruka den Mann vor sich etwas genauer. Von dem blonden Satansbraten ist nicht mehr viel erkennbar. Naruto ist ein reifer und verantwortungsbewusster Mann geworden, mit kantigen Gesichtszügen, dominanten Bartwuchs und den ersten Fältchen rund um sein Augenpaar. Ein Mann aus echtem Schrot und Korn, mit Frau und dazu gehörigem Anhang, wie er es ja vor kurzem verraten hat. Erschrocken zuckt Iruka zusammen, als Naruto seine Stimme ertönen lässt, welche eindeutig so klingt, als hätte er einen Geistesblitz erlebt. „Was wäre mit einem Foto? Ein Foto von meiner Leiche?“ „Keine schlechte Idee, jedoch nicht aussagekräftig genug. Es reicht nicht, wenn du dich einfach in den Staub wirfst, dich mit Schweineblut beschmierst und ablichten lässt. So etwas ist einfach zu leicht nach zu stellen.“ „Was soll ich denn machen? Mich aufknüpfen lassen?“ „Ja! Das ist es. Wir lassen dich baumeln.“ Fast euphorisch hechtet Iruka einen kurzen Schritt nach vorne, während Naruto schockiert seine Augen weitet und mit einer großen Portion an Ungläubigkeit seinen alten Freund anstarrt. Er soll sich aufhängen lassen? Das wäre zwar wirklich ein handfester Beweis, aber auch ganz sicher endgültig. „Was? Ich kann zwar lange die Luft anhalten, aber mein Genick wird da sicher nicht mitspielen.“ „Ich meine doch nicht wirklich hängen. Wir nutzen die physikalisch wirkenden Kräfte nur anders.“ *** Bansai hält in seiner Erzählung schlagartig inne und verfällt in einen sehr rau klingenden Husten. Es wirkt, als hätte er sich verschluckt. Er presst sich eine Hand auf den Brustkorb und ringt fast verzweifelt um Luft, weswegen einige der anwesenden Zuhörer hilfsbereit nach vorne treten und ihre Mimik zu besorgten Fratzen verziehen. Bansai ist ungewöhnlich blass und sein ganzer Körper zittert, weswegen auch Konohamaru verunsichert den Blickkontakt sucht und innerlich bereits befürchtet, dass dieser alte Mann von der Bank fallen und leblos am Boden dieser Museumshalle, liegen bleiben wird. Er sieht schrecklich krank und gebrechlich aus und während er am Anfang dieser etwas ungewöhnlichen Geschichtsunterweisung noch relativ vital wirkte, so hat er zunehmend mehr und mehr abgebaut. Er wirkt nun wie jemand, der in einem Pflegeheim betreut werden sollte. Mit rasselnden und pfeifenden Lauten zieht Bansai die Luft ein und füllt damit seine Lungen, mit dem dringend benötigen Lebensstoff. Einige Male atmet er angestrengt ein und aus und scheint sich wieder zu erholen, ehe er sein wässriges Augenpaar durch die versammelte Menschenmenge gleiten lässt. Sie alle wirken unsicher, besorgt und gleichzeitig auch so voller Erwartung, dass es ihm schon beinahe leid tut, an eben dieser Stelle einen Schnitt tätigen zu müssen. Mit einem entschuldigendem Lächeln auf den Lippen blickt Bansai zu Konohamaru. „Tut mir leid kleiner Freund, aber ich denke mehr schaffe ich heute nicht mehr. Ich brauche eine Pause.“ Im ersten Moment möchte der Halbstarke am liebsten protestieren und auch der Rest der Versammlung unterdrückt enttäuscht klingende Worte und Laute, aber nur ein kurzer Blick auf den übersehbar schlechten Zustand dieses lebenserfahrenen Mannes genügt, um diesem indirekten Wunsch schließlich nachzugeben. Der Halbstarke nickt daher nur verstehend und hilft Bansai schließlich sogar dabei, sich von der Bank zu erheben. Die Beine des alten Mannes scheinen im ersten Moment ihren Dienst zu verweigern, bis eine einigermaßen solide Standhaftigkeit einsetzt, bei der keine Gefahr eines Sturzes mehr besteht. Die Menschentraube löst sich langsam aber stetig auf, denn nun ist sicher, dass keine weiteren Erzählungen mehr folgen werden und die dazu gehörige Enttäuschung ist der gesamten Menge deutlich anzusehen. Einige der Besucher dürften aber wohl mit dem Gedanken spielen ab nun regelmäßig her zu kommen, um der hoffentlich folgenden Fortsetzung beiwohnen zu können. Nichts ist nerviger, als an einer spannenden Stelle zu stoppen und im Ungewissen gelassen zu werden. Wie selbstverständlich hakt sich Bansai bei Konohamaru ein, um seine schwachen Beine nicht zu überfordern, während sie sich gemeinsam aus dieser Hall of Hero heraus begeben und in einem Tempo voranschreiten, wie sie eine gehbehinderte Schildkröte an den Tag legen würde. Ein Fakt den Konohamaru eigentlich als störend empfunden hätte, doch in diesem Moment eher sehr darauf bedacht ist, bloß nicht zu schnell zu gehen. Recht untypisch für ihn, da er sonst einen recht ungeduldigen Charakter an den Tag legt. „Morgen zur selben Zeit wieder hier?“ Überrascht schaut Konohamaru den alten Mann an, während sie gemeinsam den Eingangsbereich verlassen, Bansai der Dame an der Information freundlich zunickt und schließlich vor das Gebäude treten, wo sie so gleich dem trockenen Wüstenklima von Arizona ausgesetzt sind. Den ganzen Weg, bis über die Schwelle der Eingangstür, hat sich der Teenager überlegt, ob es vielleicht zu dreist oder gar frech erscheinen könnte, wenn er den Rest der Geschichte einfordern würde. Dass Bansai selbst jedoch, kein Interesse daran hat, seine Erzählung an eben dieser Stelle zu beenden, kam dem Jüngling dabei nicht in den Sinn. Er nickt nur hastig und lächelt dabei sichtlich erfreut. Eine solche Vorfreude, wie sie seinen Körper einnimmt, hat er schon lange nicht mehr verspürt und so ist er auch ziemlich überrascht, als er schließlich feststellt, dass er den gesamten Tag in diesem Museum verbracht hat, wo er doch heute Morgen noch davon ausging, nicht länger als eine Stunde dort zu verbringen. Vermutlich machen sich seine Eltern bereits Sorgen, waren es doch sie, die ihn zu dieser schulischen Nachforschung genötigt haben. Es ist eine Annahme, mit der richtig goldrichtig liegt, denn als er die Haustür öffnet und deutlich verkündet dass er wieder zuhause ist, kann er spüren wie sich die Atmosphäre im Haus verändert und seine Mutter schließlich erleichtert in den Flur tritt. Seine Familie betreibt eine kleine Farm, dessen Haupteinkommen mit der Züchtung von Churros erzielt wird. Mit dem Verkauf von deren Fleisch und Fleece lässt es sich ganz gut leben, auch wenn sie auf diese Weise niemals zu Reichtum kommen werden. Von der rationalen Seite betrachtet, gehört seine Familie mit zu den wenigen Ausnahmen ihres Volkes, die ohne Spenden von Hilfsorganisationen leben können und nicht weit unter der Armutsgrenze ihre Existenz fristen. Fast die Hälfte der Navajo-Indianer lebt unterhalb der Armutsgrenze. Auf dem Reservat gibt es meist kein Wasser,- oder Stromanschluss. Zum nächsten Geschäft muss man meilenweit mit dem Auto fahren – und das Benzin ist teuer. Im Schnitt verdient ein Diné nur 1300 Dollar im Jahr. Das reicht weder für Essen, noch fürs Leben. Die Menschen sind somit zwangsläufig auf Hilfsorganisationen angewiesen. Bis heute lebt sein Volk im Reservat strikt getrennt vom Rest der USA. Gesellschaftlich und politisch. Sie haben ihre eigenen Gesetze, ihre eigene Polizei und sie zahlen auch keine Steuern. Daher sind soziale Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser auch fast nicht vorhanden. Sie leben in den USA wie Fremde in einem Paralleluniversum. Viele Amerikaner wissen nichts über die Ureinwohner, viele interessiert es auch nicht. Es gibt so gut wie keinen gemeinsamen Austausch und das, obwohl die US-Regierung über Jahrhunderte versucht hat, Indianer zu assimilieren und ihre Kultur auszulöschen. Kein Wunder also dass das Misstrauen der amerikanischen Ureinwohner gegenüber den staatlichen Behörden immer noch sehr groß ist. Die Indianer wurden auf Reservate verfrachtet und dort oft von christlichen Organisationen missioniert und assimiliert. Die Kultur seines Volkes ist seit Jahrzehnten vom Verfall betroffen. Die brutale Behandlung durch die Regierung und das Trauma der Zwangsassimilierung haben sich in das Bewusstsein der Menschen eingebrannt. Armut, Alkoholismus und häusliche Gewalt grassieren in vielen Dörfern. Schlechte Ernährung, Übergewichtigkeit und Diabetes gefährden die Gesundheit der Menschen. Es fehlt an allem, vor allem an Arbeit. Viele Navajo verlassen daher das Reservat und durch die Abwanderung in die Städte haben sich viele Familien entfremdet. Enkelkinder verstehen heute ihre Großeltern nicht mehr, denn sein Volk ist dabei auszusterben. Die Rituale und die Musik wurden nicht weitergegeben. Lange Zeit wurde befürchtet, die Kultur und die Sprache der Navajo könnte aussterben, aber seit ein paar Jahren zeichnet sich ein Erwachen der Identität ab und viele junge Indianer besinnen sich auf die Kultur ihrer Vorfahren. Seine Familie hat immer sehr viel Wert auf die Weitergabe der Tradition und der gesamte Kultur gelegt und so will es auch Konohamaru selbst halten. Er liebt sein Volk und das Land auf dem sie leben. Er will alles tun, um sein Volk vor der Aussterben zu bewahren. Er käme gar nicht auf die Idee, seine Familie im Stich zu lassen nur um sein Glück in der Stadt zu suchen. Konohamaru weiß dass er sich glücklich schätzen kann, die Schule besuchen zu dürfen, da er selbst einige Freunde hat die dieses Privileg nicht besitzen und die zum Überleben auf Hilfe von Außen angewiesen sind. All die Not durch Armut und Arbeitslosigkeit hat nie Einzug in seine Familie erhalten und auch wenn es vielleicht egoistisch klingen mag, so ist er für diesen Umstand sehr dankbar. „Du bist lange weg gewesen.“ Es klingt nicht ganz so vorwurfsvoll, wie seine Mutter es wohl beabsichtigt hat. Es klingt eher nach Erleichterung und so zuckt der Halbstarke auch nur lasch mit den Schultern, während er sich seiner Schuhe entledigt. Was soll er darauf denn auch großartig sagen? Seine Mutter hat ihn doch regelrecht aus dem Haus gejagt, damit er vor dem Computer wegkommt, um sich mal intensiv mit schulischen Nachforschungen zu beschäftigen, dass er dann aber doch tatsächlich den ganzen Tag weg sein wird, haben sich Mutter und Sohn wohl beide nicht vorstellen können. „Und? Hast du was Interessantes heraus gefunden?“ Neugierig tritt die Hausfrau etwas näher an ihren Sohn heran, während ihr wohl der leise Verdacht in den Sinn kommt, dass er nicht mit seiner Hausarbeit beschäftigt war, sondern sich irgendwie anderweitig die Zeit vertrieben hat. Zutrauen würde sie ihrem Spross das durchaus. Er sagt das eine und macht was ganz anderes. Konohamaru hingegen überlegt einen Moment, ehe er zu seiner Mutter blickt. „Ich denke schon, aber ich gehe morgen nochmal ins Museum.“ „Nochmal?“ „Klingt das so verwunderlich? Es gibt halt noch mehr, was ich gerne wissen möchte.“ „Ich bin nur überrascht. Du hast noch nie soviel Zeit in irgendwelche Schulaufgaben gesteckt.“ „Wunder geschehen immer wieder.“ Mit einem frechen Grinsen huscht der Halbstarke an seiner Mutter vorbei, die amüsiert lächelt und ihrem Sohn einen spielerischen Klaps auf den Hinterkopf gibt. Am nächsten Morgen Seit einer gefühlten Ewigkeit liegt Konohamaru nun schon in seinem Bett und verbringt die zähfließende Zeit damit, auf die digital Anzeige seines Radioweckers zu starren. Ein handelsübliches Gerät, wie es wohl auch Zeitschriftenabonnementen als Werbegeschenke beilegen würden. Ein recht billiges Ding aus einer entsprechenden Billiganfertigung in China, welches er sich aus einer reinen Not heraus zugelegt hat und zwar als er feststellte, dass sein natürlicher Biorhythmus in der Schule keine Achtung bekommt. Nach mehrmaligen Verspätungen und einigen Elternbriefen hat er dann schließlich eingesehen, dass er elektronische Unterstürzung benötigt. Nun liegt er in seinem Bett, betrachtet die Ziffern der Minutenanzeige und fragt sich nun zum wiederholten Male, warum eine Minute so verdammt lange dauert. Natürlich könnte er auch einfach aufstehen und die verbleibende Minute einfach Minute sein lassen, doch er weiß selbst nicht warum er eben genau dies nicht tut. Vielleicht ist es das Auskosten der wohligen Wärme seines Bettes, bis auf die letzte Sekunde. Doch in Anbetracht seiner Unruhe, kann von auskosten keine Rede sein. Er empfindet es schon eher als Folter. Vielleicht ist es aber auch der Trotz, der sein Tun beeinflusst. Es ist gegen seine Natur vor dem Dienst seines Weckers aus dem Bett zu steigen, aber eigentlich kann er es kaum noch erwarten. In seinem Kopf spuken wirre Gedankengänge umher, die er sich selbst nicht erklären kann und so schüttelt er lediglich den Kopf, ehe er wieder auf den Display seines Weckers schaut. Ein kleiner roter Punkt am rechten unteren Rand des Weckers verrät, dass der Alarm aktiv ist und nur darauf wartet seinen Dienst zu tätigen, doch kaum dass die Ziffer umspringt und noch bevor das monotone Piepen aus den Boxen ertönt, legt der Halbstarke den Schalter um und beendet den nicht einmal begonnen Weckdienst. Irgendwie wirkt es sogar so, als wenn der Wecker gerade mal Zeit hatte, um Luft zu holen. Hastig reißt der Jüngling eine Hose und ein Shirt aus den einzelnen Fächern seines Schrankes und streift sie sich mit wenigen Bewegungen über seinen Körper, nachdem er sich aus einen Schlafsachen geschält hat. Ein kurzer Sprung ins Bad, mit ausreichend vollzogener Katzenwäsche und schon springt der Indianerjunge die Treppen seines Elternhauses herunter. Aus der Küche ertönen bereits seit geraumer Zeit vertraute Geräusche von klapperndem Geschirr und ein verlockender Duft breitet sich in den Räumlichkeiten aus. In diesen vier Wänden leben nicht nur seine Eltern und er, sondern auch sein Onkel und dessen Familie und, bis vor seinem Tod, auch sein Großvater. Sie alle verkörpern den Zusammenhalt einer Familie, die in allen Situationen zusammen stehen. Sie würden auch gemeinsam untergehen, denn sie würden einander nie im Stich lassen. In diesem Haus lässt sich mehr Wärme finden, als in der ganzen Sahara zusammen, auch wenn solch ein enges Zusammenleben nicht immer angenehm ist. Die häufig stattfindende Rangelei um das einzige Badezimmer, ist schon oft in einem handfesten Streit geendet. Privatsphäre ist oftmals nur ein Begriff und schwer umsetzbar. Bis zum Tod seines Großvaters, musste er sich mit seiner zweijährigen Cousine ein Zimmer teilen und diese Tatsache hat ziemlich oft seine Stimmung in den Keller gedrückt. Als Heranwachsender bekommt die Privatsphäre eine ganze andere Bedeutung und kein Teenager würde sich darum reißen mit einem Kleinkind zusammenzuleben. Mit einem flüchtigen Blick überfliegt der Halbstarke das üppige Frühstücksbuffet, während seine Mutter den frisch gekochten Kaffee in eine Thermoskanne umfüllt und diese ebenfalls auf dem Tisch abstellt. Schüsseln, Tassen, Teller und Besteck bedecken die Tischplatte und geben kaum noch eine Stelle preis, an welcher die Maserung des Holzes erkennbar wäre. An so manch einem Morgen hat Konohamaru sogar schon befürchtet, dass das Holz unter der Belastung seinen weiteren Dienst verweigert. So ganz kann der Bursche den ständigen Aufwand von seiner Mutter auch nicht nachvollziehen. Wenn es nach ihm ginge, dann würden Cornflakes völlig ausreichen, um in den Tag starten zu können. „Warte mal. Willst du nicht richtig frühstücken?“ Überrascht blickt seine Mutter ihm hinterher, nachdem er im Vorbeilauf nur eine trockene Scheibe Toast aus dem Brotkorb ergattert hat und gleich weiter auf den Flur türmen will. Er stockt auf den Zwischenruf nur kurz im Türrahmen und dreht sich zu seiner Mutter um, wobei er den Kopf schüttelt. „Ich muss mich beeilen. Ich hole mir unterwegs etwas. Hab dich lieb.“ Im herumwirbeln stößt der Teenager beinahe mit seinem Onkel zusammen, der lediglich einen überraschenden Laut von sich gibt und von seinem Neffen schließlich mit einem kurzen Morgen abgespeist wird. Keinen Augenblick später fällt die Haustür auch schon geräuschvoll zurück in das Schloss. Asuma Sarutobi ist ein Schrank von Mann und selten aus der Ruhe zu bringen. Ein sanfter Riese sozusagen, mit einer leichten Tendenz zum Kettenraucher. Mit seinem dichten Bartwuchs wirkt er außerdem ziemlich rustikal und leicht einschüchternd. Obwohl er nur sehr selten aus der Haut fährt, spricht seine Erscheinung eine andere Sprache. „Was ist denn mit dem los?“ Verwundert und leicht mit dem Kopf schüttelnd, lässt sich Asuma an dem reich gedeckten Tisch nieder und schüttet sich sogleich eine Tasse Kaffee ein. Auf seine Frage hin schüttelt seine Schwester jedoch nur den Kopf und blickt dabei aus dem Fenster. Sie beobachtet ihren Sohn dabei, wie dieser sich auf sein Fahrrad schwingt und mit kräftigen Pedaltritten auch schon bald aus ihrem Sichtfeld verschwunden ist. „Er meinte, dass er nochmal ins Museum gehen will, wegen seiner Hausarbeit. Findest du das nicht auch ungewöhnlich?“ „Sieh es positiv. Auch wenn es untypisch für ihn ist, so hockt er wenigstens nicht vor dem Computer.“ Mit einem laschen Schulterzucken beginnt Asuma damit sein Frühstück zusammen zustellen, während aus dem oberen Stockwerk Geräusche zu vernehmen sind, die deutlich machen dass auch die restlichen Bewohner sich auf dem Weg zum Buffet machen. Bis zum Museum sind es mit dem Fahrrad gute dreißig Minuten Fahrzeit, doch da Konohamaru vor Aufregung beinahe zu platzen scheint, legt er an diesem Tag seine persönliche Bestzeit auf der Strecke hin. Er ist verschwitzt und ganz außer Atem, als er von dem Sattel seines Drahtesels steigt und denkt dennoch nicht daran, sich für einen Moment zu erholen. Der Halbstarke ist sich noch nicht einmal sicher, ob er das Schloss seines Fahrrades vernünftig angebracht hat und dennoch eilt er in die Hallen des Museums, nachdem er den Eintritt bezahlt und der Dame am Informationsstand einen guten Morgen gewünscht hat. Er hat das Gefühl, dass jede Sekunde die er mit Trödeln vergeudet, einen herben Verlust darstellt. Konohamaru ist noch nicht einmal überrascht, dass Bansai schon auf ihn wartet. Obwohl es noch recht früh ist, tummelt sich bereits eine Vielzahl an anderen Besuchern in den Räumlichkeiten und der alte Mann wartet bereits geduldig auf er Bank, als Konohamaru die Museumshalle betritt und ein bisschen macht es sogar den Eindruck, als wenn Bansai am vergangenen Tag gar nicht nachhause gegangen wäre. Das Gefühl eines Déjá-vu breitet sich aus. Der Eindruck oder Glaube, eine Situation bereits schon einmal genauso erlebt zu haben. Dazu kommt dass, auch wenn der Halbstarke sich am vergangenen Tag die anderen Zuhörer nicht genau angeschaut hat, er der unumstößlichen Meinung ist einige der anderen anwesenden Gesichter bereits zu kennen. Wer kann es diesen Herrschaften denn auch verübeln? Nach einer solch ausführlichen Erzählung ist die Neugier einfach zu groß, als dass die Fortsetzung ignoriert werden könnte. Sie alle wollen mehr erfahren. Sie wollen mehr über diesen Menschen erfahren, der zu einem Helden wurde, obwohl er keiner sein wollte. Die Fortführung dieser fesselnden Erzählung, der weitaus mehr Aufmerksamkeit entgegen gebracht wird, als es so manch ein Kinofilm geschafft hat. Bansai sieht wieder sehr viel gesünder aus, als am vergangenem Tag und augenscheinlich ist er voller Tatendrang, weswegen er nach der kurzen Begrüßung auch gleich an der Stelle ansetzt, wo er am vergangenem Abend einen Schlussstrich gezogen hatte. Die Aufmerksamkeit aller ist ihm in jedem Fall sicher. *** Vor vier Tagen, kurz vor Sonnenaufgang, haben Naruto und Iruka Kingscross verlassen und sind nun auf dem Weg nach Pittsburgh, jedoch handelt es sich bei dieser Stadt nicht um ihr eigentliches Ziel, sondern viel mehr um einen groben Richtungsweiser. Erreichen wollen sie einen kleinen Ort namens Littlefield, dessen Existenz hauptsächlich von Viehzucht und Bergbau geprägt ist. Eine kleine Stadt, welche früher einen ziemlich schlechten Ruf innehatte und als Verbrechernest betitelt wurde. Es war ein ähnlicher Ruf, wie ihn Death Water noch heute trägt. Ein Ort voller zwielichtiger Gestalten, Betrügern und Halunken. Parasiten und Ungeziefer, welche die Schamlosigkeit besitzen hart arbeitende Menschen um ihren Verdientes zu bringen. Littlefield wurde allgemein gerne als des Teufels Küche bezeichnet, aber genau das hat sich in den vergangenen zwei Jahren drastisch geändert und zwar nachdem ein neuer Sheriff das Kommando übernommen und in den Straßen ordentlich aufgeräumt hat. Nachdem der alteingesessene Gesetzeshüter, der als cholerisch verschrien und von zahlreichen Betäubungsmitteln, wie Opium und Äther abhängig war das Zeitliche gesegnet hat, weil er sich in einem halluzinogenen Zustand mit einer Bande von Viehdieben angelegt hat und diese ihn dann an Füßen gefesselt, hinter einem Pferd in vollem Galopp durch die Gegend schleifen ließen, nahm ein vielversprechender und hochgelobter Mann den Posten an. Die Zeitungen waren voll davon und gerade weil diesem nun verschlafenen Nest ein hoher Bekanntheitsgrad zugeschrieben wird, entzieht es sich dem Verständnis des Outlaws, warum sie nun ausgerechnet die Gegenwart dieses erfolgreichen Gesetzeshüters aufsuchen. Etwas unsicher und den Begründungen des Planes nicht ganz folgen könnend, blickt Naruto auf den Rücken von Iruka, welcher vor ihm her reitet und dabei keine überstürzte Eile an den Tag legt. Vielmehr entsteht der Eindruck, als würde er die malerische Landschaft bestaunen die in den Gassen der Straßen einer dicht besiedelten Stadt, nur unter äußert erschwerten Bedingungen zu finden ist. Iruka wirkt wie ein Adelsmann, der durch die Reihen seiner Gefolgschaft reitet und dabei ungeteilte Aufmerksamkeit erhält. Er vermittelt den Eindruck eines heimkehrenden Helden, nach erfolgreicher Schlacht gegen ein feindliches Heer und das auf einem Pferd, welches einen erwachsenen Mann um ein Vielfaches überragt. Einen solchen Brocken von Pferd findet sich normalerweise auf dem Acker oder als Zugpferd vor irgendeinem schweren Gespann. Ashkii wirkt gegen den breiten und kräftigen Körperbau seines Artgenossen schon beinahe kümmerlich. Der Gaul muss eine Widerristhöhe von 180 oder größer haben. Es ist ein beeindruckendes Tier, welches trotz der Körpermasse keinesfalls schwerfällig wirkt. In den Bewegungen lässt sich daher eine gewisse Eleganz erkennen. Eine ganze Weile blickt der Outlaw schweigend auf das schmale Kreuz seines alten Freundes. Mit einem kurzen und kaum wahrnehmbaren Tritt seiner Ferse, beschleunigt Ashkii seinen Gang und schließt somit auf, ehe Naruto ihn wieder zügelt. Der Outlaw muss seinen Blick anheben, um über-haupt in das Gesicht seines Begleiters schauen zu können. Er kommt sich so unwahrscheinlich winzig vor. „Erkläre es mir nochmal. Warum reiten wir in eine Stadt?“ Iruka entweicht ein undefinierbarer Laut und Naruto könnte meinen, dass er sogar mit den Augen rollt, bevor er sich zu einer erneuten Erklärung für diese Reise erbarmt. „Weil wir eine Kulisse brau-chen. Ich kann dich nicht einfach an einem Baum aufknüpfen und darauf hoffen, dass das reicht.“ „Wieso nicht?“ „Weil wir einen Staatsdiener brauchen, der die Hinrichtung vollführt und wir brauchen Zeugen, um das ganze Spektakel als glaubhaft zu vermitteln.“ „Das ist mir klar, aber wieso suchen wir ausgerechnet die Gesellschaft dieses erfolgreichen Sheriffs auf, der mich vermutlich vom Pferd schießen könnte, noch bevor ich ihn sehe? Wir könnten auch irgendeinen Dorftrottel nehmen, ihn in eine schicke Uniform stecken und so tun als ob.“ „Tolle Idee. Denkst du eigentlich wirklich mit? Je bekannter der Sheriff, desto wahrscheinlicher, dass die ganze Scharade geglaubt wird. Wir suchen ihn auf, weil er dich eben nicht vom Pferd schießen wird. Gaara steht noch immer in deiner Schuld also-“ „Gaara?“ Die nun stattgefundene Identifizierung dieses erfolgreichen Gesetzeshüters, ist für Naruto eine Überraschung, weswegen er diese in seinen Gesichtszügen auch nicht verbergen kann. Iruka wirkt hingegen mehr von der Tatsache überrascht, dass Naruto wohl nicht wusste wer dieser Sheriff wirklich ist. Der Reporter blickt seinen Begleiter daher recht unglaubwürdig an. „Ja. Er ist der Sheriff von Littlefield. Wusstest du das nicht?“ „Seinen Namen habe ich wohl immer überlesen. Er war schon immer ein Mann der Taten – auch wenn er keine zwei Worte gesprochen hat.“ In diesem Fall muss Iruka ihm sogar zustimmen. Gaara musste, zusammen mit seinen älteren Geschwistern, ebenfalls einen langjährigen Aufenthalt im Waisenhaus über sich ergehen lassen, nachdem der Vater dem Suff und Glücksspiel gänzlich verfallen ist und in Folge dessen auch den Tod gefunden hat. Die Mutter starb bei der Geburt ihres jüngsten Kindes und ist somit nie ein Teil seines Lebens gewesen. Keine wagen Erinnerungen oder verzerrte Bilder, sondern nur eine erbärmliche Kindheit in dem kalten und lieblosen Schatten eines jähzornigen Vaters. Bis zu seinem fünften Lebensjahr ist er ein Einzelgänger gewesen, wie er nur schwer vorstellbar gewesen ist und dann kam Naruto. In Narutos Augen hatte Gaara immer etwas Unheimliches an sich. Zurückhaltend und äußert intro-vertiert, doch stetes mit einer Ausstrahlung, die das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Sein Blickt ist nahezu immer ausdruckslos gewesen und aus seinen Gesichtszügen war nie auch nur eine Gefühlsregung ablesbar. Viele hatten Angst vor ihm und mieden ihn daher wie eine ansteckende Krankheit. Selbst seine Geschwister haben eine deutliche Distanz zu ihm vorgezogen. Es ist nur Naruto gewesen, der sich von dieser Art äußert unbeeindruckt zeigte und der schließlich dafür sorgte, dass dieser missverstandene Junge zugänglicher und umgänglicher wurde. Sie wurden Freunde. Eine Fähigkeit, die Naruto schon immer sein Eigenen nennen konnte. Eine Fähigkeit, die in vielen Augen nur von Gott gegebenen sein kann, ebenso wie sein ständiges Bestreben nach Gerechtigkeit. Naruto ist in vielerlei Hinsicht ein unglaublicher und einzigartiger Mensch, der wohl kein weiteres Mal auf der Erde zu finden ist. Der erfolgreiche Gesetzeshüter von Littlefield ist also Gaara und damit hat dieser sein gesellschaftlich vorgegebenes Schicksal als Waisenkind ebenfalls erfolgreich geändert. Naruto bekommt zusehends das Gefühl, dass nur er diesen Weg eingeschlagen hat. Immer mehr befällt ihn der Gedanke, dass er genau das Leben führt, was jeder ihm angedichtet hat. Ein Nichtsnutz und Tagelöhner. Der Ballast der Gesellschaft und das, obwohl er extra die Flucht ergriffen und alles getan hat, um eben nicht so zu enden. Naruto seufzt ergeben, bis er sich Iruka erneut zuwendet. „Wie kommst du überhaupt darauf, dass er helfen wird? Er mag zwar in meiner Schuld stehen, aber was macht dich so sicher, dass er für ein Lügenmärchen, was jederzeit auffliegen und euch Beide mit ins Verderben reißen könnte, alles riskiert?“ „Der gleiche Grund, warum ich dazu bereit bin. Wir sind Freunde. Du hast viel für ihn und alle ande-ren getan. Dies ist eine Möglichkeit Dankbarkeit dafür auszudrücken. Er ist die ausführende Staats-macht deiner Hinrichtung und gerade weil er einen solchen Bekanntheitsgrad hat, werden die we-nigstens seine Geschichte in Frage stellen.“ Noch nicht wirklich von der Sicherheit dieses Planes überzeugt, blickt Naruto wieder nach vorne, womit sich die aufkommenden Gebäude von Littlefield in sein Sichtfeld drängen. „Ich hoffe wirklich, dass das gut geht.“ Die Bezeichnung Stadt ist für Littlefield nicht unbedingt eine treffende Bezeichnung. Es ist eine breite, staubige Straße, an deren Ende sich ein kleiner Güterbahnhof befindet und an dem die Straße rechts und links vorbeiführt. In unmittelbarer Nähe zum Bahnhof steht ein Saloon und nur einen Katzensprung entfernt, befindet sich eine Postkutschenstation. Die anderen Geschäfte, zu denen ein Waffen- Gemischtwarenladen, ein Arzt, ein Bestatter und eine Kapelle gehören, stehen zwischen Wohnhäusern am Rande der Straße. Das Büro des Sheriffs ist unmittelbar am Eingang der Stadt platziert worden und da jeder Neuankömmling auf diese Weise schnell in dem Sichtfeld des Gesetzeshüters kommt, betrachtet der Outlaw das Gebäude aus sicherer Entfernung und mit einer gewissen Skepsis im Hinterkopf. Die Bewohner auf den Straßen schenken den beiden Männer nur flüchtige Aufmerksamkeit entgegen und beschäftigen sich dann wieder mit ihrem Tagewerk. Gaara hat in diesen Gefilden so gut aufgeräumt, dass Fremde nicht mehr als potenzielle Gefahr betrachtet werden. Eine beeindruckende Leistung, die offensichtlich mit uneingeschränktem Vertrauen belohnt wird. Naruto wirft einen Blick über seine Schulter, als er hinter Iruka die zwei Stufen der Veranda emporsteigt, während dieser mit einem höflichen Klopfen um Einlass bittet. Es ertönt nur eine dumpfe Stimme, welche sie dazu auffordert die Räumlichkeiten zu betreten. Das Büro eines Sheriffs ist nicht unbedingt ein Ort, an dem sich jemand besonders wohl fühlen könnte. Zwei Zellen springen jedem Besucher sofort in das Blickfeld und dieser Anblick hat durchaus etwas Abschreckendes an sich. Eine harte Pritsche, ein Eimer und eine Schüssel mit Wasser sind alles, was Inhaftierte auf diesem begrenzten Raum vorfinden. Rechts von der Tür befindet sich der massive Schreibtisch, auf dem sich einige Dokumente stapeln. An der gegenüberliegenden Wand steht ein Schrank, in dem zahlreiche Waffen sicher verstaut sind und sich somit außerhalb der Reichweite von schießwütigen Fingern befinden. Ein paar Öllampen baumeln von der Decke und eine Gaslampe hinter dem Schreibtisch sorgen in den Abendstunden für ausreichende Sichtverhältnisse. Es gibt viele Fotos, Steckbriefe und Zeitungsartikel, welche sorgsam an einer Schauwand befestigt wurden. Es ist das typische Büro eines Gesetzeshüters, wie es in den Vorstellungen der Bevölkerung am häufigsten zu finden ist. Es ist ungemütlich und zweckmäßig. Gaara hat sich mit den Jahren sichtbar verändert und dennoch ist er recht klein geblieben und liegt mit seiner Körpergröße unter dem eigentlichen Durchschnitt, doch das lässt ihn keineswegs harmlos erscheinen. Die kurzen Haare schwanken im Tageslicht zwischen Rot und Braun und seine Haut wirkt ziemlich bleich. Es könnte schon fast als eine kränkliche Erscheinung bezeichnet werden, wenn er nur nicht dieser athletische Körperbau und der stets ernste Gesichtsausdruck wären. Wegen dieser Eigenschaften haben einige andere Waisenkinder ihn gerne Gruselzwerg genannt. Sie hatten Angst vor ihm, nahmen ihn auf der anderen Seite aber auch nicht für voll. So, wie er nun dasitzt, sieht er äußert geschäftig aus, was auch daran liegen mag dass er seine Besucher mit offenkundigem Desinteresse begegnet. Er ist ein Mann mit hohem Ansehen geworden, der augenscheinlich viel Wert auf sein Äußeres legt. Sein weißes Hemd mit Stehkragen, welches bis auf den letzten Knopf zugeknüpft ist, sitzt perfekt an seinem Körper. Eine schwarze Weste, ebenfalls akkurat zugeknöpft, verleiht ihm schon fast das Aussehens eines tüchtigen Börsengängers von New York und die sorgsam verstaute Taschenuhr, dessen Kette in einen nahezu perfekten Halbkreis auf der Höhe seiner Taille baumelt, lässt ihn wichtig erscheinen. Seine Beine stecken in einer ebenfalls schwarzen Baumwollhose und blank geschrubbte Stiefelletten mit abgerundeter Spitze, sind unter dem Schreibtisch erkennbar. Naruto wirft einen Blick neben die Tür an der er einen schwarzen, faltenfreien Gehrock und einen ebenso schwarzen Filzhut, mit einer kleinen Schnalle an der Hutschnur, ausfindig machen kann. Der Outlaw kann sich nicht helfen, aber mit dieser Kluft hat er gleich die geschäftigen Städter von New York vor Augen, die mit Unsummen von Geld spekulieren. Unbewusst blickt Naruto an sich herunter, nur um festzustellen, dass er in Sachen Kleidung keine Konkurrenz darstellt. Das verschmutzte, abgetragene Hemd welches an zahlreichen Stellen bereits geflickt wurde, in Paarung mit der nicht weniger ansehnlichen Hose, dessen Saum von Staub, Schmutz und Tiermist verunreinigt ist, reichen allein schon aus, um ihn in die Sparte eines ärmlichen Landstreichers zu stecken. Die abgetragenen und stinkenden Schuhe, runden das Bild aber noch etwas mehr ab. Im direkten Vergleich mit dem Sheriff wirkt der Outlaw wie ein zerlumpter Bettler – eine fast schon beschämende Tatsache. Erst als Iruka sich räuspert hebt der Sheriff den Blick und scheint zu einer Salzsäule zu erstarren, kaum dass er seine Gäste identifizieren kann. Nach einer gefühlten Ewigkeit schüttelt Gaara den Kopf und fährt sich ungläubig durch die Haare. „Ich sollte mal nachforschen, was der Typ in seinen Fusel mischt.“ Naruto schmunzelt auf diese Worte, wobei er die Hände in seinen Hosentaschen verstaut und damit beginnt einen interessierten Blick über die zahlreichen Bilder an der Schauwand gleiten zu lassen. Gaara hingegen stemmt sich von seinem Stuhl in die Höhe und schüttelt Iruka begrüßen und erfreut die Hand, nachdem sie den Abstand zueinander überbrückt haben. „Gaara, schön dich wiederzusehen.“ Die Freude ist auch auf der Gegenseite zu finden. Die drei Männer kennen einander seit sie Kinder sind und auch wenn Iruka ganze zehn Jahre mehr auf dem Buckel trägt, so waren sie früher ein eingespieltes Team. Inzwischen stehen die Dinge anders. Sie haben sich aus den Augen verloren und sich entfremdet. Jeder ist seinen Weg gegangen und jeder hat seine eigenen Erfahrungen gemacht. Im Grunde stehen sich drei lebenserfahrene, fremde Männer gegenüber, die sich erst wieder annähern müssen. Naruto nimmt dies zumindest in Bezug auf sich und den Sheriff an, denn Iruka und Gaara wirken bereits wie alte Freunde, dich sich nach langer Zeit wiedersehen. Sie unterhalten sich, lachen und scherzen. Der Familienvater hat das Gefühl, als hätten die zwei vergessen, dass er sich mit ihnen zusammen in diesem Raum befindet. „Du gehörst wohl jetzt mit zu den schweren Jungs, was Gaara?“ Etwas spöttisch und keineswegs böswillig, aber mit der Absicht die Aufmerksamkeit der Herren auf sich zu lenken, schielt der Outlaw zu dem kleinen Sheriff, welcher ihm gerade mal knapp über die Schulter reicht. Gaara lächelt auf diese Worte nur vielsagend, ehe er neben den blonden Familienvater tritt und in dessen Gesicht schaut, als hoffe er irgendetwas daraus ablesen zu können. Es ist ein Nicken, welches auf diese indirekte Provokation folgt. „Ja, nur ich stehe auf der Seite der guten schweren Jungs, während du auf der anderen stehst.“ Eine klare Gegenprovokation, dessen Inhalt Naruto sich für einen Moment durch den Kopf gehen lässt und dabei den Blick zurück auf die Schauwand richtet. Sind sie Feinde oder zumindest Gegner? Stehen sie an zwei verschiedenen Fronten und drohen einander? Er hatte eine gehörige Portion Skepsis in sich, als Iruka ihm von dem Ziel ihrer Reise erzählte, doch nur aus dem Grund, weil er nicht wusste inwieweit Gaara bereit ist, seine beruflichen Pflichten zu unterdrücken. Ob er überhaupt bereit ist, das Gesetz außer Acht zu lassen oder es zumindest etwas lockerer zu sehen. Als Gefahr hat er den Sheriff nicht gesehen. „Hm, ich sehe das nicht so.“ „Ach ja? Wo siehst du dich denn, bei all den Steckbriefen?“ Erwartungsvoll richtet nun auch Iruka seinen Blick auf den Outlaw, der ein ihm gut bekanntes Bild an der Schautafel betrachtet. Es ist sein eigenes Gesicht, dass er betrachtet. Eine Wut verzerrte Fratze, welche seine Grausamkeit und seine Gefährlichkeit veranschaulichen soll. Die Darstellung eines kaltblütigen Verbrechers, der von der Justiz erbarmungslos gejagt wird. Ein Gesicht, dass die pure Boshaftigkeit ausstrahlt - Es sieht ihm überhaupt nicht ähnlich. Seine Augen wandern den Steckbrief weiter hinab, über seine aufgelisteten Straftaten, welche die Justiz am schlimmsten aufstoßen lässt und den schließlich bekannten Schlagwörtern tot oder lebendig, bis hin zu dem verlockend hohen Kopfgeld von 600 Dollar. Ein Vermögen, mit dem sich ein Mann fast zur Ruhe setzen könnte – wenn er sich seinen Kopf unter den Arm klemmen könnte, dann würde er es für diese Summe tun. „Ich sehe mich zwischen den Fronten. Um Gutes zu erreichen, muss ich Böses tun. Ich bin weder das eine, noch das andere.“ Für eine Weile herrscht Schweigen. Eine Weile in der diese Worte ihre Wirkung entfalten können und eben dies auch tun. Mit wenigen Worten hat Naruto faktisch seine Existenz offenbart. Er gehört weder zu den einen noch zu den anderen. Er steht mitten drin und von beiden Seiten wird gezerrt und gezogen – manchmal sogar geschubst. Mit einem recht ausdruckslosen Mimikspiel betrachtet Gaara den Outlaw, ehe er geräuschvoll seufzt und wieder hinter seinem Schreibtisch marschiert. Iruka wirft den beiden Männern nur verwirrte Blicke zu, während Naruto sich die übrigen Steckbilder anschaut. Gefährliche Haudegen, stets gewaltbereit und unberechenbar. Ihn überkommt plötzlich der Drang sein eigenes Fahndungsbild von der Wand zu reißen, weil es dort einfach nicht gehört. Er gehört nicht zu diesen Menschen. Keiner der Männer sagt ein Wort und irgendwie übernimmt eine äußert drückende Atmosphäre die Räumlichkeit. Ein äußert angespanntes Gefühl, welches sich in bis in die kleinste Muskelfaser ausbreitet und obwohl der Reporter dieser Situation am liebsten entfliehen würde, traut er sich nicht etwas zu tun oder zu sagen um die Situation zu entschärfen. Es ist Naruto, der sich schließlich räuspert, sich von den ganzen Bildern ab und Gaara schließlich zu wendet. Der Outlaw hätte nie dieses Alter erreicht, wenn er nicht in jeder Situation einen Überblick behalten hätte. Die richtige Einschätzung potenzieller Gefahren und die Abwägung möglicher Alternativen zur Abwendung eben jener. Eine potenzielle Gefahr ist ihm längst in sein Auge gesprungen und zwar in Form eines Revolvers, der in unmittelbarer Nähe zu Gaaras rechter Hand auf dem Schreibtisch, neben einem Stapel Papieren liegt. Sein Blick bleibt für einen kurzen Moment auf der Schusswaffe liegen und er spürt, wie Gaara diesem Blick folgt. Die Situation gleicht einem Duell: Wer kommt als erstes an seine Waffe und damit zum Schluss. Die Bedrohung wird jedoch abgeschwächt, als der Sheriff sein Blick auf ein vollkommen anderes Objekt richtet, bei dem es sich um ein eingerahmtes Foto handelt, welches auf der anderen Seite des Schreibtisches steht und dessen Motiv für Naruto und Iruka verborgen bleibt. Gaara schaut es eine ganze Weile an und Naruto glaubt schmerzhafte Sehnsucht in seinem Blick erkennen zu können. Es ist die Art von Sehnsucht, die nie erfüllt werden kann. Eine Sehnsucht, die sich nicht mit Geld oder einer langen Reise befriedigen lässt. Es ist der Ausdruck von quälender Gewissheit und Trauer. Es ist die Endgültigkeit, deren Bestand keine Macht des Universums ändern kann und nachdem sich das Herz trotzdem verzehrt. Ein immer wiederkehrender Schrei voller Verzweiflung und Sehnsucht. Es sind Empfindungen, wie sie nur bei dem Tod eines geliebten Menschen aufkommen können. Es ist nicht nötig ein guter Menschenkenner zu sein. Eine gute Beobachtungsgabe reicht vollkommen aus, um eben die Anzeichen dafür erkennen zu können, dass Gaara einen schweren Schicksalsschlag erlebt hat, der in seinen Gedanken einen festen Platz eingenommen hat. Ein Erlebnis, dass nicht vergessen werden kann, sondern an deren zusammenhängende Gefühle einfach eine Gewohnheit gekoppelt wird. Es ist wie bei einem Menschen, der ein Bein verloren hat. Er gewöhnt sich an diesen Zustand, doch es wird kein Tag vergehen, an dem er nicht an den Verlust denken wird. Kein Tag, an dem er sein Bein nicht vermissen wird. Naruto holt tief Luft und zuckt bedeutungslos mit den Schultern, während seine Hände immer noch in seinen Hosentaschen stecken und er Gaara mit dieser Handlung aus seinen Gedanken reißt. Das Lächeln auf den Lippen des Familienvaters ist keinesfalls ehrlich und eher eine Geste aus reiner Höflichkeit heraus. „Was machen deine Geschwister?“ Mit einer fixierenden Gesichtsmimik lehnt sich der Sheriff in seinem Stuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. „Kankuro fährt die Postkutsche und Temari ist in den Wäldern von Oregon als Jägerin aktiv. Beide unverheiratet und kinderlos. Was soll das jetzt werden Naruto? Eine muntere Fragerunde, wie es wem ergangen ist? Ich will jetzt sofort wissen, was du hier willst.“ Einfach frei heraus und ohne große Umschweife. Wenn er es wissen will, dann wird ab jetzt mit offenen Karten gespielt. „Deine Hilfe.“ „Wie bitte?“ Etwas fassungslos verzieht Gaara das Gesicht und beugt sich leicht nach vorne, was unter anderen Umständen vielleicht den Eindruck erwecken würde, als müsse Naruto die Worte wiederholen, weil er sie nicht gehört hat. Iruka tritt beschwichtigend zwischen die beiden Männer, äußert besorgt darum, dass die Situation eskalieren könnte. „Ich werde es dir erklären. In Ordnung? Also hör … einfach nur zu.“ Geduldig lauscht Gaara den Ausführungen, wobei ihm hin und wieder ein undefinierbaren Laut entweicht. Wie früher auch schon, lässt sich in seinem Gesicht keine lesbarere Emotion erkennen. Ein Nicken hier, ein Brummen dort. Es gibt rein gar nichts, was Mutmaßungen zulassen würde und so ist es eine angespannte Nervosität die in dem Raum umherschwirrt als der Sheriff sich wieder in die Höhe stemmt und beinahe nebensächlich ein paar Dokumente in einer der massiven Schubladen verstaut, ehe er sich mit den Händen an der Oberfläche des Schreibtisches abstützt. Wieder ein tiefes Schweigen und Naruto sowie Gaara wissen keine Worte zu äußern, die in solch einer ungewohnten Situation angebracht werden. Gaara nickt nur verstehend und als er in aller Ruhe nach dem Revolver greift, zuckt Iruka merklich zusammen, während Naruto nur den Kopf etwas streckt und auf die Dinge wartet die da nun kommen mögen. Er lässt seine Hände weiterhin in den Taschen ruhen und gedanklich hat er nicht einmal vor seinen Finger um irgendeinen Abzug zu spannen. Mit dem Schießeisen in der Hand und wohl zum Äußersten bereit, geht Gaara um seinen Schreibtisch herum und lehnt sich schließlich an die Oberfläche, wobei er zwischen seinen Gästen überprüfend hin und her schaut. „Vorweg will ich klarstellen, dass ich dir diese Geschichte sogar glaube. Ich hege keine Zweifel an der Richtigkeit dieser genannten Inhalte, aber … wieso sollte ich dir helfen? Was habe ich davon?“ Schweigen. Naruto überlegt noch nicht einmal ob eventuelle Vorteile für Gaara entstehen könnten, denn der Outlaw weiß, dass dem nicht so ist und da der Sheriff keine Antwort auf diese Frage erhält, lächelt er nur mit einem leichten Kopfschütteln ehe er die Waffe anhebt und auf seinen einstigen Kindheitsfreund zielt. „Für mich würde nur etwas dabei herumkommen, wenn dieser Plan absolut sicher wäre und genau das ist er nicht. Ich wäre vollkommen ruiniert, wenn eure schön zurecht gelegte Szenerie auffliegen würde, aber … wenn ich dich jetzt verhaften oder erschießen würde … das würde mir Ruhm und Ehre einbringen, von dem kaum ein anderer Mann zu träumen wagen würde und dein Kopfgeld … es würde mich Monate versorgen.“ „Gaara, bitte. Wir-“ Beschwichtigend tätigt Iruka einen kurzen Schritt in die Richtung des Sheriffs, der sofort den Lauf seiner Waffe auf ihn richtet und damit jedes noch so kleine Muskelzucken unterbindet. „Ich könnte dich genauso festsetzen, als sein Partner, also halt dich am besten geschlossen.“ Ein wenig hektisch richtet er die Waffe wieder auf Naruto, als dieser ein paar Schritte auf ihn zu geht. Die Mündung ist nur eine Armlänge von ihm entfernt, als er wieder stehen bleibt und fast auffordernd die Arme ausbreitet. „Du willst mich erschießen? Dann tue es. Ich werde mich nicht wehren.“ Für einen winzigen Moment scheint Naruto so etwas wie Überraschung und Entsetzen in den Augen seines Gegenübers erkennen zu können und auch Iruka schnappt aufgeregt nach Luft. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. In dieser Stille könnte der Aufprall einer Stecknadel hörbar werden und während der Reporter leicht panisch zwischen den Männern hin und her blickt, starren diese sich einander ernst an und wagen es wohl noch nicht einmal zu blinzeln. Iruka kann deutlich erkennen, wie Gaara seinen Finger fester um den Abzug der Waffe spannt, doch es löst sich kein Schuss. Es gibt keinen ohrenbetäubenden Knall, welcher die gesamte Bewohnerzahl des Ortes aufschrecken würde, denn Gaara lässt die Waffe sinken, wenn auch nur zögerlich. Dem Sheriff entweicht ein resignierter Laut, während Iruka vor Erleichterung nach der nächsten Sitzgelegenheit sucht. Dumpf mit einem unüberhörbaren Seufzer, lässt sich der Journalist auf einem Stuhl neben der Tür und schließlich leicht nach vorne fallen. Dieses Schauspiel hat ihm einen deutlichen Schreck durch den Körper gejagt, den er erst einmal verdauen muss und ein paar Jahre seines Lebens scheint er auch eingebüßt zu haben. Naruto hingegen wirkt beinahe enttäuscht. Gaara schüttelt ungläubig den Kopf, nachdem er die Waffe zurück auf den Schreibtisch gelegt hat und seinen Blick noch einmal prüfend über den Körper des Outlaws wandern lässt. „Hast du gewusst, dass ich nicht abdrücken werde?“ „Nein. Eigentlich habe ich gehofft du tust es.“ „Was?“ „Na ja … sein wir doch mal realistisch. Welche Erfolgsaussichten habe ich denn schon großartig? Ich befinde mich auf einem privaten Kreuzzug, zahlenmäßig weit unterlegen und mit beschränkten Mitteln. Der einzige Grund, warum ich so handle, wie ich handle, ist der Wunsch meiner Familie ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen. Sie sollen nicht ihr gesamtes Leben verfolgt werden und ständiger in Angst leben müssen. Ich habe mir etwas aufgebürdet an deren Erfolg ich wirklich zweifle. Ich würde lieber sterben, als mein Scheitern zu erleben.“ Mit einem nachdenklichem Mimikspiel verschränkt Gaara die Arme vor der Brust. „Das ist ziemlich enttäuschend.“ „Wie?“ Mit einem verwirrten Blinzeln und damit schlagartig aus seiner Depression gerissen blickt Naruto den Sheriff an, der wirklich so etwas wie Enttäuschung in seinem Gesichtsausdruck trägt. „Früher hast du dich von nichts einschüchtern lassen und heute knickst du ein, weil ein paar Politiker mit ihren Säbeln rasseln? Wenn dir einer einen Stein in den Weg gelegt hat, hast du ihn zurückgerollt. Du bist morgens aufgestanden und hast der Welt den Mittelfinger gezeigt, also...“ schwungvoll stößt sich Gaara von seinem Schreibtisch ab und tritt näher an den Outlaw heran, der von dieser Rede tatsächlich beeindruckt wirkt. „Wenn du willst, dass ich dir helfe, dann zeig mir wieder ein bisschen Kampfgeist.“ Kapitel 11: Ein leeres Grab --------------------------- Sommer 1865 Es ist eine finstere, schwüle und feuchte Sommernacht. Die pechschwarzen Wolken haben sich erbarmungslos vor den Mond geschoben und das silbrige Licht aus der Umgebung verbannt, während ein sintflutartiger Regenschauer die staubigen Straßen in matschige Landschaften verwandelt. Blumen und Blätter knicken unter dem andauernden Niederschlag zusammen und vervollständigen das trostlose Bild in der finsteren, tristen Dunkelheit. Kurz nach zehn ertönte der erste Donnerschlag vom Himmel und seitdem durchzucken grelle Blitze immer wieder das Firmament und schenken der Umgebung für den Bruchteil eines Augenaufschlages, ein helles Licht. Ein plötzlicher Wolkenbruch. Ein gewaltiges Unwetter und dabei war es Stunden zuvor ein sehr schöner Tag gewesen. Ein Sommertraum, mit angenehmer Wärme, einem klaren Himmel und einer wohltuenden Brise, die einem während der Arbeit um die Nase wehte. Die jetzt vorherrschenden Witterungsumstände, sind dagegen fast unerträglich. Die Luft ist stickig und schwer, so dass das Atmen beinahe unangenehm erscheint. Die hohe Luftfeuchtigkeit sorgt für ein tiefes Unbehagen und ein etwas missmutiges Empfinden. Hanzo stört sich wenig an diesem windstillen Unwetter, vielmehr kämpft er mit dieser schwülen Hitze, welche ihn noch nicht einmal hat schlafen lassen. Unruhig hat er sich in seinem Bett herumgedreht und schließlich sogar die Decke vollends von seinem Körper verbannt. Er hat über eine Ewigkeit versucht in den Schlaf zu finden und schließlich aufgegeben. Der junge Indianer hat aber noch nie besonders fest schlafen können und das hat sich im Laufe der Jahre auch nicht geändert. Während die anderen sich ihren Träumen hingeben, sich an der drückenden Wärme nicht stören und sorgenlos an ihren Kissen horchen, sitzt er auf dem Geländer der Veranda, betrachtet die aufzuckenden Blitze und lauscht dem prasselndem Regen, wobei er sich immer wieder mit einer Hand Luft zu fächelt, in der Hoffnung so eine Linderung des unangenehmen Empfindens zu erzielen. Der dichte Regenschleier macht ihm eine weitreichende Sicht unmöglich und so kann er von dem Haupthaus nicht mehr als schemenhafte Umrisse erkennen. Er sitzt beinahe jeden Abend auf der Veranda seiner Behausung und betrachtet gedankenversunken das Elternhaus seiner Freundin und ist mit seinen Gedanken nur bei ihr. Er genießt jeden noch so kleinen Augenblick mit ihr und er selbst gesteht sich ein, dass er hoffnungslos in sie verliebt ist und der Umgang der beiden zueinander lässt auch keine Zweifel daran aufkommen, dass Hana genauso empfindet. Die Beiden gelten schon längst als Traumpaar, auch wenn bei weitem nicht alle aus der Umgebung eine solche Beziehung gutheißen. Viele tragen immer noch Vorurteile in sich, wenn es um die Indianer geht und genau das ist Hanzo eben. Er ist ein Indianer und stolz auf seine Abstammung. Hana hat sich zu keinem Zeitpunkt daran gestört, dass er eine Rothaut ist und im Spaß hat sie mit einem Schmunzeln mal zu ihm gesagt, dass er ja auch nur ein halber sei. Er fand dieser Äußerung nicht sehr amüsant, hat deswegen aber auch keinen Streit vom Zaun gebrochen. Sie hat eine solche Äußerung nicht böswillig getätigt und so konnte er ihr, dass nur für einen sehr kurzen Zeitraum übelnehmen. Unrecht hat sie damit ja auch nicht, wenn nur die biologische Sicht betrachtet wird, doch von seinem Empfinden her ist er ein Vollblutindianer. Ein stolzes Stammesmitglied der Diné und darauf lässt er nichts kommen. Ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen bei dem Gedanken, nur ein paar hundert Meter von Hana getrennt zu sein. Er könnte einfach zu ihr laufen, an ihr Fenster klopfen und sie in ein nächtliches Abenteuer entführen, wenn da nicht ihr alter Herr wäre. Sasuke mag gegen die Beziehung der beiden Halbwüchsigen nichts haben, aber trotzdem wacht er mit Argusaugen über seine Tochter. Wie ein Schießhund hat er immer ein Ohr und ein Auge auf all ihre Bewegungen gerichtet. Küsse und kleinere Zärtlichkeiten duldet er, doch sobald auch nur der Ansatz erkennbar ist, dass es intimer wird, schreitet er sofort ein und scheucht sie beide auseinander, wie streunende Hunde. Nicht, dass Hanzo kein Verständnis für solch ein Verhalten hat, aber ein wenig Frustration verspürt er dennoch und er weiß, dass es seiner Freundin ähnlich geht. Sie sind beide in einem Alter, wo gewisse Interessen aufflammen und im Grunde warten die Beiden nur darauf einen Moment zu erwischen, in dem Sasuke seine Augen woanders hat. Es lässt sich sagen, dass sie förmlich darauf lauern. Hanzo seufzt ergeben und lässt sich an dem Pfosten der Überdachung etwas weiter hinab rutschen, während sein rechtes Bein von dem Geländer baumelt. Ein weiterer Blitz durchzuckt den Himmel, gefolgt von einem erneuten Donnerschlag, der einem Kanonenschuss gleichkommt. Er blickt zur Seite, als das Quietschen der Türscharniere eine weitere Anwesenheit verrät und er so schließlich seine kleine Schwester ausmacht. Sie hasst Unwetter und so ist es nicht verwunderlich, dass das Mädchen bei einem erneuten Donnerschlag die unmittelbare Nähe ihres Bruders sucht, der sie einfach nur zu sich auf den Schoß zieht und an sich drückt. Wenn sie sich fürchtet, sucht sie stets die Gegenwart ihres großen Bruders auf, der in ihren Augen die Vaterrolle übernommen hat. Naruto ist nicht da und somit ist Hanzo für sie der schimmernde Held und die schützende Hand, die alle Gefahren mit Leichtigkeit zurückschlägt. Er ist ihr Retter und immer zur Stelle, wenn sie seine Hilfe braucht. Wenn diese Beziehung genauer beleuchtet werden würde, so sollte einem jeden schnell klarwerden, dass es eigentlich recht bedauerlich ist, welchen hohen Stellenwert Hanzo in ihrem Leben hat. Sie ist jung und sollte ihren Vater vergöttern, nicht ihren Bruder. Naruto ist in einer Lebensphase von ihr abwesend, in der sie eine eigenständige Persönlichkeit entwickelt und wenn der Outlaw wieder zurückkommt, wird ihm seine Tochter beinahe fremd erscheinen. Er verpasst entscheidende Jahre in ihrer Entwicklung und es wird sich ihm keine Möglichkeit bieten, diesen Zeitraum wieder aufzuholen. In gewissen Situationen ist es sehr bedauerlich, dass der Familienvater nicht an ihrer Seite ist. Es mag zugleich auch ein wenig befremdlich wirken, dass sie nicht Zuflucht bei ihrer Mutter sucht, nachdem dieses Unwetter ihren kindlichen Schlaf beendet hat und dennoch ist ihr Verhalten verständlich. Hinata gibt ihren Kindern alles, was sie brauchen und steckt selbst in ihren Wünschen und Bedürfnissen bereitwillig zurück, aber ihre Kinder sind nicht dumm. Sie sehen, dass ihre Mutter leidet und sie hören es, wenn sie sich abends in den Schlaf weint. Sie vermisst ihren Mann schmerzlich und gepaart mit der Angst, ihn nie wiederzusehen, sind ihre Träume noch der einzige Ort an dem sie mit ihm zusammen sein kann. Diese letzte Zuflucht wollen sie ihr nicht nehmen und so gehören die Stunden der Nacht ihr alleine. Die Geschwister schweigen einander an, während das Unwetter weiterhin über die Landschaft fegt und Kushina nun ganz entspannt in den Armen ihres Bruders hängt, die Arme um seinen Oberkörper geschlungen und seinem Herzschlag lauschend. In seinen Armen fühlt sie sich sicher und geborgen. Der gewaltige Niederschlag um sie herum findet kaum noch eine Beachtung in ihrem Bewusstsein. Eine ganze Weile schmiegt sie sich nur an ihren großen Bruder, der schützend seine Arme um sie gelegt hat, ehe sie die Augen öffnet und in die Dunkelheit der verregneten Nacht blickt. „Hanzo? Was ist das Tollste, was du je gesehen hast?“ „Das Tollste was ich je gesehen habe...“ Mit einer solchen Frage hat er nicht gerechnet und selbst wenn eine solche Fragestellung angekün-digt worden wäre, so hätte er trotzdem keine Antwort parat gehabt. Er muss überlegen. Sich sein bisheriges Leben in Erinnerung rufen, um ein Bild zu finden, welches er als das schönste, tollste betiteln würde. Er schweigt daher eine Weile, bis er sich an eine längst vergangene Szenerie erinnert, die ihn noch immer ein dankbares Lächeln auf die Lippen zaubert. „Du warst noch gar nicht geboren, Minato war noch ein Baby und ich noch ein kleiner Junge. Papa hatte mir eine Steinschleuder gebastelt und irgendwann schoss ich damit auf einen Hasen. Ich weiß nicht warum, aber ich tat es.“ „Hast du ihn getroffen?“ „Ja, aber es war keine Absicht. Jedenfalls kann ich mich daran erinnern, dass ich mich richtig schlecht gefühlt habe. Es tat mir schrecklich leid und ich flehte die Geister an, dass er wieder lebendig wird. Plötzlich sprang der Hase auf und ist einfach davon gehopst.“ „Glaubst du die Geister haben ihn gerettet?“ „Gut möglich, aber vielleicht hat mein Schuss ihn auch nur gestreift.“ Nach all den Erlebnissen, nach dem Leid und der Not, die Hanzo und seine Familie bisher ertragen mussten, ist er sehr viel realistischer geworden und weitaus weniger gläubig. Er würde dies nie offen bestätigen, doch seine Äußerungen verraten ihn jedes Mal aufs Neue. Seinen Glauben verloren hat er deswegen nicht, aber er legt sein Schicksal nicht mehr ausschließlich in die Hände von Göttern oder Geistern. Er nimmt sein Leben selbst in die Hand und glaubt auch nicht mehr daran, mit Tänzen oder Gesängen zukünftiges Unglück verhindern zu können. „Ich vermisse Papa.“ „Ja. … Ich auch.“ Nachdenklich drückt Hanzo sein Kinn in die Haare seiner Schwester und blickt ge-dankenverloren in die Ferne. Dass sie kein Lebenszeichen von Naruto erhalten, zerrt an den Nerven und lässt die dunkelsten Gedanken aufsteigen. Die Vernunft sagt ihnen, dass er sich nicht melden kann, weil er sie damit einer unkalkulierbaren Gefahr aussetzen würde, während das Herz vor Sehnsucht und Sorge beinahe zerspringt. Ein kleiner Teil in ihren Köpfen beharrt darauf, dass sie der Realität in das dreckige Gesicht schauen sollen und sich damit in Erinnerung rufen, dass Narutos Plan von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen ist. Sie alle verdrängen diese beharrliche Stimme aus ihrem Denken und weigern sich an einen Misserfolg zu glauben. Ein wiederholter Donnerschlag durchdringt die Luft, welcher schließlich in ein anhaltendes Grollen übergeht, doch zwischen dem niederprasselndem Regen und diesem Knurren des Himmels, dringt ein völlig anderer Laut in Hanzos Ohren, bei dem er sich schlagartig wiederaufrichtet und angestrengt in die Dunkelheit hinein starrt, als würde er nach etwas suchen. Wieder vernimmt er dieses Geräusch, welches dumpf aus der Ferne ertönt. Bildet er sich das nur ein? „Hörst du das?“ Verwundert blickt seine kleine Schwester zu ihm auf, ehe sie aufmerksam seinem starren Blick folgt und ebenfalls in die Finsternis hinein lauscht. „Das Gewitter?“ Hanzo antwortet darauf nicht, sondern beugt sich leicht nach vorne und verengt die Augen zu Schlitzen, was seine Schwester schließlich dazu veranlasst, die Geräusche des Sturmes zu ignorieren. Sie schließt die Augen und versucht eben genau das Geräusch zu filtern, welches Hanzo in solch eine Unruhe verfallen lässt. Sie schließt die Augen und legt ihre Hände an die Ohren, so dass diese eine Art Trichter bilden. Es dauert einen Moment, doch schließlich kann auch sie in ihren Ohren dieses eine Geräusch vernehmen, welches nicht zu dem tobenden Unwetter passt und somit förmlich nach Aufmerksamkeit schreit. Erschrocken richtet sie ihr Augenpaar wieder auf das Gesicht ihres Bruders. „Das sind die Hunde.“ Die vier Wach- und Hütehunde der Ranch. Massige Tiere von großem Körperbau, mit einem friedfertigen Wesen und fernab von jeder Aggressivität, jedoch mit ausgeprägten und wohl auch antrainiertem Beschützerinstinkt. Sie durchstreifen in der Nacht das Gelände, um den materiellen Schutz zu gewährleisten. Sie sichern die Bewohner, Haus und Hof und ganz offensichtlich haben sie etwas entdeckt, dessen Anwesenheit unerwünscht ist. Sie Bellen aus Leibeskräften, als wollten sie ihren Herren aus dem Bett werfen. In allen Häusern gehen plötzlich die Lichter an. Im Haupthaus flackern als erstes die Lichter in den Fenstern auf, schließlich im benachbarten Hogan von Takeo, beinahe zeitgleich scheint auch Shikamarus Familie aus dem Bett gesprungen zu sein und nur einen Augenaufschlag später, flackert auch in Hanzos Hogan die Lichtquelle auf. Sie alle hören das Bellen der Hunde, trotz des Unwetters und jetzt, da sie den Ursprung dieses Geräusches kennen, hat Hanzo das Gefühl, es mit jeder Sekunde deutlicher hören zu können. Auch in den Hütten von Omoi und seinen Kameraden gehen die Lichter an. Mit einem lauten Knall, der einem durch Mark und Bein fährt, fliegt die Haustür auf und Minato stürmt auf die Veranda, in den Händen zwei Gewehre haltend und eines davon seinem Bruder gebend, nachdem dieser vom Geländer gestiegen und Kushina abgesetzt hat. Hinata ist ebenfalls aus dem Schlaf geschreckt und nimmt nun ihre Tochter auf die Arme, während ihre beiden Söhne die Gewehre durchladen und einen hastigen Dialog miteinander führen. Was die vierfache Mutter da jedoch zu hören bekommt, behagt ihr über nicht und lässt ihr Mutterherz panisch schneller schlagen. Immer wieder fällt das Wort Viehdiebe und von allen Möglichkeiten, ist diese am wahrscheinlichsten. Für einen erfolgreichen Raubzug agieren diese Menschen bevorzugt in der Dunkelheit und benutzen Unwetter, um möglichst geräuscharm handeln zu können. Diese Männer wurden nun trotzdem bemerkt und die Bewohner auf diesem Grundstück sind nicht bereit, ihre Existenzgrundlage kampflos herzugeben. „Moment. Was habt ihr vor?“ Besorgt hält Hinata ihren ältesten Sohn an der Schulter fest, als sich dieser zusammen mit Minato zum Gehen umwendet, wobei sie mit ihrem freien Arm noch immer ihre Tochter an sich drückt. Die Brüder stoppen ihre Schritte und blicken einander verwundert an, ehe sie ihre Mutter anschauen, die sich solch eine Frage gar nicht stellen bräuchte. Eindringlinge auf dem Gelände und Waffen in den Händen. Eine solche Konstellation ist eigentlich selbsterklärend. „Wonach sieht es denn aus?“ „Ich will nicht, dass ihr geht!“ Hanzo will darauf gerade etwas erwidern, als die Stimmen von Takeo und Shikamaru zu ihnen rüber hallen, weil sie energisch ihre Familien antreiben, damit diese sich schnell zum Haupthaus aufmachen, um sich in Sicherheit zu bringen. Takeo und Hanzo werfen sich einander nur einen kurzen Blick zu ehe Takeo weiterläuft. Minato ist es, der sich wieder zu seiner Mutter umdreht, während sein großer Bruder den anderen hinterherschaut. „Wir müssen den anderen helfen Mama. Wir können doch nicht einfach hier rumstehen.“ „Sie werden, dass auch ohne eure Hilfe schaffen. Ich will nicht, dass ihr euch so bereitwillig in eine unkalkulierbare Gefahr stürzt.“ „Gefahr? Von welcher Gefahr sprichst du?“ Die Worte ihres ältesten Sohnes bringen Hinatas Gedanken für einen Moment zum stocken, bis ihr die Tonlage bewusstwird. Er spricht ernst, vielleicht sogar etwas vorwurfsvoll und dreht sich erst zu ihr herum, nachdem er die Worte längst ausgesprochen hat. „Die Angst vor Verletzungen oder davor, dass einer von uns sterben könnte?“ Mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck, dessen Züge eindeutig die seines Vaters tragen, wendet sich nun auch Hanzo wieder an seine Mutter, die mit solch einem Verhalten nicht besonders viel anfangen kann. Er ist sehr reif für sein Alter und das bekommt die fürsorgliche Mutter nun deutlich zu spüren. Er ist seinem Vater sehr ähnlich und je älter der Junge wird, umso stärker treten eben jene Charaktereigenschaften zu Tage, welche Naruto seinem Sprössling vermacht hat. „Du hast Angst davor, uns zu verlieren. Das ist vollkommen normal und verständlich. Du bist unsere Mutter und musst so empfinden, aber ich habe Angst davor mein Zuhause schon wieder zu verlieren. Ich bin nicht bereit, meine Heimat zu riskieren, also entschuldige, wenn ich mich dir widersetze.“ Ruckartig lädt Hanzo das Gewehr durch und noch ehe seine Mutter reagieren kann, ist er auch schon in den Regen gestürmt, während Minato für einen Moment unentschlossen dasteht, ehe er das Gesicht entschuldigend verzieht, seiner Mutter einen Kuss auf die Wange drückt und seinem Bruder schließlich folgt. Fassungslos steht Hinata auf der Veranda und blickt ihren Söhnen hinterher, die mit schnellen Schritten voraneilen und bald schon von der Nacht und dem Regen verschluckt werden. Sie ist sich dieser Tatsache bisher nicht bewusst gewesen, aber die Worte ihres Sohnes waren so eindringlich und aufwühlend, dass sie sich nun dafür schämt. Ihre Heimat. Die ganze Zeit hat sie geglaubt, eben diese längst verloren zu haben und nun, wachge-rüttelt durch diese direkten Worte, wird er bewusst, dass sie längst wieder ein Zuhause haben. Eine Zuflucht, einen Ort an dem sie nicht geduldet, sondern willkommen sind und gebraucht werden. Sasuke hat ihnen Tor und Tür geöffnet und ihnen die Heimat gegeben, welche ihnen so gewaltsam genommen wurde. Ihre Familie wurde so oft aus ihrer Heimat verjagt und Hanzo hat bereits zwei Mal erleben müssen, wie es sich anfühlt das Zuhause vor der Nase entrissen zu bekommen. Der Junge weiß, wie es ist entwurzelt zu werden und so ist sein Einsatz für diese Ranch nur verständlich. Er will es nicht riskieren, die Grundlage ihrer aller Existenz zu verlieren, also setzt er sein Leben aufs Spiel. Das gleiche gilt auch für Minato. Ihre Söhne kämpfen für ihr Zuhause, mit dem Einsatz ihres Lebens. Hinata kann ihren Kindern solch ein Verhalten nicht verübeln und trotzdem beherrscht die Angst ihren Körper, bei dem Gedanken was passieren könnte. Mit einem trockenem Schlucken packt sie ihre Tochter etwas fester und läuft nun ihrerseits in den Regen hinein, um im Haupthaus die Sicherheit aufzusuchen. Hana besitzt ein Selbstvertrauen, welches von Geburt an von ihrem Vater gestärkt und gefördert wurde. Sie kennt ihre Grenzen genau und weiß, in wieweit sie eben diese noch übersteigen kann. Sie ist analytisch, sachlich und sie kann sich verteidigen, wenn es die Situation verlangt. Ob körperlich oder mit Waffengewalt ist nebensächlich, denn wenn es etwas gibt, wovon Sasuke mehr als überzeugt ist, dann ist es die Tatsache, dass eine Frau sich wehren können muss, wenn es die Umstände erfordern. Er hat ihr früh den Umgang mit einem Revolver und einem Gewehr beigebracht und obwohl er stets darauf bedacht ist, eine schützende Hand über sie zu halten, so ist er auch ihre Selbstständigkeit und ihre Fähigkeiten sehr stolz. In der jetzigen Situation ist Hana aber sehr darum bemüht, nicht ihre Fassung zu verlieren. Sie ist unruhig, läuft im Raum hin und her, wobei sie das Gewehr fest in den Händen hält und ganz offensichtlich den Drang unterdrückt, nicht auch in den Sturm hinauszulaufen, um die Männer bei ihrer Aktion zu unterstützen. In ihr tobt ein ungeheurer Wirbel aus Angst und tief entsprungener Sorge. Bei dem tosenden Gewitter ist es ihr unmöglichen zwischen Gewehrschüssen und Donnerschlägen zu unterscheiden und dabei ist sie sich absolut sicher, dass geschossen wird. Viehdiebe lassen sich nicht mit gut gemeinten Worten vertreiben. Die einzige Sprache die sie verstehen, sind fliegende Kugeln. Sie ist sich der Tatsache noch nicht einmal bewusst, dass sie sehr viel mehr Angst um Hanzo, als um ihren Vater hat. Bei ihrer Mutter ist es genau umgekehrt. Sakura steht mit besorgter Mine am Fenster, die Arme fest um sich geschlungen und mit den Lippen irgendwelche stummen Gebete formend. Hinata presst ihre Tochter an sich, die mit ängstlich geweiteten Augen und das Kaminfeuer blickt und Tenten hat mit ihren Töchtern eine ähnliche Haltung angenommen, während ihr einziger Sohn im strömenden Regen das zu verteidigen versucht, was ihnen inzwischen sehr ans Herz gewachsen ist. Ino und ihre Tochter verströmen nicht weniger Unruhe, als der Rest der Anwesenden. Sie laufen gemeinsam mit Hana hin und her, stellen sich abwechselnd neben Sakura an das Fenster und starren hinaus, ehe sie ihren Rundmarsch wieder fortsetzen. Es ist eine Situation, die ihnen allen so erbarmungslos zusetzt, wie es kein physischer Kampf jemals schaffen würde. Ihre Gedanken wirbeln umher, so dass jede Ordnung absolut fern erscheint. Es ist ein gedankliches Chaos, in dem immer wieder grausige Bilder aufflackern. Ein lautes Poltern an der Tür, lässt die Anwesenden erschrocken zusammenfahren und teilweise aufschreien. Hastig hebt Hana ihr Gewehr an und richtet den Lauf direkt auf die Tür, während die anderen auf die Beine gesprungen und zur anderen Zimmerseite geeilt sind. Schützend stellen sich die Mütter vor ihre Kinder, obwohl sie selbst mit dem wild schlagendem Herzen in ihrer Brust zurechtkommen müssen. Es poltert so energisch, dass die Sorge besteht, es könne mit dem nächsten Schlag zerspringen. Angespannt blickt ein jeder zur Tür und wieder zucken sie zusammen als das Poltern erneut und sehr viel lauter ertönt. Hinata drückt Kushina noch fester an sich und diese angespannte, erwartungsvolle Atmosphäre findet erst ein Ende, als sie alle die durchdringende Stimme von Sasuke vernehmen, der energisch das Öffnen der Tür einfordert. Keuchend stürzt Sakura nach vorne, kaum dass sie die Stimme ihres Mannes erkannt hat und entriegelt mit zitternden Fingern die Tür, nur um einen Augenaufschlag später ihrem völlig durchnässten Mann um den Hals zu fallen. Sasuke wirkt dagegen recht unzufrieden, streicht seine Frau beinahe beiläufig über den Rücken und löst sich schnell aus ihrer Umarmung. Hinter den Hausherren betreten Minato und Shikamaru das Haus, die ebenfalls überschwänglich und äußert erleichtert von ihren Familien begrüßt werden. Darui und Omoi treten hinter ihrem Arbeitgeber ein und wirken nicht weniger unzufrieden, als dieser selbst. Minato muss seiner Mutter einige gefühlte hundert Mal bestätigen, dass es ihm gut geht und er lediglich ein Bad braucht. Alle Männer sind über und über mit Schlamm bedeckt und machen nahezu den Eindruck, als wenn sie sich darin gewälzt hätten. Hana blickt an ihrem Vater vorbei, als dieser an ihre vorbeigeht, sein Gewehr an die Wand lehnt und ihr nur einen kurzen, fast entschuldigenden Blick zuwirft. Ihr Herz rast förmlich und auch Hinata, sowie Tenten verfallen schlagartig in die eben noch vorherrschende Anspannung, während sie alle die geöffnete Tür fixieren und die Nacht hinaus starren. Keiner kommt. Niemand steigt die Verandastufen hoch und betritt das Haus. Es bleibt still und langsam kämpft sich die Panik in die jede kleine Körperfaser. „Pa?“ Mit einem etwas verkrampft wirkenden Lächeln, tritt Hana an ihren Vater heran, der es meidet ihr in die Augen zu schauen. Er reagiert noch nicht einmal auf ihre Ansprache, sondern zieht sich lediglich das verschmutze und nasse Oberteil über den Kopf. Was unter dem Bekleidungsstück zum Vorschein kommt sind zahlreiche Narben, verteilt über den gesamten Oberkörper. Hinterlassenschaften von Verbrennung, Schlägen, Tritten und Schnitten. Überbleibsel aus seinem Waisenhausaufenthalt und noch viel schlimmer sind die Narben auf seiner Seele. Es ist ein Anblick an den sich Tochter und Frau längst gewöhnt haben, doch für die anderen ist es durchaus ein Schock „Wo sind Hanzo, Mabui und Takeo?“ Ein Seufzen entweicht dem Familienvater, ehe er sich mit beiden Hände an der Tischplatte abstützt und den Kopf hängen lässt. Seine schwarzen Haare hängen ihm strähnig vom Kopf herab und vereinzelte Tropfen treffen auf die Maserung des Holzes. „Sie sind den Viehdieben gefolgt. Die Kerle haben ein paar Rinder und die wollen sie zurückholen.“ Entsetzen platziert sich in ihren Augen, während Tenten wortwörtlich in sich zusammenfällt. Der Verlust von Neji hat sie schwer gezeichnet. Sie ist unwahrscheinlich ängstlich und sehr sensibel geworden, weswegen sie dem kleinsten Druck kaum mehr standhält. Es muss ein sehr behutsamer Umgang an den Tag gelegt werden, um sie nicht zu überfordern. Sie hängt an ihrem Sohn und würde ihn am liebsten in Watte packen, obwohl er längst erwachsen ist. Ihn nun in solch einer Gefahr zu wissen, ist ein wahr gewordener Albtraum. Hinata kann auch nicht glauben was sie da hört, weswegen wie sie eine Hand auf ihren Mund presst und erbittert gegen die Tränen ankämpft. Hana kann es einfach nicht glauben, was ihr Vater da sagt und noch ehe sie ihr Handeln überdenken kann, schubst sie ihn so energisch, dass dieser einen Ausfallschritt tätigen muss, jedoch schuldbewusst zu Boden blickt. „Und du hast das zugelassen?“ Hana schubst ihn erneut und ihre Worte könnten nicht vorwurfsvoller klingen. *~*~* Gaara lebt am Rande der Kleinstadt in einem kleinen, zweistöckigen Haus. Es gibt eine Küche, eine Abstellkammer und einen Wohnbereich. Im oberen Stockwerk ist ein Schlafzimmer und ein kleines Büro, in dem Gaara sich vor lauter Arbeitswut schon so manche Nacht um die Ohren geschlagen hat. Eine bescheidene Behausung, welche so manch einer als unangemessen für diesen erfolgreichen Gesetzeshüter betiteln würde aber nur, weil Gaara den bösen Jungs das Fürchten gelehrt hat, bedeutet das nicht, dass er irgendwelche Reichtümer verdient. Der Berufsstand eines Sheriffs dient mehr dazu die Bevölkerung bei Laune zu halten und um den Leuten zu zeigen, dass der lange Arm des Gesetzes auch in diesem hintersten Kaff präsent ist. Dieser Beruf ist jedoch undankbar, gefährlich und ist alles andere als gut bezahlt. Bei den ganzen Revolverhelden gibt es auch kaum einen Mann, der diese berufliche Tätigkeit länger als drei Jahre durchgeführt hat. Die meisten sterben schon innerhalb der ersten zwölf Monate und somit bildet Gaara eine absolute Ausnahme, welche ihn nahezu in den Stand einer Legende erhebt. Naruto muss gestehen, dass der Erfolg seines alten Freundes ihn schon sehr beeindruckt. Früher hätte er den kleinen und schweigsamen Jungen nie in solch einer Tätigkeit gesehen und ehrlich gesagt, gehörte Gaara eher zu den Menschen, denen Naruto eine rein kriminelle Laufbahn zugeschrieben hätte. Eine Fehleinschätzung, wie der Outlaw nun weiß. Die beiden Männer befinden sich nun in der Küche dieser kleinen Behausung und nachdem Naruto den detailreichen Plan seines arrangierten Todes geschildert hat, ist Gaara von dem Küchentisch aufgestanden und kramt nun in einem seiner Küchenschränke herum, während auf dem Tisch eine alte Öllampe brennt dessen Schein für dämmrige und äußert schattenreiche Beleuchtung sorgt. „Der Plan ist nicht schlecht, das muss ich zugeben, aber deswegen ist er noch längst nicht narrensi-cher.“ Mit einem kleinen Anteil an Zweifeln, welche sich in seinem Gesicht deutlich zu erkennen geben, lässt sich Gaara wieder an dem Tisch nieder, nachdem er es einem der Küchenschränke eine Flasche Whiskey hervorgeholt hat. „Ich meine, hast du dir schon Gedanken darübergemacht, wie es dann weiter gehen soll?“ „Du sprichst von einer neuen Identität.“ „Ganz recht. Wenn wir mit diesem Unterfangen erfolgreich sind, kannst du nicht einfach wieder putzmunter durch die Straßen laufen. Du musst unsichtbar für alle anderen werden. Wenn wir das durchziehen, dann stirbt Naruto Uzumaki.“ „Ich weiß.“ Nachdenklich beobachtet der Outlaw den engagierten Sheriff dabei, wie dieser die bernsteinfarbene Flüssigkeit in zwei Gläser schüttet und eines davon schließlich zu ihm schiebt. Für einen Moment schweigen die Männer, ehe Gaara einen Schluck aus seinem Glas nimmt. „Du scheinst darüber nicht sehr glücklich zu sein.“ „Wenn ich alle Brücken hinter mir abbrechen und einen kompletten Neuanfang starten wollen würde, dann würde ich mich diese Tatsache wohl glücklich machen, aber ich habe Familie.“ Mit einem Seufzen stemmt sich Naruto in die Höhe, nimmt sein Glas in die Hand und stellt sich an das kleine Küchenfenster, wo er nur sein eigenes Spiegelbild erkennen kann. Gaara beobachtet seinen Gast, welcher das Glas in seiner Hand leicht hin und her schwingt, so dass der Whisky kleine Wellen erzeugt. Naruto wirkt plötzlich ziemlich niedergeschlagen. Mit einem scheinbar schweren Schlucken senkt der Outlaw den Blick auf das Glas in seinen Händen „Ich habe Kinder. Ich bin schon viel zu lange von ihnen getrennt und bei den Schlagzeilen die kommen werden, würde ich meiner Familie gerne mitteilen, dass es mir gut geht.“ „Du weißt aber, dass das nicht geht. Iruka und ich … unsere Ärsche hängen in der Sache auch drin. Wenn du untergehst, gehen wir zwangsläufig mit unter. Niemand darf wissen, dass du noch am leben bist. Auch nicht deine Familie.“ „Ja, ich weiß“ Naruto zieht die Schultern hoch und nimmt eine gerade Haltung an, ehe er das Glas mit einem einzigen Zug leert und es schließlich zurück auf den Tisch stellt. „Es ist spät. Gute Nacht.“ Der Outlaw zieht sich in die Nachtruhe zurück, welche Iruka schon in den frühen Abendstunden in dem einzigen Hotel der Stadt aufgesucht hat. Als vollblütiger Städter ist er solch lange Reisen nicht gewohnt, während Naruto über Jahre hinweg ein rastloses Leben geführt hat und auch immer noch führen könnte. Um sich erholsamen Stunden hingeben zu können, braucht der Reporter ein vernünftiges Bett und ein Dach über dem Kopf und keinen improvisierten Schlafplatz, mit glimmender Feuerstelle unter freiem Himmel. Naruto hingegen ist es recht gleichgültig, wo er die Nächte verbringt. Er bezeichnet sich daher als recht anpassungsfähig. Etwas ratlos blickt der Sheriff seinem Gast hinterher und lauscht den dumpfen Schritten auf dem Dielenboden, ehe diese verstummen und so bezeugen, dass Naruto sich hingelegt hat. Wegen der recht bescheidenen Größe dieses Hauses, kann Gaara ihm keinen wirklich komfortablen Platz für die Nacht anbieten und so hat sich der Familienvater für eine Stelle, unmittelbar vor dem Ofen entschieden. Ein einfaches Schlaflager auf dem unbequemen Dielenboden, mit einer Decke und einem Kissen. Gaara hat die Vermutung, dass Naruto weitaus schlechte Begebenheiten kennt. Der Sheriff hat für den Wunsch von seinem alten Kindesfreund durchaus Verständnis, doch ist das Risiko einer Kontaktaufnahme einfach zu hoch, als leichtfertig darüber hinwegsehen zu können. Der kleinste Fehler und alles kann vorbei sein. Naruto weiß nicht, wie viele Menschen von seinem familiären Dasein überhaupt wissen, wer alles von der Existenz seiner Kinder weiß und so bleibt ihm keine Wahl, als die Sehnsucht einfach zu ertragen, mag es auch noch so schmerzhaft sein. Die Sehnsucht nach einer Familie. Jedes Waisenkind kennt dieses Gefühl und Gaara bildet da auch keine Ausnahme. Er weiß, welch überwältigendes Gefühl es ist, wenn ein anderer Mensch an die eigene Seite tritt, die Hand ergreift und nicht mehr vor hat zu gehen. Er kennt die Wärme, welche den Körper überschwappt, wie eine Welle und welch Glücksempfinden und übergroße Liebe damit verbunden ist. Die Bereitschaft, für diese eine Person einfach alles zu tun verleiht einem das Gefühl, Berge versetzen zu können. Leider kennt er auch die Schattenseite. Die Hilflosigkeit und Verzweiflung, wenn die Einsamkeit zurückkehrt. Naruto, Sasuke, Gaara, Iruka und noch ein paar andere Kinder aus der damaligen Zeit, bildeten in den Straßen von New York eine kleine Bande von Waisenkindern, die einander das Überleben sicherten. Eine Gruppe von Kindern, die einen aus dem Waisenhaus geflohen und die anderen in jungen Jahren von den Erziehern auf die Straße gesetzt. Naruto hat die ganze Gruppe geleitet, nicht bewusst und dennoch hat er es geschafft ihnen allen Hoffnung zu vermitteln. Er war auch derjenige, der Gaara aus dem Hudson gezogen hatte als dieser mit dem Ertrinken zu kämpfen hatte. Naruto war der Fels in der Brandung. Der Leuchtturm am Horizont. Was war passiert? Warum sind sie plötzlich getrennte Wege gegangen? Betrübt blickt Gaara in die flackernde Flamme der Öllampe, wobei er an die Zeit zurückdenkt, wo er noch nicht alleine in diesem Haus gelebt hat. *~*~* Es werden sehr ratlos wirkende Blicke miteinander ausgetauscht, als Bansai diesen Teil der Geschichte erzählt und inzwischen hört jeder Anwesende ganz offen mit. Die Leute sitzen in einem unförmigen Halbkreis um diese kleine und eigentlich unbedeutende Museumsbank herum und hängen förmlich an den Lippen, des alten Mannes. Es erscheint beinahe, wie ein harmonisches Zusammensitzen an einem Lagerfeuer, wo alle einer einzigen Person zuhören, die eine so außergewöhnliche Geschichte zu bieten hat, wie sie in keinem Märchenbuch der Welt zu finden ist und nebenbei Marshmallows über den Flammen schmoren. Niemand interessiert sich noch für ausgestellten Exponate, denn selbst die neu dazukommenden Besucher, gesellen sich irgendwann in die Runde oder drehen wieder um. Es dürfte durchaus ein sehr kurioses Gesamtbild sein, wenn nichts ahnend eine Museumshalle betreten wird und der erste Blick auf eine solch versammelte Runde fällt. Vermutlich wirkt es befremdlich und einschüchternd, weswegen sich kaum einer solch einer Situation stellen, sondern eher aus ihr zu entkommen versucht. Unter gewissen Gesichtspunkten, Vorurteilen und Denkweisen, könnte solch ein Kreis auch als die Zusammenkunft einer Sekte betrachtet werden. Eine Geschichtserzählung vermuten wohl die wenigsten. Die aufmerksamen Zuhörer sind nun jedoch an einem Punkt der Erzählung geraten, an dem sie die ersten Zweifel haben. Zweifel sind vielleicht auch die falsche Betitelung, denn eigentlich ist es eher Überraschung und ein winziger Anteil an Entsetzen, welche sich in den zahlreichen Mimikspiele finden lassen. Ein Mimikspiel, welches dem Verhalten von Naruto zu verdanken ist. „Dann hat er sich an die Mahnung von Gaara gehalten und keinen Kontakt aufgenommen?“ Konohamaru ist etwas fassungslos darüber, wenn er an den eigentlich sehr familiär orientierten Naruto denkt. Es klingt in seinen Ohren unwirklich, dass der Outlaw noch nicht einmal einen Kontaktversuch unternommen haben soll, wo dieser doch das Wohlergehen seiner Familie als das höchste Ziel seiner gesamten Existenz ansieht. Es passt einfach nicht zu dem sonstigen Charakter des Familienvaters, dass dieser, nur wegen weniger mahnender Worte eines alten Freundes, seine Familie in solch ein tiefes Loch fallen lassen würde, was sich zweifelsfrei unter ihnen aufgetan hätte, wenn sie seine Todesmeldung mit entsprechendem Foto zu Gesicht bekommen. Wen würde so etwas denn nicht völlig aus der Bahn werfen? Bansai lässt auf die Frage jedoch nur ein resigniert klingendes Seufzen verlauten, was ohne weitere Bestätigung als ein Ja aufgefasst werden könnte. Eine Tatsache, die so ziemlich jeden Zuhörer scho-ckiert. Sie schütteln die Köpfe oder blicken gar vorwurfsvoll zur Statue. Der alte Mann will es jedoch nicht bei einem schwammigen Seufzer belassen und setzt somit zu einer Erklärung, für diesen recht unschönen Umstand an. „Du musst versuchen eine solche Handlung zu verstehen. Naruto befand sich in dieser Situation zwischen zwei Fronten. Auf der einen Seite seine Familie, die er um jeden Preis schützen wollte und auf der anderen Seite seine Freunde, die alles riskierten, um ihn zu helfen. Eine Kontaktaufnahme zu Hinata, hätte ihr aller Untergang sein können, also-“ „Hat er sie mit seinem Tod konfrontiert.“ „Es war eine Entscheidung mit der auch weiterhin zu kämpfen hatte und die er nicht leichtfertig übers Knie brechen wollte, aber ich greife wieder zu weit vor. Ich möchte an einer anderen Stelle fortfahren.“ Bansai räuspert sich kurz und holt tief Luft, ehe er mit seiner Erzählung fortfährt. *** Die Sonne ist längst aufgegangen und die Verwüstung des nächtlichen Unwetters, wird nun im ganzen Ausmaß deutlich. Stellenweise bis zu den Knöcheln reicht ihnen der Schlamm, wobei das ganze Gelände in den Morgenstunden noch überflutet gewesen ist und nun laufen die Bewohner über die Ranch und versuchen sich einen Überblick über die Katastrophe zu verschaffen und eines ist schon mit dem ersten Blick aus der Haustür heraus klar gewesen: Die Ernte wird dieses Jahr sehr bescheiden ausfallen. Es erscheint, als würde die Sonne beinahe höhnisch vom Himmel hinab lachen. Es war kein Sturm von vernichtender Windstärke, sondern einfach nur eine unüberschaubare Menge an Wasser, mit welcher die gesamte Umgebung einfach nicht fertig geworden ist, wodurch die zahlreich vorhandenen Pflanzen regelrecht ersäuft wurden. Sogar der Kleingarten, in dem Sakura mühevoll Tomaten, Karotten und Kohlköpfe angepflanzt hat, steht vollständig unter Wasser und somit ist auch ihre Mühe in nur wenigen Augenblicken vernichtet worden. Hauptsächlich nutzen sie diese Erträge selbst zum Verzerr, doch auch der Verkauf hat eine gute Quelle für zusätzliche Einnahmen dargestellt. Dieses Jahr können sie weder das eine, noch das andere nutzen. Das kleine Kartoffel – und Weizenfeld scheint hingegen besser den Regenschauer überstanden zu haben, was sich aber bisher als einziger Lichtblick heraus gestellt hat. Mit Glück und Geschick kann Sasuke mit dieser Ernte einige Dollar heraus holen, um den Lebenserhalt für wenigstens einen Monat abzudecken. Das ist kein sehr langer Zeitraum, aber im Moment so ziemlich das Einzige, was noch im Bereich des Möglichen zu liegen scheint. Es offenbart sich allen eine Katastrophe, die sie nicht härter hätte treffen können. Vier erschlagene Wachhunde, gestohlene Rinder und eine kaum brauchbare Ernte. Es hätte kaum noch schlimmer kommen können. Ergeben kniet Sasuke am Rand seines Gemüseackers auf dem er in diesem Jahr Feldsalat angebaut hat, doch der unaufhörliche Regenschauer hat auch hier ganze Arbeit geleistet. Das Einzige, was von der harten und stundenlangen Feldarbeit übrig geblieben ist, ist ein reines Matschbecken mit nur wenigen noch brauchbaren Erträgen und dazu kommt noch der Verlust von ein paar Dutzend Rindern. Ratlos zieht Sasuke einen matschigen Feldsalat aus dem Boden, der bestenfalls noch als Schweinefutter zu gebrauchen ist. Das eigentlich saftige Grün verwandelt sich in ein unappetitliches Braun und die Blätter sind schmierig, fast schon schleimig. Nicht mehr für den Verkauf zu gebrauchen. Dumpf lässt er den Feldsalat wieder zu Boden fallen, ehe er sich in die Höhe stemmt und nachdenklich über das Feld schaut. Sie sind keine reiche Familie. Sie waren auch noch nie eine. Das einzige Kapital, welches sie besitzen, ist dieses Land doch dieser jüngste Niederschlag setzt dem Familienvater faktisch die Pistole auf die Brust. Ohne eine kapitalreiche Ernte, kann er seine Lieferanten nicht bezahlen und wenn er das nicht kann, dann wird irgendwann gepfändet. Wenn er nicht zahlen kann, dann gehen diese geldgierigen Geschäftsleute eben an seinen Besitz, wobei es ungerecht ist ihnen daraus einen Vorwurf zu machen. Von irgendetwas müssen diese Leute schließlich auch leben. Er muss sich etwas einfallen lassen, damit sie nicht am Ende Haus und Hof verlieren. Besorgt blickt Sakura auf den Rücken ihres Gatten, der recht ratlos die Hände in die Hüften stemmt und mit einem Fuß in dem matschigem Boden herum stochert. Ereignisse, wie dieser Regenschauer, gehören mit zu den Berufsrisiken eines Farmes. Sie sind allgegenwärtig und doch rechnen die wenigsten mit ihnen. Mir wird das nicht passieren. Ein einfacher Satz, der bei genügend Wiederholungen die Realität verdrängt und den Glauben aufkommen lässt, dass solche Schicksalsschläge nur anderen widerfahren. Es ist mehr als nur vernichtend, wenn solche Dinge dann doch geschehen und man schließlich selbst zu den anderen gehört. Zögernd und das dreckige Gesicht der Realität unmittelbar vor Augen, tritt Sakura neben ihren Mann und betrachtet sein Profil. „Es sieht nicht gut aus, oder?“ Sasuke blickt kurz seine Frau an, die mit einer betrübten Mine sein Gesicht betrachtet und innerlich selbst schon weiß, wie die Dinge stehen. All die Jahre auf dieser Ranch, mit der gesamten Arbeit und den zusammenhängenden Ernten und Verkäufen … sie weiß inzwischen selbst, wie der Hase läuft und das solch ein vernichtender Anblick keinesfalls gute Aussichten bedeuten. Sie kennt genügend Familien, die nach solch einem Vorfall alles verloren haben und am Ende ohne Obdach dastanden. Sie hilft ihrem Mann stets bei der Verwaltung ihres gemeinsamen Gutes und kann sich ein ungefähres Bild davon machen, mit welch finanziellen Verlusten sie es hier zu tun haben. Es ist eine Gesamtsumme, von der andere nicht einmal zu träumen wagen. Ihre Frage ist überflüssig und bei den Anblick auch schon längst beantwortet. Sakura wendet sich damit nur an ihren Mann, weil sie hofft dass er ihre Sorge zerschlagen kann. Sie bittet ihn förmlich darum, die Gesamtsituation zu entkräften. Sein schweres Ausatmen hingegen und der ratlose Ausdruck in seinen Augen, verunsichern sie nur noch mehr. Sasuke nickt schließlich und jedes weitere Wort ist überflüssig. „Wie stehen die Chancen?“ Unwissend zuckt der Familienvater mit den Schultern. Er hat noch nie viel von Spekulationen und Mutmaßungen gehalten, doch in diesem Fall muss er diese Dinge selbst anwenden, um wenigstens eine Chance zu sehen. „Mit Glück reicht es vielleicht, um die offenen Rechnungen zu bezahlen, aber wir müssten dann von dem leben, was übrig bleibt.“ „Das heißt?“ „Es wird ein harter Winter.“ Sakura scheint ein Stück weit in sich zusammen zufallen und ein Zittern durchläuft ihren schmalen Körper, wenn sie an die kommenden Monate denkt. Sie haben noch nie hungern müssen, doch wenn sie sich diese Situation anschaut dann ahnt sie, was auf sie zukommen wird. Sie können nur noch das retten, was übrig ist. Angst schleicht sich in ihren Körper, doch bevor diese sie ganz erobern kann, vernimmt sie eine Berührung an ihrer Wange, welche von Sasukes Handrücken herrührt. Eine einfache, kleine Berührung, die ihr in diesem Moment die Welt bedeutet. Sasuke ist kein Romantiker. Er war auch nie einer und mit Zärtlichkeiten hat er sich schon immer schwer getan. Eine solche Berührung, ganz egal wie plump sie erscheinen mag, ist ein ehrlicher Liebesbeweis. Sie blickt zu ihm und erkennt zu ihrer Überraschung ein Lächeln auf seinen Lippen, zusammen gepaart mit einem zuversichtlichen Blick, welcher sofort die Angst zurück drängt. Ganz gleich, wie kalt und unnahbar er in manchen Situationen auch wirken mag, für sie und seine Tochter würde er alles tun. Es ist eine Eigenschaft, auf die sie stets blind vertrauen kann und in seiner Nähe, fühlt sie sich auch immer sicher und geborgen. Genüsslich und mit aufkeimender Hoffnung in ihrer Brust, lehnt sie sich an seine Hand, bis den ruhigen Klang seiner Stimme vernimmt. „Wir haben schon soviel geschafft. Wir schaffen auch das.“ Sie glaubt ihm. Sie glaubt ihm diese Worte und drängt sich schließlich erleichtert an ihn, wobei er die Arme um sie legt. Sie wären nicht soweit gekommen, wenn sie sich von jedem Rückschlag sofort hätten, einschüchtern lassen. In ihrem gemeinsamen Leben gab es genügend Situationen, welche sie in die Knie hätten zwingen können. Zahlreiche Ereignisse, an denen sie hätten zerbrechen und alles hinschmeißen können. Sie haben sich nie unterkriegen lassen. Immer wieder sind sie aufgestanden und haben sich nur den Schmutz von der Hose geklopft. Ihm wird schon etwas einfallen … und wenn er eine Bank dafür überfallen muss. Als der Familienvater mit Naruto aus dem Waisenhaus geflohen ist, haben sie irgendwann getrennte Wege eingeschlagen und das nur aus dem Grund, weil ihre Ansichten zu unterschiedlich waren. Naruto war der Meinung, dass die Gesellschaft für diese qualvoll zugefügten Jahre ruhig büßen kann, während Sasuke und einige andere die Ansicht vertreten hatten, dass sie die Meinung aller doch nur bestätigen würden, wenn sie Diebstähle oder sonstige kriminelle Taten begangen hätten. Sie konnten einander nicht umstimmen und so ließen die beiden besten Freunde sich gegenseitig ziehen und deswegen geschahen die Dinge, wie sie nun geschehen sind. Naruto wurde zu einem gesuchten Verbrecher, der seine Taten nur aus der eigenen Not heraus begangen hatte – zumindest bis zur Entführung seiner Tochter. Sasuke schlug sich als Tagelöhner durch, suchte seinen Bruder und ließ sich viele Demütigungen gefallen. Es gibt keinerlei Worte, mit denen er den Weg beschreiben könnte, den er bis hier her zurück legen musste. Egal wie sehr Itachi ihm auch unter die Arme gegriffen hat, es waren unwahrscheinlich viele Steine, welche ihm das Vorankommen erschwerte. Er hat wirklich gedacht endlich am Ziel zu sein und nun hängt seinem gesamte Existenz und die seiner Familie, in der Schwebe. Sasuke hat in seinem Leben noch keine Straftat begangen, welche ihn ins Gefängnis oder gar an den Galgen gebracht hätten und darüber ist Sakura auch sehr froh, doch seine Familie nun so in die Enge getrieben zu wissen, lässt ihn auf die schlimmsten Gedanken kommen. Das Ehepaar lauscht auf, als lautes Stimmgewirr in ihren Ohren erklingt und mit einem schnellen Blick erkennen sie auch sofort die Ursache für die aufflammende Unruhe. Takeo, Hanzo und Mabui. Sie kommen zurück und sie scheinen alle unversehrt zu sein. Eine Tatsache, die unendliche Erleichterung in Sasuke auslöst. Er hätte es sich nie verziehen, wenn einem von ihnen etwas zugestoßen wäre und speziell bei Hanzo, hätte er nur sehr schwer mit den Konsequenzen leben können. Seine Tochter hätte es ihm am allerwenigsten verziehen, wenn ihrer großen Liebe etwas passiert wäre. Sie hätte ihm die alleinige Schuld dafür gegeben und auch jeden Grund dazu gehabt. Seine Tochter ist unsterblich in Hanzo verliebt und dieses intensive Gefühl, geht längst über eine Schwärmerei hinaus. Ein Blick in ihre Augen genügt und schon wird jedem bewusst, dass Hana in dem jungen Indianer ihren Seelenverwandten gefunden hat. Sie sehen einander an und wissen, dass sie zusammen gehören. Sie verstehen sich, ohne auch nur ein Wort miteinander zu wechseln. Ein Faktum, dem sich Sasuke sehr wohl bewusst ist und obwohl die Zwei längst den nächsten Schritt getätigt hätten, wenn er nicht immer wieder dazwischen gehen würde, hat der Familienvater so sein Problem damit, das überhaupt zu zulassen. Hana ist seine Tochter, sein ganzer Stolz. Sie soll eine solche Entscheidung nicht leichtfertig treffen, nur weil sich ihre natürlichen Triebe in den Vordergrund drängen, allerdings sollte Sasuke sich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Er und Sakura waren nicht älter, als sie die erste Nacht miteinander verbracht haben und wenn Hana das herausfindet, wird sie in diesem Punkt wohl gar nicht mehr auf ihn hören. Erfreut über die Rückkehr der beiden jungen Männer, setzen sich Sasuke und Sakura schließlich in Bewegung, während die drei Männer von dem Rücken ihrer Pferde rutschen. Die Rinder haben sie nicht wieder heim gebracht, was eine gewisse Ernüchterung auslöst, doch unter dem Gesichtspunkt des körperlichen Zustandes von Hanzo, Takeo und Mabui, lässt sich zweifelsfrei sagen, dass sie wohl alles versucht haben. Sie wirken müde und erschöpft und scheinen sich kaum noch auf den Beiden halten zu können. Die ganze Nacht und bis in den Mittag hinein, haben sie die Viehdiebe verfolgt, bis sie sich die Niederlage schließlich eingestehen mussten. Hanzo hat gerade wieder festen Stand angenommen und klopf den ebenfalls erschöpften Pferd den Hals, als Hana ihm aufgelöst in die Arme springt. Sie weint und klammert sich an ihn, als könnte er im nächsten Moment wieder verschwinden. Bei all den Tränen und unter all den Schluchzern, betitelt sie ihn jedoch auch gleichzeitig als Idioten und macht ihm schwere Vorwürfe, was um alles in der Welt er sich dabei gedacht hat, zu so einem waghalsigen Rettungsversuch aufzubrechen. Takeo ergeht es ähnlich mit seiner Mutter und seinen Schwestern. Sie schimpfen mit ihm, wobei sie sich fast schraubstockartig an ihn klammern. Hinata hält sich noch im Hintergrund, da sie darauf warten muss, bis ihre Schwiegertochter in Spe von ihrem Sohn ablässt und bis das der Fall ist, verlegt sie sich nur darauf, auf ihre geschluchzten Vorwürfe zustimmend mit dem Kopf zu nicken. Minato und sogar Kushina, scheinen keinerlei Zweifel gehabt zu haben, dass sie alle gesund zurück kehren würden, weswegen sie die Geschwister nur kurz anschauen und Minato vielsagend mit den Schultern zuckt, ehe er sich wieder daran macht, etwas Ordnung in das Chaos zu bringen. Hanzo hat für alle Vorwürfe aber nicht mehr als ein entschuldigendes Lächeln übrig. Die drei Männer sehen übermüdet aus. Sie sind durch gefroren, ihre Haut ist ungewohnt blass und deutlich erkennbare Augenringe, zieren ihre Gesichter. Sie sind am Ende ihrer körperlichen Kapazitäten und Sasuke tritt dennoch erfreut und erleichtert an sie heran, obwohl sie unverkennbar mit leeren Händen heimgekehrt sind. Die drei Farmarbeiter blicken einander fast schuldbewusst an, ehe Takeo auf den Familienvater zu tritt und wohl kurz mit dem Gedanken spielt, auf die Knie zu fallen, um ihr Versagen zu entschuldigen. Der Neunzehnjährige hat in den vergangenen Jahren das Aussehen eines äußert robusten Haudegen bekommen, der in gewissen Situationen eine äußert bedrohliche Ausstrahlung annimmt. Die großflächige Brandnarbe in seinem Gesicht, ist zwar etwas verblasst, aber unübersehbar und so verdeckt er diese, ebenso wie sein dadurch erblindetes Auge, immer noch unter einem Stück Stoff. Sein Auftreten kommt dem eine gefürchteten Revolverhelden gleich, doch nun wirkt er fast kleinlaut und beschämt über diesen offensichtlichen Misserfolg. „Tut uns Leid. Sie sind entkommen. In den Wäldern haben wir ihre Spur verloren“ Allein die Aussprache des Grundes, scheint ihm äußert schwer zu fallen. Indianer gelten als Meister des Spurenlesen. Was für die einen nur aufgewirbelter Dreck ist, ist für sie die Fährte eines ganz speziellen Tieres und diese Gabe besitzen sie auch. Dennoch ist es ihnen nicht gelungen ein paar Dutzend Rinder und eine handvoll flüchtender Viehdiebe aufzuspüren. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Tatsache sie ärgert, enttäuscht und fast demütigt. Sasuke schüttelt jedoch nur den Kopf und klopft Takeo schließlich auf die Schulter, ehe er zwischen den drei reumütigen Männern hin und her blickt. „Macht euch keine Gedanken darüber. Die Hauptsache ist, es geht euch gut. Ruht euch aus. Sammelt neue Kraft. Wir haben viel Arbeit vor uns.“ Der Familienvater meint diese Worte sehr ernst, doch in seinem Gesicht kann so ziemlich jeder, noch eine ganz anderes Gefühlsregung erkennen. Ein Ausdruck, wie bei einem drohenden Unheil, dass unmittelbar vor einem steht, ziert sein Gesicht. Es ist ein Gemisch aus Sorge und Ungewissheit zusammen gepaart mit einem auf glimmenden Lichtblick. Einer Möglichkeit, um alles wieder in die richtigen Bahnen zu lenken, was bei den Umherstehenden für verwirrte Blicke sorgt, doch eine Erklärung liefert Sasuke ihnen nicht. Er wendet sich kommentarlos von ihnen ab, streicht sich durch die Haare und murmelt im Davongehen irgendetwas vor sich hin, dessen Inhalt aber niemand verstehen kann. Hanzo blickt seinem Ziehvater misstrauisch hinterher, als wenn er bereits einen Verdacht im Hinterkopf hätte, was genau er für Gedanken durchspielt, ehe er aufschreckt, da Sakura ihren Schwiegersohn in Spe nun direkt anspricht und ihm, als auch Takeo und Mabui, erst einmal eine erfrischende Dusche empfiehlt. Eine Idee, welche den jungen Männern mehr als zusagt und weswegen sie auch zeitgleich ein wohlig klingenden Laut von sich geben. Eine Tatsache, bei der sich im unmittelbaren Anschluss an ihren Seufzer, schließlich kritisch anschauen und einen Blick dabei annehmen, als würden sie gegeneinander rivalisieren. Eine Rivalisierung um die einzige Dusche, welche nur von der Sonne erwärmtes Wasser besitzt und alles andere als zum gemütlichen Entspannen einlädt, ist nicht unbedingt an der Tagesordnung. „Mwen se pi gran.” Fast schon herausfordernd baut sich Takeo vor seinem Großcousin und Mabui auf, welche das Verhalten nur amüsiert belächelen und seinen müden Blick über den schmuzigen Körper ihres Gegenübers gleiten lässt. Drei Männer, die einander anstarren, als würden sie sich duellieren wollen. Obwohl Hanzo jünger ist, sind sich die Beiden Indianer in ihrer Erscheinung sehr ähnlich. Sie sind gleich groß, kräftig und wirken wie erwachsene Männer – weswegen Hanzo auch sehr viel älter geschätzt wird, als er in Wirklichkeit ist. Ohne jede Vorwanrung und mit einem Auflachen, sprintet der älteste Sohn von Hinata einfach los. „Mwen ede pi vit.“ „Hanzo!” Überrumpelt blicken Mabui und Takeo dem Flüchtenden hinterher und sind chancenlos. “Pa panike. Mwen pral kite ou gòch dlo.” Mit einem frustrierten Laut winkt Takeo einfach ab und lässt kurze Zeit später einfach auf dem Boden der Veranda nieder, wo er noch nicht einmal eine Minute braucht, um einzuschlafen. Mabui verzieht sich in den Schatten eines Baumes und tut es dem Indianerspross gleich, während die versammelte Gruppe sich wieder auf löst und zurück an die Arbeit geht. Hana verweilt jedoch auf der Stelle und blickt unschlüssig in die Richtung, in der Hanzo schließlich verschwunden ist. Sie ist unsicher und zögert, jedoch nicht etwa weil sie Zweifel an ihren Gedanken hat, sondern eher Angst vor der Reaktion ihres Vaters. Sie knetet nervös ihre Hände und schaut sich um, wobei sie ihren alten Herren schnell erblickt, der in einiger Entfernung zu ihr steht und sie beobachtet. Sie hätte es wissen müssen. Er lässt sie nicht aus den Augen und so entweicht ihr ein fast schon frustriert klingender Laut, ehe ihr Vater ein Verhalten an den Tag legt, mit dem sie auch in hundert Jahren, niemals gerechnet hätte. Er wendet sich ab und geht. Er geht tatsächlich weg und das, obwohl er mit Bestimmtheit weiß, was genau sie vorhat. Hana kann es kaum glauben und hält es eher für eine Falle, als für den lang ersehnten Freifahrtschein. Sie weiß nicht was genau es ist, aber es geht ein heftiger Ruck durch ihren Körper, ehe sie Hanzo schließlich hinterher läuft. *** Es ist ein sehr befremdliches Gefühl, vor dem eigenen Grab zu stehen und bis jetzt, weiß Naruto dieses Gefühl nicht einzuschätzen. Er weiß nicht, wo er es in sein Empfinden einordnen soll, denn auf der einen Seite löst dieses simple Holzkreuz einen kribbligen Schauer von tiefen Unbehagen in ihm aus, aber auf der anderen Seite fühlt es sich sehr befreiend an. Ein klein wenig kommt es ihm so vor, als wäre ein Teil seiner Probleme begraben worden und als könne er, dank dieser Tatsache, wieder freier atmen. Er fühlt sich von einer großen Last befreit. Es ist, als hätte er Jahrelang ein tonnenschweres Gewicht mit sich herumgetragen, welches plötzlich von ihm abgefallen ist. Er kann dieses Empfinden jedoch nicht erklären oder nachvollziehen. Es gibt keine Leiche. Das, was unter der Erde liegt und von einem lieblos aufgeschütteten Erdhaufen verdeckt wird, ist ein mit Steinen gefüllter Sarg. Eine Täuschung. Eine inszenierte Lüge. Von der sachlichen Ebene aus, hat er eigentlich nur seinen Namen beerdigt und trotzdem ist die Person, Naruto Uzumaki, tot. Vor zwei Wochen wurde der Teufel von Arizona vom ortsansässigem Sheriff seiner gerechten Strafe zugeführt. Jeder Bewohner, ob alt oder sogar noch in den Windeln, hat sich dieses Spektakel, welches besser besucht war als jeder Jahrmarkt, angesehen und viele applaudierten, als sich der Boden unter seinen Füßen öffnete und der Strick sich spannte. Sie erfreuten sich an seinem Tod und gratulierten ihrem Gesetzeshüter für diesen triumphalen Erfolg, während er in der Luft baumelte und sich totstellte. Das Geschirr um seinen Oberkörper, welches ihn vor diesem grausigen Ende bewahrt hatte, hergestellt aus einem alten Zuggespann und gut verborgen unter seinem Hemd, schnitt sich schmerzhaft unter seine Arme und der Strick hat brennende Abschürfungen an seinem Hals hinterlassen. Es waren Umstände, unter denen es ihm äußert schwer fiel erfolgreich den Toten zu mimen, bis endlich das Foto geschossen und er von dieser Qual befreit wurde. Alles sollte authentisch wirken und keinerlei Zweifel aufkommen lassen, so dass er selbst unliebsam auf dem klapprigen Karren des Bestatters geworfen wurde – Die einzige Person in Littlefield, die in diesen Plan eingeweiht und zum absoluten Stillschweigen verordnet wurde. Eigentlich hat Gaara den kleinen schmächtigen und blassen Mann bedroht, dass, wenn dieser es wagen sollte auch nur ein Wort darüber zu verlieren, er gleich seinen eigenen Sarg zimmern kann. Naruto hatte fast Mitleid mit diesem eingeschüchterten und zitternd dastehenden Männlein, der so hastig nickte, dass ihm der Hut fast vom Kopf geflogen wäre. Es ist sehr unangenehm gewesen, bis in die Nacht hinein auf dem Hinterhof des Bestatters, zwischen Särgen und Werkzeugen auf einem unbequemen Karren zu verharren, um potenziell neugierigen Blicken zu entgehen. Es wurde immer später und damit auch kälter und dunkler. Es kam dem Outlaw wie eine Ewigkeit vor, ehe er endlich das Signal erhielt, sich in das Haus der Sheriffs zurück ziehen zu können. Es war eine äußert kritische Situation, in der viel hätte schiefgehen können, doch es hat alles wunderbar funktioniert und bis auf einiger Blessuren hat diese Aktion keinerlei Spuren hinterlassen. Die Stadt glaubt er ist tot und sobald Iruka diese Todesmeldung veröffentlichen wird, wird es hoffentlich der Rest der Gesellschaft glauben. In der letzten Zeit hat er sich bei Gaara versteckt gehalten und sein Äußeres verändert. Er hat seine Haare sehr kurz geschnitten und sich einen Vollbart wachsen lassen. An seinem Gesicht selbst kann er nicht viel verändern, doch diese zwei wesentlichen Veränderungen unterscheidet er sich nun von den zahlreichen Steckbriefbildern und damit ist die Chance verringert von irgendwelchen Leuten erkannt und verraten zu werden. Natürlich ist dies kein Freifahrtschein und vollkommen unbeküm-mert durch die Straßen laufen zu können, doch es macht sein Vorwärtskommen einfacher. Er wird sich künftig bedeckt halten und große Menschenmenge meiden müssen. Er kann einfach kein Risiko eingehen und daher muss er sich in Acht nehmen. Der Teufel von Arizona ist tot. So oder so ähnlich wird die zukünftige Schlagzeile lauten und als Be-weis wird das Foto seines toten Körpers ebenfalls mit abgedruckt. Bisher hat Iruka mit Absicht diese Meldung noch nicht veröffentlicht, um die Gerüchteküche zum kochen zu bringen. Die Männer setzen darauf, dass die Bewohner der Stadt die Nachricht bereits weitergetragen und andere Reporter eine ähnliche Meldung abdrucken werden. Es ist die üblich praktizierte Mundpropaganda, die Aufmerksamkeit und Neugier weckt und bisher scheint dieses Vorgehen sehr gut zu funktionieren. Irukas Plan sieht vor, dass er sich an dem heutigen Tag auf den Rückweg machen wird, um alles nun zum Abschluss zu bringen. Naruto hat lange und äußert intensiv darüber gedacht. Er hat die Konse-quenzen beachtet und schließlich einen Entschluss gefasst. Einen Entschluss, den er bisher für sich behalten hat, den er aber längst schon umsetzt. Seufzend zieht sich der Outlaw den Hut tiefer in sein Gesicht, ehe er den Friedhof verlässt und zurück in die Kleinstadt geht, wo sich Iruka bereits für den Aufbruch bereitmacht. Naruto wird hingegen noch in Littlefield verweilen und die Wirkung der Schlagzeile abwarten, ehe er weitere Schritte vollziehen wird. Jetzt beobachtet er seinen alten Freund und zögert. Erneut hadert er mit seinen Gedanken und die möglichen Konsequenzen spielen sich wieder in seine Gedankengänge, ehe er den Kopf schüttelt und schließlich an ihn herantritt. Iruka packt gerade sein Gepäck auf dem Rücken seines Ackergaules, als Naruto ihm ein gefaltetes Stück Papier entgegenhält. „Was ist das?“ Verwundert betrachtet der Reporter den handgeschriebenen Zettel in seiner Hand, nachdem er diesen an sich genommen hat, ehe er den Blick in das Gesicht des Totgeglaubten hebt. Naruto sieht bittend, beinahe bettelnd zu ihm und seufzt auf diese Frage etwas unentschlossen, wobei er sich eine Hand in den Nacken legt. „Bitte lass es unter meine Todesmeldung drucken.“ „Naruto-“ „Ich weiß. Tue es trotzdem. Ich bitte dich darum.“ Iruka seufzt und blickt unentschlossen das Papier an, ehe er es sorgfältig in seiner Tasche verstaut und seine Zustimmung mit einem Nicken an den Outlaw weitergibt. Mit einem dankbaren Lächeln und tiefer Erleichterung in der Brust, verabschiedet sich Naruto von dem Reporter, welcher sich schließlich auf den Rücken seines Pferdes schwingt und sofort in den Trapp übergeht. Vermutlich kann Iruka es kaum erwarten wieder nachhause zu kommen, doch der Outlaw kann sich darauf verlassen, dass er Wort halten wird. Die Schlagzeile wird kommen. Eine Weile blickt Naruto seinem alten Freund noch nach, ehe er sich abwendet und zurück zu dem Haus des Sheriffs geht, der ihn bereits zu erwarten scheint. Gaara sitzt kippelnd auf einem Stuhl seiner Veranda, die Beine verschränkt auf dem Geländer lagernd und mit einem Zahnstocher den Schmutz unter seinen Fingernägeln hervor kratzend. Er wirkt etwas verstimmt und schenkt seinem Freund auch keine Beachtung, als dieser sich auf dem Boden der Veranda niederlässt und sich seuf-zend an dem Pfosten des Geländers anlehnt. Gaara wirkt nicht unbedingt grimmig oder wütend, vielmehr enttäuscht und ratlos. Ein empfinden von Überforderung in Anbetracht der nicht alltägli-chen Gesamtsituation. Ein unangenehmes Schweigen breitet sich aus, ehe Naruto die Konfrontation sucht und zu dem Sheriff blickt. „Willst du nichts dazu sagen?“ „Wozu?“ „Dass ich deinen Rat nicht befolgt habe.“ Gaara seufzt kurz und unterbricht seine Nagelpflege, ehe er die Hände in seinen Schoß fallen lässt und etwas ratlos in die Ferne schaut. „Es wäre besser gewesen du hättest auf mich gehört, aber … ich kenne die Sehnsucht und die Liebe nach der eigenen Familie. Für ihr Wohl würde man Ozeane durchschwimmen, Stürme zähmen und jeden Stern einzeln vom Himmel pflücken. Ich verstehe dein Handeln also und kann dir keinen Vorwurf machen.“ Ergeben schnipst der Sheriff den Zahnstocher von sich, ehe seine Hände zurück in seinen Schoß fallen und ein Ausdruck von tiefer Trauer Einzug in seinen Blick erhält. Es ist derselbe Blick, denn der Sheriff in seinem Büro beim Betrachten des Fotos hatte. Naruto beobachtet ihn etwas verwundert und zieht es vor zu schweigen, bis ein leichtes Lächeln auf den schmalen Lippen von Gaara erscheint. „Was dieses Empfinden angeht, sind wir uns sehr ähnlich, aber bei dir gibt es noch Hoffnung. Es gibt die Möglichkeit, dass du sie irgendwann wieder in die Arme nehmen kannst. Vielleicht wollte ich dir eine Kontaktaufnahme unmöglich machen, weil ich neidisch war. Neidisch auf eben genau diese Möglichkeit, die mir verwehrt ist.“ Naruto schluckt hart, denn in seinem Kopf manifestiert sich eine Ahnung die ihn erschreckt und schockiert. Noch immer wagt er es nicht seine Stimme zu erheben, doch ein tiefes Unbehagen kann er nicht vermeiden. „Es ist mir bis heute ein Rätsel, wie du es geschafft hattest uns jeden Tag erneut Zuversicht und Hoffnung zu vermitteln. Du hattest uns immer weiter vorwärtsgetrieben und uns das Gefühl gegeben, alles schaffen zu können, was wir uns vorgenommen haben. Es erschien nichts unmöglich. Du hast von dieser Fähigkeit überhaupt nichts eingebüßt. Du bist noch immer ein Menschenfänger und selbst jetzt wie du hier vor mir sitzt, mit deinem Dackelblick und dem schlechten Gewissen, glaube ich wirklich, dass du Erfolg haben wirst.“ Mit einem etwas beschämt wirkenden Lächeln, wendet Naruto seinen Blick von dem Sheriff ab und blickt stattdessen in die Ferne, wobei Gaara schließlich auf seine Hände blickt und in einen beinahe tranceähnlichen Zustand verfällt, als er seinen linken Ringfinger betrachtet. Es dauert einen Moment, bis sich der Sheriff aus diesem Zustand befreien kann und mit einem tiefen Luftholen Narutos Aufmerksamkeit erneut auf sich zieht. „Als du New York verlassen hattest, dauert es keine Woche bis die Gruppe zerbrochen ist. Im Grunde standen wir ohne Halt da und so ist jeder seiner Wege gegangen. Wir hatten New York alle nach und nach verlassen und irgendwie versucht unser Leben in den Griff zu bekommen.“ Gaara stoppt erneut in seiner Erzählung und stemmt sich von dem Stuhl schließlich seufzend in die Höhe und lehnt sich stattdessen an dem Geländer seiner Veranda an, wo er die Arme vor der Brust verschränkt. „Ich lernte meine Frau vor fünfzehn Jahren kennen. Eigentlich war ich nur auf der Durchreise und auf der Suche nach Arbeit, aber sie veränderte meine Pläne – sofern ich welche hatte. Ich blieb hier, fand Arbeit als Assistent vom Sheriff und wurde sesshaft. Wir heirateten sehr schnell und hatten fünf wundervolle Jahre zusammen, aber wie so oft hat sich das Glück als etwas Vorübergehendes herausgestellt. … Sie starb im Kindbett.“ „Du hast ein Kind?“ Noch ehe Naruto überhaupt bemerkt, was er da gerade ausspricht, ist es auch schon zu spät. Die Worte sind gesagt und Gaara sackt förmlich in sich zusammen. Der Sheriff lässt den Kopf hängen und blickt traurig auf den Boden zu seinen Füßen, während sich in seinen Augen ein Meer von Tränen sammelt. Für einen winzigen Moment bebt die Unterlippe des noch immer trauenden Witwers, bis dieser Luft holt und wieder aufschaut. Ein verzerrtes Lächeln auf den Lippen soll Naruto offensichtlich beruhigen, doch das Gegenteil tritt ein. Am liebsten würde er sich in diesem Moment die Zunge abbeißen und die Antwort auf diese überrascht klingende Frage ist beinahe herzzerreißend. „Nur in meinem Herzen. Er war eine Totgeburt. Wir wussten, dass etwas nicht stimmte, als er plötzlich aufhörte sich zu bewegen und am Tag seiner Geburt wurden alle Befürchtungen bestätigt.“ Gaara bricht an dieser Stelle ab und reibt sich über seine Augen, wobei er zittrig und mehrfach tief Luft holt. „In den letzten Jahren habe ich mit der schmerzlichen Sehnsucht und allen anderen Umständen zu leben gelernt. Ich habe mich wieder aufgerappelt und alles so hingenommen, wie es eben ist und dann kamst du.“ Durchaus mit einigen vorwurfsvollen Zügen in seiner Mimik blickt der Sheriff den Familienvater an, der schuldbewusst und entschuldigend den Blick senkt. Wenn er all dies gewusst hätte, dann wäre er nie in diese Stadt gekommen. Er hat bei seinem alten Freund tiefe Narben aufgerissen und das lag fernab von jeder Absicht. „Ich habe es nie verstanden. Wenn es einen Gott gibt, warum er mir nicht wenigstens meine Frau gelassen hat. Ich verstehe nicht, warum mir beide genommen worden sind und dann ist da jemand wie du. Vater von vier Kindern und Ehemann einer liebenden Frau. Wo ist das gerecht?“ „Das ist es nicht.“ „Nein. Wohl wahr. Ich gönne dir dein Glück, verstehe mich nicht falsch, aber auf der anderen Seite hasse ich dich dafür.“ Naruto nickt verstehend und verspürt den unbändigen Drang zu verschwinden, um Gaara mit seiner Anwesenheit nicht noch mehr zu quälen. Er versteht, warum der Sheriff ihm diese Empfehlung gab und nimmt ihm das auch keinesfalls übel. Naruto sollte ein Teil dieses Schmerzes und der Einsamkeit erfahren, damit Gaara selbst vielleicht so etwas wie ein bisschen Genugtuung empfindet. Betrübt richtet Naruto seinen Blick auf den staubigen Erdboden zu seinen Füßen, während Gaara dieses Thema wohl nicht noch weiter vertiefen will. Der Sheriff lässt sich wieder auf seinem Stuhl nieder und beugt sich nach vorne, so dass er seine Arme auf den Knien lagert. „Also, wie geht es weiter? Deine Familie weiß Bescheid und hier hält dich nichts mehr. Was ist dein nächster Schritt?“ Diese Frage weiß der Gesetzlose nicht wirklich zu beantworten, denn sehr viel weiter hat er noch nicht gedacht, weswegen er nur ratlos mit den Schultern zuckt. „Ich weiß es nicht. Ich wollte eigentlich die Zeitung nutzen, um die Umstände im Reservat öffentlich zu machen, aber ich kann Iruka nicht noch tiefer damit reinziehen.“ „Warum wendest du dich nicht an die Zeitungsjungs? Die Bengel sind immer über alles informiert und Informationen kannst du durch sie, wie ein Buschfeuer verbreiten.“ Naruto lacht etwas ungläubig auf und schaut den Sheriff an, als wenn dieser den Bezug zur Realität verloren hätte. „Du weißt kannst du genau, dass die Burschen nur mit ihres gleichen paktieren und sich von Fremden fernhalten. Ich kann sie unmöglich als Komplizen gewinnen.“ „Dann wende dich an Tsunade. Du weißt, dass sie ihr vertrauen und sie wird schließlich nicht um-sonst Mutter der Zeitungsjungen genannt.“ Naruto keucht erschrocken auf und seine Muskeln ziehen sich zusammen, als Gaara diesen Namen nennt, was der Sheriff jedoch nur mit einem verwunderten Stirnrunzeln zur Kenntnis nimmt. Der Outlaw wirkt nahezu schockiert und ein fassungsloses Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus. Er kann es einfach nicht glauben. Sie lebt noch. Für ihn ist das wie ein unbeschreibliches Wunder und mit jeder weiter dahin streichenden Sekunde, die er mit dieser Erkenntnis auf der Veranda verbringt, ringt er um Fassung bis er diesen Kampf aufgibt. Der Familienvater zieht sich seinen Hut ins Gesicht, um die herausbrechende Schwäche nicht zu präsentieren, doch das Schluchzen verrät ihn. Für Gaara ist dieses Verhalten aber mehr als verständlich. Der Sheriff lächelt daher nur und blickt schweigend zurück zum Horizont. Wer würde nicht vor unendlicher Freude in Tränen ausbrechen, wenn die totgeglaubte Mutter noch am leben ist? Kapitel 12: Die alte Heimat --------------------------- Ein paar Wochen später im Herbst 1866 Sorgfältig verstaut Sasuke wenige Dinge in einer Tasche und ist krampfhaft darum bemüht, bloß keinen unnötigen Lärm zu machen. Bei jeder knarrenden Diele unter seinen Füßen verkrampft er sich und erstarrt für ein paar Augenblicke zu einer Salzsäule, während er in die Stille hinein lauscht. Es ist tiefste Nacht und er hat Stunden darauf gewartet, bis wirklich jeder in seinem Bett gelegen und die Nachtruhe mit offenen Armen empfangen hat. Es ist die reinste Tortur gewesen, über eine gefühlte Ewigkeit hinweg selbst so zu tun, als würde er schlafen. Er weiß nicht wie lange es dauerte bis er endlich die ruhige und gleichmäßige Atmung seiner Frau vernehmen konnte, doch für ihn war es das Startsignal zum Aufbruch. Überprüfend blickt der Familienvater sich um, ob er auch wirklich nichts vergessen hat und schleicht schließlich zur Haustür. Betont langsam öffnet er die schlichte Holztür, tritt rasch ins Freie und zieht sie hinter sich wieder zurück in das Schloss, bedacht darauf bloß nicht zu fest zu ziehen und nachdem er das geschafft hat, lauscht er wieder für einen kurzen Moment, nur um im Anschluss erleichtert auszuatmen. „Wo willst du hin?“ Erschrocken und nur mit Mühe einen Aufschrei unterdrücken könnend, wirbelt Sasuke herum, als ihm der Schreck in alle Glieder fährt. Er braucht einen Moment, bis er erkennt wer da an dem Geländer der Veranda lehnt und seinen fein zurecht gelegten Plan durcheinanderwirbelt. Es ist Hanzo, der ernst die Arme vor der Brust verschränkt hat und rücklings, halb stehend und halbsitzend an dem Geländer wartet und irgendwie hat Sasuke den Eindruck, als wenn der Indianersprössling auf ihn gewartet hat. Der Familienvater räuspert sich kurz und schultert die Tasche, während er gedanklich nach irgendei-ner plausibel klingenden Erklärung sucht. Mitten in der Nacht ist diese äußert schwer zu finden und bevor er anfängt herum zu stammeln, wie ein verschüchterter Bursche, der bei einem Ladendiebstahl erwischt wurde, spart er sich lieber jedes Wort und lässt stattdessen ein ergebenes Seufzen ertönen ehe er die wenigen Stufen der Veranda herabsteigen will. Hanzo hindert ihn an diesem Unterfangen, indem er sich ihm direkt in den Weg stellt. Die Beiden starren sich einander direkt in die Augen, bis Sasuke leicht mit dem Kopf schüttelt. „Das verstehst du nicht Hanzo.“ „Was soll ich nicht verstehen? Dass du irgendetwas Kriminelles geplant hast? Was hast du vor? Eine Postkutsche überfallen? Die Bank in der Stadt leerräumen? Es steht dir förmlich ins Gesicht geschrieben. Wie kommst du auf solch eine Idee?“ „Ich sag doch: Du verstehst es nicht!“ Energisch schiebt Sasuke den jungen Indianer zur Seite, der es körperlich locker mit dem Familienvater aufnehmen kann. Hanzo ist eine Fingerbreite größer als sein Ziehvater, äußert kräftig und agil, weswegen sich dieser auch nicht einfach so vertreiben lässt. Erbost und felsenfest entschlossen Sasuke vor einem dummen und großen Fehler zu bewahren, schließt der Halbstarke wieder zu ihm auf. „Ich verstehe sehr wohl. Die Ernte war mies. Wir haben kein Geld übrig und nicht genug Lebensmittel. Du hast Angst, dass wir nicht durch den Winter kommen, du dich hoch verschuldest und am Ende Haus und Hof verlierst. Also unterstelle mich keine Unwissenheit.“ „Ich habe keine Angst. Ich tue das für meine Familie.“ „Ach ja? Glaubst du sie würden Loblieder auf dich singen, wenn du am Galgen baumelst? Du lässt sie im Stich, wenn du diese unkalkulierbare Gefahr auf dich nimmst.“ Entschlossen dreht sich Sasuke zu seinem Ziehsohn um und schubst diesen kraftvoll zurück, so dass Hanzo für einen Moment um sein Gleichgewicht kämpfen muss. Mahnend deutet der Familienvater mit seinem Zeigefinger auf ihn. „Misch dich nicht in Angelegenheit ein, die dich nichts angehen.“ „Das geht mich etwas an. Um deiner Tochter willen und du hast meinem Vater dein Wort gegeben, dass du auf uns Acht gibst.“ „Und genau das tue ich. Ich lasse mich nicht von dir aufhalten.“ „Und ich werde dich nicht gehen lassen.“ Wenige Zeit später „Um Himmels Willen, was macht ihr denn?!“ Hastig stürmen Sakura und Hana nach draußen, die durch lautes Poltern und Gebrüll aus ihrem Schlaf gerissen wurden und in der Dunkelheit nur schwach die Umrisse von zwei Personen erkennen konnten, die aufeinander losgehen und nun müssen sie schockiert feststellen, dass es sich dabei um Hanzo und Sasuke handelt, die aufeinander ein prügeln und sich bereits einige blutige Verletzungen zugezogen haben. Sie zerren brutal aneinander, schlagen und treten mit aller Kraft, dass allein schon das Zuschauen genügt, um es selbst als schmerzhaft zu empfinden. Nur bekleidet mit ihren Nachthemden eilen die Frauen des Hauses auf ihre Männer zu „Hört auf. Was ist in euch gefahren?“ Verzweifelt versucht Sakura zwischen die Kämpfenden zu kommen, die auf ihre Beschwichtigungs-versuche jedoch keine Rücksicht nehmen. Sie stoßen sie wiederholt weg, ohne ihr dabei Schaden zu zufügen. Sie packt ihren Gatten wiederkehrend am Arm und versucht ihn von Hanzo wegzuziehen, doch Sasuke reißt sich nur los und stürmt wieder vorwärts. Die verzweifelt klingende Aufforderung, sofort mit diesem unsinnigen Kampf aufzuhören, welche von Sakura als auch von Hana ertönen, werden von beiden Herrschaften einfach ignoriert. Ihr Flehen ist nahezu herzzerreißend und dennoch, zwischen all ihren Rufen, schnellt Sasukes geballte Faust nach vorne und trifft Hanzo kraftvoll an der rechten Wange, wobei dieser zur Seite stolpert und ein wenig Abstand zwischen seinen Kontrahenten bringt. Schmerzerfüllt streicht sich Narutos ältester Sohn über seine rechte Gesichtshälfte und spukt kurz darauf blutigen Speichel auf den Boden. „Wie kann man nur so stur sein?“ Wütend blickt er seinen Ziehvater an, der eine ähnliche Gesichtsmimik trägt. Seine Augenbrauen sind verärgert zusammengezogen und auf seiner Stirn sind tiefe Zornesfalten erkennbar. Die Zwei umkreisen sich wie Raubtiere, die um ein Revier kämpfen wollen. Sasuke wischt sich mit dem Handrücken über seinen blutenden Mundwinkel. „Stur nennst du das?“ „Wie nennst du es denn, wenn du jemanden vor dir hast, der sich energisch weigert Hilfe anzuneh-men, geschweige denn zu suchen und bereit ist, seine Familie im Stich zu lassen?“ Warnende deutet der Familienvater mit einem Finger auf ihn, als wolle er diesen als Schusswaffe gebrauchen. „Und jetzt solltest du mir glauben Hanzo. DAS wirst du niemals verstehen.“ Dieser Dialog hat Hana und Sakura schon hoffen lassen, dass es mit dem Schlagabtausch endlich vorbei ist, doch diese Hoffnung erweist sich in dem Moment als falsch, als die Zwei mit den letzten Wort wieder aufeinander zu stürmen und erneute Schläge austeilen. Dieses markante und immer wieder ertönende Geräusch von einer Faust, die wuchtig auf den Körper des Gegenübers aufschlägt, ist kaum zu ertragen. Dieser Anblick gleicht einem grausigen Albtraum, aus dem es kein Erwachen gibt und so ist Sakura bereits auf die Knie gesunken und bittet nur noch mit Tränen erstickter Stimme darum, dass sie endlich aufhören sollen, während Hana sich entsetzt eine Hand auf den Mund presst. Das kann unmöglich passieren. Ihr Liebster und ihr Vater gehen aufeinander los, wie wilde Tiere und verletzen sich absichtlich. Mutter und Tochter verstehen die Welt nicht mehr und haben keine Möglichkeit, um diese Auseinandersetzung zu beenden. Sie sind körperlich nicht in der Lage genügend Widerstand aufzubringen, um die Zwei erfolgreich und dauerhaft voneinander zu trennen. Sie sind machtlos und können nur dabei zusehen, wie ihre Männer sich gegenseitig blutig schlagen. Die Geräuschkulisse auf dem Hof, die Kampflaute, ebenso wie Hanas Rufe um Hilfe, ruft nun nach und nach die anderen Bewohner auf den Plan, die mit den Gegebenheiten in diesem Szenario auch keine Handlungsalternative wissen und bei dem Schlagabtausch, wagt es keiner dazwischen zu gehen. Sie alle bleiben schockiert bei dem Geschehen stehen und fordern lauthals eine Beendigung, was aber ebenfalls ungehört bleibt. Takeo, Omoi und Darui sind die einzigen Männer die genügend Kraft besitzen, um sich einmischen zu können, doch auch ihnen gelingt es nicht die Zwei voneinander zu trennen. Hanzo und Sasuke schaukeln einander immer höher und haben sich nun in einen einzigen Rausch geprügelt, den auch nur sie selbst beenden können. Sie reißen sich ständig wieder los und haben einander anvisiert, als würden sie Scheuklappen tragen. Selbst den zu Hilfe gekommenen Bewohnern der Farm bleibt keine andere Wahl als den Dingen ihren Lauf zu lassen. Brutal schleudert Sasuke seinen Ziehsohn gegen die Scheunenwand, so dass dieser für einen kurzen Moment auf keucht und nach Luft schnappt doch kaum, dass Sasuke nahe genug an seinen Ziehsohn herangekommen ist, tritt dieser ihm kraftvoll in den Magen und schlägt ihn so zurück, nur um im unmittelbaren Anschluss auf ihn zu zustürmen, wie ein wilder Bulle. Mit seinem gesamten Körpergewicht rammt der Halbindianer seine Schulter gegen den Oberkörper seines Ziehvaters, ehe er mit seinen Armen dessen Oberschenkel umklammert und Sasuke somit jedem festen Stand beraubt. Es hebt den Farmbesitzer von den Füßen, bis er rücklings auf dem Boden aufschlägt und schmerzerfüllt nach Luft schnappt. Es dauert keinen Wimpernschlag und schon ist Hanzo über ihm und verpasst Sasuke einen direkten Schlag ins Gesicht, welcher dafür sorgt, dass der Familienvater benommen wird und kaum noch zu einer Gegenwehr fähig ist. Aufgeben scheint jedoch etwas zu sein, was Sasuke nicht in Betracht zieht. Er versucht tatsächlich wieder auf die Beine zu kommen und startet erneut die Gegenwehr. Schwer atmend kniet sich Hanzo mit seinem linken Bein auf den Oberkörper des Familienvaters und drückt ihn somit zu Boden. Die Gegenwehr flammt nun wieder mehr und mehr auf und so sieht sich der Halbindianer regelrecht zu diesem Handeln gezwungen. Er greift links und rechts den Kragen von Sasukes zerrissenem Hemd, ehe er die rechte Seite zu sich zieht und den linken Kragen quer über den Hals seines Ziehvaters spannt und ihm so die Luftzufuhr abschneidet. Sofort beginnt Sasuke sich zu wehren und zu winden, wie eine Schlange. Er versucht verzweifelt sich zu befreien, schlägt dabei auf Hanzo ein, während seine Atmung mehr und mehr einem heiseren Röcheln gleichkommt. Die anderen beginnen nun lauthals gegen diesen Würgegriff zu protestieren und treten nach vorne, aber wirklich handeln tut niemand. Niemand ist davon überzeugt, dass Hanzo tatsächlich vorhat seinen Ziehvater zu töten. Er will einfach nur verhindern, dass dieser Kampf fortgeführt wird. Er will, dass Sasuke am Boden bleibt und seinen Verstand einschaltet. Er will vernünftig und sachlich mit ihm reden – zumindest hofft das jeder. „Hanzo hör auf. Du bringst ihn noch um!“ Panisch tritt Hana nach vorne, nachdem die Gegenwehr ihres Vaters zusehends erlahmt ist und dessen Hände nur noch locker auf dem Unterarm ihres Freundes liegen. Sasukes Gesichtsfarbe geht mehr und mehr in eine leicht bläuliche Färbung über, doch noch bevor die Tochter des Hauses bei dem Indianerspross angekommen ist, löst Hanzo seinen Würgegriff und stolpert von seinem Ziehvater weg. Dumpf und schwer atmend lässt sich Narutos ältester Sohn auf den Boden fallen, während Sasuke mit rasselndem Laut gierig seine Lunge mit Luft füllt. Er verfällt in einen anhaltenden Hustenanfall und versucht wieder auf die Beine zu kommen, wobei er einen vollkommen orientierungslosen Eindruck macht. Er scheint unfähig sich in die Senkrechte begeben zu können und fällt daher immer wieder auf alle Viere zurück, bis er seine Versuche einstellt und seitlich auf dem Boden liegen bleibt. Sakura ist sofort an seiner Seite und verschafft sich mit ihren geröteten Augen einen Überblick, über die Verletzungen ihres Mannes, wobei sie ihm zittrig zuspricht, dass er ruhig und tief Luft holen soll. Zögerlich tritt Hana an ihren Freund heran und geht neben ihm auf die Knie, ehe sie sein Gesicht betrachtet. Sie haben einander übel zugerichtet. Hanzos rechte Augenbraue ist aufgeplatzt und dass daraus resultierende Blut hat sich nahezu über das gesamte Gesicht verteilt. Sein linkes Auge ist zugeschwollen, aus seiner Nase läuft Blut und die Unterlippe ist aufgeplatzt. Er sieht so aus, als wäre frontal und ungebremst gegen eine Mauer gelaufen, aber Sasuke bietet einen ähnlichen Anblick. Sein linkes Auge ist dermaßen zugeschwollen, dass selbst der Anblick schmerzt, sein linker Mundwinkel scheint eingerissen zu sein und die Nase wirkt gebrochen, was durch die ungewohnte schiefe Stellung vermutet werden kann. Eine Platzwunde prangt an seinem Haaransatz und beide Männer haben sind über und über mit blauen Flecken, Prellungen und Blut bedeckt. „Hörst du mir jetzt zu?“ Keuchend richtet der Familienvater sich wieder auf, bleibt jedoch am Boden sitzen, wo er seine Beine anwinkelt und schließlich seine Arme auf den Knien lagert. Noch immer holt er angestrengt und tief Luft, doch mit einem einfachen Nicken bejaht Sasuke die noch recht provokant gestellte Frage von Hanzo, der erleichtert seufzt und sich mit einer Hand nach hinten weg abstützt. „Ich stimme dir zu, dass die jetzige Situation nicht einfach ist und dass es auch nicht einfacher wer-den wird, aber es ist nicht unmöglich. Mein Volk hat sich oft genug in solch einer Situation befunden. Das Militär hat systematisch unsere Obstgärten, Vieherden und Felder vernichtet, aber trotzdem sind wir immer wieder durch den Winter gekommen. Mit Glück, aber auch mit Können und dem Willen es zu schaffen. Wenn die Ernte reicht, um die Rechnungen zu bezahlen, dann kümmern Takeo, ich und die anderen uns darum, dass wir nicht verhungern.“ Mit einem schmerzerfüllten Laut und verzogener Gesichtsmimik wuchtet Hanzo seinen geschwächten Körper wieder in die Höhe, wird jedoch von Hana etwas unterstützt, um einen sicheren Stand zu gewährleisten. „Du siehst also, es gibt eine Alternative.“ Hanzo will sich gerade von dem Familienvater abwenden, bis dieser seine Stimme erhebt und sich ohne irgendeine Hilfestellung in die Höhe stemmt, er drängt Sakura sogar zur Seite. Er klopft sich den Staub von der Hose und humpelt ein paar wenige Schritte auf Hanzo zu, so dass Takeo und Omoi schon bereitstehen um gegebenenfalls einzugreifen. Niemand will einem weiteren Kampf beiwohnen, doch Sasuke hat nicht vor in ein neues Handgemenge mit seinem Ziehsohn zu geraten. Er blickt dem Halbindianer nur fest in die Augen. „Naruto... hat er euch je von seiner Kindheit erzählt? Hat euer Vater jemals davon gesprochen, wo er herkommt oder woher er die vielen Narben hat? Wisst ihr, warum er geschlossene Räume nicht leiden kann oder warum er nachts nur schlecht schläft?“ Verwundert und auch ein Stück verwirrt, blickt Hanzo zu seiner Mutter, die einen ebenso unwissenden Eindruck macht wie alle anderen Anwesenden auch. Narutos Narben sind genauso unübersehbar, wie die von Sasuke und seinen auch gar nicht so unähnlich, doch darüber gesprochen hat der Outlaw noch nie – auch nicht auf gezieltes Nachfragen. Von der Raumangst hat jedoch noch niemand etwas gewusst, weder die Familie noch irgendein anderes anwesendes Stammesmitglied. Noch nicht einmal Hinata, die eigene Ehefrau, wusste etwas davon, weswegen sie über diese bisher unbekannten Informationen zu ihrem Mann recht erschrocken wirkt. Hanzo schüttelt den Kopf. „Nein. Er ist immer ausgewichen, wenn wir ihn gefragt haben. Wir wissen nur, dass er ein Waise ist.“ „Die Narben sind eine Sache. Sie zeigen nur die zugefügten körperlichen Schmerzen. Sie zeigen, wozu Menschen fähig sind, doch weitaus schlimmer sind die Wunden, die niemand sieht. Tief verschlossen im Inneren und unheilbar für alle Ewigkeit. Wenn du in der Herzlosigkeit eines Waisenhauses aufwächst, dann lernst du schnell auf eigenen Beinen zu stehen. Du verstaust niemandem, sondern nur dir selbst. Du selbst, bis das Beste was du hast, denn niemand kümmert sich um dich und niemanden interessiert es, was aus dir wird. Dein Vater und ich haben Dinge erlebt, die du nicht einmal zu träumen wagst und die unauslöschlichen Spuren hinterlassen haben. Bei deinem Vater ist es Raumangst. Bei mir, die Unfähigkeit Gefühle zu zeigen oder mich auf andere zu verlassen. Es ist eine Eigenschaft, die ich nicht ändern kann und die mich zu solchen Überlegungen bringt, welche du mir wortwörtlich heraus geprügelt hast. Dem einzigen Menschen, dem ich uneingeschränkt vertraue und dem ich bedenkenlos mein Leben geben würde, ist Naruto.“ Mit einem etwas entschuldigend wirkenden Ausdruck im Gesicht wendet sich Sasuke an seine Frau. „Ich liebe dich. Das kann ich dir mit absoluter Sicherheit sagen, aber meine Gedanken und Empfindungen, wirst du nie nachvollziehen können, egal wie detailliert ich sie dir beschreiben würde. Gemeinsam erlebte Grausamkeit schweißt einfach zusammen und zu zweit lassen sich solche Erlebnisse einfach besser tragen.“ Sakura lächelt verstehend. Es ist das erste Mal seit all den Jahren, dass der Familienvater so offen über seine Kindheit spricht, der er am liebsten aus seiner Biographie streichen würde. Das, was sie aber bisher zu hören bekommen haben ist äußert schockierend, selbst für die ehemaligen Sklaven auf der Farm, die selbst unmenschliche Dinge über sich ergehen lassen mussten. Misshandlungen an Kindern, von denen jedes unschuldig geboren wird. Grausame Szenarien spielen sich in den Köpfen der anderen ab, während Sasuke seinen Blick durch die versammelte Runde gleiten lässt. „Ich wollte hier niemandem im Stich lassen. Ich will nur das beschützen, was mir mehr als alles andere am Herzen liegt. Ich dachte … es tut mir leid.“ Humpelnd und reuevoll für seine doch unüberlegte Handlung, wendet sich der Farmbesitzer um und will zusammen mit Sakura zurück zum Haus, wo sie sich um seine Verletzungen kümmern kann. Weit kommen die Beiden jedoch nicht. „Was haben sie mit Papa gemacht, dass er keine geschlossenen Räume mag?“ Minato wirkt recht eingeschüchtert und beinahe sieht es so aus, als hätte er bis zum jetzigen Zeit-punkt damit gekämpft, ob er diese Frage tatsächlich stellen soll. Sein Gesicht ist zu einer nervösen Fratze verzogen, wobei er fast energisch seine Hände knetet. Er hat Angst vor dem, was er zu hören bekommt. Er weiß, dass die Kindheit seines Vaters ein wohlbehütetes Geheimnis ist, dessen Inhalt nur Naruto selbst und sein bester Freund kennt. Sie beiden teilen ein gemeinsames Schicksal und verdrängen ihre Erinnerungen an früher in die hintersten Ecken ihres Bewusstseins. Nicht darüber reden und nie wieder daran denken. Alle blicken den Burschen kurz an und dann abwartend zu Sasuke, der sein dunkles Augenpaar eine Weile auf dem Blondschopf haften lässt, ehe er nachdenklich zu Boden schaut und Momente des Schweigens vergehen lässt. „Im Keller des Waisenhauses, gab es einen Raum – nicht größer als eine Abstellkammer. Es gab kein Fenster, war kalt und feucht. Sobald die Tür zu ging, war man in einer völligen Dunkelheit gefangen. Es war unmöglich etwas zu sehen. Noch nicht einmal die eigene Hand vor Augen, war erkennbar. Die Erzieher nutzten ihn, neben den üblichen Schlägen und Sanktionen äußert gerne, als Strafverhängung für alle möglichen Taten. Wir Kinder nannten diesen Ort die Gruft. Oft war man dort nur Stunden eingesperrt, in wenigen Fällen waren es auch mal ein oder zwei Tage und wenn er Aufenthalt dort länger dauerte, dann kam nur einmal am Tag für einen winzigen Moment Licht den Raum und zwar dann, wenn sie das Essen durch die Klappe der Tür schoben. Naruto landete oft dort. Er missachtete viele Regeln und das wiederholt, doch nie aus Boshaftigkeit oder weil er die Erzieher reizen wollte. Er tat es, weil er mir und den anderen dieses schreckliche Dasein irgendwie erträglicher machen wollte. Irgendwann schlossen sie ihn dort unten wieder ein. Er war acht. Aus Stunden wurden Tage, aus Tagen wurden Wochen und aus Wochen wurden Monate.“ Mit diesen grausamen Bildern im Kopf schaut Sasuke zu den anderen, die versammelt eine recht blasse Hautfarbe bekommen haben und dieser Erzählung lauschen, als handle es sich dabei um eine Gruselgeschichte. Der Familienvater blickt zu Hinata, der das Entsetzen im Gesicht geschrieben steht. „Sie hatten es vergessen, dass er da unten war. Sie haben ihn einfach vergessen. Er war drei Monate in der Gruft.“ Ein entsetzter Aufschrei geht durch die Runde und Hinata presst sich schluchzend beide Hände vor den Mund, wobei sie in die Knie sinkt und gar nicht anders kann, als zu weinen. In ihren Gedanken sieht sie den kleinen achtjährigen Naruto in diesem Raum sitzen, halb verhungert und einsam. Dem Tod so nahe, wie es kaum vorstellbar erscheint. Wie konnten diese Menschen ihm das nur antun? Sasuke erinnert sich noch sehr genau an die verkümmerte Gestalt seines besten Freundes, als man ihn endlich aus diesem Gefängnis holte und wenn er nicht gewesen wäre, dann wäre Naruto dort gestorben. Diese qualvollen drei Monate hat der kleine blonde Junge auch nur überlebt, weil er eine Grenze überschritt. Er aß die Ratten, die sich in dem Raum hinein verirrten und leckte das Wasser von den Wänden, welches durch das Gestein sickerte. Er wollte überleben und tat Unglaubliches dafür. Es war die Zeit in der Tsunade im Waisenhaus eine gemeinnützige Arbeit anfing. Sie kam und brachte Wärme in dieses triste und lieblose Haus. Sie brachte die Kinder zum lachen, gab ihnen vernünftiges Essen, lehrte vielen von ihnen das Lesen und Schreiben und wurde für viele einfach zu der Mutter, die niemanden mehr von ihnen hatte. Sasuke war verzweifelt. Er wusste wo Naruto war und dass er ihn nicht selbst befreien hätte können, ebenso wie keiner der Erzieher ihn befreit hätte. Er war ein Störenfried. Ein Unruhestifter. Sie hätten sein Ableben also nicht bedauert. Woher er das wusste? Er hatte die Erzieher mehrfach angefleht Naruto wieder frei zu lassen, doch neben höhnischem Gelächter hat er auch mal eine Ohrfeige kassiert, was als Antwort ausgereicht hatte. Sie wollten ihn da unten sterben lassen. Sie hatten ihn nicht vergessen. Naruto sollte verschwinden. In all seiner Verzweiflung und Angst, wandte sich Sasuke irgendwann an Tsunade. Er weiß es noch genau. Sie saß auf einem kleinen Schemel, um sie herum die jüngsten des Waisenhauses und laß ihnen etwas vor. Ein Märchen aus einem abgegriffenen Buch mit Ledereinband. Die Kinder hingen förmlich an ihren Lippen und konnten ihr Elend für die Zeit ihrer Anwesenheit vergessen. Er selbst stand Abseits der Gruppe. Verzweifelt und voller Unsicherheit. Den Blick immer wieder auf die Erzieher richtend, die Tsunade genauso wenig leiden konnten, wie Naruto. Er war jung und hatte schreckliche Angst. Er wusste einfach nicht, was er tun sollte. Es war ihr Blick. Ihre braunen Augen, die ihn musterten und alle Dämme bei ihm brechen ließen. Er strümte schluchzend auf sie zu, klammerte sich an ihren Rock und flehte mit Tränen überströmten Gesicht um ihre Hilfe. Bei all den zittrigen Schluchzern hat sie ihn vermutlich gar nicht verstanden. Er zerrte sie förmlich in den Keller, verfolgt von den giftigen Blicken der Erzieher und drängt sie zu dieser massiv und mehrfach gesicherten Tür, als würde sich dahinter der Leibhaftige selbst befinden. Riegel für Riegel sicherten diese Tür und ließen diese fast mit dem Mauerwerk verschmelzen. Tsunade zögerte einen Moment bis sie diese grausame Zelle öffnete und in eine vollkommen andere Welt schaute. Eine Welt, welche für einen achtjährigen Jungen das Zuhause der letzten drei Monate war. Eine kalte, nasse, stinkende und dunkle Welt in der kein mitfühlender Mensch irgendein Lebewesen einsperren würde. Ihr stand das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Hinter dieser Tür saß ein Junge, der in einem erbärmlichen Zustand war. Er hockte in seinem eigenen Unrat und Rattenkadavern, war abgemagert und verängstigt. Das plötzlich einfallende Licht tat ihm in den Augen weh, so dass er sie nicht einmal anschauen konnte. Er musste sich die Hand vor Augen halten, um überhaupt irgendetwas erkennen zu können. Der Ausdruck in Tsunades Gesicht verfolgt Sasuke noch heute. Es gibt keine Worte, welche diese Gesichtszüge auch nur im Ansatz treffend beschreiben könnten. Sie trat nur einen kleinen Schritt vor, schnappte sich Narutos gebrechlich wirkende Gestalt und nahm ihn auf die Arme. Sie drückte ihn an sich, trotz seines Gestankes und Zustandes und Naruto selbst brach in einem wahren Tränenmeer aus. Er umklammerte sie, wie ein Ertrinkender einen Rettungsring und schluchzte unkontrolliert. Es war kaum möglich etwas zu verstehen von dem was er von sich gab, doch ein Wort wiederholte er immer wieder und wieder. Er sagte Mama zu ihr und genau das, wurde sie in dem Moment für ihn. Sie wurde seine Mutter. *~*~* Am Morgen in New York New York. Die Hochburg des Fortschritts und repräsentativ für Wohlstand und Erfolg. Es ist eine Ewigkeit her, dass er diese Stadt in all ihrer Pracht zu Gesicht bekommen hat. Es ist die Stadt, in der er geboren ist und die ersten elf Jahre seines Lebens verbracht hat. Eigentlich müsste er sie als Hei-mat bezeichnen, doch ihn überfällt kein Gefühl der Nostalgie oder gar Freude. Dieser Ort bedeutet ihm nichts. Es ist kein Zuhause. Es ist nur ein Ort, von dem er annahm ihn niemals wieder zu betre-ten. In diesen Straßen starben seine Eltern. In diesen Straßen wuchs er auf. Hier lernte er, dass das Leben und am allerwenigsten die Mitmenschen, etwas zu verschenken haben. Hier wurde er seiner Kindheit beraubt. Von hier floh er. Er lief weg, vor all den Dingen, die ihm so zusetzten. Er lief weg vor seinem Leben und nun … nun steht er vor dem Tor zu seinem früheren Leben und fühlt sich in die Zeit zurückversetzt. Es hat sich kaum etwas geändert. Diese stickende Stadt ist noch genau wie damals. Sie ist noch ge-nauso erdrückend und überfüllt wie früher. Es ist kalt und dunkel, obwohl noch immer eine Rest-wärme des Sommers zu spüren sein sollte. Er verabscheut diesen Ort aus tiefster Seele und während er durch die Straßen marschiert, hat er das Gefühl wieder der kleine blonde Junge zu sein, der mit verdreckten zerlumpten Kleidern, erbarmungslos der Gleichgültigkeit seiner Mitmenschen ausgesetzt ist. All diese Leute, speziell solche die aus der gehobenen Schicht der Stadt kommen, reden nur mit ihres Gleichen. Für die Armen haben sich nicht einmal einen Blick übrig. Sie gehen vorbei und rümpfen höchstens die Nase. Eigentlich nahm er an, dass all diese Erinnerungen aus seinem Denken verbannt hat. Er hatte gehofft sie vergessen zu haben, doch sie sind noch sehr präsent. Er erinnert sich daran, wie er hungernd und frierend um ein paar wenige Penny bettelte und stets abgewiesen wurde. Gelegentlich hat er sogar Schläge kassiert. Pelzträger, deren Hiebe mit dem Gehstock er gerade noch ausweichen konnte. Kupfersternträger, die ihn jagten und Adelsfrauen die aufschrien, als würde ihnen eine Ratte über die Füße laufen wenn sie ihn erblickten. Es war eine grausame Zeit, von der er dachte sie nicht zu überstehen. Die ganzen Bilder seiner erbärmlichen Kindheit vor Augen, bleibt Naruto vor einer kleinen Gasse stehen. Eine von vielen in dieser Stadt und eine von vielen, in denen die Bevölkerung gerne ihren Abfall beseitigt und in denen die Straßenkinder Zuflucht suchen. Sie bauen sich dort kleine Verschläge, die kaum vor den Witterungen schützen und dessen Boden sie mit Zeitungspapier und anderem Müll abdecken. Diese Gasse war sein Zuhause, sofern er es so nennen kann. Er schlief immer zusammengerollt auf einer von Milben befallenen Decke, zwischen zwei Aschetonnen auf denen ein armbreites, verfaultes Brett lag. Holzabfall von irgendeiner Schiffswerft. Er hat es als löchriges Dach über den Kopf benutzt, doch vor Regen war er deswegen nicht geschützt. Mit einem schmerzlichen Ziehen in der Brust blickt Naruto auf die Stelle, an der er sein Zuhause hatte. Es ist nichts mehr davon da. Keine Tonnen, kein Brett. In dieser Gasse liegt nur Abfall und trotzdem sieht er sich an Ort und Stelle sitzen. Ein einsamer Junge mit verdreckten Kleidern, welcher zusammen gekrümmt an der Hauswand lehnt und bibbernd in seine Lumpen weint. Naruto schluckt hart. Er hatte zwei Gesichter zu der Zeit. Tagsüber war er der kleine Rebell, der sich auch durch eine Ohrfeige nicht vom Betteln abhalten ließ, der immer ein freches Grinsen auf den Lippen trug und allerlei Blödsinn anstellte, um andere zum lachen zu bringen. Sobald jedoch die Sonne unterging verschwand das Lachen und die Lebensfreude aus seinem Gesicht. In der Nacht, war er ein einsames kleines Würmchen. Ihn brachte niemand zum lachen und so konnte ein jeder sein wahres Gesicht, seinen wahren Empfindungen, nur in der Dunkelheit sehen. Er hat sich nur niemandem gezeigt. In der Nacht suchte er exzessiv die Einsamkeit, obwohl er sie gleichermaßen fürchtete. Er hat das Geräusch seiner unterdrückten Schluchzer, die von den Wänden wieder halten noch immer in den Ohren. Mit einem Seufzen und zusätzlichem Kopfschütteln, verbannt er die Bilder aus seinen Gedanken und wendet sich von seinem ehemaligen Heim schließlich ab. Er ist schließlich nicht hierhergekommen, um irgendwelche vergrabenen Erinnerungen wieder hervor zu holen, sondern um Tsunade zu sprechen. Die Schwierigkeit besteht jedoch da drin, sie in dieser Masse an Menschen und Bauten ausfindig zu machen. Zumal die Stadt von einigen Katastrophen nicht verschont geblieben ist und sich das Stadtbild entsprechend geändert hat. Ein Großbrand im Jahr 1845, ausgelöst durch ein Feuer in einer Walölfabrik, hat zahlreiche Blocks in Downtown bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Eine Katastrophe bei dem 30 Menschen den Tod fanden und der Wiederaufbau läuft bis zum heutigen Tag. Es ist schwer sich an diesem Ort zurecht zu finden, wenn die einzig brauchbaren Erinnerungen aus der Kindheit stammen, doch er wäre nicht er selbst wenn der Familienvater dafür keine Lösung parat hätte. Die Zeitungsjungen sind ein wahres Füllhorn an Informationen, genau wie Gaara es gesagt hat. Diese Burschen wissen immer als erstes, was in ihren Straßen geschieht und selbst die jüngsten unter ihnen besitzen eine hervorragende Menschenkenntnis, die ihnen die Fähigkeit verleiht mit nur einem einzigen Blick zwischen Freund und Feind unterscheiden zu können. Ein solches Exemplar steht auf der gegenüberliegenden Straßenseite und verkündet lauthals die vorherrschenden Schlagzeilen. Ein schlaksiger Junge mit schiefer Nase, großen Augen und kantigem Gesicht. Er trägt eine weite, wadenlange Hose aus der er etwas herausgewachsen scheint. Sein weißes Baumwollhemd ist fleckig und die offensichtlich viel zu kurzen Ärmel hat er sich bis zu den schmalen Ellenbogen hochgekrempelt. Die dafür viel zu große Schiebermütze verdeckt seine ungewaschenen Haare. Eine Zeitung in den Händen und wild damit herum wedelnd, während der restliche Stapel zu seinen Füßen liegt, tätigt der Bursche, der vielleicht um die zehn Jahre alt ist, sein Tagewerk. Wenn dieser Junge nicht weiß wo sie zu finden ist, dann ist dieses Unterfangen zum Scheitern verurteilt. Bedacht wechselt Naruto die Straßenseite, lässt einige Droschken und einen Omnibus passieren, ehe er bei dem Jungen ankommt und in seiner Hosentasche nach ein paar Münzen sucht. Der Junge blickt auf und seine aufmerksamen brauen Augen fixieren den Outlaw, als dieser neben ihm stoppt. „Ich nehme eine.“ Sowohl das Geld als auch die Zeitung wechseln den Besitzer, doch anstatt die neusten Schlagzeilen zu betrachten, klemmt sich der mehrfache Familienvater die Zeitung einfach unter den Arm und hockt sich vor den Burschen, dem er ein Silber glänzenden Dollar präsentiert. Die Augen des Knaben bekommen einen Ausdruck, als hätte er den größten Schatz der Welt vor sich und so ist es kaum verwunderlich, dass er versucht den Dollar an sich zu nehmen. Die Kinderhand schnellt blitzschnell nach vorne, doch Naruto kennt die Gepflogenheiten dieser Burschen und zieht seine Hand mit einem tadelnden Laut zurück. „Du kannst ihn haben aber nur, wenn du mir eine Frage beantwortest.“ Jetzt verzieht der Knabe das Gesicht, als hätte er auf eine Zitrone gebissen. Er presst die Lippen aufeinander und verengt die Augen zu schmalen Schlitzen. „Welche Frage?“ „Tsunade Senju. Wo kann ich sie finden?“ Die Augen werden noch enger und Naruto hat das Gefühl, als würde der Junge versuchen seine Gedanken zu lesen, aber auch wenn der Outlaw aus diesem Milieu verschwunden ist, so beherrscht er dieses Spiel noch immer. In ihm steckt noch immer der Straßenjunge und so ist es dem Zeitungsjungen unmöglich irgendetwas au seiner Mimik abzulesen. Sie blicken einander nur entschlossen in die Augen und das für eine ganze Weile, bis das Kind auf seine Hand schaut, in der er noch immer den Dollar umschlossen hält. „Bist du ein Freund?“ Loyalität wird unter diesen Jungs sehr groß geschrieben und so versucht sich der Knabe abzusichern. Er will sichergehen niemanden zu ihr zu lassen der ihr böses will. Er ist unentschlossen, doch die Aussicht auf einen Silberdollar ist einfach zu verlockend. Der Junge scheint sich jedoch etwas zu entspannen, als Naruto nickt und lächelt. „Ich bin ein sehr alter Freund von ihr. Ich brauche ihre Hilfe und deswegen suche ich sie.“ „Sie hat ein Armenhaus in der Cross Street. Meist ist sie da.“ Auffordernd hält der Bursche die Hand auf und Naruto schnipst die Münze mit einem Zwinkern in die Luft. Mit Leichtigkeit fängt der Zei-tungsjunge den Dollar auf und stopft ihn sofort in seine Tasche, als würde er befürchten, dass Naruto diesen Handel doch wieder rückgängig machen würde. Mit einem ernsten Gesicht steht er wieder auf und schenkt dem Knaben nur ein kurzer Schulterklopfer, ehe er an ihm vorbeigeht und sein Ziel ansteuert. Die Cross Street. Keine hoch angesehene Gegend. Diese Straße gehört mit zu den bekannten Five Points. Ein Handelsplatz für die weniger gut betuchten Bewohner von New York. In dieser Gegend beginnt eine andere Welt, die von Armut und Not geprägt ist. Die Five Points. Eine versumpft wirkende Gegend, mit beißendem Gestank in der Luft, überfüllten Wohnräumen und heruntergekommen Häusern. Morsche, faulige Dachbalken, die jederzeit unter ihrer Last zu scheitern drohen. Zerbrochene Fensterscheiben, die nur notdürftig mit schmutzigen Stofffetzen geflickt wurden und eine Anzahl an Menschen, mit denen die matschigen Straßen überfordert scheinen. Einwanderer aus allen Ländern der Welt, doch überwiegend Iren, hausen in den baufälligen Gebäuden und sehen sich jeden Tag mit Krankheit, Elend und Not konfrontiert und dabei haben diese Menschen ihr Heimatland verlassen, weil sie die Hoffnung auf ein besseres Leben hatten. Eine Hoffnung, die wohl sofort zerschlagen wurde, kaum dass sie einen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt haben. Jeden Tag legen weitere Schiffe im Hafen an und bringen eine neue Welle an Einwanderern, die alles andere als herzlich willkommen sind. Die meisten Amerikaner würden sie am liebsten noch nicht einmal von dem Schiff steigen lassen. Unerwünschte Menschen, denen die alleinige Schuld an wirklich allen Missständen gegeben wird. Niemand nimmt sich die Zeit, um die Hintergründe dieser Leute zu erforschen und damit ergeht es den Einwanderern genauso oder wenigstens ähnlich schlecht, wie den Rothäuten. Das Armenhaus befindet sich mitten in den stinkenden Gassen der Five Points. Ein heruntergekommenes Gebäude, eingepfercht zwischen anderen Bauten. In einer Schulterbreiten Gasse, mit verfaultem Abfall, abgestandenem Regenwasser und einem matschigen Fußweg. Die Luft ist geschwängert von einem Geruchsgemisch aus Urin, Erbrochenem und dem aufdringlich süßlich, beißendem Gestank von Verwesung. Der Lichteinfall des Tageslichtes ist nur minimal und eigentlich kaum vorhanden und neben dem Inhalt eines geleerten Nachttopfes, liegt ein verendeter Hund. Fliegen schwirren um den Kadaver und Maden fressen sich an dem verfaulenden Fleisch satt. Bei dem Anblick und diesem schier unerträglichen Gestank, steigt eine bohrende Übelkeit in einem auf und so hält sich Naruto den Kragen seines Hemdes vor Mund und Nase, während er seine Schritte sorgfältig gewählt durch die Gasse setzt. Er kann es kaum glauben, dass an diesem Ort alle Hilfsbedürftigen Obdach und Nahrung bekommen. Schimmel frisst sich die Wände empor und im Allgemeinen ist die Umgebung eher abschreckend, als einladend. Es ist offensichtlich, dass sich der Umgang mit Waisenkindern, Bettlern oder Behinderten nicht geändert hat. Sie werden abgeschoben, sich selbst überlassen und niemand fühlt sich für sie zuständig und dabei sind sie auf die Gnade ihrer Mitmenschen angewiesen und diejenigen, die ein Herz zeigen und sich ihrer erbärmlichen Existenz annahmen, erhalten nur abschätzige Blicke und niveaulose Kommentare. Tsunade hat all diese negativen Dinge stets zu ignorieren gewusst und jeden einzelnen Stein aus dem Weg gerollt, der ihr in vor die Füße gelegt wurde und in manchen Fällen hat sie eben jenen Stein auch einfach zurückgeworfen. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht allen zu helfen, die ihre Hilfe brauchen und diese auch wollen. Sie ist die gute Seele in diesem heruntergekommenem Viertel und für so manch einer Person wohl auch der einzige Lichtblick in deren Leben. Mit einem letzten Schritt tritt Naruto an eine abgegriffene und schiefe Tür heran und tritt ohne ein formelles Anklopfen auch schon ein. Die Scharniere quietschen unüberhörbar und es ist auch etwas Kraftaufwand nötig, um die verzogene Tür überhaupt öffnen zu können und obwohl seine Anwesenheit durch diese akustischen Signale kein Geheimnis mehr ist, kommt niemand auf ihn zu oder wirft einen neugierigen Blick in seine Richtung. Dem anhaltenden Gemurmel lässt sich aber deutlich entnehmen, dass eine Vielzahl an Menschen in den anschließenden Räumlichkeiten sein müssen, doch in Anbetracht der Tatsache, dass in einem Armenhaus wohl ein ständiges Kommen und Gehen herrscht, kann der Outlaw das offensichtliche Desinteresse nachvollziehen. Wieso sollte sich jemand ein Gesicht einprägen, wenn die meisten Leute sich innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden schon wieder verabschieden? Etwas unentschlossen verharrt der Familienvater in dem schmalen Ganz zwischen Tür und offensichtlichem Aufenthaltsraum. Obwohl die Luft recht abgestanden ist, herrscht in diesen Wänden ein vollkommen anderes Bild. Es ist sauber und gepflegt. Kein Ungeziefer huscht über den Boden, kein Abfall türmt sich an den Wänden und kein Dreck verunreinigt den Fußboden. Es gibt keinen Unrat und keinen Gestank der Fäulnis. Für die Dunkelheit oder die beengten Räumlichkeiten können die Bewohner nichts und so ist es einfach unvermeidbar, dass es sehr stickig und warm ist, als er den Flur hinter sich lässt und den nächsten Raum betritt. Dort angekommen trifft er auf eine große Anzahl an Menschen, die sich in jedem Alter befinden und diese Räumlichkeiten nach besten Nutzen gebrauchen. Es existieren Betten, Stühle und Tische und auch wenn kaum ein freier Zentimeter zur Verfügung steht, so ist es schnell ersichtlich, dass die hier hausenden Menschen – trotz aller Lebenswidrigkeiten und Schicksalsschlägen – sich ihren Lebenswillen noch bewahrt haben. Sie sind gesund und wohlgenährt. Es sind keine verdreckten Gestalten, die an irgendwelchen Hausecken kauern und um eine kleine Spende bitten. Sie wirken allesamt ganz anders, als die zerlumpten Bettler auf der Straße. Naruto kommt nicht umhin, diesen Zustand zu bewundern. Er steht im Eingangsbereich diese Behausung und lächelt still in sich hinein, während seine Augen versuchen jeden noch so kleinen Eindruck zu erfassen. Diese stille Bewunderung bleibt allerdings nicht lange unbemerkt. Mit seiner Erscheinung gehört er nicht zu der Sorte Mensch, die in solch einem Armenhaus Zuflucht suchen. Mit seinem Aussehen vertritt er das typische Aussehen eines Menschen, der mit beiden Beinen fest im Leben steht und daher wird er von einer Dame mit einer gewissen Skepsis beobachtet, während er seinen Blick noch immer durch die Räumlichkeit gleiten lässt. Es vergehen ein paar Augenblicke voller Untätigkeit, ehe die skeptische, schwarzhaarige Frau sich seiner annimmt. Sie schlängelt sich durch die Reihen, der zahlreichen Betten und tritt schließlich etwas zögerlich an ihn heran. Vielleicht hält sie ihn für einen Geldeintreiber, der völlig abstruse Finanzeinnahmen verlangt. „Entschuldigen Sie, Mister. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“ Die Frau ist recht klein und zierlich. Sie wirkt nahezu schwächlich und besitzt dennoch eine Ausstrahlung, die viel Selbstsicherheit voraussetzt. Die Länge ihrer Haare reicht gerade mal bis zu ihrem Kinn und ihre dunklen Augen haben durchaus etwas Mystisches an sich. Er kennt sie noch von früher und daher kann er es nicht vermeiden sie für einen Augenblick überrascht und freudig zugleich zu betrachten. Shizune Katou. Treue Begleiterin von Tsunade und ihre rechte Hand. Nach dem Unfalltod ihrer Eltern, wurde sie von ihrem Onkel aufgezogen und dieser war der Ehemann von Tsunade. Von der familiären Seite aus betrachtet, ist Tsunade ihre angeheiratete Tante und nachdem ihr Onkel Dan plötzlich verstorben ist, blieb sie bei ihr. So betrachtet ist Shizune das erste Waisenkind gewesen, dem Tsunade sich angenommen hat. Als Naruto sie kennenlernte war er acht und obwohl er nach der Flucht aus dem Waisenhaus sehr viel Zeit bei den Frauen verbracht hat, scheint er keinen sehr bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen zu haben. Sie erkennt ihn nicht und auch wenn er diese Tatsache als bedauerlich empfindet, so ist es vermutlich besser so. Shizune hat sich im Laufe der Jahre verändert. Nicht nur, weil die Zeit auch bei ihr Spuren hinterlassen hat, sondern weil sie eine sehr viel direkte Ausstrahlung besitzt. Sie ist aus dem Schatten ihrer Tante herausgetreten, wobei es früher eher den Anschein machte, als hätte sie sich eben in genau jenem versteckt. Sie tritt ihm sehr entschlossen gegenüber und trotz dieser sehr höflich und formell gestellten Frage, ist der Outlaw sehr beeindruckt von ihr und um ihr die potenziellen Sorgen zu nehmen, nimmt er höflich seinen Hut ab und neigt seinen Kopf grüßend. Sie wirkt schlagartig entspannter. Er wird sich ihr dennoch nicht zu erkennen geben. Es ist weniger risikobehafteter, wenn möglichst wenig Leute von seiner wahren Identität wissen. „Entschuldigen Sie mein unangekündigtes Erscheinen, aber ich bin auf der Suche nach Tsunade Senju. Man sagte mir, ich würde sie hier finden.“ Nach dieser Begründung scheint sie zwar davon überzeugt zu sein, dass es sich bei ihm nicht um einen skrupellosen Steuereintreiber handelt, aber dennoch wandern ihre Augen sehr misstrauisch über seinen Körper und der Unterton ihrer Worte, lässt eben jenes Misstrauen sehr deutlich werden. „In der Tat. Würden Sie mir verraten, was Sie von ihr wollen?“ „Es handelt sich um eine sehr private Angelegenheit, wenn Sie das verstehen.“ Ihr Misstrauen wächst. Naruto kann es deutlich in ihren Augen ablesen und auch verstehen. Er ist für sie ein völlig Fremder, der augenscheinlich nicht aus New York kommt, sondern aus irgendeiner Gegend, die vorwiegend von der Viehzucht profitiert. Er sieht aus wie ein typischer Kuhhirte und fällt in einer viel belebten Stadt auf, wie ein bunter Hund und dazu bittet er um ein Treffen mit der Leiterin dieses Armenhauses. Eine gesunde Portion Skepsis, ist unter diesen Gesichtspunkten nur verständlich. Trotzdem scheint sie seine Worte zu akzeptieren, weswegen sie schließlich eine anweisende Geste tätigt und voranschreitet. „Folgen Sie mir bitte.“ Das Armenhaus ist sehr viel größer als Naruto es bei dem äußeren Anblick vermutet hat. Es gibt viele Nebenräume, die nicht weniger überfüllt sind, aber dennoch einen saubereren und hygienischen Zustand aufweisen. Es ist ein seltsamer Schnitt der gegebenen Räumlichkeiten, mit lang läufigen Fluren und vereinzelten Gaslampen an den Wänden. Ein kleines Labyrinth, in dem er sich ohne eine weisende Person wohl nur schlecht zurechtfinden würde. Tsunade hat es weit gebracht, wenn er an die klapprige Behausung von früher denkt. Ein Schuppen, mehr stand ihr damals nicht zur Verfügung, der bei einem kräftigen Regenschauer noch nicht einmal Schutz bot. Das war als ein Kind sein Zufluchtsort. Egal wie zugig dieses Gebäude auch gewesen sein Mag, nirgendwo sonst hat er so viel Wärme und Güte erfahren. Es ist dennoch ein recht untypisches Bild, in solch einer Einrichtung auflachende Menschen und spielende Kinder zu treffen. An diesem Ort herrscht mehr Leben und Hoffnung, als in dem ganzen Viertel zusammen. Es ist ein Bild welches nicht mit der sonstigen Situation in den Five Points kompatibel erscheint. Es wirkt wie eine Parallelwelt und ist ein offenkundiger Beweis dafür, dass Tsunade das Unmögliche möglich gemacht. Ein stolzes Lächeln bereitet sich auf den Lippen des Outlaws aus, während er Shizune durch die Flure folgt und dabei immer wieder kurze Blicke in die vorbeiziehenden Räume wirft. Er ist von diesen harmonischen Anblicken so fasziniert, dass er beinahe in sie hineinläuft, als Shizune ihren Weg am Ende des Flures beendet und eine große Bodenluke öffnet, unter der sich eine Treppe verbirgt. „Sein Sie vorsichtig. Die Treppe ist sehr steil.“ Sie schaut nur für einen kurzen Augenblick zu ihm, ehe sie damit beginnt die Treppe hinab zu steigen. Narutos Herz beginnt zu rasen, als wäre er über Meilen nur gerannt. Ihm tritt der kalte Schweiß auf die Stirn und ein unkontrolliertes Zittern befällt seine Gliedmaßen. Er hat das Gefühl, als würde ihm etwas die Kehle zu schnüren und anstatt Shizune zu folgen, tätigt er einen Schritt rückwärts, während er mit vor Schreck und Entsetzen geweiteten Augen in den Keller herunter starrt. „Worauf warten Sie?“ Verwundert und vielleicht auch etwas ungeduldig, dreht sie sich auf der un-tersten Stufe zu ihm herum. Es ist Unverständnis, welches sich in ihrem Gesicht wiederfinden lässt. Da sie ihn ja nicht in eine Grube voller Giftschlangen führt, kann sie sein Zögern nicht nachvollziehen. Er unterstellt ihr keine bösen Hintergedanken und auch keine schlechten Absichten, doch der Gedanke diese Treppe hinab zu steigen, versetzt ihn in einen Angstzustand, der ihn fast die Flucht ergreifen lässt. Erst mit mehrmaligem, tiefem Durchatmen kann sich der Outlaw dazu überwinden die Stufen hinabzusteigen, wobei er sein Blut in seinen Ohren rauschen hören kann und sein Herz erbarmungslos gegen seinen Brustkorb hämmert. Er hasst fensterlose Orte und enge Räume. Er hasst Keller und obwohl dieser weder noch übermäßig eng, noch feucht, noch dürftig beleuchtet ist, spürt er diese tiefsitzende Beklemmung. Es handelt sich nicht um ein herunter gekommenes Kellerloch, indem die Ratten die Herrschaft innehaben, sondern um einen gut gepflegten Ort mit zahlreichen Gaslampen an den Wänden. Trotzdem setzen die fehlenden Fenster seinem Gemüt bedeutend zu. Diese Beklemmung ist kaum mehr zu ertragen. „Geht es Ihnen gut?“ Mit einem nun besorgt wirkenden Gesicht, betrachtet Shizune seine Gestalt, welche nun eine vollkommen andere Ausstrahlung angenommen hat, kaum dass er die letzte Stufe hinter sich gelassen hat. Er nickt auf die Frage fahrig. „Ja... alles in Ordnung. Ich bin nur nicht so gerne in Räumen ohne Fenster.“ Sein Lächeln wirkt sehr verkrampft und sie verzieht nur verstehend das Gesicht. „Raumangst?“ „So etwas in der Art.“ „Keine Sorge. Im nächsten Raum haben Sie wieder Tageslicht.“ Ein durchaus beruhigender Gedanke, doch nicht intensiv genug um seinen Gemütszustand abzumildern. Um nicht in einen beherrschenden und vielleicht auch verräterischen Angstzustand zu verfallen, verlagert sich der Outlaw darauf, ihren Rücken zu fixieren während sie durch den langen unterirdischen Gang marschieren. Dieser Flur scheint auch als eine Art Lagerraum zu fungieren. Es gibt Kisten mit Lebensmitteln, Säcke voller Kleider und noch weiter sorgsam verpacktes Zeug, was ein weiterer Beweis für eine gut laufende Strukturierung und Organisierung dieses Armenhauses ist. Die Spenden werden augenscheinlich genau an richtiger Stelle eingesetzt, doch Naruto kann seine Gedanken in diesem Zusammenhang nicht weiter fortführen. Ehe sich der Outlaw versieht, steigt er am Ende des Flures eine zweite Treppe empor und landet schließlich in einem quadratischen Raum, welcher bloß ein einziges Fenster besitzt und bei dem es sich auch durchaus um ein Behandlungszimmer für Kranke handeln könnte. Tücher, Schüsseln, zahlreiche Phiolen mit Beschriftung, Kräuter, Salben und noch vieles mehr, was sich eigentlich eher bei einem gelehrten Arzt in der Innenstadt wiederfinden lässt. Dieser Anblick ist jedoch nicht sonderlich überraschend. Tsunade hat ein Händchen für medizinische Behandlungen und wohl weitaus mehr Talent dafür, als so manch ein Arzt, dennoch wirft Naruto einen leicht ratlosen Blick zurück durch die Bodenluke und versucht eine Erklärung, für diesen unterirdischen Gang zu finden, während Shizune dabei ist, sich ein nasses Tuch um Mund und Nase zu binden. Die Erklärung ist simpel und mit ein wenig Anstrengung kommt der Outlaw auch selbstständig hinter den Sinn. Tsunades aufopferungsvolle Hingabe, für Kranke und Schwache. Der Keller ist nicht nur ein Lagerraum, sondern vielmehr eine Schutzmaßnahme, um Krankheiten dort zu halten, wo Gesunde sich nicht anstecken können. Es ist ein Personalgang und dieser Raum dient als Hygienebereich. Naruto ist sich sicher, dass der Gang zwei separate Häuser miteinander verbindet und dass die Kranken selbst, nur durch die Vordertür des zweiten Hauses kommen können. Eine äußert simple aber effektive Vorgehensweise, mit verbleibendem Restrisiko. Diejenigen, welche die Kranken behandeln, sind trotz größter Vorsicht nicht vor eventuellen Ansteckungen geschützt. „Ich werde ihr mitteilen, dass Sie da sind. Wie ist Ihr Name?“ Naruto ist so in seinen Gedanken vertieft gewesen, dass er die nun wiedereinsetzende Stimme Shizunes mit einem leichten Zusammenzucken registriert, ehe er auf ihre Frage antwortet. „Charles Dyami.“ Sie nickt verstehend, öffnet die Tür und schiebt gleich ein großes Laken zur Seite. Er kann für einen kurzen Augenblick noch ihre Silhouette erkennen, nachdem das Laken zurück in Position gefallen ist, ehe sie ganz verschwunden ist. Seufzend verstaut Naruto seine Hände in den Taschen und beginnt gedankenverloren damit, die zahlreichen Phiolen zu betrachten. Allerdings verraten ihm die Beschriftungen nicht wirklich viel und er interessiert sich auch weitaus mehr dafür, wie er Tsunade gleich gegenübertreten soll. Diese Frau ist ihm sehr wichtig und es ist nicht übertrieben, wenn er sagt, dass sie den Stellenwert einer Mutter für ihn hat. Er liebt sie, als wäre sie seine Mutter und gerade deswegen hat er ein sehr schlechtes Gewissen ihr gegenüber. Sein plötzliches Verschwinden aus New York, ohne ein Wort der Verabschiedung oder Erklärung, ist nicht gerade eine Aktion gewesen, welche sie verdient hat. Nach all den Dingen die sie für ihn getan hat, hätte sie wahrlich etwas Anderes verdient. Er bereut sein Handeln und dass nicht erst seit den letzten Minuten, sondern schon seit seinem damaligen Verschwinden. Er blickt auf, als Shizune zurückkommt, das Tuch in einen Korb wirft und sich in einer Schüssel gründlich die Hände wäscht. Erst nach einem durchstrukturierten Handelsablauf, wendet sie sich ihm wieder zu und reicht ihm ebenfalls ein Tuch, mit der Aufforderung es sich dicht um Mund und Nase zu binden. Es ist etwas, was er nicht hinterfragt sondern einfach tut. Das Stück Stoff ist nass und ein beißender, scharfer Geruch sorgt dafür, dass seine Augen zu tränen beginnen. Einen solch intensiven Geruch hat er seit seiner Schussverletzung vor zwanzig Jahren nicht mehr in der Nase gehabt. Es schüttelt ihn regelrecht, was Shizune ein sehr amüsiert klingendes Kichern entlockt, wobei sie ihm mit einer Geste und der mahnenden Worte nichts zu berühren, den Eintritt erlaubt. Es handelt sich tatsächlich um ein weiteres Haus, in dem sich jedoch kein harmonischer Anblick bie-tet. Hier herrschen Elend, Krankheit und Tod. Ein Patient sieht schlimmer als der andere aus. Rö-cheln, husten, wimmern und jammern sind die Geräusche, welche in diesen Wänden einen sehr dominierenden Part einnehmen. Von der vorherigen Hoffnung und Lebensfreude, wie sie in dem anderen Gebäude vorzufinden sind, fehlt hier jede Spur. Hier haben sich die Bewohner mit ihrem unmittelbar bevorstehenden Ende abgefunden. Die Wenigsten werden auch tatsächlich wieder auf die Beine kommen und mitten drin steht sie. Tsunade Senju. Die gute Seele von New York. Sein Herz macht einen erfreuten Sprung, als er sie erblickt und zeitgleich hämmert sein schlechtes Gewissen auf ihn ein. Er würde es ihr noch nicht einmal verübeln, sollte sie wegen seines Wegganges noch immer wütend auf ihn sein. In gewissen Dingen ist sie sehr nachtragend. Er weiß nicht, wie sich die vergangenen Jahre auf sie ausgewirkt haben, doch in Anbetracht der Tatsache, dass sie nun über siebzig Jahre ist, wirkt sie erstaunlich jung. Er würde sie um die zwei Jahrzehnte jünger schätzen, wenn er ihr Alter nicht wüsste. Wie war das noch gleich? Viel Schlaf, viel Bewegung, eine ausgewogene und gesunde Ernährung, viel Wasser trinken und um der Haut ihre Spannkraft zu lassen und täglich mit einer Feuchtigkeit spendenden Creme einreiben. Tsunades Patentrezept für ein langes und gesundes Leben, was auch ganz offensichtlich Früchte trägt. Sie hat ein Alter erreicht, von dem die meisten Menschen noch nicht einmal zu träumen wagen. Die wenigstens werden älter als Mitte Vierzig. Ihre langen blonden Haare, welche sie zu einem dicken Zopf zusammengebunden hat, sind erst an einigen Stellen ergraut, ihre braune Augen ruhen konzentriert auf ihren Handlungen und auch wenn sie jünger aussieht, als sie eigentlich ist, wurde auch ihr Gesicht nicht von der Zeit verschont. Feine Falten zieren ihre Haut und bezeugen ihr fortgeschrittenes Alter. Sie ist eine lebenserfahrene Frau. Tsunade ist gerade dabei einem Mann Wasser einzuflößen. Eine vollkommen ausgemergelte und kraftlose Gestalt, jeder Selbstständigkeit beraubt und nur mit ihrer Hilfe überhaupt fähig den Kopf anzuheben. Die Tage dieses armen Teufels sind eindeutig gezählt und laufen erbarmungslos ab. Wenn die anhaltende Pflege in diesem Gemäuer nicht wäre, dann wäre er wohl schon längst in irgendeiner Seitenstraße geendet – wie so viele andere in diesem Raum auch. Sorgsam und genausten darauf achtend, nichts zu berühren, schlängelt sich Naruto durch die zahlreichen Krankenbetten und stoppt seine Schritte erst wieder, nachdem er an dem besagten Bett angekommen ist. Tsunade schenkt ihm noch nicht einmal einen kurzen Blick, sondern fährt einfach in ihrer Behandlung fort. Sie ignoriert ihn, während sie von Pritsche zu Pritsche wandert und er einfach nur stumm folgt. „Ich kenne niemanden mit Ihrem Namen. Weswegen sind Sie hier?“ Sie blickt bei diesen Worten noch nicht einmal auf. Sie schenkt ihm nun einen Teil ihrer Aufmerksamkeit, während sie einer jungen Frau neue Wadenwickel umlegt. Naruto lächelt nur, wobei er für einen Augenblick ihr Profil betrachtet und seinen Blick anschließend durch die Krankenstation gleiten lässt. „Über zwanzig Jahre und trotzdem sehen die Five Points noch genauso aus, wie ich sie in Erinnerung habe. Nur du hast es geschafft. Von einem einfachen Schuppen zu einem Armenhaus mit Lazaret.“ Er kann aus den Augenwinkeln erkennen, wie sich ihr Körper plötzlich verkrampft. Sie hält in ihrem Tun inne und blickt mit geweiteten Augen auf ihre zitternden Hände. Er richtet seinen Blick wieder auf sie, während Tsunade ihr Gesicht so langsam in seine Richtung dreht, als hätte sie Angst er würde sich auflösen, wenn sich ihre Augenpaare treffen. Sie erkennt ihn. Sie kennt seine Stimme, auch wenn er nun erwachsen klingt. Sie kennt seine Art zu reden und sie kennt seine Augen. Diese verräterischen blauen Augen, die sie unter tausenden herauspicken könnte. Er ist wieder zurück und hat sich durch seine Äußerung auch absichtlich zu erkennen gegeben. Sie ist fassungslos über seinen Anblick und scheint ihrer Stimme beraubt worden zu sein. Er hingegen lächelt nur und auch wenn das Tuch dieses verbirgt, zeigen die altersbedingten Fältchen um seine Augen herum, deutlich seine Gesichtsmimik. „Hallo Ma.“ Kapitel 13: Der Chairman ------------------------ Wenige Stunden zuvor Naruto muss zugeben, dass er seine Mutter noch nie so wütend gesehen hat. Er hat ihr vorher auch nie einen Anlass dazu geboten und wenn er mal Unsinn angestellt hat, dann war sie höchstens minimal verstimmt, aber der jetzige Gemütsumstand ist äußert beängstigend. Ihr Blut scheint zu kochen und wenn jetzt noch Dampf aus ihren Ohren emporsteigen würde, würde den Outlaw das nicht verwundern. Seit er einfach so in ihre Krankenstation geplatzt und sich ihr offenkundig zu erkennen gegeben hat, hat er es nicht mehr gewagt, auch nur ein Wort ihr gegenüber zu verlieren. Er schweigt und folgt ihr reumütig durch ihr Lebenswerk und dank ihres sehr erbosten Auftrittes flieht so manch einer der armen Teufel vor ihr. Wenn Naruto sich die Gesichter der Leute so anschaut, dann sind sie wohl schon in den Genuss dieses Gemütszustandes gekommen und nun äußert beunruhigt. Es scheint nicht so zu sein, als könne ihr jemand in dieser Lage ruhig zusprechen, was den mehrfachen Familienvater angespannt schlucken lässt. Er spielt sogar ernsthaft mit dem Gedanken, sich lieber wieder zu verziehen. Die alte Dame legt eine Geschwindigkeit an den Tag, dass Naruto ihr förmlich nur hinterher stolpert, um nicht den Anschluss zu verlieren. Er hegt in diesem Moment wirklich große Zweifel daran, ob es eine gute Idee gewesen ist, sie auf zu suchen und das ohne jede Vorankündigung. In Anbetracht seiner Vergangenheit, im unmittelbaren Zusammenhang mit den Steckbriefen und Schlagzeilen, wäre eine Vorwarnung vielleicht die Alternative gewesen, als einfach nach über zwanzig Jahren einen Überraschungsbesuch zu unternehmen. Er weiß nicht, welch Gefühle in dem Inneren seiner Mutter umher toben, genauso wenig wie er eine Vorstellung davon hat, was sie in den letzten zwei Jahrzehnten durchgemacht hat. Sie wissen nichts mehr voneinander, weswegen Naruto äußert bedauernd auf den Rücken dieser hilfsbereiten Person blickt und eine Vielzahl an Entschuldigungsformulierungen auf der Zunge liegen hat. Sein Schweigen bricht er dennoch nicht. Keine Entschuldigung der Welt, kann es wieder gut machen, was er ihr angetan hat. Er hat ihren Zorn verdient, also erträgt er ihn. Mit festen Schritten stapft Tsunade auf eine Tür zu, welche sie so kraftvoll aufstößt dass Naruto für einen kurzen Moment glaubt, sie würde aus den Angeln gehoben werden. Der Türknauf prallt klir-rend an die Wand, was von der Leiterin des Armenhauses nicht beachtet wird. Sie marschiert auf einen, sich in der Mitte befindlichen Schreibtisch zu und stützt sich mit beiden Händen auf dessen Oberfläche ab. Naruto zögert und verweilt auf der Schwelle zu ihrem Büro – so will er es nennen. Er steht einfach da, blickt auf ihren gekrümmten Rücken und fühlt sich hilflos. Es ist ein Empfinden des Elends, welches sich in seiner Brust ausbreitet. Reue und die Gewissheit keine seiner Taten ungeschehen machen zu können, wirken im Zusammenspiel miteinander betäubend. Wenn er es anatomisch gesehen fertigbringen könnte, dann würde er sich mehrfach und kraftvoll selbst in den Hintern treten. Eine Selbstgeißelung erscheint ihm in diesem Moment die einzige Möglichkeit, um sich selbst ausreichend genug bestrafen und dennoch nichts verändern zu können. Mit einem unterdrückten Seufzen blickt der Outlaw kurz über seine Schulter und betrachte einige der vielen Bettler, die ratlos und zurückhaltend auf ihren Schlafstellen kauern und das Geschehen aufmerksam beobachten. Zuschauer in einem Familiendrama oder wenigstens einer familiären Auseinandersetzung zwischen Mutter und Sohn. Zweifelsfrei sind solche Dialoge, die einen nicht selbst betreffen, interessant aber Naruto zieht es vor potenzielle Zuhörer und Zuschauer aus der kommenden Situation auszuschließen. Der für tot gehaltene Gesetzesbrecher tritt schließlich in den Raum hinein und schließt sorgfältig die Tür hinter sich, doch noch immer fühlt sich unfähig angebrachte Worte zu finden. Gerade als er Luft holt, um zu einer Entschuldigung anzusetzen, wirbelt Tsunade förmlich herum und deutet mit mahnendem Finger auf ihm, weswegen er gleich wieder den Mund schließt. „Wage es ja nicht, auch nur daran zu denken, dich zu entschuldigen.“ Schuldig blickt Naruto kurz zur Seite, während Tsunade eine Mappe von ihrem Schreibtisch greift, welche sie ihm schließlich kraft-voll gegen den Brustkorb drückt und ihn somit zur Annahme zwingt. „Nichts, was du sagen könntest, macht irgendetwas ungeschehen.“ Mit einer sichtbaren Enttäuschung im Gesicht, wendet die alte Dame sich wieder von ihm ab und stellt sich hinter ihrem Schreibtisch, an ein staubiges Fenster durch welches sie nur noch schwer hinausblicken kann. Naruto selbst steht noch immer an derselben Stelle wie zuvor und öffnet die Mappe in seinen Händen, in dem er schließlich jeden einzelnen Steckbrief von sich findet, der im Laufe seines Lebens angefertigt wurde. Zahlreiche Fahndungsplakate mit immer höher angesetzten Kopfgeldbeträgen. Das Älteste ist vierundzwanzig Jahre alt und zeigt ihn als einen heranwachsenden Burschen, mit einem noch sehr kindlichen Gesicht. Da war er gerade einmal zwölf Jahre alt und noch reichlich unerfahren, was das robuste Leben, außerhalb einer Stadtmauer für ihn bereithält. Naruto sieht auf diesen Steckbriefen seine gesamte Entwicklung und nimmt schließlich den aktuellsten aus der Mappe heraus. „Ich finde, sie haben mich noch nie gut getroffen.“ Schmunzelnd betrachtet der Outlaw seine aufgezeichneten und äußert ernsten Gesichtszüge, welche ihn fast wie einen Minenarbeiter erscheinen lassen, der seit Wochen nicht mehr das Tageslicht zu Gesicht bekommen hat. Fassungslos über eine solche Aussage und mit einem leichten Kopfschütteln, dreht Tsunade sich wieder zu ihm um und lässt ihr braunes Augenpaar für einen kurzen Moment über seinen Körper gleiten. „Nach siebenundzwanzig Jahren kehrst du zurück und reißt blöde Witze?“ Ein Blick in ihre enttäuschten Augen genügend und das Schmunzeln verschwindet aus seinem Ge-sicht. Er seufzt niedergeschlagen, legt den Steckbrief zurück in die Mappe, welche er schließlich zurück auf den Schreibtisch legt. Ratlos verstaut er seine Hände in den Hosentaschen und blickt mit einem hilflosen Schulterzucken zu seiner Mutter, die in seinen tief blauen Augen ehrliches Bedauern erkennen kann. „Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Eine Entschuldigung willst du nicht hören, also-“ „Wie wäre es mit einer Erklärung?“ Für einen winzigen Zeitraum hält der Outlaw ihrem Blick stand, bis er zurück auf die Mappe schaut, in der ein Großteil seiner Vergangenheit liegt. Zahlreiche Straftaten für die er, wäre er der christlichen Überzeugung von Himmel und Hölle, bestimmt in der Hölle schmoren wird. Eine Erklärung. Eine Darlegung der eigenen Gedanken und Handlungen, die ihn zu seinen Taten getrieben haben und welche ihm zu dem Mann gemacht haben, der er nun ist. Egal, wie sehr er auch überlegt, er kommt wiederholt zu derselben Erkenntnis, die ihn fast verzweifelt nach vorne sacken lässt. „Ich habe keine Erklärung.“ „Hast du auch nur die geringste Vorstellung davon, was ich deinetwegen durchgemacht habe? Wel-che Sorgen ich mir gemacht habe? Du warst plötzlich einfach verschwunden und das ohne ein Wort. Ich habe von Sasuke erfahren, was passiert ist und dass du New York überstürzt verlassen hast.“ Naruto kommt sich vor, wie ein Angeklagter vor dem hohen Gericht, während Tsunade hinter ihrem Schreibtisch auf und abläuft und ihren Worten durch wilde und energischen Gesten noch mehr Ausdruck verleiht. Er hat noch nie einen solch vorwurfsvollen Unterton in ihrer Stimme gehört und das trifft ihn ausgesprochen hart. „Bei dem ersten Steckbrief dachte ich wirklich, dass das unmöglich sein kann. Ich hielt das für eine Verwechslung, doch was passierte? Es kamen immer mehr Steckbriefe und immer mehr Straftaten. Das Kopfgeld wurde immer höher und höher und ich konnte es einfach nicht begreifen, was ich da gerade erlebte. Plötzlich warst du nicht mehr Naruto, du warst der Teufel und dann kam die Todesmeldung. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Verstehst du das? Ich hatte dich verloren.“ Tsunade sucht seinen Blick, doch er weicht ihren Augen aus. Er kann es nicht ertragen sie anzusehen. Ihre Worte genügen, damit er sich schlecht fühlt. „Du warst tot und ich... ich musste es akzeptieren. Es war unsagbar schwer und dann plötzlich die Meldung, dass du noch lebst. Dass der Artikel eine Lüge war. Ich war so froh. Ich habe es für ein Wunder gehalten. Du warst wieder da.“ Naruto hört, wie seine Mutter eine der Schubladen aufzieht und das raschelnde Geräusch von Papier lässt ihn schließlich aufschauen. Es ist eine Zeitung, welche sie ihm vorgelegt hat und welche erst wenige Wochen alt ist. Das Bild auf dem Titelblatt allein erzählt ganze Bücher und alles zieht sich krampfhaft in seiner Brust zusammen. Es ist die Zeitung, in der sein Tod erneut berichtet wird. Es ist das Klatschblatt indem nicht ein aus-führlicher Artikel seiner Hinrichtung zu finden ist, sondern auch ein klares Bild von seiner Leiche abgedruckt wurde. Dieses Bild zeigt ihn, wie er leblos am Galgen baumelt. Für tot erklärt, dann von den Toten wieder auferstanden und nur kurze Zeit später von einem Sheriff hingerichtet. Welch grausame Seelenqual für eine Mutter. Resigniert stützt sich Naruto auf der Oberfläche des Schreibtisches ab und blickt auf das Bild seiner angeblichen Leiche. Er kann sich nicht einmal im geringsten Ansatz vorstellen, welche Gefühlsexplosion im Inneren stattfindet, wenn solch bedeutsame Nachrichten hintereinander veröffentlicht werden, besonders dann wenn sich das Leben nach der ersten Hiobsbotschaft wieder eingependelt hat. Dumpf lässt der Outlaw den Kopf hängen und schließt die Augen. Er hat so viele Fehler in seinem Leben begangen, dass er beim Passieren einer Kirchenschwelle augenblicklich im Flammen aufgehen müsste. Er hat die Menschen verletzt und im Unwissen gelassen, die ihm sehr viel bedeuten. Er hat seinen besten Freund verlassen, als ihre Ansichten zu unterschiedlich wurden. Er hat seine Mutter zurückgelassen, ohne eine einzige Silbe des Abschiedes und er hat sich bereitwillig von seiner Familie getrennt, in dem Glauben ein Wunder vollbringen zu können. „Es tut mir schrecklich leid.“ Es ist eine Entschuldigung, die nicht für seine Mutter gilt, sondern auch für alle anderen denen er unbeabsichtigt Schaden zugefügt hat. Seine Leitmotive sind nur nach der allerbesten Absicht gestaltet, doch wenn er im Laufe seines Lebens etwas gelernt hat, dann ist es die Tatsache, dass einige der schlimmsten Dinge nur in bester Absicht passiert sind. Wie ein geprügelter Hund, der noch immer mit dem Knüppel bedroht wird, steht er da und murmelt wiederholt Entschuldigungen in seinen Vollbart. Tsunade betrachtet ihn, seit seiner Ankunft das erste Mal genauer. Sie kennt sein Gesicht nur von Steckbriefen und auch wenn sie zuvor nicht über seinen Sarkasmus lachen konnte, so muss sie ihm nun zustimmen. Die Bilder auf den Fahndungsplakaten sehen ihm kaum ähnlich. Ein kleines, aber stolzes Lächeln umspielt ihre Lippen, wenn sie an den kleinen blonden Satansbraten von früher denkt, der ständig dieses breite Grinsen im Gesicht trug und so viel Lebensfreude versprühte, dass es nahe an der Grenze des Zumutbaren lag. Er ist ein Mann geworden. Reif und verantwortungsbewusst, aber irgendwo auch noch immer derselbe. Er ist sich treu geblieben, zumindest ist das ihr erster Eindruck. Zögernd tritt die alte Dame ihn heran und legt ihrem Sohn eine Hand auf die starke Schulter. Sie spürt, wie sich seine Muskeln für einen kurzen Moment anspannen und er nur langsam zu ihr auf-schaut. Diese blauen Augen. Die markanten blauen Augen. Als sie ihn aus diesem Kellerloch befreit hatte, hat sich dieses Augenpaar sofort in ihr Gedächtnis gebrannt. Unergründlich und eindrucksvoll. Oft kommt das Gefühl auf, sich in diesen Augen verlieren zu können und kein anderes Augenpaar, welches Tsunade in ihrem langen Leben bisher zu Gesicht bekommen hat, kann so klar und deutlich Emotionen zeigen. Es ist beinahe so, als würden sich Narutos Gedanken in ihnen widerspiegeln. Behutsam nimmt sie sein Gesicht in ihre Hände und betrachtet, mit einem Lächeln auf den Lippen, sein Gesicht. Er ist inzwischen einen ganzen Kopf größer sie und auch wenn sie seine Handlungen nicht verstehen kann, so ist sie sehr stolz auf ihn. Sie ist froh und erleichtert darüber, dass es ihm gut geht und dass sie ihm nach siebenundzwanzig Jahren endlich wiedervor sich stehen hat. Mit Freudentränen in den Augen zieht Tsunade ihn zu sich runter und legt die Arme um ihn „Du hast mir so gefehlt.“ Mit einem harten Schlucken umarmt Naruto die Frau, die er Mutter nennt und drückt sie an sich. All die Jahre hat er sich nach ihr gesehnt und je älter er wurde, umso größer wurde diese Sehnsucht. Bis er irgendwann davon ausging, dass sie nicht mehr am leben sein kann. Als Gaara ihm Gegenteiliges mitteilte, wollte er so schnell wie möglich nach New York – am liebsten wäre er sofort aufgebrochen. Er wollte zurück zu seiner Mutter. Zurück zu der Frau, der er sein Leben verdankt, die ihn befreit hat und die ihm wieder das Lachen beigebracht hat. Er wollte zu ihr und sie einfach nur in die Arme nehmen. So wie er es jetzt tut. Diese Wärme, ihr Geruch und ihre Nähe. Es ist wie Balsam für seine Seele. „Du hast mir auch gefehlt, Mama.“ Tsunade löst die Umarmung von ihrem Ziehsohn und tritt ein paar Schritte zurück, wobei sie es sich nicht nehmen lässt noch einmal einen Blick über seine Erscheinung gleiten zu lassen. Die alte Dame hatte kaum noch zu hoffen gewagt, ihn noch einmal sehen zu können und wenn doch, dann nur bei seiner öffentlichen Hinrichtung. Sie hat sich fest vorgenommen ihn in bester Erinnerungen zu behalten und zwar als kleiner Junge mit frechem Grinsen. Ihn nun als erwachsenen Mann vor sich stehen zu haben, ist das schönste Geschenk, welches das Leben ihr machen konnte. Sie kann gar nicht in Worte fassen, welche Gefühle seine Heimkehr in ihr auslöst und dennoch verblasst ihr Lächeln, um jede weiter dahin streichende Sekunde, mehr und mehr. Sie schließt es aus, dass er aus reiner Sehnsucht und Nostalgie heraus nach New York zurückgekommen ist und dass hinter seinem Besuch, sehr viel mehr steckt. Sie kann es in seinen Augen lesen und damit auch gleich den Zwiespalt erkennen, der in seinem Inneren tobt. Er will die Wiedersehensfreude nicht mit irgendeiner Forderung oder Bitte abmildern und hadert daher mit sich. Der blonde Outlaw beginnt etwas unsicher auf seiner Unterlippe herum zu kauen und für einen kaum wahrnehmbaren Moment, richtet er seinen Blick auf den Boden, was ihn wieder äußert schuldig dastehen lässt. Tsunade ist sich nun ganz sicher, dass er tief in seinem Inneren noch immer der kleine, verängstigte Junge ist, der mit einer aufgesetzten Maske durch die Welt läuft und alle um sich herum zu täuschen gelernt hat. Sein wahres Gesicht, seine wahren Gefühle und Gedanken, zeigt er nur einer ausgewählten Hand voll Leute und selbst ihr gegenüber, versucht Naruto oft genug seine mühsam aufgebaute Fassade der lebhaften Frohnatur aufrecht zu erhalten. Es mag seine Richtigkeit haben, dass die wenigsten Menschen sein gesamtes Seelenleben niemals in aller Vollständigkeit verstehen werden, aber sie hat ihn bereits oft genug sein Schicksal verfluchen und sein Leben beweinen sehen. „Also gut, lassen wir die Gefühlsduselei und kommen zum Punkt. Deine Anwesenheit hat doch sicherlich einen Grund.“ Mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck und mit eleganten Bewegungen, geht Tsunade hinter ihrem Schreibtisch zurück, wo sie sich auf dem Stuhl niederlässt und sich mit ineinander verschränkten Fingern zurücklehnt. Naruto grinst frech und legt den Kopf leicht schief. „Glaubst du mir etwa nicht, dass ich nur der alten Zeiten willen zurückgekommen bin?“ „Ha, du Schelm. Jetzt sag schon was du willst. Du vergisst wohl, dass ich in dir lesen kann, wie in einem offenen Buch.“ Naruto seufzt etwas ergeben und verschränkt die Arme vor der Brust, wobei er sich an den Schreibtisch seiner Mutter lehnt und sie somit auf sein breites Kreuz blicken muss. „Ich nehme an, dass es dir nicht reicht, wenn ich sage, dass ich deine Hilfe brauche?“ „Hm, lass mich nachdenken. Du läufst mit einem falschen Namen herum, hast deinen Tod erfolgreich vorgetäuscht und stehst nach fast drei Jahrzehnten wieder hier auf der Matte. Nein. Die Aussage reicht mir nicht.“ Ein kurzes Schmunzeln huscht über Narutos Gesicht, als er diese leicht sarkastischen Worte in seinen Ohren vernimmt, wobei er sich kurz über den Nacken streicht und nach einem passenden Punkt sucht, wo er eine Erklärung ansetzten könnte. Ergeben lässt er den Kopf hängen und schließt für einen Moment die Augen, ehe er sie wieder öffnet und an einen vollkommen bedeutungslosen Punkt im Raum blickt. „Siebenundzwanzig Jahre sind eine lange Zeit und ich bin nicht nur erwachsen geworden, sondern habe eine große Verantwortung übernommen. Verantwortung in vielerlei Hinsicht und durchaus belastend. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder … eigentlich vier.“ Tsunade klappt der Mund überrascht auf, wobei sie mit einer großen Portion an Fassungslosigkeit auf den Rücken ihres Sohnes starrt, während sich in ihrem Kopf ein klares Bild von dem damaligen blonden Satansbraten manifestiert, der mit seinem breiten Grinsen und den stets vorhandenen Flausen im Kopf, keinen sehr zuverlässigen Eindruck gemacht hat. Sie hat ihn immer als einen Herumtreiber gesehen, der heimatlos durch die Lande zieht und diese Vorstellung sah sie auch als bestätigt, als immer mehr Steckbriefe auf seinen Kopf ausgesetzt wurden. Von ihm selbst nun zu hören, dass er ein Familienvater ist, macht die blonde Frau sprachlos. Sie blickt, ihrer Stimme beraubt, auf das breite Kreuz des einstigen Straßenjungen, bis seine geäußerten Worte sie stutzen lassen. „Wie kann man denn eigentlich vier Kinder haben?“ Naruto lässt für einen Moment den Kopf hängen, ehe er sich abstößt und auf einen zweiten Stuhl im Raum zugeht. Dumpf lässt er sich auf dem Möbelstück nieder und stützt seine Unterarme auf seinen Beinen ab. „Ich werde dir alles erzählen.“ *** „Kannst du mir mal sagen, was das soll?!“ Erschrocken zucken die aufmerksamen Zuhörer zusammen und wirbeln regelrecht herum, als eine donnernde Stimme in dieser Hall of Hero widerhallt, die wenig amüsiert klingt, sondern eher einen ziemlichen zornigen Unterton besitzt, der an sich schon selten etwas Gutes bedeutet. Einen ähnli-chen Tonfalls kennt Konohamaru von seinem Vater, wenn dieser hinter irgendwelche Schandtaten seines Sohnes gekommen ist. Neugierig, wer so lautstark die Aufmerksamkeit auf sich zieht und auch weil die Museumsbesucher plötzlich sehr schockiert dreinblicken und ungläubiges Murmeln die Runde macht, stemmt sich Ko-nohamaru in die Höhe und streckt seinen Körper durch, um einen Blick über die Köpfe der versam-melten Menge zu erlangen. Ein Unterfangen, welches ihm schließlich gelingt, doch der Anblick des breitschultrigen Mannes, der in lässiger Kleidung im Eingangsbereich steht, sorgt dafür dass ihm der Mund aufklappt. Unendliche Fassungslosigkeit manifestiert sich in dem rebellischen Burschen, ehe er damit beginnt in einem wiederholten Wechselspiel, zwischen Statue und dem plötzlich aufgetauchten Mann hin und her zu blicken. Der Mann in den Dreißigern stapft mit einer tiefen Zornesfalte auf der Stirn, durch die Menge und direkt auf Bansai zu, der von diesem Auftritt weitaus weniger überrascht erscheint, als die übrigen Anwesenden. Der alte Herr lächelt schon fast erfreut, während Konohamaru und viele andere auch, den Mann mit offenen Mund anstarren. Der Jüngling glaubt, eine Erscheinung vor sich zu haben und zweifelt ernsthaft an der Funktionstüchtigkeit seiner sonst zu zuverlässigen Sinne. Bansai lächelt diesen Kerl mit den kurzen, blonden und wilden Haaren nur an, während dieser sich vor dem alten Greis aufbaut und die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt. Als gäbe es keinerlei Grund zur Sorge, obwohl der Gemütsumstand des Neuankömmlings durchaus eine beunruhigende Ernsthaftigkeit ausstrahlt, blickt Bansai zu dem Halbstarken und deutet mit einer höflichen Geste auf diesen Mann, den Konohamaru noch immer für eine Erscheinung hält. „Konohamaru, ich möchte dir meinen Enkelsohn vorstellen. Naruto Charles Uzumaki.“ Ein Raunen geht durch die Runde und während der nun als Naruto vorgestellte Mann einen kurzen Seitenblick auf Konohamaru richtet, ist dieser unfähig irgendetwas zu sagen. Diese offenkundige Ähnlichkeit, zu einem Mann der vor hundert Jahren verstorben ist, ist äußert schockierend und zu gewissen Teilen sogar beängstigend. Der Name tut sein Übriges dazu. Auf den ersten Blick lassen sich keinerlei Unterschiede feststellen. Dieselben blauen Augen, dieselben blonden und wilden Haare. Derselbe Körperbau und dieselbe Gesichtsmimik. Konohamaru glaubt wirklich die Reinkarnation des großen Helden ihres Stammes vor sich stehen zu haben und so lässt er seine geweiteten Augen ausgiebig über die gesamte Gestalt wandern, während Bansai und Naruto in einen Dialog eintreten, welchen Konohamaru überhaupt nicht wahrnimmt. Das Cowboy Image sucht der Halbstarke jedoch vergebens, aber in Anbetracht des heutigen Jahr-hunderts ist das wohl zu verzeihen. Dieser Naruto sieht eben nicht aus, wie der erste Naruto, der auf seinem Pferd durch die Prärie geritten ist. Eine etwas ausgewaschene Jeans, leicht abgetragene Sneaker, ein oranges Shirt und darüber ein weißes Hemd, dessen Ärmel locker hochgekrempelt sind, zeugen eindeutig davon, dass dieser Naruto nicht aus der Vergangenheit stammt. Konohamaru kann es dennoch nicht glauben, was er da zu sehen bekommt und blickt erneut vergewissernd zu der Statue und schließlich auch auf ein Foto an der Wand, nur um fassungslos mit dem Kopf zu schütteln. Wie kann das nur möglich sein? Von der Gesamtsituation etwas überfordert wirkend, schaut Konohamaru zurück zu dem diskutie-renden Gespann und vernimmt erst jetzt den Inhalt, der entflammten Debatte zwischen Großvater und Enkelsohn. „Das Krankenhaus hat mich angerufen, weil du einfach abgehauen bist. Ich musste eine Sitzung deswegen verschieben lassen. Die Krankenschwester war völlig hysterisch. Du kannst doch nicht einfach verschwinden!“ „Gestern hat sie auch nichts bemerkt und wenn ich was gesagt hätte, dann hätten die mich doch aufgehalten.“ „Zurecht! Du bist krank und nicht umsonst in stationärer Behandlung!“ „Wenn ich schon sterben muss, dann will ich meine letzten Tage noch genießen und so gestalten, wie ich das möchte und nicht gefesselt an ein Krankenbett, vollgestopft mit Schmerzmitteln.“ Seufzend und um Fassung bemüht, massiert sich Naruto den Nasenrücken, wobei er die Augen schließt und etwas Unverständliches in seinen drei Tage Bart murmelt. Er scheint leicht verzweifelt zu sein und schüttelt ratlos den Kopf. „Großvater … bitte. Lass mich dich zurückbringen. Ich mache morgen blau und fahre mit dir quer durchs Land, wenn du das willst, aber diese Sitzung heute ist verdammt wichtig und ich bin schon längst zu spät dafür, also bitte, bitte komm mit mir mit.“ Etwas unschlüssig blickt der alte Herr zu Konohamaru, der noch immer in einem fassungslosen Mimikspiel versunken ist und diesen Blick eher halbherzig erwidert. „Na gut, dann bring ich eben zurück in dieses sterile Gefängnis, mit dem unappetitlichen Essen.“ Bansai zuckt ergeben mit den Schultern, während die seines Enkels erleichtert nach unten sacken, ehe dieser seinem Großvater dabei hilft auf die Beine zu kommen. Die völlig verblüfften Museumsbesucher stehen an Ort und Stelle, wie Schaufensterpuppen und können noch gar nicht richtig begreifen, was sich da gerade vor ihnen abgespielt hat. Abgesehen davon, dass dieser Naruto dem anderen Naruto, wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelt, bleibt trotzdem noch die Frage, wer das war. Klar ist nur in welcher Beziehung er zu Bansai steht und diese Erkenntnis jagt einen heftigen Ruck durch den Körper des Halbstarken. Naruto Charles Uzumaki. Bansai Uzumaki. Die beiden sind direkte Nachkömmlinge des ersten Naruto. Sie entstammen seiner Blutlinie. Sie sind die Nachkommen dieses Helden. Am nächsten Tag Naruto Charles Uzumaki wurde am 10. Oktober 1980 in Kansas City, als einziges Kind von Minato und Kushina Uzumaki geboren. Die Familie ist Mitglied des Navajo Stammes. Bereits in seinen ersten Lebensjahren zeigte Naruto eine außergewöhnlich hohe Intelligenz. So konnte er bereits mit drei Jahren flüssig lesen. In den Bereichen Mathematik und Naturkunde zeigte er unglaubliches Potenzial und war gleichaltrigen weit voraus. Schnell stellte sich heraus, dass er bereits mit zehn Jahren einen IQ von 120 besaß und seinen Klassenkameraden in vielen Bereichen überlegen war. Im Laufe seiner Schuljahre ermöglichten ihm seine Eltern eine umfangreiche Bildung mit verschiedenen Förderprogrammen, wodurch es ihm schließlich möglich war, bereits mit 15 Jahren ein Studium an der University of Arizona zu beginnen. In den Fächern Philosophie, Pharmazie und Analytische Chemie, legte er bis zum heutigen Tag eine bisher nicht mehr erreichte Leistung hin und erlangte sein Diplom mit 17 Jahren. Nach seinem erfolgreichen Abschluss an der Universität, brachte er sich mit Leidenschaft in der Politik ein und unterstütze verschiedene Hilfsprojekte, wie die medizinische Versorgung von Obdachlosen oder die Betreuung von Missbrauchsopfern. Im Alter von 25 Jahren wurde er von den Abgeordneten des Navajo Stammes zum Chairman ernannt und widmet sich seitdem dem politischen und wirtschaftlichem Wohlergehen seines Volkes. Naruto ist seit dem 15. August 1999 verheiratet. Das Ehepaar lebt im Navajoland und hat zusammen einen Sohn (September 1998) und eine Tochter (März 2002). Der Halbstarke hat diese wenigen Zeilen am vergangenen Abend mehrfach gelesen und war über seine Unwissenheit regelrecht schockiert. Er, der im Laufe seines noch jungen Lebens, ganze Bücherregale verschlungen hat und sich als äußert belesen bezeichnen würde, hatte keine Ahnung um welche Person es sich bei dem Chairman handelte. Als er seine Familie beim gemeinsamen Abendessen nach der Identität des Chairman fragte und jeder einzelne von ihnen, eher verwundert darüber zu sein schien, dass ihr sonst so patriotischer Zeitgenosse augenscheinlich keine Ahnung von ihrem Oberhaupt hat, war er dermaßen peinlich berührt, dass er am liebsten unter den Tisch gekrochen wäre. Es ist ihm auch immer noch ein Rätsel, wie er das nicht wissen konnte, denn immerhin ist dieser Naruto nicht erst seit gestern der Chairman. Entschlossen diese beschämende Wissenslücke endgültig zu schließen und in Anbetracht der noch immer ausstehenden Hausarbeit, deren Abgabetermin unaufhaltsam näher rückt, hat sich Konoha-maru nach dem Frühstück zur Adresse des Volksoberhauptes aufgemacht und druckst nun seit einer guten dreiviertel Stunde vor dessen Grundstück herum. Einige dutzend Male ist er bereits die Straße auf und abmarschiert und hat den Unbeteiligten gespielt. Er ist sich sicher, dass er als Geheimagent oder verdeckter Ermittler schon längst enttarnt worden wäre, doch inzwischen hat er den Eindruck gewonnen, dass niemand zuhause ist. Hinter den Fenstern kann er die ganze Zeit über keinerlei Bewegung ausmachen. Es gibt kein geparktes Auto in der breiten Einfahrt und Geräusche kann er auch nicht vernehmen. Die Familie ist offensichtlich ausgeflogen. Unsicher wagt der wissbegierige Halbstarke sich doch schließlich vor und betritt mit einem tiefen Luftholen den mit Kies bestreuten Weg, der in einer leichten Biegung zur Veranda des Hauses ver-läuft. Dieses Haus hat nicht mehr viel mit den einstigen Traditionen der Diné zu tun und ähnelt einem Hogan daher so viel, wie ein Goldfisch einem Elefanten, aber es sind auch eher die schlecht verdienen Menschen seines Volkes, dich noch in traditionsgemäßen Behausungen leben und abgesehen davon, ist dieses Haus äußert eindrucksvoll. Eine kleine Villa, mit gepflegter, weinroter Fassade und grau schimmernder Bedachung. Fensterrahmen, Dachsims, als auch das Geländer der Veranda, sind in einem reinen Weiß gehalten und setzen damit geschickt einen visuellen Reiz. Die U-förmige Veranda ist ein Blickfang und sucht seinesgleichen. Sie dient zum einen als überdachter Eingang, zum anderen als schattiges Plätzchen im Sommer. Rundherum um das Geländer befinden sich liebevoll gestaltete Blumenkästen, die mit ihrer bunten Blumenpracht äußert einladend erscheinen und die Veranda selbst, umrahmt ein nach vorne herausragendes Zimmer. Es wirkt alles so freundlich und warm, dass es schon beinahe wieder unheimlich erscheint. Nervös verharrt Konohamaru vor den zwei Stufen der hölzernen Veranda und lässt einen überprü-fenden Blick über die Fassade des Gebäudes gleiten, ehe er eines der Fenster des Raumes fixiert, welches von der Veranda beinahe demonstrierend umschlossen wird. Er fühlt sich fast wie ein Ein-brecher, der unmittelbar vor seinem großen Coup steht und nun doch mit der moralischen Richtig-keit seines Handelns kämpft. Konohamaru hat jedoch keine kriminellen Gedanken, aber in Anbe-tracht der Position des Chairman hat er regelrechtes Herzrasen und fühlt sich, als hätte er um eine Audienz bei der Queen gebeten. Mit schwitzigen Händen erklimmt der Halbstarke die zwei Stufen und schleicht förmlich zu dem anvisierten Fenster, wo er schließlich einen Blick hindurch riskiert. In diesem Raum befindet sich ein großer Konzertflügel unmittelbar neben dem Fenster, zahlreiche Bilder hängen an den Wänden und ein gigantisches Bücherregal beinhaltet neben Büchern augenscheinlich auch Fotoalben und anderweitige Sammlungen, die schlagartig seine Neugier wecken. In der stillen Hoffnung noch mehr zu erkennen, beugt er sich näher an das Fenster und legt die Hände rechts und links von seinem Gesicht an. Ob Naruto hier wohl alle familiären Dinge aufbewahrt? Historische Fotos, die ihren Weg nicht in das Museum gefunden haben oder handschriftliche Dokumente von dem ersten Naruto persönlich? Konohamaru spürt dieses Beben in seinem Körper und würde sich am liebsten Zutritt zu dem Haus verschaffen, doch dank guter Erziehung belässt er es bei einem Seufzen und tritt schließlich von dem Fenster zurück. Im ersten Moment hegt der rebellische Teenager tatsächlich die Hoffnung, sich die weitere Person neben seinem eigenen Spiegelbild im Fenster, nur einzubilden. Ein Produkt seines ohnehin ange-spannten Gemütszustandes, welches sein Gehirn fabriziert hat, bis er sich schließlich absolut sicher ist, nicht mehr alleine auf der Veranda zu sein. Schräg hinter ihm lehnt Naruto an dem Geländer seiner Veranda, die Arme locker vor der Brust verschränkt und vielsagend eine Augenbraue in die Höhe ziehend, als der Halbstarke ihn erblickt und schließlich entsetzt keuchend, einen kräftigen Sprung zur Seite tätigt, als wenn er von irgendetwas gebissen worden wäre. Sein Herz poltert heftig gegen seinen Brustkorb, während ihm der kalte Schweiß auf die Stirn tritt. Konohamaru weicht sogar dem überprüfenden Blick des Chairman aus, der ihn offensichtlich gleich erkennt und mit einem Räuspern die Aufmerksamkeit des Jungen einfordert. Mit dem beklemmenden Gefühl, bei irgendeiner unschönen Tat erwischt worden zu sein, steht er da wie ein Angeklagter vor dem Richter und macht den Eindruck eines geprügelten Hundes. Unfähig den Blick anzuheben, starrt der Halbstarke auf seine Füße und kann das amüsierte Schmunzeln auf dem Gesicht des Chairman gar nicht sehen. Naruto betrachtet die etwas hager wirkende Gestalt, ehe er die Hände locker in den Taschen seiner Jeans verstaut und ein nicht mehr ganz so bedrohliches Gesicht zieht, wie es sein Spiegelbild wohl vorher vermittelt hat. „Konohamaru war dein Name, richtig? Ich erinnere mich. Verrätst du mir, warum du um mein Haus herumschleichst, wie ein Dieb.“ „I-ich war neugierig.“ Verlegen scharrt Konohamaru mit einem Fuß auf dem Boden herum und traut sich noch immer nicht dem Familienvater in die Augen zu sehen, obwohl er in seiner Stimme keinen verärgerten oder anderweitig alarmierenden Unterton feststellen kann. In der Museumshalle klang er weitaus bedrohlicher. Diese Erklärung sorgt jedoch dafür, dass Naruto verwirrt das Gesicht verzieht. „Neugierig worauf?“ „Ich wollte wissen, wer du bist.“ Es ist ein zusätzliches Schulterzucken, was nahezu unbewusst er-folgt, was er zusätzlich zu seinen Worten tätigt. Es vergehen ein paar Augenblicke, in dem ein ratlo-ses Schweigen die Umgebung dominiert, ehe Konohamaru verwirrt aufblickt, als er das Lachen in seinen Ohren vernimmt, welches eindeutig von dem Volksoberhaupt herrührt. Den Auslöser dafür, kann sich der Junge aber nicht erklären. Ist seine Erklärung so amüsant, dass andere in schallendes Gelächter ausbrechen? Es mag sich etwas dumpf und hilflos anhören, aber zum Lachen ist es deswegen noch lange nicht. „Mein Großvater hat mir gestern noch alles erzählt. Er hat auch die Vermutung aufgestellt, dass du zeitnahe zu mir kommen würdest. Auf seine Menschenkenntnis war immer schon verlass.“ Entspannt stößt sich der Familienvater von dem Geländer ab und deutet Konohamaru mit einer laschen Geste schließlich an, ihm folgen zu können. Die beeindruckende Bauweise des Hauses setzt sich im Inneren nahtlos fort. Nur wenige Schritte, rechts gelegen von der Haustür, befinden sich zwei Räume und durch eine offenstehende Tür kann Konohamaru einen kurzen Blick in ein Büro erhaschen. Massiver Eckschreibtisch, großer Lederstuhl und ein Regal, vollgestopft mit Aktenordnern. Links von der Haustür befindet sich die Tür zu dem Zimmer, in welches der Halbstarke von draußen so verstohlen hereingeschaut hat. Für ihn ist der verschlossene Raum die Glory Hole in diesem Haus und er würde zu gerne einen Blick riskieren. Keinen Schritt weiter erblickt der Bursche die Treppe zum Obergeschoss. Daneben gelegen befindet sich ein offensichtliches Gästebadezimmer, was das kleine Messingschild an der Tür aussagekräftig verrät, denn Gäste-WC ist nur schwer missverständlich zu deuten. Konohamaru folgt dem Chairman durch den Flur in die offene Küche, dessen Blickfang nicht die moderne Küchenzeile darstellt, sondern ein runder Tisch mit sechs Stühlen drum herum. Es ist das erste Objekt, welches sich schon von der Haustür aus sehen lässt. Hinter jenem Küchentisch befindet sich eine gläserne Schiebetür, durch welche die Veranda betreten werden kann, die von zwei Seiten windgeschützt ist. Links neben der Schiebetür beginnt die Küchenzeile und ebenfalls linksseitig gelegen von eben dieser, befindet sich ein großer Hauswirtschaftsraum, in dem sich ein Regal mit Konserven und anderen Lebensmitteln befindet, neben der Waschmaschine und dem Trockner. Die von einem Türstopper aufgehaltene Tür, macht einen solch freien Blick möglich und offensichtlich wird die Garage durch die weitere Tür in dem Hauswirtschaftsraum erreicht. Das Wohnzimmer liegt rechts, oberhalb der Küche und dürfte wohl den Mittelpunkt im ganzen Haus darstellen, denn die Decke öffnet sich bis in den First in fünf Metern Höhe. Ein prachtvoller Kamin lädt zu gemütlichen Abenden, in der ebenfalls vorhandenen Sitzecke ein. Die gesamte Einrichtung und die Gestaltung der Räume, alles wirkt wie füreinander geschaffen und so perfekt aufeinander abgestimmt, dass Konohamaru bei diesem Anblick nur staunend auf der Schwelle zwischen Küche und Wohnbereich verharrt und mit offenem Mund die geöffnete Zimmerdecke anstarrt. Dieses Wohnsituation ist mit der seiner Familie gar nicht vergleichbar, obwohl sie keinesfalls ärmlich leben und doch kommt es ihm nun so vor, als würden sie im Sperrmüll hausen. Vielleicht sollte er irgendwann mal in die Politik gehen. Offensichtlich lässt sich dort gutes Geld verdienen. „Mein Großvater hat mir von deiner Hausarbeit erzählt. Wie kommt es, dass ein Junge in deinem Alter lieber ein Museum besucht, als im Internet auf die Suche zu gehen?“ Erschrocken zuckt Kono-hamaru zusammen, als Narutos Stimme ertönt und er von diesem eine Dose Eistee angeboten bekommt. „Das war nicht meine Idee. Meine Mutter hat damit gedroht, meinen Computer aus dem Fenster zu werfen, wenn ich nicht endlich mal aktiv werde und mich für die Schule mehr auf den Arsch setze.“ Der Halbstarke verdreht genervt die Augen und nimmt das angebotene Getränk mit einem dankenden Nicken schließlich entgegen, während Naruto bei dieser Erläuterung amüsiert auflacht und in Richtung Trassentür geht. Konohamaru folgt ihm unaufgefordert. „Das erinnert mich an meine Mutter. Es hat sie immer zur Weißglut getrieben, dass ich so viel Zeit vor dem Pc verbrachte und in ihren Augen nicht Sinnvolles daran tat.“ „Ich habe aber gelesen, dass du mehrere Klassen überspringen konntest und mit fünfzehn bereits zur Uni gegangen bist.“ Seufzend lässt sich Naruto auf einem der Verandastühle nieder und fragt sich insgeheim, welcher Teil seines Privatlebens auch wirklich noch privat ist. Er hat sich daran gewöhnt, dass sich heutzutage wirklich alles im World Wide Web finden lässt und Angaben zu seiner eigenen Person bilden da keine Ausnahme. Es ist jedoch fatal, Aussagen aus dieser Quelle von vornherein als glaubhaft anzusehen, denn auch wenn er überdurchschnittlich intelligent ist, so hat er den Schulunterricht immer als reinen Zwang angesehen und wenig Sympathien dafür übriggehabt. Mit einem kurzen Handgriff öffnet Naruto seine eigene Eisteedose, während Konohamaru sich auf dem zweiten Stuhl niederlässt und einen kurzen Blick über die gepflegten, aber recht klein wirkenden Garten gleiten lässt. Eine blühende Wiese und Blumenpracht, gehört in Arizona zu den Dingen, die nicht zum alltäglichen Bild gehören, doch die Familie Uzumaki hat, trotz des Wüstenklimas, einen eindrucksvollen Garten, mit heimischen Pflanzen und Grünfläche, wie sie für Arizona typisch ist: Staubig, sandig und trocken. Diese Familie versteht ganz offensichtlich etwas davon, sich ein gemütliches und einladendes zuhause zu schaffen. Der Familienvater nimmt einen tiefen Schluck aus der Dose, ehe er das Gesprächsthema wieder aufgreift. „Intelligenz und Leidenschaft sind zwei unterschiedliche Dinge. Ich konnte der Schule nie viel abgewinnen und habe es mir eher zum Hobby gemacht, die Lehrer zu ärgern.“ „Das kann ich mir nicht leisten. Meine Versetzung ist ohnehin schon gefährdet und deswegen muss ich mit der Hausarbeit ganz dringend punkten.“ „Na ja, ich will ehrlich sein. Dass der Zustand meines Großvaters ist alles andere als lebensbejahend ist und da er seit seinem gestrigen Ausflug einen Schrank von Mann vor seinem Zimmer stehen hat, stehen die Chancen schlecht, dass er dir die Geschichte zu Ende erzählen kann.“ Mit einem Schlag entmutigt lässt Konohamaru den Kopf hängen und sieht sich bereits in der Bibliothek, über dutzen-den von Büchern hocken, wo jedes einzelne nur die gleiche Geschichte erzählt. Er hat gehofft mit solch einer Erzählung, wie Bansai sie parat hat, ganz groß punkten zu können. Eine Darstellung von historischen Ereignissen in einem gänzlichen anderem Licht und das faktisch aus erster Hand. Detailliert erzählt von einem Mann, der aus der Blutlinie stammt. Er hätte richtig Eindruck bei seiner biestigen Lehrerin machen können und jetzt bekommt er gesagt, dass er das alles vergessen kann und den komplett veralteten Weg der Nachforschung betreiben kann. „Was hat Bansai? Er sah ziemlich krank aus.“ Noch immer lässt der Halbstarke den Kopf hängen und betrachtet gedankenverlorenen die Dose in seinen Händen, während Naruto auf diese Frage den Kopf in den Nacken legt und in den wolkenlosen Himmeln blickt. „Lungenkrebs. Die Diagnose erhielt er vor sechs Jahren und da gab man ihm höchstens noch ein Jahr. Tja, er lebt immer noch. Er ist ein zäher Hund, aber jetzt sind seine Kraftreserven aufgebraucht.“ Verwundert schaut der Halbstarke zu dem Chairman. „Bist du gar nicht traurig darüber?“ „Du missverstehst das. Sicher macht es mich traurig, dass seine Zeit bald abgelaufen ist und es wäre mir sogar lieber, er würde mich überleben, aber er sagt, dass es nichts zu betrauern gibt. Er sieht sein Leben als erfüllt an und ist mit sich selbst absolut im Reinen. Er bereut nichts und empfängt den Tod. Warum sollte ich ihn betrauern, wenn er doch alles erreicht hat und mit einem Lächeln dem Ende entgegensieht?“ Konohamaru wendet den Blick wieder ab und bleibt Naruto eine Antwort schuldig, obwohl er sich sicher ist, dass er nicht einmal eine erwartet. In dem Burschen steigen Erinnerungen an seinen eigenen Großvater empor, der auch immer mit einem Lächeln auf den Lippen meinte, dass er nichts in seinem Leben bereuen würde. Egal wie sehr Konohamaru den Worten von Naruto zustimmt, es ändert nichts an der Tatsache, dass er seinen Großvater noch immer schmerzlich vermisst, weswegen er nun leicht auf seiner Unterlippe herum kaut und gegen den brennenden Klos in seinem Hals ankämpft. Naruto wird sofort bewusst, dass er einen äußert wunden Punkt getroffen haben muss, als er einen kurzen Seitenblick auf seinem jungen Besucher wirft, dessen Augen einen traurigen Glanz aufweisen, als wäre er kurz davor in Tränen auszubrechen. Schuldbewusst verzieht Naruto das Gesicht, ehe er tief Luft holt und sich in seinem Stuhl durchstreckt. Manchmal ist es eine ratsame Strategie nicht weiter auf einem Thema herum zu reiten, wenn es dem Gesprächspartner sichtbar unangenehm ist. „Du meintest eben, du wolltest wissen, wer ich bin. Warum?“ Konohamaru wischt sich kurz über die Augen und richtet sich wieder ein wenig auf, ehe er lasch mit den Schultern zuckt. „Dein Name hat mich neugierig gemacht, denke ich.“ „Der Name hat nichts zu sagen. Es ist nur ein Name. Ich trage eben zufällig den Namen wie Ahiga.“ „Ach ja und deine Eltern heißen ganz zufällig Minato und Kushina und dass du genauso aussiehst, wie Ahiga ist auch nur Zufall.“ Naruto seufzt ergeben und streicht sich müde wirkend durch sein Gesicht. „Diese ganzen Namen... Naruto, Hanzo, Kushina … sie werden in unserer Familie stets weitergegeben, aber auch außerhalb unseres Bluterbes finden diese Namen eine große Resonanz. Nenne es Schicksal oder was auch immer, jedenfalls heißt meine Frau Hinata.“ Konohamaru weiß gar nicht wieso, aber bei der Äußerung dieses Faktes muss er ein Lachen unterdrücken, was Naruto mit einem leichten Kopfschütteln quittiert, jedoch auch ein Schmunzeln auf den Lippen trägt. „Jetzt sag mir nicht, dass ihr eure Kinder Hanzo und Hoshi genannt habt.“ „Nein, haben wir nicht, aber du kannst dir nicht vorstellen, welch Familienkrise wir damit ausgelöst haben. Meine Mutter ist richtig hysterisch geworden. Sie stand kurz vor einem Nervenzusammen-bruch und mein Vater tat so, als hätte ich den dritten Weltkrieg ausgelöst. Sie haben sich erst wieder beruhigt, nachdem wir ihnen sagten, wie die Zweitnahmen lauten.“ „Wie heißen deine Kinder denn?“ „Boruto Hanzo und Himawari Hoshi.“ Naruto seufzt und nimmt einen weiteren Schluck aus der Dose. „Mein Aussehen, in Kombination mit meinem Namen, ist eigentlich ein Fluch. Die Leute sehen IHN in mir. Sie halten mich für seine Wiedergeburt und erwarten, dass ich unser Volk erneut aus der Not führen kann. Ich bin intelligent, aber deswegen kann ich noch lange keine Wunder vollbringen. Ich bin nicht er. Ich habe keine Erinnerungen an seine damalige Lebenszeit, keine Flashbacks oder das Gefühl ein Déjá-vu zu erleben. Ich bin ein eigenständiger Mensch, mit eigenem Charakter, mit eigenem Wesen und Erinnerungen. Die Leute sehen mich an und schon glauben sie, ich könnte mit einem Fingerzeig alle Probleme aus der Welt schaffen.“ „Na ja. Irgendwie doch auch zu verstehen oder nicht? Immerhin setzt du dich für unsere Interessen ein und verteidigst sie vor der US Regierung. Du tust eben dasselbe, wie er früher, nur in der heuti-gen Zeit.“ „Ich tue diese Dinge, weil ich mein Volk liebe und nicht will, dass die US Regierung uns erneut aus unserer Heimat vertreibt. Nenne mich von mir aus Patriot, aber nur, weil ich so handle, bin ich noch lange nicht wie er und die Zeiten haben sich sowieso geändert. Die US Regierung hat, wie immer, die besseren Mittel.“ „Aber wir sind das bevölkerungsreichste Indianervolk in ganz Amerika. Wir sind fast 300.000 Men-schen.“ „Und was bringt uns das? Sollen wir uns auf die Rücken unserer Pferde schwingen und brüllend in den Kampf reiten? Diese Zeiten sind längst vorbei. Konflikte werden nur noch auf der bürokratischen und diplomatischen Ebene gelöst. Ein Kompromiss nach dem anderen. Versammlungen in den zahlreiche großen Reden geschwungen werden und nur wenige Taten darauf folgen. Das ist die Politik und sie kotzt mich an.“ Mit einem schlagartig verstimmt wirkenden Gemüt, stemmt sich Naruto von einem Stuhl in die Höhe und tätigt einige Schritte auf der Veranda, ehe er stehen bleibt, sich über den Nacken streicht und schließlich die Hände in die Hüften stemmt. Konohamaru sitzt nun verunsichert auf seinem Stuhl und starrt auf den Rücken des Chairman, der mit der politischen Situation äußert unzufrieden scheint. Von dieser Thematik versteht der Jüngling nichts. Die politischen Reden sind ihm stets unverständlich und beinhalten meist nur heiße Luft, aber die Reaktion von Naruto vermittelt ihm sehr deutlich das Gefühl, dass die politische Lage im Navajoland nicht die beste zu sein scheint. Bedrückt blickt der Halbstarke erneut auf den Boden, denn plötzlich manifestiert sich die Angst in ihm, am eigenen Leib eine Zwangsumsiedlung zu erfahren. Er stellt es sich bereits vor, wie es sich anfühlen muss, von Fremden Leuten und nur aufgrund irgendeiner bürokratischen Bestimmung, seiner Heimat verwiesen und an einem vollkommen anderen Ort einfach abgelegt zu werden. Ihn erfasst regelrecht die Angst und ein Zittern durchläuft seinen Körper. Die Gründe für die fortlaufenden Verhandlungen mit der Regierung, sind ihm bekannt und bezeugen ein weiteres Mal die Geldgier der Regierungsmänner und das Desinteresse an den Gefühlen und Empfindungen anderer Menschen. Fakt ist, dass das Navajoland voller unerschlossener Rohstoffe steckt. Erdöl, Erdgas, Kohle, Holz und Uran, die zwar Geld einbringen aber auch Probleme aufwerfen, wie die zunehmende Zerstörung der Umwelt, die Gefährdung der Gesundheit und von der US-Regierung angeordnete Zwangsumsiedlungen. Trotz aller Rohstoffe gibt es viel zu wenig verarbeitende Betriebe und keine eigene Dienstleistungswirtschaft. Die Regierung will diese Rohstoffe, aber die Diné sind nicht bereit eine Ausbeutung der Natur zu zulassen. Ein Kompromiss erscheint da unmöglich. „Es ist mühsam, nervig, anstrengend und manchmal habe ich das Gefühl auf der Stelle zu treten, aber es ist nicht unmöglich. Ich weiß, dass es eine Lösung gibt. Ich muss sie nur finden und ich werden so lange suchen, bis ich sie habe.“ Überrascht schaut Konohamaru zurück zu dem Chairman, der sich längst wieder zu ihm herumge-dreht hat und eine Zuversicht ausstrahlt, welche der Jüngling noch nicht zuvor bei meinem Menschen gesehen hatte. Naruto steht in einer völlig entspannten Körperhaltung vor ihm, die Hände in den Taschen verstaut und mit einem Grinsen auf dem Gesicht, welches die trüben Gedanken und Befürchtungen von Konohamaru sofort verjagt. Der Bursche kann es dem Volksoberhaupt förmlich im Gesicht ablesen, dass er überhaupt nicht an seinen eigenen Worten verzweifelt. Er ist von sich überzeugt und genau diese Überzeugung ist es, die Konohamaru, ohne Zweifel und Zögern, glaubt. Auf einmal kann der Halbstarke verstehen, wieso ihr Volk an den Erfolg von Ahiga uneingeschränkt glaubten und sie ihn haben machen lassen. Wenn Ahiga nur einen Bruchteil von dieser Erscheinung bieten konnte, wie Naruto, dann wäre Konohamaru ihm absolut treu ergeben gewesen und wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt. Mit aufkeimender Begeisterung und stiller Bewunderung, beobachtet Konohamaru den Chairman dabei, wie dieser zurück zu seinem Stuhl geht und sich dumpf zurück auf die Sitzfläche fallen lässt. Gelassen die Eisteedose in seiner Hand hin und her schwenkend, lässt der blonde Familienvater ein paar schweigsame Momente verstreichen, ehe er die Dose auf der Armlehne abstellt und mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck zu seinem jungen Besucher schaut. Dass Konohamaru noch immer mit einem faszinierenden Blick da sitzt, als würde er einen Topf voller Gold dargereicht bekommen, registriert der Junge gar nicht. „Wie lautet eigentlich dein Plan? Eine faszinierende Hausarbeit, über das wahre Leben unseres Helden, wirst du jetzt wohl nicht mehr abgeben können.“ Als würde der rebellische Teenager vor eine unsichtbare Wand laufen, stellt sich ihm die harte Realität, mit seiner gefährdeten Klassenversetzung, in den Weg. Dieses Hindernis ist dermaßen hart und ernüchternd, dass ein niedergeschlagener Laut seine Kehle verlässt und er sich mit einer gewissen Portion an Verzweiflung nach vorne fallen lässt und die Hände in seinen Haaren vergräbt. „Ach scheiße. Ich dachte, ich könnte etwas Einmaliges abliefern und jetzt das. Irgendein 0815 Refe-rat, deren Inhalt doch sowieso nichts neues darstellt. Meine Lehrerin wird vollkommen unberührt bleiben, mir eine schlechte Note reinwürgen und ich darf die Klasse wiederholen.“ „Ich muss schon sagen, du besitzt einen ziemlich ausgeprägten Pessimismus. Bist du nicht auf die Idee gekommen, dass ich die Geschichte dort weiterführen kann, wo ich sie gestern unterbrochen habe?“ Ruckartig schnellt der Halbstarke hoch und blickt erstaunt zu dem Volksoberhaupt, der voll-kommen gelassen in seinem Stuhl sitzt und das emotionale Wechselbad seines jungen Besucher mit schmunzelnder Gesichtsmimik beobachtet. „Du kennst die Geschichte auch?“ „Hast du schon vergessen, wer ich bin und aus welcher Familie ich komme? Ich bin damit aufgewachsen. Ich musste sie mir so oft anhören, dass ich synchron mitsprechen kann.“ Mit einer abfälligen Handbewegung und einem kurzen Augenverdrehen stemmt sich Naruto nun doch wieder in die Höhe und geht zurück ins Haus, gefolgt von seinem jungen Besucher, dessen Augen immer größer werden, als sie sich der Glory Hole nähren und der Familienvater schließlich die Tür dazu öffnet. Vorsichtig, als würde er sich auf ein Minenfeld begeben, auf dem ein falscher Schritt den sofortigen Tod zur Folge hätte, tritt der Halbstarke über die Schwelle zum Zimmer und lässt einen ausgiebigen Blick über die Gegebenheiten wandern. An sich wirkt der Raum relativ unspektakulär. Die Wände sind mit einer hellen, nahezu gräulich wir-kenden Tapete verkleidet, während auf dem Boden ein dunkelroter Teppich verlegt wurde, der schon einen auffälligen Kontrast zu den Wänden darstellt. Unter dem Fenster, durch welches Konohamaru so verstohlen hineingeschaut hat, befindet sich eine gepolsterte Sitzbank, mit vielen auf geschüttelten Kissen, welche farblich perfekt mit der restlichen Einrichtung harmonieren, doch durch den sperrigen Konzertflügel, der direkt am Fenster und damit vor der Sitzbank steht, handelt es sich bei dieser Sitzmöglichkeit wohl mehr um Dekoration als um einen Gebrauchsgegenstand. Als dominierender Blickfang fungiert eine massive, weiße Regalwand, welche eine ganze Zimmer-wand in Beschlag nimmt und von der sich vielleicht so manch einer schlagen fühlen könnte, sobald die Tür auf schwenkt. Der untere Bereich dieses Möbelstückes, fungiert als Schrank dessen acht Türen einzelnen zu verschließen sind und in den Regalen selbst befinden sich zahlreiche Bücher, Mappen und Ordner welche alle ordentlich und akkurat ihren festen Platz zu haben scheinen. Die Wand rechts von der Tür präsentiert zahlreiche eingerahmte Fotos und darunter sind nicht nur aktuelle Familienschnappschüsse, wie sie schnell auf irgendwelchen Ausflügen geschossen werden, sondern auch historische Fotografien, welche sofort die Aufmerksamkeit des Halbstarken auf sich ziehen, nachdem dieser seinen Blick durch die Runde hat gleiten lassen. Konohamaru ignoriert die neumodischen Ablichtungen von Familienfeiern, Grillfesten und Geburtstagsfesten, sondern widmet sich intensiv den Bildern, welche er eher in einem Museum vermuten würde und welche er in dieser Erscheinung auch nur aus irgendwelchen Bildquellen im Internet kennt. Es sind verblichene, aber gut erhaltene schwarz-weiß Fotografien, welche Personen zeigen von denen der Halbstarke überzeugt ist, sie zu kennen. Fasziniert und mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln betrachtet Konohamaru ein Bild auf Augenhöhe, welches ein junges Paar zeigt. Der Mann sitzt auf einem Viehweidezaun in einer leicht gebeugten Haltung und die Hände in seinem Schoß locker ineinander liegend. Er trägt einen Hut und hat seinen Kopf auf die Frau an seiner linken Seite gerichtet, so dass seine Gesichtszüge nicht erkennbar sind. Diese Frau steht neben ihm an dem Zaun, die Arme locker auf der obersten Sprosse lagernd und mit fast einen bewundernden Ausdruck im Blick zu dem Mann aufschauend. Ein Lächeln ziert die vollen Lippen und ihre dunklen Haare scheinen wie Seide über ihre Schultern zu fallen und rahmen ihr Gesicht wie ein Kunstwerk ein. Auch wenn dem Bild die Farbe fehlt, so ist deutlich erkennbar, dass dieses Paar sich in einer sehr feinen Kleidung präsentiert und die junge Frau scheint sogar ein Hochzeitskleid aus der damaligen Zeit zu tragen. Ein Hochzeitsfoto? Interessiert beugt sich der Halbstarke weiter nach vorne, so dass seine Nase nur noch eine Handbreite von dem Foto entfernt ist, während er das Gesicht der Frau betrachtet, deren Züge er klar erkennen kann. Ihre Körperhaltung wirkt nicht unbedingt sehr feminin und ihr Gesicht strahlt neben der Verliebtheit auch eine Stärke aus, die er sich selbst in so manch einer Situation wünschen würde. Sie stellt eine wunderschöne und sehr selbstbewusste Frau dar. Zögernd hebt Konohamaru die Hand und streicht mit seinen Fingerspitzen vorsichtig über das Gesicht der Frau, während sich in seinem Kopf zusehends eine Ahnung manifestiert, um wen es sich bei diesem Paar handelt. Neugierig blickt der Halbstarke zu dem Chairman, welcher vor dem riesigen Bücherregal steht und ganz offensichtlich etwas zu suchen scheint. Er wandert die Reihen mit seinen Augen ab, nimmt hier und da einen Ordner heraus, den er kurz aufschlägt und gleich wieder zurück in die Reihe steckt. „Sind das Hana und Hanzo auf dem Bild hier?“ Der Angesprochene richtet seinen Körper wieder auf, nachdem er sich nach vorne gebeugt hatte, um die unteren Reihen nach seinem Objekt der Begierde abzusuchen. Naruto schaut zu seinem jungen Besucher und wirft einen zusätzlichen Blick auf das entsprechende Bild, ehe er zustimmend nickt und seine Suche schließlich fortsetzt. „Das müsste 1868 entstanden sein, am Tag ihrer Hochzeit. Ich bin ein Urenkel von den Beiden.“ Fassungslos blickt Konohamaru zurück auf das Bild und kann einfach kaum glauben, was sich ihm hier präsentiert und allein die Tatsache, dass der Chairman aus der direkten Blutlinie von Ahiga stammt, lässt ihn einfach nur sprachlos werden. Er kann aber nicht wirklich erklären, warum ihn die Abstammung des Chairman so beeindruckt. Ahiga hatte drei, eigentlich vier Kinder. Es müssten schon schlimme Umstände und Schicksalsschläge erfolgen, damit eine ganze Blutlinie ausstirbt und somit ist es nicht überraschend, dass die Familie Uzumaki weiterhin existent ist. Der Blick des Halbstarken wandert weiter über die historischen Bilder und bleiben an einem weiteren Foto hängen, welches ebenfalls ein Paar abbildet, jedoch zeigt sich der Inhalt dieses Bildes grundlegend anders. Ein breitschultriger Mann, mit erkennbaren dunklem Bartwuchs, der fest im Sattel auf dem Rücken eines Pferdes sitzt und neben ihm am Boden stehend eine schlanke Frau, mit kinnlangen Haaren. Sie hat den Kopf in den Nacken gelegt und lächelt zu dem Mann hinauf, der mit minimal verzogenen Mundwinkeln zu ihr runter schaut und eine Hand auf ihrem Kopf ruhen hat, als würde er sie für irgendetwas loben. Dieses Bild zeigt eine gewisse Distanz zwischen dem Paar, aber zeitgleich auch eine tiefe Zuneigung und eine unbeschreibliche Bindung. Ihre Kleidung sieht sehr nach harter Landarbeit aus. Selbst die gut geformte Gestalt der Frau steckt in langen Hosen und Stiefeln und aufgrund dieser wenigen Feststellungen und den Äußerlichkeiten muss der Jüngling das Volksoberhaupt gar nicht erst fragen, um wen es sich dabei handelt. Auf diesem Foto sind Sasuke und Sakura zu sehen. Schräg über dem identifizierten Farmerpaar befindet sich ein weiteres Bild, das einen einzelnen Mann zeigt, den Konohamaru sich nicht einmal genauer anschauen muss, um in Erfahrungen zu bringen, wie dessen Identität lautet. Der Sheriff von Littlefield, Gaara Sabakuno. Der dunkle Gehrock, die perfekt sitzende Weste, sowie die polierten Stiefel und die Kette der Taschenuhr, sind so verräterisch wie seine selbstsichere Körperhaltung. Der eigentlich recht kleine Mann, lehnt leicht an einer Theke, die Beine übereinander gekreuzt und eine Hand locker in die Taille gestemmt. Wenn der Bursche ehrlich ist, dann muss er gestehen, dass er sich den alten Freund von Ahiga tatsächlich so vorgestellt hat. Konohamaru blickt kurz zur Seite, als Naruto etwas frustriert aufseufzt und sich ratlos am Hinterkopf kratzt. Er findet ganz offensichtlich nicht das, wonach er auf der Suche ist und wandert mit seinen Augen die Reihen erneut ab, was der Bursche als Anlass nimmt, die übrigen Bilder zu betrachten. Erschrocken dreht sich Konohamaru zu dem Chairman um, als dieser einen triumphierenden Laut von sich gibt und aus einem der unteren Schränke einen Ordner hervorzieht, der inzwischen schon ein paar Jahre auf dem Buckel zu haben scheint. Er sieht abgegriffen aus und vor kleinen Beschädi-gungen an den Kanten konnte er auch nicht bewahrt werden. Die oberste Beschichtung ist leicht wellig, was auf einen früheren Feuchtigkeitsschaden hindeutet und der Ordner wirkt etwas staubig, obwohl nicht der kleinste Staubkrümel daran zu finden ist. Naruto blättert einige Seiten um, wobei er auf seinen Besucher zugeht, der sich bereits auf die Zehnspitzen gestellt hat, um einen Blick auf den Inhalt des Ordners werfen zu können. Das dieses Teil voll von unterschiedlichen Dokumenten ist, von Trauscheinen, über Geburtsurkunden bis hin zu handschriftlichen Briefen, kann der Halbstarke natürlich nicht wissen, aber über die dadurch entfachte Neugier des Burschen muss der Chairman etwas schmunzeln und zum sichtlichen Verdruss seines Besuchers schlägt er den Ordner nach einer Weile wieder zu, jedoch belässt er einen Finger zwischen zwei Seiten, um die gefundene Stelle nicht wieder zu verlieren. Er betrachtet den heranwachsenden Mann mit einer fast belehrenden Mimik. „Hast du dich eigentlich gefragt, wie Ahiga es geschafft hat, seiner Familie eine Nachricht zukommen zu lassen, ohne dass alles aufgeflogen ist?“ Diese Frage ist überraschend und Konohamaru muss gestehen, dass er sich darüber keine weiteren Gedanken gemacht hat. Bansai berichtete, dass Iruka eine zusätzliche Meldung gedruckt hatte, die nur die Familie verstehen konnte und damit hat sich der Halbstarke zufriedengegeben. Wie diese Meldung aber ausgesehen haben mag, darüber hat der Bursche nicht spekuliert. Es wird wohl kaum Mir geht es gut. Gruß Naruto gewesen sein. Er verneint diese Frage demnach mit einem schlichten Kopfschütteln, woraufhin Naruto den Ordner wieder öffnet und ihn an seinen Besucher weiterreicht. Behutsam nimmt Konohamaru den dargereichten Ordner entgegen und sofort weiten sich seine Augen überrascht, als er das Dokument erkennt, welcher sorgfältig in einer verschlossenen Hülle aufbewahrt wird. Es ist ein alter Zeitungsausschnitt – von welcher Zeitung ist leider nicht mehr erkennbar, aber dieser gelblich verfärbte Ausschnitt, mit vereinzelten Wasserflecken an den oberen Ecken, zeigt das Hinrichtungsfoto von Ahiga, nach dem sich das Museum vermutlich alle zehn Finger lecken würde. Folglich muss diese Zeitung aus dem Jahr 1866 stammen. Es sieht wirklich sehr authentisch aus und wenn Konohamaru nicht wüsste, dass es gestellt ist, würde er tatsächlich denken das Bild einer Leiche zu betrachten. Wie sich die Familie gefühlt haben muss, als sie dieses Bild zu Gesicht bekommen haben, kann sich der Halbstarke gar nicht vorstellen. Es muss eine äußert vernichtende Wirkung gehabt haben. Sein fixierender Blick wandert das Foto weiter runter, zu einem sich dort befindlichen Gedicht. Die damals angewandte Schriftart der Druckerpressen ist etwas schwer zu lesen, aber das Gedicht lautet: Ein Spielmann und ein Königskind Wenn wir uns wiedersehen, werden die Blumen blühen, in unserm grünen Tal. Dann werden wir es sehen, dass nichts vergehen kann, was einmal kostbar war. Charles Dyami Dieser Fuchs. Ahiga mag in manchen Situationen schwer von Begriff gewesen sein, doch in anderen Gegebenheiten hat er eine deutliche Voraussicht gezeigt und damit eine absolut einmalige Intelli-genz. Nur wer die gemeinsame Geschichte des Indianerpaares kennt, der kann dieses Gedicht auch entschlüsseln und seinen Sinn verstehen. Spielmann und Königskind. Der Outlaw, der Rumtreiber und Tagelöhner ist der mittellose Spielmann, während die schöne Häuptlingstochter das Königskind darstellt. Das Wiedersehen in dem eigens grünen Tal. Damit ist der Ort gemeint, an dem sich die Beiden zum ersten Mal begegnet sind. Das Tal in dem Naruto seine Frau gerettet und dafür angeschossen wurde und die letzten drei Zeilen stehen für die räumliche Trennung, der Beide zu dieser Zeit ausgesetzt waren. Wenn sie sich wiedersehen, dann werden sie einander noch genauso lieben, wie vorher. Zum Schluss bleibt da nur noch der Name des Verfassers und der spricht allein schon für sich. Charles als auch Dyami waren die beiden Namen des ersten weißen Mannes im Indianerdorf der Diné. Der Vater des getöteten Häuptling Hiashi und damit auch der Mann, der zur ersten weißen Rothaut wurde. Mit diesen wenigen Zeilen hat er sich seiner Familie offen zu erkennen gegeben und ihnen damit den zuvor zugefügten Schmerz von Verlust und Schock, welcher zwangsläufig über sie hereingebrochen sein musste, wie eine vernichtende Sintflut, beim Anblick seiner angeblichen Leiche, gleich wieder vertrieben und gegen unendliche Erleichterung ersetzt. Er hat sie einem wahren Wechselbad der Gefühle ausgeliefert. Beeindruckt blickt Konohamaru zu dem Chairman, der nur lächelnd die Arme vor der Brust ver-schränkt und sich schließlich auf der kleinen Sitzbank des Konzertflügels niederlässt. „Heute würde man ihn wohl als Fachidiot betiteln, aber es kam Ahiga nur zu Pass, dass er ein Straßenbengel und Rumtreiber gewesen ist. Er wusste, was er tun muss, um nicht gefunden zu werden. Er wusste, wie man für andere unsichtbar wird.“ Sprachlos, einen solch historischen Schatz in den Händen zu halten, kann er der Verlockung einfach nicht widerstehen, sich auch den Rest des Ordners zu betrachten, doch dazu kommt er nicht. Er schafft es gerade mal die Seite zwischen die Finger zu nehmen, bevor Naruto ihn stoppt und schon fast belustigend dabei aussieht. „Blätter noch nicht um. Du willst eine außergewöhnliche Geschichte haben, die noch niemand kennt. Ich werde dir eine geben und zwar bis ins kleinste Detail. Die Seiten, welche in dem Ordner folgen, liefern dir sehr tiefe Einblicke, aber ich möchte, dass du sie an passender Stelle liest.“ Kapitel 14: Im Reich der Kröte ------------------------------ Mit einem nahezu erschöpft klingenden Schnaufen, wirft sich Tsunade in ihrem Stuhl zurück und betrachtet ihren heimgekehrten Sohn, der sie mit einem schiefen Lächeln beobachtet und auf ir-gendeine Reaktion ihrerseits wartet, welche als logische Konsequenz, auf die soeben erzählte Ge-schichte folgen müsste. Tsunade tätigt jedoch keine Äußerung, die ihr Empfinden erklären könnte, stattdessen holt sie immer wieder Luft, setzt zum Sprechen an und schweigt dann doch, nur um überfordert mit dem Kopf zu schütteln. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich mal sprachlos bekomme.“ Amüsiert schmunzelnd beugt sich Naruto nach vorne und lagert seine Arme auf den Knien, während seine Mutter nur eine hilflose Gestik tätigt und etwas in ihrem Stuhl herunter rutschen zu scheint. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das sind viele Informationen auf einmal, die ich erst einmal verdauen muss.“ Sichtlich erschlagen von so viel außergewöhnlichen Neuigkeiten streicht sich die alte Dame über ihr Gesicht und damit auch gleich eine lose Haarsträhne hinter Ohr, ehe sie mit einer Mischung aus Unglauben, Verwirrung und Fassungslosigkeit wieder zu ihm schaut. „Du bist Häuptling? Wie nennen sie dich? Grimmiger Fuchs?“ „Ha ha, sehr witzig. Sag mir bitte nicht, dass du auch so oberflächlich denkst, wie die Regierung? Wenn dem so ist, war mein Herkommen nämlich ein Fehler.“ Beschwichtigend hebt Tsunade die Hände, da sie das schlagartig verstimmte Gemüt ihres Sohnes sehr wohl ernst nimmt und dadurch schnell begreift, dass er keinerlei Späße auf Kosten seines Volkes duldet. Wenn sie so daran denkt, dann hat er noch nie viel Humor dafür übriggehabt, wenn der Spaß auf Kosten anderer ging. In sol-chen Dingen ist er immer sehr ernst und unnachgiebig gewesen – er ist es noch. „Ich teile die Beweggründe für diese Hetzjagd nicht und halte auch überhaupt nichts von Rassenverfolgung, egal ob es sich dabei um Iren, Deutsche, Indianer und weiß Gott wer sonst noch handelt. Ich finde deinen neuen Status nur sehr … überraschend. Es gibt nicht viele, die als Outlaw beginnen und als Häuptling enden.“ „Ein Outlaw bin ich immer noch. Dieser Rang zählt nur innerhalb des Dinévolkes. Für alle anderen bin ich weiterhin der Gesetzlose.“ „Genauer genommen, bist du für alle anderen tot.“ Da ist etwas Wahres dran. Naruto nickt auf diese Feststellung daher nur zustimmend, während Tsunade sich abermals in die Höhe stemmt und damit beginnt unruhig durch ihr kleines Arbeitszim-mer zu laufen. Naruto gewinnt beinahe Eindruck, als wäre sie ein gefangener Tiger in einem viel zu kleinen Käfig. Ein Raubtier, dass nur auf die passende Gelegenheit wartet um auszubrechen. Naruto hätte sich wirklich schwer in ihr getäuscht und wäre selbst enttäuscht gewesen, wenn sie die Handlung der Regierung gutheißen und damit unterstützen würde. Es hätte einfach nicht in ihr Naturell gelegen und trotzdem ist er erleichtert, als sie ihre Meinung zu der ganzen Thematik kundtut. Sie ist auf seiner Seite und damit kann er auf ihre Hilfe vertrauen. Tsunade runzelt etwas nachdenklich die Stirn und lässt sich die erklärte Planung ihres Sohnes noch einmal durch ihren Kopf wandern, ehe sie sich wieder zu ihm umdreht. „Also gut. Ich kenne jetzt die ganzen Hintergründe und muss zugeben, dass ich recht schockiert bin, was in diesem Reservat an der Tagesordnung ist. Solche Zustände gelangen niemals an die Öffentlichkeit. Die Politik hat da schon ihre Mittel und Wege zur Verschleierung solcher Umstände, wie also stellst du dir das Wachrütteln der Bevölkerung vor? Das sind alles blinde Schafe, die gehorsam ihren Herren folgen.“ „Darum brauche ich die, die ihre eigenen Herren sind. Ich brauche die Zeitungsjungs. Mit deren Hilfe kann ich einen wahren Flächenbrand auslösen.“ Etwas ungläubig stoppt Tsunade ihren unruhigen Rundgang, stemmt die Hände in die Hüften und blickt zu ihrem Sohn, als würde sie ernste Zweifel an dessen Verstand hegen. „Mit ihrer Hilfe kannst du die Grundfeste der Regierung erschüttern. Wie kommst du darauf, dass sie dir helfen?“ „Weil sie dir vertrauen und wenn du ihnen zusicherst, dass ich keine Gefahr für sie darstelle, stehen meine Chancen gar nicht so schlecht.“ „Optimismus war schon immer deine Stärke, aber nur, weil die Jungs mir vertrauen, bedeutet das noch lange nicht dass sie es dir gegenüber tun. Sie sind misstrauisch Fremden gegenüber und leicht zu verschrecken. Ein falsches Wort und sie wenden sich gegen dich. Sie sind eigenwillig, gewitzt -“ „Und bestechlich.“ Für den Hauch eines winzigen Momentes huscht der Ausdruck von Empörung über das Gesicht der alten Dame, nachdem ihr Sohn mit diesem Fakt in ihr Wort gefallen ist, ehe sie aufseufzt und dem Totgeglaubten schließlich zustimmt. Ja, die Burschen sind bestechlich, sobald sie einen Vorteil für sich erkennen. Von Geld bis Lebensmittel lassen sie sich alles anbieten und erfüllen im Gegenzug die verlangte Aufgabe. Tsunade kennt die Schwächen ihrer Schützlinge und damit auch ihre Bestechlichkeit. Nicht unbedingt eine ehrenwerte Eigenschaft, doch das Leben auf der Straße fordert viel von einem und sofern es nützlich erscheint, wird es auch nicht als verwerflich betrachtet. Bestechlichkeit und Korruption in der Politik, sind da ein weitaus größeres Übel. Tsunade tätigt eine ergeben wirkende Geste. „Es ist einen Versuch wert, aber die Jungs stellen das kleinste Problem für dich dar. Jiraiya ist es, den du auf deine Seite bekommen musst. Wenn er dir die Hilfe zusagt, tun die Bengel alles, was du willst.“ Unwissend verzieht der mehrfache Vater das Gesicht. „Wer?“ „Jiraiya. Die Bengel nennen ihn die Kröte. Er ist ihr … hm, na ja ... so etwas wie ihr König. Er schützt und ernährt sie, ohne Gegenleistung dafür zu verlangen. Er schickt die Burschen auf keine Raubzüge oder dergleichen, aber du solltest dir deswegen kein vorschnelles Bild von ihm machen. Ein gutes Vorbild ist er nämlich nicht. Er spielt, er säuft und hurt herum.“ „Das klingt, als würdest du ihn schon länger kennen.“ Eine Anmerkung, welche die alte Dame nicht unbedingt wertschätzt. Sie verdreht die Augen und winkt einfach ab. „Das tue ich auch. Wir sind zusammen im Harlem aufgewachsen und viel reifer ist er seitdem auch nicht geworden. Als Halbstarker ist er einfach abgehauen und durch die Lande gezogen, wie ein Strauchdieb und vor gut zehn Jahren ist er zurückgekommen um sesshaft zu werden.“ Tsunade gibt einen verächtlich klingenden Laut von sich, während Naruto nur vielsagend das Gesicht verzieht, es jedoch vorzieht auf diese recht verstimmt klingenden Worte zu schweigen. Er müsste sich schon schwer irren, wenn da mal nicht weitaus mehr hinter steckt, als seine Mutter bisher zu erkennen gibt. Es ist eine deutliche Wut aus ihren Worten herauszuhören und eine solche Wut kommt selten von ungefähr. Meist ist irgendein schwerwiegender Vorfall der Auslöser dafür. Viel weiß Naruto nicht über die Vergangenheit von Tsunade. Ihm ist lediglich bekannt, dass sie jung geheiratet hat und ihr Mann Dan nach nur wenigen Jahren Ehe verstorben ist. Wie sein Tod zustande kam, weiß er ebenfalls nicht, aber die kurze Ehe ist kinderlos geblieben und dass er erst jetzt, nach über zwanzig Jahren erfährt, dass sie in Harlem aufgewachsen ist, überrascht ihn nicht sonderlich und ist nur ein weiteres Puzzlestück, dass er in ihre Biographie einfügen kann. Harlem ist gar keine so schlechte Gegend, um als Kind aufzuwachsen, denn geprägt ist das Landschaftsbild dort von zahlreichen Farmen und weniger von dicht aneinander gereihten Bauten, doch die Stadtmauern rücken unaufhaltsam näher. Naruto muss jedoch gestehen, dass eine gewisse Neugier in ihm aufsteigt, wenn er an die Beziehung zwischen Tsunade und diesem Jiraiya denkt. Was muss zwischen den Beiden vorgefallen sein, dass sie einen solchen Groll gegen diesen, ihm völlig unbekannten Mann hegt? Wütend schnaufend und diesen Jiraiya wohl die Pest an den Hals wünschend, marschiert die alte Dame zu der Tür und reißt diese schwungvoll auf, so dass einige ihrer Schützlinge im angrenzenden Raum erschrocken zusammenzucken, ehe sie sich zu dem Outlaw umdreht und energisch verkündet, dass sie sich auf dem Weg zu der Kröte machen sollten, er sich aber vorher umziehen müsste, da er in dieser Kleidung auffallen würde, wie ein bunter Hund. Sie bezeichnet seine gesamte Erscheinung als die Verkörperung eines Landeis und dass er den Revolver und den Holster nicht öffentlich auf der Straße tragen sollte. Zwar weiß Naruto nicht, was an seiner Kleidung auszusetzen ist, aber er entscheidet sich dagegen irgendwelche Wiederworte zu tätigen, zumal er keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich lenken will. Er tut stattdessen genau das, was seine Mutter von ihm verlangt und zieht sich komplett um, nachdem sie ihm ein Bündel Kleidung in die Arme gedrückt hat. Das bereits mehrfach geflickte und ausgewaschene Hemd tauscht er gegen ein scheinbar neues, mit vertikal verlaufenden, feinen, blass grauen Streifen aus. Die Ärmel krempelt er sich, wie gewohnt, bis zu den Ellenbogen hoch und die Enden des Hemdes stopft er in den Bund der dunklen Baumwollhose, gegen die er seine eintauschen musste. Die schwarzen Hosenträger zieht er sich mit schnellen Handgriffen über die Schulter und schlüpft abschließend in ein paar Halbschuhe aus dunklem Leder, mit runder Spitze. Immer wieder an sich herum zupfend, tritt Naruto seiner Mutter schließlich wieder gegenüber, die sehr zufrieden mit dem Anblick zu sein scheint und prüfend um ihn herumgeht, als würde sie ein Kunstwerk betrachten, ehe sie ihm ungefragt eine braune Schiebermütze auf den Kopf setzt, da er seinen Hut auch nicht in den Straßen tragen soll. Erst nach dieser Handlung scheint sie mit seinem Anblick rundum zufrieden zu sein. „Wer sagt es denn? Jetzt siehst du aus, wie Schankwirt oder ein Mitglied der Bowery Boys.“ Die Bowery Boys. Eine kriminelle Bande von Schlägern, die von anderen aber auch als ein politischer Verein angesehen werden und nicht als irgendeine Gang, doch das macht sie keinesfalls harmlos. Sie mischen sich in politische Wahlen ein, indem sie Wahlgegner einschüchtern oder sich vor Wahllokalen platzieren. Genau genommen handelt es sich um bezahlte Schläger, die gegnerische Politiker vertreiben und dafür eine bevorzugte Behandlung, Geld und Macht im Heimatbezirk erhalten, wenn der Favorit die Macht erlangt. Im direkten Vergleich mit anderen kriminellen Banden, wie den Natives oder den Dead Rabbits, wirken die Mitglieder dieser Truppe wie ehrenhafte Bürger in feiner Kleidung und meist haben sie sogar anerkannte Berufe, wie Drucker, Mechaniker oder Handwerker, doch außerhalb ihres Arbeitsfeldes liefern sie sich blutige Revierkämpfe, insbesondere mit den Dead Rabbits, eine Bande bestehend aus irischen Einwanderern. Diese beiden Gruppierungen sind regelrechte Todfeinde und zusammen für den Tod von dutzenden von Menschen verantwortlich, nachdem eine ihrer Straßenschlachten im Juli '57 sich in einen blutigen Aufstand verwandelt hat. Unstrittig ist es jedoch, dass die Five Points von Gangs beherrscht wird, die genügend Einfluss und Macht besitzen und sogar in der Politik einige Fäden ziehen zu können. Sie verdienen mit Prostituti-on, Diebstahl, Mord, Erpressung und weiß Gott was sonst noch, ihr Geld und scheffeln dies mit vollen Händen. Die Anführer solcher kriminellen Banden sind alles andere als arm. Eine Mitgliedschaft ist bei solchen Vereinen ist nicht sehr erstrebenswert, weswegen Naruto auf diese Äußerung nur angewidert das Gesicht verzieht. „Dann bin ich lieber Schankwirt.“ „Ich weiß, dass das nicht gerade dein Geschmack ist, aber so hältst du die Blicke von dir fern.“ Naruto seufzt nur ergeben und zupft erneut an seinem Hemd herum, was seine Mutter mit einem kurzen Klaps auf seinen Handrücken gleich wieder unterbindet. „Du siehst gut aus und jetzt lass diese Fummelei.“ Naruto verdreht auf diese mahnenden Worte die Augen, kann sich ein freches Grinsen aber nicht verkneifen. Sie ist eben ganz die Mutter und so kann er diesem Drang einfach nicht widerstehen. Mit diesem frechen Grinsen auf dem Gesicht, welches sich über all die Jahre nicht verändert hat, beugt er sich zu der alten Dame und drückt einen Kuss auf die Wange, womit diese überhaupt nicht gerechnet hat. Überrascht und vielleicht sogar etwas überrumpelt starrt sie den blonden Familienvater an, der sich nur grinsend zurückbeugt und dabei lässig die Hände in den Taschen verstaut. „Du bist die Beste.“ In den nussbraunen Augen seiner Mutter sammeln sich plötzlich Tränen, kaum dass er das gesagt hat und um nicht lauthals mit dem Schluchzen zu beginnen, presst die alte Dame sich schließlich eine Hand auf den Mund und beginnt stumm in sich hinein zu weinen, was Naruto aber nur bedingt zulässt. Mit einem mitleidigen Lächeln legt er die Arme um die schlanke Gestalt von Tsunade und zieht sie an sich, was ihr ein deutliches Schluchzen entlockt. Es ist ein ganzes Meer aus Emotionen, die durch ihren Körper jagen und welche sie die ganze Zeit verspürt hat, kaum dass sie ihn wiedergesehen hat. Sie hat diese Tränen aus Freude, Erleichterung, aber auch aus Zorn und Enttäuschung die ganze Zeit zurückgehalten, doch seine unbeschwerte Art und dieses einmalige Grinsen ... einfach dieses Verhalten von damals, machen es ihr unmöglich die Gefühle länger verschlossen zu halten. Sie hat es nicht mehr zu hoffen gewagt ihnen noch einmal wiederzusehen. Sie hat dieses schmerzliche Gefühl in ihrem Inneren zu akzeptieren gelernt, wenn sie an den blonden Satansbraten gedacht hat und sie hat mit der endlosen Sorge um ihn zu leben gelernt, wenn ein neuer Steckbrief ausgeschrieben wurde. Sie hat für sein Wohlergehen gebetet und ihm immer nur das Beste gewünscht, doch ein Wiedersehen hielt sie für abwegig und auch wenn sie weiß, dass er nicht in New York bleiben wird, haben sich mit seiner Heimkehr zahlreiche Träume und Wünsche erfüllt. Sie ist unendlich glücklich darüber, dass er in seinem Leben zurechtkommt. Sie ist stolz auf ihn, dass er seinen Weg gefunden hat und überwältigt von der Tatsache, dass er mehrfacher Vater ist. Mit einem glücklichen Lächeln und zittrigem Luftholen legt die alte Dame ihre Arme um ihren Sohn, der einen ganzen Kopf größer ist als sie, woraufhin dieser sie nur noch etwas enger an sich drückt und sein Kinn in ihre Haare drückt. Diese Szenerie bleibt jedoch nicht unbeobachtet. Es ist allerdings mehr der Zufall, der Shizune zu den Beiden bringt und der dafür sorgt, dass bei diesem Anblick nun auch bei ihr der Groschen zu fallen scheint. Für einen kurzen Moment steht sie in der Tür und runzelt verwundert die Stirn, ehe sie erschrocken nach Luft schnappt und die Hände vor dem Mund zusammenschlägt, so dass die eben noch festgehaltenen Dokumente lautlos zu Boden segeln. Sie blickt fassungslos in das blaue Augenpaar von Naruto, der ihr zwar zulächelt, jedoch mit einer kurzen Gestik klarstellt, dass sie schweigen soll. Es ist eine Anweisung die mit einem hastigen Nicken bestätigt wird, während sie mit wässrigen Augen dasteht und es einfach nicht glauben kann, dass er tatsächlich wieder zurückgekommen ist. Es erscheint so, dass Shizune den blonden Chaoten auch sehr vermisst haben muss, obwohl die Zwei sich nie sonderlich grün gewesen sind. So manch einer würde wohl sagen, dass sie um Tsunade konkurriert haben, was deren Zuneigung und Aufmerksamkeit angeht und von daher ist es immer normal gewesen, wenn die Zwei sich in irgendeiner Streiterei vertieft hatten oder sich einander böse Blicke zuwarfen. Offensichtlich hat sie diese kleinen Auseinandersetzungen schmerzlich vermisst und kämpft gegen diese fiesen Freudentränen an, die schrecklich verräterisch wirken. Sie weigert sich Schwäche vor ihrem früheren Rivalen zu zeigen, der nur frech zurück grinst. Dasselbe Grinsen mit dem er sie immer provoziert hatte, weswegen ihr ein leicht quietschender Laut entweicht, ehe sie zu kichern beginnt und die Freudentränen damit nicht mehr zurückhalten kann. Später ... Naruto ist reichlich verwundert über die Tatsache, dass sie vor einem Kellereingang eines Wohnhauses stoppen, welcher in einer engen Seitengasse in der Orangestreet liegt, nachdem sie sich ihren Weg durch die Five Points und den dort herrschenden Lebensumständen geschlagen haben. Zerlumpte Bettler, meist entstellte Kriegsveteranen, die im Bürgerkrieg ein Arm, ein Bein oder sonstige Gliedmaßen und Sinne einbüßen mussten, sind an vielen Stellen zu finden. Das ist der Dank für ihren patriotischen Militärdienst. Entstellt in der Schlacht und als Lohn für die ehrenhafte Leistung im Namen des Vaterlandes in die Gosse geworfen und ihrem Schicksal überlassen. Die Straßen starren vor Dreck. Es herrscht ein erbärmlicher Gestank, der hauptsächlich von dem Unrat herrührt und an jeder Ecke bieten halb verhungerte Gestalten ihre Arbeitskraft an. Von Reinigungsarbeiten, über die handwerkliche Schiene, bis hin zum Sänger oder Kaminkehrer lässt sich alles in den Five Points finden. Für ein paar wenige Dollar erledigen diese Menschen knochenharte Arbeiten und erhalten dafür maximal ein müdes Lächeln und ein bissen Kupfer auf die Hand. Diese Menschen würden jede Arbeit verrichten, wenn sie dadurch einen Tag weniger hungern müssten und trotz dieser bereitwilligen Aufopferung, kriegen viele nicht mehr als Ignoranz zu Gesicht. Undank ist der Welten Lohn. Er wird sich nie an diesen Anblick gewöhnen und dennoch wundert es ihn, dass die Kröte inmitten dieses zweifelhaften Viertels, in einem Keller zu finden sein soll. Kellergewölbe sind meist ohnehin kein sehr angenehmer Aufenthaltsort. Oftmals steht das Wasser in diesen Räumlichkeiten und Unrat türmt sich bis zu den Decken. Das Abwasser sickert durch das Gestein, verpestet die Luft und bildet ein Paradies für allerlei Ungeziefer. Viele unterirdische Räume sind dreckiger als die Straßen der Five Points und gerade mit diesem Gedanken im Hinterkopf, hält sich Narutos Begeisterung in überschaubaren Grenzen. Er sieht sich jetzt schon die Ratten vor sich hertreiben und abgesehen davon wird es dort unten eng sein und es wird keine Fenster geben. Naruto folgt dem Blick seiner Mutter, als sich diese noch einmal überprüfend zur Straße umdreht. Sie tut dies wohl um sicher zu gehen, dass ihnen niemand gefolgt ist, der ihnen besser nicht folgen sollte und während Naruto sich selbst von der Sicherheit ihres Standortes überzeugt, klopft Tsunade drei Mal kräftig gegen die hölzerne Luke am Boden und wartet auf Einlass. Es vergehen ein paar sehr schweigsame und durchaus angespannte Momente, ehe eine gedämpfte Stimme durch das Holz dringt, die trotz allem einen Kind gehören muss. Sie ist hoch und klingt etwas zittrig. Diese kindliche Stimme fordert in einem nahezu autoritären Ton die entsprechende Losung von den überraschenden Besuchern und der Outlaw blickt daraufhin verwundert zu seiner Mutter, die nur die Augen verdreht. „Die Kröte und ihre Kaulquappen.“ Von sehr viel Einfallsreichtum zeugt eine solche Losung nicht unbedingt. Die Kröte und ihre Kaul-quappen. Wenn Jiraiya der Schutzpatron der Zeitungsburschen ist und diese ihn Kröte nennen, dann ist es nur notwendig eins und eins zusammen zu zählen, um die Losung zu erraten, weswegen Naruto seine Mutter etwas entgeistert anschaut und diese daraufhin nur ratlos mit den Schultern zuckt, während sie das Geräusch eines zurück schnappenden Riegels vernehmen. Langsam wird eine Seite der Bodenluke aufgedrückt, dessen Kante Naruto schließlich ergreift und somit dem kleinen Jungen, der auf der unterirdischen Holztreppe schließlich zum Vorschein kommt, hilft. Es ist ein kleiner Junge, vielleicht um die sieben Jahre alt, mit kleiner Stupsnase, grün schimmernden Augen und Grübchen an den Wagen. Er springt begeistert die wenigen Stufen nach oben, als er Tsunade erblickt und schlingt mit einem Jauchzen die schmächtigen Arme um ihren Körper, was die alte Dame widerstandslos geschehen lässt. Begrüßend und herzlich streicht sie dem Jungen durch die braunen Locken, der seine Freude kaum bändigen kann und keinesfalls daran denkt, sich von ihr zu lösen. Begeistert drückt der Bursche sein Gesicht in ihren Bauch und gluckst immer wieder, als hätte er sie seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen. Sie hat sich einen Namen gemacht. Naruto lässt einen prüfenden Blick über dieses Kind gleiten und stellt als erstes fest, dass er kein Schuhwerk trägt. Die kleinen Füße sind völlig verschmutzt und an einigen Stellen kann er Kratzer erkennen, die ein ziemlich fieses Ziehen und Stechen auslösen müssten. Der Junge ist sehr schlank, jedoch nicht abgemagert. Er wirkt auf seine eigene spezielle Weise sehr kräftig und gesund. Er gehört nicht zu den hungernden Gestalten, die bereits mit einem Fuß im Grab stehen, sondern scheint er zu denen zu gehören, die eher noch Lebensmittel verschenken können. Ein äußert seltener Anblick in den Five Points. Tsunade gelingt es schließlich sich aus dem klammerartigen Griff des Burschen zu lösen, der jetzt nur vor ihr steht und zu ihr hoch grinst, so dass er die Zahnlücke an seinen Schneidezähnen frei legt. Diesen Kindern wird oft nachgesagt, dass sie sehr schnell erwachsen werden und das entspricht auch den Tatsachen, denn wenn das Leben auf der Straße etwas aus einem macht, dann einen sechsjährigen Erwachsenen. Dieser Junge aber hat seine Kindheit wohl noch nicht gänzlich aufgegeben. Er wirkt noch viel zu lebensfroh und schenkt der bitteren Realität nur wenig Beachtung. Tsunade beugt sich leicht zu ihm herunter und streicht ihm abermals durch die lockigen Haare. „Wir müssen zu Jiraiya. Ist er da?“ „Sicher. Wo soll er sonst sein? Er ist nur total betrunken und faselt dummes Zeug.“ „Wie immer also.“ Der Junge kichert darauf zustimmend und verschränkt die Arme hinter seinem Kopf, ehe er prüfend zu Naruto schaut und sein grünes Augenpaar über dessen Körper huscht. Es ist Misstrauen welches sich in diesen Kinderaugen finden lässt, aber mit etwas Anderem hat der Familienvater nicht gerechnet. „Wer ist das?“ Es klingt sehr abfällig, aber in dem Alter hat Naruto nicht viel anders gesprochen und geklungen. Tsunade winkt jedoch nur lässig ab, während der Junge noch immer auf eine Antwort von ihr wartet. „Er ist ein alter und guter Freund von mir. Er ist harmlos.“ Wieder huscht das Augenpaar über den kräftigen Körperbau des Outlaws, der diese Prozedur schweigend duldet und auch den anschließenden stechenden Blick durchaus zu erwidern weiß. „Er sieht aus wie ein Bowery Boy.“ Der Bursche tätigt diese Aussage, ohne den Blick von Narutos Augen zu lösen, was dieser mit einem Seufzen kommentiert. Soviel zum alternativen Aussehen eines Schankwirtes. Er zwingt sich zu einem Lächeln, ehe er dem Jungen eine Hand entgegenhält, welche dieser für einen Moment skeptisch betrachtet. „Ich heiße Charles und bin garantiert kein Bowery Boy.“ Es vergehen einige angespannte Augenblicke, in denen der Zeitungsjunge irgendwelche Risiken miteinander vergleicht, bis er mit seiner kleinen Hand die von Naruto schüttelt und dabei einen ungewöhnlich festen Händedruck aufweist. „Theodor, aber alle nennen mich Teddy.“ Es bleibt bei dem Austausch der Namen, bis Teddy den Besuchern schließlich gestattet in dieses unterirdische Reich hinab zu steigen und somit leichtfüßig die schmalen Stufen der Treppe hinunterspringt, während Tsunade und Naruto vor der Schwelle verweilen und die alte Dame ihrem Sohn einen besorgten Blick zu wirft. Sie erkennt sofort die Angst in seinen Augen, wie er mit geweitetem Blick in die Tiefe schaut und dabei wohl das Empfinden hat, als würde er direkt durch das Tor der Hölle blicken. Sie kann sehen, wie sich jeder Muskel in seinem Körper auf das Äußerte anspannt und er wohl am liebsten davonlaufen würde. Sie kennt sein Trauma nur zu gut und es wäre wohl ratsamer gewesen ihn auf diese Herausforderung vorzubereiten, aber sie hat befürchtet, dass er wohlmöglich ein Mitgehen verweigert, wenn er vorher davon gewusst hätte. Eine Vermutung, mit der sie auch gar nicht mal so falsch liegt, denn Naruto meidet energisch solche Orte, wenn ein längerer Aufenthalt unausweichlich ist. Er wäre nicht mitgegangen, wenn sie ihn davon in Kenntnis gesetzt hätte. Ermutigend legt Tsunade eine Hand auf seine Schulter und zieht somit seine Aufmerksamkeit auf sich. Er wirkt beinahe wie ein verschrecktes Reh. „Es kann dir nichts passieren. Denk daran. Es wird dich niemand einsperren.“ Sie lächelt und Naruto nickt schließlich, was die alte Dame zum Anlass nimmt die steile Treppe zuerst hinab zu steigen. Der Outlaw atmet ein paar Mal tief ein und aus, ehe mit zitternden Knien und wild schlagendem Herzen die Stufen dieses unterirdischen Komplexes hinabsteigt und dabei eine Hand stets an der Wand entlangführt, als würde er faktisch damit rechnen diese jederzeit von sich drücken zu müssen. Am Ende der Treppe bleibt er kurz stehen und blickt den schwach beleuchteten Gang entlang, der nur von einigen Petroleumlampen erhellt wird und keinesfalls Tageslicht beinhaltet. Sein Herz scheint noch einmal zu beschleunigen und seine Beine drohen unter seinem Gewicht zusammen zu sacken, weswegen Tsunade äußert besorgt einige Schritte auf ihn zu tätigt, jedoch sofort wieder stehen bleibt als Naruto eine Geste tätigt, welche sie zum Stoppen bringt. Schweigend sieht sie dabei zu, wie der mehrfache Vater die Augen schließt und abermals tief durchatmet. Mehrere tiefe Züge, durch die Nase ein und den Mund wieder aus, sind nötig damit er seinen wild rotierenden und auf Hochtouren laufenden Organismus wieder etwas beruhigen kann, ehe er sich aufrichtet und er sich sicher genug fühlt, um für einen längeren Zeitraum in diesem unterirdischen Komplex zu sein. Der Gang ist, in Anbetracht seiner Bauweise, durchaus breit. Es ist möglich die Arme seitlich auszu-strecken ohne dabei die Wände zu berühren, doch viel Platz gibt es deswegen noch lange nicht und die Deckenhöhe ist mehr als bescheiden. Naruto muss sich ducken, um sich nicht den Kopf zu stoßen. „Alles in Ordnung?“ Erneut wendet sich Tsunade an den Outlaw, nachdem sie einen abermals erfolgten, tiefen Atemzug hinter sich vernimmt. Eine Frage die sich eigentlich erübrigen sollte. Natürlich geht es ihm nicht gut und so lange wie er in diesen Katakomben spazieren geht, wird es ihm auch nicht gut gehen. Sein Herzschlag befindet sich jenseits von Gut und Böse und seine Gedanken schwirren wild umher, wie ein aggressiver Bienenschwarm. Ihm steht der kalte Schweiß auf der Stirn und Tsunade hat keine andere Frage auf Lager. „Ja, geht schon. Rede einfach mit mir.“ Der leicht aggressive Unterton ist kaum zu überhören, doch in Anbetracht der Situation durchaus verständlich. Bei dieser Aufforderung jedoch kommt die alte Dame kurz ins Stocken, bis ihr klar wird, dass er keine böswillige Absicht hegt, sondern lediglich eine Ablenkung benötigt. Ein Gespräch, das ihn von den Gegebenheiten ablenkt, um nicht in eine Schockstarre zu verfallen. „Worüber reden?“ „Ich weiß nicht. Irgendetwas. Warum nennen alle den Jungen Teddy zum Beispiel?“ Einfach nur ein simples Thema, aber durchaus etwas, wofür er Interesse aufbringt und worauf er sich konzentrieren kann. Teddy könnte auch selbst Stellung dazu nehmen, doch der Junge ist längst vorgelaufen und damit außer Reichweite für die Besucher der Kröte, also nimmt sich Tsunade dieser Auflösung an. „Teddy war noch ein Säugling, als er vor den Türen einer Kirche gefunden wurde. Ich glaube seine Mutter wollte ihn überhaupt nicht hergeben.“ Naruto runzelt die Stirn, wobei er den Rücken der alten Dame fixiert und ihr weiter durch den Gang folgt. „Wie kommst du darauf?“ „Er lag in einem Weidenkorb, mit sauberen Tüchern und eingewickelt in eine handgewebte Decke. Man hat sich also sehr gut um ihn gekümmert. Er wurde gewaschen, gefüttert und ordentlich ein-kleidet. Viele Mütter geben ihre Kinder nicht freiwillig ab, sondern weil sie keine andere Wahl haben oder keine andere Möglichkeit sehen. Als Mutter ist dir das Leben deines Kindes wichtiger, als dein eigenes und wenn du weißt, dass dein Kind keine Überlebenschance haben wird, wenn es bei dir bleibt, was tust du dann?“ Das klingt bedrückend einleuchtend und gleichermaßen erschreckend. Eine Mutter, die mit dem Rücken zur Wand steht und für sich selbst kaum sorgen kann, wird ihr Kind nicht behalten, sondern abgeben und darauf hoffen, dass ein besseres Leben auf den Nachwuchs wartet. Eine trügerische Hoffnung, denn Waisenhäuser sind selten ein Sprungbrett in eine gesicherte Zukunft. „Verstehe, aber wieso Teddy?“ „In dem Weidenkorb lag zusätzlich ein Zettel. Es waren so viele Fehler in dem winzigen Abschnitt, dass er kaum leserlich war, aber es ging deutlich daraus hervor, dass seine Mutter ihn Theodor ge-nannt hat und damit er einen Weggefährten hat, hat sie ihm einen selbst genähten Teddybären dazugelegt. Wir nennen ihn alle Teddy, wegen dieses Bären, den er übrigens immer noch besitzt.“ Nachdenklich blickt Naruto auf den Rücken seiner Mutter und fühlt dabei einen äußert drückenden Klos in seiner Brust heranwachsen. Für ein Waisenkind ist es ein äußert bedrückender Zustand, einfach nicht zu wissen, wo die Wurzeln liegen. Alles ist unbekannt und somit haben viele dieser elternlosen Kinder eine starke Identitätskrise. Sie wissen nicht, ob sie geliebt wurden, ob sie gewollt wurden oder ob der Name den sie tragen, wirklich der Name ist, den ihre Eltern wählten. Naruto kennt diese drückenden Gedanken und hat auch als Erwachsener mit dieser Ungewissheit oft genug zu kämpfen, also kann er sich vorstellen, dass Theodor seinen inneren Frieden hat. Er weiß, dass er geliebt und gewollt wurde und er weiß, dass er seinen Namen wirklich von seiner Mutter bekommen hat. Es mag für einige lächerlich klingen, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen, wo das Leben doch genügend Probleme für Theodor und seine Freunde bereithält, doch ein solches Wissen, kann in vielen dunklen Stunden das rettende Licht in der Ferne darstellen. Naruto hätte dieses Licht in vielen Situationen gut gebrauchen können. Es erscheint dem Outlaw wie ein endloser langer Gang, der immer tiefer und tiefer unter die Erde führt, womit sich der hinter ihm befindliche Ausgang immer weiter entfernt. Es fällt dem Familienvater ausgesprochen schwer, dem Drang in seinem Inneren nicht nachzugeben und panisch zurück zum Ausgang zu hechten. Immer wieder geht ein heftiger Ruck durch seinen Körper und der Fluchtgedanke springt wie ein Raubtier hervor, welches er nur mit Mühe und unter enormen Selbstzwang zurückdrängen kann. Er weiß nicht, wie lange er diesen Zustand noch ertragen kann. Was diesen Umstand angeht, hat er seine Grenzen noch nie ausgetestet. Nun wieder in ein intensives Schweigen verfallen, nähren sich die Zwei einem Durchgang am Ende des Tunnels und betreten kurz darauf eine scheinbar vollkommen andere Welt. Naruto weiß nicht, was er erwartet hat, aber ganz sicher nicht diesen Anblick, der sich ihm nun offenbart. Seiner Panik als auch seiner Stimme beraubt, betrachtet der Outlaw diese Parallelwelt unter der Erde und kommt auch nicht umhin, Bewunderung dafür zu empfinden. Diese gigantische Höhle, denn eine andere Bezeichnung wäre unzureichend, ist in seiner Funktion vergleichbar mit dem Armenhaus von Tsunade, doch die Atmosphäre ist eine gänzlich andere. In diesem unterirdischen Komplex tummeln sich zahlreiche Menschen von unterschiedlichen Generationen. Kinder, nicht älter als ein paar Tage und alte Menschen, die mit einem Bein bereits im Grab stehen. Es gibt Betten, wacklig aufgebaute Zeltkonstruktionen, Tische, Stühle, Kochstellen und alles bunt zusammengewürfelt. In der Höhe wurden Podeste und Emporen errichtet, welche durch Leitern zu erreichen und mit schmalen Stegen miteinander verbunden sind. Beleuchtet wird der gesamte Komplex mit Fackeln, Feuerschalen und Öllampen. Die Lautstärke ist nahezu überwältigend. Ein Stimmgewirr, wie auf einem Volksfest und dazwischen Musik und Lieder, die zusammen mit den Bewohnern die reinste Fröhlichkeit ausstrahlen. Sie singen, tanzen und lachen, als hätte sie keinerlei Sorgen. Einen solchen Anblick hat Naruto noch nie in seinem Leben erhalten. Die ganzen Leute schenken ihnen keinerlei Beachtung. Manch einer würdigt sie mit einer grüßenden Geste, die jedoch mehr Tsunade gilt, als ihm. Sie winkt oder nickt zurück, streicht ein paar Kindern im Vorbeigehen durch die Haare und erkundigt sich bei einer alten Frau nach ihrem Befinden, während Naruto ihr stumm und etwas fassungslos durch die engen Gassen der Zeltreihen folgt, bis sie das andere Ende der Höhle erreichen. Ganz offensichtlich ein leicht abgetrennter Bereich, indem einige Nahrungsmittel und andere Dinge gelagert werden. Vom eigentlichen Geschehen ist dieser Platz einige Schritte entfernt und damit schon nahezu isoliert. Zwischen einigen Fässern und Kisten, erkennt Naruto schließlich zwei Beine und erblickt zusätzlich ein paar geleerte Flaschen Alkohol in unmittelbarer Nähe zu dem Beinpaar. So zielsicher, wie seine Mutter auf die Gestalt zwischen den Kisten und Fässern zugeht, hat Naruto die Vermutung, dass es sich dabei um die Zielperson handelt. Bei dem Anblick legt sich die Zuversicht, was die kommenden Verhandlungen angeht. Ist die Kröte überhaupt fähig sich aufzurichten? Neugierig beugt sich der Outlaw über eines der Fässer und stützt sich an diesem ab, um einen ersten Blick auf die Kröte zu erhaschen. Ein sehr wuchtig wirkender Mann, mit vollständig ergrautem, eigentlich weißen Haar, welche er zu einem zotteligen Zopf gebunden hat. Sein Gesicht hat er unter einem alten Kissen versteckt und sein kraftvoll wirkender Körper liegt auf schmutzigen Lumpen, welche er offensichtlich zu einer Schlafstelle zusammengewürfelt hat. Sein vollständig entblößter Oberkörper weißt zahlreiche Vernarbungen auf, die hauptsächlich von Tieren herzurühren scheinen und die Hose mit ausgefransten Enden, müsste dringend einmal einer ausgiebigen Reinigung unterzogen werden. Der Gestank nach Alkohol und Schweiß wabert wie eine Nebelwolke um seinen betrunken Körper herum, so dass der Outlaw das Gefühl hat, allein beim Einatmen kurz vor einer Alkoholvergiftung zu liegen. Das soll er sein? Der Schutzpatron der Zeitungsjungen und aller anderen hier anwesenden Menschen? Narutos Gesicht verfinstert sich etwas. Wie kann dieser Kerl die Sicherheit seiner Schützlinge so leichtfertig aufs Spiel setzen? In einem betrunkenen Zustand wird er sich oder sie kaum verteidigen können und so wie Jiraiya momentan auf dem Boden liegt, scheint er nicht einmal fähig selbstständig den Kopf anheben zu können. Eine solche Verantwortungslosigkeit gehört mit zu den Dingen, die Naruto regelrecht anwidern und seinen Puls zum rasen bringen. Lieblos tritt Tsunade gegen den regungslosen Oberkörper zu ihren Füßen und entlockt diesem einen grunzenden Laut. Jiraiya hebt einen Arm und wedelt mit diesem herum, als wolle er eine lästige Fliege vertreiben, ehe er sich noch mehr zusammenrollt und keinerlei Anstalten präsentiert, sich ihrer Anwesenheit anzunehmen. Ein weiterer Tritt wird nur mit einem erneuten Grunzen kommentiert, was Tsunade dazu bringt genervt die Augen zu verdrehen und sich umzuschauen. Naruto hält sich noch zweifelnd im Hintergrund, während er dabei zu schaut, wie die alte Dame eine Schüssel mit Wasser von einem der umher stehenden Fässer greift und den gesamten Inhalt über Jiraiya kippt, der sich mit einem klagenden Laut aufrichtet und schließlich zu fluchen beginnt, als gäbe es kein Morgen mehr. Die zotteligen weißen Haare, hängen nun in nassen Strähnen vor seinem Gesicht, welches er mit seinen rauen Handflächen versucht von der erschreckend kalten Flüssigkeit zu befreien. Auf seinem blanken Oberkörper bildet sich eine deutliche Gänsehaut und ein Frösteln schüttelt seinen Körper kurzzeitig durch, während er noch immer flucht, wie ein Seemann. Es sind Beschimpfungen, bei denen viele Eltern ihren Kindern wohl die Ohren zu halten würde, um ihre Unschuld nicht zu gefährden, doch die hier unten lebenden Gestalten, kennen wohl noch ganz andere Ausdrücke. „Hey du Trunkenbold. Hast du mich vermisst?“ „Ungefähr so sehr wie Krätze.“ Mürrisch blickt der Angesprochene, der seine Schimpftirade beendet und nun seine muskulösen Arme auf seinen Knien gelagert hat, zu der alten Dame, die provozierend zu ihm herunterschaut und dabei die Hände in die Hüften gestemmt hat. Für einen Moment funkeln die Zwei sich regelrecht an und für den Hauch eines winzigen Momentes, für den Moment eines Augenaufschlages, kann Naruto neben der Wut, Enttäuschung und ehrliches Bedauern erkennen, bis Jiraiya sein Augenpaar abwendet, indem er sich erneut durch sein noch feuchtes Gesicht streicht und schließlich seinen zweiten Gast inspiziert. Die dunklen Augen der Kröte, wandern schließlich zu Naruto, der noch immer auf dem Fass gestützt die Situation verfolgt, bis Jiraiya zurück zu Tsunade schaut. „Darf ich den Grund für deine Anwesenheit erfahren und warum zum Teufel ist dieser Bowery Abschaum hier?“ Mit einem wütenden Schnaufen stößt sich Naruto ab und ringt um Fassung. Er ist kein Mitglied ir-gendeiner Gang aus den Five Points und will erst recht mit solchen Vereinigungen in Verbindung gebracht werden. Er empfindet eine solche Verwechslung als Beleidigung und da dies nun bereits mehrfach zur Sprache gekommen ist, ist seine Geduld nicht mehr besonders strapazierfähig. „Herr Gott nochmal. Ich gehöre nicht zu den Dreckskerlen, klar? Werd' nüchtern, dann bekommst du vielleicht wieder einen klaren Blick.“ Jiraiya verzieht kurz das Gesicht, ehe er sich in die Höhe stemmt und damit das ganze Ausmaß seiner Körpergröße freigibt. Dieser Mann ist ein Koloss von Mensch. Breitschultrig, muskulös und wenigstens so groß wie ein Grizzlybär. Ein regelrechtes Monster, zu dem Naruto hinaufschauen muss um überhaupt den Blickkontakt halten zu können. Der Outlaw, der selbst größer als der Durchschnitt ist, ist einen ganzen Kopf kleiner als die Kröte und trotz dieser durchaus einschüchternden Körpermasse, weicht Naruto nicht zurück, als Jiraiya auf ihn zu geht und nur eine halbe Armlänge von ihm entfernt stehen bleibt. Die beiden Männer fixieren sich mit ihren Blicken, dass Tsunade etwas nervös das Gewicht verlagert, sich jedoch dazu entschließt nicht einzuschreiten. Abschätzig wandert das dunkle Augenpaar der Kröte über den Körper seines Gastes, bis er diesem fest in die Augen blickt und dabei in ein Blau starrt, wie es absolut einmalig auf dieser Welt ist. In diesem Blick ist keinerlei Zweifel zu erkennen und eine Entschlossenheit, die beinahe ansteckend wirkt. Es ist ein unerschütterliches Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten, die ihn so selbstsicher und fast unbesiegbar erscheinen lassen. Jiraiya verstaut seine Hände in den Hosentaschen und lächelt etwas spöttisch auf den Familienvater hinab. „Für jemandem dem ich auf den Kopf rotzen könnte, riskierst du eine ganz schön dicke Lippe.“ „Soll mich das beeindrucken? In deinem Zustand stellst du keine Bedrohung für mich dar und abge-sehen davon, habe ich bereits Dinge getan, von denen du nicht einmal zu träumen wagst.“ Provozierend tätigt Naruto einen weiteren Schritt auf Jiraiya zu und muss dabei seinen Kopf weiter in den Nacken legen, um den Blickkontakt zu halten. Zu Narutos Verwunderung jedoch, beginnt Jiraiya zu grinsen und legt ihm schließlich fast freundschaftlich eine Hand auf die Schulter, welche der Outlaw für einen Moment äußert skeptisch betrachtet, ehe er zurück in das Gesicht der Kröte schaut. „Ich weiß, wer du bist. Man muss zwar genau hinschauen, aber ich erkenne dich und du hast recht, in einer direkten Konfrontation hätte ich wenig Aussichten auf Erfolg.“ Naruto muss gestehen, dass es ihn diese Aussage recht schockiert, denn eigentlich war er bisher der Überzeugung sein Aussehen soweit verändert zu haben, dass er unerkannt durch die Straßen laufen kann. Es sollte sich nicht unbedingt als Marktschreier betätigen, aber eine Entdeckung hielt er bei entsprechendem Verhalten eigentlich für unwahrscheinlich und nun sagt ihm dieser vollkommen fremde Mann, dass er ihn wiedererkennt. Eine recht beunruhigende Tatsache. Tsunade tritt alarmiert an die zwei Männer heran und wirft einen nervösen Blick in die Richtung der Bewohner, die noch immer unbekümmert ihrem Tagwerk oder wie auch immer es genannt wird, nachgehen. Jiraiya lässt unterdessen von seinem Gast ab und hebt ein ausgewaschenes Hemd vom Boden auf, welches er sich mit wenigen Bewegungen überstreift und schließlich einen verwirrten Blick auf die beschwichtigende Geste von Tsunade wirft. „Bitte. Bitte verrate ihn nicht.“ „Ich bin vielleicht betrunken, aber sicher nicht dämlich. Ich nehme an, ihr kommt in einer Angelegenheit zu mir, die nicht für aller Ohren bestimmt ist.“ Mit einer laschen Handbewegung deutet die Kröte seinen Besuchern an, ihm zu folgen. Jiraiya bringt die Zwei zu einem großen Zelt, wie es von den Offizieren und Generälen im Bürgerkrieg auf den Schlachtfeldern als Unterkunft oder Lazarett benutzt wurde. Ein solches Zelt ist auch bekannt, als Siedlerzelt oder Hauszelt und aufgrund ihrer Größe auch beliebt, denn selbst Jiraiya braucht sich in dieser Unterkunft nicht zu ducken. Ein Hauszelt wird mit zwei Gibelstangen aufgestellt und mit Hilfe von Seilen und Holzpflöcken am Boden befestigt, doch Jiraiyas Unterkunft ist weitaus stabiler gebaut worden und gleicht damit eher einer Hütte, wie sie ein Jäger im Wald bewohnt. Es wirkt sehr gemütlich, als sie in dieses private Reich eintreten, welches durchaus auch einigen Luxus erkennen lässt. Der Blickfang stellt ein erhöhtes Podest dar, welches am anderen Ende des Zeltes in der linken Ecke erbaut wurde und auf dem zahlreiche Felle zu finden sind, die Naruto als Wapiti-, Bergziegen-, Bären-, Puma- und Luchsfelle erkennen kann. Zwei Kissen und eine Decke runden das Nachtlager perfekt ab, wobei schließlich die Frage aufkommt, wieso die Kröte seinen Rausch im Dreck ausschläft, wenn er doch eine solche Schlafstelle zur Verfügung hat? Ein massiver, jedoch an einigen Stellen beschädigter Schreibtisch, samt dazugehörigem Stuhl, befinden sich ebenfalls in dem Besitzt von Jiraiya und dieses Objekt scheint sich in reger Nutzung zu befinden, denn es liegen zahlreiche Stifte, Kohlestücke und Zeichnungen, sowie handgeschriebene Papiere auf der Oberfläche, während über der Lehne des Stuhles ein verwaister Baumwollmantel hängt. Zur rechten Hand steht eine kleine Kommode, mit feinen Verzierungen an den Türen und von seinem einstigen Besitzer wohl wegen der Risse im Holz und dem abblätternden Lack verstoßen. Auf dem festgetretenen Fußboden liegt sogar ein großer Teppich mit floralem Muster, wie er wohl sonst nur in den Villen der Reichen zu finden ist. „Ich kann euch leider nichts anbieten. Ich bekomme selten Besuch.“ Naruto vernimmt das kurze Auflachen seiner Mutter, schenkt diesem jedoch keine weitere Beach-tung, sondern lässt einen flüchtigen Blick über die zahlreichen Papiere gleiten, während Jiraiya sich ebenfalls dazu entschließt, diesen kleinen verbalen Ausbruch der alten Dame zu ignorieren und sich stattdessen auf der Kante seiner Schlafstelle niederlässt. „Also, was wollt ihr von mir?“ Naruto lässt von den Papieren wieder ab und lehnt sich stattdessen an der Schreibtischoberfläche an, wobei er die Arme vor der Brust verschränkt. Tsunade lässt sich schließlich auf dem einzigen Stuhl nieder der zur Verfügung steht, ehe der Outlaw sich der Beantwortung der Frage annimmt. „Ich brauche die Hilfe der Zeitungsburschen, um auf ein paar schwerwiegende Missstände in einem Indianerreservat aufmerksam zu machen.“ Jiraiya verzieht das Gesicht und stützt beinahe gelangweilt seinen Kopf mit einer Hand ab, wobei er zweifelnd zu dem Familienvater schaut. „Es gibt auch hier genügend Missstände. Von Raub, über Vergewaltigung bis Mord. Kranke und Hungernde. Deine Indianerfreunde sind nicht die Einzigen die leiden, also nenne mir einen guten Grund, warum die Bengel dir helfen sollten?“ Es ist ein durchaus berechtigter Einwand und keinesfalls zu entkräften. Es genügt sich die Leute und die Gegend der Five Points nur anzusehen, um die Erkenntnis zu erlangen, dass etwas grundlegend im politischem und gesellschaftlichem Geschehen falsch läuft und Naruto würde lügen, wenn ihm die einzelnen Schicksale dieser Menschen nicht berühren würden, doch im direkten Aufeinandertreffen mit seiner Familie, würden diese Menschen stets den Kürzeren ziehen, weswegen der Familienvater nachdenklich zu Boden blickt und ein paar Augenblicke des Schweigens verstreichen lässt, ehe er zu seiner Mutter und schließlich zurück zu der Kröte schaut. „Hanzo, Minato und Kushina. Meine Kinder. Sie sind mein wertvollster Besitzt. Sie sind meine größte Leistung in meinem Leben und meine größte Schöpfung. Ihre Sicherheit, ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen, liegt mir mehr als alles andere am Herzen. Ich streite die Missstände hier keinesfalls ab, denn ich kann sie auf den Straßen deutlich sehen, doch als Ehemann und Vater ist mir meine Familie wichtiger, als irgendwelche Einwanderer aus Irland, Deutschland oder Tschechien. Meine Kinder sollen in einem sicheren Zuhause aufwachsen, ohne ständig in Angst leben zu müssen, ihrer Heimat entrissen zu werden.“ „Das ist ein Grund, aber längst kein guter. Du willst nur das, was alle Eltern für ihre Kinder wollen. Eine sichere Umgebung und eine unbeschwerte Kindheit. Schau dich draußen um und sag mir wie viele Eltern du siehst. Ich kann dir versichern, dass sie alle dasselbe Ziel haben. Ich setze die Sicher-heit dieser Menschen nicht aufs Spiel, nur weil du den Helden mimen willst.“ „Ein Oberhaupt beschützt die seinen. Wir haben dieselben Interessen, was unsere Familie angeht und wir können durchaus voneinander profitieren.“ Interessiert beugt sich Jiraiya nun nach vorne und zieht die Augenbrauen in die Höhe, denn dieser plötzlich diplomatische Tonfall, wie ihn auch Politiker gerne verwenden, weckt seine Neugier, während auch Tsunade in ein verwundertes Mimikspiel verfällt. „Ich bin ganz Ohr. Wie lautet dein Vorschlag?“ „Wenn deine Jungs mir helfen, biete ich dir meine Hilfe an. Ich kümmere mich um die Leute, die dir und deinen Schützlingen das Leben schwermachen.“ Jiraiya verfällt in einen heiser klingenden Lachanfall und tippt sich mit dem Finger mehrmals an die Stirn, was ein Zeichen dafür ist, dass er den Gesetzlosen für vollkommen größenwahnsinnig hält. Es dauert einen Moment, bis die Kröte sich wieder gefangen hat und sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischt. „Wie willst du das bitte anstellen? Das ist eine lange Liste und einige davon sind ziemlich große Kali-ber.“ Auf diese sehr ungläubig klingende Frage lächelt Naruto nur und hüllt sich damit ein geheimnisvolles Schweigen, während in seine Augen eine Überzeugung tritt, die einem sämtliche Zweifel vergessen lassen und diese Selbstsicherheit lässt ihn nahezu unbesiegbar erscheinen. Es ist diese faszinierende Art, der Glaube daran das Unmögliche möglich zu machen, welche in seinem Wesen innewohnt und so kommt Jiraiya nicht umhin nach einer Weile ergeben zu seufzen und diesen ungewöhnlichen Handel mit einem mehrmaligen Kopfnicken schließlich abzusegnen. „Also gut, dann erzähl mir von deinem Vorhaben.“ Naruto liefert der Kröte eine ausführliche Beschreibung seines Planes und eine detaillierte Schilde-rung der bisher stattgefundenen Ereignisse, welche dieser geduldig über sich ergehen lässt, gelegentlich nickt oder mit dem Kopf schüttelt, doch ein guter Beobachter merkt schnell, dass Jiraiya von dem Plan nicht sehr überzeugt ist und auch schließlich, nachdem Naruto geendet hat, seine Einwände kundtut. „Der Plan an sich, ist nicht schlecht und deine Beweggründe leuchten mir ein, doch selbst die Bengel können keine Wunder bewirken. Sie können nur das verbreiten, was die Leute auch glauben und die Leute glauben nur das, was in den Zeitungen steht oder was sie mit eigenen Augen sehen können. Wenn du also auf Erfolg aus bist, dann brauchst du einen Reporter und einen Zeitungsdrucker auf deiner Seite. Der Rest erledigt sich dann ja von alleine.“ Sofort denkt Naruto an Iruka, dem er ja eigentlich zugesichert hatte ihn nicht noch einmal zu behelligen. Immerhin ist der erfolgreiche Reporter ein sehr großes Wagnis eingegangen, als er sich dazu bereit erklärte die Ente zu drucken und Naruto steht demnach so tief in dessen Schuld, dass er diese sein ganzes Leben lang nicht begleichen können wird. Ihm gefällt der Gedanke nicht, Iruka abermals um Hilfe zu bitten und dieses Mal sogar über ein längeres Zeitfenster, doch einen anderen Kontaktmann hat der Familienvater auch nicht in dieser Branche und ist somit faktisch dazu gezwungen erneut um seine Hilfe zu ersuchen. Seufzend streicht sich Naruto über den Nacken. „Einen Reporter hätte ich, aber eigentlich wollte ich ihn da nicht tiefer mit reinziehen.“ „Dafür ist es zu spät. Nimm Kontakt zu ihm auf. Ich kenne einen Zeitungsdrucker, der für das passende Kleingeld bereit wäre, die Ausgaben etwas zu verändern.“ Es entsteht ein nervenaufreibendes hin und her von Möglichkeiten, Gefahren und Alternativen und stellenweise wird die Debatte hin und wieder etwas lauter, doch eskalieren tut das Gespräch nicht und am Ende ist klar, dass Naruto nicht drum herumkommt, abermals Kontakt zu Iruka aufzunehmen, ganz gleich wie sehr ihm das auch missfällt. Von Jiraiya erhält er einige Namen von den Leuten, die in den Five Points das Sagen haben und zusätzlichen Unmut unter der Bevölkerung verbreiten. Es handelt sich dabei um Männer die ihre Macht ausnutzen, um sich an anderen, wie Jiraiya und auch Tsunade, bereichern zu können, denn ähnlich wie die Politiker, interessieren sie sich nur für ihre eigenen Belange. Sie verlangen Tribut, ob Geld, Lebensmittel oder Dienstleistungen spielt keine Rolle und wenn dieser Tribut nicht gezahlt wird, machen sie auf äußert drastische Weise deutlich, dass ein Zahlungsausfall harte Konsequenzen hat. Naruto soll die Herrschaften davon überzeugen, sich von Jiraiya und seinen Schützlingen fern zu halten, wie er das anstellt, will die Kröte ihm überlassen. „Melde dich, wenn du weißt ob dein Freund dir hilft, aber bevor ihr geht … Tsunade, ich habe da eine Bitte an dich.“ Überrascht blickt die alte Dame zu der Kröte, die nun sehr ernst wirkt und ihr schließlich deutlich macht, ihm zu folgen. Naruto ist zwar nicht direkt angesprochen worden, aber er sieht keinen Grund auf der Rückkehr der Beiden zu warten und folgt ihnen schließlich. Der wuchtige Schutzpatron der Zeitungsjungen führt sie zurück zu den ganzen Zelten und so schlängeln sie sich wieder durch die Reihen und der Masse an Menschen. „Wir haben hier unten eine Frau, die du dir vielleicht mal ansehen solltest. Ein paar andere Weibsbilder hatten sie hier angeschleppt und ihr Zustand macht mir Sorgen.“ „Was ist denn mit ihr?“ „Sie hat vor ein paar Stunden entbunden, ist unterernährt und lethargisch. Ich bin kein Fachmann, aber da sie sofort in Panik verfällt, zu schreien und zu toben beginnt, sobald sie auch nur einen Mann vom weiten sieht, habe ich so einen Verdacht, was ihr widerfahren ist.“ Tsunade verzeiht darauf beinahe leidend das Gesicht, ehe sie auch schon vor einem verschlossenen Zelt stoppen und auch Naruto kann die Vermutung von Jiraiya nur teilen. Diese Frau hat kein schönes Erlebnis gehabt und hat sich dem vermutlich nicht nur einmal ausgesetzt gesehen. Es ist grausam, welch Monstrosität sich die Frauen ausgesetzt sehen und Naruto ist beschämt über die Tatsache, dass einige männlichen Artgenossen unfähig sind ihre Triebe unter Kontrolle zu halten. Wie Tiere fallen diese Mistkerle über die Frauen her und lachen über ihre Tränen und den zugefügten Schmerz. Jeden einzelnen von ihnen würde er am liebsten öffentlich an den Eiern aufhängen. Tsunade greift nach der Zeltplane welche den Eingang verdeckt, doch bevor sie eintreten kann wird sie erneut von Jiraiya aufgehalten, der sich leicht zu ihr beugt. „Sie spricht unsere Sprache nicht und auch keine andere. Weder Deutsch, noch Tschechisch, noch Englisch, noch weiß sonst noch was. Niemand hier versteht sie. Ich halte sie nicht für eine frühere Sklavin, aber ich vermute sie stammt aus irgendeinem Indianervolk.“ Tsunade betritt das Zelt, nachdem ihr mitgeteilt wurde, dass eine Kommunikation mit der erwähnten Frau sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein würde. Naruto und die Kröte bleiben außerhalb der bescheidenen Behausung, um die offensichtlich traumatisierte Frau nicht noch mehr zu quälen und vermitteln den Eindruck, als würden sie vor dem Zelt Wache schieben. Beide haben die Arme fest vor der Brust verschränkt und ihren Blick auf den Gang gerichtet, während in ihren Ohren irische Musik erklingt, gepaart mit Kinderlachen und anhaltenden Gesprächsrunden. Naruto ist von diesem Anblick, nach wie vor, tief beeindruckt. Eine Parallelgesellschaft zu gründen und zu leiten, noch dazu unterirdisch, ist keinesfalls ein Kinderspiel und auch nicht gerne gesehen, doch Jiraiya hat gleich eine halbe Stadt unterhalb der Five Points aufgebaut und das gleicht einem kleinen Wunder. Es ist bemerkenswert, dass die Regierungsmänner ein solches Treiben dulden, doch in Anbetracht ihrer Machtlosigkeit gegenüber den kriminellen Banden und der dazugehörigen Korruption auch nicht weiter verwunderlich. Solange die Summe stimmt, ist in dieser Stadt nichts unmöglich. Moral, Gesetz und Ehre spielen da keine Rolle. Es gibt kaum jemanden, der sich nicht kaufen lässt. Seufzend schaut sich Naruto etwas um und lässt sich schließlich auf einem kleinen Hocker nieder, der scheinbar vergessen am Rand des Zelteinganges steht, während Jiraiya einen äußert wachsamen Blick auf die Gegebenheiten um sie herumwirft. Wenn der Familienvater sich diesen Riesen so anschaut, dann verkörpert er tatsächlich den Eindruck eines mächtigen Schutzpatrons, der für seine Schützlinge jederzeit in die Bresche springen würde. Nach dem ersten Eindruck hat Naruto nicht unbedingt das Empfinden gehabt, einen zuverlässigen Menschen vor sich zu haben, doch der Alkoholpegel im Blut scheint die Sinne der Kröte nicht maßgeblich zu beeinflussen – auch wenn er immer noch stinkt, wie eine ganze Brauerei. Sehr viel neugieriger macht Naruto aber der Fakt, dass seine Mutter und die Kröte sich sehr gut kennen und offensichtlich eine gemeinsame Vergangenheit besitzen. Diese einander zugeworfenen Blicke, voller Enttäuschung und ehrlicher Reue, zeugen deutlich von gemeinsamen Erlebnissen, in denen etwas gewaltig schiefgelaufen sein muss. „Tsunade ist nicht gut auf dich zu sprechen.“ Jiraiya gibt darauf einen undefinierbaren Laut von sich und wendet seinen wachsamen Blick von den Geschehnissen ab, bloß um sich dumpf auf den Boden sinken zu lassen. „Das ist keine neue Information.“ „Was hast du getan, dass sie wütend auf dich ist?“ Auf diese Frage folgt keine Antwort. Jiraiya schweigt und blickt stattdessen auf platt getretenen Erdboden, wobei er schon wieder diesen reuevollen Ausdruck im Gesicht trägt. Es wird deutlich, dass die Kröte nicht darüber sprechen wird und auch nicht darüber sprechen will. Was immer zwischen ihm und Tsunade vorgefallen ist, es ist ein Tabuthema über das beide nicht reden wollen und so hat Naruto das auch zu akzeptieren. Fakt ist nur, dass es ein Vorfall gewesen sein muss, der keine schönen Erinnerungen beinhaltet. Schweigend wendet der Outlaw den Blick von der Kröte ab und lauscht den Stimmen, welche hinter ihm aus dem Zelt ertönen. Er kann die ruhige Tonlage seiner Mutter hören, aber auch noch ein paar andere Stimmen und bei einer dieser Stimmen geht ein heftiger Ruck durch seinen Körper, so dass er plötzlich auf die Beine springt, als wenn ihn etwas gebissen hätte. Bei dieser unerwarteten Handlung zuckt selbst Jiraiya merklich zusammen und starrt den Familienvater nun verwundert an, der einen vollkommen verkrampften Eindruck bietet. Steif, wie zur Salzsäule erstarrt, steht der Outlaw vor dem Zelt, die Augen vor Schreck geweitet und auf den verdeckten Eingang starrend, während von drinnen noch immer die leisen und ruhigen Stimmen erklingen. Das kann nicht sein. Das ist unmöglich. Es kann, darf und soll nicht sein. Naruto kennt eine dieser Stimmen. Er kennt sie so gut, dass er ihren Besitzer in tiefster Dunkelheit finden könnte, auch wenn der Klang etwas anders erscheint, als er es gewohnt ist. Weinerlich, zittrig und hilflos, doch ist es unverkennbar ihre Stimme. Zögernd tritt er näher an den Zeltvorhang heran und legt den Kopf schief, um angespannt in das Innere hinein zu lauschen. Nein, er täuscht sich nicht. So gern er sich auch täuschen würde, er tut es nicht. Schwer schluckend und mit einem schmerzenden Ziehen in seinem Brustkorb tritt Naruto noch näher heran, während Jiraiya dieses seltsame Verhalten in irgendeiner Form zu deuten versucht und das Verhalten seines Besuchers skeptisch betrachtet. Es wird aber auch der Kröte zunehmend deutlicher, dass der Outlaw etwas in seinen Ohren vernimmt, was ihn in solch einer erschrockene Starre verfallen lässt. Ist es die Stimme der Frau? Kite m 'pou kont, ist bisher das einzige gewesen, was sie zu ihren Helfern immer und immer gesagt hat, doch für alle ist es einfach nur unverständliches Gebrabbel gewesen. Versteht Naruto was sie sagt? Gerade als Jiraiya Luft holt, um Naruto diese Fragen zu stellen, tritt der Familienvater erneut an das Zelt heran. „Hanabi, se ke ou?“ Schweigen. Kein Wort dringt mehr aus dem Zeltinneren hervor, während Naruto angespannte darauf hofft, eine Antwort zu erhalten und sogar kurzzeitig die Luft anhält. Er kann sein Blut in den Ohren rauschen hören und sein Herz scheint in seinen Hals gewandert zu sein. Er hofft, dass sie es ist und zeitgleich fleht er darum, dass sie es nicht ist, denn wenn diese Frage nun bejaht wird, dann heißt dies zeitgleich dass sie die Frau ist, die vor wenigen Stunden ein Kind zur Welt gebracht hat und wohl vorher vergewaltigt wurde. Betend schließt er die Augen, bis er einen wimmernden und verzweifelten Aufschrei hört, der ihm durch Mark und Bein geht und sein Herz für einen Moment zum Aussetzen bringt. „Naruto ... Naruto, mwen vle kay la. Pote m 'lakay yo!” Sie ist es wirklich. Es ist regelrecht erkennbar wie alle Hoffnung von seinem Körper abfällt und er förmlich in sich zusammenfällt, wie das Gerippe eines verkohlten Hauses. Es vergeht ein kurzer Moment, bis der Zelteingang geöffnet wird und Tsunade ihren Sohn mit einem verwirrten, aber irgendwie auch wissendem Ausdruck anschaut, den sie als bestätigt erkennt, als sie in seine Augen schaut. „Du kennst sie, oder? Sie ist aus deinem Dorf.“ „Sie ist mehr als das. Sie ist meine Schwägerin.“ Das ist eine Neuigkeit mit der Tsunade nicht gerechnet hat und entsprechend überrascht, vielleicht sogar entsetzt nach Luft schnappt, während Jiraiya seinen betrübten Blick zurück auf den Boden richtet. Hanabi. Wieso ist sie hier in New York? Meilen weit weg von zuhause, in einer völlig fremden Stadt. Er hatte gedacht, ihr sei die Flucht bei dem Angriff gelungen und jetzt muss er feststellen, dass es ihr wohl besser ergangen wäre, wenn sie zu den Gefangen gehören würde. Sie wurde verschleppt, vergewaltigt und misshandelt und das Endprodukt dieser Tortur hat sie vor ein paar Stunden zur Welt gebracht. Bei diesen Gedankengängen steigt er drückendes Gefühl in seinem Brustkorb auf, welches sein Herz schmerzhaft zu erdrücken scheint. Der Outlaw hat Hanabi immer als eine kleine Schwester betrachtet und sie hat zu ihm aufgesehen. Sie ist im Dorf nicht unbedingt für ihre Weiblichkeit bekannt gewesen. Sie bevorzugte eher die Tätigkeiten der Männer und kassierte dafür skeptische und durchaus abschätzige Blicke. Sie hat sich ein Dasein als gehorsame Ehefrau und Mutter nie vorstellen können, weswegen sie alle Versuche ihres Vaters in diese Richtung sofort abschmetterte. Nichts ist ihr heiliger, als ihre Selbstständigkeit und ihre Unabhängigkeit gewesen und Naruto gehörte zu den wenigen Menschen im Dorf, die sich an ihrer burschikosen Art nicht gestört haben. Sehr zum Verdruss von Hiashi, hat er ihr sogar den Umgang mit einer Waffe und das Schießen gelehrt. All diese Fertigkeiten haben ihr nicht genützt. Schweigend und irgendetwas Unverständliches in seinen Bart murmelt, streicht sich der Familienvater durch sein Gesicht und blickt kummervoll zum Eingang des Zeltes. Ratlos und zögernd riskiert Naruto schließlich einen Blick in das Innere der Behausung und ist über den Anblick von Hanabi regelrecht schockiert. So hat er sie nicht in Erinnerungen und so kennt er sie auch nicht. Wie ein verwundetes Tier hockt sie in einer Ecke, ein Bündel fest an sich gepresst und bitterlich weinend. Alle Kraft scheint aus ihrem Körper gewichen zu sein und was genau sie erleben musste, es hat sie so traumatisiert, dass sie nicht einmal mehr Englisch spricht. Es ist nichts mehr von ihrer Selbstbewussten Art zu sehen. Ihre nie enden wollende Tränenflut verwandelt sich in einen einzigen Dammbruch, als sie sein Gesicht erblickt. Sie schluchzt, schnappt nach Luft und streckt beinahe flehend eine Hand nach ihm aus, wie ein kleines Kind das auf den Arm genommen werden möchte, während die anderen anwesenden Personen ratlose Blicke miteinander austauschen. Hanabi ist unfähig sich zu beruhigen. Sie ein nervliches Wrack. Immer wieder sagt sie, dass er sie nachhause bringen soll ohne dabei auch nur für einen winzigen Moment von seinen Augen abzulassen, wobei sie noch immer bettelnd eine Hand nach ihm ausstreckt, welche so stark zittert als führe diese ein Eigenleben. Naruto tritt schließlich gänzlich in das Zelt ein und geht ohne zu zögern auf seine Schwägerin zu, bis er vor ihr in die Knie geht und sich ihre zitternde Hand unverzüglich in seinem Hemd vergräbt, als fürchte sie darum, dass er sich nur als ein Trugbild herausstellt. Behutsam nimmt der Outlaw ihr vollkommen verweintes Gesicht in seine Hände und blickt ihr fest, aber sanft in die Augen wobei er mit dem Daumen über ihre feuchte Wange streicht, während sie nur noch wimmernden ein und denselben Wunsch äußert: Sie will nachhause. Ein Zuhause das es nicht mehr gibt und welches sie in diesem Zustand ohnehin nicht erreichen würde. Hanabi wird sich dieser Tatsache durchaus bewusst sein, doch in solchen Ausnahmesituationen, tritt der Wunsch nach einer vertrauten Umgebung so stark in den Vordergrund, dass ein rationales Denken gar nicht mehr möglich ist. Er nickt auf ihre wiederholte Bitte auch einfach nur, doch je länger er bei ihr ist, je länger sie ihm in die Augen schaut und je länger er beruhigend mit ihr spricht, umso ruhiger wird Hanabi. Die Tränen laufen ihr nur noch stumm über die Wangen, als der Familienvater näher an sie heranrückt. „Mwen se isit la. Mwen pran swen ou. Ou pa gen moun ap fè anyen.“ Narutos Worte scheinen wie Balsam für ihre zerrissene Seele zu sein, denn Hanabi sucht regelrecht seine Nähe, wobei er die Arme um sie legt. Sein Blick wandert an ihrem Körper herunter, auf das Bündel in ihren Armen, welches immer wieder leise Laute von sich gibt. Er betrachtet das wimmernde Baby, welches sie schützend und wärmend an sich drückt, wobei ihr ausgemergelter Körper kaum noch etwas von beiden hergibt. Sie zittert am ganzen Leib, ist blass und am Ende jeder verfügbaren Kraft. Die Geburt allein ist sehr zehrend, doch noch anstrengender ist sie, wenn der Allgemeinzustand schon vorher nicht der Beste ist. Hanabi kann sich kaum noch aufrecht halten und so spürt Naruto, wie ihr ganzes Gewicht an seinem Körper lehnt. Das Baby wirkt auf den ersten Blick gesund. Ein kleiner, dunkel brauner Haarflaum lugt unter dem Tuch hervor. Das winzige Gesicht wirkt friedlich, doch verzieht das Neugeborene immer wieder seine Mimik, um einen protestierenden Laut von sich zu geben. Die winzigen Hände sind zu Fäusten geballt, als würde ein schwerer Kampf bevorstehen. Dieses Kind ist kein Kind, welches aus Liebe entstanden ist, sondern wurde von triebhafter, animalischer Lust und Gier gezeugt – gegen den Willen von Hanabi. Bei dem Gedanken steigt Naruto die Galle empor. Wenn er diesen Mann jemals zu Gesicht bekommen sollte, dann sorgt er eigenhändig dafür, dass dieses Subjekt sich nie wieder einer Frau nährt. Mitleidig löst er sein Augenpaar von dem wimmernden Bündel und schaut zurück in Hanabis blasses Gesicht. Sie beißt sich auf die Unterlippe und abermals drängen sich Tränen in ihre Augen, bis sie auf ihr Kind hinabblickt. „Li pa ka ede l ', kòm li te parèt.“ Naruto nickt darauf verstehend und deutet mit einer kurzen Geste auf Tsunade, wobei Hanabi seiner Handbewegung folgt und gerötetes Augenpaar auf der alten Dame schließlich haften bleibt. Die hilfsbereite alte Dame lächelt etwas, hält sich jedoch mit den anderen im Hintergrund, denn Naruto erzielt seit seinen ersten Worten weitaus mehr Erfolge, als jede andere anwesende Person. „Tsunade gen sousi pou li. Yo vle ede ou. Nou pote ou sekirite.“ Hanabi nickt nur schwach und zögernd, bis Naruto seiner Mutter schließlich ein Zeichen gibt, dass sie den neugeborenen Säugling an sich nehmen kann, was diese auch unverzüglich tut. Behutsam nimmt sie das Bündel an sich und drückt es schützend an ihre Brust, ehe sie beobachtet wie Naruto sich etwas aufrichtet, einen Arm um den Oberkörper seiner Schwägerin legt und seinen anderen Arm schließlich unter ihren Kniekehlen durchführt. Es scheint ihm keinerlei Anstrengung zu kosten, als er die vollkommen geschwächte Frau auf seine Arme hebt und diese sich vertrauensvoll an ihn drückt. Tsunade weiß, dass Naruto schon immer Führungsqualitäten besessen hat und dass er diese auch stetes zur Anwendung gebracht hat, doch bei diesem Anblick kann sie nun verstehen, warum so viele Leute ihn nahezu blindes Vertrauen entgegenbringen. So entschlossen, wie er aus dem Zelt heraustritt und schließlich in den Weg in Richtung Ausgang einschlägt, wirkt er wie der lange ersehnte Erlöser der Armen und Unterdrückten und so sicher wie sich Hanabi in seinen Armen fühlt, wirkt er schon beinahe übermächtig und dazu fähig das größte Problem lösen zu können. Ein stolzes Lächeln prägt die Lippen von Tsunade, während sie hinter dem Gesetzlosen hergeht und dabei den Säugling sicher in ihren Armen hält. Naruto ist nicht nur einfach zu einem Mann herangewachsen, sondern auch zu einer Person die diese Welt ein Stück weit verbessern möchte und dafür zu unglaublichen Mittel greift, während er sich zeitgleich schützend vor all die Leute stellt, die Hilfe benötigen. Er ist der ständige Dorn im Auge eines jeden Politikers. Die Wand, die einfach nicht einzureißen ist und einfach nur der Mann an dem sich die korrupten und intriganten Leute die Zähne ausbeißen. Naruto ist zu dem Mann geworden, den sich Tsunade in ihren Träumen und Wünschen immer vorgestellt hat. Ihr Sohn ist dabei sich unsterblich zu machen. Kapitel 15: Zukunft der Vergangenheit ------------------------------------- Der Polizeichef von New York ist bekannt und gleichermaßen gefürchtet für seine Härte, Brutalität und fragwürdigen Verhörmethoden. Er ist bis ins Mark verdorben und korrupt, wie kein Zweiter in dieser Stadt. Er ist Politiker und auf der Führungsebene der American Party Partei – eine nativistische und fremdenfeindliche Partei. Eine Partei, die aufgrund der Unzufriedenheit der Wählerschaft überhaupt erst entstanden ist oder entstehen konnte. Sie nannten sich bei ihrer Entstehung die Know Nothing Party und sie wollten Amerika vor der Zerstörung ihrer sozio – kulturellen Identität retten, die in ihren Augen durch die rapide steigende Einwanderung drohte. Die Keimzelle diesen Übels ist die Order of the Star Spangled Banner Partei, die sich 1849 gründete und der fast ausschließlich in den USA geborene weiße Protestanten angehören. Die American Party Partei war zu ihrem Entstehungszeitraum jedoch geheim und die Mitglieder pflegten auf Nachfragen zu Zielen oder Motiven ihrer Vereinigung, mit einem stereotypen I know nothing zu antworten, weswegen schließlich der Spitzname Know Nothings entstand. Der Polizeichef von New York, mit bürgerlichem Namen Danzou Shimura, wandelte diesem Geheimbund jedoch in den vergangen Jahren in eine politische Partei um, die eigene Kandidaten zur Wahl aufstellt und bei Wahlen sehr große Erfolge erzielten und auch noch immer erzielen. Um der Fremdenfeindlichkeit ein Gesicht zu geben, reicht es schon aus nur den Schatten dieses Parteiführers zu sehen, der die anlegenden Schiffe voller Einwanderer nicht nur zurück schicken, sondern gleich in Brand stecken möchte. Dieser Mann kennt keine Menschlichkeit und löst Probleme bevorzugt mit Gewalt. Es wird ihm nachgesagt, dass viele Morde und Brandstiftungen von ihm in Auftrag gegeben wurden und weil er einen gefürchteten Ruf inne hat, lässt er sich den Schutz seiner Kupfersternträger fürstlich bezahlen. Eine irische Familie, die unbedingt in Sicherheit leben will, muss äußert tief in die sowieso leeren Taschen greifen, wenn ihr Haus nicht irgendwann in Flammen aufgehen soll - aber selbst dieses Schutzgeld ist längst keine hundertprozentige Garantie für Sicherheit. Danzou ist eine Plage. Ein eitriges Geschwür, das Elend und Not verbreitet. Getrieben von Machtgier und von eigennützigen Motiven geleitet, ist dieser Mann der einschüchternde Schatten über New York und eben jener mächtige Mann steht ganz oben auf der Liste von der Kröte. Er ist der Ursprung von allem Übel, welches Jiraiyas Schützlingen das Leben so schwer macht und damit Narutos Ziel, welches es auszuschalten gilt. Die übrigen Namen auf dem Stück Papier, sind seine Handlanger, die ausschließlich ihm unterstehen. Dieser Mann hat einen so weitreichenden Einfluss, dass er die Stadt aus den Schatten heraus regiert und dabei unerschöpflich Profit in die Tasche fährt. Danzou beeinflusst die Medizin, die Industrie, die Transportwege und weiß Gott, was sonst noch. Es ist ein hartes Stück Arbeit, wenigstens die Armen von diesem Übel zu befreien. Es reicht nicht, der Hydra nur die Köpfe abzuschlagen, er muss das Herz treffen. Er muss die Wurzel heraus reißen und die Blätter werden absterben. Er muss ihm seine Macht nehmen. Naruto hat nur keine Ahnung, wie er das anstellen soll. Er befürchtet schon beinahe, dass er gegenüber der Kröte zu große Töne gespuckt hat. Darüber hinaus, hat er mit dem Polizeichef auch noch ein Stück eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Danzou Shimura. Dieser Name ist dem Outlaw sehr vertraut und stets als dunkler Schatten in seinem Denken vorhanden gewesen. Naruto kennt diesen Mann und das sogar besser, als es ihm lieb ist. Als er diesen Namen zum ersten Mal auf dem Papier gelesen hat, fühlte er einen entsetzlich schmerzhaften Schlag in seiner Magengegend, welcher ihm im ersten Moment die Luft nahm. Er fühlte sich in seine Kindheit zurückversetzt, mit all den damaligen Gefühlen und der dazugehörigen Hilflosigkeit. Er musste diese zusammengehörigen Silben immer und immer wieder lesen, um zu begreifen, dass es sich dabei nicht um irgendeine Einbildung handelt und je öfter er ihn las, umso schneller nahm die Angst in seinem Inneren wieder ab. Sie wurde von Zorn, Hass und endloser Wut abgelöst, bis auch diese Empfindungen aus seiner Brust verschwunden sind und eine alles dominierende Leere den Platz eingenommen hat. Jetzt sitzt Naruto vor dem Kaminfeuer des Armenhauses und blickt unergründlich in die Flammen hinein, während er innerlich nach einer Gefühlsregung sucht. Irgendein Funke von Emotion, der durch seinen Körper springt, doch es handelt sich dabei um eine erfolglose Suche. Er fühlt sich innerlich vollkommen leer, nahezu abgestorben, wie von einer schleichenden Krankheit befallen, welche seinen Körper langsam zerfrisst oder wie ein starker Baum, der kein Wasser mehr aufsaugen kann und der Endgültigkeit mit jedem weiteren Tag näher gegenübertritt. Es ist, als würde irgendeine undefinierbare Macht ihn vor einem reich gedeckten Tisch verhungern lassen. Er hat nie an Rache gedacht. Keine Sekunde seines Lebens, hat er damit zugebracht, sich an Danzou, für all das zugefügte Leid rächen zu wollen. Zu groß war seine damalige Angst vor diesem Mann, den er als mitleidloses Monster noch immer vor Augen hat. Er wollte immer nur weg von ihm. So weit weg wie möglich, damit Danzou ihn nicht mehr erreichen kann. Es war immer nur Angst, die sich in seinem Körper festsetzte, wenn er an diesen Mann dachte. Nie war es etwas Anderes, doch jetzt … jetzt bietet sich die Gelegenheit, sich für jeden einzelnen Schlag, für jede Brandwunde, jeden Schnitt und all den erlittenen psychischen Terror zu revanchieren. Er hat keine Angst mehr vor diesem Individuum, vor diesem Menschen verachtendem Monster, denn er ist längst selbst erwachsen. Naruto ist selbst ein Mann und mächtig genug, um es mit Danzou aufnehmen zu können. Er kann ihm die Stirn bieten und zurückschlagen. Es ist die Chance. Diese einmalige Gelegenheit, welche sich auch in dieser Form nur einmal im Leben darbietet und obwohl Naruto sich dieser Tatsache bewusst ist, fühlt er einfach nichts. Der Outlaw weiß gar nicht, wie lange er nun schon vor dem Kamin sitzt, unfähig einen Gedanken zu erfassen oder etwas zu empfinden, aber die Nacht ist bereits weit fortgeschritten und das Kaminfeuer ist nun nichts weiter, als ein glühender, schwarzer Kohlehaufen. Die Kerzen sind heruntergebrannt und im gesamten Raum hat die Dunkelheit die Oberhand, während er regungslos auf dem alten Holzstuhl sitzt und die Zeit verstreichen lässt. Der Familienvater lauscht auf, als er das Öffnen und darauffolgende leise Schließen der Tür hinter sich vernimmt und er spürt, wie sich die Atmosphäre im Raum verändert, kaum dass seine Mutter an ihn herangetreten ist. Der Raum wirkt schlagartig wärmer und wohliger. Es ist ein angenehmes Empfinden von Fülle. Es ist ein vertrautes Gefühl und stets gleich, wenn er in der Nähe seiner Mutter ist. Ihre Gegenwart verspricht ihm Schutz und Sicherheit, obwohl er längst nicht mehr der kleine halbverhungerte Junge aus dem Keller ist, sondern sich inzwischen selbst schützend vor sie stellen kann. Er muss sie nicht einmal sehen, um zu wissen, dass sie es ist und so ist er auch über die Berührung an seiner Schulter nicht erschrocken, als sie zögernd ihre Hand zu ihm führt. Die alte Dame zeigt deutliche Züge von Unruhe und Unsicherheit in ihrem Gesicht, als sie die handgeschriebene Liste von Jiraiya in seiner rechten Hand sieht, denn auch sie kennt Danzou und damit einhergehend auch seine Brutalität. Sie kennt auch seinen Einfluss in dieser Stadt und gerade aus diesem Grund hätte sie den Outlaw besser vorgewarnt. „Ich wusste nicht, wie ich dir das beibringen sollte.“ Naruto lacht kurz auf und legt seine Hand auf die seiner Mutter, die noch immer locker auf seiner Schulter ruht. Er hat damit gerechnet, dass sie die ganze Zeit nach den passenden Worten gesucht hat, doch entschuldigen muss sie sich deswegen noch lange nicht. Sie macht sich immer die möglichsten und unmöglichsten Gedanken um ihre Schützlinge und ganz besonders viele hat sie sich schon immer um Naruto gemacht. Er, der Aufmüpfige und Querdenker, der immer das Gegenteil von dem tat, was er tun sollte. Narutos Lebensweise ist schon immer mit Sorge verbunden gewesen, denn sein Verhalten hätte ihn schon so einige Male unter die Erde bringen können. Danzou hat Naruto immer im Auge gehabt und besonders viel Freue daran gezeigt, ihm auf jede erdenkliche Weise Schaden zu zufügen, denn Naruto war der Rebell in dem Waisenhaus und das einzige Kind, welches energisch Widerstand gegen jede Autoritätsperson gezeigt hat. Ständig hat sich dieser damals kleine und schmächtige Junge vor die anderen gestellt und statt ihrer bereitwillig die Schläge kassiert. Er war aufmüpfig und drohte damit auch die anderen Waisen mit Gegenwehr anzustecken, wenn Danzou ihn nicht immer und immer wieder vor den Augen der anderen Kindern in seine Schranken gewiesen hätte – dass Naruto dabei jedoch selten eine Miene verzog und er spöttisch gelächelt hat, war nicht unbedingt im angestrebten Interesse der Heimleitung. Der Familienvater seufzt kurz und tätschelt beruhigend die Hand seiner Mutter. „Mir war bewusst, dass Danzou sich nicht mit der Leitung eines Heimes zufriedengeben wird. Ich wusste, dass er sich zu mehr berufen fühlt. Ich wunder mich eher über mich selbst.“ „Wieso?“ „Weil es mir egal ist, was aus ihm geworden ist. Es interessiert mich nicht. Es ist einfach nichts da. Kein Zorn, kein Hass, keine Wut, nicht einmal Angst. Wenn ich an ihn denke, empfinde ich gar nichts.“ Verwirrt verzieht Tsunade das Gesicht, löst sich schließlich von ihrem Sohn und geht zu dem Kamin, um dessen Feuer neu zu entfachen. Die nahezu empört klingenden Worte von Naruto lässt sie sich bei ihren Handlungen immer wieder durch den Kopf gehen, doch sie ergeben einfach keinen Sinn. Für sie ist das ein sehr positiver Aspekt, denn auf diese Weise hat Danzou keinerlei Kontrolle mehr über ihn. Naruto kann diesem Mann mit erhobenem Haupt gegenübertreten, ihm direkt in die Augen sehen und lasch mit den Schultern zuckend an ihm vorbeischreiten und ausgerechnet diese Fähigkeit stört ihn? Für die alte Dame nur sehr schwer nachvollziehbar. Mit einem entsprechend ratlosen Gesicht dreht sich die Armenhausleiterin zu ihm um, nachdem die ersten kleinen Flammen sich gierig über das Holzstück hermachen. „Wieso stört dich das?“ Mit einem Schnaufen stemmt sich Naruto schlagartig in die Höhe, beinahe so als wenn Tsunade einen sehr wunden Punkt bei ihm getroffen hat und so nimmt die Verwunderung in ihrem Inneren noch mehr zu, als ihr Sohn festen Schrittes durch den Raum marschiert, die Hände in den Hüften gestemmt und den Kopf hängend lassend. Ein Verhalten, welches sie in dieser Form genauso wenig nachvollziehen kann und noch viel weniger hat sie mit diesem Ausbruch gerechnet. Er beginnt schließlich sogar wild zu gestikulieren, als wolle er eine störende Fliege vertreiben, die unbeirrt und unbeeindruckt um seinen Kopf schwirrt. Der Outlaw rauft sich die Haare und wirbelt schließlich wieder zu ihr herum, wobei Tsunade glaubt, dass eine große Verwirrung in seinem Denken Platz gefunden hat. „Komm schon Ma'. Nach allem was dieser Mensch mir angetan hat, nach all den Schmerzen und dem Leid … wieso habe ich nicht den Drang ihn eigenhändig in der Luft zu zerreißen?“ Darum geht es ihm also. Naruto wundert sich über die Tatsache, dass er keine Rachegedanken hat. Es ist ihm befremdlich, dass er trotz alle seiner Narben kein Interesse daran hat, Danzou in irgendeiner Weise körperlichen Schaden zu zufügen. Naruto versteht sein eigenes Empfinden nicht, denn Danzou hat die Hölle auf Erden verdient. Jede erdenkliche Form von Folter und psychischem Terror, wäre ein gerechter Lohn für den grausamen Parteiführer. Dieser Mann hat keine Vergebung verdient und niemand in dieser Stadt würde ihm auch nur eine Träne nachweinen – mit Ausnahme seiner Parteimitglieder. Mutter und Sohn blicken einander schweigsam an, während noch immer die letzte Frage die Atmo-sphäre des Raumes füllt. Tsunade säubert ihre Hände schließlich schweigsam an ihrer Schürze und wirft einen letzten prüfenden Blick auf das wieder auflodernde Feuer, ehe sie sich ihrem aufgebrachten Sohn widmet. Sie tritt an ihn heran und bleibt schließlich mit kaum nennenswertem Abstand zu ihm stehen, so dass sie den Kopf anheben muss, um ihm überhaupt in die Augen schauen zu können. „Weil er keine Kontrolle mehr über dich hat. Du bestimmst selbst über dein Leben und das hat dich schon vor Jahren aus seinen Fängen befreit. Es ist dir egal, weil du dich erfolgreich gegen ihn gewehrt hast. Weil du trotz allem, zu einem verantwortungsvollen, liebevollen und großherzigen Mann geworden bist.“ Wieder ist es ein aufgebrachtes Schnaufen von ihm und abermals wendet er sich von ihr ab und tigert unruhig durch den kleinen Raum, ehe er seine Schritte am Fenster stoppt und sich fast ergeben an dem schmalen Fenstersims abstützt. Diese Antwort genügt ihm nicht. Es ist keine Erklärung und in seinen Ohren eher eine romantisierte Begründung, frisch aus einem Abenteuerroman. Er lässt den Kopf hängen, als er zu sprechen beginnt und seine Stimme wirkt zittrig, nahezu weinerlich. Nicht mehr als ein Flüstern und doch sehr viel deutlicher, als er es vermutlich beabsichtigt. „Das soll alles sein? Seinetwegen habe ich diese Panikattacken. Seinetwegen hasse ich die Dunkelheit und geschlossene Räume. Er ist schuld daran, dass ich so bin, wie ich bin. Er ist schuld daran, dass … dass meine Familie mich nicht kennt.“ Noch immer von seiner Mutter abgewandt, hat der Familienvater den Kopf leicht angehoben und blickt nun sein eigenes Spiegelbild an, welches von dem einzigen Fenster im Raum zurückgeworfen wird. Betrübt schaut er in sein eigenes blaues Augenpaar und sucht darin nach einer Antwort oder wenigstens nach einer Erklärung auf seinen Gemütsumstand und die vielen Fragen in seinem Kopf. Seiner Mutter entlockt diese Äußerung jedoch ein niedergeschlagenes Seufzen. Seine Maskerade ist ihr nur zu gut bekannt. Der immer fröhliche Junge, mit einem unauslöschlichen Grinsen im Gesicht, obwohl es in seinem Inneren gänzlich anders aussieht. Seine sensible und zerbrechliche Seite, zeigt er nur einigen wenigen Personen, zu denen sich auch Tsunade zählen darf, aber nicht seine eigene Familie. Nicht seine Frau und auch nicht seine Kinder. Sie kennen seine Ängste nicht oder seine tiefsten Gedanken. Sie kennen ihn nicht. Er ist ihnen eigentlich ein Fremder, doch wirklich glauben kann sie das nicht. Die alte Dame schüttelt verständnislos den Kopf. „Du hast ihnen nichts von früher erzählt?“ „Ein Mann der sich seine Schwächen eingesteht, wird bei den Indianern noch weniger geachtet, als in dieser Stadt. Als Ehemann und Vater und jetzt auch noch Häuptling, habe ich als unerschrockene Stütze zu funktionieren. Ich muss jemand sein, der jeder Gefahr die Stirn bietet und auch dem stärksten Sturm standhält. Ich darf keine Schwächen haben, also muss ich sie verschweigen.“ „Wieso siehst du deine Vergangenheit noch immer als deine Schwäche an? Ich weiß, dass du nicht darüber reden willst und ich weiß auch, welch traumatische Erlebnisse deine Entwicklung geprägt haben, aber es ist keine Schwäche. Es ist ein Teil von dir und damit unauslöschlich. Die ganzen Erlebnisse haben dazu beigetragen, dass du der geworden bist, der du eben bist und du bist kein schlechter Mensch.“ „Willst du jetzt wieder mit dem, was wäre, wenn anfangen?“ Leicht genervt und mit einem kurzen Augenrollen blickt der Familienvater schließlich wieder zu seiner Mutter, die dieses was wäre, wenn Spiel schon immer gerne angewandt hat und ihn damit auch schon immer genervt hat. Sie hat immer versucht, dass er sein Leben von der positiven Seite aus betrachtet und oftmals hatte sie damit auch Erfolg, doch dieses Mal lässt er sich nicht von ihren Theorien überzeugen, auch wenn er ihr zustimmt, dass er nur durch die zahlreichen Erlebnisse so geworden ist, wie er halt ist – deswegen findet er sein Wesen aber längst nicht gut. Tsunade will gerade etwas auf diese Worte erwidern, kommt aber nur zum Luftholen, bevor Naruto ihr faktisch den Mund verbietet. „Lass es Ma'. Ich habe ihnen nie etwas von meiner Vergangenheit erzählt. Sie wissen nur, dass ich ein Waise bin und damit längst nicht genug, um zu wissen wer ich bin.“ „Ich denke nicht, dass du ein Fremder für sie bist. Mag sein, dass sie nichts von früher kennen, aber selbst du kannst dich nicht über Jahrzehnte so verstellen, dass du dein wahres Wesen vor ihnen verbergen kannst. Danzou hat dich nicht erschaffen und das solltest du langsam begreifen. Ich sage es dir immer wieder: Du sollst dich nicht verstellen. Du sollst zu deinen Ängsten und Schwächen stehen. Wenn du willst, dass deine Familie hinter die Maske blicken kann, dann erkläre es ihnen.“ Naruto schweigt auf diese Worte. Er blickt nur auf das schmale Fensterbrett und hadert mit seinen Gefühlen und Gedanken. Bilder aus seiner Kindheit, traumatisch und prägend, vermischt mit Bildern aus seinem Familienleben, harmonisch und voller Liebe. Der Outlaw ist sich plötzlich nicht mehr sicher, ob er sich ihnen gegenüber nicht doch verstellt und ihnen damit die ganzen Jahre etwas vorgespielt hat. Er liebt seine Frau und seine Kinder. Er weiß alles über sie, von dem kleinsten Muttermal bis hin zu ihren größten Ängsten. Kushina hat Angst vor Feuer, nachdem sie sich in jungen Jahren verbrannt hat. Minato schnitzt für sein Leben gerne, irgendwelche Figuren. Hanzo ist ein exzellenter Schütze, ganz gleich ob Pfeil und Bogen oder Gewehr. Hinata fürchtet jede Form von Streit und sucht jede Möglichkeit auf, um solche Auseinandersetzungen zu umgehen. Naruto würde für seine Familie alles tun, aber was wissen sie von ihm? Kennen sie seine Ängste, seine Vorlieben? Wissen sie, was er mag und was er verabscheut? Er hat es ihnen nie gesagt und sie haben nie gefragt. Diese Tatsache ist für den Outlaw schon erschreckend und so lässt er niedergeschlagen den Kopf hängen, beobachtet von seiner Mutter, die sich bei dem Anblick dazu entschließt, besser ein anderes Thema anzuschneiden. Sie kennt seine wunden Punkte und hat kein Interesse daran, weiter in diesen herum zu stochern und abgesehen davon, steht ihm ein großes Unterfangen bevor. Die Befreiung eines ganzen Volkes ist kein Spaziergang. „Was hast du jetzt eigentlich vor? Danzou hat viel Macht in dieser Stadt. Du wirst nicht leicht an ihn herankommen und ehrlich gesagt, finde ich das Risiko auch zu groß.“ Naruto seufzt und stößt sich von dem Fensterbrett ab, ehe er mit einem laschen Schulterzucken an seiner Mutter vorbei zu dem Kamin geht und gedankenvoll in die Flammen blickt. „Es ist ein Risiko, dass ich eingehen muss. Die Bengel kann ich nicht in so kurzer Zeit für mich gewinnen, also brauch ich Jiraiya. Für eine Alternative läuft mit der Zeit davon. Jiraiya ist die einzige Chance, die ich habe.“ Erneut mit den Schultern zuckend greift sich Naruto einen Holzscheit aus dem dafür befindlichen Korb und bekommt nicht mit, wie Tsunade nervös ihre Finger zu kneten beginnt. „Ich bezweifle, dass das Vertrauen in ihn angebracht ist.“ Mit einem dumpfen Geräusch prallt der trockene Holzscheit auf einen der bereits brennenden Artgenossen im Kamin, wobei Naruto verwundert das Gesicht verzieht und sich schließlich leicht zu seiner Mutter umdreht. Sie steht plötzlich in einer Ausstrahlung und Körperhaltung vor ihm, in welcher er sie noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hat. Sie wirkt wie eine verschüchtertes und unglückliches Schulmädchen am ihrem ersten Tag in der Schule, dass nervös an ihren Fingern herumnestelt und exzessiv den Blickkontakt meidet. Sie schaut überall hin, nur nicht in seine Augen. Bei diesem Anblick ist es noch nicht einmal notwendig sie besser zu kennen, um zu sehen, dass sie etwas mit sich herumträgt, was ihr äußert schwer auf den Schultern liegt und obwohl es ihr sichtlich Unbehagen bereitet, hat sie mit ihrer Äußerung den Stein schließlich ins Rollen gebracht, damit Naruto erfährt, was zwischen der Kröte und seiner Mutter vorgefallen ist. Für einen kurzen Moment zögert Naruto. Er ist sich nicht vollständig sicher, ob er bei seiner Mutter wirklich alte Wunden aufreißen soll, die offensichtlich nie vollständig verheilt sind. Er blickt für den Hauch eines Momentes wieder zurück in die züngelnden Flammen, wobei er noch immer vor dem Kamin kniet, ehe er sich durch die Haare streicht und sich ein Herz fasst. Er stemmt sich langsam in die Höhe, lässt sein Augenpaar jedoch auf der Glut haften, als er die vorhergegangenen Worte seiner Mutter aufgreift. „Du warst es, die ihn mir vorgestellt hat und du sagtest auch, dass ich nur durch ihn überhaupt die Möglichkeit habe, in meinem Vorhaben weiter zu kommen. Wieso versuchst du mich jetzt vom Gegenteil zu überzeugen?“ Zittrig und nach einer plausibel klingenden Argumentation suchend, verfällt Tsunade in ein unbe-wusstes Schweigen. Ihre Gedanken rotieren förmlich in ihrem Kopf, doch ihr will einfach keine Erklärung einfallen, so dass sie nahezu in einen fast panikartigen Zustand verfällt. Ihre Augen huschen gehetzt durch den Raum, wie ein gejagtes Rehe und sie hat ihre Hände so energisch zusammengepresst, dass sie Fingerknöchel weiß hervortreten. Ihr ganzer Körper ist verkrampft und in einer Art Starre verfallen, so dass sie die Nähe ihres Sohnes erst wahrnimmt, als dieser behutsam ihre Hände nimmt und mit seinen ruhigen Augen in ihren gehetzten Blick schaut. „Ma', was ist zwischen euch vorgefallen, dass du ihm nicht vertraust?“ Dieser Situation kann Tsunade nicht entfliehen und dieser Tatsache ist sich die alte Dame auch be-wusst, doch antwortet sie nicht sofort auf diese fast unverschämt direkte Frage. Sie zittert und senkt ihren Blick bevor sie ihre Hände aus Narutos Griff befreit und sich langsam von ihm abwendet, um sich zum Fenster zu begeben. Schweigsam und für eine ganze Weile blickt sie in die Dunkelheit der Nacht, während nur das Knistern und Zischen des Feuers die Stille durchbricht. Naruto steht nur da und wartet geduldig auf eine Antwort, während er ihr Spiegelbild anschaut. Er hört sie schließlich leise seufzen und tief Luft holen. „Du weißt ja, dass meine Ehe mit Dan kinderlos geblieben ist, aber … Jiraiya und ich sind in Harlem aufgewachsen. Unserer Familien waren gut befreundet und so wurden wir zwangsweise auch Freunde. Eigentlich haben unsere Eltern uns regelrecht aufeinander zugetrieben. Ich mochte ihn. Mir gefiel seine rebellische Art, ähnlich wie bei dir. Er war einfach jemand, der sich nicht an Regeln halten wollte und eher seine eigenen erschuf. Jedenfalls, wir wurden älter, aber deswegen noch lange nicht weiser. Ich war dumm und naiv genug um zu glauben, dass er wirklich etwas für mich empfindet. Für ihn war es aber nicht mehr als eine Liebelei und es kam, wie es kommen musste. Als ich ihm sagte, dass ich schwanger sei, verschwand er bei Nacht und Nebel aus meinem Leben. Er ist einfach abgehauen.“ Ein Beben erschüttert Tsunades Körper und sie schlingt die Arme um sich. Wenn sie an die ganzen erschütternden Gefühle von damals denkt, wird ihr unerträglich schwer ums Herz. Sie war so ent-täuscht und so verletzt, dass sie am liebsten im Boden versunken wäre und gleichzeitig war sie so voller Zorn auf ihn und sich selbst, dass es sie innerlich zerrissen hat. Ihr Leben schien über ihr zu-sammen zu brechen und sie zu erdrücken. Es geriet alles aus den Fugen. Als alleinstehende, schwangere Frau war sie gesellschaftlich geächtet. Ihre Eltern schämten sich für sie und die Eltern von Jiraiya verbreiteten das Gerücht, dass sie sehr freizügig mit ihrem Körper umgehen würde und ihr Sohn daher nicht als einziger für eine Vaterschaft in Frage käme. Was die Leute um sie herum taten und über sie sagten, erschütterte ihr Urvertrauen in der gesamten Menschheit. Vorher noch ein gerngesehener Gast in der Nachbarschaft, war sie plötzlich nicht mehr als ein billiges Flittchen. Es schnürt ihr die Kehle zu und raubt ihr die Luft zum Atmen, wenn sie daran zurückdenkt. Naruto steht noch immer schweigend an Ort und Stelle und duldet das nun wieder aufkommende Schweigen seiner Mutter. Er kann in ihrem Spiegelbild das erfahrene Leid förmlich ablesen und empfindet unendliches Mitgefühl für sie, aber gleichzeitig auch Wut auf Jiraiya, welcher sich so feige seiner Verantwortung entzogen und Tsunade im Stich gelassen hat. In seinen Augen ist ein solches Verhalten alles andere als reif und männlich und dennoch hat er kein Recht über die Kröte zu urteilen. Er kennt bis jetzt nur die Geschichte von seiner Mutter, die es mit Sicherheit nicht leicht gehabt hatte und die auch kein glückliches Ende gefunden hat. Sie hat keine Kinder und damit bleibt nur der logische Schluss, dass ihr Kind nicht mehr lebt. Tsunade streicht sich kurz über die Augen, um die aufkommenden Tränen zu verbannen, wobei sie dem Spiegelbild ihres Sohnes ein trauriges Lächeln schenkt. „Es war sehr hart und ungerecht. Ich galt als Schande für meine Familie und niemand wollte sich noch mit mir in der Öffentlichkeit zeigen lassen. Ich wusste stellenweise nicht, warum ich morgens überhaupt noch das Bett verlassen habe. Ich weiß gar nicht, wie ich diese Zeit überstanden habe, aber nach schier endlos wirkenden neun Monaten war ich Mutter. Ein gesundes Mädchen und die Liebe meines Lebens. Für sie tat ich alles. Ich nahm jede Arbeit an, um Geld zu verdienen und schuftete mir die Finger wund und trotzdem wurde sie nach einigen Monaten schwer krank. Ich suchte überall Hilfe und gab alles Geld für sie her, was ich hatte. Ich verlor sie trotzdem.“ Mit Tränen in den Augen und einem tieftraurigen Ausdruck vom tiefsten Bedauern und endloser Trauer, dreht sich Tsunade zu dem Outlaw um, der kein Wort über seine Lippen kommen lässt. „Du weißt, wie es sich anfühlt sein Kind zu verlieren, auch wenn deine Tochter vielleicht noch lebt. Es ist ein freier Fall. Wie ein Licht im Inneren, dass immer kleiner wird und schließlich erlischt. Es ist eine entsetzliche Erfahrung und mit keinem anderem Leid auf der Welt zu vergleichen. Nach ihrem Tod funktionierte ich einfach nur noch. Ich lebte nur noch und als ich Dan begegnete, da verschwand diese Leere. Er schaffte es, die Leere in meinem Inneren auszufüllen. Ich fühlte mich von meinem Leben verraten, als ich auch ihn verlor. Es war so ungerecht, so ...“ Tsunade fehlen die Worte, die auch nur im Ansatz erklären könnten, welch Empfindungen zu der damaligen Zeit durch ihren Körper strömten. Sie vollzieht nur eine ratlose Geste und blickt aus dem Fenster, während Naruto noch immer das Schweigen vorzieht. „Ich habe mit diesen Umständen zu leben gelernt, was die Verluste nicht ertragbarer gemacht hat, aber irgendwie habe ich es fertiggebracht, nicht wieder in dieses dunkle Loch zu stürzen. Ich habe mir ein Leben aufgebaut, meine Trauer verarbeitet und eine Aufgabe gefunden und dann steht er plötzlich eines Tages bei mir. Reumütig und eingeschüchtert, sich dafür entschuldigend, dass er einfach so abgehauen ist.“ Naruto erkennt, wie sich die Körpersprache seiner Mutter verändert und auch ihre Stimme eine gänzlich andere Betonung bekommt. Ihre Muskeln spannen sich zusehends an und diese gutmütige Aura nimmt eine nahezu explosive Form an. Sie wirbelt schließlich wieder herum, aufgebracht und mit wütend verzogenem Gesicht, wild gestikulierend und mit unbeabsichtigt erhöhter Lautstärke. „Kannst du dir das vorstellen? Nach vierzig Jahren steht er plötzlich vor mir, mit einer Entschuldigung und der Frage, wie es mir geht und wie es dem Kind geht. Ich war so fassungslos und so wütend. Ich konnte es nicht glauben, dass er es tatsächlich wagt zurück zu kommen. Ich habe ihn dafür gehasst und ihm direkt ins Gesicht geschrien, dass er verschwinden soll und dass er seine Tochter tot ist.“ Ihr Zorn ist verständlich, doch im Nachhinein scheint sie ihre Wortwahl doch als zu derbe zu empfin-den. So schnell wie die Wut Besitz von ihr ergriffen hat, so schnell ist er auch schon wieder verraucht. Mitleid und Reue schleichen sich dafür nun ihr Gesicht und ein bitteres Lächeln ziert ihre Lippen, als sie Naruto in die Augen schaut, der noch immer wie festgewachsen an jener Stelle verharrt, ohne seine Position auch nur einmal verändert zu haben. „Es hat ihn getroffen, wie ein Vorschlaghammer. Er ist förmlich in sich zusammengefallen. Ich habe ihm nicht nur die Tür vor der Nase zugeschlagen, sondern ihm auch noch den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie war seine Tochter, unabhängig davon, dass er sie und mich im Stich gelassen hat und ich habe diese Worte regelrecht in ihn hin eingeprügelt. Ich bereue nicht, dass ich es gesagt habe. Ich bereue nur, wie ich es ihm gesagt habe.“ Es scheint eine Ewigkeit vergangen zu sein, als Naruto nach diesen Schlussworten seiner Mutter ein Seufzen ertönen lässt und sich kurz durch die Haare fährt, ehe er locker die Hände in den Taschen verstaut, dessen Hosenträger locker und unbenutzt an seinen Schenkeln baumeln. Wortlos und nachdenklich blickt der Outlaw zu Boden und lässt seine Gedanken rotieren. Er kann sie verstehen. Eine solche Enttäuschung, gepaart mit der entsetzlichsten Erfahrung, die eine Person in ihrem Leben machen kann, ist nur schwer zu überwinden – wenn nicht sogar unmöglich. Ihr Vertrauen in Jiraiya ist irreparabel gestört, also ist es nicht verwunderlich, dass sie Naruto nun doch von einer Zusammenarbeit mit der Kröte abbringen will. Sie hat Angst davor, dass Jiraiya auch ihn verraten und im Stich lassen könnte. Naruto sieht jedoch keine andere Alternative, wenn er etwas Langfristiges erreichen will. „Ma', ich kann dich verstehen und mir nicht einmal im Ansatz vorstellen, was du durchmachen musstest-“ Er stockt in seiner Ausführung, wobei er lediglich seinen Blick etwas anhebt, um seine Mutter sehen zu können, die in seinen Augen weitaus mehr ablesen kann, als er zu sagen weiß. Sie sieht in diesem unendlichen Blau, die Entschlossenheit trotzdem weiter zu machen. Sie wusste in seinen Augen schon immer alles abzulesen, ohne dass er ein Wort dazu sagen musste und dennoch fällt es dieses Mal schwer, seine Entscheidung zu akzeptieren. Es kommt ihr beinahe so vor, als würde er sie verraten. Es wäre ihr lieber, wenn er sich auch gegen die Kröte stellen würde und deshalb hat sie Angst vor seinen folgenden Worten, weswegen sie sich schließlich von ihm abwendet und die Arme um sich schlingt. „Es geht nicht um dich oder um ihn. Es geht nicht einmal um mich. Es geht um meine Familie, um meine Frau und Kinder, um meine Schwägerin und ihren Sohn. Sie zu schützen ist mein einziger Wunsch, doch dieses Unterfangen schaffe ich nicht alleine. Ich brauche Jiraiya.“ Naruto hat sich während seinen Worte in Bewegung setzt und unmittelbar hinter seiner Mutter gestoppt, doch Tsunade kann seine direkten Worte kaum ertragen. Sie wirken in ihren Ohren und in dieser Situation schon fast gleichgültig und boshaft auf sie. Sie erzählt ihm, was die Kröte ihr angetan hat und trotzdem tut er sich mit ihm zusammen. Es mag kein Verrat sein und trotzdem fühlt es sich für sie so an. Sie spürt sogar Wut in sich aufsteigen. Sie zieht die Schulter weg, als er eine Hand tröstend und entschuldigend zugleich auf dieser platziert, was Naruto mit einem enttäuscht klingenden Laut kommentiert. Der Outlaw blickt ein paar Augenblicke auf ihren Rücken und überlegt, ob er noch etwas zu ihr sagen soll, entscheidet sich dann jedoch dagegen. Er wendet sich von ihr ab und sie hört, wie er sich seine Schritte von ihr entfernen. Das Schließen der Tür verkündet, dass sie nun allein in diesem Raum ist, der ihr trotz des wärmenden Feuers nun schrecklich kalt erscheint. Bekümmert betrachtet die alte Dame ihr Spiegelbild und beobachtet eine einzelne Träne, die sich langsam ihren Weg über ihre Wange bahnt. Sie vertraut Jiraiya nicht und sie ist auch immer noch wütend auf ihn, doch ihre Gefühle haben sich nicht geändert. Er ist noch immer ihre große Liebe und doch, kann sie ihm sein Verhalten einfach nicht verzeihen. Tsunade lässt sich schließlich auf dem Stuhl nieder und blickt einen Moment in die Flammen, bis die Gefühle in ihrem Inneren die Oberhand gewinnen und sie schluchzend ihr Gesicht in ihren Händen verbirgt und nach vorne sackt. Am nächsten Morgen... Ein seltsames Kratzen hallt in dem kleinen Raum wieder, der äußert zweckmäßig eingerichtet ist und nicht mehr als zwei Schlafgelegenheit beinhaltet, die aus alten Matratzen mit sauberen Laken bestehen. Unmittelbar neben der Tür steht ein kleiner und wackliger Tisch mit entsprechendem Stuhl und einer alten Öllampe für die dunklen Abendstunden. Der Raum ist so klein, dass die Schlafstellen nebeneinander liegen und Licht lässt das kleine Fenster, wo eine erwachsene Person gerade den Kopf durchstecken kann, nur sehr dürftig durch. Noch immer ist das Kratzen zu hören und obwohl es nur sehr dezent erklingt, öffnet Hanabi schlaftrunken ihre Augen und blinzelt einige Male, um die Müdigkeit aus ihrem Blick zu vertreiben, bis sie einen ersten und überprüfenden Blick auf ihren Sohn richtet, der warm gebettet in einer provisorischen Wiege liegt und zufrieden vor sich hin schlummert. Den Ursprung des kratzigen Geräusches, kann sie jedoch bei ihm nicht ausmachen, so wandert ihr Augenpaar durch den Raum bis zum Tisch, an dem sie ihre neugierige Suche schließlich beendet. Naruto sitzt auf dem wackligen Stuhl und ist eifrig am Schreiben. Der Füllfederhalter huscht nur so über das Papier und diese Kombination ist auch der Ursprung dieses leicht störenden Geräusches. Hanabi setzte sich etwas auf und blickt verwirrt auf den breiten Rücken ihres Schwagers, der konzentriert über seiner Arbeit sitzt und die Bewegung ihrerseits nicht registriert. Die beiden teilen sich das kleine Zimmer, denn für die Indianerin ist der Gedanke, allein oder gar unter Fremden schlafen zu müssen, äußert furchterregend. Der Gedanke daran, hat sie schon in Panik versetzt und bei dem Anblick der vielen Männer, die in diesem Heim eine Art Zuhause gefunden haben, hat sie sich förmlich an Naruto geklammert, weil sie befürchtete diese Wilden würden augenblicklich über sie herfallen. Narutos Anwesenheit verspricht ihr Schutz und Sicherheit. Hinter ihm kann sie sich verstecken und beruhigt schlafen. Es war die erste Nacht seit dem Überfall auf das Dorf, dass sie traumlos und fest geschlafen hat und das nur, weil sie sich seiner Anwesenheit sicher war. Naruto ist der Fels in der Brandung, der auch der stärksten Welle trotzt. Obwohl ihm keiner die Männlichkeit absprechen kann, so fürchtet sie sich nicht vor ihm. Hanabi streckt sich und gähnt betont leise, doch das Rascheln ihrer Decke und der körperliche Bewegungsdrang ziehen Narutos Aufmerksamkeit auf sie, der sich leicht auf dem Stuhl zu ihr herum dreht und sie kurz betrachtet. „Habe ich dich geweckt?“ “Pa gen. Ki sa yo ou ap fè?” Noch immer spricht sie nur in ihrer Muttersprache, was eindeutig auf diese unmenschliche Erlebnis zurück zu führen ist, aber Naruto ist sich sicher, dass sie mit der Zeit auch wieder Englisch sprechen wird. Unter Druck setzen wird er sie sicher nicht, weswegen er sich darauf eingestellt hat sowohl Englisch als auch die Sprache der Diné zu verwenden. „Ich schreibe einen Brief oder versuche es zumindest. In Formulierungen bin ich eher etwas plump.“ Ein etwas beschämtes Lächeln huscht über seine Lippen und er zuckt mit den Schultern, wobei seine Worte Hanabis Neugier wecken. „Ki moun n'ap ekri?” „Deiner Schwester. Ich bin ihr noch einige Erklärungen schuldig und außerdem wollte ich ihr schreiben, dass du bei mir bist und dass es dir soweit gut geht.“ Kurz blickt der Outlaw zu dem schlafenden Säugling, der sich keineswegs an dem Gespräch zu stören scheint. Auch Hanabi folgt seinem Blick und kann die Skepsis darin auch nachvollziehen, doch sie hat es ihm bereits gesagt. Der Junge kann nichts dafür, wie er entstanden ist. Sie hat dieses Kind vom ersten Moment an geliebt, auch wenn sie dessen Vater aus tiefster Seele hast. Das mag unmöglich klingen und dennoch entspricht es der Wahrheit. Hanabi lächelt zaghaft und schaut zurück zu Naruto. „Ki jan ou fè jwenn non an Kichiro?” Für einen Moment ist der Outlaw überrascht, denn trotz ihrer Worte hat er bis jetzt daran gezweifelt, dass sie dieses Kind wirklich liebt. Das Kind eines Vergewaltigers. Das sie ihm nun einen Namen gibt bezeugt im Grunde ihres tiefgehende Mutterliebe, zumal die Namensbedeutung da maßgeblich zu beiträgt. Übersetzt bedeutet er der glückliche Sohn. Mit einem leichten Schmunzeln, wendet der Familienvater sich ab und blickt zurück auf die handgeschrieben Seiten, als Hanabi erneut zu ihm spricht. „Mwen konnen ke li se difisil a konprann, men li la pitit gason m 'ak mwen se pare fè anyen pou l'. Kèlkeswa sikonstans yo ki anba ki li te vin ansent.“ „Hanabi. Ich empfinde auf dieses Kind keinen Zorn, sondern nur Sorge um dich. Wenn du aber mit Überzeugung sagen kannst, dass du dieses Kind fest in dein Herz geschlossen hast und als dein eigenen Fleisch und Blut annimmst, dann werde ich dich nicht vom Gegenteil überzeugen.“ Beruhigend schaut der Outlaw wieder zurück zu seiner Schwägerin, nachdem er erneut einen Blick auf das schlafende Kind geworfen hat und seine Worte zeigen Wirkung, denn Hanabi wirkt erleichtert und dennoch, obwohl er ihr augenscheinlich eine Last abgenommen hat, blickt sie schließlich mit leichter Sorge zu ihrem Sohn. „Ou panse mwen ka fè li? ogmante yon timoun pou kont li, san yo pa papa l ', ki moun ki montre l' tankou li se yon nonm?” „Darüber machst du dir Gedanken?“ Fast belustigt stemmt sich Naruto in die Höhe und lässt sich schließlich entspannt auf seiner Schlafstelle nieder, mit festem Augenkontakt zu seiner Schwägerin. „Auf solch einen Vater kannst du verzichten. Er würde den Jungen nur verderben und zu einem gleichwertigen Abschaum erziehen. Wenn du es erlaubst, dann helfe ich dir bei seiner Erziehung. Ich bin Häuptling und unabhängig von der Verpflichtung für die Dorfbewohner zu sorgen, ist der Bengel mein Neffe, also werde ich meine Hand über ihn legen und zu einem vernünftigen Mann großziehen. Als Onkel, wie ein Vater.“ Für Naruto ist es eine Selbstverständlichkeit Hanabi zu helfen und zu unterstützen. Sie ist Teil seiner Familie und damit niemals auf sich alleine gestellt. Die Sorge, ihrem Sohn unter solchen Umständen keine gute Mutter sein zu können, empfindet er als ungerechtfertigt. Hanabi mag nie ein sehr weibliches Verhalten an den Tag gelegt haben, doch steckt es einfach in ihr. Ob natürlicher Instinkt oder nicht, denn Naruto kennt ihren Umgang mit Kindern, denn zu seinem Nachwuchs ist sie immer fürsorglich, geduldig und liebevoll gewesen. Hanzo sagte auch einmal, dass seine Tante wie eine zweite Mutter für ihn sei. Sie wird eine gute Mutter sein und da ist sich der Familienvater sicher. Seine Worte der Unterstützung wirken auf die frischgebackene Mutter wie ein Beruhigungsmittel. Zuerst blickt sie ihn einfach nur fassungslos an und als er ihr dann noch dieses markante und zuversichtliche Grinsen schenkt, schießen ihr die Tränen regelrecht in die Augen. Für sie ist es fast unbegreiflich dass es einen Menschen gibt, der so bereitwillig seine Hilfe anbietet und jede Last auf sich nimmt, um anderen zu helfen. Sie ist jeder nur erdenklichen Macht, ob Schicksal, Zufall oder göttliche Fügung, unendlich dankbar, dass sich ihre Wege gekreuzt haben. Er hat sie wieder gefunden, obwohl er sie nicht gesucht hat und hat sich ihrer und ihrem Sohn sofort angenommen. Sie möchte mit ihm am liebsten sofort zurück nachhause und ihr altes Leben wieder aufnehmen. Sie will weg aus dieser Stadt und die ganzen Erinnerungen hinter sich lassen. Warum hat Naruto sie nicht schneller gefunden? Warum musste ihr erst soviel Leid widerfahren? Verzweifelt birgt die Indianerin schluchzend ihr Gesicht in den Händen, wobei Naruto nur bedauernd das Gesicht verzieht und sie tröstend in die Arme nimmt. Er kennt ihren Wunsch und das unstillbares Verlangen nach der Heimat, aus welcher sie boshaft verjagt wurden, doch er kann jetzt nicht mit ihr zurück gehen. Er muss sie auf einen späteren Zeitraum vertrösten und darauf hoffen, dass dies nicht in allzu weiter Ferne liegt. „Ich weiß dass du nachhause willst, mir geht es da nicht anders, aber wir können hier noch nicht weg.“ Hanabi nickt verstehend und unterdrückt ein Schluchzen in ihren Handflächen und kämpft um ihre Fassung, welche sie mühsam zurück gewinnt. Erst als sie mit einem zittrigen Luftholen, die letzten Tränen aus ihrem Gesicht verbannt, löst sich Naruto von ihr und stemmt sich wieder in die Höhe. Der Outlaw geht zurück zu dem kleinen Tisch und ordnet die Papiere, welche er sorgfältig zusammen legt und in einem Umschlag vertauscht. Eine Weile blickt er auf den Brief in seinen Händen, ehe er in Hanabis gerötete Augen, die ihn voller Sorge betrachten. „Ich verspreche dir, dass ich euch beschützen werde und dass ich euch nicht im Stich lasse, aber ich muss etwas wichtiges erledigen. Ich werde wieder zurück kommen, du hast mein Wort darauf, aber solange ich weg bin, wird sich nur Tsunade um dich kümmern.“ „Konbyen tan w ap ale?“ „Ich weiß es nicht. Ein paar Tage, vielleicht auch ein paar Wochen.“ Entschuldigend wendet er den Blick ab, denn er wohl fühlen tut er sich nicht dabei, seine traumatisierte Schwägerin allein in diesem Armenhaus zurück zu lassen. Er weiß, dass Tsunade sich gut und fürsorglich um Mutter und Kind kümmern wird und dennoch wird die Zeit für Hanabi schwer werden, die gerade erst wieder die lang ersehnte Sicherheit verspürt. Ihm steht die Überraschung ins Gesicht geschrieben, als er Hanabis Stimme vernimmt, die zwar zittrig, jedoch entschlossen klingt. „Mwen kapab fè sa a. Mwen gen konfyans ou.“ Ein paar Tage später auf der Farm Regelungslos und seit einer gefühlten Ewigkeit sitzt Hanzo auf dem Weidezaun der Rinder, die gemütlich an den Grashalmen herum zupfen und gelegentlich ihre charakteristischen Laute von sich geben. Unverwechselbar, banal und vorhersehbar, wie der Hahn der jeden Morgen auf den Mist klettert und lautstark den Morgen begrüßt. Es gab bereits so manche Sonnenaufgänge wo Hanzo dem Tier liebend gerne den Hals umgedreht hätte, doch in diesem Moment interessiert ihn weder das Kikeriki des Federviehs, noch die gemächlich erklingenden Muh – Laute der Rinderherde. Die Geräusche um ihn herum durchlaufen seinen Gehörgang ohne auf Aufmerksamkeit zu treffen. Er lässt sie unverrichteter Dinge an sich vorbei ziehen und starrt in die, sich vor ihm auf tuende Weite. Die Prügelei mit Sasuke liegt bereits ein paar Tage in der Vergangenheit und dennoch ist die nächtliche Auseinandersetzung noch deutlich im Gesicht des Heranwachsenden erkennbar. Blutiger Schorf ziert seine Unterlippe an jener Stelle, wo sie bei einem Faustschlag aufgeplatzt ist. Die blauen Flecken, welche sich über sein gesamtes Gesicht verteilt befinden, sind in ihrem Farbspiel schon nahezu beeindruckend. Sein Auge ist noch blutunterlaufen und leicht zugeschwollen, doch ist der Gesamtanblick sehr viel besser zu ertragen, als in der besagten Nacht selbst. Hanzo hadert jedoch mit einer anderen Tatsache, als mit seinem momentanen Aussehen oder der vergangenen Schlägerei. Ihm liegt etwas gänzlich anderes auf der Seele, was ihm schlaflose Nächte beschert. Sasukes Worte lassen ihn einfach nicht mehr los, denn die Erläuterungen von der Kindheit seines Vaters projizieren die schrecklichsten Bilder in seinen Verstand. Er ist mit seinen Gedanken so beschäftigt, dass er sich mehr und mehr zurück gezogen hat und das auch von Hana, die nun in einiger Entfernung zu ihm steht und ratlos auf den Rücken ihres Freundes blickt. Hana weiß nicht, was in seinem Kopf vorgeht und genauso wenig weiß sie, wie sie ihm zur Seite stehen könnte. Mit zusehends mehr verstrichener Zeit nagt immer mehr Verzweiflung an der jungen Frau. Sie findet in dieser jetzigen Situation einfach keinen Zugang zu ihm. Ratlos schlingt sie die Arme um ihren Körper und blickt weiterhin auf das breite Kreuz ihres Freundes, bis sie aus den Augenwinkeln erkennt wie ihr Vater zurück auf das Gelände geritten kommt. Sasuke ist vor einigen Stunden in die Stadt aufgebrochen, um einige Besorgungen zu erledigen und um die Post nachhause zu holen. Zahlreiche Briefe, Telegramme und Zeitungen. Einfach alles, was sich in einigen Wochen an Papier so ansammelt. Eilsendungen, wie Rechnungen oder gar dringliche Telegramme, werden meist von einem Angestellten des Postdienstes sofort zugestellt, da der reguläre Weg meist mehrere Wochen in Anspruch nimmt und gewisse Dinge keinen Aufschub vertragen. Für Hana erscheint der heutige Stadtausflug ihres Vaters wenig Ertrag gebracht zu haben, denn er kehrt mit leeren Händen zurück. Keine prallgefüllte Tasche voller Dokumente, stattdessen nur einen einzigen, sorgfältig zusammen gefalteten Brief, welchen er aus einer Innentasche seiner Weste zieht, nachdem er sein Pferd vor der Scheune angebunden hat. Die Farmestochter beobachtet ihren Vater, wie dieser nachdenklich den Hals der Pferdes tätschelt, einen Blick auf den Umschlag in seiner Hand wirft und schließlich zu Hanzo blickt, bevor er sich in Bewegung setzt. Mit festen Schritten und entschlossener Haltung, nährt sich der Farmer dem jungem Mann und stoppt schließlich wieder, als er neben ihm am angekommen ist. Für eine kleine Ewigkeit scheinen sie nicht mehr zu tun, als auf die Rinderherde zu schauen. Hana muss sich wirklich beherrschen, um sich dem anbahnenden Gespräch zwischen den beiden Männern nicht zu nähren, um zu lauschen oder um wenigstens Wortfetzen aufschnappen zu können und was hat es mit dem Brief auf sich? Aus den Augenwinkeln heraus blickt Sasuke kurz zu Hanzo empor, der gedankenversunken auf dem Weidenzaun sitzt und augenscheinlich kein Interesse an irgendeiner Art der Konversation hegt. Kein kurzer Seitenblick oder gar kein winziges Muskelzucken, welches bezeugen könnte, dass der Halbindianer die Anwesenheit seines Ziehvaters registriert hat. Seit ihrer Prügelei haben die Beiden kein Wort mehr miteinander gewechselt, ob aus gegenseitigem Scham oder verletztem Stolz, weiß keiner mit Bestimmtheit zu sagen. Schweigend blickt Sasuke wieder auf die Rinder und berührt mit seiner Zungenspitze kurz den blutigen Schorf an seiner Unterlippe, denn auch in seinem Gesicht kann er die handgreifliche Auseinandersetzung mit seinem Ziehsohn nicht verbergen, zumal dieses Prügelei auch noch überflüssig war. Dies Erkenntnis hat der schwarzhaarige Familienvater recht spät bekommen, zusammen mit der Einsicht, dass Hanzo recht gehabt hatte. Die Diné wissen, wie sie unter fast unmöglichen Umständen überleben können und sie zeigen ihm wie es geht. Es mangelt auf der Farm an nichts, obwohl das Geld knapp ist. Im Nachhinein ist Sasuke darüber beschämt zu welcher aberwitziger Idee er sich hat hinreißen lassen und dennoch ist er einfach zu stolz, um seinen Fehler zu zugeben. Es kommt einfach keine Entschuldigung über seiner Lippen. Ein unbeabsichtigtes Seufzen entweicht seiner Kehle und erst darauf wendet Hanzo sich um zu, wenn auch nur mit einem kurzen Blick aus den Augenwinkeln heraus. Hanzo holt tief Luft und schließt kurz die Augen, bevor er sie wieder öffnet und zurück in die Ferne blickt. „Was ist los?“ „Was geht dir durch den Kopf? Seit ich euch etwas über euren Vater erzählt habe, bist du nur nachdenklich. Also, woran denkst du?“ Die Zwei schauen einander nicht an, sondern halten ihre Blick zum Horizont gerichtet. „Ich überlege, ob ich meinen Vater wirklich kenne. Wenn ich mich zurück erinnere, dann wird mir klar, dass er nie etwas von sich preis gegeben hat. Er hat seine Gedanken nie mit uns geteilt. Er hat nie Furcht gezeigt oder gesagt was er mag und was nicht. Ich weiß nicht, worüber er sich freuen würde oder wovor er Angst hat. Ich kenne ihn gar nicht. Es fühlt sich an, als wäre ich die ganzen Jahre von einem Fremden aufgezogen worden.“ „Naruto hat euch nie etwas vorgespielt. Er hat euch nur nicht alles von sich gezeigt und das noch nicht einmal mit Absicht. All die Erinnerungen, eine traumatischer als die andere, versucht er zu vergessen. Er will nicht daran denken.“ Eine solche Antwort scheint Hanzo nicht zufriedenzustellen. Er schließt die Augen und schüttelt leicht den Kopf, als wolle er sagen, dass er von seinem Vater enttäuscht ist. Sasuke blickt auf den Umschlag in seiner Hand und lächelt leicht, ehe er sich zurück stößt und seinem Ziehsohn schließlich den Brief reicht. „Du kennst deinen Vater Hanzo. Alle Erlebnisse und Erinnerungen, die du an ihn hast, sind echt. Seine Gefühle für euch sind echt. Ihr kennt nur seine Vergangenheit nicht, aber vielleicht bringt dieser Brief etwas Licht ins Dunkel.“ Verwirrt schaut der junge Mann auf den dargereichten Umschlag und schließlich in das Gesicht seines Ziehvaters, dessen Lächeln nun deutlichere Züge annimmt. „Er ist von deinem Vater.“ Kapitel 16: Das schnellste Sechsergespann ----------------------------------------- Gebannt hat Konohamaru den detaillierten Schilderungen des Chairman gelauscht und an seinen Lippen gehangen, wie ein Abhängiger. Er wird regelrecht aus einem tranceähnlichen Zustand herausgerissen, als Naruto in seiner Geschichte stoppt und Schweigen plötzlich den Raum erfüllt. Der junge Bursche blinzelt etwas verwundert und beugt sich erwartungsvoll und mit großen Augen nach vorne, um seinem Gegenüber zum Weitererzählen zu animieren. Dass er dabei noch immer den zuvor gereichten Ordner in den Händen hält und inzwischen sogar an sich drückt, wie einen wertvollen Schatz, wird ihm erst wieder bewusst, als Naruto mit einem schiefen Lächeln auf diesen deutet. Konohamaru blickt hastig im Wechsel zu dem Ordner in seinen Händen und dem Chairman, ehe er mit einem fast schon quietschenden Laut, den Ordner regelrecht aufreißt und erst bei dem etwas erbosten Laut von dessen Besitzer, wieder zur Ruhe zurückfindet – er will ja nichts beschädigen und damit den potenziellen Zorn eines ganzen Volkes auf sich ziehen. Der junge Rebell lässt die erste Seite mit dem Gedicht hinter sich und findet schließlich ein altes, verfärbtes Blatt Papier, auf dessen Oberfläche eine sehr grobe und eckige Schrift zu lesen ist. Etwas verblasst und dennoch gut zu lesen, auch wenn die Handschrift durchaus eine Herausforderung darstellt. Konohamarus Herz macht einen aufgeregten Sprung, nachdem ihm klar ist, dass er tatsächlich einen handgeschriebenen Brief des einstigen Outlaws in den Händen hält. Eine Kostbarkeit, wie es keine Zweite geben könnte und dennoch … dieser Ordner beinhaltet wohlmöglich den wertvollsten Besitz seines Volkes. Festgehaltene Erinnerungen aus einem längst vergangenen Jahrhundert, geschildert von einem einzigen Mann. Mit einem andächtigen Schlucken, streicht Konohamaru mit den Fingerspitzen über die glatte Oberfläche der Hülle, in welcher der Brief sorgsam aufbewahrt liegt und beginnt seine Augen über die Zeilen gleiten zu lassen und dabei vergessend, dass er in diesem Raum nicht alleine ist. Ruhig und vielleicht auch etwas genießend, schaut sich der Chairman das Verhalten seines Stammmitgliedes an und schweigt abwartend. Meine Liebsten, ich weiß nicht, wo ich meine Geschichte beginnen soll oder wie ich überhaupt beginnen könnte. Ich bin zurzeit in New York, die Stadt in der ich geboren und meine ersten Lebensjahre verbracht habe, doch habe ich an diesen Ort nur wenige schöne Erinnerungen. Sie war und ist immer noch ein dreckiges Loch, voller Abfall und erbärmlicher Gestalten. Es ist dasselbe Bild. Es hat sich nichts geändert. Es ist, als wäre ich nie weg gewesen. Ich bin hier jedoch nicht alleine. Eine Frau Namens Tsunade unterstützt mich. Sie ist eine sehr alte Freundin, doch werde ich euch an anderer Stelle mehr von ihr erzählen. Hanabi ist ebenfalls bei mir und es geht ihr soweit gut. Sie hat viel durchgemacht. Das soll als Information erst einmal genügen. Die Frage, die ihr euch vermutlich stellt ist, warum schreibe ich einen Brief und dass mit dieser unmöglichen Handschrift? Nun, ich will damit anfangen euch zu erklären wer ich bin und was mich zu dem gemacht hat. Als meine Familie habt ihr ein Recht darauf und ich will und kann es euch nicht länger verschweigen. Also beginne ich ganz von vorne. Geboren wurde ich im Oktober 1830. Ich war der Sohn eines Kaufmannes und einer Bäckerstochter. Es ist mir leider nicht vergönnt gewesen, auch nur ein Jahr mit meinen Eltern zu verbringen, denn sie starben bevor ich überhaupt laufen konnte. Ich kenne nicht einmal ihre Namen. Als Waise war mein Schicksal praktisch in Stein gemeißelt, denn ohne Eltern und ohne Halt würde ich es nie zu etwas bringen. Das ist auch heute noch die Meinung der Menschen. Ich wurde in ein Waisenhaus gebracht. Aus den Augen aus dem Sinn, war die Devise und es war wirklich keine schöne Zeit. Herzlichkeit war dort nicht zu finden. Ich und die anderen Kinder waren ungewollte Störenfriede. Ballast der Gesellschaft und das bekamen wir jeden Tag zu spüren. Eine meiner ersten Erinnerungen dieser Zeit ist, dass ich verprügelt wurde, als ich in die Hose gemacht hatte. Ich war zwei, vielleicht drei Jahre alt und bekam für eine unbeabsichtigte Handlung die ersten Prügel meines Lebens – mit einem Teppichklopfer. Von dem Moment an wusste ich es besser. Ich ging nie wieder zu einem der Erzieher und bat für irgendetwas um Hilfe. Ich war noch so jung und trotzdem schon selbstständiger als manch ein Erwachsener. Nässte ich mich wieder ein, wusch ich mich selbst und entsorgte die dreckige Kleidung heimlich, um mir dann in der Nacht neue auf der Kammer zu klauen. Meine Selbstständigkeit schützte mich aber nicht vor weiteren Schlägen. Ich erntete viel Boshaftigkeit und gewöhnte mich irgendwann an die Schmerzen und die blauen Flecken. Die Schläge sollten uns brechen. Sie sollten uns gehorsam machen, doch bewirkten sie bei mir das Gegenteil. Ich wurde aufsässig, rebellisch und stur. Ich ließ mir wenig bis gar nichts sagen und versuchte jedem einzelnen meiner Leidensgenossen Mut zu machen. Ich stahl zusätzliches Essen aus der Küche. Ich brachte es mir selber bei Gitarre zu spielen und spielte den anderen etwas vor. Ich sagte offen meine Meinung. Ich verweigerte aufgetragenen Aufgaben und hielt jedem Erwachsenen stand. Ich habe nie die Hand gegen euch erhoben und ich würde es auch nie tun, denn in diesen Jahren habe ich so viel Züchtigung und körperliches Leid erfahren, dass er für mehrere Leben reichen würde. Den Schmerz und die damit verbundene Demütigung würde ich nie ein Teil von euch werden lassen. Was ich erlebt habe, was ich erleben musste, sind Erfahrungen welche nicht gemacht werden sollten. Es fällt mir nicht leicht darüber zu schreiben. All diese Dinge, die ich tief in mir vergraben und zum Schweigen gebracht habe, wieder hervor zu holen. Sie praktisch noch einmal durchleben zu müssen, kommt einem gefürchteten Albtraum gleich. Ich werde euch jedoch nichts mehr verheimlichen, doch werde ich an dieser Stelle enden – zu diesem Zeitpunkt. In Liebe Charles P.S In den nächsten Tagen werdet ihr Besuch bekommen Fassungslos und gefesselt von diesem Stück Papier hebt Konohamaru den Blick wieder an und lächelt unbewusst in sich hinein, während seine dunklen Augen den Chairman fixieren, der unberührt noch immer an seinem Platz sitzt und einen äußert zufriedenen, gleichzeitig jedoch auch sehr stolz wirkenden Eindruck macht. Der Lebensweg des Häuptlings Ahiga, der Held eines ganzen Volkes, liegt quasi in den Händen eines pubertierenden Halbstarken. Handgeschrieben, für nachfolgende Generationen festgehalten. Ungeschönte Worte, die nicht mehr als die reine Wahrheit preis geben und vor ihm sitzt ein direkte Nachkomme dieser Blutlinie. Es ist der Beweis, den Konohamaru immer haben wollte, um die ganzen Geschichten glauben zu können. Es gab ihn wirklich diesen aufopferungsvollen Menschen, der viel von sich gab und stets über seine Grenzen hinausging. Ein Mann der für seine Familie kämpfte, den Tod in Kauf nahm und sich gegen ein Regime auflehnte. Ein Schauer von Ehrfrucht durchströmt den jungen Körper des Indianersprosses. „Leider hat er nie festgehalten, was genau er in New York eigentlich getan hat, aber die Briefe an seine Familie schildern seinen Leidensweg den er bewältigen musste, um erwachsen zu werden. Er hat sein Versprechen wahr gemacht und seiner Familie alles gesagt, was er ihnen über die Jahre hinweg schuldig geblieben ist.“ Naruto lehnt sich bei seiner kurzen Ausführung etwas auf seiner Sitzgelegenheit zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich kann dir leider nicht erzählen, was in der Großstadt passierte, aber wenn es dich interessiert, kann ich dir erzählen was bis zu seiner Rückkehr auf Cowboys Heaven passiert ist. Die Jahre dort sind nicht ereignislos geblieben.“ Obwohl die Entwicklung von Hanzo und den anderen nicht unbedingt zu dem Inhalt seines Referates gehört, interessiert es den Jungen eben doch, weswegen er nur heftig mit dem Kopf nickt und sofort wieder an den Lippen seines Gegenübers hängt. April 1866 Nachdenklich liest sich Hanzo den letzten Satz des Briefes zum wiederholten Male durch, doch wird er nicht schlau an dieser einen Zeile. Sie werden Besuch bekommen. Von wem und warum? Wen hat sein Vater kontaktiert, dass dieser jemand wohlmöglich eine weite Reise in Kauf nimmt und diese Farm aufsucht? Seufzend faltet der Halbindianer den Brief wieder zusammen und richtet seinen Blick auf seine Freundin. Hana sitzt nicht weit von ihm entfernt auf einem Stuhl und liest in einem Buch, welches sie von ihrer Mutter bekommen hat. Einen Moment lang betrachtet er ihr friedliches und entspanntes Gesicht, auf dem sich keine tiefe Denkerfalte gebildet hat. Sie macht sich weniger Gedanken um den Inhalt des Briefes, denn sie ist mit der Unberechenbarkeit Narutos aufgewachsen und weiß, dass ihr Patenonkel schon immer für eine Überraschung gut gewesen ist. Ein Verhalten, welches Hanzo von seinem Vater weniger kennt oder ist es ihm einfach nie aufgefallen? Nachdenklich löst Hanzo seinen Blick von Hana und schaut in den Himmel empor, an dem sich einige harmlose Wolkenberge auftürmen. Der Brief kam vor einer Woche bei ihnen an, doch der dort drin erwähnte Besuch hat sich noch nicht gezeigt. Seit einer Woche rätselt fast jeder auf diesem Gelände, um wen es sich dabei handeln könnte. Selbst Sasuke, der Naruto ziemlich gut kennt und auch ein wenig mit dessen Kontakten vertraut ist, hat auf die Frage nur ahnungslos mit den Schultern gezuckt. Seit einer Woche zermartern sich die Bewohner der Farm den Kopf darüber und der eine oder andere hat bereits schlaflose Nächte hinter sich gebracht, doch auch die Frage was genau mit Hanabi passiert ist, wabert wie ein Schatten durch die Köpfe aller, denn Narutos Worte verströmten nur bedingt Grund zur Freude. Sein Brief hat einige Fragen aufgeworfen, auf deren Antwort sie noch warten müssen – wenn sie überhaupt beantwortet werden können oder sollten. Sie haben bereits so viel durchmachen müssen, dass kaum noch Platz für weitere schlechte Nachrichten vorhanden ist. Es gibt einfach eine unüberschaubare Masse an möglichen Situationen, die ihre Köpfe durchzucken wie Blitze und die wenigstens davon sind schön. Stumm schließt Hanzo die Augen, lehnt sich mit der Schulter an dem Geländer der Veranda an und lässt sich die leichte Brise über sein Gesicht wehen, wobei er versucht wenigstens für einen Moment den Kopf von allen Bildern und Gedanken frei zu bekommen. Sich nach langer Zeit einfach mal wieder fallen lassen und keine ernsten Gedanken zu lassen. Mit seinen sechszehn Jahren hat er ohnehin schon viel zu viel Lebenserfahrung, die ihm in sein Gesicht geschrieben steht. Er wirkt weitaus älter und der bereits recht kräftige Bartwuchs unterstützt den Eindruck nur noch mehr. Es wurden ihm Jahre seiner Kindheit genommen. Mit dreizehn musste er so schnell erwachsen werden, dass er kaum begreifen konnte, was das eigentlich bedeutet. Plötzlich war er der Mann im Haus und ist es immer noch. „Siehst du das?“ Erschrocken öffnet Hanzo die Augen wieder und richtet seinen Blick in die Ferne, nachdem die Stimme seiner Freundin ihn aus der herannahenden Leere herausgerissen hat und er sofort erkennt, auf welches Ereignis ihre Worte anspielen. Eine Staubwolke, erzeugt von einem wild herannahenden Pferdegespann, welches die staubige Straße hinunterjagt und kurz darauf das Tor der Farm passiert, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Hanna schlägt ihr Buch zu, während sich Hanzo an dem Geländer der Veranda in die Höhe zieht und die zwei Stufen schließlich hinab steigt. Das Knallen einer Peitsche durchzuckt die Luft wie ein Blitzschlag in der Dunkelheit und wilde Rufe des Kutschers werden laut, während der schnelle Galopp wie Donnerschläge auf die Erde nieder prallen. Auch die übrigen Bewohner werden zunehmend mehr auf die Szenerie aufmerksam und verfolgen neugierig das weitere Geschehen. In einem kaum zu beschreibenden Tempo naht die Kutsche heran, bis die Pferde nahezu brachial zum Stehen gebracht werden. Ein energischer Zug an den Zügeln und diese edlen Geschöpfe rammen ihre Beine förmlich in den Boden hinein. Das gesamte Gespann schlittert einige Meter an dem erstaunten Pärchen vorbei und wirbelt dabei ordentlich Staub auf, so das einen Moment lang nicht viel zu erkennen ist. Umhüllt von einer Staubwolke hustet Hanzo etwas leicht und fächelt mit der Hand vor seinem Gesicht herum, um den Staub aus seinem Blickfeld zu vertreiben. Die Pferde schnaufen und aus dem Inneren der Kutsche ist eine dumpfe, leicht verstimmte Stimme zu vernehmen, bevor die Tür auffliegt, als hätte sie jemand aufgetreten. Der Kutscher springt nahezu erfreut von seinem Bock und Klopft sich schmunzelnd den Staub von seinen Hosenbeinen, während eine Gestalt aus dem Gespann steigt und mit drohendem Finger den Kutscher fixiert. „Du bist irre! Du bist einfach nur irre!“ Der Kutscher lacht amüsiert über die Worte der blonden, älteren Frau, als er sich seinen Hut vom Kopf zieht und diesen durch Abklopfen am vorderen Wagenrad, ebenfalls von dem Dreck befreit. „Ja. Irre gut. Ich habe die Reisezeit um mindestens zwei Tage unterboten.“ Stolz nimmt der großgewachsene und kräftige Mann Haltung vor der fremden Frau an, als hätte er eine große Leistung vollbracht, welche dem Verleih eines Ordens würdig wäre. Dieser Mann hat eine breite Nase und spitz zulaufende Augenbrauen, gepaart mit einem sehr dunkel wirkenden Augenpaar. Seine braunen Haare sind bis auf wenige Millimeter gekürzt worden und das Gesicht wirkt kantig, während schon einige tiefe Falten sein Gesicht um Augen und Mund zieren. Die Frau verdreht auf diese Äußerung nur genervt die Augen. Im Gegensatz zu dem Mann hat sie ein recht schlankes Gesicht und blonde lange Haare, die sie zu einem strammen Zopf gebunden hat. Allerdings haben die Beiden dieselben Augen und auch ihr Gesicht ist bereits deutlich von der Zeit geprägt worden. Sie schüttelt den Kopf als sie einige Schritte auf den Mann zugeht. „Bei deiner Fahrweise ist es ein Wunder dass wir überhaupt angekommen sind!“ „Stell dich nicht so an Schwesterchen. Wo ist deine Risikobereitschaft?“ „Die habe ich irgendwo in der ersten Meile verloren, nachdem wir das erste Mal in einer Kurve auf zwei Rädern gefahren sind!“ Verwundert blicken sich Hanzo und Hana an und fühlen sich ziemlich fehl am Platz, denn diese zwei Gestalten schenken ihnen keinerlei Beachtung. Der Mann geht auf die blonde Frau zu, welche erzürnt die Hände in die Hüften stemmt und ihn böse anfunkelt, während er sich nur leicht zu ihr beugt. „Hast du dir eine Beule geholt?“ „Nein.“ „Dann hätte ich schneller fahren sollen.“ Der stämmige Mann zuckt nur neckisch mit den Schultern und klopft der blonden Frau beiläufig auf die ihre, was seiner weiblichen Begleitung ein resigniertes, zum Teil aber auch wütendes Schauben entlockt und Hanzo kann sie murmeln hören, dass sie die Verwandtschaft zu dem Kutscher in Frage stellt. Es beantwortet allerdings immer noch nicht die Frage, wer die Herrschaften eigentlich sind. Zur Überraschung des Paares steigt eine dritte Person aus der Kutsche, die jedoch unbeeindruckt von dem Gezeter der Frau seinen Gehrock gerade rafft und sich interessiert umschaut. Bei diesem Mann handelt es sich für Hanzo und Hana auch um einen vollkommen Fremden, dessen Haarfarbe mit seinem rotbraunen Schimmer jedoch sehr ungewöhnlich und auffällig ist. Ein recht kleiner Mann mit einer dennoch sehr respektablen Erscheinung und ebenso wirkungsvollen Ausstrahlung. Er lächelt etwas, als er das junge Paar erblickt und begibt sich in entspannten Gang schließlich auf sie zu. „Das ist Narutos Junge?“ Ungehobelt, nahezu rücksichtslos schießt der Kutscher förmlich an dem elegant gekleideten Mann mit dem schwarzen Gehrock vorbei und schubst ihn dabei fast aus dem Weg, so dass dieser genervt mit den Augen rollt. Ehe Hanzo sich versieht, ist der Kutscher auch schon unmittelbar vor ihm, eine Handbreit von seinem Gesicht entfernt, so dass die der Halbindianer etwas nach hinten beugt. Der Atem seines Gegenübers ist nicht unbedingt sehr angenehm, aber von dieser Tatsache unabhängig findet Hanzo eine solche Distanzlosigkeit ohnehin nicht sehr erfreulich. Ihm ist es persönlich lieber wenn Fremde eine Armlänge von ihm Abstand halten. Seine Abneigung entgeht dem Kutscher jedoch gänzlich. Dieser beäugt ihn, wie ein interessierter Käufer auf dem Pferdemarkt. „Hm. Eine gewisse Ähnlichkeit ist vorhanden. Die Augen sind verräterisch.“ „Ich entschuldige mich für mich meinen Bruder. Er besitzt das Auftreten eines wilden Büffels.“ Etwas gereizt stößt der kleinere Mann den ungehobelten Bauerntrampel zur Seite und funkelt ihn etwas böse an, was dieser mit einem leichten, fast albernen Kichern quittiert und schließlich die Arme hinter seinem Kopf verschränkt. Hanzo hat noch immer keinen Schimmer, was er zu dieser Situation überhaupt sagen soll und greift daher fast betäubt die dargereichte Hand des braunhaarigen Mannes. Eine begrüßende Geste, wie sie bei dem weißen Volk an der Tagesordnung steht und wie sie von Hanzo längst übernommen worden ist. Er hat sich mit der Zeit angepasst und ist dieser Welt längst nicht mehr fremd, auch wenn er einige Dinge unbewusst übernommen hat, die ihm nicht unbedingt recht sind – der im Grunde unbedeutende Handschlag gehört dazu. Der Fremde scheint seinen fragenden Gesichtsausdruck und den doch sehr laschen Händedruck entsprechend zu verstehen und lächelt leicht, ehe er zu einer Erklärung ansetzt. „Mein Name ist Gaara. Die beiden anderen sind meine Geschwister Kankuro und Temari. Wir kennen Naruto von früher. Wir sind Freunde von ihm.“ „Die besten Freunde.“ Mit geschwollener Brust, als würde er gleich vor Stolz platzen, posiert Kankuro vor Narutos ältestem Sohn, wie ein Hahn zwischen seinen Hennen, als Sasukes Stimme die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht. „Die Position habe ich inne, also Hinten anstellen.“ Mit einem freudigen Gesichtsausdruck – Hanna muss gestehen ihren Vater noch nie so aufgeregt und fröhlich gesehen zu haben – kommt Sasuke auf die versammelte Truppe zu, deren Gesichter auch ebenfalls sofort erhellen. „Gaara. Schön dich wieder zu sehen.“ Mit leuchtenden Augen, vergleichbar mit einem Kind das die weihnachtliche Bescherung kaum erwarten kann, ergreift Sasuke eine Hand des Sherrifs und legt seine andere freundschaftlich auf dessen Schulter. Gaara hingegen bekommt überhaupt nicht die Möglichkeit seine Freude zu erwidern, denn Kankuro ist derjenige, der in die Situation hinein platzt, den Familienvater kraftvoll umarmt und sogar von den Füßen hebt. Sasuke ist jeder Bewegungsmöglichkeit sofort beraubt und japst überrascht nach Luft. „Kankuro. Ich kriege keine Luft mehr.“ Der Angesprochene setzt seinen Kindheitsfreund wieder auf dessen Füße, doch kaum dass der schwarzhaarige Farmarbeiter wieder seine Lungen mit Sauerstoff füllen kann, schlägt der Älteste der Sabakuno Kinder erfreut, aber sehr kraftvoll auf Sasuke Rücken, so dass dieser etwas aus dem Gleichgewicht gerät und leicht zu husten beginnt. „Meine Güte. Reiß dich doch einmal in deinem Leben zusammen.“ Kopfschüttelnd und mit wütend zusammengezogenen Augenbrauen gibt Temari ihrem Bruder einen Klapps auf dessen Hinterkopf, doch mehr als ein Grinsen kann sie ihm damit auch nicht entlocken. „Ich sehe schon, ihr habt euch nicht viel verändert.“ Amüsiert reibt sich der Familienvater die schmerzende Schulter und lässt seinen Blick durch die Runde gleiten. „Warum seit ihr hier?“ Sasukes Frage hat durchaus seine Berechtigung, denn seit Jahren – Jahrzehnten haben sich die einstigen Freunde nicht mehr zu Gesicht bekommen. Jeder ist seiner Wege gezogen und sie haben einander aus den Augen verloren. Dass die Geschwister weiterhin in Kontakt geblieben sind, ist innerhalb einer Familienbande nur normal, doch Sasuke hat bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Ahnung gehabt, was aus ihnen geworden ist und die Geschwister wussten es nicht von ihm. Es ist seltsam und gleichzeitig eine große Freude, sie jetzt vor sich stehen zu haben, lebensfroh und bei bester Gesundheit. Sie alle Drei noch einmal wieder zu sehen, damit hat Sasuke in diesem Leben nicht mehr gerechnet. Noch während der Familienvater auf eine Antwort wartet, zieht ein quietschender Laut die Aufmerksamkeit der versammelten Gruppe auf sich, denn Minato scheint völlig aus dem Häuschen zu sein, als er sich ihnen nährt. Er grinst von einem Ohr zum anderen und hüpft die letzten Meter förmlich zu ihnen, bis er an der Kutsche angekommen ist und staunend um die Pferde herum geht, als wenn er noch nie welche zu Gesicht bekommen hat. „Hanzo, weißt du was das ist?“ Aufgeregt wendet sich Narutos jüngster Sohn seinem Bruder zu und deutet auf das Sechsergespann, während Hanzo nur mit den Schultern zuckt und nüchtern antwor-tet, dass es sich dabei um Pferde handelt, doch mit dieser Antwort ist sein kleiner Bruder nicht ein-verstanden und schüttelt daher heftig mit dem Kopf und beginnt wild zu gestikulieren. „Nein … ja, schon, aber das sind die Pferde! Dieses Gespann ist das schnellste im ganzen Westen, wenn nicht sogar im ganzen Land. Hast du noch nie davon gehört?“ Das unwissende Kopfschütteln ist Minato Antwort genug und schon setzt er zur Erklärung an, wobei er zu den beiden vordersten Tieren geht. Zwei pechschwarze Hengste, stolz und edel. Von seltener Schönheit. Minato klopft einem der Tiere den Hals entlang, bis er verträumt über die Nüstern streicht. „Ich wette, sie könnten es sogar mit Ashkii aufnehmen.“ Dies ist ein Satz, dessen Inhalt Hanzo sehr anzweifelt und entsprechend das Gesicht verzieht, als sein Bruder sich überzeugt zu ihm herum dreht. Hanzo verstaut seine Hände in den Taschen und betrachtet die schwarzen Hengste eingehender. Er muss gestehen, dass alle sechs Pferde einen sehr kraftvollen Körperbau aufweisen, doch die Rappen fallen besonders auf. Sie wirken auf ihn, als sein sie sich ihrer Kraft bewusst und zeigen sich voller Stolz. Der linke Hengst, über dessen Nüstern Minato noch immer streicht, hat eine vertikal verlaufende und nahezu perfekte weiße Raute mittig auf der Stirn, während der andere Rappe ebenfalls eine weiße Raute aufweist, jedoch direkt zwischen den Nüstern. Es sind Brüder. Hanzo erkennt es sofort und geht mit einem faszinierten Blick auf das Gespann zu, nur um seine Schritte neben Minato zu stoppen und dem anderen Rappen über die Stirn zu streichen. Schneller als Ashkii. Schneller als fliegender Vogel. Das klingt vollkommen abwegig, denn immerhin kann der Hengst von Naruto mit dem Charles problemlos mithalten. Hanzo erinnert sich noch genau daran, wie der einst gerettete Adler im Tiefflug neben dem galoppierenden Ashkii herflog und beide hätten ihre Geschwindigkeit noch steigern können. Hanzo weiß, wie es sich anfühlt auf Ashkii zu reiten. Dieses Tier hat trotz hoher Geschwindigkeit einen so weichen Galopp, dass es sich anfühlt als würde er schweben. Es wirkte damals auf Hanzo so, als würde er fliegen. In dem jungen Mann keimt erneut die Sehnsucht nach seinem Vater auf, aber auch nach diesem edlen und stolzen Hengst, wie es keinen Zweiten gibt und so nehmen seinen Augen wieder einen sehr traurigen Ausdruck an, ehe Hanzo beginnt zu lächeln und aus den Augenwinkeln zu seinem Bruder schaut. „Niemals.“ Zwischen Narutos Söhnen beginnt eine spaßige Diskussion, während Sasuke und die Sabakuno Geschwister sie beobachten. „Der Blonde kommt schon eher nach Naruto.“ Kankuro verschränkt die Arme vor der Brust, während Sasuke etwas zu ihm hinauf schauen muss und sein Profil eine Weile betrachtet, ehe wieder zu seinen Ziehsöhnen zurück schaut. „Sie kommen beide nach ihm. In Minato steckt nur mehr der junge Naruto. Hanzo hingegen hat seinen Gerechtigkeitssinn, seine Stärke und den Willen.“ Dass die Kinder ganz anders waren, als sie bei ihm angekommen sind, bedarf keiner Erklärung. In ihrem jungen Leben hat Narutos Familie genug erleben müssen und es war ein schwerer Weg für die Kinder, wieder annährend so zu werden, wie sie mal gewesen sind. Das Hanzo wieder lachen und sein Leben genießen kann, daran ist Hana nicht ganz unbeteiligt. Sie hat ihm wieder Leben eingehaucht, doch noch immer ist es Sasuke ein Rätsel, was seine drei Kindheitsfreunde auf seiner Ranch wollen. Fragend blickt er zu Gaara und Temari, während sich im Hintergrund, zögernd aber neugierig, Hinata und die anderen der Truppe nähren. „Was macht ihr hier?“ „Naruto hat uns kontaktiert und um Hilfe gebeten. Er erklärte zwar nicht warum, aber man konnte ihm ja schon immer schlecht etwas abschlagen.“ Seufzend und mit einem Schmunzeln auf den Lippen zupft Gaara an seinem Gehrock herum, während seine Schwester nur zustimmend nicken kann. „Er hat euch die Situation geschildert?“ „Kann man so sagen. Ziemlich plump und wenig detailliert. Er hat nur geschrieben, er ist Häuptling der Diné, verheiratet, drei Kinder und zurzeit in New York. Was genau er da tut, hat er nicht gesagt.“ „Mich hat viel mehr gewundert, dass er überhaupt wieder in der Stadt ist. Er hasst New York.“ Kankuro ergänzt damit die Worte seiner Schwester. Das Gaara den Grund für den Aufenthalt in dieser Großstadt kennt, hat der Sheriff bisher für sich behalten. Er weiß, dass es alle anderen nur beunruhigen würde und damit keiner überstürzt irgendwelche dummen Entscheidungen trifft, behält er es lieber für sich. „Ihr seit seiner Bitte einfach so nachgekommen, ohne eine Begründung zu wollen?“ Ungläubig blickt Sasuke zwischen den Geschwistern hin und her. „Na ja, er hat eine Begründung geschrieben. Er meinte, dass er sich mit einigen Leuten anlegt und dass du und deine Familie, ebenso wie seine Familie dadurch in Gefahr geraten könntet. Er bat darum, dass wir euch schützen.“ Nachdenklich blickt Kankuro zu den übrigen näher kommenden Personen und sein Blick bleibt auf Hinata und ihrer Tochter haften. Er weiß nicht warum, aber er erkennt sofort, dass sie Narutos Frau ist. „Ich bin hier, weil ich das schützen will, was er sich so hart erarbeiten musste. Er wollte immer dazu gehören und jetzt hat er Menschen gefunden, die an ihn denken und ihn brauchen. Er hat ein Zuhause. All dies zu verlieren, würde ihn zerstören.“ Sasuke und die anderen beiden folgen dem Blick in die Richtung Hinatas, wobei Temari und Gaara zustimmend nicken. „Er hat es verdient endlich in Frieden zu leben und wir bleiben so lange, bis er wieder da ist.“ Später… Seit geraumer Zeit beobachtet Hanzo die Pferde aus dem Sechsergespann, die auf der Weide zusammen mit den Kü-hen grasen. Es sind prachtvolle Geschöpfe, die voller Ele-ganz und Stärke stecken, doch eines dieser Tiere hat es Hanzo besonders angetan. Der schwarze Hengst mit der weißen Raute auf der Stirn. Groß und kräftig, ebenso wie dessen Bruder, doch dieses Tier strahlt etwas aus, was Hanzo an sein eigenes Pferd erinnert, obwohl die zwei keine Ähnlichkeiten miteinander haben. Ein Wesen von sanftmü-tiger und ruhiger Natur. Friedlich und ruhend und doch vol-ler Energie, wie ein schlafender Vulkan. Niyol war ein Falbe. Ein sandfarbenes Fell mit umso dunkle-rem Langhaar und dunklen Beinen, bis zu den Forderfuß-wurzelgelenk, kennzeichneten den Hengst und auch er war ein Geschenk von Naruto. Hanzos eigenes Pferd. Er erinnert sich noch genau daran. Es war der Tag seines siebten Jahres auf der Erde und er wurde von seiner Mutter geweckt, indem sie ihm durch die Haare strich und in sein Ohr flüsterte, dass er dem Mann werden ein Stück näher gekommen ist. Er war sofort hellwach, denn er wusste was draußen auf ihn wartet und so sprang er aus seiner Schlafstelle, hechtete ungeachtet seiner Mutter sofort vor der Tür und schon stand er ihm gegenüber. Das Pferd seiner Träume war nur wenige Schritte von ihm entfernt und daneben sein Vater mit einem stolzen Lächeln auf den Lippen. Es waren keine Worte mehr notwendig, denn es war klar dass dieses Pferd ab diesem Tag ihm gehören würde und so rannte er einfach los und ließ sich von seinem Vater auf den breiten Pferderücken schwingen. Das Tier stand vollkommen ruhig auf der Stelle und er war eigentlich noch viel zu klein für dieses Prachtexemplar von Tier und trotzdem wollte er am liebsten nie wieder absteigen. Sein Vater kam zu ihm hin und schaute zu ihm hinauf. Er legte eine Hand auf sein Bein und sagte: „Er ist ab jetzt dein Partner. Er wird dich tragen, wie der Wind die Blätter.“ Das war der Moment, in dem Hanzo der Name einfiel und so beugte er sich so weit nach vorne wie er konnte, legte sich mit seinem Oberkörper auf den Hals des Tieres, wobei er überglücklich durch das Fell strich und flüsterte den Namen Niyol – Wind. Mit einem schweren Seufzen atmet Hanzo aus, während sein Blick noch immer auf dem Rappen haftet. Er weiß nicht was aus Niyol geworden ist. Vielleicht floh er bei dem letzten Überfall und lebt ein Herdenleben in den Weiten des Landes oder er ist jetzt das Pferd eines Kavalleristen. Im schlimms-ten Fall gehört er mit zu den sinnlosen Opfern des Massakers im Dorf. Niyol war eine treue Seele und die Zerstörung dieser Partnerschaft ist nicht weniger tragisch, als alle ande-ren Trennungen und dennoch vermisst Hanzo ihn, allerdings sehr viel intensiver in den vergangenen Stunden, als davor. Dieser Hengst besitzt dieselbe Ausstrahlung wie Niyol. Die gleiche ruhige, sanftmütige und zutrauliche Energie, die Hanzo fast glauben lässt, er hätte sein Pferd wieder vor sich stehen. Es treibt Kummer in sein Innerstes, dass es nicht der Richtigkeit entspricht. Narutos ältester Sohn seufzt erneut und zuckt erschrocken zusammen, als sich Kankuro voll-kommen unvermittelt neben ihn stellt und ebenfalls auf die Weide blickt. Hanzo hat ihn gar nicht bemerkt. Offensicht-lich ist der werte Herr sehr viel leichtfüßiger als er auf den ersten Blick aussieht. Der Kutscher legt im Allgemeinen ein ziemlich rüpelhaftes Verhalten an den Tag und scheint wenig Taktgefühl zu besitzen. Plump und aufdringlich. Allzu viel Sympathie birgt Hanzo ihm gegenüber daher nicht. Er mag ihn nicht. Schweigend wendet sich der junge Indianer wieder den Pferden zu und zuckt sogleich erneut zusammen, als Kankuro zu sprechen beginnt. „Sein Name ist Zeus.“ Zeus, der oberste olympische Gott der griechischen Mytho-logie und mächtiger als alle anderen griechischen Götter zusammen. Ein Name mit einschüchternder Bedeutung, wel-chen Hanzo nicht unbedingt passend findet. Er verzieht das Gesicht und schüttelt leicht den Kopf, denn in seinen Augen hat dieser Hengst mit dem Gottvater Zeus keinerlei Gemein-samkeiten. Die Abneigung bleibt Kankuro jedoch nicht ver-borgen, weswegen dieser kurz aus den Augenwinkeln zu dem Jüngling schaut und die Arme vor der Brust ver-schränkt. „Wie würdest du ihn nennen?“ „Wir geben Geschöpfen einen Namen, wenn wir ihre Eigen-schaften kennen. Ein markanter Charakterzug oder ein be-sonderes Erscheinungsbild.“ „Die Indianer und ihre Philosophie. Warum auf etwas war-ten, wenn man es doch selbst bestimmen kann?“ „Warum soll man denn immer der Bestimmer sein? Es wird doch mehr erreicht, wenn man Hand in Hand arbeitet und nicht nur die Hand aufhält. Ihr nehmt immer nur, verlangt noch mehr und gebt nichts zurück.“ Kankuro lächelt etwas in sich hinein und zuckt lasch mit den Schultern. „Weißt du, die Politiker nennen es, das Gesetz des Stärkeren. Eine na-türliche Auslese der Schwachen und Kranken.“ Hanzo holt tief Luft und spürt deutlich wie die Wut in seinen Innereien aufsteigt. In ihm kommt der Drang auf, diesen Kutscher sofort nieder zu schlagen, stattdessen verlegt sich Hanzo darauf ihn böse und bedrohlich anzufunkeln und einige Schritte auf ihn zu zugehen. „Soll das ein Witz sein? Was ist daran natürlich, in Dörfer zu reiten und Frauen und Kinder niederzumetzeln? Das hat nichts mit stark und schwach zu tun. Das ist Mordlust!“ Hanzo ist während seiner Worte immer lauter geworden, doch Kankuro ist ihm standhaft geblieben und hebt nun beschwichtigend die Hände, wobei er amüsiert in sich hinein lacht und bei Hanzo große Verwirrung auslöst. „Ganz ruhig Kleiner. Du bist deinem Vater ähnlicher als ich dachte.“ Immer noch schmunzelnd greift Kankuro in die Innentasche seiner Weste und reicht dem jungen Halbindianer einen Um-schlag auf dem erkennbar sein Name steht. Geschrieben in der Handschrift seines Vaters. Vollkommen unwissend und verwirrt nimmt Hanzo den Brief an sich, während die Wut gänzlich abflaut, so schnell wie sie über ihn schwappte. Ohne ein weiteres Wort wendet sich Kankuro zum Gehen um und lässt Sasukes Ziehsohn wieder alleine, der nur ahnungslos auf den Brief in seinen Händen schaut. Temari blickt auf die zwei Umschläge in ihrer Hand und dann zu Hinata und ihrer Tochter, die in einiger Entfernung auf der Veranda ihres Häuschens sitzen, wobei die kleine Kuschina mit der Katze des Hofes spielt und ihre Mutter sich die Zeit mit kunstvoller Stickerei vertreibt. Die erfahre-ne Jägerin holt tief Luft, steckt die Umschläge in die Tasche ihrer Weste und geht schließlich entschlossen auf die Beiden zu. Sie ist nicht unbedingt dafür bekannt, die Gesellschaft von anderen Menschen zu suchen. Sie bevorzugt die Ruhe und Einsamkeit der Wälder, denn dort muss sie sich nicht an Regeln oder irgendwelche gesellschaftlichen Bestimmungen halten. Dort kann sie so sein, wie sie ist und genau aus die-sem Grund ist sie im Umgang mit anderen nicht gerade sehr geschickt. Hinata hält in ihrer Handarbeit inne, als sie die erfahrene Jägerin, mit dem sehr burschikosen Auftreten auf sich zu-kommen sieht und die mehrfache Mutter erkennt sofort, dass Temari sich in ihrer Haut nicht sehr wohlfühlt, weswegen die mehrfache Mutter gar nicht anderes kann, als einladend zu lächeln, um ihr die anhaltende Unsicherheit zu nehmen. Es ist ein Lächeln, welches sogar Wirkung zeigt. Die ruhige und ausgeglichene Art der Indianerin, löst in Temari ein Gefühl von Leichtigkeit aus, welche sämtliche Zweifel und jeden Wiederstand in ihrem Inneren vertreibt. Diese, von einem sehr schweren Schicksal geprägte und mit Sicherheit auch traumatisierte Frau, wirkt wie eine vertraute Person, der ein jeder ganz unbekümmert sein Herz ausschütten kann. Temari fühlt sich von diesem vorher herrschenden Druck befreit und doch findet sie im ersten Moment keinerlei Worte, was sie dazu veranlasst sich schweigend auf einem der anderen Stühle nieder zu lassen. Sie ist sich unsicher, eigentlich ist sie sogar unwissend, wie sie dieses Gespräch beginnen soll. Bisherige Unterhaltungen mit anderen Menschen, beschränkten sich auf das Nötigste und zwischenmenschli-che Dialoge war in ihrem Leben bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht existent. Etwas nervös nestelt die erfahrene Jägerin an ihren Fingern herum und stolpert förmlich ihre Gedanken. „Temari war dein Name?“ Für die Angesprochene erklingt diese sanft klingende Stimme so plötzlich wie ein Kanonen-schuss in ihren Ohren, wodurch sie ein Zusammenzucken ihres Körpers nicht verhindern kann. Erschrocken blickt sie daher zu der mehrfachen Mutter neben sich und beantwortet ihre Frage mit einem hastigen Nicken. Diese simple Frage ist eine Möglichkeit ein Gespräch zu beginnen und stellt somit auch eine Einladung da, die Temari regelrecht dankbar entgegen nimmt. „Ich lebe eigentlich in Oregon und komme selten mit anderen Menschen in Kontakt.“ „Du bist also alleine? Keine Familie?“ „Meine Brüder sind meine Familie. Ich fühlte mich nie als Mutter und Ehefrau geeignet. Deswegen hab ich vor langer Zeit beschlossen, alleine zu bleiben. Unter Menschen fühle ich mich nicht so wohl.“ Ein leichtes Lächeln umspielt die Lippen der Jägerin und ein etwas sehnsuchtsvoller Blick erobert ihre Augen, als sie an die Ruhe und Stille ihrer Wäl-der in Oregon denkt. Hinata nickt lediglich verstehend und richtet ihren Blick in den Himmel, an dem leichte Wolken-gebilde vorüberziehen. Wieder einmal denkt sie beim Be-trachten dieser unterschiedlichen Formationen an ihren Mann und spürt dabei abermals die Sehnsucht nach ihm in sich aufsteigen. „Bist du gut mit Naruto befreundet?“ „Das war ich mal, vor einiger Zeit. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht ob ich es jetzt noch bin. Es ist viel Zeit vergangen. Jeder lebt sein eigenes Leben. Eigentlich kennen wir einander gar nicht mehr.“ „Und trotzdem bist du auf sein Bitten hier.“ „Naruto ist ein Mensch, dem man nur sehr schwer etwas abschlagen kann. Er besitzt eine Überzeugungskraft, der man einfach nicht standhalten kann und ehe man sich versieht, tut man etwas, was man eigentlich gar nicht wollte.“ „Du bereust es hier zu sein?“ Temari seufzt etwas unentschlossen und kratzt sich kurz an ihrer rechten Wange. „Wie gesagt, er ist mir heute fremd und dennoch ein Teil meiner Vergangenheit. Er ist einfach er und er hat mehr erreicht, als ich ihm zugetraut habe.“ Mit einem nicht recht zu definierenden Lächeln, blickt Temari zu Hinata. „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass er mal ein Ehemann und Vater ist. Dass er ein halbwegs geordnetes Leben hat. Ich weiß, dass er diese Dinge immer wollte, hielt es aber für unmöglich.“ Temari macht eine kurze Pause und blickt nachdenklich zu Boden, ehe sie wieder zu sprechen ansetzt. „Ich denke, ich bin hier, weil ich das schützen will, was er erreicht hat. Er hat es sich verdient und ich will ver-hindern, dass es ihm irgendeiner wieder nimmt. Er hat immer viel gegeben und nie etwas dafür zurückverlangt. Es ist Zeit, dass wir mal etwas geben.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen greift die Jägerin in ihre Weste und zieht die vorher verstauten Umschläge heraus, welche sie der mehrfachen Mutter entgegen hält. „Meine Geschwister und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit mit Naruto und wir stehen in seiner Schuld. Vielleicht sind wir uns heute fremd, doch in meinen Erinnerungen ist er wie ein weiterer Bruder gewesen. Ich möchte ihn wieder kennenlernen.“ Minato hat vor einiger Zeit das Lesen für sich entdeckt. Er verbringt inzwischen viel Zeit damit, in dicken Büchern zu stöbern und in fremde Welten abzutauschen. Der Glöckner von Notre Dame, der letzte Mohikaner, Oliver Twist, Die drei Musketiere und Mobby Dick hat er regelrecht in sich aufgesaugt und kaum aus der Hand gelegt. Das Lesen beruhigt ihn und lenkt ihn von seinen Gedanken und dem Alltag ab. Er kann sich fallen lassen und die immerzu nagenden Sorgen um seinen Vater für einige Stunden vergessen lassen. Im Grunde war es der Zufall, der ihn zum Lesen brachte und ihm diese Erkenntnis schenkte. Hanna hatte eines ihrer zahlreichen Bücher offen liegen las-sen und mehr aus der Langeweile heraus hat er damit be-gonnen, die Zeilen abzulesen, bis er die Geschichte zweier Städte in den Händen hielt und es förmlich verschlungen hat. Er merkte gar nicht, wie die Zeit verging und registrierte erst, dass er sich in der Geschichte verloren hatte, als die Gedanken an seinen Vater wieder aufkamen. Seit diesem Moment hat er sich quer durch Hannas Büchersammlung gelesen und bereits das nächste im Visier, während er noch mit der Ausgabe von Onkel Toms Hütte beschäftigt ist. „Ein gutes Buch, nicht wahr?“ Minato zuckt bei den plötzlich erklingenden Worten zu-sammen und richtet sich in der Hängematte etwas auf, um die Stimme einer Person zuordnen zu können. Es ist Gaara, der sich an einen der zwei dicken Baumstämme anlehnt und leicht lächelnd auf eine Bestätigung seiner Frage wartet. Minato blickt kurz auf das Buch in seinen Händen und lässt es schließlich aufgeklappt auf seinem Brustkorb liegen. „Ich finde es sehr erschütternd. Sehr politisch, aber ehrlich. Es ist gut, aber auch nicht leicht.“ „Viele Autoren nutzen ihr Talent dafür in ausgedachten Geschichten, die Menschen auf gravierende Missstände in der Gesellschaft und der Welt hinzudeuten. Oft sind es solche Geschichten, die zum Denken anregen.“ Nachdenklich blickt Minato auf die Worte in das verzweigte Blätterdach des Baumes über sich und lässt sich die Worte des Sheriffs durch den Kopf gehen. Wenn die Gesellschaft aufschreit, dann muss die Politik handeln. Wenn einer vor-geht und sich weitere anschließen kommt Bewegung in das Parlament. Minato nutzt diese Geschichten aber nicht, um politische Debatten anzufachen, sondern nur für sich. Er seufzt. „Mir helfen diese Geschichten. Ich tauche ein und stelle mir vor, dabei zu sein. Es ist, als würde ein Film in meinem Kopf ablaufen und ich kann alles andere für eine Weile vergessen.“ Gaara lacht kurz auf und schüttelt fast ungläubig den Kopf, ehe er die Arme vor der Brust verschränkt. „So hab ich es auch gemacht. Wenn meine eigene Wirklichkeit zu schwer wurde, dann habe ich mir eine andere gesucht. Aus vielen Geschichten lässt sich etwas lernen. Eine Lehre für das wei-tere Leben. Geschichten können einem dabei helfen aus ei-genen Krisen wieder herauszufinden. Jedenfalls war es bei mir so.“ Minato kennt die Hintergrundgeschichte des Sheriffs nicht und doch treiben seine leisen und betrübt klingenden Worte einen festsitzenden Kloß in seinen Hals, während parallel die Sorgen um seinen Vater zurück in sein Denken kehren und er schließlich mit den Tränen zu kämpfen hat. Der Gedanke, seinen Vater niemals wieder zusehen, hat ihn schon des Öfteren schweigend in sein Kissen weinen lassen. Hastig fährt sich der Halbstarke über die Augen und holt zittrig Luft, als er wieder zurück in das Blätterdach schaut. „Ich habe Angst, dass Papa nicht zurückkommt.“ „Das verstehe ich. Mach dir aber immer bewusst dass dein Vater alles versuchen wird, um zu euch zurück zu kommen. Ihr seid immer in seinen Gedanken – jeden Tag und jede Stunde, bei allem was er tut.“ Noch ehe Minato darauf etwas erwidern kann, legt Gaara ihm einen Umschlag auf das Buch, welches noch immer aufgeschlagen auf seinem Brustkorb liegt. Der Sheriff selbst wendet sich ohne ein weiteres Wort ab und lässt den Halb-starken mit dem Brief und seinen Gedanken schließlich wieder alleine. Kapitel 17: Nur Väter --------------------- Mein Sternchen, ich habe dir nie erzählt, wie du zu diesem Namen gekommen bist und doch werde ich diesen Tag nie vergessen. Ich werde ihn immer in meinen Gedanken tragen und mit allen anderen Erinnerungen an dich, mit in die Ewigkeit nehmen. Die Nacht, in der du zu uns gekommen bist, hätte nicht klarer sein können. Es waren unendliche viele Sterne am Himmel zu sehen und ich bin überzeugt, dass sie nur für dich geleuchtet haben. Unzählige Sterne am Himmel und ein kleiner Stern in meinen Armen. Die Welt war für mich in dieser Nacht perfekt und vollkommen. Du hattest vom ersten Augenblick an einen festen Platz in meinem Herzen. Ich habe dich von dem Moment an geliebt, als deine Mutter mir sagte, dass sie dich unter dem Herzen trägt. Meine Kleine. Du stehst erst am Anfang deiner Lebensreise und niemand kann dir sagen, was du auf deinem Weg alles erleben wirst. So manches Mal wirst du dich einsam fühlen und dir wünschen, dass dich jemand an die Hand nimmt, doch bleib immer auf deinem Weg. Bleib dir treu und solange ich kann, werde ich dich auf deiner Reise begleiten. Ich werde dich führen und dich unterstützen, solange bis du mich eingeholt hast. Irgendwann kommt der Tag, an dem ich zurückbleibe und dann hoffe ich aus tiefstem Herzen, dass du mit einem Lächeln an mich denkst, wenn du zurückschaust. Du musst dich vor niemandem verstecken. Du bist stark, stärker als du es zurzeit glaubst und ich bin überzeugt, dass du jedem die Stirn bieten kannst. Ich werde immer an deiner Seite sein, auch wenn ich diese Welt längst verlassen habe. Ich habe dich lieb Sternchen. Papa Behutsam blättert Konohamaru zur nächsten Seite und damit zum nächsten, sorgsam umhüllten Mehrzeiler, welchen Naruto vor vielen Jahren an seine Familie geschrieben hat. Gut aufbewahrt, eingeschweißt in Folie und verpackt in einer Klarsichthüllte, sollen diese handgeschriebenen Seiten die Zeit überdauern. Dieser Ordner hat bereits Generationen überstanden und wurde innerhalb der Familie Uzumaki stets weiter gereicht. Ein Andenken an eine sehr beschwerliche Zeit, in der sich diese vom Schicksal gebeutelte Familie das Lächeln bewahrt hat. Fassungslos blickt Konohamaru zu dem Chairman, der nur ein nicht zu definierendes Lächeln auf den Lippen trägt und zustimmend nickt, worauf der Halbstarke wieder auf den Ordner in seinen Händen blickt. Ehrfürchtig streicht der Indianerjunge kurz über die Hülle und beginnt damit die ersten Wörter des nächsten Briefes zu lesen. Hanzo, ich weiß, dass ich dir nicht der beste Vater gewesen bin. Ich habe viele Fehler gemacht und der schlimmste ist es gewesen, dich in dem Glauben zu lassen, du würdest mir nichts bedeuten. Ich habe die ersten Jahre deines Lebens einer geringen Hoffnung hinterhergejagt und so bedeutende erste Schritte in deinem Leben verpasst. Ich war nicht da und keine Entschuldigung der Welt, kann dieses Versäumnis gut machen. Deine große Schwester war mein erstes Kind. Vor ihrer Geburt hätte ich mir nie träumen lassen, eines Tages Vater zu sein. Ich hatte Angst in dieser Rolle zu versagen und heute weiß ich, dass ich in dieser Rolle dir gegenüber nicht gerecht war. Ich habe dich im Stich gelassen und erst Jahre später meinen Fehler erkannt. Ich gebe mir an der Situation selber die Schuld. Ich war zu arrogant. Ich muss damit leben, dass es wohl mein Verschulden war, der dich deiner Schwester beraubt und unsere Familie schwer erschüttert hat. In dir fließt das Blut der Ureinwohner dieses Landes und hat dir den denkbar schlechtesten Start ins Leben beschert. Du hast schon viel zu früh lernen müssen, dass nicht jeder Abschied ein Wiedersehen bedeutet. Ich würde viel dafür geben, wenn ich die Zeit nur ein einziges Mal zurückdrehen und gewisse Dinge ungeschehen machen könnte. Du bist längst ein Mann geworden und doch hätte ich dir die Last der Verantwortung für eine ganze Familie länger von dir ferngehalten. Ich habe viel von dir verlangt, vielleicht zu viel. Du musst nicht immer stark sein. Du hast deinen eigenen Willen. Hanzo, ich bin stolz auf dich. Das war ich immer und ich weiß, dass du deinen Weg gehen wirst. Ich liebe dich mein Sohn und das werde ich bis zum Ende aller Tage tun. Dein Vater Mein Wirbelwind, du bist mir im Charakter und im Aussehen so ähnlich, dass es schon fast unheimlich ist. Wenn ich dich ansehe, dann kommt es mir so vor, als würde ich den Spiegel blicken. Es ist diese Ähnlichkeit, die mich fasziniert und die mir zeitgleich ein sehr großes Unbehagen bereitet. Ich will nicht, dass du so wirst wie ich. Als ich in deinem Alter gewesen bin, habe ich mir das Leben sehr einfach vorgestellt. Ich habe an Gerechtigkeit geglaubt und war der festen Überzeugung, dass jedes Unrecht in dieser Welt gesühnt wird, doch was ich als Unrecht betrachtete, war für andere ohne Belangen. Ich war stur und hitzköpfig, wollte immer mit dem Kopf durch die Wand und meine Meinung verbreiten. Ich war ein impulsiver Junge, der sich das Leben selbst erschwerte. Hätte ich damals mehr auf andere gehört, dann wäre mein Leben anders verlaufen, doch dann wäre ich wohlmöglich nie eure Mutter begegnet und nie in den Genuss einer Vaterschaft gekommen. Ihr seid das größte Geschenk, welches mir mein sonst so verdorbenes Leben schenken konnte. Mein Leben ist gut, so wie es jetzt ist, doch hätte ich es wohl auch einfacher haben können. Viele meiner alten Freunde haben sich ein gut funktionierendes Leben, fernab von Kriminalität aufgebaut. Sie haben be-wiesen, dass es geht und nur ich bin es, der ein Kopfgeld einbringt. Ich bin kein Held, das war ich nie und ich will es auch gar nicht sein. Ich habe viele schlimme Dinge getan und bin nicht stolz darauf. Orientier dich nicht an mir. Lass mich nur in deinen Gedanken und deinem Herzen wohnen, aber versuche nicht zu sein wie ich. Sei klüger, sei stärker, sei besser. Ja, wir haben es schwer als Indianer und ob es jemals leichter wird, wage ich nicht zu behaupten, doch auch du und deine Geschwister habt das Recht auf ein glückliches und gesundes Leben. Verlier nie deine Fantasie mein Sohn. Hab immer ein Lächeln im Gesicht und glaub an dich, ganz egal wie viele dir gegenüberstehen und behaupten du würdest scheitern. Ich vertraue dir und das solltest du auch tun. Ich liebe dich. Dein Vater Konohamaru hat bereits die nächste Seite an der unteren Ecke gepackt, um zu dem nächsten Brief zu blättern, als er von dem Oberhaupt seines Volkes aufgehalten wird. Der stolze Chairman räuspert sich einfach nur und zieht somit die Aufmerksamkeit seines jungen Gastes uneingeschränkt auf sich, wobei dieser sein Vorhaben unterbricht und sich somit nicht dem nächsten und eigentlich letzten Brief widmet. „Naruto muss weit mehr verfasst haben, als diese vier Briefe, doch hat dieser Teil die Zeit wohl nicht überdauert.“ Der Chairman zuckt etwas bedauernd mit den Schultern und beugt sich auf seiner Sitzgelegenheit etwas nach vorne. „Er hatte diese Briefe nicht verfasst, um sich von irgendeinem inneren Druck zu befreien, sondern um seiner Familie feh-lendes Wissen, über seiner Persönlichkeit zukommen zu lassen. Er vermittelt ihnen etwas, von dem er geglaubt hat, es wären seine letzten Worte an sie gewesen. Er konnte zu diesem Zeitpunkt nicht damit rechnen, je zu ihnen zurückkehren zu können, also musste er von dem schlimmsten Ausgang ausgehen und die Dinge mitteilen, die in den letzten Jahren nie gesagt worden sind. Er musste ihnen sagen, dass er sie liebt, so dass sie alle im Falle seines Todes nicht im Ungewissen leben mussten.“ „Das waren Abschiedsbriefe?“ „Ja. Er wusste, wie wenig Erfolgschancen er hatte und dass es viel wahrscheinlicher war zu sterben. Er ging davon aus, dass er seine Familie nie wiedersehen würde. Warte aber noch mit dem letzten Brief. Ich will dir, noch etwas anderes erzählen.“ *** Es sind ein paar Tage in das Land gezogen, seit die Familie des Outlaws die Briefe bekommen hat, doch zum Inhalt hat jeder von ihnen geschwiegen. Sie bewahren diese Papiere wie kostbare Schätze auf und tragen diese die ganze Zeit bei sich. Es war eine recht ungewöhnliche Stimmung in der Familie, nachdem jeder das Lesen beendet hatte. Sie wirkten alle bedrückt und zeitgleich erleichtert und jeder von ihnen war in seinen Gedanken versunken. Es machte für Au-ßenstehende den Eindruck, als wären sie in Trauer und wären zuvor von einer Beerdigung heimgekehrt. An diesem Tag, haben alle anwesenden Indianer nur in ihrer Sprache gesprochen und jeden anderen mit Spekulationen zurückgelassen. Hanna verstand lediglich Bruchstücke der einzelnen Dialoge, doch keinesfalls genug um den Inhalt zu verstehen und auch wagte sie es nicht Hanzo direkt zu fragen, denn es macht ihr nicht den Eindruck, als wolle er dies mit ihr teilen. Es basiert vielleicht auch auf diesem Grund, dass Sasuke seinen ältesten Ziehsohn nicht um Hilfe gebeten, sondern stattdessen Kele gefragt hat. Was für Ereignisse auch immer stattfinden, als selbstständiger Farmer muss die Arbeit fortgeführt werden, denn Stillstand bedeutet Verlust. Verlust von Arbeitskräften und der Verlust von finanziellen Einnahmen. Er hätte deswegen schon einmal eine Dummheit begangen und bekam dafür gehörig den Kopf gewaschen. Damit Narutos Familie aber dennoch genügend Zeit bekommt, um alle Informationen zu verarbeiten, stellt er ihre Hilfe im Tagesgeschehen zurück – doch ist dies nicht der alleinige Grund, weswegen er Kele gewählt hat. Sasuke ist mit dem jungen Indianer in der Stadt unterwegs, um einige Einkäufe und Besorgungen zu tätigen und um ihn auf andere Gedanken zu bringen, denn sein Seelenheil weist zusehends mehr eine empfindliche Zerbrechlichkeit auf. Seit dem vernichtenden Überfall in dem Canyon, hat sich der junge Indianer mehr und mehr zurückgezogen und seit dem bestätigten Tod seines Vaters ist er schrittweise mehr zu einem Schatten seiner selbst geworden. Er wirkt wie ein gebrochener Mann und scheint nur noch seinen Schwestern und seiner Mutter zuliebe weiter zu machen. Wie eine Ma-schine die ihren täglichen Dienst tätig, denn Lebensfreude sucht ein jeder vergebens in der Erscheinung Keles. Der junge Mann hast seine Kindheit einbüßen müssen und bereits in jungen Jahren viel Leid, Sorge und Angst erlebt. Die negativen Erinnerungen verdrängen die schönen Momente in seinem Leben zusehends mehr aus seinem Dasein. Er entfernt sich von anderen und meidet fremde Personen grundsätzlich. Seine vernarbte Gesichtshälfte ist daran nicht ganz unschuldig, doch Außenstehende finden den Anblick sehr viel weniger schlimm, als Kele selbst. Außer Frage steht jedoch, dass es ein Anblick ist, der auffällt und leider Blicke auf sich zieht. Es ist einfach die Natur des Menschen. Keles Verbrennung ist sehr gut verheilt, doch aufgrund seiner etwas dunkleren Hautfarbe, fällt die blassrosa Gesichts-hälfte umso mehr ins Auge. Es fehlt ihm eine Augenbraue und sein erblindetes Auge zeigt starke Ähnlichkeit mit dem eines alten Mannes. Die Narbe, welche von der Mitte seiner Stirn, über die Nasenwand bis zum Mundwinkel verläuft und sich über das Gesicht bis hin zu seinem Ohr verteilt, versucht er seither zu verstecken. Er bindet sich Stoffe um den Kopf und verdeckt damit zumindest sein entstelltes Auge, doch um den unangenehmen Blicken anderer zu entgegen, geht er nicht in die Öffentlichkeit. Sasuke ist aufgrund dieser Tatsache äußert penetrant und zum Schluss sehr energisch geworden, als er ihn zu diesem Ausflug überredet hat – es glich eher eine Nötigung. Kele hat irgendwann nur zugestimmt, um den Frieden zu wahren und läuft nun folgsam dem Farmer hinterher. Den Pferdekarren haben sie beim Gemischtwarenhändler stehen lassen. Auf den dort regierenden Mann ist immer verlass und so hat der alte Herr auch versprochen ein wachsames Auge auf den Karren zu haben und seitdem einige Getreidesäcke auf der Ladefläche ihren Platz gefunden haben, trottet Kele dem gastfreundlichen Landbesitzer nun quer durch die Kleinstadt zum Telegraphen hinterher. Viel haben die beiden Männer bis jetzt nicht miteinander gesprochen und es macht auch nicht den Anschein, als wollte einer der Beiden etwas daran ändern. Schwungvoll springt Sasuke die einzelne Stufe des Geschäftes empor, während Kele keinerlei Schwung an den Tag legt und die Ladenglocke in dem Moment ertönt, als er den Fuß auf die Stufe gesetzt hat. Mangelnder Elan und Begeisterung sind bei ihm Bestandteil, sobald er morgens die Augen aufschlägt. Das Post Office ist ein sehr kleines Gebäude und äußerlich sehr in die Jahre gekommen. Das hölzerne Vordach ist löchrig, der rötliche Farbanstrich ist kaum noch zu erkennen und überall knarzt es, wie auf einem sinkenden Schiff. Der schmale Tresen müsste abgeschliffen werden, ebenso wie die Regale und im Grunde jedes andere Einrichtungsstück. Doch auch wenn Gebäude und Mobiliar die besten Zeiten hinter sich haben, herrscht eine penibel eingehaltene Ordnung. Alles ist an seinem angestammten Platz und nicht die kleinste Wollmaus traut sich ihr Gesicht zu zeigen. Angus Campell hat an diesem Ort das sagen. Ein dickbäuchiger Ire, mit feuerrotem Haar und ebenso farblich angepass-ten Vollbart. Ein sehr kräftiger Mann. Er ist diese Art von Mann, mit dem keiner eine körperliche Auseinandersetzung haben möchte, geschweige denn provozieren will. Füllig ja, aber ebenso kraftvoll. Kele sieht ihn heute das erste Mal und mit dem ersten Sichtkontakt stellt der junge Indianer fest, dass er diesen Herren nicht leiden kann. Trotz des freundlichen Lächelns und der netten Begrüßung wirkt dieser Mensch sehr falsch. „Sasuke mein Lieber. Genau zur richtigen Zeit.“ „Hallo Angus. Sind Sendungen für mich eingetroffen?“ „Reichlich, reichlich. Warte einen Moment. Ich hole sie.“ Kele ist etwas verwundert über den Blick, welchen Angus ihm direkt zuwirft, als er in einen angrenzenden Nebenraum verschwindet, denn er kann Hass und Abscheu in dem brauen Augenpaar erkennen und darüber hinaus hat er nur Sasuke freundlich begrüßt. Kele hat er bei dem Eintritt in seinen Laden nicht mal einen flüchtigen Blick geschenkt. Kopfschüttelnd verstaut der Indianer seine Hände in den Taschen, denn diese Gesten und Handlungen verraten ihm sofort, dass er mit seiner Vermutung der Heuchlerei richtig gelegen hat. Angus ist ein Rassist! „Denk dir nichts dabei.“ Sasuke blickt kurz über die Schulter zu ihm, doch mehr als ein lasches Schulterzucken hat Kele nicht übrig. Rassismus ist in Amerika wie eine Seuche, die sich schnell und leicht verbreiten lässt und wenn Kele es genau nehmen würde, dann dürfte er das Recht besitzen, sich abfällig anderen gegenüber zu äußern, denn im Gegensatz zu Angus, der vor einigen Jahren in dieses Land eingereist ist, ist Kele hier geboren, ebenso wie seine Ahnen. Gelengweilt beginnt der Indianer damit den Laden etwas genauer zu betrachten und dreht kleine Runden über die knarrenden Dielenbretter. Bücher, Schreib-, und Tabakwaren. Mehr gibt es hier nicht. Der Gemischtwarenladen war da sehr viel interessanter. Die Türglocke lässt ihr helles Geräusch ertönen, weswegen beide Männer ihren Blick auf die Tür richten. Eine junge Frau schiebt sich in den Laden hinein. Sie schiebt die Tür mit ihrer Schulter auf, weil sie mit den Händen eine offensichtlich schwere Holzkiste trägt und sich ziemlich abmüht. Die Anstrengung ist ihr anzusehen. Der Schweiß steht ihr auf der Stirn. Die junge Frau ist sehr zierlich und klein. Sie reicht Kele gerade einmal bis zur Brust und dennoch wirkt sie nicht schwächlich. Sie hat lange orangerote Haare, ein wohlgeformtes Gesicht auf dessen Wangen sich zahlreiche Sommersprossen verteilen und stechend grüne Augen. Eine schöne Frau, die in diesem Augenblick sehr gehetzt und unsicher wirkt. Beinahe ängstlich schiebt sie sich weiter in den Laden hinein und noch bevor Sasuke etwas sagen oder tun kann, tritt Kele an sie heran und will ihr hilfsbereit die Kiste abnehmen, doch seine Hände berühren gerade mal das Holz, als eine donnernde Stimme durch den Laden hallt und jeder in eine erschrockene Starre verfällt. „Wage es bloß nicht!“ Wütend knallt Angus einen dicken Stapel von Umschlägen auf den Tresen und fixiert Kele mit einem derartigen hass-erfüllten Blick, als würde er ihn auf der Stelle umbringen wollen. Der junge Indianer ist dieser Art von Ausdruck jedoch besten vertraut und so ist er fähig und willig diesem auch Stand zu halten.sEr tarrt seinerseits zurück, nachdem der überraschte Ausdruck verschwunden ist. Noch immer liegen seine Hände leicht auf der Kiste, während die junge Frau zitternd dasteht und den Blick beinahe demütig gesenkt hat. „Sie braucht deine Hilfe nicht!“ Ruckartig greift Kele nach der Kiste und zieht sie der jungen Frau förmlich aus den Armen. Mit Leichtigkeit und festem Blick geht Kele mit der Ladung zurück zum Tresen und stellt die Kiste mit einem provozierenden Knall auf dessen Oberfläche ab, wobei er sich noch leicht zu Angus beugt und ganz offensichtlich auf eine Konfrontation aus ist. „Gern geschehen.“ Alarmiert packt sich Sasuke den Stapel an Briefen und schiebt seinen Ziehsohn aus dem Laden raus, wobei er Angus noch einen schönen Tag wünscht. Der Ire kocht vor Wut. „Was sollte das denn?“ Mit einem energischen Schubs befördert der Farmer Kele zurück auf die Straße, wobei dieser kurz um sein Gleichgewicht kämpfen muss, ehe er sich unwissend umdreht. „Ich habe ihr nur geholfen.“ Schnaufend marschiert Sasuke an ihm vorbei und zieht ihn an einem Amr kurz hinter sich her, so dass sie sich zurück auf dem Weg zu dem Pferdekarren befinden. „Es gibt in dieser Stadt eine Regel und die solltest du befolgen. Leg`dich nicht mit Angus an!“ „Was soll das denn? Ich habe vor dem Kerl keine Angst.“ „Das solltest du aber. Angus hat in dieser Stadt das Sagen und was er sagt ist Gesetz. Halt dich fern von ihm und seiner Familie und du hast nichts zu befürchten.“ Kele verzieht das Gesicht zu einer etwas spöttischen Fratze und dreht sich noch einmal zu dem Post Office um, zieht es jedoch vor zu schweigen. Sasuke meint diese Worte wirklich ernst und hat damit auch eine große Portion von Angst und Respekt gegenüber diesem dickbäuchigen Iren. Für Kele ist das unverständlich. Abgesehen von der Masse hat Angus wenig zu bieten, was einschüchternd wirkt. „Wer ist dieser Kerl überhaupt?“ Seufzend schwingt sich Sasuke auf den Karren, nachdem er die Pferde losgebunden und Kele bereits Platz genommen hat. „Angus kam vor 15 Jahren in dieses Land. Welchen Werdegang er hier hingelegt hat, weiß keiner, aber er hat Einfluss an den richtigen Stellen und er hat eine tiefsitzende Abneigung gegenüber Indianern.“ „Was du nicht sagst.“ Kele verdreht die Augen und verschränkt die Arme vor der Brust. „Nimm das nicht auf die leichte Schulter. Dieser Mann ist gefährlich und er dürfte dich jetzt im Visier haben.“ „Und wenn schon. Naruto ist mit Sicherheit gefährlicher.“ „Das mag sein und Angus wurde Naruto gegenüber mit Sicherheit auch kleinlaut werden, aber Naruto ist nicht hier und er wird die nächste Zeit auch garantiert nicht hier aufkreuzen. Du musst auf dich selber aufpassen und solche Provokationen wie gerade, sind deiner Sicherheit sehr abträglich.“ „Ist doch egal.“ Ruckartig reißt Sasuke an den Zügeln und bringt den Karren schlagartig zum Stehen. Etwas resigniert streicht er sich durch sein Gesicht, ehe er sich seinem Mitfahrer zuwendet und dessen Blick sucht. „Ich weiß, dass du schlimme Dinge erlebt hast. Ich weiß, dass du deinen Vater geliebt hast und dass es dich innerlich zerreißt, dass du ihn nie widersehen kannst, aber wirf sein Leben nicht weg. Das hätte er nicht gewollt.“ „Du kanntest meinen Vater nicht.“ Kele sackt etwas nach vorne und richtet seinen Blick auf den Pferdehintern. Er würde seinen Blick überall hinrichten, nur nicht in Sasukes Augen. Eine Weile schaut der Familienvater auf den Indianerspross, bis er nachdenklich zur Seite schaut und dann wieder zurück zu Kele. „Erzähl mir von deinem Vater. Wie war er?“ Sasuke sieht deutlich wie Kele mit den Zähnen mahlt und seine Augen einen tief traurigen und bedauernden Ausdruck widerspiegeln. Kele holt tief Luft und faltet seine Hände, ehe er der Aufforderung nachkommt. „Mein Vater war ein ruhiger und besonnener Mensch, der sich eher im Hintergrund gehalten hat und nur dann etwas sagte, wenn es notwendig gewesen ist. Er glaubte an Fakten und Beweise und stand allen Dingen eher skeptisch gegenüber. Er versuchte immer alles zu analysieren. Er war der beste Vater, den ich mir wünschen konnte.“ „Was ist es, was dich quält, wenn du an ihn denkst?“ Mit Tränen in den Augen presst Kele seine Hände mehr ineinander, dass es schon schmerzen muss und obwohl eine gewisse Zeit mit Schweigen verstreicht, wartet der Familienvater geduldig auf eine Antwort. „Ich hätte mit ihm kämpfen müssen. Ich hätte ihn vielleicht retten können. Ich habe mich zurückgezogen wie ein Feigling. Er ist meinetwegen gestorben.“ „Dein Vater hat dich gerettet. Du warst verwundet und er hat das getan, was jeder Vater tun würde. Er hat sein Kind verteidigt, seine Familie, seine Zukunft.“ Tröstend und zeitgleich ermutigend legt Sasuke dem jungen Mann eine Hand auf die Schulter und sucht seinen Blick, den Kele dieses Mal auch erwidert. „Dein Vater starb mit dem Wissen, dass seine Familie in Sicherheit ist. Das ihr am leben seid und er hat dich mit Sicherheit nicht als einen Feigling betrachtet. Ich bin selber Vater und ich kennen die Sorge um die eigene Familie nur zu gut und ich weiß auch, welch ein schreckliches Gefühl es ist, sein Kind zu verlieren. Dein Vater hat dich geliebt und ich denke, dass seine letzten Gedanken bei euch gewesen sind. Dich trifft keine Schuld. Wenn du ihn stolz machen willst, dann lebe. Er hat dir das Leben geschenkt und es gerettet. Wirf es nicht leichtfertig weg.“ Kele nickt verstehend und ein leichtes Lächeln macht sich auf seinen Lippen breit, als Sasuke das Pferd wieder antreibt und sie weiter in Richtung Bahnhof holpern. Eine Tatsache, die dem jungen Indianer erst jetzt auffällt. „Was machen wir hier?“ Fragend schaut Kele zu dem Farmer, der die Bremse des Karrens betätigt und einen Zettel hervorzieht, den er wiederholt und genausten zu studieren scheint. „Ich bekomme eine Lieferung. Zwei Pferde und wenn ich das richtige entziffern kann, wohl von Naruto.“ „Naruto hat das immer gemacht. Zum siebten Geburtstag schenkt er ihnen ein Pferd.“ „Sie ist doch erst sechs geworden und wieso bekommt sie zwei?“ Ratlos zuckt Kele mit den Schultern, während Sasuke von dem Karren steigt und an den Gleisen auf das Eintreffen des Zuges wartet. Im Grunde ist es Zufall, dass sie von der heute eintreffenden Lieferung erfahren haben und diese auch entgegennehmen können. Wäre das nicht der Fall, wären die Pferde abgeladen und in der öffentlichen Stallung unter-gebracht worden, wo Sasuke die zusätzliche Verpflegung bis zur Abholung noch hätte bezahlen müssen. Hier passiert rein gar nichts aus Nächstenliebe. Ab diesem Moment heißt es nun warten und ausharren, bis zum Eintreffen des Güterzuges. Kele macht es sich auf der Ladefläche des Karrens bequem und benutzt einen der Getreidesäcke als Kopfkissen, wobei er die Arme hinter seinem Kopf verschränkt und in den wolkenlosen Himmel blickt. Die Begegnung mit Angus will ihm einfach nicht aus dem Kopf, oder vielmehr mit der jungen Frau, die völlig eingeschüchtert, gar verängstigt von der Situation gewesen ist. Er ist mit der Sache noch nicht fertig, unabhängig von Sasukes Mahnungen. Es vergehen tatsächlich einige Stunden, bis aus der Ferne das spezifische Geräusch des Antriebes hörbar wird und der dichte Rauch des Kohleofens sichtbar in den Himmel steigt und wer diese zwei Signale noch nicht wahrgenommen hat, der ist spätestens nach dem schrillen Pfiff aufmerksam geworden, welchen die Lokführer immer dann ertönen lassen, wenn sie sich einem Bahnhof nähren – es ist genau dieser Pfiff der Kele aus seinem verschlafenen Zustand reißt. Es ist immer wieder ein ohrenbetäubender Lräm, wenn dieser Stahlriese einfährt. Ein enziges Dröhnen unterbrochen von Zischen und Pfeifen und so verzieht Kele auch bei dieser Einfahrt nur unangenehm das Gesicht. Das tonnenschwere Gefährt kommt schließlich zum stehen und alles wird von dicken Rauchschwaden umhüllt, die sich nur langsam verziehen und während einige Passagiere aus den Personenwagen im vorderen Bereich aussteigen, geht Sasuke direkt zu den Güterwagen am Ende und reicht einem der Angestellten den Zettel weiter. Als sich die Türen des Eisenbahnwagens schließlich öffnen und der zuständige Mitarbeiter der Bahngesellschaft mit dem Abladen beginnt, ist es eher der Zufall, der es zu verantworten hat, dass Kele seinen Blick auf die Ladung richtet und schließlich wieder sehr interessiert wirkt. Es sind zahlreiche Pferde, die nach einer holprigen und langen Fahrt abgeladen werden und aus diesem dunklen Wagen wieder an das Tageslicht kehren. Gebrochen wirkende Kreaturen, die viel von ihrer Eleganz und Würde eingebüßt haben. Es handelt sich dabei nicht um eine ungewöhnliche Begebenheit, denn Pferde werden überall im Land verkauft, ge-tauscht oder auf anderen Wegen gehandelt. Riesige Pferdemärkte auf denen einfach jede Art von Gaul zu finden ist. Bulliger Ackerpferde, ausgediente Renntiere, gebrochene Lastentiere. Oft handelt sich um Glück, wenn noch keine verbrauchten Tiere zu finden sind, doch leider behandeln die Menschen sie wie Gegenstände. Solange sie funktionieren, werden sie ausgebeutet und ist das nicht mehr der Fall, dann werden sie einfach weiter gereicht - oder im besten Fall von ihrem Leid erlöst. Einige der abgeladenen Pferde wirken kraftlos und erschöpft. Sie sind mager und verdreckt. Genau der Anblick, welcher auf den Pferdemärkten überwiegend zu sehen ist und welcher Kele wütend mit den Zähnen mahlen lässt, doch genau in dem Moment, als er sich von diesem Bild ablösen will, tritt ein Pferd aus dem Wagon heraus, welches sich von seinen Artgenossen gänzlich unterscheidet. Es ist kräftig und voller Anmut und Stolz. Ein Falbe von einer respektablen Größe mit glänzendem sandfarbenem Fell, dunkler Mähne und dunklem Schweif. Die Vorderbeine sind von den Hufen bis zu den Vorderfußwurzelgelenken in derselben Farbe, wie Mähne und Schweif und die Hinterläufe sogar bis zu den Unterschenkeln – auch das Maul ist in diesem sehr dunklen Braun gehalten. Ein Schauer durchfährt den Indianer, als Sasuke zu dem Bahnangestellten geht und den Falben an sich nimmt, zusammen mit einem weiteren Pferd. Ein zweiter Hengst. Sehr viel auffallender, was die Fellzeichnung angeht und für Kele dennoch längst nicht so interessant wie der Falbe.Der zweite Hengst hat schwarzes Fell, welches am gesamten Körper überall weiße Flecken trägt. Ein Tigerschecke mit markanter Schneeflockenfärbung. Das Fell ist vergleichbar mit einem Blick in den sternenbehangenen Himmel bei klarer Nacht und auch wenn es eine auffällige und seltene Fellzeichnung ist, bleibt Keles Blick nach wie vor auf dem Falben haften. Sasuke bemerkt den starren Blick seines Begleiters, als er mit den beiden Tieren zu ihm zurückkommt und blickt seinerseits verwundert auf das anvisierte Pferd, ehe er zurück zu dem Indianerspross schaut. „Stimmt was nicht?“ Fassungslos streicht sich der Angesprochene durch sein Gesicht und lässt sich am Ende auf dem Karren hinter sich nieder. „Das ist Nyol. Das ist Hanzos Hengst. Ich kann nicht glauben, dass Naruto ihn wiedergefunden hat.“ Überrascht schaut der Farmer zurück zu dem Tier und lässt seinen Blick über das Geschöpf gleiten, während sich auch in seinen Gedanken Unglauben verfestigt. „Bist du dir sicher?“ „Ja. Schau. Am rechten Hinterlauf, ganz knapp über dem Hufansatz. Da ist ein daumengroßer weißer Punkt. Das ist Nyol.“ Kapitel 18: Abilihn ------------------- Es dämmert bereits, als die beiden Männer wieder auf der Farm ankommen. Die Sonne senkt sich mehr und mehr dem Horizont entgegen und war der Himmel tagsüber von einem hellen Blau gezeichnet, so erscheint er nun in einem immer kräftiger werdenden Rot. Ein Großteil der Arbeit ist bereits eingestellt worden und alle Anwesenden warten auf den wohlverdienten Feierabend und das liebevoll zubereitete Abendessen, von der Herrin des Hauses. Nach erledigtem Tagewerk gleicht die Essküche des Farmerpaares einem Pausenraum aus einer Großfabrik direkt aus New York und Sakura weiß jeden Abend neu aufzutischen. Ein Festmahl, welches das von dem Vorabend noch übertrifft. Von Kartoffeln in zahlreichen Varianten, über selbstgebackenes Brot und gedämpftes Gemüse, bis hin zu gepökeltem Fleisch ist für jeden Geschmack etwas dabei. Jeder wird satt und neben der finanziellen Entlohnung ist das tägliche Abendessen in einer familiären Atmosphäre ein gern genommener Bonus – auf das Geld würden alle Arbeiter sogar verzichten, aber nicht auf die abendliche Zusammenkunft. Eigentlich befinden sich die ersten fleißigen Arbeiter bereits auf dem Weg zum Haupthaus, als Sasuke und Kele zurück auf das Gelände fahren, die beiden Pferde an den Karren gebunden, hinterherlaufend. Aus der Ferne kann Sasuke erkennen, wie Minato seinen großen Bruder hastig heranwinkt und wie dieser schließlich hinter dem Haus hervortritt und förmlich zu erstarren scheint. Wie ein paralysiertes Wildvieh blickt der Halbindianer ihnen entgegen. Es ist ihm selbst aus der Ferne deutlich anzusehen, dass er es nicht glauben kann und an seinen Sinnen zweifelt. Nie in seinem Leben hat er damit gerechnet sein Pferd wiederzubekommen. Er hatte sich damit abgefunden und nun erscheint es ihm wie ein Wunder, dass das wertvollste Geschenk, dass er von seinem Vater bekommen hat, wieder den Weg zurück in seinen Besitz findet. „Hast du ein Gespenst gesehen?“ Amüsiert klettert Kele von dem Karren und knufft seinem Großcousin freundschaftlich gegen die Schulter, ehe er die beiden Pferde von dem Karren abbindet und einen der Führstricke an Hanzo weiterreicht. Fassungslos beginnt der Halbindianer zu lächeln und streicht seinem Hengst über die Nüstern, der diese Berührung augenscheinlich sehr genießt. „Wie ist das nur möglich? Ich dachte er wäre tot.“ „Naruto war schon immer für eine Überraschung gut. Vielleicht hatte er ihn auf einem Pferdemarkt gefunden. Jedenfalls hat er ihn dir zurückgebracht.“ Sasuke tätschelt den Hals des Falben und danach die Schulter von Hanzo, ehe er auf Kushina zugeht, die neben ihrer Mutter steht. Den beiden ist die Freude ebenfalls anzusehen und im Grunde ist dieses Ereignis mit einem Wunder gleichzusetzen. Die Chance, ein verschwundenes Pferd wiederzufinden, ist wie die Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. Die würde Naruto vermutlich auch noch finden und zwar, indem er direkt reingreift. Der Familienvater geht vor dem Mädchen in die Hocke und streicht ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Der andere Hengst ist für dich und das hier auch.“ Aus der Innentasche seiner Weste zieht Sasuke einen kleinen handgeschriebenen Zettel hervor und reicht ihr diesen entgegen, doch lesen kann sie ihn noch nicht. Kushina lernt es gerade erst und so reicht sie die Zeilen an ihre Mutter weiter, die ebenfalls in die Hocke geht und die Worte ihres Vaters hörbar für alle vorliest. Mein Sternchen, ich wünsche dir alles Gute zu deinem Geburtstag, auch wenn die Glückwünsche zu spät kommen und dein Geschenk zu früh. Ich kann dir zwar keinen Stern vom Himmel holen, aber dieser Hengst trägt zahlreiche auf seinem Fell und von nun an auch dich. Ich habe dich lieb Papa Ein breites und erfreutes Grinsen zeichnet sich auf dem kleinen Kindergesicht ab und Hinata sind beim Vorlesen Tränen in die Augen gestiegen. Sie hat einen unglaublichen Mann an ihrer Seite, der trotz aller Entfernung ihr in diesem Moment gar nicht näher sein könnte. Naruto denkt an sie. Er denkt jede Minute an sie und es ist ein weiteres Lebenszeichen von ihm. Es geht ihm gut und er hat seiner Tochter einen großen Wunsch erfüllt, auch wenn dieses spezielle Geschenk ein Jahr zu früh erfolgt ist. Kele reicht dem Mädchen den Führstrick und als wenn das Reittier wüsste, dass es eigentlich noch viel zu groß für seine Besitzerin ist, senkt es den Kopf, so das Kushina über die weiche Schnauze streicheln kann. Sie ist ganz fasziniert von dem Anblick dieses Tieres. Das schwarze Fell und diese vielen weißen Punkte, die wie Farbspritzer aussehen. Es sieht wirklich aus wie ein Sternenhimmel. „Wie willst du ihn nennen?“ Hanzo stellt sich zu seiner Schwester und streicht über die Mähne des Neuzuganges der Familie, nachdem Hanna sich dem Falben angenommen hat. Ganz verträumt streichelt sie noch immer die Schnauze, während der Hengst ganz still dasteht. „Bituin. Er soll Bituin heißen.“ Hanzo blickt lächelnd zu seiner Mutter, welche nur zurücklächelt und zustimmend nickt. Mit einer außergewöhnlichen Leichtigkeit schwingt sich Narutos ältester Sohn auf den Pferderücken und reicht seiner Schwester die Hand, um sie vor sich auf das Pferd zu ziehen. Sie kann Bituin noch nicht reiten. Er ist zu groß und sie hat noch keinerlei Reiterfahrung, aber Hanzo kann ihr einen Vorgeschmack geben. Er ist ein guter Reiter und Kushina ist bei ihrem Bruder besten aufgehoben, so das Hinata sich ganz ihren Gedanken und Gefühlen hingeben kann, ohne Sorge haben zu müssen. Kushina findet einen sicheren Sitz zwischen Pferdehals und vor ihrem Bruder. Der Führstrick ist locker um den Hals gelegt und dient dem Mädchen, neben der Mähne, zum Festhalten. Hanzo nickt kurz Hanna zu, die Nyol von seinem Führstrick befreit und mit einem kurzen Pfiff von seinem Herrn folgt der Falbe dem Geschwistergespann auf die direkt angrenzende Weide. Sasuke und seine Familie, Hinata und Minato stehen an dem Weidezaun und beobachten die Szenerie vor sich. Hanzo galoppiert mit seiner Schwester über die Weide, welche freudig lacht und von einem bis zum anderen Ohr strahlt. Nyol galoppiert im gleichen Tempo neben ihnen her und bei diesem idyllischen Bild ist es schließlich Sasuke der mit dem Kopf schüttelt und etwas auflacht. „Es ist einfach unglaublich. Manchmal kommt es mir so vor, als wäre Naruto übermenschlich. Das wirkt einfach alles so unwirklich.“ Sakura kann auf die Worte ihres Mannes nur zustimmend nicken. Hinata hingegen lächelt nur still in sich hinein, als würde sie sich in diesem Moment das zweite Mal ihren Mann verlieben. „Er ist nicht übermenschlich. Er ist nur ein Vater.“ „Was heißt eigentlich Bituin?“ Fragend schaut die gesamte Familie Uchiha zu Hinata und ihrem jüngeren Sohn, nachdem Hana diese Frage gestellt hat. Mutter und Sohn blicken sich gegenseitig nur kurz an, ehe Minato wieder zu seinen Geschwistern schaut. „Bituin be-deutet Sterne.“ März 1866 Seit Wochen reitet Kele immer wieder in die Stadt, doch nicht aus dem Grund, dass er irgendwelche Besorgungen erledigen will oder gar muss. Seine Beweggründe sind andere. Die Begegnung mit Angus und dieser ihm unbekannten Frau lässt ihm einfach keine Ruhe. Die bloße Anwesenheit dieses Mannes hat diese junge Frau regelrecht in eine Angststarre geschickt. Voller Demut hätte sie in dieser Situation wohl alles ertragen. Sie hat keinerlei Widerstand gezeigt und wäre wohl am liebsten tot umgefallen, um jeder Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen. Ähnlich wie eine Ziege. Diese Tiere fallen bei akutem Stress einfach versteift zu Boden und stellen sich tot, bis die Bedrohung vorübergezogen ist. Kele ist direkt am nächsten Tag wieder in die Stadt geritten, trotz deutlicher Warnung von Sasuke und er musste fest-stellen, dass er mit seiner Vermutung recht behalten hatte. Diese Frau wird von Angus misshandelt. Als er sie an dem besagten Tag aus dem Geschäft kommen sah, hatte sie ein blaues Auge und eine aufgeplatzte Unterlippe. Sogar heute, fast drei Wochen nach der ersten Begegnung, sind die Prügelnachwirkungen noch in ihrem Gesicht erkennbar. In diesen drei Wochen konnte er immer wieder entsprechende Beobachtungen machen. Körperliche und seelische Züchtigung auf allen Ebenen der Vorstellungskraft, doch ihm bleibt eine Frage unbeantwortet. Warum läuft sie nicht weg? Aus sicherer Entfernung beobachtet er abermals das Geschäft von Angus. Wie lange er das schon tut, weiß er nicht einmal zu sagen, doch es muss einiges an Zeit vergangen sein. Bis jetzt hat er sie noch nicht zu Gesicht bekommen, doch genau in dem Moment, als Kele sich abwenden will, verändert sich die gesamte Stimmung. Ein Lauter Knall hallt durch die Straße und schreckt die umherlaufenden Menschen regelrecht auf. Ein Knall, der von einer aufschwingenden Tür herrührt, durch dessen Türrahmen schließlich besagte junge Frau geschleudert wird. Mit ihrer ganzen Erscheinung landet sie auf der Straße und sie schafft es nicht einmal zu wimmern, da poltert auch schon Angus heran, beschimpft sie auf das Schlimmste und beginnt damit auf sie einzutreten. Es ist eine Szenerie wie aus einem schlechten Theaterstück und obwohl zahlreiche Leute das Geschehen verfolgen kön-nen, tritt keiner vor und eilt zur Hilfe. Es ist Gegenteiliges der Fall. Sie wenden sich ab und ziehen ihrer Wege. Ein Ruck jagt durch seinen Körper und ehe sich Kele versieht ist er auch schon im Dauerlauf dabei, dieses Unrecht zu beenden. Angus ist dermaßen in seinem Tobsuchtsanfall gefangen und damit beschäftigt auf eine wehrlos am Boden liegende Frau einzuprügeln, dass er Kele erst bemerkt als dieser schon zum Schlag ausgeholt hat. Zum Ausweichen ist keine Zeit mehr für den stattlichen Iren, so dass der Faustschlag passgenau sein Ziel trifft und er aus dem Gleichgewicht gerät. Eigentlich hat Kele vor nachzulegen. Er will genauso austeilen, wie die Frau zu seinen Füßen einstecken muss, doch zu seiner Verblüffung ist es genau jene Frau, die ihn daran hindert. Ehe er sich versieht ist sie auf den Beinen und schubst ihn energisch zur Seite. „Misch dich nicht ein. Das geht dich nichts an!“ „Ich wollte nur-“ „Verschwinde, du Mistgeburt!“ Kele ist vollkommen fassungslos. Er blickt sich verwundert um, doch noch immer tun die anderen Bewohner der Stadt so, als wäre rein gar nichts geschehen. Angus hingegen reibt sich bloß die schmerzende Wangenpartie und lächelt boshaft in sich hinein, während Kele den geforderten Rückzug antritt. Was genau er sich durch sein Einschreiten erhofft hat, weiß er gar nicht zu bestimmen, doch ein dankbares Nicken hätte ihm schon ausgereicht. Dass er fortgejagt und beleidigt wird, hat er sich hingegen nicht vorgestellt. Das ist unerwartet und erschüttert sein Weltbild in diesem Moment enorm. Er wurde so erzogen, dass Ungerechtigkeit bekämpft werden muss und dass jemand, der sich an Frauen vergeht, selbst eine Abreibung verdient hat. Er wollte bloß helfen und kassiert dafür eine äußert verletzende Abfuhr. Völlig verunsichert dreht sich der junge Indianer noch einmal um. Sie schaut ihn noch immer an, doch ihr Blick ist ein anderer. Entschuldigend und bedauernd, so dass er jetzt von der Welt noch weniger versteht. Kele sieht zum krönenden Abschluss noch, wie Angus dieser jungen Frau in die Haare greift, sie dabei schmerzend das Gesicht verzieht und an den Haaren zurück in den Laden gezogen wird. Was zum Teufel geht hier nur vor? Bis zur Dämmerung bleibt Kele in der Stadt und beobachtet Stunde um Stunde das Gebäude, ohne etwas Auffälliges zu bemerken. Was sollte er denn tun, wenn es wieder zu einer solchen Szenerie kommen würde? Ein Einschreiten seiner-seits ist ja offensichtlich nicht erwünscht oder doch? Überfordert von der Situation und ratlos, entschließt sich der junge Mann dazu, sich auf den Heimweg zu machen und macht sich auf dem Weg zu seinem Pferd. Er nutzt vorwiegend die schmalen Gassen, um den anderen Menschen aus dem Weg zu gehen. Er kann es nicht ertragen, wenn sie ihn anstarren, doch wenn er gewusst hätte zu welch einem Nachteil ihm diese versteckten Nischen gereicht werden, dann hätte er sich eher für viel belebte Hauptstraße entschieden. Zielsicher steuert er das Ende der schmalen Seitengasse an, in der es bereits sehr dunkel ist, obwohl die Sonne noch nicht vom Horizont verschlugt wurde, als ein Mann ihm entgegentritt und auf ihn zusteuert. Kele wendet sich ab, will der Konfrontation aus dem Weg gehen und eine andere Richtung einschlagen, doch auch der alternative Weg wird plötzlich von einer weiteren Gestalt blockiert. Ehe sich der Indianer versieht ist er von ein paar duzend Männern umgeben, die nicht auf ein gemütliches Pläuschchen aus sind. Er ist nervös, was in Anbetracht der Gegebenheiten mehr als verständlich ist. Er blickt umher, weicht aber nicht zurück. Niemand sagt auch nur ein Wort, bis eine ganz spezifische Stimme ertönt, die Kele inzwischen sehr vertraut ist. Diese tiefe Baritonstimme, poltert nicht wie gewöhnlich durch die Gegend, sondern klingt schon fast amüsiert. Angus gesellt sich in die illustre Runde dazu und verschränkt die Arme vor der Brust, was sein wohlgenährter Bauch etwas erschwert. „Wenn das mal nicht die rothäutige Mistgeburt ist.“ „Hätte ich mir ja denken können, dass das deine Hunde sind. Erledigst du deine Drecksarbeit immer so?“ Kele lächelnd provozierend, doch in Wirklichkeit hat er Angst. Sie nagt an seinen Knochen und frisst sich in seinen Verstand hinein. Angus lächelt amüsiert auf und blickt einmal durch die versammelte Runde seiner wuchtigen Haudegen. Alles gestandene Männer und Kele ist klar, dass er mit weit mehr als nur einem blauen Auge aus dieser Sache rauskommen wird – wenn er hier überhaupt herauskommen wird. Die Anspannung ist ihm anzusehen, was Angus mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck quittiert. „Wir haben noch eine Rechnung zu begleichen.“ Demonstrierend hält Angus seine rötliche verfärbte Wange vor, wo ihn der Schlag zur Mittagszeit getroffen hat und Kele bereut es aus tiefstem Herzen, dass er nicht härter zugeschlagen hat. „Dann hör auf zu faseln und bring es zu ende!“ Es ist das Startsignal gewesen – zusätzlich zu Angus zuckendem Kopf in Keles Richtung. Wie ein Rudel Wölfe stürzen sich die Männer auf ihn und auch wenn es Kele gelingt selbst noch einen Moment Schläge auszuteilen ist er innerhalb weniger Minuten am Boden und wird wortwörtlich zu Brei geschlagen. Tritte und Fausthiebe an jede Stelle seines Körpers, welche für sie erreichbar sind. Seine Gegenwehr erlahmt zusehends und nur ein einziges Wort von Angus reicht aus und die Prügelorgie findet ein abruptes Ende, nur damit er von zwei der Lakaien in die Höhe gerissen wird. Ihr Boss soll sich nicht die Mühe machen vor einem wertlosen Stück Dreck in die Hocke zu gehen. „Ich bin ein Mann der Taten. Ich ziehe endgültige Ergebnisse langen Reden vor.“ Zur Untermalung seiner Worte zückt der Ire ein Messer mit einer Handflächengroßen Klinge und hält es seinem Opfer bedeutsam vor die Augen. Der Geschmack von Blut und die Schmerzen in seinem Körper dominieren Keles Empfinden und so blickt er an der Klinge vorbei, in das Gesicht dieses widerlichen Menschen. Wenn er glaubt, dass Kele um sein Leben bettelt und vor Angst zusammenbricht, dann irrt er sich. Diese Genugtuung wird er ihm nicht schenken. Mit einem verachtenden Lächeln auf den Lippen schaut er dem bärtigen Mann direkt in die Augen. „Du bist trotzdem ein Arschloch.“ Angus verzieht für einen Moment das Gesicht zu einer wütenden Fratze, ehe er ruckartig ausholt und das Messer in Keles rechter Körperhälfte versenkt. Er schreit auf und sackt schließlich zu Boden, als die Laufburschen ihren Halt aufgeben. Es folgen keine weiteren Worte. Er wird zum Abschluss nur bespuckt und schließlich sterbend zurückgelassen. Blutig geschlagen, erstochen und vor Schmerzen gelähmt liegt er nun in dieser schwach beleuchteten Gasse und ist zu kaum mehr fähig als ächzende und klägliche Laute von sich geben. Kele presst eine Hand auf die Stichwunde in seiner Seite und spürt wie sein Blut aus der Wunde tritt, die Klei-dung durchtränkt und seine Hand beschmiert. Verzweifelt und um sein Leben fürchtend, wuchtet sich Kele auf alle Viere und versucht vorwärts zu kommen. Er will nicht sterben. Nicht hier und nicht so. Er will zurück nachhause. Das Zittern in seinen Gliedmaßen macht er ihm jedoch unmöglich seinen Wunsch in die Tat umzusetzen. So sehr er sich auch darum bemüht auf die Beine zu kommen, es ist ihm nicht vergönnt, also lässt er sich schließlich resigniert auf die Seite fallen und bleibt einfach regungslos liegen, lauscht dem unerträglichen Ziehen und Pochen in seinem Körper und schluckt abermals den Geschmack von Blut herunter. Sein Blick ist verschwommen. Ohnehin beein-trächtig durch das blinde Auge und die entstellte Gesichtshälfte, kann er nun nicht einmal mehr auf seinem gesunden Auge richtig sehen. Es schwillt zu und lässt ihn förmlich blind werden, doch die Schmerzen sind so ermüdend und überwältigend, dass er nicht einmal Panik verspürt. Sein Gesicht sackt noch etwas weiter in den Staub, als er eine schwache Silhouette auf sich zukommen sieht, doch dass es sich dabei um Hilfe handeln könnte, schließt er aus. Er fürchtet eher darum, dass sie zurückkommen und ihm den Rest geben. Der Gnadenschuss, wie er für verwundetes Vieh angewandt wird. Er schließt die Augen und wartet. Warten darauf, dass es endlich vorbei ist und all die Schmerzen und das Leid ein ende finden, doch es passiert nichts. Er spürt keinen weiteren Messerstich und er hört keinen Schuss, stattdessen vernimmt er eine zaghafte und vorsichtige Berührung an seiner Schulter und eine unverständliche Stimme, die zu ihm spricht. Er öffnet wieder die Augen und kann die Gestalt vor sich nicht erkennen. Es sind nur schemenhafte Umrisse einer schlanken Frau und das Pfeifen auf seinen Ohren hindert ihn daran, etwas von ihren Worten zu verstehen. Sie dreht sich nach hinten und scheint etwas in die Dunkel-heit zu rufen, als eine zweite Person aus den Schatten tritt und auf sie beide zu geht. Diese Person ist sehr viel stämmi-ger und weitaus weniger zaghaft. Ein Mann. Kele wird von ihm in die Höhe gezogen, so dass der Schmerz ihn kurz auf-schreien lässt und er kraftlos in den Armen dieses unbe-kannten Helfers hängt. Noch immer hat er keine Ahnung um wen es sich bei diesen aufopferungsvollen und hilfsbereiten Herrschaften handelt, doch noch ehe er sich versieht befindet er sich auf einem klapprigen Holzkarren und das betagte Zugtier wird mit einem lauten Ruf und dem Klatschen der Zügel auf dessen Hinterteil, ruckartig in Bewegung gesetzt. Es erscheint dem jungen Indianer wie eine Ewigkeit, in der er auf dem Karren liegt, in den Himmel blickt und jede Un-ebenheit der Straße durch seinen schmerzenden Körper jagt, wie erneute Faustschläge. Er dämmert weg. Seine Lider werden unerträglich schwer und gerade in dem Moment, als er sich der verlockenden Schwärze hingeben will, erscheint wieder ein Gesicht vor seinen Augen. Das Gesicht der Frau. Noch immer kann es nur unscharf erkennen, doch in winzigen Momenten klart sein Blick auf. Es ist ein grünes Augenpaar, welches in sein geschundenes Gesicht blickt und welche sehr besorgt wirkt. Er sieht, wie sich ihre Lippen bewegen, doch noch immer kann er ihre Worte nicht verstehen. Was sagt sie? Benommen versucht er ihre Silben zu verstehen. Schaut auf ihre Lippen, als wolle er von ihnen lesen. Sie wirkt fast verzweifelt, als sie sein Gesicht in ihre Hände nimmt und sich näher zu ihm beugt. Sie blickt ihn direkt an. Hält seinen Kopf und er spürt, wie sie mit dem Daumen über seine Wange streicht. Er kneift die Augen zusammen und öffnet sie wieder. Sein Blick wird klarer. Er kennt dieses Gesicht. Die langen, glatten und feuerroten Haare, die feinen Sommersprossen auf ih-ren Wangen und diese unvergesslichen grünen Augen. Wieder schaut er auf ihre vollen Lippen und dessen Bewegungen und langsam versteht er ihre Worte. „Du musst wach bleiben! Nicht einschlafen!“ Ihr Tonfall klingt äußerst besorgt und wie ein Gebet widerholt sie diese Worte immer und immer wieder, während sein Blick in ihrem haften bleibt. Obwohl der Schmerz in seinem Körper fast unmenschlich erscheint, hebt Kele eine seiner blutverschmierten Hände an und umfasst eines ihrer Handgelenke. Seine Hände sind so groß, dass er ihr Handgelenk vollständig umfassen kann und dennoch ist sein Griff nicht fest. Er ist schwächlich und leicht abzuschütteln und doch wirkt sie erleichtert, eine Reaktion von ihm vernehmen zu können. „Ich kenne dich.“ Seine Stimme ist kaum mehr als ein schwaches Hauchen und dennoch kann er ein Lächeln in ihrem Gesicht erkennen und ein zustimmendes Nicken wahrnehmen, als sie sich etwas näher zu ihm beugt. „Ich heiße Abilihn.“ Ein wunderschöner Name wie er findet und so treffend für ihre Erscheinung. Er lächelt sie an. „Kele. I-ich bin-“ „Es wird alles gut werden. Wir bringen dich nachhause. Du musst nur wach bleiben, hörst du? Du darfst nicht schlafen.“ Ein schwaches Nicken ist die einzige Antwort zu der sich der junge Indianer noch in der Lage sieht. Noch immer spürt er den Schmerz in seinem Inneren, doch sein Körper fühlt sich zusehends mehr taub an. Sein Griff um ihr Handgelenk wird lockerer, was Abilihn in Unruhe versetzt. Seine Lider flackern. Er droht diesen Kampf zu verlieren. Hastig klettert sie in die Höhe seines Kopfes und bettet diesen schließlich auf ihre Beine, was etwas Aufwand erfordert und streicht bittend durch seine Haare und damit auch über den verbrannten Haaransatz. Bei Prügelei und seinen Verteidigungsversuchen ist ihm der schwarze Stoff von seinem Gesicht gerutscht, so dass sie die Verbrennung in ganzer Pracht sehen kann. Selbst in diesem Zustand, stört ihn diese Tatsache. „Bitte. Wir sind gleich da. Alles wird gut werden.“ Noch immer hat er ihre flehende Worte in den Ohren und es ist ihm unbegreiflich, wie er es schafft nicht das Bewusst-sein zu verlieren, doch schließlich fährt der Pferdekarren auf den Hof und noch bevor die Räder zum Stillstand kommen brüllt der Lenker nach Hilfe und er brüllt noch weiter, als der Karren steht, er von dem Bock springt und zum Haupthaus eilt. Wieviel Zeit vergeht, als endlich jemand auf die Rufe reagiert, weiß Kele nicht zu sagen. Vielleicht sind es nur Sekunden oder wenige Minuten. Für ihn fühlt es sich an, wie ein Teil der Unendlichkeit und es ist nicht nur eine Person, die den Hilferufen nachkommt. Binnen weniger Augenaufschlä-ge ist der Karren von Leuten umzingelt und Sasuke springt auf die Ladefläche zu Kele und Abilihn. „Was ist passiert?“ „Angus und seine Leute. Sie haben ihm aufgelauert. Sie woll-ten ihn umbringen.“ Verzweifelt richtet Abilihn ihren Blick zurück auf Kele, dessen Stichverletzung von Sasuke begutachtet wird, während die anderen erste Rachegedanken miteinander austauschen. Hanzo und Shikamaru, ebenso wie Gaara und Kankuro würden sich am liebsten auf der Stelle bewaffnen und über diese mordlüsterne Truppe herfallen. Tenten beugt sich über den Karren und streicht ihrem Sohn besorgt durch die Haare. Sein müder und kraftloser Blick gleitet auf seine Mutter und seine Lippen formen eine stumme Entschuldigung, worauf die dreifache Mutter mit den Tränen kämpfen muss. „Es tut mir so leid. Ich konnte es nicht verhindern. Ich wollte-“ Mit einem beruhigenden Lächeln schaut Tenten zu der aufgebrachten jungen Frau und schüttelt nur leicht mit dem Kopf. „Du hast ihn gerettet. Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen.“ „Ich muss mir die Wunde ansehen. Ihr müsst ihn ins Haus bringen.“ Sakuras energische Stimme erstickt das aufkom-mende Gespräch der beiden Frauen. Keles Zustand ist nicht der Beste und wird ohne Behandlung auch nicht besser werden, weswegen Sasuke sich schon in Stellung bringt, um ihn von dem Karren zu schaffen. Der Farmer packt den jungen Mann unter die Arme und richtet ihn auf, so dass er ihn mit Hilfe von Hanzo und Shi-kamaru von der Ladefläche bekommt. Sasuke dreht sich nochmal zu Abilihn „Fahr schnell zurück, bevor er bemerkt, dass du fort bist.“ Mit vereinten Kräften wird Kele von dem Karren gewuchtet und sofort zu Sakura in das Haupthaus gebracht, gefolgt von allen anderen. Zurück bleiben die Helfer, die sich schließlich wieder von dem Gelände entfernen, wobei Abilihn noch einmal zurückschaut und die stumme Bitte formt, dass er nicht sterben möge. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)