kyoosha - the answer to his questions von ivy-company ================================================================================ Kapitel 3: Re: Viel Gebrüll um nichts ------------------------------------- Kapitel 3 Re: Viel Gebrüll um nichts Ich öffnete murrend die Augen, doch verschloss sie gleich wieder angeekelt. Es war hell. Und früh. Es fühlte sich viel zu früh an. Ich wollte noch nicht wach sein, aber die laute Musik gab keine Ruhe mehr. Scheiß Nachbarn. Wahrscheinlich war es aber auch gar nicht so früh wie es sich anfühlte, also durfte ich mich nicht einmal wegen Ruhestörung beschweren. Der vorige Abend hatte sich nur ungewollt in die Länge gezogen gehabt. Die Entscheidung der Stalkerin zu antworten, war schnell getroffen gewesen. Nur hatte ich nicht gewusst, was ich schreiben sollte. Mein Leben ist so erbärmlich, dass deine Mails das Einzige sind, was Abwechslung in meinen Alltag bringt, also belästige mich bitte weiter? Nur bei dem Gedanken daran, dass dies eigentlich der Wahrheit entsprach, hatte ich mich doch gegen eine Nachricht entschieden gehabt. Mein Stolz hatte ganze 10 Minuten angehalten und ich saß wieder mit meinem Handy auf dem Sofa und grübelte über meiner Antwort: Lang, kurz, freundlich, lustig, bestimmend, sofort antworten oder zappeln lassen? Gab es ein YouTube-Video, das zu meiner Situation passte oder wenigstens ein Gif, das ich ihr schicken konnte? Was antwortet man einer Stalkerin, mit der man gerne Kontakt haben möchte, ohne dass sie einem im Kleiderschrank auflauert und umbringt? Die Lösung auf diese schwerwiegenden Probleme habe ich dann auf dem Boden einer Bierflasche gesucht. Und als sie da nicht war, eben auf dem einer zweiten. Nach einer weiteren Flasche und mindestens 5 Anläufen, hatte ich die Mail dann doch tatsächlich abgeschickt. „Nur weil ich nicht sofort antworte, heißt das nicht, dass ich gar nicht antworten werde. Manche von uns haben einen anstrengenden Job und sind eben beschäftigt.“ Nach dieser Glanzleistung war ich dann halbtot in mein Bett gefallen und sofort eingeschlafen. Allerdings fragte ich mich jetzt doch, ob das die richtige Antwort gewesen war. Wirklich freundlich war ich nicht gewesen. Eher zickig. Oder vielleicht hatte ich doch einen anderen Wortlaut im Kopf als ich geschrieben hatte? Hoffentlich. Denn mittlerweile begann ich diese Nachricht zu bereuen. Sie war echt nicht nett gewesen. Schlafen konnte ich mit dem Gedanken sowieso nicht mehr, also drehte ich mich zur Seite und sah auf meinen Wecker. Halb eins. Okay, doch nicht ganz so früh wie ich gedacht hab. Trotzdem! Gestern war schließlich anstrengend gewesen. Vor allem der Abend. Da durfte man doch mal ausschlafen. Scheinbar sah das mein Nachbar anders, denn die Musik ging von neuem los. Völlig genervt und übermüdet schlug ich gegen die Wand, an der mein Bett stand und die ich mir mit besagtem nervigen Nachbar teilte. Als keine drei Sekunden später ein dumpfer Schlag zurückkam, schnaubte ich laut. Was fiel dem ein? Ich setzte mich auf, bereit der Wand noch einen weiteren Tritt zu verpassen, als mein Blick erneut auf den Nachttisch fiel und mir mein Handy von dort fröhlich entgegenblinkte. Und nicht nur das. Es gab auch Musik von sich, die ich jetzt endlich zuordnen konnte. Ups. Mit einem entschuldigenden Blick auf die Wand nahm ich den Anruf entgegen. „Wo steckst du?!“ Ich brauchte einen Moment. Nicht, um die Stimme zuzuordnen – die kannte ich schließlich gut genug – sondern um nachzudenken, wo ich denn jetzt gerade sein sollte. In meinem Bett gefiel es mir nämlich äußerst gut. „Zu Hause?“, antwortete ich Reita vorsichtig. „Dann hoffe ich für dich, dass du da in einer Minute raus bist.“ ~~~ Es brauchte ein bisschen mehr als eine Minute, bis ich meine Wohnung verlassen hatte, und ein paar weitere, nicht sehr freundliche aber berechtigte Worte meines besten Freundes, aber irgendwann kam ich dann auch dort an, wo ich eigentlich schon vor über einer halben Stunde hätte sein sollen: Dem Ramen-Restaurant, vor dem Rei und ich uns treffen wollten. Ich sah schon von weitem, dass er alles andere als gut drauf war. Ich konnte mich echt auf ein Donnerwetter einstellen. Dafür wusste ich aber auch, dass er sich während des Essens beruhigen würde. Das war immer so. Kopfschüttelnd sah ich dabei zu, wie Rei seine zweite Bestellung an Speisen aufgab, während ich erst einmal mit einem Kaffee vorliebnahm. Meine Empörung war allerdings nicht echt, da sich bei jedem unserer Essen inzwischen das gleiche Schauspiel ereignete: Rei aß eine absurde Menge, wir stritten deshalb, ich zahlte. Und leider konnte ich ihm deshalb gar nicht so richtig böse sein. War ja meine Schuld. Vor einigen Monaten hatte ich es geschafft Rei dazu zu überreden, dass ich mit seinem Motorrad, einer schwarzen Suzuki, fahren durfte. Ich hatte von Motorrädern zwar keine Ahnung, aber was sollte schon passieren? Am Ende hab ich mich mitsamt Reita und der Maschine auf die Nase gelegt. Uns ist nichts passiert. Nur die Suzuki hatte eine unschöne Schramme. Als wäre das nicht schon schlimm genug, gehörte das Fahrzeug genau genommen Aoi. Und Reitas Mitbewohner war immer jedes Mittel Recht, um dem Bassisten die Hölle heiß zu machen. Natürlich hatte ich Rei sofort angeboten den Schaden zu bezahlen, was er allerdings abgelehnt hatte. Danach hatte ich ein so schlechtes Gewissen gehabt, dass ich ihm eine lebenslange Einladung zum Essen versprochen hatte. Und Rei nutzte das natürlich schamlos aus. Jetzt muss ich alle 3 Wochen mein letztes Geld zusammenkratzen und darf den Vielfraß bei der Nahrungsaufnahme bestaunen. Natürlich übertreib ich. Der Blonde aß zwar viel, aber suchte sich für die Orgien immer ziemlich preiswerte Lokale aus und ein gemeinsames Mittagessen war immer eine angenehme Abwechslung neben unseren abendlichen Besäufnissen. Allerdings würde ich das vor Rei nie zugeben. „Ich habe keine Ahnung, wie du das alles schaffst“, kommentierte ich das Geschehen. „Könnte daran liegen, dass ich die letzten 2 Tage so gut wie nichts gegessen habe“, antwortete mir der Blonde mit vollem Mund und grinste mich dabei fies an. Mich brachte seine Aussage allerdings nur zum Schmunzeln. „Man, du hörst dich ja schon fast wie ne Frau an, die sich für ein wichtiges Date herunter gehungert hat“, teilte ich ihm mit. „Hast du extra nichts gegessen, um für mich in deine enge Jeans zu passen? Das ist aber süß!“ Reita starrte mich nur böse an und ließ dann ein trockenes „Nummer 22 und 83, bitte“ von sich hören. Ich war kurz verwirrt, bis mir auffiel, dass die Kellnerin schon wieder an unserem Tisch stand. Statt auf meine Spitze zu antworten, hatte sich der Blonde also gleich zwei weitere Gerichte auf meine Kosten bestellt. Bastard. Leider klappte das Ablenken nicht ganz so gut wie ich mir erhofft hatte, als ich in der Bahn ein paar Minuten für mich gehabt hatte, um aufzuwachen. In den Minuten waren meine Gedanken natürlich sofort wieder abgeschweift, wie immer, wenn ich in den letzten Tagen etwas Zeit hatte. Aber ich hatte damit gerechnet, dass ich wenigstens heute meine Ruhe davor haben würde. Pustekuchen. Meine eigenen Sticheleien über Dates und Frauen schickten mich geradewegs in den Sumpf meiner Gedanken zurück. Nachdem ich mir das Drama vor mir eine Weile angesehen und mein Kaffee auch leergetrunken hatte, setzte ich nach einigem hin und her schließlich doch an. Rei würde es für sich behalten. Hoffentlich. Und jemand anderes fiel mir nicht ein, dem ich das erzählen konnte. Saga war der Einzige in meiner Band gewesen, auf den ich gehofft hatte. „Hey…“ „Hm?“, grunzte es mir entgegen. Er hielt es nicht mal für nötig aufzusehen! Ich war kurz davor ihm einen Tritt in sein verdammtes Schienbein zu geben – schließlich vertraute ich ihm hier gerade meine geheimsten Geheimnisse an! -, ließ es dann aber doch bleiben. Musste ihn ja nicht gerade wütend machen, bevor ich kleinlaut um Rat fragte. „Ich hab ne Stalkerin“, murmelte ich frei heraus. „Und?“ Schön. Er hatte mich zumindest verstanden. „Was „und“?“ Zwischen zwei Portionen Reis glaubte ich ein „Is sie hübsch? Wie heißt sie?“ raushören zu können. Hübsch? Keine Ahnung. Name? … Auch keine Ahnung. „Weiß nicht.“ „Du weißt nich, wie sie heißt?“ „Hab sie nicht gefragt.“ „Woher weißte dann, dass es ne sie is?“ Mir blieb der Mund offen stehen. „Was?“ Vielleicht hatte ich ihn in dem Chaos von Reis und Curry in seinem Mund falsch verstanden. „Na n Kerl. Weißt du, ne Frau erkennt man an ihren Hupen und n Kerl ha-“ „Okay!! Ich weiß, was du meinst!“, fuhr ich dazwischen, bevor sich hier noch alle Gäste zu uns umdrehten. Rei musste ja so schon ein tolles Bild abgeben. Da brauchte ich nicht auch noch zusätzliche Aufmerksamkeit. Ich rutschte nervös auf meinem Stuhl hin und her und schaute mich um, ob uns vielleicht jemand gehört hatte. Anders als einige meiner Musikerkollegen war ich doch eher ein verschlossener Mensch und empfand es unangenehm über meine Sexualität zu reden. Zwar hatte ich schon eine Beziehung mit einem Mann geführt, doch war ich mir selbst nicht ganz im Klaren darüber, was das für mich bedeutete. Und wenn ich es selbst nicht genau wusste, würde ich garantiert nicht durch die Gegend rennen und anderen davon erzählen. Die Idee, dass es sich um einen Stalker und nicht um eine Stalkerin handeln könnte, verunsicherte mich deshalb schon ein wenig. „Kannst du vielleicht mal aufhören wie blöd Löcher in die Luft zu starren? Mir wird langweilig, wenn ich beim Essen keine Unterhaltung bekomm“, riss mich mein Gegenüber unsanft aus meinen Überlegungen. Wahrscheinlich besser so. „Los, jetzt erzähl schon deine kleine Stalker-Geschichte“, wurde ich aufgefordert, während Rei sich weiter Reis in den Mund stopfte. Also begann ich ihm Genaueres über die Mails zu erzählen und natürlich auch, dass sie an meinen privaten Mailaccount gingen. „Jedenfalls bin ich ein bisschen ratlos, was ich machen soll“, gestand ich am Ende meinem Freund. „Ich habe der… Person ja jetzt zurückgeschrieben, aber ich weiß nicht, wie schlau das war. Saga hatte mir sogar geraten, das Management deshalb einzuschalten!“ Reita hatte bis dato ausdruckslos weitergegessen und nur durch leichtes Nicken oder animalisches Grunzen seine Aufmerksamkeit bekundet. Bei diesen Worten schaute er jedoch auf. „Saga ist ein Weichei“, gab er nur finster vor sich. Ich verdrehte die Augen. Seit einiger Zeit bekamen sich die beiden Bassisten immer wieder in die Haare. Eine gesunde Rivalität war ja in Ordnung, aber manchmal nervten mich diese Zickereien doch gewaltig. „Warum solltest du denn wegen ein paar harmloser Mails gleich Panik machen? Als hätte euer Manager keine anderen Sorgen! Wenn du mit dieser Person schreiben willst, dann mach das doch, und wenn sie dich in Ruhe lassen soll, dann sei ein Mann und sag es ihr selbst.“ Nach dieser Moralpredigt stopfte er sich gleich weiter sein Essen in den Mund und fügte kauend hinzu: „Scheint ja aber nicht so.“ „Was scheint nicht so?“ Ich wusste, was Reita meinte. Es schien nicht so, dass ich in Ruhe gelassen werden wollte. Und er hatte ja auch Recht. Wahrscheinlich! Vielleicht!! Eventuell!! Aber selbst wenn, wie kam er darauf? Ich hatte diese Person ewig ignoriert und ihr nicht zurückgeschrieben. „Naja, du hast geantwortet.“ Dabei fuchtelte mein Gegenüber wild mit seinen Stäbchen in der Luft herum. „Wenn du keinen Kontakt willst, antwortest du nicht. Ganz einfach. Aber das hast du, also hast du klar gemacht, dass du schreiben willst.“ Und weiter ging die Fressorgie. Aber Reita hatte leider Recht. Ich lehnte mich frustriert in meinem Stuhl zurück. Ich wollte nicht, dass diese Person – ich sollte dringend ihren Namen rausfinden – aufhörte mir zu schreiben. So ungern ich es mir auch eingestand, es war die Wahrheit. Sonst hätte ich nicht geantwortet. „Und was mach ich jetzt?“ Reita zuckte bei meiner Frage nur die Schultern. „Mach was du willst.“ Na danke. Das war doch mal ein toller Rat von meinem besten Freund. Der brachte mich sowas von weiter. „Sei ehrlich. Habs dir doch eben schon gesagt.“ Ich seufzte. „Vielleicht sollte ich erstmal rauskriegen, wie sie… er… was auch immer an meine mailadresse gekommen ist…“ Reita lachte kurz. „Meinst du echt, die plaudert das einfach aus? Wenn sie an deine gekommen ist, könnte sie vielleicht auch die von uns allen rauskriegen! Da würde sie – oder er – ja wohl kaum sagen, wie. Das wär ja schön blöd.“ „Oh…“ Er hatte Recht! Schon wieder. Mein Gehirn hatte sich wohl ein bisschen verabschiedet. „Sagst du mir Bescheid, wenn du auch solche mails kriegst?“ „Wenn eine von den Tausend, die ich täglich krieg, so klingt wie die von deinem Stalker, dann sag ich Bescheid, klar!“ Reita grinste mich an, während er weiter Essen in sich hineinschaufelte. Unglaublich wie überheblich der Kerl manchmal sein konnte. Ich zog ihm missmutig die Schüssel vor der Nase weg und begann selbst davon zu essen. Eigentlich hatte ich ja immer noch keinen Hunger, aber schon Reitas empörtes Gesicht war Gold wert. Ich grinste meinen besten Freund breit an und vergaß sogar für einen Moment mein Gedankenchaos. Reita zu ärgern hob einfach immer meine Laune! Um einiges ärmer verabschiedete ich mich 2 Stunden später von Rei und stieg in die Bahn ein, die mich nach Hause bringen sollte. Anders als mit Saga war das Thema „Stalker“ schnell vom Tisch gewesen und wir hatten uns die weitere Zeit über andere Dinge unterhalten. Trotzdem hatte es mir irgendwie geholfen mit ihm darüber zu reden. Vielleicht lag es einfach daran, dass mir sein Rat besser gefiel als Sagas, aber ich fand seine Sicht der Dinge ziemlich plausibel. Ich war ein erwachsener Mann und sollte schreiben mit wem ich will, ohne Angst zu haben! Und ich wollte mit der Person schreiben. Wahrscheinlich. Vielleicht. Eigentlich war gerade auch egal, was ich wollte! Solang ich keine Antwort bekam, musste ich mich damit gar nicht erst auseinander setzen! Und plötzlich spürte ich das Vibrationssignal meines Handys in meiner Hosentasche. Sofort setzte ich mich stocksteif auf meinen Sitz und fragte mich kurz, ob der Stalker jetzt schon meine Gedanken lesen konnte. Ich verwarf den Gedanken sofort wieder. Ich konnte doch gar nicht wissen, wer mir geschrieben hatte. Ich zog mein Handy schnell hervor, versuchte dabei aber weiterhin cool zu bleiben. Selbst wenn die Person mir geschrieben hatte, sollte mich das nicht so aus der Fassung bringen. Es war im Grunde ja eigentlich auch egal… Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen als ich den Absender sah und es wurde noch breiter als ich die Nachricht las. Ich hatte keine Ahnung auf was für eine Art von Nachricht ich gehofft hatte. Ich konnte nur an meiner fast beängstigend guten Laune erkennen, dass ich WIRKLICH auf eine Nachricht gehofft hatte. Und dieses Mal würde ich mich nicht so lange um eine Antwort bitten lassen! Ich lehnte mich gemütlich zurück und begann sofort zu tippen. _______ Betreff: Re: Viel Gebrüll um nichts Oh, der Tiger hat gebrüllt! Beschäftigt? Mit was bist du denn beschäftigt? Außer einmal im Monat eure kleine Spielshow zu moderieren? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)