Outlaw von Pretty_Crazy (... die Macht der Machtlosen (NaruHina)) ================================================================================ Kapitel 13: Der Chairman ------------------------ Wenige Stunden zuvor Naruto muss zugeben, dass er seine Mutter noch nie so wütend gesehen hat. Er hat ihr vorher auch nie einen Anlass dazu geboten und wenn er mal Unsinn angestellt hat, dann war sie höchstens minimal verstimmt, aber der jetzige Gemütsumstand ist äußert beängstigend. Ihr Blut scheint zu kochen und wenn jetzt noch Dampf aus ihren Ohren emporsteigen würde, würde den Outlaw das nicht verwundern. Seit er einfach so in ihre Krankenstation geplatzt und sich ihr offenkundig zu erkennen gegeben hat, hat er es nicht mehr gewagt, auch nur ein Wort ihr gegenüber zu verlieren. Er schweigt und folgt ihr reumütig durch ihr Lebenswerk und dank ihres sehr erbosten Auftrittes flieht so manch einer der armen Teufel vor ihr. Wenn Naruto sich die Gesichter der Leute so anschaut, dann sind sie wohl schon in den Genuss dieses Gemütszustandes gekommen und nun äußert beunruhigt. Es scheint nicht so zu sein, als könne ihr jemand in dieser Lage ruhig zusprechen, was den mehrfachen Familienvater angespannt schlucken lässt. Er spielt sogar ernsthaft mit dem Gedanken, sich lieber wieder zu verziehen. Die alte Dame legt eine Geschwindigkeit an den Tag, dass Naruto ihr förmlich nur hinterher stolpert, um nicht den Anschluss zu verlieren. Er hegt in diesem Moment wirklich große Zweifel daran, ob es eine gute Idee gewesen ist, sie auf zu suchen und das ohne jede Vorankündigung. In Anbetracht seiner Vergangenheit, im unmittelbaren Zusammenhang mit den Steckbriefen und Schlagzeilen, wäre eine Vorwarnung vielleicht die Alternative gewesen, als einfach nach über zwanzig Jahren einen Überraschungsbesuch zu unternehmen. Er weiß nicht, welch Gefühle in dem Inneren seiner Mutter umher toben, genauso wenig wie er eine Vorstellung davon hat, was sie in den letzten zwei Jahrzehnten durchgemacht hat. Sie wissen nichts mehr voneinander, weswegen Naruto äußert bedauernd auf den Rücken dieser hilfsbereiten Person blickt und eine Vielzahl an Entschuldigungsformulierungen auf der Zunge liegen hat. Sein Schweigen bricht er dennoch nicht. Keine Entschuldigung der Welt, kann es wieder gut machen, was er ihr angetan hat. Er hat ihren Zorn verdient, also erträgt er ihn. Mit festen Schritten stapft Tsunade auf eine Tür zu, welche sie so kraftvoll aufstößt dass Naruto für einen kurzen Moment glaubt, sie würde aus den Angeln gehoben werden. Der Türknauf prallt klir-rend an die Wand, was von der Leiterin des Armenhauses nicht beachtet wird. Sie marschiert auf einen, sich in der Mitte befindlichen Schreibtisch zu und stützt sich mit beiden Händen auf dessen Oberfläche ab. Naruto zögert und verweilt auf der Schwelle zu ihrem Büro – so will er es nennen. Er steht einfach da, blickt auf ihren gekrümmten Rücken und fühlt sich hilflos. Es ist ein Empfinden des Elends, welches sich in seiner Brust ausbreitet. Reue und die Gewissheit keine seiner Taten ungeschehen machen zu können, wirken im Zusammenspiel miteinander betäubend. Wenn er es anatomisch gesehen fertigbringen könnte, dann würde er sich mehrfach und kraftvoll selbst in den Hintern treten. Eine Selbstgeißelung erscheint ihm in diesem Moment die einzige Möglichkeit, um sich selbst ausreichend genug bestrafen und dennoch nichts verändern zu können. Mit einem unterdrückten Seufzen blickt der Outlaw kurz über seine Schulter und betrachte einige der vielen Bettler, die ratlos und zurückhaltend auf ihren Schlafstellen kauern und das Geschehen aufmerksam beobachten. Zuschauer in einem Familiendrama oder wenigstens einer familiären Auseinandersetzung zwischen Mutter und Sohn. Zweifelsfrei sind solche Dialoge, die einen nicht selbst betreffen, interessant aber Naruto zieht es vor potenzielle Zuhörer und Zuschauer aus der kommenden Situation auszuschließen. Der für tot gehaltene Gesetzesbrecher tritt schließlich in den Raum hinein und schließt sorgfältig die Tür hinter sich, doch noch immer fühlt sich unfähig angebrachte Worte zu finden. Gerade als er Luft holt, um zu einer Entschuldigung anzusetzen, wirbelt Tsunade förmlich herum und deutet mit mahnendem Finger auf ihm, weswegen er gleich wieder den Mund schließt. „Wage es ja nicht, auch nur daran zu denken, dich zu entschuldigen.“ Schuldig blickt Naruto kurz zur Seite, während Tsunade eine Mappe von ihrem Schreibtisch greift, welche sie ihm schließlich kraft-voll gegen den Brustkorb drückt und ihn somit zur Annahme zwingt. „Nichts, was du sagen könntest, macht irgendetwas ungeschehen.“ Mit einer sichtbaren Enttäuschung im Gesicht, wendet die alte Dame sich wieder von ihm ab und stellt sich hinter ihrem Schreibtisch, an ein staubiges Fenster durch welches sie nur noch schwer hinausblicken kann. Naruto selbst steht noch immer an derselben Stelle wie zuvor und öffnet die Mappe in seinen Händen, in dem er schließlich jeden einzelnen Steckbrief von sich findet, der im Laufe seines Lebens angefertigt wurde. Zahlreiche Fahndungsplakate mit immer höher angesetzten Kopfgeldbeträgen. Das Älteste ist vierundzwanzig Jahre alt und zeigt ihn als einen heranwachsenden Burschen, mit einem noch sehr kindlichen Gesicht. Da war er gerade einmal zwölf Jahre alt und noch reichlich unerfahren, was das robuste Leben, außerhalb einer Stadtmauer für ihn bereithält. Naruto sieht auf diesen Steckbriefen seine gesamte Entwicklung und nimmt schließlich den aktuellsten aus der Mappe heraus. „Ich finde, sie haben mich noch nie gut getroffen.“ Schmunzelnd betrachtet der Outlaw seine aufgezeichneten und äußert ernsten Gesichtszüge, welche ihn fast wie einen Minenarbeiter erscheinen lassen, der seit Wochen nicht mehr das Tageslicht zu Gesicht bekommen hat. Fassungslos über eine solche Aussage und mit einem leichten Kopfschütteln, dreht Tsunade sich wieder zu ihm um und lässt ihr braunes Augenpaar für einen kurzen Moment über seinen Körper gleiten. „Nach siebenundzwanzig Jahren kehrst du zurück und reißt blöde Witze?“ Ein Blick in ihre enttäuschten Augen genügend und das Schmunzeln verschwindet aus seinem Ge-sicht. Er seufzt niedergeschlagen, legt den Steckbrief zurück in die Mappe, welche er schließlich zurück auf den Schreibtisch legt. Ratlos verstaut er seine Hände in den Hosentaschen und blickt mit einem hilflosen Schulterzucken zu seiner Mutter, die in seinen tief blauen Augen ehrliches Bedauern erkennen kann. „Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll. Eine Entschuldigung willst du nicht hören, also-“ „Wie wäre es mit einer Erklärung?“ Für einen winzigen Zeitraum hält der Outlaw ihrem Blick stand, bis er zurück auf die Mappe schaut, in der ein Großteil seiner Vergangenheit liegt. Zahlreiche Straftaten für die er, wäre er der christlichen Überzeugung von Himmel und Hölle, bestimmt in der Hölle schmoren wird. Eine Erklärung. Eine Darlegung der eigenen Gedanken und Handlungen, die ihn zu seinen Taten getrieben haben und welche ihm zu dem Mann gemacht haben, der er nun ist. Egal, wie sehr er auch überlegt, er kommt wiederholt zu derselben Erkenntnis, die ihn fast verzweifelt nach vorne sacken lässt. „Ich habe keine Erklärung.“ „Hast du auch nur die geringste Vorstellung davon, was ich deinetwegen durchgemacht habe? Wel-che Sorgen ich mir gemacht habe? Du warst plötzlich einfach verschwunden und das ohne ein Wort. Ich habe von Sasuke erfahren, was passiert ist und dass du New York überstürzt verlassen hast.“ Naruto kommt sich vor, wie ein Angeklagter vor dem hohen Gericht, während Tsunade hinter ihrem Schreibtisch auf und abläuft und ihren Worten durch wilde und energischen Gesten noch mehr Ausdruck verleiht. Er hat noch nie einen solch vorwurfsvollen Unterton in ihrer Stimme gehört und das trifft ihn ausgesprochen hart. „Bei dem ersten Steckbrief dachte ich wirklich, dass das unmöglich sein kann. Ich hielt das für eine Verwechslung, doch was passierte? Es kamen immer mehr Steckbriefe und immer mehr Straftaten. Das Kopfgeld wurde immer höher und höher und ich konnte es einfach nicht begreifen, was ich da gerade erlebte. Plötzlich warst du nicht mehr Naruto, du warst der Teufel und dann kam die Todesmeldung. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Verstehst du das? Ich hatte dich verloren.“ Tsunade sucht seinen Blick, doch er weicht ihren Augen aus. Er kann es nicht ertragen sie anzusehen. Ihre Worte genügen, damit er sich schlecht fühlt. „Du warst tot und ich... ich musste es akzeptieren. Es war unsagbar schwer und dann plötzlich die Meldung, dass du noch lebst. Dass der Artikel eine Lüge war. Ich war so froh. Ich habe es für ein Wunder gehalten. Du warst wieder da.“ Naruto hört, wie seine Mutter eine der Schubladen aufzieht und das raschelnde Geräusch von Papier lässt ihn schließlich aufschauen. Es ist eine Zeitung, welche sie ihm vorgelegt hat und welche erst wenige Wochen alt ist. Das Bild auf dem Titelblatt allein erzählt ganze Bücher und alles zieht sich krampfhaft in seiner Brust zusammen. Es ist die Zeitung, in der sein Tod erneut berichtet wird. Es ist das Klatschblatt indem nicht ein aus-führlicher Artikel seiner Hinrichtung zu finden ist, sondern auch ein klares Bild von seiner Leiche abgedruckt wurde. Dieses Bild zeigt ihn, wie er leblos am Galgen baumelt. Für tot erklärt, dann von den Toten wieder auferstanden und nur kurze Zeit später von einem Sheriff hingerichtet. Welch grausame Seelenqual für eine Mutter. Resigniert stützt sich Naruto auf der Oberfläche des Schreibtisches ab und blickt auf das Bild seiner angeblichen Leiche. Er kann sich nicht einmal im geringsten Ansatz vorstellen, welche Gefühlsexplosion im Inneren stattfindet, wenn solch bedeutsame Nachrichten hintereinander veröffentlicht werden, besonders dann wenn sich das Leben nach der ersten Hiobsbotschaft wieder eingependelt hat. Dumpf lässt der Outlaw den Kopf hängen und schließt die Augen. Er hat so viele Fehler in seinem Leben begangen, dass er beim Passieren einer Kirchenschwelle augenblicklich im Flammen aufgehen müsste. Er hat die Menschen verletzt und im Unwissen gelassen, die ihm sehr viel bedeuten. Er hat seinen besten Freund verlassen, als ihre Ansichten zu unterschiedlich wurden. Er hat seine Mutter zurückgelassen, ohne eine einzige Silbe des Abschiedes und er hat sich bereitwillig von seiner Familie getrennt, in dem Glauben ein Wunder vollbringen zu können. „Es tut mir schrecklich leid.“ Es ist eine Entschuldigung, die nicht für seine Mutter gilt, sondern auch für alle anderen denen er unbeabsichtigt Schaden zugefügt hat. Seine Leitmotive sind nur nach der allerbesten Absicht gestaltet, doch wenn er im Laufe seines Lebens etwas gelernt hat, dann ist es die Tatsache, dass einige der schlimmsten Dinge nur in bester Absicht passiert sind. Wie ein geprügelter Hund, der noch immer mit dem Knüppel bedroht wird, steht er da und murmelt wiederholt Entschuldigungen in seinen Vollbart. Tsunade betrachtet ihn, seit seiner Ankunft das erste Mal genauer. Sie kennt sein Gesicht nur von Steckbriefen und auch wenn sie zuvor nicht über seinen Sarkasmus lachen konnte, so muss sie ihm nun zustimmen. Die Bilder auf den Fahndungsplakaten sehen ihm kaum ähnlich. Ein kleines, aber stolzes Lächeln umspielt ihre Lippen, wenn sie an den kleinen blonden Satansbraten von früher denkt, der ständig dieses breite Grinsen im Gesicht trug und so viel Lebensfreude versprühte, dass es nahe an der Grenze des Zumutbaren lag. Er ist ein Mann geworden. Reif und verantwortungsbewusst, aber irgendwo auch noch immer derselbe. Er ist sich treu geblieben, zumindest ist das ihr erster Eindruck. Zögernd tritt die alte Dame ihn heran und legt ihrem Sohn eine Hand auf die starke Schulter. Sie spürt, wie sich seine Muskeln für einen kurzen Moment anspannen und er nur langsam zu ihr auf-schaut. Diese blauen Augen. Die markanten blauen Augen. Als sie ihn aus diesem Kellerloch befreit hatte, hat sich dieses Augenpaar sofort in ihr Gedächtnis gebrannt. Unergründlich und eindrucksvoll. Oft kommt das Gefühl auf, sich in diesen Augen verlieren zu können und kein anderes Augenpaar, welches Tsunade in ihrem langen Leben bisher zu Gesicht bekommen hat, kann so klar und deutlich Emotionen zeigen. Es ist beinahe so, als würden sich Narutos Gedanken in ihnen widerspiegeln. Behutsam nimmt sie sein Gesicht in ihre Hände und betrachtet, mit einem Lächeln auf den Lippen, sein Gesicht. Er ist inzwischen einen ganzen Kopf größer sie und auch wenn sie seine Handlungen nicht verstehen kann, so ist sie sehr stolz auf ihn. Sie ist froh und erleichtert darüber, dass es ihm gut geht und dass sie ihm nach siebenundzwanzig Jahren endlich wiedervor sich stehen hat. Mit Freudentränen in den Augen zieht Tsunade ihn zu sich runter und legt die Arme um ihn „Du hast mir so gefehlt.“ Mit einem harten Schlucken umarmt Naruto die Frau, die er Mutter nennt und drückt sie an sich. All die Jahre hat er sich nach ihr gesehnt und je älter er wurde, umso größer wurde diese Sehnsucht. Bis er irgendwann davon ausging, dass sie nicht mehr am leben sein kann. Als Gaara ihm Gegenteiliges mitteilte, wollte er so schnell wie möglich nach New York – am liebsten wäre er sofort aufgebrochen. Er wollte zurück zu seiner Mutter. Zurück zu der Frau, der er sein Leben verdankt, die ihn befreit hat und die ihm wieder das Lachen beigebracht hat. Er wollte zu ihr und sie einfach nur in die Arme nehmen. So wie er es jetzt tut. Diese Wärme, ihr Geruch und ihre Nähe. Es ist wie Balsam für seine Seele. „Du hast mir auch gefehlt, Mama.“ Tsunade löst die Umarmung von ihrem Ziehsohn und tritt ein paar Schritte zurück, wobei sie es sich nicht nehmen lässt noch einmal einen Blick über seine Erscheinung gleiten zu lassen. Die alte Dame hatte kaum noch zu hoffen gewagt, ihn noch einmal sehen zu können und wenn doch, dann nur bei seiner öffentlichen Hinrichtung. Sie hat sich fest vorgenommen ihn in bester Erinnerungen zu behalten und zwar als kleiner Junge mit frechem Grinsen. Ihn nun als erwachsenen Mann vor sich stehen zu haben, ist das schönste Geschenk, welches das Leben ihr machen konnte. Sie kann gar nicht in Worte fassen, welche Gefühle seine Heimkehr in ihr auslöst und dennoch verblasst ihr Lächeln, um jede weiter dahin streichende Sekunde, mehr und mehr. Sie schließt es aus, dass er aus reiner Sehnsucht und Nostalgie heraus nach New York zurückgekommen ist und dass hinter seinem Besuch, sehr viel mehr steckt. Sie kann es in seinen Augen lesen und damit auch gleich den Zwiespalt erkennen, der in seinem Inneren tobt. Er will die Wiedersehensfreude nicht mit irgendeiner Forderung oder Bitte abmildern und hadert daher mit sich. Der blonde Outlaw beginnt etwas unsicher auf seiner Unterlippe herum zu kauen und für einen kaum wahrnehmbaren Moment, richtet er seinen Blick auf den Boden, was ihn wieder äußert schuldig dastehen lässt. Tsunade ist sich nun ganz sicher, dass er tief in seinem Inneren noch immer der kleine, verängstigte Junge ist, der mit einer aufgesetzten Maske durch die Welt läuft und alle um sich herum zu täuschen gelernt hat. Sein wahres Gesicht, seine wahren Gefühle und Gedanken, zeigt er nur einer ausgewählten Hand voll Leute und selbst ihr gegenüber, versucht Naruto oft genug seine mühsam aufgebaute Fassade der lebhaften Frohnatur aufrecht zu erhalten. Es mag seine Richtigkeit haben, dass die wenigsten Menschen sein gesamtes Seelenleben niemals in aller Vollständigkeit verstehen werden, aber sie hat ihn bereits oft genug sein Schicksal verfluchen und sein Leben beweinen sehen. „Also gut, lassen wir die Gefühlsduselei und kommen zum Punkt. Deine Anwesenheit hat doch sicherlich einen Grund.“ Mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck und mit eleganten Bewegungen, geht Tsunade hinter ihrem Schreibtisch zurück, wo sie sich auf dem Stuhl niederlässt und sich mit ineinander verschränkten Fingern zurücklehnt. Naruto grinst frech und legt den Kopf leicht schief. „Glaubst du mir etwa nicht, dass ich nur der alten Zeiten willen zurückgekommen bin?“ „Ha, du Schelm. Jetzt sag schon was du willst. Du vergisst wohl, dass ich in dir lesen kann, wie in einem offenen Buch.“ Naruto seufzt etwas ergeben und verschränkt die Arme vor der Brust, wobei er sich an den Schreibtisch seiner Mutter lehnt und sie somit auf sein breites Kreuz blicken muss. „Ich nehme an, dass es dir nicht reicht, wenn ich sage, dass ich deine Hilfe brauche?“ „Hm, lass mich nachdenken. Du läufst mit einem falschen Namen herum, hast deinen Tod erfolgreich vorgetäuscht und stehst nach fast drei Jahrzehnten wieder hier auf der Matte. Nein. Die Aussage reicht mir nicht.“ Ein kurzes Schmunzeln huscht über Narutos Gesicht, als er diese leicht sarkastischen Worte in seinen Ohren vernimmt, wobei er sich kurz über den Nacken streicht und nach einem passenden Punkt sucht, wo er eine Erklärung ansetzten könnte. Ergeben lässt er den Kopf hängen und schließt für einen Moment die Augen, ehe er sie wieder öffnet und an einen vollkommen bedeutungslosen Punkt im Raum blickt. „Siebenundzwanzig Jahre sind eine lange Zeit und ich bin nicht nur erwachsen geworden, sondern habe eine große Verantwortung übernommen. Verantwortung in vielerlei Hinsicht und durchaus belastend. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder … eigentlich vier.“ Tsunade klappt der Mund überrascht auf, wobei sie mit einer großen Portion an Fassungslosigkeit auf den Rücken ihres Sohnes starrt, während sich in ihrem Kopf ein klares Bild von dem damaligen blonden Satansbraten manifestiert, der mit seinem breiten Grinsen und den stets vorhandenen Flausen im Kopf, keinen sehr zuverlässigen Eindruck gemacht hat. Sie hat ihn immer als einen Herumtreiber gesehen, der heimatlos durch die Lande zieht und diese Vorstellung sah sie auch als bestätigt, als immer mehr Steckbriefe auf seinen Kopf ausgesetzt wurden. Von ihm selbst nun zu hören, dass er ein Familienvater ist, macht die blonde Frau sprachlos. Sie blickt, ihrer Stimme beraubt, auf das breite Kreuz des einstigen Straßenjungen, bis seine geäußerten Worte sie stutzen lassen. „Wie kann man denn eigentlich vier Kinder haben?“ Naruto lässt für einen Moment den Kopf hängen, ehe er sich abstößt und auf einen zweiten Stuhl im Raum zugeht. Dumpf lässt er sich auf dem Möbelstück nieder und stützt seine Unterarme auf seinen Beinen ab. „Ich werde dir alles erzählen.“ *** „Kannst du mir mal sagen, was das soll?!“ Erschrocken zucken die aufmerksamen Zuhörer zusammen und wirbeln regelrecht herum, als eine donnernde Stimme in dieser Hall of Hero widerhallt, die wenig amüsiert klingt, sondern eher einen ziemlichen zornigen Unterton besitzt, der an sich schon selten etwas Gutes bedeutet. Einen ähnli-chen Tonfalls kennt Konohamaru von seinem Vater, wenn dieser hinter irgendwelche Schandtaten seines Sohnes gekommen ist. Neugierig, wer so lautstark die Aufmerksamkeit auf sich zieht und auch weil die Museumsbesucher plötzlich sehr schockiert dreinblicken und ungläubiges Murmeln die Runde macht, stemmt sich Ko-nohamaru in die Höhe und streckt seinen Körper durch, um einen Blick über die Köpfe der versam-melten Menge zu erlangen. Ein Unterfangen, welches ihm schließlich gelingt, doch der Anblick des breitschultrigen Mannes, der in lässiger Kleidung im Eingangsbereich steht, sorgt dafür dass ihm der Mund aufklappt. Unendliche Fassungslosigkeit manifestiert sich in dem rebellischen Burschen, ehe er damit beginnt in einem wiederholten Wechselspiel, zwischen Statue und dem plötzlich aufgetauchten Mann hin und her zu blicken. Der Mann in den Dreißigern stapft mit einer tiefen Zornesfalte auf der Stirn, durch die Menge und direkt auf Bansai zu, der von diesem Auftritt weitaus weniger überrascht erscheint, als die übrigen Anwesenden. Der alte Herr lächelt schon fast erfreut, während Konohamaru und viele andere auch, den Mann mit offenen Mund anstarren. Der Jüngling glaubt, eine Erscheinung vor sich zu haben und zweifelt ernsthaft an der Funktionstüchtigkeit seiner sonst zu zuverlässigen Sinne. Bansai lächelt diesen Kerl mit den kurzen, blonden und wilden Haaren nur an, während dieser sich vor dem alten Greis aufbaut und die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt. Als gäbe es keinerlei Grund zur Sorge, obwohl der Gemütsumstand des Neuankömmlings durchaus eine beunruhigende Ernsthaftigkeit ausstrahlt, blickt Bansai zu dem Halbstarken und deutet mit einer höflichen Geste auf diesen Mann, den Konohamaru noch immer für eine Erscheinung hält. „Konohamaru, ich möchte dir meinen Enkelsohn vorstellen. Naruto Charles Uzumaki.“ Ein Raunen geht durch die Runde und während der nun als Naruto vorgestellte Mann einen kurzen Seitenblick auf Konohamaru richtet, ist dieser unfähig irgendetwas zu sagen. Diese offenkundige Ähnlichkeit, zu einem Mann der vor hundert Jahren verstorben ist, ist äußert schockierend und zu gewissen Teilen sogar beängstigend. Der Name tut sein Übriges dazu. Auf den ersten Blick lassen sich keinerlei Unterschiede feststellen. Dieselben blauen Augen, dieselben blonden und wilden Haare. Derselbe Körperbau und dieselbe Gesichtsmimik. Konohamaru glaubt wirklich die Reinkarnation des großen Helden ihres Stammes vor sich stehen zu haben und so lässt er seine geweiteten Augen ausgiebig über die gesamte Gestalt wandern, während Bansai und Naruto in einen Dialog eintreten, welchen Konohamaru überhaupt nicht wahrnimmt. Das Cowboy Image sucht der Halbstarke jedoch vergebens, aber in Anbetracht des heutigen Jahr-hunderts ist das wohl zu verzeihen. Dieser Naruto sieht eben nicht aus, wie der erste Naruto, der auf seinem Pferd durch die Prärie geritten ist. Eine etwas ausgewaschene Jeans, leicht abgetragene Sneaker, ein oranges Shirt und darüber ein weißes Hemd, dessen Ärmel locker hochgekrempelt sind, zeugen eindeutig davon, dass dieser Naruto nicht aus der Vergangenheit stammt. Konohamaru kann es dennoch nicht glauben, was er da zu sehen bekommt und blickt erneut vergewissernd zu der Statue und schließlich auch auf ein Foto an der Wand, nur um fassungslos mit dem Kopf zu schütteln. Wie kann das nur möglich sein? Von der Gesamtsituation etwas überfordert wirkend, schaut Konohamaru zurück zu dem diskutie-renden Gespann und vernimmt erst jetzt den Inhalt, der entflammten Debatte zwischen Großvater und Enkelsohn. „Das Krankenhaus hat mich angerufen, weil du einfach abgehauen bist. Ich musste eine Sitzung deswegen verschieben lassen. Die Krankenschwester war völlig hysterisch. Du kannst doch nicht einfach verschwinden!“ „Gestern hat sie auch nichts bemerkt und wenn ich was gesagt hätte, dann hätten die mich doch aufgehalten.“ „Zurecht! Du bist krank und nicht umsonst in stationärer Behandlung!“ „Wenn ich schon sterben muss, dann will ich meine letzten Tage noch genießen und so gestalten, wie ich das möchte und nicht gefesselt an ein Krankenbett, vollgestopft mit Schmerzmitteln.“ Seufzend und um Fassung bemüht, massiert sich Naruto den Nasenrücken, wobei er die Augen schließt und etwas Unverständliches in seinen drei Tage Bart murmelt. Er scheint leicht verzweifelt zu sein und schüttelt ratlos den Kopf. „Großvater … bitte. Lass mich dich zurückbringen. Ich mache morgen blau und fahre mit dir quer durchs Land, wenn du das willst, aber diese Sitzung heute ist verdammt wichtig und ich bin schon längst zu spät dafür, also bitte, bitte komm mit mir mit.“ Etwas unschlüssig blickt der alte Herr zu Konohamaru, der noch immer in einem fassungslosen Mimikspiel versunken ist und diesen Blick eher halbherzig erwidert. „Na gut, dann bring ich eben zurück in dieses sterile Gefängnis, mit dem unappetitlichen Essen.“ Bansai zuckt ergeben mit den Schultern, während die seines Enkels erleichtert nach unten sacken, ehe dieser seinem Großvater dabei hilft auf die Beine zu kommen. Die völlig verblüfften Museumsbesucher stehen an Ort und Stelle, wie Schaufensterpuppen und können noch gar nicht richtig begreifen, was sich da gerade vor ihnen abgespielt hat. Abgesehen davon, dass dieser Naruto dem anderen Naruto, wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelt, bleibt trotzdem noch die Frage, wer das war. Klar ist nur in welcher Beziehung er zu Bansai steht und diese Erkenntnis jagt einen heftigen Ruck durch den Körper des Halbstarken. Naruto Charles Uzumaki. Bansai Uzumaki. Die beiden sind direkte Nachkömmlinge des ersten Naruto. Sie entstammen seiner Blutlinie. Sie sind die Nachkommen dieses Helden. Am nächsten Tag Naruto Charles Uzumaki wurde am 10. Oktober 1980 in Kansas City, als einziges Kind von Minato und Kushina Uzumaki geboren. Die Familie ist Mitglied des Navajo Stammes. Bereits in seinen ersten Lebensjahren zeigte Naruto eine außergewöhnlich hohe Intelligenz. So konnte er bereits mit drei Jahren flüssig lesen. In den Bereichen Mathematik und Naturkunde zeigte er unglaubliches Potenzial und war gleichaltrigen weit voraus. Schnell stellte sich heraus, dass er bereits mit zehn Jahren einen IQ von 120 besaß und seinen Klassenkameraden in vielen Bereichen überlegen war. Im Laufe seiner Schuljahre ermöglichten ihm seine Eltern eine umfangreiche Bildung mit verschiedenen Förderprogrammen, wodurch es ihm schließlich möglich war, bereits mit 15 Jahren ein Studium an der University of Arizona zu beginnen. In den Fächern Philosophie, Pharmazie und Analytische Chemie, legte er bis zum heutigen Tag eine bisher nicht mehr erreichte Leistung hin und erlangte sein Diplom mit 17 Jahren. Nach seinem erfolgreichen Abschluss an der Universität, brachte er sich mit Leidenschaft in der Politik ein und unterstütze verschiedene Hilfsprojekte, wie die medizinische Versorgung von Obdachlosen oder die Betreuung von Missbrauchsopfern. Im Alter von 25 Jahren wurde er von den Abgeordneten des Navajo Stammes zum Chairman ernannt und widmet sich seitdem dem politischen und wirtschaftlichem Wohlergehen seines Volkes. Naruto ist seit dem 15. August 1999 verheiratet. Das Ehepaar lebt im Navajoland und hat zusammen einen Sohn (September 1998) und eine Tochter (März 2002). Der Halbstarke hat diese wenigen Zeilen am vergangenen Abend mehrfach gelesen und war über seine Unwissenheit regelrecht schockiert. Er, der im Laufe seines noch jungen Lebens, ganze Bücherregale verschlungen hat und sich als äußert belesen bezeichnen würde, hatte keine Ahnung um welche Person es sich bei dem Chairman handelte. Als er seine Familie beim gemeinsamen Abendessen nach der Identität des Chairman fragte und jeder einzelne von ihnen, eher verwundert darüber zu sein schien, dass ihr sonst so patriotischer Zeitgenosse augenscheinlich keine Ahnung von ihrem Oberhaupt hat, war er dermaßen peinlich berührt, dass er am liebsten unter den Tisch gekrochen wäre. Es ist ihm auch immer noch ein Rätsel, wie er das nicht wissen konnte, denn immerhin ist dieser Naruto nicht erst seit gestern der Chairman. Entschlossen diese beschämende Wissenslücke endgültig zu schließen und in Anbetracht der noch immer ausstehenden Hausarbeit, deren Abgabetermin unaufhaltsam näher rückt, hat sich Konoha-maru nach dem Frühstück zur Adresse des Volksoberhauptes aufgemacht und druckst nun seit einer guten dreiviertel Stunde vor dessen Grundstück herum. Einige dutzend Male ist er bereits die Straße auf und abmarschiert und hat den Unbeteiligten gespielt. Er ist sich sicher, dass er als Geheimagent oder verdeckter Ermittler schon längst enttarnt worden wäre, doch inzwischen hat er den Eindruck gewonnen, dass niemand zuhause ist. Hinter den Fenstern kann er die ganze Zeit über keinerlei Bewegung ausmachen. Es gibt kein geparktes Auto in der breiten Einfahrt und Geräusche kann er auch nicht vernehmen. Die Familie ist offensichtlich ausgeflogen. Unsicher wagt der wissbegierige Halbstarke sich doch schließlich vor und betritt mit einem tiefen Luftholen den mit Kies bestreuten Weg, der in einer leichten Biegung zur Veranda des Hauses ver-läuft. Dieses Haus hat nicht mehr viel mit den einstigen Traditionen der Diné zu tun und ähnelt einem Hogan daher so viel, wie ein Goldfisch einem Elefanten, aber es sind auch eher die schlecht verdienen Menschen seines Volkes, dich noch in traditionsgemäßen Behausungen leben und abgesehen davon, ist dieses Haus äußert eindrucksvoll. Eine kleine Villa, mit gepflegter, weinroter Fassade und grau schimmernder Bedachung. Fensterrahmen, Dachsims, als auch das Geländer der Veranda, sind in einem reinen Weiß gehalten und setzen damit geschickt einen visuellen Reiz. Die U-förmige Veranda ist ein Blickfang und sucht seinesgleichen. Sie dient zum einen als überdachter Eingang, zum anderen als schattiges Plätzchen im Sommer. Rundherum um das Geländer befinden sich liebevoll gestaltete Blumenkästen, die mit ihrer bunten Blumenpracht äußert einladend erscheinen und die Veranda selbst, umrahmt ein nach vorne herausragendes Zimmer. Es wirkt alles so freundlich und warm, dass es schon beinahe wieder unheimlich erscheint. Nervös verharrt Konohamaru vor den zwei Stufen der hölzernen Veranda und lässt einen überprü-fenden Blick über die Fassade des Gebäudes gleiten, ehe er eines der Fenster des Raumes fixiert, welches von der Veranda beinahe demonstrierend umschlossen wird. Er fühlt sich fast wie ein Ein-brecher, der unmittelbar vor seinem großen Coup steht und nun doch mit der moralischen Richtig-keit seines Handelns kämpft. Konohamaru hat jedoch keine kriminellen Gedanken, aber in Anbe-tracht der Position des Chairman hat er regelrechtes Herzrasen und fühlt sich, als hätte er um eine Audienz bei der Queen gebeten. Mit schwitzigen Händen erklimmt der Halbstarke die zwei Stufen und schleicht förmlich zu dem anvisierten Fenster, wo er schließlich einen Blick hindurch riskiert. In diesem Raum befindet sich ein großer Konzertflügel unmittelbar neben dem Fenster, zahlreiche Bilder hängen an den Wänden und ein gigantisches Bücherregal beinhaltet neben Büchern augenscheinlich auch Fotoalben und anderweitige Sammlungen, die schlagartig seine Neugier wecken. In der stillen Hoffnung noch mehr zu erkennen, beugt er sich näher an das Fenster und legt die Hände rechts und links von seinem Gesicht an. Ob Naruto hier wohl alle familiären Dinge aufbewahrt? Historische Fotos, die ihren Weg nicht in das Museum gefunden haben oder handschriftliche Dokumente von dem ersten Naruto persönlich? Konohamaru spürt dieses Beben in seinem Körper und würde sich am liebsten Zutritt zu dem Haus verschaffen, doch dank guter Erziehung belässt er es bei einem Seufzen und tritt schließlich von dem Fenster zurück. Im ersten Moment hegt der rebellische Teenager tatsächlich die Hoffnung, sich die weitere Person neben seinem eigenen Spiegelbild im Fenster, nur einzubilden. Ein Produkt seines ohnehin ange-spannten Gemütszustandes, welches sein Gehirn fabriziert hat, bis er sich schließlich absolut sicher ist, nicht mehr alleine auf der Veranda zu sein. Schräg hinter ihm lehnt Naruto an dem Geländer seiner Veranda, die Arme locker vor der Brust verschränkt und vielsagend eine Augenbraue in die Höhe ziehend, als der Halbstarke ihn erblickt und schließlich entsetzt keuchend, einen kräftigen Sprung zur Seite tätigt, als wenn er von irgendetwas gebissen worden wäre. Sein Herz poltert heftig gegen seinen Brustkorb, während ihm der kalte Schweiß auf die Stirn tritt. Konohamaru weicht sogar dem überprüfenden Blick des Chairman aus, der ihn offensichtlich gleich erkennt und mit einem Räuspern die Aufmerksamkeit des Jungen einfordert. Mit dem beklemmenden Gefühl, bei irgendeiner unschönen Tat erwischt worden zu sein, steht er da wie ein Angeklagter vor dem Richter und macht den Eindruck eines geprügelten Hundes. Unfähig den Blick anzuheben, starrt der Halbstarke auf seine Füße und kann das amüsierte Schmunzeln auf dem Gesicht des Chairman gar nicht sehen. Naruto betrachtet die etwas hager wirkende Gestalt, ehe er die Hände locker in den Taschen seiner Jeans verstaut und ein nicht mehr ganz so bedrohliches Gesicht zieht, wie es sein Spiegelbild wohl vorher vermittelt hat. „Konohamaru war dein Name, richtig? Ich erinnere mich. Verrätst du mir, warum du um mein Haus herumschleichst, wie ein Dieb.“ „I-ich war neugierig.“ Verlegen scharrt Konohamaru mit einem Fuß auf dem Boden herum und traut sich noch immer nicht dem Familienvater in die Augen zu sehen, obwohl er in seiner Stimme keinen verärgerten oder anderweitig alarmierenden Unterton feststellen kann. In der Museumshalle klang er weitaus bedrohlicher. Diese Erklärung sorgt jedoch dafür, dass Naruto verwirrt das Gesicht verzieht. „Neugierig worauf?“ „Ich wollte wissen, wer du bist.“ Es ist ein zusätzliches Schulterzucken, was nahezu unbewusst er-folgt, was er zusätzlich zu seinen Worten tätigt. Es vergehen ein paar Augenblicke, in dem ein ratlo-ses Schweigen die Umgebung dominiert, ehe Konohamaru verwirrt aufblickt, als er das Lachen in seinen Ohren vernimmt, welches eindeutig von dem Volksoberhaupt herrührt. Den Auslöser dafür, kann sich der Junge aber nicht erklären. Ist seine Erklärung so amüsant, dass andere in schallendes Gelächter ausbrechen? Es mag sich etwas dumpf und hilflos anhören, aber zum Lachen ist es deswegen noch lange nicht. „Mein Großvater hat mir gestern noch alles erzählt. Er hat auch die Vermutung aufgestellt, dass du zeitnahe zu mir kommen würdest. Auf seine Menschenkenntnis war immer schon verlass.“ Entspannt stößt sich der Familienvater von dem Geländer ab und deutet Konohamaru mit einer laschen Geste schließlich an, ihm folgen zu können. Die beeindruckende Bauweise des Hauses setzt sich im Inneren nahtlos fort. Nur wenige Schritte, rechts gelegen von der Haustür, befinden sich zwei Räume und durch eine offenstehende Tür kann Konohamaru einen kurzen Blick in ein Büro erhaschen. Massiver Eckschreibtisch, großer Lederstuhl und ein Regal, vollgestopft mit Aktenordnern. Links von der Haustür befindet sich die Tür zu dem Zimmer, in welches der Halbstarke von draußen so verstohlen hereingeschaut hat. Für ihn ist der verschlossene Raum die Glory Hole in diesem Haus und er würde zu gerne einen Blick riskieren. Keinen Schritt weiter erblickt der Bursche die Treppe zum Obergeschoss. Daneben gelegen befindet sich ein offensichtliches Gästebadezimmer, was das kleine Messingschild an der Tür aussagekräftig verrät, denn Gäste-WC ist nur schwer missverständlich zu deuten. Konohamaru folgt dem Chairman durch den Flur in die offene Küche, dessen Blickfang nicht die moderne Küchenzeile darstellt, sondern ein runder Tisch mit sechs Stühlen drum herum. Es ist das erste Objekt, welches sich schon von der Haustür aus sehen lässt. Hinter jenem Küchentisch befindet sich eine gläserne Schiebetür, durch welche die Veranda betreten werden kann, die von zwei Seiten windgeschützt ist. Links neben der Schiebetür beginnt die Küchenzeile und ebenfalls linksseitig gelegen von eben dieser, befindet sich ein großer Hauswirtschaftsraum, in dem sich ein Regal mit Konserven und anderen Lebensmitteln befindet, neben der Waschmaschine und dem Trockner. Die von einem Türstopper aufgehaltene Tür, macht einen solch freien Blick möglich und offensichtlich wird die Garage durch die weitere Tür in dem Hauswirtschaftsraum erreicht. Das Wohnzimmer liegt rechts, oberhalb der Küche und dürfte wohl den Mittelpunkt im ganzen Haus darstellen, denn die Decke öffnet sich bis in den First in fünf Metern Höhe. Ein prachtvoller Kamin lädt zu gemütlichen Abenden, in der ebenfalls vorhandenen Sitzecke ein. Die gesamte Einrichtung und die Gestaltung der Räume, alles wirkt wie füreinander geschaffen und so perfekt aufeinander abgestimmt, dass Konohamaru bei diesem Anblick nur staunend auf der Schwelle zwischen Küche und Wohnbereich verharrt und mit offenem Mund die geöffnete Zimmerdecke anstarrt. Dieses Wohnsituation ist mit der seiner Familie gar nicht vergleichbar, obwohl sie keinesfalls ärmlich leben und doch kommt es ihm nun so vor, als würden sie im Sperrmüll hausen. Vielleicht sollte er irgendwann mal in die Politik gehen. Offensichtlich lässt sich dort gutes Geld verdienen. „Mein Großvater hat mir von deiner Hausarbeit erzählt. Wie kommt es, dass ein Junge in deinem Alter lieber ein Museum besucht, als im Internet auf die Suche zu gehen?“ Erschrocken zuckt Kono-hamaru zusammen, als Narutos Stimme ertönt und er von diesem eine Dose Eistee angeboten bekommt. „Das war nicht meine Idee. Meine Mutter hat damit gedroht, meinen Computer aus dem Fenster zu werfen, wenn ich nicht endlich mal aktiv werde und mich für die Schule mehr auf den Arsch setze.“ Der Halbstarke verdreht genervt die Augen und nimmt das angebotene Getränk mit einem dankenden Nicken schließlich entgegen, während Naruto bei dieser Erläuterung amüsiert auflacht und in Richtung Trassentür geht. Konohamaru folgt ihm unaufgefordert. „Das erinnert mich an meine Mutter. Es hat sie immer zur Weißglut getrieben, dass ich so viel Zeit vor dem Pc verbrachte und in ihren Augen nicht Sinnvolles daran tat.“ „Ich habe aber gelesen, dass du mehrere Klassen überspringen konntest und mit fünfzehn bereits zur Uni gegangen bist.“ Seufzend lässt sich Naruto auf einem der Verandastühle nieder und fragt sich insgeheim, welcher Teil seines Privatlebens auch wirklich noch privat ist. Er hat sich daran gewöhnt, dass sich heutzutage wirklich alles im World Wide Web finden lässt und Angaben zu seiner eigenen Person bilden da keine Ausnahme. Es ist jedoch fatal, Aussagen aus dieser Quelle von vornherein als glaubhaft anzusehen, denn auch wenn er überdurchschnittlich intelligent ist, so hat er den Schulunterricht immer als reinen Zwang angesehen und wenig Sympathien dafür übriggehabt. Mit einem kurzen Handgriff öffnet Naruto seine eigene Eisteedose, während Konohamaru sich auf dem zweiten Stuhl niederlässt und einen kurzen Blick über die gepflegten, aber recht klein wirkenden Garten gleiten lässt. Eine blühende Wiese und Blumenpracht, gehört in Arizona zu den Dingen, die nicht zum alltäglichen Bild gehören, doch die Familie Uzumaki hat, trotz des Wüstenklimas, einen eindrucksvollen Garten, mit heimischen Pflanzen und Grünfläche, wie sie für Arizona typisch ist: Staubig, sandig und trocken. Diese Familie versteht ganz offensichtlich etwas davon, sich ein gemütliches und einladendes zuhause zu schaffen. Der Familienvater nimmt einen tiefen Schluck aus der Dose, ehe er das Gesprächsthema wieder aufgreift. „Intelligenz und Leidenschaft sind zwei unterschiedliche Dinge. Ich konnte der Schule nie viel abgewinnen und habe es mir eher zum Hobby gemacht, die Lehrer zu ärgern.“ „Das kann ich mir nicht leisten. Meine Versetzung ist ohnehin schon gefährdet und deswegen muss ich mit der Hausarbeit ganz dringend punkten.“ „Na ja, ich will ehrlich sein. Dass der Zustand meines Großvaters ist alles andere als lebensbejahend ist und da er seit seinem gestrigen Ausflug einen Schrank von Mann vor seinem Zimmer stehen hat, stehen die Chancen schlecht, dass er dir die Geschichte zu Ende erzählen kann.“ Mit einem Schlag entmutigt lässt Konohamaru den Kopf hängen und sieht sich bereits in der Bibliothek, über dutzen-den von Büchern hocken, wo jedes einzelne nur die gleiche Geschichte erzählt. Er hat gehofft mit solch einer Erzählung, wie Bansai sie parat hat, ganz groß punkten zu können. Eine Darstellung von historischen Ereignissen in einem gänzlichen anderem Licht und das faktisch aus erster Hand. Detailliert erzählt von einem Mann, der aus der Blutlinie stammt. Er hätte richtig Eindruck bei seiner biestigen Lehrerin machen können und jetzt bekommt er gesagt, dass er das alles vergessen kann und den komplett veralteten Weg der Nachforschung betreiben kann. „Was hat Bansai? Er sah ziemlich krank aus.“ Noch immer lässt der Halbstarke den Kopf hängen und betrachtet gedankenverlorenen die Dose in seinen Händen, während Naruto auf diese Frage den Kopf in den Nacken legt und in den wolkenlosen Himmeln blickt. „Lungenkrebs. Die Diagnose erhielt er vor sechs Jahren und da gab man ihm höchstens noch ein Jahr. Tja, er lebt immer noch. Er ist ein zäher Hund, aber jetzt sind seine Kraftreserven aufgebraucht.“ Verwundert schaut der Halbstarke zu dem Chairman. „Bist du gar nicht traurig darüber?“ „Du missverstehst das. Sicher macht es mich traurig, dass seine Zeit bald abgelaufen ist und es wäre mir sogar lieber, er würde mich überleben, aber er sagt, dass es nichts zu betrauern gibt. Er sieht sein Leben als erfüllt an und ist mit sich selbst absolut im Reinen. Er bereut nichts und empfängt den Tod. Warum sollte ich ihn betrauern, wenn er doch alles erreicht hat und mit einem Lächeln dem Ende entgegensieht?“ Konohamaru wendet den Blick wieder ab und bleibt Naruto eine Antwort schuldig, obwohl er sich sicher ist, dass er nicht einmal eine erwartet. In dem Burschen steigen Erinnerungen an seinen eigenen Großvater empor, der auch immer mit einem Lächeln auf den Lippen meinte, dass er nichts in seinem Leben bereuen würde. Egal wie sehr Konohamaru den Worten von Naruto zustimmt, es ändert nichts an der Tatsache, dass er seinen Großvater noch immer schmerzlich vermisst, weswegen er nun leicht auf seiner Unterlippe herum kaut und gegen den brennenden Klos in seinem Hals ankämpft. Naruto wird sofort bewusst, dass er einen äußert wunden Punkt getroffen haben muss, als er einen kurzen Seitenblick auf seinem jungen Besucher wirft, dessen Augen einen traurigen Glanz aufweisen, als wäre er kurz davor in Tränen auszubrechen. Schuldbewusst verzieht Naruto das Gesicht, ehe er tief Luft holt und sich in seinem Stuhl durchstreckt. Manchmal ist es eine ratsame Strategie nicht weiter auf einem Thema herum zu reiten, wenn es dem Gesprächspartner sichtbar unangenehm ist. „Du meintest eben, du wolltest wissen, wer ich bin. Warum?“ Konohamaru wischt sich kurz über die Augen und richtet sich wieder ein wenig auf, ehe er lasch mit den Schultern zuckt. „Dein Name hat mich neugierig gemacht, denke ich.“ „Der Name hat nichts zu sagen. Es ist nur ein Name. Ich trage eben zufällig den Namen wie Ahiga.“ „Ach ja und deine Eltern heißen ganz zufällig Minato und Kushina und dass du genauso aussiehst, wie Ahiga ist auch nur Zufall.“ Naruto seufzt ergeben und streicht sich müde wirkend durch sein Gesicht. „Diese ganzen Namen... Naruto, Hanzo, Kushina … sie werden in unserer Familie stets weitergegeben, aber auch außerhalb unseres Bluterbes finden diese Namen eine große Resonanz. Nenne es Schicksal oder was auch immer, jedenfalls heißt meine Frau Hinata.“ Konohamaru weiß gar nicht wieso, aber bei der Äußerung dieses Faktes muss er ein Lachen unterdrücken, was Naruto mit einem leichten Kopfschütteln quittiert, jedoch auch ein Schmunzeln auf den Lippen trägt. „Jetzt sag mir nicht, dass ihr eure Kinder Hanzo und Hoshi genannt habt.“ „Nein, haben wir nicht, aber du kannst dir nicht vorstellen, welch Familienkrise wir damit ausgelöst haben. Meine Mutter ist richtig hysterisch geworden. Sie stand kurz vor einem Nervenzusammen-bruch und mein Vater tat so, als hätte ich den dritten Weltkrieg ausgelöst. Sie haben sich erst wieder beruhigt, nachdem wir ihnen sagten, wie die Zweitnahmen lauten.“ „Wie heißen deine Kinder denn?“ „Boruto Hanzo und Himawari Hoshi.“ Naruto seufzt und nimmt einen weiteren Schluck aus der Dose. „Mein Aussehen, in Kombination mit meinem Namen, ist eigentlich ein Fluch. Die Leute sehen IHN in mir. Sie halten mich für seine Wiedergeburt und erwarten, dass ich unser Volk erneut aus der Not führen kann. Ich bin intelligent, aber deswegen kann ich noch lange keine Wunder vollbringen. Ich bin nicht er. Ich habe keine Erinnerungen an seine damalige Lebenszeit, keine Flashbacks oder das Gefühl ein Déjá-vu zu erleben. Ich bin ein eigenständiger Mensch, mit eigenem Charakter, mit eigenem Wesen und Erinnerungen. Die Leute sehen mich an und schon glauben sie, ich könnte mit einem Fingerzeig alle Probleme aus der Welt schaffen.“ „Na ja. Irgendwie doch auch zu verstehen oder nicht? Immerhin setzt du dich für unsere Interessen ein und verteidigst sie vor der US Regierung. Du tust eben dasselbe, wie er früher, nur in der heuti-gen Zeit.“ „Ich tue diese Dinge, weil ich mein Volk liebe und nicht will, dass die US Regierung uns erneut aus unserer Heimat vertreibt. Nenne mich von mir aus Patriot, aber nur, weil ich so handle, bin ich noch lange nicht wie er und die Zeiten haben sich sowieso geändert. Die US Regierung hat, wie immer, die besseren Mittel.“ „Aber wir sind das bevölkerungsreichste Indianervolk in ganz Amerika. Wir sind fast 300.000 Men-schen.“ „Und was bringt uns das? Sollen wir uns auf die Rücken unserer Pferde schwingen und brüllend in den Kampf reiten? Diese Zeiten sind längst vorbei. Konflikte werden nur noch auf der bürokratischen und diplomatischen Ebene gelöst. Ein Kompromiss nach dem anderen. Versammlungen in den zahlreiche großen Reden geschwungen werden und nur wenige Taten darauf folgen. Das ist die Politik und sie kotzt mich an.“ Mit einem schlagartig verstimmt wirkenden Gemüt, stemmt sich Naruto von einem Stuhl in die Höhe und tätigt einige Schritte auf der Veranda, ehe er stehen bleibt, sich über den Nacken streicht und schließlich die Hände in die Hüften stemmt. Konohamaru sitzt nun verunsichert auf seinem Stuhl und starrt auf den Rücken des Chairman, der mit der politischen Situation äußert unzufrieden scheint. Von dieser Thematik versteht der Jüngling nichts. Die politischen Reden sind ihm stets unverständlich und beinhalten meist nur heiße Luft, aber die Reaktion von Naruto vermittelt ihm sehr deutlich das Gefühl, dass die politische Lage im Navajoland nicht die beste zu sein scheint. Bedrückt blickt der Halbstarke erneut auf den Boden, denn plötzlich manifestiert sich die Angst in ihm, am eigenen Leib eine Zwangsumsiedlung zu erfahren. Er stellt es sich bereits vor, wie es sich anfühlen muss, von Fremden Leuten und nur aufgrund irgendeiner bürokratischen Bestimmung, seiner Heimat verwiesen und an einem vollkommen anderen Ort einfach abgelegt zu werden. Ihn erfasst regelrecht die Angst und ein Zittern durchläuft seinen Körper. Die Gründe für die fortlaufenden Verhandlungen mit der Regierung, sind ihm bekannt und bezeugen ein weiteres Mal die Geldgier der Regierungsmänner und das Desinteresse an den Gefühlen und Empfindungen anderer Menschen. Fakt ist, dass das Navajoland voller unerschlossener Rohstoffe steckt. Erdöl, Erdgas, Kohle, Holz und Uran, die zwar Geld einbringen aber auch Probleme aufwerfen, wie die zunehmende Zerstörung der Umwelt, die Gefährdung der Gesundheit und von der US-Regierung angeordnete Zwangsumsiedlungen. Trotz aller Rohstoffe gibt es viel zu wenig verarbeitende Betriebe und keine eigene Dienstleistungswirtschaft. Die Regierung will diese Rohstoffe, aber die Diné sind nicht bereit eine Ausbeutung der Natur zu zulassen. Ein Kompromiss erscheint da unmöglich. „Es ist mühsam, nervig, anstrengend und manchmal habe ich das Gefühl auf der Stelle zu treten, aber es ist nicht unmöglich. Ich weiß, dass es eine Lösung gibt. Ich muss sie nur finden und ich werden so lange suchen, bis ich sie habe.“ Überrascht schaut Konohamaru zurück zu dem Chairman, der sich längst wieder zu ihm herumge-dreht hat und eine Zuversicht ausstrahlt, welche der Jüngling noch nicht zuvor bei meinem Menschen gesehen hatte. Naruto steht in einer völlig entspannten Körperhaltung vor ihm, die Hände in den Taschen verstaut und mit einem Grinsen auf dem Gesicht, welches die trüben Gedanken und Befürchtungen von Konohamaru sofort verjagt. Der Bursche kann es dem Volksoberhaupt förmlich im Gesicht ablesen, dass er überhaupt nicht an seinen eigenen Worten verzweifelt. Er ist von sich überzeugt und genau diese Überzeugung ist es, die Konohamaru, ohne Zweifel und Zögern, glaubt. Auf einmal kann der Halbstarke verstehen, wieso ihr Volk an den Erfolg von Ahiga uneingeschränkt glaubten und sie ihn haben machen lassen. Wenn Ahiga nur einen Bruchteil von dieser Erscheinung bieten konnte, wie Naruto, dann wäre Konohamaru ihm absolut treu ergeben gewesen und wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt. Mit aufkeimender Begeisterung und stiller Bewunderung, beobachtet Konohamaru den Chairman dabei, wie dieser zurück zu seinem Stuhl geht und sich dumpf zurück auf die Sitzfläche fallen lässt. Gelassen die Eisteedose in seiner Hand hin und her schwenkend, lässt der blonde Familienvater ein paar schweigsame Momente verstreichen, ehe er die Dose auf der Armlehne abstellt und mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck zu seinem jungen Besucher schaut. Dass Konohamaru noch immer mit einem faszinierenden Blick da sitzt, als würde er einen Topf voller Gold dargereicht bekommen, registriert der Junge gar nicht. „Wie lautet eigentlich dein Plan? Eine faszinierende Hausarbeit, über das wahre Leben unseres Helden, wirst du jetzt wohl nicht mehr abgeben können.“ Als würde der rebellische Teenager vor eine unsichtbare Wand laufen, stellt sich ihm die harte Realität, mit seiner gefährdeten Klassenversetzung, in den Weg. Dieses Hindernis ist dermaßen hart und ernüchternd, dass ein niedergeschlagener Laut seine Kehle verlässt und er sich mit einer gewissen Portion an Verzweiflung nach vorne fallen lässt und die Hände in seinen Haaren vergräbt. „Ach scheiße. Ich dachte, ich könnte etwas Einmaliges abliefern und jetzt das. Irgendein 0815 Refe-rat, deren Inhalt doch sowieso nichts neues darstellt. Meine Lehrerin wird vollkommen unberührt bleiben, mir eine schlechte Note reinwürgen und ich darf die Klasse wiederholen.“ „Ich muss schon sagen, du besitzt einen ziemlich ausgeprägten Pessimismus. Bist du nicht auf die Idee gekommen, dass ich die Geschichte dort weiterführen kann, wo ich sie gestern unterbrochen habe?“ Ruckartig schnellt der Halbstarke hoch und blickt erstaunt zu dem Volksoberhaupt, der voll-kommen gelassen in seinem Stuhl sitzt und das emotionale Wechselbad seines jungen Besucher mit schmunzelnder Gesichtsmimik beobachtet. „Du kennst die Geschichte auch?“ „Hast du schon vergessen, wer ich bin und aus welcher Familie ich komme? Ich bin damit aufgewachsen. Ich musste sie mir so oft anhören, dass ich synchron mitsprechen kann.“ Mit einer abfälligen Handbewegung und einem kurzen Augenverdrehen stemmt sich Naruto nun doch wieder in die Höhe und geht zurück ins Haus, gefolgt von seinem jungen Besucher, dessen Augen immer größer werden, als sie sich der Glory Hole nähren und der Familienvater schließlich die Tür dazu öffnet. Vorsichtig, als würde er sich auf ein Minenfeld begeben, auf dem ein falscher Schritt den sofortigen Tod zur Folge hätte, tritt der Halbstarke über die Schwelle zum Zimmer und lässt einen ausgiebigen Blick über die Gegebenheiten wandern. An sich wirkt der Raum relativ unspektakulär. Die Wände sind mit einer hellen, nahezu gräulich wir-kenden Tapete verkleidet, während auf dem Boden ein dunkelroter Teppich verlegt wurde, der schon einen auffälligen Kontrast zu den Wänden darstellt. Unter dem Fenster, durch welches Konohamaru so verstohlen hineingeschaut hat, befindet sich eine gepolsterte Sitzbank, mit vielen auf geschüttelten Kissen, welche farblich perfekt mit der restlichen Einrichtung harmonieren, doch durch den sperrigen Konzertflügel, der direkt am Fenster und damit vor der Sitzbank steht, handelt es sich bei dieser Sitzmöglichkeit wohl mehr um Dekoration als um einen Gebrauchsgegenstand. Als dominierender Blickfang fungiert eine massive, weiße Regalwand, welche eine ganze Zimmer-wand in Beschlag nimmt und von der sich vielleicht so manch einer schlagen fühlen könnte, sobald die Tür auf schwenkt. Der untere Bereich dieses Möbelstückes, fungiert als Schrank dessen acht Türen einzelnen zu verschließen sind und in den Regalen selbst befinden sich zahlreiche Bücher, Mappen und Ordner welche alle ordentlich und akkurat ihren festen Platz zu haben scheinen. Die Wand rechts von der Tür präsentiert zahlreiche eingerahmte Fotos und darunter sind nicht nur aktuelle Familienschnappschüsse, wie sie schnell auf irgendwelchen Ausflügen geschossen werden, sondern auch historische Fotografien, welche sofort die Aufmerksamkeit des Halbstarken auf sich ziehen, nachdem dieser seinen Blick durch die Runde hat gleiten lassen. Konohamaru ignoriert die neumodischen Ablichtungen von Familienfeiern, Grillfesten und Geburtstagsfesten, sondern widmet sich intensiv den Bildern, welche er eher in einem Museum vermuten würde und welche er in dieser Erscheinung auch nur aus irgendwelchen Bildquellen im Internet kennt. Es sind verblichene, aber gut erhaltene schwarz-weiß Fotografien, welche Personen zeigen von denen der Halbstarke überzeugt ist, sie zu kennen. Fasziniert und mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln betrachtet Konohamaru ein Bild auf Augenhöhe, welches ein junges Paar zeigt. Der Mann sitzt auf einem Viehweidezaun in einer leicht gebeugten Haltung und die Hände in seinem Schoß locker ineinander liegend. Er trägt einen Hut und hat seinen Kopf auf die Frau an seiner linken Seite gerichtet, so dass seine Gesichtszüge nicht erkennbar sind. Diese Frau steht neben ihm an dem Zaun, die Arme locker auf der obersten Sprosse lagernd und mit fast einen bewundernden Ausdruck im Blick zu dem Mann aufschauend. Ein Lächeln ziert die vollen Lippen und ihre dunklen Haare scheinen wie Seide über ihre Schultern zu fallen und rahmen ihr Gesicht wie ein Kunstwerk ein. Auch wenn dem Bild die Farbe fehlt, so ist deutlich erkennbar, dass dieses Paar sich in einer sehr feinen Kleidung präsentiert und die junge Frau scheint sogar ein Hochzeitskleid aus der damaligen Zeit zu tragen. Ein Hochzeitsfoto? Interessiert beugt sich der Halbstarke weiter nach vorne, so dass seine Nase nur noch eine Handbreite von dem Foto entfernt ist, während er das Gesicht der Frau betrachtet, deren Züge er klar erkennen kann. Ihre Körperhaltung wirkt nicht unbedingt sehr feminin und ihr Gesicht strahlt neben der Verliebtheit auch eine Stärke aus, die er sich selbst in so manch einer Situation wünschen würde. Sie stellt eine wunderschöne und sehr selbstbewusste Frau dar. Zögernd hebt Konohamaru die Hand und streicht mit seinen Fingerspitzen vorsichtig über das Gesicht der Frau, während sich in seinem Kopf zusehends eine Ahnung manifestiert, um wen es sich bei diesem Paar handelt. Neugierig blickt der Halbstarke zu dem Chairman, welcher vor dem riesigen Bücherregal steht und ganz offensichtlich etwas zu suchen scheint. Er wandert die Reihen mit seinen Augen ab, nimmt hier und da einen Ordner heraus, den er kurz aufschlägt und gleich wieder zurück in die Reihe steckt. „Sind das Hana und Hanzo auf dem Bild hier?“ Der Angesprochene richtet seinen Körper wieder auf, nachdem er sich nach vorne gebeugt hatte, um die unteren Reihen nach seinem Objekt der Begierde abzusuchen. Naruto schaut zu seinem jungen Besucher und wirft einen zusätzlichen Blick auf das entsprechende Bild, ehe er zustimmend nickt und seine Suche schließlich fortsetzt. „Das müsste 1868 entstanden sein, am Tag ihrer Hochzeit. Ich bin ein Urenkel von den Beiden.“ Fassungslos blickt Konohamaru zurück auf das Bild und kann einfach kaum glauben, was sich ihm hier präsentiert und allein die Tatsache, dass der Chairman aus der direkten Blutlinie von Ahiga stammt, lässt ihn einfach nur sprachlos werden. Er kann aber nicht wirklich erklären, warum ihn die Abstammung des Chairman so beeindruckt. Ahiga hatte drei, eigentlich vier Kinder. Es müssten schon schlimme Umstände und Schicksalsschläge erfolgen, damit eine ganze Blutlinie ausstirbt und somit ist es nicht überraschend, dass die Familie Uzumaki weiterhin existent ist. Der Blick des Halbstarken wandert weiter über die historischen Bilder und bleiben an einem weiteren Foto hängen, welches ebenfalls ein Paar abbildet, jedoch zeigt sich der Inhalt dieses Bildes grundlegend anders. Ein breitschultriger Mann, mit erkennbaren dunklem Bartwuchs, der fest im Sattel auf dem Rücken eines Pferdes sitzt und neben ihm am Boden stehend eine schlanke Frau, mit kinnlangen Haaren. Sie hat den Kopf in den Nacken gelegt und lächelt zu dem Mann hinauf, der mit minimal verzogenen Mundwinkeln zu ihr runter schaut und eine Hand auf ihrem Kopf ruhen hat, als würde er sie für irgendetwas loben. Dieses Bild zeigt eine gewisse Distanz zwischen dem Paar, aber zeitgleich auch eine tiefe Zuneigung und eine unbeschreibliche Bindung. Ihre Kleidung sieht sehr nach harter Landarbeit aus. Selbst die gut geformte Gestalt der Frau steckt in langen Hosen und Stiefeln und aufgrund dieser wenigen Feststellungen und den Äußerlichkeiten muss der Jüngling das Volksoberhaupt gar nicht erst fragen, um wen es sich dabei handelt. Auf diesem Foto sind Sasuke und Sakura zu sehen. Schräg über dem identifizierten Farmerpaar befindet sich ein weiteres Bild, das einen einzelnen Mann zeigt, den Konohamaru sich nicht einmal genauer anschauen muss, um in Erfahrungen zu bringen, wie dessen Identität lautet. Der Sheriff von Littlefield, Gaara Sabakuno. Der dunkle Gehrock, die perfekt sitzende Weste, sowie die polierten Stiefel und die Kette der Taschenuhr, sind so verräterisch wie seine selbstsichere Körperhaltung. Der eigentlich recht kleine Mann, lehnt leicht an einer Theke, die Beine übereinander gekreuzt und eine Hand locker in die Taille gestemmt. Wenn der Bursche ehrlich ist, dann muss er gestehen, dass er sich den alten Freund von Ahiga tatsächlich so vorgestellt hat. Konohamaru blickt kurz zur Seite, als Naruto etwas frustriert aufseufzt und sich ratlos am Hinterkopf kratzt. Er findet ganz offensichtlich nicht das, wonach er auf der Suche ist und wandert mit seinen Augen die Reihen erneut ab, was der Bursche als Anlass nimmt, die übrigen Bilder zu betrachten. Erschrocken dreht sich Konohamaru zu dem Chairman um, als dieser einen triumphierenden Laut von sich gibt und aus einem der unteren Schränke einen Ordner hervorzieht, der inzwischen schon ein paar Jahre auf dem Buckel zu haben scheint. Er sieht abgegriffen aus und vor kleinen Beschädi-gungen an den Kanten konnte er auch nicht bewahrt werden. Die oberste Beschichtung ist leicht wellig, was auf einen früheren Feuchtigkeitsschaden hindeutet und der Ordner wirkt etwas staubig, obwohl nicht der kleinste Staubkrümel daran zu finden ist. Naruto blättert einige Seiten um, wobei er auf seinen Besucher zugeht, der sich bereits auf die Zehnspitzen gestellt hat, um einen Blick auf den Inhalt des Ordners werfen zu können. Das dieses Teil voll von unterschiedlichen Dokumenten ist, von Trauscheinen, über Geburtsurkunden bis hin zu handschriftlichen Briefen, kann der Halbstarke natürlich nicht wissen, aber über die dadurch entfachte Neugier des Burschen muss der Chairman etwas schmunzeln und zum sichtlichen Verdruss seines Besuchers schlägt er den Ordner nach einer Weile wieder zu, jedoch belässt er einen Finger zwischen zwei Seiten, um die gefundene Stelle nicht wieder zu verlieren. Er betrachtet den heranwachsenden Mann mit einer fast belehrenden Mimik. „Hast du dich eigentlich gefragt, wie Ahiga es geschafft hat, seiner Familie eine Nachricht zukommen zu lassen, ohne dass alles aufgeflogen ist?“ Diese Frage ist überraschend und Konohamaru muss gestehen, dass er sich darüber keine weiteren Gedanken gemacht hat. Bansai berichtete, dass Iruka eine zusätzliche Meldung gedruckt hatte, die nur die Familie verstehen konnte und damit hat sich der Halbstarke zufriedengegeben. Wie diese Meldung aber ausgesehen haben mag, darüber hat der Bursche nicht spekuliert. Es wird wohl kaum Mir geht es gut. Gruß Naruto gewesen sein. Er verneint diese Frage demnach mit einem schlichten Kopfschütteln, woraufhin Naruto den Ordner wieder öffnet und ihn an seinen Besucher weiterreicht. Behutsam nimmt Konohamaru den dargereichten Ordner entgegen und sofort weiten sich seine Augen überrascht, als er das Dokument erkennt, welcher sorgfältig in einer verschlossenen Hülle aufbewahrt wird. Es ist ein alter Zeitungsausschnitt – von welcher Zeitung ist leider nicht mehr erkennbar, aber dieser gelblich verfärbte Ausschnitt, mit vereinzelten Wasserflecken an den oberen Ecken, zeigt das Hinrichtungsfoto von Ahiga, nach dem sich das Museum vermutlich alle zehn Finger lecken würde. Folglich muss diese Zeitung aus dem Jahr 1866 stammen. Es sieht wirklich sehr authentisch aus und wenn Konohamaru nicht wüsste, dass es gestellt ist, würde er tatsächlich denken das Bild einer Leiche zu betrachten. Wie sich die Familie gefühlt haben muss, als sie dieses Bild zu Gesicht bekommen haben, kann sich der Halbstarke gar nicht vorstellen. Es muss eine äußert vernichtende Wirkung gehabt haben. Sein fixierender Blick wandert das Foto weiter runter, zu einem sich dort befindlichen Gedicht. Die damals angewandte Schriftart der Druckerpressen ist etwas schwer zu lesen, aber das Gedicht lautet: Ein Spielmann und ein Königskind Wenn wir uns wiedersehen, werden die Blumen blühen, in unserm grünen Tal. Dann werden wir es sehen, dass nichts vergehen kann, was einmal kostbar war. Charles Dyami Dieser Fuchs. Ahiga mag in manchen Situationen schwer von Begriff gewesen sein, doch in anderen Gegebenheiten hat er eine deutliche Voraussicht gezeigt und damit eine absolut einmalige Intelli-genz. Nur wer die gemeinsame Geschichte des Indianerpaares kennt, der kann dieses Gedicht auch entschlüsseln und seinen Sinn verstehen. Spielmann und Königskind. Der Outlaw, der Rumtreiber und Tagelöhner ist der mittellose Spielmann, während die schöne Häuptlingstochter das Königskind darstellt. Das Wiedersehen in dem eigens grünen Tal. Damit ist der Ort gemeint, an dem sich die Beiden zum ersten Mal begegnet sind. Das Tal in dem Naruto seine Frau gerettet und dafür angeschossen wurde und die letzten drei Zeilen stehen für die räumliche Trennung, der Beide zu dieser Zeit ausgesetzt waren. Wenn sie sich wiedersehen, dann werden sie einander noch genauso lieben, wie vorher. Zum Schluss bleibt da nur noch der Name des Verfassers und der spricht allein schon für sich. Charles als auch Dyami waren die beiden Namen des ersten weißen Mannes im Indianerdorf der Diné. Der Vater des getöteten Häuptling Hiashi und damit auch der Mann, der zur ersten weißen Rothaut wurde. Mit diesen wenigen Zeilen hat er sich seiner Familie offen zu erkennen gegeben und ihnen damit den zuvor zugefügten Schmerz von Verlust und Schock, welcher zwangsläufig über sie hereingebrochen sein musste, wie eine vernichtende Sintflut, beim Anblick seiner angeblichen Leiche, gleich wieder vertrieben und gegen unendliche Erleichterung ersetzt. Er hat sie einem wahren Wechselbad der Gefühle ausgeliefert. Beeindruckt blickt Konohamaru zu dem Chairman, der nur lächelnd die Arme vor der Brust ver-schränkt und sich schließlich auf der kleinen Sitzbank des Konzertflügels niederlässt. „Heute würde man ihn wohl als Fachidiot betiteln, aber es kam Ahiga nur zu Pass, dass er ein Straßenbengel und Rumtreiber gewesen ist. Er wusste, was er tun muss, um nicht gefunden zu werden. Er wusste, wie man für andere unsichtbar wird.“ Sprachlos, einen solch historischen Schatz in den Händen zu halten, kann er der Verlockung einfach nicht widerstehen, sich auch den Rest des Ordners zu betrachten, doch dazu kommt er nicht. Er schafft es gerade mal die Seite zwischen die Finger zu nehmen, bevor Naruto ihn stoppt und schon fast belustigend dabei aussieht. „Blätter noch nicht um. Du willst eine außergewöhnliche Geschichte haben, die noch niemand kennt. Ich werde dir eine geben und zwar bis ins kleinste Detail. Die Seiten, welche in dem Ordner folgen, liefern dir sehr tiefe Einblicke, aber ich möchte, dass du sie an passender Stelle liest.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)