Süßer Waldesspuk von Shizana (Halloween-Special 2013) ================================================================================ Prolog: -------- „So, da wären wir“, sprach die Pokémon-Schwester des örtlichen Pokémon-Centers von Genki Village, einem kleinen, idyllischen Ort etwas abgelegen der Route 38. Sie lächelte und half ihrem Heiteira dabei, die beiden Pokéball-Tabletts mit den Nummern drei und vier auf der Theke abzustellen. Im Wartebereich erhoben sich sofort ein Junge und ein Mädchen von der roten Couch und eilten zu der Schwester herüber, um ihre Pokémon in Empfang zu nehmen. Es war selten viel los im Pokémon-Center; auch heute waren neben den beiden Trainern nur drei weitere Personen anwesend, die jedoch bereits bedient waren und lediglich noch zum Smalltalk beieinanderstanden. Der Junge, mit dem falschherum aufgesetzten Basecap in schwarz mit einem goldenen Streif über die Mitte, nahm in Begeisterung seine Pokémon an sich und legte die Bälle in seinen dunkelgrauen Eingurt-Rucksack, den er über die Schulter auf dem Rücken trug. Ähnlich tat es das Mädchen mit den beiden brünetten, zur Seite wegstehenden Zöpfen unter der weißen Schirmmütze, um die eine rote Schleife gebunden war. Sie drückte die Bälle erst liebevoll an sich, ehe sie diese sorgfältig in ihre beige Umhängetasche legte. Die beiden jungen Pokémon-Trainer befanden sich auf ihrer Durchreise von Enju-City nach Asagi City und hatten in dieser Kleinstadt einen kurzen Zwischenstopp gemacht, um sich selbst und ihren Pokémon eine Verschnaufpause zu gönnen. Doch das war nicht der einzige Grund für ihre Gegendbesichtigung. „Eure Pokémon sind erholt und bereit für eure Weiterreise“, erklärte die Schwester mit einem warmherzigen Lächeln auf den Lippen. „Ich nehme an, ihr seid auch auf dem Weg nach Enju City?“ „Was? Nein“, sagte der Junge. Seine Stimme klang etwas gepresst, was einen Schnupfen vermuten ließ. „Eigentlich wollen wir in die entgegengesetzte Richtung.“ „Wieso eigentlich »auch«?“, wollte das Mädchen wissen und wandte sich fragend an die Pokémon-Krankenschwester. „Weil die meisten hier heute nach Enju City gehen. Die Nachbarstadt ist bekannt für ihre traditionellen Zeremonien zu festlichen Anlässen. Und heute findet dort die große Geistervertreibungszeremonie statt. Ihr wisst schon, traditionell zu Halloween, um sinnbildlich die bösen Geister zu vertreiben und von den Menschen sowie Pokémon fernzuhalten.“ Die Schwester schmunzelte amüsiert. „Ah“, machte das Mädchen daraufhin und wandte sich an den Jungen neben ihr. Die beiden waren offenbar miteinander bekannt. „Also daher kommen die vielen Trainer, die wir auf dem Weg hierher getroffen haben. So viele Kämpfe bestreiten wir sonst nur in einer ganzen Woche.“ „Ja“, nickte der Junge, „das stimmt. Ich habe mich auch schon gewundert. Unsere Pokémon waren nach dem vielen Kämpfen richtig erschöpft. Kann man ja verstehen.“ „Danke nochmals für Ihre Hilfe, Schwester Joy“, wandte sich das Mädchen wieder der rosahaarigen Frau zu und verbeugte sich höflich vor ihr. Die Schwester winkte peinlich berührt zur Seite ab. „Schon okay, dafür sind wir ja da.“ Ihr Heiteira, ebenfalls mit einer  Schwesternmütze auf dem Kopf, bestätigte diese Aussage in einem fröhlichen Ausruf. „Darf ich Sie vielleicht etwas fragen?“, war es der Junge, der fragte. Schwester Joy nickte. „Natürlich. Wie darf ich dir denn behilflich sein?“ „Sagen Sie, stimmt es, dass in der Gegend Kecleon gesehen wurden? Deswegen sind wir nämlich hier, weil wir davon gehört haben.“ „Kecleon. Ja, davon haben mir schon Trainer berichtet, dass sie es im Wald hinter Route 38 gesehen haben, angrenzend von hier.“ „Jippih!“ „Aber Kecleon“, brachte sich das Mädchen in die Unterhaltung der beiden mit ein, „hält sich doch normalerweise nicht in der Johto-Region auf, dachte ich immer. Soll es nicht in Hoenn beheimatet sein? Das hat man mir zumindest mal gesagt.“ „Ja, das stimmt“, bestätigte die Schwester mit einem Kopfnicken. „Wir wissen auch nicht genau, wieso, aber alle paar Jahre tauchen hier in der Gegend einige Kecleon auf. Auch nicht für lange, meist nur über wenige Wochen, dann sind sie wieder verschwunden. Vielleicht hat es mit dem Klima hier oder in ihrer eigentlichen Heimat zu tun, das sie scheinbar nur zu bestimmten Zeiten hierherführt, aber so genau hat man das noch nicht herausgefunden.“ „Dann nichts wie los!“, rief der Junge aus und hob sich wild entschlossen die zu Fäusten geballten Hände vor den Körper. „Gehen wir es suchen!“ „Hibiki“, zweifelte das Mädchen neben ihm, „wäre es nicht besser, wenn du dich erst noch ein wenig ausruhst? Deine Erkältung …“ „Ach was, das geht schon“, grinste der Junge, Hibiki, breit über das ganze Gesicht. „Schwester Joy hat eben selbst gesagt, dass die Kecleon nicht lange da sind. Und du wolltest sie doch auch sehen?“ „Schon.“ „Dann los! Komm schon, Kotone, solange es noch hell draußen ist!“ Diese Worte kaum ausgesprochen, drehte sich Hibiki auch schon herum und hätte in seinem Eifer beinahe die junge Mutter umgestoßen, die mit ihrer kleinen Tochter an der Hand soeben das Pokémon-Center betreten hatte und auf den Empfangstresen zugegangen war. Das kleine Mädchen, geschätzt kaum fünf Jahre alt, mit den orangeblonden Schleifchenzöpfen und den winzigen Sommersprossen um die Nase hielt ein Teddiursa auf den Armen, offenbar das Haustier der Familie. Es hatte die linke Vorderpfote bandagiert, ließ sich sonst aber nicht darum bringen, mit unschuldiger Miene und aus aufgeweckten Kulleraugen seine Umgebung zu inspizieren. „Vorsicht, Vorsicht“, mahnte die junge Frau mit demselben, lediglich länger reichenden Haar scherzend und stieß ein leises Lachen hervor, „sonst wird hier noch jemand verletzt.“ „Na, wenn das nicht die kleine Rika und ihr Kuma sind“, begrüßte die Schwester das kleine Mädchen, nickte der Mutter freundlich zu, und lächelte Kind und Pokémon entgegen. „Ihr seht beide gut aus. Schauen wir uns heute noch einmal Kumas Pfote an?“ „Ja, bitte“, antwortete die Mutter stellvertretend, nahm ihrer Tochter das Pokémon ab und setzte es auf die Theke. „Es scheint soweit wieder alles in Ordnung zu sein. Die beiden spielen schon wieder viel miteinander“, lachte sie. „Eine unverwüstliche Freundschaft“, lachte Schwester Joy zurück, strich dem kleinen Bären einmal über den Kopf, woraufhin es fröhlich gluckste, und wandte sich anschließend wieder an die Frau. „Ich schaue es mir sofort nochmal an.“ „Ein Teddiursa!“, rief Kotone entzückt aus und drehte sich dem kleinen Bären mit dem Sichelmond auf der Stirn zu. Sie schlug die Hände in der Luft zusammen. „So eines möchte ich mir auch sehr gern einmal fangen. Sie sind so süß! Darf ich es streicheln?“ Ihre Frage richtete sie beiderseits an Mutter und Tochter. „Ausnahmsweise“, sprach die Kleine und hob stolz die Nase in die Luft. „Aber nur, weil du so nett bist.“ „Oh, das ist ja lieb von dir. Dankeschön.“ Gesagt, getan, strich Kotone dem Jungbären über den Kopf und kraulte ihm hinter den runden Ohren. Erneut gluckste das Pokémon, das sich offenbar sehr über die viele Aufmerksamkeit und die vielen Streicheleinheiten freute. „Seid ihr beiden Pokémon-Trainer?“, erkundigte sich die Mutter, wobei ihr Blick abwechselnd zwischen Kotone und Hibiki hin und her ging. „Ja“, strahlte Kotone sichtlich stolz. „Wenn ich groß bin, werde ich auch eine Pokémon-Trainerin!“ Die kleine Rika stellte sich auf die Zehenspitzen und machte sich so groß wie sie konnte. Es entrang Kotone ein leises Kichern, in welches die Mutter und Krankenschwester mit einstimmten. „Dann seid ihr bestimmt auf dem Weg nach Enju City“, vermutete die Frau weiterhin. „Die beiden wollen nach den Kecleon suchen“, erklärte Schwester Joy anstelle der beiden Trainer. „Oh, dann wollt ihr also in den Wald? Seid dort bitte vorsichtig, es gibt viele wilde Pokémon.“ „Und nehmt euch in Acht vor bösen Geeeistern!“ Das kleine Mädchen drehte den Kopf schief, legte sich die Finger an Mund- und Augenwinkeln und verzog sie zu einer fiesen Grimasse. In diesem Moment sah es jedoch vielmehr niedlich als furchteinflößend aus. „Rika!“, wies die junge Mutter ihre Tochter leise zurecht. „Sind wir immer, keine Sorge“, beschwichtigte Hibiki die Frau mit einem selbstbewussten Lächeln. Anschließend winkte er Kotone zu. „Wir müssen aber langsam los, sonst wird es dunkel, bevor wir da sind. Kotone, kommst du? Vielen Dank nochmal, Schwester Joy!“ „Hibiki, warte!“, rief sie ihrem Freund noch nach, als dieser bereits aus dem Pokémon-Center stürmte. Schnell verneigte sie sich vor den beiden Frauen, streichelte dem Mädchen sowie Pokémon zum Abschied kurz über den Kopf, ehe sie ihm auch schon nacheilte. „Oh weh“, kam der Schwester ein Gedanke, just in dem Moment, als die Automatiktür sich wieder zuzog. „Jetzt habe ich glatt vergessen, sie zu warnen.“ „Warte, ich schau mal!“ Das kleine Mädchen rannte daraufhin zur Tür, blickte draußen mehrmals nach links und rechts, bis sie sich nach den beiden Erwachsenen umdrehte und mit den Schultern zuckte. „Zu spät, ich seh‘ sie nicht mehr. Sind schon weg.“ Sorgenvoll legte sich Schwester Joy eine Hand an die Wange. „Hoffentlich sind sie vorsichtig.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)