Outlaw von Pretty_Crazy (... die Macht der Machtlosen (NaruHina)) ================================================================================ Kapitel 3: Bei Nacht und Nebel ------------------------------ "Wird das jetzt eine schwulstige Liebesromanze?“ Mürrisch rutscht Konohamaru in der Bank etwas nach unten, während er sich über die bisher schwache Fortsetzung dieser historischen Erzählung ärgert.   Der Bursche hat da weitaus mehr erwartet und wenn die Geschichte jetzt in eine Richtung abdriften, die hauptsächlich das Liebesleben des Protagonisten beleuchtet, dann wird er auf der Stelle verschwinden. Bansai lächelt nur, wie es nicht anders zu erwarten ist, und schenkt den immer näherkommenden Museumsbesuchern einen kurzen Blick. Einige hören inzwischen offen mit, während andere Interesse an den Exponaten vorspielen.   Der alte Herr schenkt der versammelten Runde ein liebevolles Lächeln, wie ein Großvater der seinen Enkelkindern eine Abenteuergeschichte erzählt, bis er wieder den mahnenden Finger hebt und seine wässrigen Augen zurück auf Konohamaru richtet. „Urteile nicht vorschnell mein Junge. Es ist wichtig zu wissen, woher ein Mann die Kraft und Ausdauer nimmt, um seine Ziele zu verfolgen. Hinata war die Quelle seines Lebens. Sie gab ihm die mentalen Mittel, damit er vorwärtskam. Damit er sein Ziel nicht aus den Augen verlor. Sie war sein Antrieb, bei allem was er tat.“ Der Halbstarke verdreht die Augen und vollzieht mit seinen Händen eine teils abwehrende und eine beschwichtigende Geste. „Okay, okay, aber nur eine Frage. Wie kommt es, dass das Dorf so lange unentdeckt geblieben ist? Es gab immer wieder Überfälle seitens der Weißen und ständig kamen angebliche Vermittler, die mit Ultimaten versuchten uns zu vertreiben. Wie kann es sein, dass dieses eine Dorf so lange Bestand haben konnte, ohne Konflikte?“ „Eine solche Behauptung habe ich nie getätigt. Auch dieses Dorf blieb vor diplomatischen oder gar gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den Weißen nicht verschont. Naruto war jedoch eine große Hilfe. Nicht nur, dass er als Waffenschieber allerlei Schusswaffen in die Finger bekam und die Bewohner damit ausstattet, er lehrte ihnen auch den Umgang und konnte sich dank seines Aussehens unter die Siedler mischen. Auf diese Weise schnappte er ständig irgendwelche brauchbaren Dialoge auf. Sie entwickelten Abwehrmaßnahmen und bauten aus ihrem Dorf nahezu ein Fort.“ „Dann hat er uns doch verarscht. Bei seiner angeblichen Hilfe, nahmen wir die Lebensweise der Weißen an.“ „Oh nein. Mit Nichten. Was die Kampfstrategie anging, war es eine Anpassung an die gegebenen Umstände. Man geht eben nicht mit einem Messer zu einer Schießerei. Unsere Lebensweise blieb stets dieselbe. Darauf legte er großen Wert. Er konnte mit unserer Lebensweise, des gegenseitigen Gebens und Nehmens mit der Natur, weitaus mehr anfangen, als mit der gedankenlosen Folgsamkeit der Siedler.“   Die Indianer praktizieren ihr Dasein im Einklang mit der Natur und die Siedler erhoben den irrtümlichen Anspruch, selbst die größte Schöpfung zu sein und damit das Recht zu besitzen, alle anderen Lebewesen zu unterwerfen. Die Folge waren nicht nur blutige Massaker an amerikanischen Ureinwohnern, sondern auch das völlig sinnlose und ebenso wahllose Ausbeuten der Natur. Trockenlegung von Flüssen oder Seen, zur Errichtung neuer Städte. Das Abholzen ganzer Wälder und das Niedermetzeln von Wildtieren. Die Siedler glaubten, dass alle ihre Taten von Gott so gewollt sind und er ihr Handeln in jeder Hinsicht gutheißt. Das Töten im Namen Gottes. Sie legten ihre Heilige Schrift so aus, wie sie es wollten. Sie passten die weisen Worte der Bibel an jede beliebige Situation an. Die eigentlichen Inhalte, wie Nächstenliebe, Respekt und Hilfsbereitschaft, spielten keine Rolle für die Menschen, die zeitgleich daraus predigten. In einer solch blinden Gesellschaft wird ein Zweifler, wie Naruto es war, keinen Platz gefunden haben. Jemand der Gott in Frage gestellt hat, der stellte sich selbst in Frage. Ein Mensch ohne Glauben, war nicht in sich selbst gefestigt und wurde eher als eine Art Bedrohung für den öffentlichen Frieden angesehen.   Bansai wirft einen kurzen Blick auf seinen jungen Zuhörer und greift seine anfänglichen Worte auf. „Ich möchte dich nicht mit Liebesschwüren langweilen, also komme ich nun zu dem Zeitraum, den du bereits angesprochen hast. Wie du schon sagtest, heirateten die Beiden und bekamen schließlich ein Kind zusammen. Sie wurden jedoch schon im Jahr 1849 zum ersten Mal Eltern.“ Konohamarus Interesse ist wieder geweckt und in Begleitung eines erstaunten Raunens der Museumsbesucher, setzt er sich auf. Es ist deutlich erkennbar, dass der Junge an dieser Aussage Zweifel hat und ein leichtes Kopfschütteln seinerseits bestätigt diese Vermutung. Nirgendwo steht geschrieben, dass ihr erstes Kind zwei Jahre früher zur Welt gekommen ist. Selbst in dieser Hall of Hero ist nirgends ein Beweis dafür zu finden. Es wäre eine Sensation und würde garantiert für Schlagzeilen sorgen, wenn historische Daten überarbeiten werden. Wieder schüttelt Konohamaru den Kopf. „Das kann nicht stimmen. In meinen Büchern steht, dass 1851 der gemeinsame Sohn Hanzo zur Welt kam und nicht '49.“ „Die Daten entsprechen auch der Richtigkeit, Junge. Ich spreche aber auch nicht von Hanzo.“ Wieder ein Raunen in der versammelten Menschentraube. Konohamaru durchforstet verzweifelt sein gesammeltes Wissen, um sich eine Erklärung auf diese Worte zu verschaffen. Er würde sich schon als sehr belesen bezeichnen, was die Historie seines Volkes betrifft, aber egal wie sehr er seine Gedanken auch nach einer entsprechenden Erklärung untersucht, er kann sich nicht an eine Erwähnung erinnern, die auf ein weiteres Kind hindeutet. Keine kurze Anmerkung in einer Fußzeile und nicht einmal eine indirekte Anspielung, hat er je gelesen. Konohamaru weiß nicht, was genau er dazu denken soll. Er ist sich nicht sicher, in wieweit diese Neuigkeit glaubwürdig ist. Ungläubig verzieht der Halbstarke das Gesicht. „Du redest von einem weiteren Kind. Wenn diese Behauptung stimmt, wie kommt es dann, dass über ein viertes Kind nichts zu finden ist? Kein Name und auch kein Geburtsjahr. Es wird nirgendwo erwähnt. In allen Büchern und mir bekannten Quellen, ist immer nur von drei Kindern die Rede. Zwei Söhne und eine Tochter.“ „Das ist richtig. Ich will dir erklären, was passiert ist. Hinata war zu diesem Zeitpunkt mit Hanzo hochschwanger ...“   ***   Mai 1851   Naruto hat sich in den vergangenen Jahren äußerlich verändert. Er ist zu einem Mann herangereift und hat alle kindlich wirkende Erscheinung abgelegt. Ein kräftiger Körperbau und seine, von der Sonne gebräunten Haut verleihen ihm eine respektable Ausstrahlung. Härtere Gesichtszüge und deutlich sichtbarer Bartwuchs verwandeln ihn zu einem Outlaw, wie er in keinem Roman besser beschrieben wird. Er wirkt reif und wenn dieser sanfte Ausdruck in seinen Augen nicht wäre, könnte er schnell als grob eingeschätzt werden. Er sticht in seiner Erscheinung aus der Menge der Indianer deutlich heraus, denn trotz gebräunter Haut sind seine kurzen, blonden Haare schon verräterisch genug. Zwar hat er die Lebensweise der Diné uneingeschränkt angekommen, doch was seine Kleidung angeht, ist er unverkennbar ein Cowboy. Ein Siedler und ein Fremder. Ein Mann, welchen die Indianer verfluchen und töten sollten, sobald dieser ihnen nahe genug käme. Es ist ein Bild, das bei außenstehenden Verwirrungen auslöst, so wie er vollkommen ungehindert durch das Dorf marschiert und von allen als einer der ihren akzeptiert wird. Das dunkle Leinenhemd, dessen Ärmel er immer bis zu den Ellenbogen hochkrempelt, die robuste Baumwollhose, die von einem deutschen Einwanderer für die Goldgräber entwickelt wurde und die typischen Stiefel, wie sie bei den Kuhtreibern Anwendung finden. Der Holster an seiner Taille, mit dem polierten Revolver drin. Der abgegriffene Hut, mit einer Steinadlerfeder am Bund und das rötliche Halstuch, spiegeln ein Cowboyimage wider, der seinen Sold mit Rindertreiben verdient, doch sein Herz ist das eines Diné. Er hat Hinata geehelicht, ohne dafür auf Knien vor Hiashi herum zu rutschen. Der Häuptling war sogar erfreut, als Naruto um die Hand seiner Tochter angehalten hat und hat nicht eine Sekunde gezögert, ebenso wenig wie Hinata selbst.   Nach wochenlanger Abwesenheit und dem damit verbundenen Aufenthalt in Little Water, ist es eine Wohltat für den Outlaw, schon von weitem das Dorf zu erblicken. Die Aussicht auf ein paar erholsame Tage von den Strapazen seiner Reise, köstliches Essen und die liebevolle Atmosphäre seiner Familie, lässt ihn sein Pferd wieder etwas schneller antreiben. Little Water wurde ursprünglich als Wasserstraßen-Lager für teure Waren gegründet, verkam jedoch mit den Jahren zu einem großen Banditenlager. Die Einheimischen nennen es untereinander Death Water. Verwahrlost sind dort nicht nur die Bauten, sondern auch die Menschen. Alles wirkt unfreundlich, farblos und abweisend und ein Aufenthalt dort kann sehr gefährlich sein. Für einen Hüter des Gesetzes ist es ratsamer einen großen Bogen, um dieses Banditendorf zu machen. Andernfalls steckt schnell eine Kugel zwischen den Augen, bevor der erste Schritt über die Stadtgrenze getätigt wurde. Als Krimineller ist die Sicherheit jedoch um ein Vielfaches höher, worauf aber nicht immer Verlass ist. Makaber ist die Tatsache, dass von ansässigen Händlern, es handelt sich dabei eher um Hehler, Rabatte beim Kauf ihrer Waren ausgesprochen werden, wenn dem Kunden ein gewisser Ruf vorauseilt. Je höher das Kopfgeld, desto billiger ist der Einkauf. Naruto ist froh, aus dieser Umgebung wieder raus zu sein und in sein Familienleben zurückzukehren. Dass bei seiner Ankunft gleich schon Ärger auf ihn wartet, schmälert seine Freude über die Heimkehr jedoch, denn unmittelbar nachdem sich Naruto aus dem Sattel hat gleiten lassen, weiß dieser schon, dass ein Problem im Dorf herrscht. Chouza eilt hastig auf ihn zu.   Chouza ist Mitglied des Beraterkreises des Dorfes und damit ein enger Vertrauter von Hiashi. In diesem Ausschuss befinden sich neben Chouza, dem bulligen Haudegen, drei weitere Personen. Sie sind zuständig, wenn es sich um schwerwiegende Entscheidungen, innerhalb der Dorfgemeinschaft handelt. Naruto seufzt kurz genervt, ehe das Stammesmitglied bei ihm stoppt. Er wirkt, äußert aufgeregt und atmet tief durch, ehe er verständliche Sätze bildet. Naruto hat schon eine gewisse Ahnung, worum es sich handelt, weswegen seine gute Laune weiter zu Boden sinkt. Mit einem grummelnden Laut lockert der Outlaw den Sattelgurt und klopft seinem Pferd kurz lobend den Hals, während Chouza nach Luft ringt. „Also gut. Was ist los?“ Mit deutlich genervtem Unterton in der Stimme, löst Naruto die Riemen seiner Gepäckrolle und lässt diese achtlos zu Boden fallen, ehe er sich daran macht den Sattelgurt zu lösen. Chouza beginnt wild zu gestikulieren. „Unterhändler der Regierung sind hier. Zumindest behaupten sie, welche zu sein. Wir verstehen nicht, was sie von uns wollen. Die reden so … wie nennst du das? Geschwollen?“ „Dann schickt sie wieder weg.“ Schwungvoll zieht der Outlaw den Sattel von dem Rücken seines Pferdes, umfasst fest das Horn und legt sich das schwere Objekt lässig über die Schulter, ehe er mit der anderen Hand die am Boden liegende Gepäckrolle aufgreift. Auf diese Worte verdreht Chouza die Augen. „Das haben wir. Die sind wie Unkraut. Die kommen seit Tagen immer zurück.“ Wieder seufzt Naruto, ehe er mit einem energischem Nicken Chouza auffordert, die Zügel von seinem Pferd zu nehmen und mit forschen Schritten zum bescheidenen Zentrum des Dorfes eilt. Ein Großteil der Indianer hat sich dort versammelt und betrachten ein paar Dutzend weiße Männer skeptisch. Beide Seiten lauern auf eine falsche Muskelzuckung. Es grenzt an eine Form der Belagerung.   Naruto schenkt den unerwünschten Besuchern nur einen kurzen, dafür aber  intensiven Blick, der schon ausreicht, um jeden einzelnen von ihnen als Drecksack abzustempeln. Die Arroganz steht den Herren schon fast auf der Stirn geschrieben und ihr Auftreten, ebenso wie ihre abschätzigen Blicke, könnten nicht unerträglicher sein. Diese Männer gehören zu der Sorte Mensch, denen NarutoZwei von den fremden Herrschaften stecken in feinen Anzügen, während der Rest als bezahlte Leibwache zu ihrem Schutz engagiert wurde. Robuste und ungepflegt wirkende Männer, mit verfärbten Zähnen, strengem Körpergeruch und den Rotz ihres Kautabaks auf den Boden spuckend. Sie würden am liebsten um sich schießen, was der Blick und die Körperhaltung auch ohne Worte verrät. Jeder einzelne von ihnen wirkt überrascht, beinahe schockiert, als sich Naruto in den Vordergrund stellt und sich neben Hiashi in die Hocke setzt, nachdem er den Sattel und die Gepäckrolle in den Staub hat fallen lassen. Nur ein verächtliches Schnauben im Vorbeigehen hat Nauto für sie übrig. Er schenkt den Fremden keine Beachtung und unterhält sich mit dem Stammeshäuptling in der unverständlichen Sprache der Diné. Die weißen Männer können nur mutmaßen, was die einzelnen Blicke und Gesten zu bedeuten haben, die sie von ihnen zugeworfen bekommen. „Sino Sila?” Fragend schaut der Outlaw seinen Schwiegervater an, ehe er zurück zu den Unterhändlern blickt und des Häuptlings Antwort lauscht. „Negosyador ng pamahalaan. Nauunawaan ko ang mga ito, ngunit sa pagpili ng mga salita hindi ko masusunod ang mga paliwanag.“ Hiashi zuckt ratlos mit den Schultern, wobei er kurz eine ausladende Geste in die Richtung der verstummten und verwirrten Männer tätigt, die sich darauf selbst anschauen. Naruto erkennt deutlich, wie die Leibwächter ihre Hände in unmittelbarer Nähe ihrer Revolver belassen. Er selbst zieht nur vielsagend die Augenbrauen in die Höhe und schaut erneut zu seinem Schwiegervater. „Isang Tawag?" „Ipagpalagay ko iyan.“ „Tanggihan ba namin?” Auf diese Frage streckt das Dorfoberhaupt den Rücken durch und verschränkt mit grimmiger Entschlossenheit die Arme vor der Brust, ehe er sein Augenpaar auf die weißen Männer richtet und jedem einzelnen einen intensiven Blick schenkt. „Oo, anuman ang nanganganib sa kanila.” Naruto nickt zustimmend, ehe er sich mit einem finsteren Blick in die Richtung der abwartenden Herrschaften wieder in die Höhe wuchtet und die Hände in die Hüften stemmt.   Er wollte nur sein Pferd versorgen und für eine Weile die Zeit mit süßem Nichtstun verbringen. Ein Plan, der sich schlagartig in Rauch aufgelöst hat, weswegen er die Anwesenheit der Gentleman gleich noch viel unfreundlicher findet. Sie haben ihm seine Heimreise versaut und anstatt dass der Outlaw sich entspannt zurücklehnen kann, steht er inmitten dieses Spektakels und spielt den Vermittler und Dolmetscher. Seufzend streicht sich Naruto durch sein Gesicht und tätigt einige Schritte auf die Gruppe zu, so dass die Leibwächter ihre Hände näher an ihre Waffen führen. „Scheinbar gibt es Verständigungsprobleme. Dürfte ich auch den Grund für diesen wiederholten Besuch erfahren?“ Naruto vollzieht eine kurze auffordernde Geste, ehe er die Arme vor der Brust verschränkt und seinen Blick durch Runde gleiten lässt. Sie schauen ihn an, als würden sie an seinem Verstand zweifeln und der Ausdruck von einigen schreit förmlich Verräter. Wie kann er es nur wagen mit Indianern zu paktieren?   Der deutlich ältere der beiden stattlich gekleideten Männer, räuspert sich und zupft sich kurz den langen Ziegenbart zurecht, ehe er vortritt und sich dem kommenden Dialog mutig entgegenstellt. Joseph kann ihm förmlich ansehen, wie er seine bisher angewandte Taktik überdenkt, da er ihm mehr Intelligenz zuschreibt, als den ganzen Diné zusammen. Ein weiterer Beweis für die oberflächliche Sichtweise der Siedler. Eine Rothaut ist grundsätzlich zu dumm, um die Zusammenhänge und Funktion einzelner Abläufe zu verstehen, während ein Weißer es stets mit einem Gelehrten aufnehmen kann und dabei hat Naruto selbst kaum Schulbildung erhalten. Er hat mit seinem Erscheinen, die zuvor so durchdachte Planung der Herren über den Haufen geworfen. Eine Stärke von Naruto ist seine Spontanität. Er improvisiert und handelt der Situation entsprechend.   Der Mann räuspert sich erneut, wobei er in gerader Haltung posiert und provokant eine vergoldete Taschenuhr hervorzieht, auf deren Zifferblatt er die Zeit abliest. Er lässt ein Seufzen erklingen, ehe er seine Sprache wiederzufinden scheint. „Nun, ich versuche bereits seit einer bestimmten Zeitspanne, diese Wilden davon in Kenntnis zu setzen, dass es für die zukünftige Agrarwirtschaft unabdingbar ist, dieses Areal zu quittieren. Die Regierung fordert daher, eine Umsiedlung in ein anderes Gebiet, um eine Ansiedlung von Farmerfamilien zu ermöglichen. Des Weiteren wird verlangt, dass sämtliche Anmaßungen von Eigentum künftig unterlassen werden. Sollte dies nicht erfolgen, werden Verfehlungen konsequent verfolgt. Die Regierung gibt den Indianern bis zum nächsten Sommer Zeit, sich fakultativ am Fort Defiance zu sammeln, um von dort in die neue Heimat gebracht zu werden.“   Naruto ist vielleicht nicht schlau, aber auch nicht dumm. Der Unterricht im Waisenhaus war bescheiden und mehr von Demütigung und körperlichen Züchtigungen geprägt, aber dennoch besitzt er genug Wissen und Verstand, um das Anliegen dieser Leute, trotz hochtrabender Wortwahl, zu begreifen. Schmunzelnd verlagert er sein Gewicht auf ein Bein und obwohl ein leichtes, fast amüsiertes Lächeln auf seinen Lippen liegt, ist sein Blick fest auf den Anzugträger gerichtet, so dass dieser nervös schluckt und dem blauen Augenpaar ausweicht. Naruto späht zu Hiashi, der ahnungslos zu ihm schaut. „Sie wollen das Land für die Siedler haben und uns woanders hinbringen. Außerdem sollen die Überfälle auf die Siedlungen aufhören.“ Empörung macht die Runde und eine entsprechende Unruhe mischt sich unter die Indianer, die stellenweise mit wüsten Beschimpfungen und wütenden Rufen, die weißen Männer unter Druck setzen. Der Kreis der Menschentraube zieht sich enger zusammen und die Cowboys legen äußert nervös ihre Hände auf die Revolver, wobei sie versuchen, mit hektischen Bewegungen, den Überblick zu wahren. Ein Funke würde ausreichen, um die Atmosphäre zu sprengen.   Hiashi traut seinen Ohren kaum und ihm fehlen im ersten Moment die Worte. Natürlich hatte jeder eine Vermutung in diese Richtung gehabt, doch noch nie gab es ein solch direkt formuliertes Ultimatum. Hierbei handelt es sich nicht um ein Gespräch, dass sie auf der Basis eines Handelsgeschäftes führen könnten, sondern um eine Anweisung, wie sich dieses Dorf in Zukunft zu agieren hat. Eine solch dreiste Befehlsaussprache, lässt das Blut des Dorfoberhauptes pulsieren und seine Berater verziehen ihre Gesichter zu wutentbrannten Fratzen. Naruto ist da weitaus weniger geschockt, weil seine Vermutung Bestätigung gefunden hat. Alle Mittelsmänner kommen immer mit einem Ziel, weswegen er selbst es ist, der eine Äußerung dazu tätigt und damit seine aufgebrachten Dorfmitglieder erst einmal zurückpfeift. Beschwichtigend hebt er eine Hand und die empörten Rufe werden leiser, bis sie wieder verstummen. Er ist zwar nicht das Oberhaupt dieses Clans, aber ein Vertrauter und der Schwiegersohn des besagten Mannes. Sie alle respektieren und achten ihn. Er besitzt ein hohes Ansehen in ihren Reihen. Er spricht nicht nur für sich allein, sondern für jeden einzelnen Menschen in diesem Dorf. „Ihr stellt Anspruch an Ländereien, die nicht euch gehören und deswegen sollte klar sein, dass wir nicht gehen werden. Wir waren zuerst hier und fügen niemandem Schaden zu, weswegen ich auch gleich auf die angesprochenen Überfälle komme. Dieser Clan hat damit NICHTS zu tun. Niemand hier hat Interesse daran, noch mehr Unfrieden zwischen unseren Kulturen zu stiften. Wir meiden die Siedlungen und leben unser eigenes Leben und wenn ihr auf den Konflikt zwischen Manuelito und Major Brooks hinauswollt, wir sind darin nicht involviert.“   Durch den Bau des Fort Defiance, mitten im Herz des Navajolands, sehen sich die Indianer seit einiger Zeit damit konfrontiert, dass sie das kostbarere Weideland mit den Soldaten teilen müssen. Der stolze Häuptling Manuelito hat sich darüber bereits bei dem Major beschwert. Eine Einigung gab es nicht und Brooks besteht weiterhin auf die Weidelandnutzung. Ein weiterer Konflikt zwischen Indianern und Siedlern.   Der Mittelsmann schnappt bei diesen Worten entsetzt nach Luft, wobei seine Begleiter schockiert die Augen aufreißen. Sie dürften sich diese Unterredung einfacher vorgestellt haben. Mit einem empört klingenden Laut startet der Ziegenbart einen erneuten Vermittlungsversuch, den Naruto im Keim erstickt. „Diese Überfälle-“ „Werden von den Apachen und kleinen Gruppen von Diné aus anderen Clan-Familien begangenen, jedoch von niemandem aus diesem Dorf. Außerdem macht ihr doch nichts anderes, wenn ihr mordend und plündernd über die Dörfer herfallt. Wenn Indianer das machen, ist es barbarisch, wenn die US-Armee das praktiziert ist legal und legitim.“ Naruto zuckt demonstrativ mit den Schultern, während die Gentleman leicht von ihrem Glauben abfallen und auf diese offene Provokation reagieren möchten, es sich, in Anbetracht ihrer deutlich unterlegenen Anzahl an kampffähigen Männern, anders überlegen.   Naruto ist sich bewusst, dass er mit diesem Vergleich, der ja der Wahrheit entspricht, einen direkten Angriff auf die Würde und Ehre des gesamten weißen Volkes gestartet hat. Bedauern tut er dies nicht, auch wenn er sich damit direkt an die Front dieses irrwitzigen Rassenkrieges katapultiert hat. Der einzige Unterschied, der zwischen den Siedlern und den Indianerstämmen herrscht, ist die Kultur. Die eine Sitte wäre bereit, in einem friedlichen Miteinander zu leben, aber die andere versucht mit allen Mitteln eine Assimilation der fremdartigen Lebensweise zu erzwingen. Intoleranz und Oberflächlichkeit. Etwas Anderes herrscht nicht bei den Siedlern. Egoismus und Hochmut. Eine niedrige Moralvorstellung, in der immer nur das eigene Wohl im Vordergrund steht.   Naruto  beobachtet genau, wie der Gentleman seine Weste zu Recht zieht und den Stehkragen seines Hemdes richtet. „Denkt besser über das Angebot nach. Es wäre für alle am besten. Ich habe jedoch noch eine Frage, bevor wir gehen: Wie fühlt es sich an, sein eigenes Volk zu verraten?“ Es ist schon lachhaft, wie dieser Mensch versucht, mit gespielter Enttäuschung ein Umdenken bei Naruto zu bewirken. Dieser lächelt nur in sich hinein und legt den Kopf etwas schief, während die Aufmerksamkeit sich uneingeschränkt erneut auf ihn richtet. Viele der Dorfbewohner lächeln wissend und finden diese gestellte Frage äußerst amüsant. Es wird eine Antwort folgen, welche den Herren garantiert nicht gefallen wird. Loyalität gegenüber der eigenen Rasse und Kultur. Eine Bindung, mir der jeder angeblich geboren wird und die zu wahren und zu ehren ist. Ein Mensch ehrt und schützt jedoch nur das, was ihm wichtig ist und diese Männer, ebenso wie die US-Regierung, würde Naruto nicht einmal als Kofferträger engagieren. Der dilettantische Versuch, ein schlechtes Gewissen in ihm hervorzurufen, ist schon nahe an der Grenze zur Erbärmlichkeit. Abgesehen davon hat er spätestens mit elf Jahren seinem Heimatland den Rücken gekehrt. Er ist ein gesuchter Verbrecher, der von der Gesellschaft als unerwünscht betrachtet wird. Noch immer mit diesem Lächeln auf den Lippen schüttelt Naruto fast mitleidig den Kopf. „Netter Versuch, aber ich kann niemanden verraten, mit dem ich nie paktiert habe. Nur weil wir die gleiche Hautfarbe haben, muss ich deswegen nicht loyal sein.“ „Das ist ein großer Fehler. Von allen Lebewesen wird nur der weiße Mann frei geboren und es ist unsere Last und Aufgabe, uns um die anderen Wesen der Schöpfung zu kümmern!“ Noch nie in seinem Leben hat Naruto so viel Müll in einem einzigen Satz, aus einem einzigen Mund gehört. Ihm wird beim Zuhören schon beinahe schlecht und das süffisante Lächeln verschwindet aus seinem Gesicht. Es breitet sich stattdessen das brodelnde Verlangen in ihm aus, diesem Mann auf der Stelle niederzuschlagen. „Soll ich mir jetzt Bibelverse anhören?“ „Wenn dies deinen Verstand wiederherstellt.“ Mit einem etwas aggressiv klingenden Laut und einem Lächeln, welches intensiv darauf hindeutet, dass er seine Fassung wahren will, schaut Naruto zur Seite, ehe er sich in Bewegung setzt und auf den Schlipsträger zugeht. Jeder spürt, wie die Luft zu knistern beginnt und dass Naruto eine Ausstrahlung annimmt, bei der es keiner wagen würde ihn aufzuhalten. Der Outlaw bleibt eine halbe Armlänge von dem Ziegenbart entfernt wieder stehen und wirkt so bedrohlich, dass die Leibwache einige Schritte auf ihn zu tätigen, ihr Unterfangen aber beenden, als die Indianer es ihnen gleichtun. Sie schützen ihn und werden eingreifen wenn nötig.   Naruto lässt seinen Blick über den ordentlich gekleideten Körper seines gegenüber gleiten. Von den polierten Stadtschuhen, die für solche Gefilde absolut ungeeignet sind, über den teuren Anzug, bis hin zu diesem lächerlichen Melonenhut, der auf dem runden Kopf bloß zu liegen scheint. Im Allgemeinen bietet dieser Mann eher ein amüsantes Erscheinungsbild. Der wohlgenährte Bauch, über dem sich die Knöpfe seiner Weste spannen. Die verhältnismäßig große und schiefe Nase, kombiniert mit den kleinen, runden Augen, verleihen ihm mehr die Erscheinung einer Schießbudenfigur und trotzdem weicht der bedeutend kleinere Mann nicht vor ihm zurück. Er hält ihm stand, was an sich schon eine gewisse Achtung verdient. Anerkennung ist jedoch etwas, was dieser Herr vergebens bei dem Outlaw suchen würde. Naruto kratzt sich kurz am Hals und lacht leise in sich hinein, ehe er sich dem Ziegenbart widmet. „Ich kenne auch ein Zitat aus der Bibel: Du sollst nicht töten!“ Kaum hat er diesen Satz beendet, verpasst er dem Regierungsbeauftragten einen kraftvollen Schlag in sein rundes Gesicht, welcher ihn stolpernd zu Boden befördert und den Melonenhut niedersegeln lässt.   Dieser Schlag kam so unvermittelt, dass es Naruto möglich ist, direkt im Anschluss seine Waffe zu ziehen, bevor es einer der Cowboys tut. Sie stoppen sofort ihren Rettungsversuch und reißen ihre Hände ergeben in die Höhe, als Naruto jeden einzelnen einmal mit seiner Waffe anvisiert. Er ist mit Sicherheit nicht der schnellste Revolverheld, doch war er bisher immer besser als andere. Die ebenfalls aufgescheuchten Dorfbewohner hält er mit einer schlichten Handbewegung seiner freien Hand zurück, während er die Besucher mit festem Blick fixiert. Der Schlag war so kraftvoll, dass er ein schmerzhaftes Ziehen und Pochen in den Fingern spürt und trotzdem empfindet er eine gewisse Befriedigung in seiner Brust. Abfällig schaut er zu dem am Boden liegenden Mann hinab, der sich keuchend das Gesicht hält. Narutos donnernde Stimme veranlasst ihn dazu, in Sicherheit zu kriechen. „Diese verdammte Scheinheiligkeit und eure offen praktizierte Doppelmoral, kotzt mich an! Ihr sprecht nur dann von christlichen Werten, wenn es sich um Weiße handelt. Sobald die Hautfarbe eine andere ist, greift ihr sofort zu den Waffen. Die einzige Gefahr, die es in diesem Land gibt, seid ihr! Weil ihr niemanden anderen duldet und es nicht ertragen könnt, irgendetwas teilen zu müssen. Verschwindet, bevor ich mich vergesse!“ Bei der anhaltenden Gefahr ist das eine Aufforderung, welcher nur zu gerne nachgegangen wird. In Windeseile hasten die Herrschaften davon und bevor Joseph seinen Revolver zurück in den Holster gesteckt hat, springen sie auf ihre Pferde und treiben diese an, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Zurück bleibt nur aufgewirbelter Staub und leicht aufgebrachte Dorfbewohner. Murmelnd löst sich die Menge langsam auf, während Naruto mit den Zähnen mahlt.   Mit jedem weiteren Tag mehr in diesem Dorf und mit diesen wiederholten, unerwünschten Besuchen solcher Männer, wird sein Groll auf die Regierung immer größer. Er gibt den Siedlern nur eine Teilschuld an der momentanen Situation, aber ausschlaggebend sind das Vorgehen der Regierung und die damit verbundene Verteuflung, der gesamten indianischen Kultur. Das einzige, was den Einwanderern übelgenommen werden kann, ist dass sie sich keine eigene Meinung bilden. Seufzend und sich für diesen kurzen, aber dennoch eindrucksvollen Gewaltausbruch schämend, zieht der Outlaw einen Strich unter dieses Ereignis und belässt es dabei. Er ist kein Freund von körperlichen Auseinandersetzungen, doch im aktuellen Fall konnte er sich nicht beherrschen. Ein einmaliger Ausrutscher. Er war wochenlang nicht zuhause und will seine Zeit nicht damit verschwenden, sich über solche Leute aufzuregen. Seufzend wendet sich Naruto um und widmet sich ein weiteres Mal seinem Schwiegervater, der kurz mit seinen Beratern spricht, ehe er seine Aufmerksamkeit seinem Schwiegersohn zuwendet. „Schön, dass du wieder da bist. Hinata wurde langsam unruhig.“ Freundlich und herzlich, wobei das ernste Auftreten nicht im Geringsten abgemildert wird, begrüßt Hiashi seinen heimgekehrten Schwiegersohn.   Ein so langer Aufenthalt in Little Water ist nicht geplant gewesen. Ein paar Nächte vielleicht, aber nicht aufeinander folgende Wochen. Die Angelegenheit hatte sich verzögert und so wurde aus einem geplanten Kurztrip schnell ein mehrwöchiger Zwangsaufenthalt. Wenn er das hätte voraussehen können, wäre seine Vorgehensweise eine andere gewesen.   Seit etwa drei Jahren führt er ein Leben als Waffenschmuggler und stattet das Dorf mit allem aus, was sie für eine erfolgreiche Verteidigung benötigen. Diese Berufswahl gefällt Hinata nicht unbedingt, denn sie birgt große Risiken, doch bisher geführte Diskussionen zu diesem Thema führten stets zum selben Ergebnis. Er bleibt ein Waffenschieber, trotz hohen Berufsrisiko und guter Argumente seiner Frau. Aus diesem Grund, hat die Häuptlingstochter es aufgegeben ihn davon abzubringen. Was ihr bleibt, sind große Sorgen, wenn ihr Mann das Dorf wieder verlässt. Müde von der langen Reise streicht sich Naruto durchs Gesicht und schließt kurz die Augen, wobei er sich innerlich schon auf eine erneute Debatte mit seiner Frau einstellt. „Geht es ihr gut?“ „Natürlich. Wir können später sprechen. Du solltest dich erst einmal ausruhen.“ Mitfühlend berührt Hiashi seinen Schwiegersohn kurz an der Schulter, ehe er mit seinen Beratern verschwindet. Vermutlich werden sie in ernster Runde über diese Szenerie sprechen und damit eine Krisensitzung abhalten. Nur mit Ausdauer und Sturheit lässt sich ein solcher Krieg eben nicht gewinnen.   Die Gemütsumschreibung unruhig, ist wohl die nette Formulierung von ungeduldig und wütend gewesen, denn wie er es insgeheim erwartet hat, gibt es keine herzliche Umarmung und auch keinen Begrüßungskuss, sondern einen ziemlich bösen Blick, kaum dass er in ihr Sichtfeld tritt. Er fühlt sich schon beinahe schuldig, dass er bei ihrem vorwurfsvollen Ausdruck nicht sofort zur Salzsäule erstarrt oder sollte er sich doch lieber in den Dreck werfen und um Verzeihung bitten? „Kriege ich wenigstens eine Umarmung?“ Gespielt schmollend entledigt sich Naruto seines Gepäcks und lässt sich dumpf neben seiner Frau auf dem Boden nieder. Sie schaut ihn noch nicht einmal an und flechtet energisch den Korb weiter, als sie seine Frage beantwortet. „Du hast gesagt, maximal zwanzig Tage und jetzt sind es zwei Monate.“ Auf diesen anschuldigen Inhalt entwicht Naruto nur ein weiterer Seufzer, wobei er sich die schweigsamen Momente nimmt, um sie ausgiebig zu betrachten. Ihre weichen Gesichtszüge, die seidigen Haare, welche ihr offen über die Schultern fallen, diese eindrucksvollen Augen und ihre sonst so liebevolle Ausstrahlung. Ihr momentaner Zustand ist jedoch entschuldigend genug, für ihre leicht launische Art und die abrupten Stimmungswechsel. Beim ersten Mal ist es nicht anders gewesen. Ein etwas schrill klingender, aber genauso freudiger Aufschrei, zieht seine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung. Ein kleines Mädchen, gerade sicher genug auf den Beinen, um möglichst schnell laufen zu können, wirft sich in seine ausgebreiteten Arme und zeigt damit weitaus mehr Wiedersehensfreude als dessen Mutter. Das kleine Mädchen ist Narutos ganzer Stolz und schlägt eindeutig in seine Richtung. Sie hat seine Augen und die gleiche Haarfarbe, sogar einige markante Gesichtszüge ihres Vaters lassen sich in ihrem Kindergesicht wiederfinden. Ein aufgewecktes, lebenshungriges Wesen, mit unendlichem Wissensdurst und unerschöpflicher Energie. Ein Energiebündel, welches nicht nur ihren Eltern, sondern auch allen anderen im Dorf einiges abverlangt. Sie ist lebhaft, aktiv und kaum zu bändigen.   Freudig lässt sich Naruto nach hinten fallen und drückt den kleinen Kinderkörper liebevoll an sich, ehe sich das Mädchen aufsetzt und sich auf seinem Brustkorb abstützt. „Naiwan ako sa iyo, Papa.” „Ich habe dich auch vermisst.” Kurz blickt der Familienvater zu seiner Frau, ehe er sich leicht aufrichtet und seine Tochter etwas ins Ohr flüstert. Das Mädchen springt von ihrem Vater und fordert die Aufmerksamkeit seiner Mutter ein, in dem sie sich in ihrer kindlichen Gestalt vor ihr aufbaut, was Hinata dazu bringt das Korbflechten zu unterbrechen. Verwundert blickt die junge Mutter in die blauen Augen ihrer kleinen Tochter, die einen traurigen und gleichzeitig bettelnden Ausdruck innehaben, was Hinata schon von vornherein erweicht. Als sie dann sagt, dass sie sich wieder mit Naruto vertragen soll, schenkt sie ihrem Gatten einen vielsagenden Blick, der nur eine gespielt unschuldige Geste vollzieht und verräterisch schmunzelt.   Hinata kann es nicht leiden, wenn er die gemeinsame Tochter vorschickt, aber anderseits kann sie keinen von beiden lange böse sein. Als Harmonie bedürftiger Mensch sind ihr Streitigkeiten zuwider. Die werdende Mutter seufzt ergeben und rutscht näher an ihren Gatten heran, der sich der Tatsache bewusst ist, dass sie sich schreckliche Sorgen gemacht haben muss. Aus den zugesicherten Tagen ist über das doppelte geworden und wahrscheinlich hat sich schon der dunkle Gedanke in ihrem Kopf ausgebreitet, dass er gar nicht mehr zurückkommen wird. Vielleicht hat sie ihn schon irgendwo in der Steppe liegen sehen, erschossen von Banditen oder gar hingerichtet von Staatsbeamten. Er mag sich gar nicht ausmalen, wie viele unruhige Nächte ihr das beschert hat. “Warum hat es so lange gedauert? Ich dachte dir wäre etwas passiert.” “Es gab ein paar Verzögerungen. Ich musste so lange warten, bis alles wieder geregelt war.” “Was hättest du gemacht, wenn während deiner Abwesenheit unser Kind geboren wäre?” “Vermutlich hätte ich versucht mir selbst in den Hintern zu treten.”   In der Nacht   Der Schleier der Nacht hat sich um die Umgebung gelegt und taucht alles in ein tristes, fast trostlos wirkendes Grau. Ein klarer Halbmond scheint vom Firmament hinab, doch immer wieder schieben sich dichte Wolkenformationen vor die halbrunde Kugel und sorgen kurzzeitig für eine fast durchgehende Finsternis. Feine Rauchschwaden steigen aus den Löchern der Hogan empor, während im Dorf eine friedliche Stille herrscht. Ein Großteil der hier lebenden Menschen und Tiere haben sich der Nachtruhe hingegeben, um neue Kraft für den folgenden Tag zu sammeln. Unterbrochen wird die Ruhe von den tierischen Lauten des Viehbestandes oder nachtaktiven Lebewesen, die flink zwischen den Behausungen her huschen und nach Nahrung suchen. Ein paar Männer patrouillieren auf den Pfaden des Dorfes, um die nötige Sicherheit zu vermitteln und in Anbetracht der erst kürzlich stattgefundenen Unterhaltung mit den Gentlemen, ist dies eine zwingende Vorsichtsmaßnahme. Nach dieser erniedrigenden Abfuhr durch Naruto ist es durchaus denkbar, dass sie ihr Ego mit anderen Maßnahmen wieder kitten möchten.   Naruto und seine kleine Familie haben sich den erholsamen Träumen hingeben und in der wohligen Wärme des Hogan auf einen neuen Sonnenaufgang warten. Eng aneinander liegend schwelgen die Familienmitglieder in Traumwelten und schenken der Realität keine Beachtung. Für den Familienvater endet die Nachtruhe abrupt. Er reißt die Augen auf und starrt hellwach zur Decke empor. Aufgeschreckt, wie aus einem Albtraum, doch es war ein vertrauter Laut, welcher seinen Schlaf beendet hat. Unsicher lauscht der Familienvater in die Stille hinein, wobei er zu der Feuerstelle blickt, welche nur einen glimmenden Kohlehaufen darstellt.   Es ist wieder da. Dieses beunruhigende Gefühl, welches einem Kribbeln direkt unter der Haut gleicht. Als würden Millionen von Käfern in seinem Körper umherlaufen. Dieses Empfinden einer Vorahnung. Der Glaube, einer lauernden Gefahr direkt in die Augen zu blicken. Beunruhigt schaut Naruto zu seiner schlafenden Frau und Tochter, die friedlich aneinander gekuschelt neben ihm liegen und nichts von dem verspüren, was in ihm selbst tobt, wie ein Sturm auf hoher See. Einen Moment betrachtet er die sanften Gesichtszüge und lauscht ihrem ruhigen Atem, während das Beben in seiner Brust an Stärke gewinnt. Schwungvoll schlägt er die Decke zurück und stemmt sich in die Höhe, ehe er aus dem Hogan tritt. Er verweilt vor der Tür, schaut in die Nacht hinaus und lauscht den Geräuschen der Dunkelheit, wobei sein wachsamer Blick über die nahestehenden Behausungen gleitet. Es ist ruhig. Keine angespannte Ruhe, sondern entspannt und friedlich. Dösende Tiere, leichtes Knistern von Feuerstellen und, trotz zugeteilter Wachschicht, anregend gehaltene Gespräche der Patrouillen. Nichts von all dem, was er sieht oder hört, wirkt bedrohlich. Es erscheint schon erschreckend normal und vielleicht ist es das, was ihn so beunruhigt. Die Ruhe vor dem tobenden Sturm, der mit Macht über das Land herfällt und alles verschluckt, was sich ihm in den Weg stellt. Diese Fähigkeit der Vorahnung hat er schon immer als Teil von sich betrachtet und nie hat er sich in diesem Zusammenhang geirrt – leider. Aufmerksam blickt der Outlaw in den Nachthimmel empor, nachdem ein schriller Schrei sich durch die Luft schneidet und sämtliche Kleintiere panisch in Sicherheit eilen. Ein Adler zieht mahnend seine Kreise und lässt dabei immer wieder seinen markanten Ruf erklingen, als wolle er vor einer Gefahr warnen. Eine Feder genau dieses Vogels, steckt am Bund von Narutos Hut und seit er das ausgewachsene Tier im letzten Sommer verwundet gefunden und wieder flugtauglich gepflegt hat, hat es sich nicht mehr von dem Dorf entfernt. Ein stiller Bewohner der Gesellschaft, der mal da ist und mal unsichtbar zu sein scheint. Er hat ihn Charles getauft, als Anspielung auf den unerfüllten Lebenswunsch des verstorbenen Großvaters von Neji und Hinata.   Der Familienvater beobachtet den Vogel aufmerksam und glaubt Unruhe, gar Hektik in den eleganten Bewegungen erkennen zu können. „Was ist los?“ Es ist ein leises Flüstern, welches seine Lippen verlässt und er spricht mehr zu sich selbst, als zu Charles und trotzdem scheint der Adler diese Worte verstanden zu haben. Mit kräftigen Flügelschlägen entfernt sich das Tier von Naruto, als würde er ihm die Ursache seiner Unruhe zeigen wollen. Ohne darüber nachzudenken, folgt er dem Tier zum Rand des Dorfes. Mit eiligen Schritten läuft er über die Wege und zieht somit die Aufmerksamkeit der Patrouillen auf sich, die sich einander verwirrte Blicke zuwerfen. Eine Ursache, für den überstürzt wirkenden Dauerlauf quer über die Trampelpfade, findet keiner von ihnen. In ihren Augen ist ein solches Verhalten grundlos, weswegen sie deutlich Beunruhigung verspüren, welches sich in ihrem Inneren seinen Platz erkämpft. Wenn Naruto sich so benimmt, dann ist Gefahr im Vollzug. Niemand von ihnen käme auf die Idee, ein solches Verhalten seinerseits als eine Laune abzutun und das aus dem Grund heraus, dass er schon zu oft mit seinen Empfindungen richtig gelegen hat.   Eine kleine Klippe, mit Aussichtsposten für Späher, ist das Ziel. Es ist ein weitläufiger Blick möglich und bei Tageslicht kommt der Eindruck auf, bis hinter den Horizont schauen zu können, während dazwischen die roten Felsgebilde, wie Mahnmale in die Höhe ragen. Bei Nacht und wolkenverhangenem Himmel wie jetzt, ist es jedoch das Gefühl auf eine schwarze Wand zu starren, welches sich in die Empfindungen schleicht. Bis zu diesem Punkt ist er Charles gefolgt und weiterhin zieht dieser warnend seine Kreise, während Naruto versucht, die Gefahr auszumachen. Angestrengt und immer in Begleitung der Adlerrufe, schaut er in die Ferne und macht schließlich eine Art schwarze Welle ausfindig, die sich kontinuierlich nähert. Ein immer lauter werdender Donner überspielt zusehends die Rufe des kreisenden Vogels, doch dabei handelt es sich nicht um ein hereinbrechendes Unwetter, sondern um die niedertrampelnden Hufe von Pferden. Für einen Moment der Ewigkeit fühlt sich Naruto wie gelähmt und erst als er das entsetzte Keuchen eines anderen Stammesmitgliedes neben sich vernimmt, reißt es ihn aus der Starre. Die Welle wandelt sich schnell in eine riesige Reiterschar um und Naruto, ebenso die Patrouillen, machen auf dem Absatz kehrt und schlagen unüberhörbar Alarm. Sie schreien aus Leibeskräften, dass jeder kampffähige Mann zu den Waffen greifen soll, während sie im Vorbeilaufen gegen die Türen der Hogan schlagen und damit die Nachtruhe eines jeden Dorfbewohners beenden.   Er hätte es besser wissen müssen. Er hätte es ahnen sollen. Schwungvoll reißt Naruto die Tür seiner Behausung auf und schreckt damit seine Frau und Tochter endgültig auf, während das ganze Dorf erwacht. Laute, energische und teils panische Rufe der Erwachsenen. Verschreckte Kinder, die zu weinen beginnen, wozu seine eigene Tochter zählt, die auf ihrer Schlafstelle hockt und ihre Decke an sich presst. Energisch treibt der Familienvater Hinata an, ehe er sich sein Kind schnappt und mit beiden fluchtartig den Hogan verlässt. Die Erwachsenen greifen nach den Waffen und die Alten, Frauen und Kinder werden in Sicherheit gebracht. Raus aus der Gefahrenzone und bewacht, von kampferprobten Männern. Ein tunnelreicher Canyon soll ihnen Schutz und Sicherheit bieten. Versteckt in Höhlen und Felsspalten, um der Gefahr unbemerkt entgehen und falls doch ein Soldat diesen Ort erreicht, wird er erfahrenen Kriegern gegenüberstehen, die bis zum letzten Atemzug kämpfen werden.   Es herrscht Chaos, denn mit einem solchen Blitzangriff hat niemand gerechnet. Mit einem Angriff an sich durchaus, aber nicht mitten in der Nacht und in solch einer Truppenstärke. Irgendwo haben sie ein Lager aufgeschlagen. Unbemerkt von den Diné hat es die Armee geschafft, sich in direkter Nähe zu sammeln und einen Angriff zu planen. Sie haben nur auf den passenden Moment gewartet. Naruto könnte sich ohrfeigen für seine Leichtfertigkeit. Immer wieder murmelt er Flüche vor sich hin, während er Frau und Kind in Sicherheit bringt und beiden deutlich einbläut, unter keinen Umständen das Versteck zu verlassen, egal was passiert. Er drängt sie regelrecht in eine der Höhlen, wo seine Tochter sich gleich an ihre Mutter klammert, kaum dass ihr Vater sie abgesetzt hat. In unmittelbarer Nähe ist Shikamaru, der Sohn eines Beratermitgliedes, der seiner Frau genau dasselbe sagt und gleichzeitig versucht beruhigend auf sie einzureden. Er hält ihr Gesicht in seinen Händen und keiner lässt den anderen ausreden. Ino will ihren Mann nicht ziehen lassen. Sie fleht ihn an, bei ihr zu bleiben, während er nur den Kopf schüttelt und ihr versichert auf sich aufzupassen. Er löst sich von ihrem Griff, nachdem er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen gedrückt hat und eilt mit anderen Familienvätern, einschließlich Joseph, zurück zum Dorf. Sie alle lassen ihre Familien hinter sich, um sie auf einem bald entstehenden Schlachtfeld, wenn nötig, bis in den Tod zu verteidigen. Ihre Frauen und Kinder sind dazu verdammt, ihnen angsterfüllt hinterher zuschauen. Ein letzter Blick auf die Rücken ihrer Männer, mit der Ungewissheit in der Brust, ob es vielleicht der letzte Blick ist.   Die Distanz zum Dorf ist schon zu gering gewesen, als dass sich die Indianer noch schnell einen Schlachtplan ausdenken könnten. Die nötigsten Anweisungen werden umher geschrien und teils von tobendem Stimmgewirr und dem Lärmpegel der trampelnden Füße verschluckt. Es reicht, um etwas Ordnung in das Chaos zu bringen, ehe die Welle von Angreifern über die ersten Hogan schwappt und Schüsse ertönen, die von beiden Seiten abgegeben werden. Kampfgeschrei, explosionsartige Laute und Schmerzenslaute, vermischt mit Pferdeschnauben, trampelnden Hufen und Füßen. Eine erneute Schlacht zwischen Weißen und Indianern. Binnen kürzester Zeit ist die Luft von einem Geruchsgemisch aus Schießpulver, Schweiß und Blut geschwängert.   Naruto weiß gar nicht, wie lange er damit beschäftigt ist auf Leute zu schießen oder sie mit bloßen Händen zu töten. Blutspritzer und Dreck zieren seinen Körper, während er auf Soldaten schießt, um sie an ihrem Vorhaben zu hindern, welches jeder andere Bewohner schnell durchschaut hat. Diese mordlüsternen Männer haben es weniger auf die menschlichen Anwesenden des Dorfes abgesehen, sondern vielmehr auf die dringend benötigten Lebensgrundlagen. Sie zerstören die Obstgärten und schlachten die Viehbestände ab. Das ist ihr Druckmittel. Das ist ihr Vorhaben. Kein Ultimatum und keine Diplomatie. Es ist die Vernichtung jeglicher Grundlagen zum Überleben. Dieser Kampf ist längst kein Kampf mehr, sondern ein verzweifeltes Unterfangen seitens der Diné, diese Männer an der Vernichtung ihres Lebens zu hindern.   Frustriert wirft Naruto seinen Revolver in die Richtung eines Soldaten, nachdem letzten Schuss, ehe er einen weiteren aus dem Sattel eines vorbei galoppierenden Pferdes reißt und ihm kraftvoll auf den Kopf tritt, so dass er den Schädel brechen hört. Zwischen dem ganzen Rufen und Lauten kann er jedoch einen einzigen Satz ausmachen, der ihn zutiefst beunruhigt und welcher ihn erschrocken zusammenfahren lässt. Sie sind bei den Frauen! Für einen Moment scheint sein Herzschlag auszusetzen, ehe er mit einer Vielzahl weiterer Männer, zu den Höhlen eilt, in denen alle Familien eigentlich in Sicherheit sein sollten.   Es gleicht einem einzigen Getümmel und Naruto hat Mühe seine Frau in dieser Menge aus kämpfenden Männern, hysterischen Weibern und schreienden Kindern ausmachen zu können. Immer wieder wird er in ein Handgemenge verwickelt und somit zum Töten gezwungen. Dass er selbst noch keine Verletzungen davongetragen hat, ist gleicht ein Wunder. Erleichtert ist er nur für einen kurzen Augenblick, als er seine Frau entdeckt. Sie weint bitterlich und Panik steht ihr ins Gesicht geschrieben, während sie hektisch durch Menge eilt und den Namen ihrer Tochter schreit. Immer wieder dreht sie sich um die eigene Achse, schluchzt unkontrolliert und ruft nahezu bettelnd nach ihrem Kind. Dabei ist sie nicht einmal die einzige Mutter, die sich auf der Suche befindet. Keuchend stolpert der Familienvater zu seiner Frau und zieht sie hinter sich her, in eine weniger umkämpfte Zone, während sich die ersten uniformierten Männer zurückziehen. In einem schmalen Felsspalt, gerade groß genug, um sich dort drin zu verstecken, hockt er sich schließlich vor sie, nachdem er zuvor einen sichernden Blick zurückgeworfen hat. Er nimmt ihr verweintes Gesicht in seine Hände, wobei er vor diesem ängstlichen und panischen Ausdruck in ihren Augen, förmlich zurückschreckt. Sie zittert und scheint kaum fähig, einen klaren Gedanken zu fassen, wobei sie immer wieder den Namen ihrer Tochter murmelt. Er muss sie finden, auch wenn eine schreckliche Befürchtung in ihm aufsteigt. Er verdrängt diesen Gedanken und redet sich Gegenteiliges ein. „Du bleibst hier! Genau hier.“ Es sind energische Worte, welche er ihr direkt ins Gesicht sagt und die in diesem Moment nicht liebevoll klingen. Er wartet noch nicht einmal auf eine Reaktion von ihr in Form eines Nickens oder dergleichen. Er stürzt zurück zum Kampfgeschehen, was schon längst keines mehr ist und versucht in der Menge von Verletzen, seine Tochter ausfindig zu machen. Auf seine Rufe erhält er keine Antwort und die umherirrenden Kinder sind nicht seine. Niemand hat sie gesehen. Wie ein Tischlerhammer schlägt diese Erkenntnis auf ihn ein und lässt seinen Körper erzittern. Sie ist weg! Dieser eine erschreckende Gedanke drängt sich wieder in den Vordergrund, weswegen er dem letzten abrückenden Soldaten hinterherschaut. Sie haben sie mitgenommen! Die ganzen vermissten Kinder sind in der Gewalt dieser Männer und darunter seine Tochter. Es ist das blanke Entsetzen, welches sich in seinem Körper ausbreitet und ohne über Konsequenzen nachzudenken, schnappt sich Naruto eines der umherirrenden Pferde, dessen uninformierter Reiter zwischen den Toten zu finden ist und schwingt sich in den Sattel. Trotz vereinzelter und protestierender Rufe, welche ihn an einem Aufbruch hindern wollen und unter denen Shikamarus und Nejis ertönen, treibt er das Pferd energisch an, um die Angreifer nicht aus den Augen zu verlieren.   Es ist ein schreckliches Gefühl von Hilflosigkeit, als er feststellt, dass die Distanz zunehmend größer wird. Egal wie lange er der Schar hinter her reitet und wie energisch er das Tier antreibt, er verliert den Anschluss. Es liegt aber nicht daran, dass die anderen Pferde bedeutend schneller sind, sondern dass dieser Gaul eine stark blutende Wunde am Vorderlauf hat, weswegen es keine volle Leistung aufbringt. Wie sehr er dem Tier auch die Hacken in die Seiten schlägt, es wird immer langsamer was eine unglaubliche Aggression in ihm auslöst. Plötzlich ist er in der Gemütslage besinnungslos auf dieses Tier einzuprügeln. Er will es bestrafen, verletzen und töten. Er hasst es, dass es trotz der Schmerzen nicht schneller läuft. Er hasst es! Naruto tobt innerlich und holt schon zum ersten Schlag aus, ehe er die Faust wieder senkt und aufmerksam zu Boden blickt. Hufspuren! Er kann den Spuren im Sand folgen und muss keinen Gewaltakt gegen ein völlig unschuldiges Tier ausüben. Erleichterung durchflutet seinen Körper, zusammen mit neu aufkeimender Hoffnung. Im Dorf   Langsam und stetig kämpft sich der neue Morgen durch den bewölkten Himmel und das gesamte Ausmaß dieser kurzen, aber dennoch blutigen Schlacht, wird immer deutlicher. Zahlreiche Leichen auf beiden Seiten und wenigstens genauso viele Verletzte, die klagend um Hilfe rufen oder in den letzten Atemzügen liegen. Tierkadaver, zerstörte Hogan und Handwerkskunst. Niedergetrampelte Felder und damit eine nutzlose Ernte. Es ist ein Anblick, welcher einem die Tränen in die Augen treibt. Wie eine Flutwelle ist dieser Angriff über sie hinweg geschwappt und hat alles zerstört, was ihr den Weg versperrt hat. Die plötzliche Auseinandersetzung mit der eigenen und nun gefährdeten Existenz scheint einige der Überlebenden regelrecht zu lähmen. Manch einer versucht verzweifelt, etwas zu retten, während andere sich um die Gefallenen und Verwundeten kümmern. Seufzend und schockiert lässt Hiashi seinen Blick über die Überreste seines Dorfes gleiten und kann kaum begreifen, was er sieht. Ihm erscheint es unwirklich und mehr wie ein Albtraum. Um ihn herum existieren nur Trümmer. Tote Freunde zu seinen Füßen und eine zerstörte Lebensgrundlage. Wie sollen sie aus diesem Unheil wieder herausfinden? „Tiyuhin!“ Aufgeregte Rufe werden hinter ihm laut und nähren sich unerbittlich, weswegen der Gerufene sich umdreht und seinen heraneilenden Neffen erkennt, der sich im Kampf einige blutige Kratzer zugezogen hat und der in Begleitung von Chouji und Shikamaru heran gestolpert kommt. Chouji ist ein dickbäuchiger Mann, von kräftiger Erscheinung und ein guter Freund von Naruto. Mit ist Pferdestehlen umsetzbar. Die beiden Männer sind verletzt, jedoch sind sie in der Lage zu stehen und zu handeln. Es sind nur oberflächliche und kaum nennenswerte Blessuren. Schürfwunden und blaue Flecken. Das ist alles, was sie in diesem unfairen Kampf davongetragen haben und nichts davon wird eine Narbe auf ihrer Haut hinterlassen. Sie sind Krieger durch und durch. Dieses aufgewühlte Verhalten ist daher untypisch, weswegen sie sofort die volle Aufmerksamkeit des Dorfoberhauptes erhalten, dessen Gesichtsmimik gleich wieder besorgte Züge annehmen. Er will nicht noch mehr schlechte Neuigkeiten hören, denn dieses Gemetzel, eine andere Bezeichnung hat er dafür nicht, reicht an negativen Erfahrungen für ein ganzes Leben. „Sa a pral sou?” “Hinata Sie liegt in den Wehen.” Das ist eine Neuigkeit, welche das Dorfoberhaupt entsetzt. Schock schleicht sich seine sonst so ernsten Gesichtszüge und für den Moment eines Augenaufschlages, glaubt Neji Ratlosigkeit in dem Blick seines Onkels zu erkennen. Etwas fahrig streicht sich der Häuptling durch sein müde wirkendes Gesicht, ehe er sich wieder an die drei Männer wendet. “Wo ist Naruto?” “Er ist den Soldaten hinterher geritten. Die Mistkerle haben einige Kinder mitgenommen und Nita scheint dabei zu sein.” Ein erneut entsetzt klingendes Keuchen entfährt Hiashi, bei dieser Antwort von Chouji. Soviel schlechte Nachrichten sind eine Belastungsprobe, weswegen der zweifache Vater fieberhaft zu überbelegen scheint, wie er vorgehen soll. Seine Enkelin wurde entführt, sein Schwiegersohn unternimmt einen heroischen Rettungsversuch, der mehr einem Selbstmordkommando gleicht und seine hochschwangere Tochter bekommt in all diesem Chaos ihr zweites Kind. Gibt es für solch eine Situation überhaupt ein richtiges Vorgehen? Irgendein Patentrezept, was garantiert funktionieren wird? Es erscheint fast, als hätte sich Asdzáá Nádleehé gegen sie verschworen. Als wäre der Schutz Mutter Erde von ihnen gewichen. Das Dorfoberhaupt seufzt niedergeschlagen, ehe er sich in Bewegung setzt und mit einer forschen Handbewegung dem Dreiergespann anweist, ihm zu folgen. “Reitet ihm hinterher. Holt ihn ein und bringt ihn zur Vernunft. Wenn er sie einholt, wird er das nicht überleben. Um alles Weitere kümmere ich mich.” Die drei nicken gehorsam und machen sich für den Aufbruch bereit, während Hiashi sich um das Wohlergehen seiner Tochter kümmert.   Bei Joseph   Mit hoher Konzentration starrt der Outlaw auf die Spuren im Sand, um zu verhindern endgültig den Anschluss zu verlieren. Er denkt gar nicht darüber nach, wie er vorgehen soll, sollte er diese Männer einholen. Wenn sich sein Verstand wieder einschaltet, so wird ihm schnell bewusst werden, dass er gegen eine Überzahl antreten müsste, von denen er vielleicht eine Handvoll besiegen könnte, ehe er tödlich getroffen und von Kugeln durchlöchert zu Boden fällt. Diese Variante wäre eine sehr positive Umschreibung von eventuellen Begegnungen. Selbst wenn die Konfrontation kein gutes Ende für ihn nehmen wird, so hat er die Gewissheit, um sein Kind gekämpft zu haben. Er hat es wenigstens versucht. Nita soll wissen, dass ihr Vater sie nicht im Stich lassen wird und alles nur erdenklich Mögliche unternimmt, um sie zurück zu holen.   Ein Donnergrollen ertönt in seinen Ohren und als ein Regentropfen auf seiner Hand landet, richtet er seinen Blick abrupt in den pechschwarzen und wolkenverhangenen Himmel. Die dunklen Wolken ziehen so rasant auf und verdrängen jedes Tageslicht, dass es nahezu den Eindruck macht, die Natur würde von einer übermächtigen Hand gesteuert. Sie hüllen die Landschaft in ein tristes Grau und scheinen die Nacht erneut hereinbrechen zu lassen. Das Unwetter wartet nur darauf, die Umgebung heimzusuchen, doch auch wenn ein erfrischender Regenschauer für die Vegetation eine Wohltat wäre, so versetzt ihn dieser Anblick in Panik. Wieder ein Donnergrollen, bei dem Naruto das verletzte Pferd erneut forsch antreibt. Minutenlang sind es nur vereinzelte Tropfen, die vom Himmel fallen, doch schließlich öffnen sich sämtliche Schleusen und eine wahre Sturzflut fällt herab. Wie Nägel, die ins Holz geschlagen werden, prasseln sie auf den trockenen Boden und zerreißen die Erdschicht. Binnen weniger Augenaufschläge ist er völlig durchnässt. Der Regen wird immer stärker und schließlich stoppt er das Pferd, welches stellenweise bis zu den Fesseln im Schlamm versinkt. “Nein, nein, nein, nein!” Hektisch blickt er zu allen Seiten, um die Fährte wieder aufzunehmen, doch der Regenschauer hat die Umgebung in eine matschige Landschaft verwandelt. Die Trampelpfade sind zu schlammigen Flüssen mutiert und mögliche Spuren, jeder Hufabdruck, wurde innerhalb kürzester Zeit vom Regen davon geschwemmt. Mit einem platschenden Geräusch springt Naruto vom Rücken des immer schwächer werdenden Pferdes, welches mit hängendem Kopf auf der Stelle verharrt und schwer atmet. Unruhig dreht sich der Outlaw mehrmals um die eigene Achse, ehe er sich auf den Boden kniet und den erfolglosen Versuch unternimmt, den Schlamm von dem Spuren zu wischen. Das darf nicht sein!   Voller Verzweiflung trommelt der Familienvater auf den matschigen Untergrund, ehe er sich schreiend zusammenkrümmt und um ein Wunder fleht. Immer wieder flüstert er den Namen seiner Tochter und bettelt regelrecht um Verzeihung für sein Versagen. Gleichzeitig fleht er darum, dass er nur träumt. Dass er einen schrecklichen Albtraum durchlebt, aus dem er jeden Moment aufschreckt. Er will aufwachen und feststellen, dass nichts von alldem passiert ist. Zitternd kauert er auf dem schlammigen Untergrund, unfähig zu denken, unfähig sich zu bewegen. Er spürt nur diese schreckliche Kälte in seinem Inneren und diesen bohrenden Schmerz in seiner Brust. Für wenige Momente verharrt er in dieser resigniert wirkenden Position, ehe er sich mit einer aufkommenden Leere in seinem Inneren aufrichtet, jedoch am Boden knien bleibt und dabei in die Ferne starrt. Er weiß nicht einmal, ob es die Richtung ist, in welche die Soldaten abgerückt sind und trotzdem holt er tief Luft und stützt sich mit seinen Händen ab. „GEBT MIR MEINE TOCHTER ZURÜCK!“ Ein verzweifelter Appell, der von dem prasselnden Regen und einem kräftigen Donnerschlag verschluckt wird. Ein Bild des Elends manifestiert sich in dieser Umgebung. Niedergeschlagen, gebrochen und ein Stück weit hoffnungslos kauert Joseph am Boden. Den Blick gesenkt und die Kälte in seinen Inneren und in seinen Gliedern nicht registrierend, während der Regen auf ihn einschlägt, wie Fausthiebe. Sein Verstand hämmert auf ihn ein, dass er sie nie wiedersehen wird und sein Herz schreit vor Verzweiflung. Er fühlt sich so taub. Unfähig etwas zu empfinden. Gefangen in einer bitterkalten Dunkelheit, die ihm jegliche Lebenslust raubt. Er vernimmt nicht einmal die platschenden Laute hinter sich, als Neji mit Shikamaru und Chouji bei ihm ankommen. Er dreht sich nicht zu ihnen um, als der Cousin seiner Frau aus dem Sattel springt und besorgt zu ihm eilt. Er spürt die Berührung nicht, als er ihm eine Hand auf die Schulter gelegt wird. Er hört nicht Nejis Stimme, als er unter lautem Sturmgetöse seine Begleiter anweist, die Suche aufzunehmen, dabei jedoch auf Abstand bleiben sollen. Er fühlt sich jedem Gefühl und jeder Handlung beraubt.   Neji findet es erschreckend, welch eine Leere in diesen blauen Augen steckt, als er den Blick des blonden Mannes sucht. Er hat das Gefühl in tote, glanzlose Pupillen zu schauen. Als würde er es mit einer Puppe zu tun zu haben, deren Fäden durchtrennt worden sind und so zerreißt es ihn fast, als Joseph sich vollkommen willenlos von ihm in die Höhe ziehen und zum Pferd dirigieren lässt. Es ist kaum eine Anstrengung, ihn in den Sattel zu bekommen, denn der Outlaw scheint nur zu funktionieren. Er nimmt die Zügel auf als sie ihm in die Hand gedrückt werden und wartet teilnahmslos auf das Signal für den Aufbruch. Ratlos schaut der Indianer zu Naruto empor, ehe er in die Richtung blickt, in die seine Begleiter verschwunden sind und sich dabei eine nasse Strähne aus dem Gesicht streicht. Was kann er tun? Was kann er sagen? Kann er überhaupt etwas tun oder sagen, damit die Situation weniger schlimm erscheint? Das Einzige, was Neji tun kann, ist auf das Beste zu hoffen, weswegen er sich auf sein eigenes Pferd schwingt und durch ein kurzes Ziehen an Narutos Zügeln das Startsignal vermittelt. Ein letztes Mal wirft der Indianer einen Blick zurück und formt eine stumme Bitte. Er hat das kleine Mädchen wirklich gern und allein die Tatsache, dass sein Sohn wohlbehütet im Dorf bei seiner Mutter und nicht unter den entführten Kindern ist, löst beinahe ein schlechtes Gewissen in dem Familienvater aus. Sein Kind ist da und Nita nicht.   Shikamaru und Chouji befinden sich derweil auf ihrer aufgetragenen Mission, die Tochter ihres Freundes zu retten, und kämpfen sich dafür durch Schlamm und Morast, während ihnen der entgegen peitschende Regen stark zusetzt. Sie müssen einander anschreien, um sich verständigen zu können, während sie nicht einmal wissen, ob sie auf der richtigen Spur sind. Sie sind nach Gefühl geritten, mit der stummen Hoffnung in der Brust, das kleine Mädchen zu finden und wenn nicht, dann wollen sie wenigstens einen Hinweis aufspüren, wo die Reiterschar sie und die anderen Kinder hinbringt. Ihren Eltern und dem Zuhause entrissen, festgehalten von Fremden und mit traumatischen Bildern einer blutigen Schlacht im Kopf, muss das kleine Mädchen mit dieser neuen Situation vollkommen überfordert sein und niemand ist da, der ihr beisteht. Allein die Vorstellung, wie Nita aufgelöst nach ihren Eltern schreit, lässt Shikamaru wütend mit den Zähnen mahlen und die Gangart seines Pferdes beschleunigen. Er wird bald selbst Vater sein und wenn er daran denkt, sein Kind auf solch eine Art zu verlieren, dann wird ihm übel. Er kann sich nicht einmal vorstellen, was in Naruto und Hinata in diesem Moment vorgeht. „Shikamaru, siehst du das?“ Die gebrüllte Frage von Chouji reißt ihn schlagartig aus seinen Gedanken und lässt den Indianer in der Ferne einige Bauten erblicken, was beide dazu veranlasst ihre Pferde zu stoppen. Es ist schwierig, durch den regnerischen Vorhang was zu erkennen und der pechschwarze Himmel verdunkelt den Tag zusätzlich. Dennoch ist etwas zu sehen, was nicht zu der Umgebung gehört. Unsicher beobachtet der werdende Vater den Horizont, während Chouji langsam sein Pferd neben das seines Freundes steuert und dabei seinen Blick weiterhin in die Ferne richtet. „Was ist das?“ Choujis Stimme klingt gedrückt und einige seiner Silben werden von dem Niederschlag regelrecht verschluckt. Es erscheint fast, als fürchte der stämmige Indianer seine Stimme könne ihre Anwesenheit verraten.  „Es könnte ein Lager sein.“ „Sehen wir nach?“ „Wir kommen langsam von der Seite. Wenn dort noch Soldaten sind, werden sie uns schnell bemerken, wenn wir direkt auf sie zu reiten.“ Eine, wie sich herausstellt, unnötige Vorsichtsmaßnahme.   Zweifelsfrei handelt es sich um das Lager der Soldaten, die bei ihrem Aufbruch nur das Nötigste mitgenommen haben. Verkohlte Lagerfeuer, Zelte und Kochstellen, sind die einzigen Überbleibsel dieser Belagerung. Keine Soldaten, keine Pferde - keine Menschenseele weit und breit. Es wird niemand hier her zurückkommen. Sie haben ihren Angriff umgesetzt und sind verschwunden. Sie haben das erreicht, was sie beabsichtigt haben.   Langsam steuern die zwei Diné ihre Pferde durch das aufgegebene Lager ihrer Feinde, ehe Chouji aus dem Sattel rutscht und überprüfende Blicke in die Zelte hineinwirft oder Objekte genauer betrachtet. Kochtöpfe, Besteck, Vorräte - es ist vieles zurückgelassen worden. Schließlich hebt er ein Gewehr auf, welches sich als defekt herausstellt und lässt es wieder zurück in den Schlamm fallen. Während Chouji auf der Suche nach Hinweisen ist, sitzt Shikamaru fassungslos auf dem Rücken seines Pferdes und schüttelt zum wiederholten Male den Kopf. Sie hatten sie direkt vor der Nase! Wieso haben sie diese gewaltige Ansammlung von Soldaten nicht bemerkt, obwohl das Lager nur einen Steinwurf von ihrem Dorf entfernt aufgeschlagen wurde? Waren sie so sorglos? So unvorsichtig? Warum haben die Kundschafter nichts bemerkt? Warum sahen die Späher keine Lagerfeuer in der Ferne aufflackern? Es sind unzählige Fragen, welche Shikamaru in den Sinn kommen und jede einzelne ist beunruhigend. Der Feind war genau vor ihnen und kaum hatten sie ihm den Rücken zugedreht, griff er an. Fassungslos schaut der zukünftige Vater auf eine verkohlte und matschige Feuerstelle herunter, wobei er sich selbst und jedem anderem die Schuld für diesen Übergriff gibt. „Walang anuman dito.“ Die Worte seines Freundes holen ihn zurück aus seinen Gedanken und erst als er einen weiteren Blick durch das Lager hat gleiten lassen, stimmt er Chouji mit einem schlichten Nicken zu. „Wir reiten zurück. Wir haben die Spur verloren.“ Eine bittere Erkenntnis, die sein Herz schwer werden lässt und auch Chouji schluckt hart. Der Regen, das Gewitter - es macht ihnen eine Suche unmöglich und so bleibt den Männern keine andere Wahl, als an diesem Punkt aufzugeben und sich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dass sie das lebensfrohe Mädchen nie wiedersehen werden. Dumpf wendet Shikamaru sein Pferd und schlägt den Heimweg ein. Wie sollen sie das nur Naruto erklären?   Es ist eine Frage, mit der sie sich gar nicht hätten auseinandersetzen müssen, denn Naruto ist ein völliges Wrack. Als sie wieder im Dorf ankommen, sitzt der Familienvater teilnahmslos auf den Überresten seines Hogan und das scheinbar ohne einen Gedanken daran zu verschwenden seiner gebärenden Frau beizustehen, deren Klagelaute kaum zu überhören sind. Er scheint in ein tiefes Loch gefallen zu sein, wo er nicht einmal den Versuch unternimmt, wieder an die Oberfläche zu gelangen. Noch immer herrscht Chaos, doch es sind strukturierte Abläufe zu erkennen, die das Bestatten der Leichen beinhalten, während auf der anderen Seite die Verwundeten versorgt werden. Die Tierkadaver werden, in Anbetracht ihrer Masse, aufeinandergelegt und verbrannt. Der Gestank von verkohltem Fleisch dominiert inzwischen die Luft um sie herum. Zu groß ist die Gefahr von Krankheiten und Seuchen, als dass sie sich mit dieser Handlung Zeit lassen könnten. Es bleibt keine Möglichkeit um zu trauern.   So plötzlich wie das Unwetter über sie hereingebrochen ist, so ist es wieder verschwunden. Die dunklen Wolken sind weitergezogen und die Sonne strahlt wieder vom Himmel herab, während die Temperaturen kontinuierlich ansteigen und die schlammigen Pfade zurück in trockene Wege verwandelt. Es ist fast schon höhnisch. Es ist, als würde die Natur sich über ihr Schicksal lustig machen und dem ganzen eine zusätzliche Krönung erteilen. Naruto schaut nur für einen kurzen Augenblick auf, als die Beiden zurück geritten kommen. Kaum, dass er das Fehlen seiner Tochter registriert, hängt sein Kopf auch schon wieder auf seiner Brust und er scheint ein Stück weit mehr in sich zusammenzusacken. Es sind alle Mitglieder des Beraterkreises, Neji und Hiashi die sich stattdessen den Heimgekehrten annehmen, nachdem sie von ihren Pferden gestiegen sind. „May nakita ka ba?“ „Ang ulan ay hugasan ang lahat ng bagay.” Enttäuscht und niedergeschlagen senkt Hiashi den Blick, auf die Erläuterung von Chouji und beißt sich auf die Unterlippe. Seine geliebte Enkelin, entführt von Soldaten. Verschleppt in eine Welt, welche dem Mädchen völlig fremd ist. Dem Dorfoberhaupt ist bewusst, dass die Möglichkeit, sie jemals wieder zu sehen, gering ist. Es ist Shikamaru, der ihn aus seiner Trauer frühzeitig herausreißt und gleichzeitig auf ein ganz anderes Problem hindeutet. „Hiashi. Kami ay walang ingat. Ang kampo ay ilang milya ang layo at ito ay dapat na napakalaking.“ Hiashi hat überhaupt nicht die Möglichkeit in eine fassungslose Starre zu verfallen, denn aus den Augenwinkeln heraus, sieht er seinen Schwiegersohn vorbeigehen, der einen Punkt fixiert und nicht einmal zu blinzeln wagt.   Sämtliche Augenpaare folgen Naruto und das angeschnittene Thema ist schlagartig vergessen, als sie erkennen, was der Outlaw wie ein hungriges und mordlüsternes Raubtier fixiert. Einen Soldaten!   Ein überlebender Kavallerist, der versucht sich unbemerkt davon zu stehlen und am Boden herum kriecht, wie eine Schlange. Er ist verletzt, was seine mit Blut durchtränkte Kleidung beweist und er hat vermutlich keine großen Überlebenschancen. Er schaut über seine Schulter, als er die stapfenden Schritte hinter sich bemerkt und bekommt sofort einen Tritt mitten in sein Gesicht verpasst, was ihn schmerzhaft keuchen lässt. Mit Hass packt Naruto den Mann an den Haaren und reißt ihn in die Höhe, wodurch dieser aufschreit, ehe er schon einen klammerartigen Griff um seinen Hals verspürt und wie der Boden unmittelbar hinter seinen Fersen ein plötzliches Ende findet. Nach Luft schnappend und panisch versuchend, an dem blanken Arm seines Gegenübers Halt zu finden, sieht sich dieser Soldat mit dem Ende konfrontiert. Mit nur einer Hand drückt Naruto ihm die Luft ab und ist zeitgleich der einzige Halt an diesem steinigen Abhang, welcher den Mann am tödlichen Aufprall hindert.   Eine blutende Wunde klafft mitten auf dem Bauch des Kavalleristen und mit jedem Augenaufschlag scheint mehr der roten Körperflüssigkeit in seine Kleidung zu sickern. Es ist eine Verletzung, der Naruto keinerlei Beachtung schenkt und in der er, in Anbetracht der Situation, am liebsten herum bohren würde. „Wo bringt ihr die Kinder hin?“ Seine Stimme ist ein bedrohliches Zischen und die Antwort nur ein schweres Röcheln, welches sich in ein leises Lachen umwandelt. Es ist ein nahezu triumphierendes Kichern, was alle umher stehenden Diné nicht nur verwirrt, sondern auch sprachlos macht. Damit wird jedem deutlich, dass dieser Mensch keine Antworten abliefern wird, denn er hat nichts mehr zu verlieren. Entweder er stirbt durch Narutos Hand oder durch seine ohnehin schon zugefügten Verletzungen. Egal, aus welcher Perspektive diese Situation betrachtet wird, ein Davonkommen gibt es nicht.   Der Soldat lächelt und legt dabei seine Zähne frei, die von dem vielen Blut schon rot verfärbt sind. „Fahr zur Hölle, Verräter.“ In diesem Moment zerbricht etwas in Naruto. Seine Augen bekommen einen boshaften Ausdruck, dass einem angst und bange wird. Eine tiefe Dunkelheit, in der kein Platz für Gnade ist. Er verliert innerhalb eines einzigen Augenblickes und nur wegen eines Satzes, eine bedeutende Eigenschaft von sich. Seine Moral erlischt. Sie fällt von ihm ab, wie Herbstblätter von einem Baum und seine Ausstrahlung wird eine andere. Seine Wärme ist verschwunden. Er wirkt wie der Teufel selbst. Alarmiert tätigen Hiashi und die anderen, einige Schritte vorwärts, doch einschreiten können sie nicht mehr. Sie sehen nur wie der Familienvater selbstsicher den Kopf anhebt und mit solch einer Verachtung in den Augen, in die des Mannes blickt, wie sie nicht mehr von dieser Welt sein kann. Das freche Grinsen entweicht schlagartig aus dem Gesicht des Soldaten, dessen Gesichtszüge gänzlich entgleiten, als er die Worte seines Gegenübers vernimmt. „Du zuerst.“ Schlagartig und ohne Vorwarnung, löst er seinen Griff und sieht emotionslos dabei zu, wie der Soldat schreiend und zappelnd in die Tiefe stürzt.   Naruto, der das Töten sonst nur als eine reine Verteidigungsmaßnahme betrachtet, lässt einen sterbenden Gegner in die Tiefe stürzen und das ohne eine Regung des Bedauerns oder Mitgefühls zu zeigen. Seine Augen waren immer die Fenster in seine Seele und nun ist nur völlige Finsternis erkennbar, die ihn beginnt zu zerfressen. Für alle anderen Anwesenden ist es ein schockierender Gesamtanblick. Sie weichen aus, als er sich umdreht und an ihnen vorbeigeht, mit einem Blick in den Augen, dessen Ursprung nur die Hölle sein kann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)