Fight me, please! von Shizana (Sommerwichteln 2013 für Baku_Chan) ================================================================================ Kapitel 1: Hitziger Empfang auf Mount Silver -------------------------------------------- Er hasste es. Er hasste es so abgrundtief! Nicht das, was er tat, jedenfalls nicht im Wesentlichen. Ganz im Gegenteil, normal mochte er es ganz gern, auf dem Rücken seines Tauboss‘ zu fliegen, und tat es bevorzugt. Es gab ihm ein Gefühl von uneingeschränkter Freiheit und er konnte seinem Pokémon zugleich nah sein. Der Königsvogel trug ihn mit aller Leichtigkeit durch die Lüfte und machte keinerlei Anschein, als würde ihn das Gewicht auf seinem Rücken auch nur im Geringsten stören oder gar beeinträchtigen. Tauboss war stark, und diese Stärke demonstrierte es gern, deswegen war es nie ein Problem, auf ihm zu reiten. Doch heute war das Pokémon unruhig, und Green wusste natürlich, woran das lag. Natürlich spürte es instinktiv, dass sein Trainer angespannt war. Doch Green gab sich auch keinerlei Mühe, es zu verbergen. Er war gereizt, mehr noch: Er war stinkwütend und seine Laune lag weit unter dem Gefrierpunkt. Und das alles nur wegen ihm. Nur wegen ihm war er nun schon wieder auf dem Weg zu diesem verdammten Berg. Nie hätte er gedacht, dass er Mount Silver jemals so sehr hassen könnte. Als Kind hatte er den imposanten Berg, der weit über Kanto in die Höhe ragte und seine Majestät über die gesamte Region erstreckte, als faszinierend empfunden und gern aus der Ferne bewundert. Damals hatte er immer davon geträumt, ihn eines Tages zu bereisen und zu erklimmen, um die vielen Pokémon zu erforschen, von denen man sich erzählte, dass sie besonders stark seien und deswegen nur die stärksten und erfahrensten Trainer Fuß auf den Berg setzen sollten. Genau diese Art Trainer hatte er werden wollen, der Stärkste von allen, und als dieser wollte er auf der Spitze stehen und von dort aus auf den Rest der Welt hinabsehen können. – Und was war daraus geworden? Heute hatte Mount Silver den stärksten Trainer der Welt auf seiner Spitze stehen, aber es war nicht der Trainer, den sich Green immer vorgestellt hatte. Nicht er stand dort und genoss Größe und Anerkennung, sondern er war es. Der letzte von allen möglichen Kandidaten, die er dort hätte sehen wollen, stand heute an seiner statt an der Spitze, wortwörtlich, und nannte sich Champ von ganz Kanto und Johto. – Kanto und Johto! War denn das zu fassen?! Aber darüber war er hinweg. Heute war er der Arenaleiter von Tokiwa City, nachdem der vorherige Leiter seinen plötzlichen Rücktritt angekündigt hatte und verschwunden war, und das nun schon seit einigen Jahren. Green hatte sich in seine neue Funktionsrolle eingegliedert und sich damit abgefunden. Eigentlich war es gar nicht so schlecht, auch wenn es nichtsdestotrotz nicht das war, was er ursprünglich geplant hatte. Aber es war okay und er tat die Arbeit gern. Ganz im Gegenteil zu dem hier. So sehr er Mount Silver auch noch immer insgeheim bewunderte, er hasste es, wenn er dem Königsberg einen spontanen Besuch abstatten musste. Nicht etwa, weil es eine weite und aufwendige Anreise bis dorthin war, und auch nicht wegen der permanenten Gefahr auf unvorhersehbare Witterungsveränderungen wie Blizzards oder heftige Stürme. Selbst die Eiseskälte auf Höhe der höchsten Zugspitze war etwas, womit er leben konnte. Das alles wäre hinnehmbar und er könnte es als Selbstherausforderung sehen, wäre es nur ein anderer Grund, weswegen er die weite Reise auf sich nahm. Wäre es wegen etwas anderem – alles, egal was! – als wegen ihm. „Dieser Kerl!“, zischte er zwischen den Zähnen hervor und festigte seinen Griff in den robusten Federn seines Pokémon-Partners. Sie hatten ihr Ziel fast erreicht, der Berg wirkte noch eindrucksvoller aus der Nähe. Bisher war die Reise ein Klacks gewesen und hatte Trainer und Pokémon nicht viel abverlangt. Doch ab hier mussten sie höher hinaufsteigen und auf alles vorbereitet sein. Tauboss tat einen kräftigen Flügelschlag begleitet von einem brüstenden Schrei, bevor es sein Tempo anzog und steil in die Horizontale einlenkte. Auch sein Trainer wappnete sich, zog die dicke Daunenjacke enger um seinen Körper und schob den Reißverschluss bis zum obersten Zacken hoch. Es war Endsommer, aber hier auf Mount Silver spielte das Wetter nach seinen eigenen Regeln. Hoffentlich hatte es sich heute nicht für Eisschlagrodeozug entschieden.   Die weiße Schneemasse knirschte unter seinen Sohlen und zog sich unangenehm feucht in den Stoff seiner Hosenbeinenden. Verdammt, er hätte doch zu den robusten Boots wechseln sollen, bevor er aufgebrochen war. Aber wie hätte er auch ahnen können, dass ihn eine zentimeterhoch liegende Schneedecke erwarten würde? Es musste in den letzten Tagen viel geschneit haben auf Mount Silver und es konnten kaum Temperaturen über der Nullgrenze geherrscht haben. Auch jetzt war es kalt. Eine trockene Kälte mit geringem Schneefall wattiger Flocken, aber sie war weit erträglicher als die feuchtfrostige Version davon, bei der sich mit jedem Atemzug dutzende feiner Nadeln in die Lungen zu bohren schienen. In dieser Hinsicht hatte er also noch einmal Glück gehabt, doch das besserte seine Laune nicht sonderlich. Es war lediglich ein nerviger Faktor weniger. Sie waren auf demselben Vorsprung wie immer gelandet. Von hier aus war es am kürzesten und unkompliziertesten bis zu jenem Unterschlupf, in welchem er jene Person vermutete, wegen der er hier war. Sofern sie dort war, vorausgesetzt. Green hoffte es. Er hatte wenig Lust, länger als zwingend notwendig auf dem Berg zu bleiben und sich den eisigen Winden auszusetzen. Sein Plan sah vor, auf direktem Wege den üblichen Ort aufzusuchen, seine Zielperson dort vorzufinden und aufzugreifen, und dann ohne weitere Umschweife auf Tauboss‘ Rücken nach Hause zurückzufliegen. Sofern alles verlief wie gedacht, war das hier eine Sache von höchstens fünf Minuten. Für diese Zeit lohnte es sich nicht, das Vogel-Pokémon in seinen Pokéball zurückzurufen. Ein wenig Schnee und ein paar Minusgrade konnten dem Königsvogel nichts anhaben, so beließ er ihn außerhalb seines Balls und machte sich auf den Weg. Tauboss folgte ihm dicht auf den Fersen. „Red!“, rief Green so laut er konnte und machte so seine Anwesenheit kund. Aufmerksam prüfte er seine Umgebung, doch von seinem alten Kindheitsfreund und Rivalen war weit und breit nichts zu sehen. Auch der weite Schneeteppich zeigte keinerlei Fußspuren, die frisch genug waren, als dass sie ihm einen Anhaltspunkt zum aktuellen Aufenthaltsort des Gesuchten geben konnten. „Ich hab‘ nicht ewig Zeit! Deine Mutter wartet, schon vergessen?“ Nichts, auf dem Berg blieb es still. Lediglich der Wind zog mit einer plötzlichen Gewalt an ihm vorbei, zerrte an ihm und kroch jauchzend an der unnachgiebigen Felswand entlang. Fast war es wie eine Botschaft, und vermutlich war das gar nicht einmal so weit hergeholt. Er vergeudete nur unnötig Atem; nach diesem Kerl zu rufen, hatte noch nie etwas genützt. Dicht gefolgt von seinem Pokémon ging Green die wenigen Meter bis zu jener Stelle an der Felswand, wo ein zwei Meter hohes Steingeröll die nahezu ordentliche Ebenheit störte. Er erkannte schon aus der Entfernung, dass es ein Stück weit abseits gerückt war und den Blick in das schwarze Innere einer Höhle freigab. Gut für ihn, so musste er nicht seine eigenen Pokémon bemühen, um den Brocken zu bewegen. Zugleich aber auch schlecht, denn das bedeutete eine fifty-fifty Chance, ob der Champ „zu Hause“ war oder nicht. Der Spalt war gerade breit genug, dass Green in das Innere der Höhle hineinschlüpfen könnte. Er begnügte sich damit, sich an der kalten Felswand mit den Händen abzustützen und den Kopf in den dunklen Raum hineinzustecken. Tauboss, neugierig wie es war, tat es seinem Trainer gleich. „Red?“, versuchte er es noch einmal, doch wieder erhielt er keine Antwort. Das trockene Gestein verschluckte sein Echo. Nichts, nur Dunkelheit und Stille. Hatte er ihn wohlmöglich verpasst? Wenn ja, dann würde er ihn umbringen, sobald er zurück in Masara Town war und ihn zwischen die Finger bekam. Nicht nur, dass er wegen ihm diese Umstände auf sich genommen hatte: Sollte sich herausstellen, dass es umsonst gewesen war, dann gnade ihm Arceus! Er ließ seinen Blick durch die Höhle schweifen, die kaum breiter und höher war, als dass sich ein ausgewachsenes Relaxo darin breit machen konnte, solange es geduckt blieb und sich nicht aufrichtete. Es gab keine Ausstattung, scheinbar hatte Red es noch immer nicht zustande bekommen, sich wenigstens ein paar Öllampen an die Felsdecke aufzuhängen. Einzig eine abgebrannte Feuerstelle ließ sich durch den Lichteinfall etwa mittig des Raumes erkennen. Eine gelbe Mülltüte lag unweit daneben, die umgekippt war und aus der ein gebrauchter Becher Instantnudeln herauslugte, wie man sie in jedem Markt zu kaufen bekam. Typisch. Vermutlich ernährte sich der Typ nicht einmal richtig, solange er seiner Mutter keinen kurzen Besuch abstattete oder Green ihm etwas in ihrem Auftrag hinaufbrachte. Ein tolles Bild von Champ war er, absolut hoffnungslos. Während er sich umsah, wurde er auf etwas aufmerksam, das seinen Unmut fürs Erste besänftigte. Unweit des Eingangs an der linken Wand lehnte Reds Rucksack. Green hatte ihn anfangs nicht bemerkt, aber nun hatte er die Gewissheit, nach der er gesucht hatte. Es war unverkennbar sein Gepäck, Red hatte denselben braunen Rucksack zu Beginn ihrer Pokémon-Reise getragen und fortan immer bei sich gehabt. Und Green wusste, dass er nicht ohne ihn nach Masara Town aufbrechen würde. In dem Rucksack befanden sich all seine wichtigsten Sachen, die er für sich und seine Pokémon benötigte. Niemals würde er ihn zurücklassen, wenn er sich nicht in unmittelbarer Nähe befand. „Du bist noch hier“, schlussfolgerte Green richtig und bückte sich, um besagten Rucksack und die blaue Reisetasche, die aufbruchbereit direkt daneben stand, an sich zu nehmen. Fehlte nur noch der Besitzer des Gepäcks. „Gehen wir“, sprach er zu seinem Pokémon, als er sich an dessen Seite vorbeidrängte. Der Königsvogel wich zwei Schritte zur Seite und beobachtete das Vorhaben seines Trainers genauestens. Dieser hatte sich den Rucksack bereits über den einen Arm gelegt und schultert die wenig größere Reisetasche auf der anderen Seite. „Wir brechen auf. Er sollte von selbst darauf kommen dürfen, dass wir hier waren. Ich suche doch jetzt nicht extra den ganzen verdammten Berg nach ihm ab oder warte, bis der gnädige Herr uns mal die Ehre erweist und sich blicken lässt. Tze, soll er kommen und sich sein Zeug holen. Ich friere mir hier doch nicht wegen ihm den Arsch ab.“ Während er sich all seinen Frust von der Seele redete, folgte Green bereits seinen eigenen Fußspuren den Weg zurück, den sie gekommen waren. Das schwerfälligere Knirschen hinter ihm war Vergewisserung genug, dass sein Pokémon ihm folgte. Red war ein Holzkopf, aber nicht dumm, wiederholte Green in seinen Gedanken. Er dürfte klug genug sein, um ihre Fußspuren im Schnee zu erkennen und daraus schlussfolgern zu können, dass er hier gewesen war, um ihn abzuholen. Selbst schuld, wenn er lieber durch die Ödnis streunte, statt sich zu entsinnen, welcher Tag heute war. Jetzt hatte er einen guten Grund, seinen Arsch von Mount Silver herunterzubewegen. Mit seinem Glurak an seiner Seite dürfte das kein Problem darstellen, das tat es sonst auch nie. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass es flugunfähig war … Er hatte doch seinen PokéCom bei sich, oder nicht? Bei diesem Gedanken stoppte Green. Er hielt es eigentlich für unwahrscheinlich, schließlich hatte er die beiden weder in der Höhle vorgefunden noch hatte sich Red bis jetzt bei ihm gemeldet. Dennoch, Vorsicht war stets besser als Nachsicht. Er ließ die Reisetasche neben sich in den Schnee sinken und rückte den Rucksack so, dass er unter seinem Gesicht war. Das Durchsuchen der Tasche gestaltete sich dennoch als umständlich, also legte er sie ab und ging in die Hocke, um seiner Arbeit besser nachgehen zu können. Mal sehen, wenn er sich nicht irrte, dann müsste der PokéCom normalerweise … Ein greller Aufschrei des Vogel-Pokémon unterbrach diesen Gedanken. Es hatte sich an die Seite seines Trainers begeben, zu seiner vollen Größe aufgerichtet, und schlug heftig mit den Flügeln; geradeso, als wolle es ihn vor etwas beschützen. Das geschah so plötzlich und unvorbereitet, dass Green nicht sofort erkennen konnte, was der Auslöser für Tauboss‘ unerwartete Verteidigungshaltung war. Schneeböen wehten um ihn herum auf, sodass er die Arme vor sein Gesicht heben musste, um sich zu schützen. Erst als der Königsvogel seinen Windstoß beendet hatte und sich wieder auf dem kahlen Erdboden niederließ, riskierte er einen prüfenden Blick, um sich der Situation zu vergewissern. Das Erste, was ihm auffiel, waren Blätter. Grüne Blätter, etwa so groß wie seine eigene Handfläche, die über dem Boden verstreut lagen und nur noch vereinzelt gen Erde fielen. Er begriff sofort, was hier los war. „Red!“, stieß er hervor und richtete sich noch im selben Moment auf seine Beine. Er brauchte nur der Spur aus Blättern zu folgen, um das stämmige Pflanzen-Pokémon zu erkennen, das in einigen Metern Entfernung auf einem Vorsprung zwischen den verschneiten Bäumen hervorlugte. Green trat zwei Schritte vor. „Sag mal, hackt’s bei dir?! Das war gefährlich, verdammte Scheiße!“ Neben dem Pokémon mit der riesigen roten Blüte auf dem Rücken raschelte es im Gebüsch. Nur wenig später gab sich der Verdächtige zu erkennen und blieb auf Gesichtshöhe seines Pokémon stehen. Es war ein Bild wie so meist: Red in seiner roten, kurzärmeligen Weste und der blauen Jeans, dass es Green allein beim Anblick fröstelte, und sein treues Pikachu auf der Schulter. Unter der schattenwerfenden Kappe stach das Rot seiner Augen heraus. So stand er einfach nur da, blickte unverwandt in Richtung seines alten Freundes und ehemaligen Rivalen und sprach kein einziges Wort. Nichts, keine Regung in seinen Gesichtszügen. Und dann, ganz ohne jegliche Spur von Einsicht oder Reue, hob er lediglich die Hand zum Gruß. Was umso deplatzierter in dieser Situation wirkte, als das gelbe Elektromaus-Pokémon die Geste seines Trainers imitierte. „Gib mir nicht das!“, blaffte Green zu ihm hoch. „Tickst du noch ganz sauber?! Begrüßt du neuerdings so einen Besucher? Bisaflors Rasierblatt hätte mich killen können!“ In einer Unschuldsgeste legte Red den Kopf zur Seite und griff sich in den Nacken. Eigentlich hatte Green auf eine Entschuldigung oder wenigstens eine Erklärung gehofft, aber was erwartete er schon großartig von ihm? „Mann, ich hätte genauso gut ein Herausforderer oder Verirrter sein können. Wenn Tauboss nicht gewesen wäre –“ „Bist du ein Herausforderer?“ „Verdammt, NEIN!“ Dieser Kerl hatte echt Nerven. Da ließ er sich endlich dazu herab, mit ihm zu sprechen, und dann kam so ein gequirlter Schwachsinn aus seinem Mund. „Mach dich nicht lächerlich. Ich bin nur hier, weil du ‘nen Kopf wie ‘n Sieb hast.“ – ‚So wie immer‘, fügte er in Gedanken hinzu. Etwas in Reds Mimik veränderte sich. Es war nicht genau zu erkennen, doch Green vermutete, dass er die Augenbrauen krausgezogen hatte. Vermutlich ratterte es gerade unter seinem roten Basecap. „War ja klar.“ Green tat einen gedehnten Seufzer, ehe er sich von dem Champ abwandte und daran machte, dessen Gepäck erneut aufzunehmen. „Deine Mutter hat mich geschickt, um dich abzuholen. Bild dir nur nichts darauf ein! Schlimm genug, dass sie mich um so etwas bitten muss.“ Derweil klopfte Red seinem Bisaflor den breiten Hals, bevor er es in seinen Pokéball zurückholte. Green bemerkte aus dem Augenwinkel, wie sein ehemaliger Rivale den Ball an seinem Gürtel austauschte und anstelle des Pflanzen-Pokémon sein Glurak freirief. Der Feuerdrache formierte sich gerade aus dem hellen Licht neben seinem Trainer, als sich Green wieder seinem Tauboss zuwandte. Der Königsvogel hatte sich bereits auf dem Boden zusammengekauert, damit sein Herr weniger Mühe hatte, die Taschen auf seinen Rücken zu befördern und sich anschließend selbst hinaufzuschwingen. Er hatte seinen Sitz noch gar nicht richtig auf dem Vogel gefunden, da sprang dieser schon ab und erhob sich fluchtartig in die Lüfte. Noch ehe Green richtig begriff, was hier vor sich ging, und er einen Fluch aussprechen konnte, schoss eine Feuerfontäne nur wenige Zentimeter zu seiner Seite an ihm vorbei. „Red!“ Green hatte alle Mühe, die beiden Taschen nicht aus seinen Armen zu verlieren und sich zugleich an seinem Pokémon festzuhalten, damit er nicht in die Tiefe stürzte. Dennoch, so gut er es eben unter diesen Umständen konnte, drehte er seinen Kopf und sah zu dem Freund zurück, der ihm in nur wenigen Metern Entfernung auf den Fersen war. „Verdammt, was soll der Scheiß?! Hast du jetzt ‘nen totalen Vollknall?!“ Doch der Champ zeigte sich unbeeindruckt. Ohne dass er nur ein Wort gesagt hatte, legte der Drache den Kopf in den Nacken, bevor er einen erneuten Flammenwurf auf den Königsvogel und dessen Trainer vor ihm losließ. „Du tickst nicht ganz sauber!“ Schnell lenkte er sein Pokémon zur Seite, woraufhin es sich in die Schräge legte und seitwärts abdrehte. Er konnte noch die Hitzewelle spüren, die von der Feuerattacke ausging, als sie ihr knapp ausgewichen waren und sie an ihnen vorbei ins Leere ging. Gluraks kräftige Flügelschläge waren hinter ihnen zu hören. Obwohl Green seinen Partner anspornte, an Geschwindigkeit zuzulegen, gewannen sie nicht an Vorsprung. Natürlich wusste er, dass Tauboss noch zu wesentlich mehr in der Lage war, aber solange er auf dessen Rücken saß, konnte das Pokémon sein Potenzial nicht voll ausschöpfen. Es musste auf seine Intuition und Geschicklichkeit vertrauen. Eine weitere Feuerwelle bahnte sich auf sie zu, und wieder lenkte Green sein Pokémon in ein Ausweichmanöver. Er konnte spüren, dass Tauboss nervös war, doch nicht wegen der Flammen, wie man meinen würde. Es wollte nicht fliehen, es wollte sich seinem Gegner stellen und kämpfen. Green wusste das. Es war nun einmal seine Natur, wie bei so ziemlich jedem Pokémon, das er kannte. Und auch wenn es nicht das erste Mal gewesen wäre, dass die beiden Giganten sich einen ebenbürtigen Luftkampf lieferten, verwehrte er ihm diese Aussicht und trieb es voran. Dem Königsvogel gefiel das nicht, aber er ließ ihm keine Wahl. Ohne dass er es bemerkt hatte, war Glurak auf einmal mit ihnen gleichauf und lenkte in einen Seitenangriff. Nur mit Mühe konnte er den Vogel nach außen abdrehen, bevor er ihn zur anderen Seite lenkte, sodass er unter dem Drachen entlangtauchte, bevor er wieder über ihm aufstieg. „Ich bring‘ den Kerl um“, knirschte Green rasend vor Wut und warf einen prüfenden Blick zu dem Jungen unter ihnen. Auch dieser hatte ihn nicht aus den Augen verloren und ihre Blicke trafen sich. Es lag eine wilde Entschlossenheit auf den Gesichtszügen des Champs, was Green nur noch zorniger machte. Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, um sich von diesem Kerl provozieren zu lassen. Nur flüchtig warf er einen Blick über seine Schulter zurück. Während ihres kleinen Hiebaustausches, wenn auch vielmehr einseitiger Basis, hatten sie sich bereits ein gutes Stück von Mount Silver entfernt. Na, umso besser! Er hatte ohnehin keine Zeit auf diesem Berg vertrödeln wollen, auch wenn es so nicht geplant gewesen war. „Ich revanchiere mich noch für das hier, darauf kannst du einen lassen“, sprach er mehr zu sich selbst und legte sich so dicht er konnte an das Gefieder seines Pokémon, die Taschen zwischen sich und dem Körper des Vogels gepresst. Damit gab er Tauboss alles Notwendige zu verstehen und es erhöhte noch einmal sein Tempo, soweit es ihm mit seinem Trainer auf dem Rücken möglich war. Sollte Reds Glurak mit ihnen mithalten können oder nicht, sie steuerten auf direktem Wege ihr Ziel an: Masara Town. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)