Children of the Sea von Votani (OS-Sammlung | Marco/Ace) ================================================================================ Kapitel 9: jumping into the water [1] ------------------------------------- Die Wut steht in jedem angespannten Muskel der Feuerfaust geschrieben. Als die Stille unerträglich wird, stößt Ace den Atem ruckartig aus, der sofort als weißes Wölkchen zum verhangenen Himmel aufsteigt und sich auf halbem Weg noch verliert. »Ihr sitzt hier lieber fest, als etwas zu tun?« Seine Stimme vibriert und drückt die Bitterkeit aus, die auch von seinem Gesicht abzulesen ist. Von diesem Aspekt her ist er noch immer der Teenager, den sie vor ein paar Monaten aufgenommen haben. Er ist wie ein vor den Kopf gestoßenes Kind, das kein Nein akzeptieren kann, egal wie einstimmig es ist. Beeindrucken tut es Marco nicht. Genauso wenig entlockt ihm der finstere Blick von Ace, der über Thatch und Vista wandert und schließlich an Marco hängen bleibt, als habe er Ace von hinten ein Messer in den Rücken gerammt, eine Reaktion. »Das ist es nicht, Ace«, sagt Marco und schiebt seine kalten Hände in die Taschen seiner gefütterten Winterjacke. Allerdings gibt es kein Entkommen vor der eisigen Kälte, die sie in der Nacht überrascht hat. Für gewöhnlich sind die Whitebeard-Piraten besser vorbereitet, aber nach einer durchgezechten Nacht, in der die Sakevorräte geplündert worden sind, ist der Schlaf aller etwas zu tief gewesen. Binnen weniger Stunden ist das seichte Frühlingswetter von einer klirrenden Kälte abgelöst worden, welche nicht nur die Oberfläche des Meeres, sondern auch gleich die Moby Dick in ihrer Fahrt eingefroren hat. Wie Ace bereits so passend festgestellt hat, sitzen sie für den Moment fest. Das Eis erscheint endlos, denn es reicht bis zum Horizont und scheinbar bis zum Ende der Welt. Es zeichnet sich auch keine einzige Insel in der Ferne ab. Solche Dinge passieren nur auf der Grandline, da kann man noch so erfahren und vorsichtig sein. Thatch tritt neben Marco von einem Bein aufs andere und reibt die Hände gegeneinander. Er neigt den Kopf nach vorn, um den Schnee abzuschütteln, der sich auf seiner Haartolle gesammelt hat. Seine Augenbrauen ziehen sich fragend zusammen. »Es ist einfach keine gute Idee. Selbst ich kann das erkennen, weil—« Aber Ace lässt ihn nicht aussprechen, weil er ein ungestümer Feuerteufel ist, der mit Kritik nicht sonderlich gut umgehen kann. Stattdessen wendet er sich ab und stapft über den Schnee, der sich auf dem Deck gesammelt hat, davon. Seine Fußabdrücke sind tief und das offenstehende Hemd, welches er trägt, flattert im Wind. Marco hätte ihn am liebsten unter Deck geschleift und ihn in seinen Wintermantel gewickelt, weil ihn allein der Anblick gleich noch zusätzlichen frieren lässt. Aber Marco lässt ihn ziehen und wendet sich stattdessen Vista zu, der schweigend neben ihnen steht und seinen Schnurrbart zwischen behandschuhten Fingern zwirbelt. »Was denkst du?« Vista zuckt mit den Schultern. »Ich seh keine andere Möglichkeit. Unsere Vorräte waren vorher schon knapp, aber durch die Feier sind sie so gut wie aufgebraucht. Das haben zumindest die Köche gesagt.« »Aces Feuer könnte uns einen Weg aus diesem Gewässer bahnen«, bemerkte Thatch, obwohl ein Zögern in seinen Worten enthalten ist. »Wir finden einen anderen Weg«, antwortet Marco und dass keine Proteste kommen, sagt ihm, dass die anderen genauso wenig in diesem Fall auf Aces Kräfte zurückgreifen wollen. »Ace sah ziemlich sauer aus«, gab Thatch zu bedenken. Er bläst nun warme Luft in seine Hände, da er nie auf Marcos Rat gehört hat und sich Handschuhe gekauft hat. Sein Geld wird lieber für hübsche Frauen verschwendet, die er auf den Insel aufzureißen versucht. »Nun... Ace schwankt eigentlich immer nur zwischen zwei Emotionen. Sauer und gelassen«, erwidert Vista und ein Schmunzeln zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. Sein Hut schützt ihn vor den herabfallenden Schneeflocken, die sich jedoch auf seiner Hutkrempe angesammelt haben und seine Kopfbedeckung allmählich tiefer in sein Gesicht rutschen lassen. »Aber vielleicht sollte jemand mit ihm sprechen. Ihm die Situation erklären.« »Ich brauch erst mal etwas zum Aufwärmen, bevor mir die Finger abfallen«, meint Thatch und auch Vista wandert ohne weiteres davon. Nur Marco bleibt zurück, zusammen mit dem Gefühl, dass diese unerfreuliche Aufgabe an ihm hängen zu bleiben scheint. Ewig lässt sich das Unvermeintliche bekanntlich nicht herauszögern. Marco kann nur eine gewisse Zeit mit den Köchen über die Einteilung der restlichen Vorräte diskutieren. Es steht doch schlechter um sie, als er angenommen hat. Vielleicht kommen sie doch nicht darum herum, sich Aces Teufelskräfte zu nutzen zu machen. Zumindest bezweifelt Marco, dass er sich binnen einer Stunde einen besseren Plan aus den Fingern saugen kann. Letztendlich findet er sich mit einer veralteten Packung mit trockenen Keksen über das Schiff ziehend wieder. Das ist nicht die erste Suche nach Ace, die Marco seit dessen Ankunft auf dem Schiff unternimmt. Allerdings wird er besser und besser darin, die Feuerfaust aufzuspüren und zu wissen, wohin es Ace in welcher Stimmung zieht. Der Gang, der zu den Räumlichkeiten der zweiten Division führt, ist dunkel, da sich kein einziges Bullauge in ihm befindet. Ferne Stimmen dringen zu ihnen herunter, aber kaum jemand hält sich hier unten auf, der Großteil der Jungs versucht noch etwas Essbares abzustauben, bevor es nichts mehr zu verteilen gibt. Marcos Augen gleiten zu der offenstehenden Tür herüber, welche Sicht auf Hängematten gibt, die zwischen Pfeilern aufgespannt sind. In eine von ihnen hat Ace ebenfalls anfangs geschlafen, nachdem Whitebeard Ace dieser Division zugeteilt hat. Nun ist er jedoch ihr Kommandant mit einer eigenen Kajüte auf der anderen Seite der Moby Dick, die sich direkt neben Marcos befindet. Seine Schritte verraten Marco, denn er möchte sich nicht an Ace anschleichen. Dieser hebt kurz den Blick, bevor er den Kopf wegdreht. Er sitzt im Gang, den Rücken an der Wand und die Arme locker auf den angewinkelten Knien abgestützt. Es erinnert Marco schmerzhaft an den Nachmittag, an dem Ace ihn gefragt hat, warum sie Whitebeard ‚Paps’ nennen. Die Erinnerung wiegt schwer auf Marcos Schultern, schwerer noch als die offensichtliche Ablehnung von Ace. »Immer noch sauer, eh?« Marco erhält ein stures Schweigen als Antwort. Im Gegensatz zu Aces Gesicht verrät seines nichts, als er sich mit einem Meter Abstand neben Ace an der Wand heruntergleiten lässt. Während Ace noch immer mit viel zu wenig Kleidung herumläuft, ist der Reisverschluss von Marcos Jacke auch hier unten bis zum Kinn hochgezogen, da der Wind durch jeden Ritz dringt. »Du bist manchmal ein wirklich dummer Junge, Ace«, fügt Marco hinzu, denn er mag geduldig sein, aber er ist nicht dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. »Und du bist...«, zischt Ace, beißt sich jedoch auf die Unterlippe, bevor er den Satz vollendet hat. Marco hätte gern die Beleidigung gehört, die ihm auf der Zunge liegt. »Ich weiß ganz genau, was du denkst«, sagt er stattdessen und nickt, als Aces wütendes Gesicht etwas Skeptisches annimmt. »Wir zweifeln nicht an deiner Stärke. Wir wissen alle, dass du das Eis schmelzen und uns die Weiterfahrt ermöglichen kannst.« »Aber warum—« »Lass mich ausreden«, unterbricht Marco. Zeitgleich öffnet er die Packung mit den trocknen Keksen und nimmt sich einen heraus. »Aber wir kennen dich auch gut genug, um zu wissen, dass du überstürzt an Sachen herangehst und dir deine eigenen Grenzen egal sind. Und da du auf dem Eis stehen musst, damit du nicht gleich die Moby Dick in Brand steckst, ist das nicht ganz so ungefährlich, wie du dir das gedacht hast. Wir wollen, dass du uns noch etwas erhalten bleibst, Ace. Daher muss unsere Vorgehensweise überdacht sein.« Abermals bleibt eine Antwort seitens der Feuerfaust aus, doch die Stille zwischen ihnen wandelt sich. Aces Schultern sacken und die Wut fällt verräterisch schnell von seinem Gesicht ab. Es ist anstrengend wütend zu sein und Ace hat damit genug Erfahrung. Marco streckt ihm die Schachtel mit den Keksen entgegen. »Du solltest was essen. Mit knurrenden Magen bist du zu abgelenkt, wenn wir uns endlich eine Strategie ausgedacht haben.« Mit einem schwachen Lächeln, das schief auf seinen Lippen hängt, greift Ace nach der Packung. Bevor er sie Marco jedoch abnehmen kann, wird sie ihm bereits von einer fremden Hand entrissen. »Ich hab euch schon auf dem gesamten Schiff gesucht«, donnert Thatchs Stimme durch den stillen Gang. Er sackt zwischen Marco und Ace zu Boden und stopft sich Kekse in den Mund. Seine Nasenspitze ist rot und ein Schal ist eng um seinen Hals gebunden. »Die Vorräte sind endgültig alle und Teach hat sich doch glatt das Brot geklaut, das ich mir ergattert hab. Ich hab mich nur kurz umgedreht, um mit Izou zu sprechen und dann war es bereits weg.« Thatch stößt einen frustrierten Laut aus, doch Marcos Blick klebt an Ace, der seine Hand sinken lässt. Allerdings wirkt er nicht enttäuscht. Nur dass er nicht über Thatchs fehlendes Glück lacht, verrät ihn und sagt Marco, dass noch nicht alles beim Alten ist. Marco stößt Thatch wortlos einen Ellenbogen in die Seite. »Hey!«, entweicht es diesem, doch er fängt Marcos Blick auf und sieht auf ein Nicken hin zu Ace herüber. »Oh.« Thatch räuspert sich theatralisch. »Jedenfalls hat Izou irgendwas davon gelabert, dass er eine Idee hat, wie du das Eis schmelzen kannst, ohne dabei in Eiswasser zu ertrinken.« Als Ace aufsieht, schiebt Thatch ihm einen Keks in den Mund. »Also hör auf zu schmollen, du wirst uns den Tag retten. Oder eher den Abend, wenn man es genau nimmt.« »Hör auf so einen Quatsch zu reden, Thatch«, murmelt Ace mit vollem Mund und Krümeln im Gesicht. Seine Wangen erhitzen sich unter den Blicken der älteren Kommandanten, bis sich Marcos Mundwinkel in Belustigung hebt. »Das will ich doch gar nicht.« »Ja ja«, sagt Thatch. »Zieh dir lieber endlich was Anständiges an, ich kann dich kaum ansehen, wie du bei diesen Temperaturen halbnackt herumläufst.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)