Conclusion von Devi (Devil Survivor 2 - OVA) ================================================================================ Kapitel 4: 4th Day - Wednesday of Transformation ------------------------------------------------ „Es ist Fumi gelungen, das Programm für dich zu übertragen. Makoto wird dich wie gestern abholen, dann kannst du dich deinem Training widmen, damit du heute Nachmittag den Kampf mit Byakko wieder exzellent beherrschst, wie zuvor auch. -Yamato.“ Wieder war es eine Nachricht Yamatos, die Hibiki aus seinem Schlaf riss, aber er hatte beinahe schon mit so etwas gerechnet, also störte es ihn nicht. Natürlich fühlte er sich müde, nachdem seine Nacht doch recht kurz gewesen war, schließlich war er öfter aufgewacht und hatte über Dinge nachdenken müssen, die ihm jetzt schon wieder wie Träume erschienen, sodass er sich nicht mehr deutlich daran erinnern konnte. Er stand auf, erledigte routiniert die morgendlichen Abläufe, dann verließ er seine Wohnung, weil die Uhr verriet, dass er schon bald mit Makoto rechnen konnte. Er fühlte sich noch immer sehr müde, aber er hatte keine Wahl, als sich Yamato zu fügen, schließlich wurde er gebraucht. Aber irgendwas störte ihn. Er fühlte sich heute leer und anders.... das konnte unmöglich nur am Schlafmangel liegen. Takahara... Yamato... Hibikis schüttete heftig den Kopf, so als müsste er diese Gedanken abschütteln. Alcor ließ sich an diesem Morgen nicht mehr beim ihm blicken. Pünktlich stand er vor der Tür und zog seine Kapuze über, da es ihn an diesem Morgen untypischerweise ein wenig fröstelte. Makoto erschien zur selben Zeit wie gestern auch, öffnete Hibiki diesmal die Beifahrertür und begrüßte ihn: „Na, bereit für deinen Byakko?“ Hibiki nickte ihr nur zu, zwang sich zu einem Lächeln und betrat dann den Wagen. „Was stimmt heute nicht mit dir, Hibiki?“, fragte Makoto, während sie den Motor anließ und sich die Limousine mit einem sanften Brummen in Bewegung setzte. „Ich habe nur nicht so gut geschlafen...“, murmelte Hibiki, ihm wurde aber schnell bewusst, wie falsch sich das für Makoto anhören musste, schließlich würde sie ja sehr wohl Müdigkeit von Zweifeln unterscheiden können, deshalb fügte er hinzu: „Aber ich bin auf alle Fälle fit und freue mich schon darauf, ihn wiederzusehen!“ „Das freut mich zu hören. Wir alle verlassen uns auf dich, denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es Takahara heute gelingen wird, noch mächtigere Dämonen zu beschwören, ist hoch, hat Fumi vorausgesagt. Es kann gut passieren, dass es zu einem Kampf kommt, den Hotsuin-sama alleine nicht gewinnen kann.“ Wieder umklammerte Hibiki das Handy in seiner Tasche. Bestimmt würde er noch kämpfen können, auch wenn er eine kurze Einstiegsphase bräuchte, schließlich war es ein Jahr her, dass er Byakko kontrolliert hatte und auch damals geschah das Ganze eher intuitiv. Außerdem plagten Hibiki dieses Mal eine ganz andere Art von Sorgen. Was, wenn es mit der Beschwörung selbst nicht klappen sollte? Was, wenn Hibiki nicht in der Lage sein sollte, Byakko, oder irgendeinen anderen Dämonen zu sich zu rufen? Seine Zweifel waren zwar objektiv gesehen unbegründet, schließlich hatte er, laut Yamato und Alcor, ein besonders hohes natürliches Talent im Kampf gegen Dämonen, was ja auch einer der Gründe war, weswegen Yamato ihn schätzte. Aber wenn Hibiki versagen sollte... wenn er Byakko nicht mehr würde beschwören oder kontrollieren können... Nein, das war jetzt unangebracht, Hibiki musste optimistisch bleiben. Sein Optimismus und sein Glaube ans Gute hatten ihn schon einmal durch eine schwere Zeit getragen, er durfte nicht aufgeben, ohne es versucht zu haben. In der Zentrale von JPs angekommen, wurde Hibiki gleich von Fumi angesprochen, die ihm wie üblich in ihrem kurzen weißen Kleid vor ihm stand, die schwarze Jacke locker um die Schultern gelegt. „Wir haben alles rechtzeitig fertigstellen können, Kuze-kun, bist du bereit für den Testlauf?“, fragte Fumi, wie üblich ein wenig schläfrig dabei klingend, aber ihre Forschernatur war sicherlich sehr an dem Ergebnis interessiert, auch wenn man es ihr nicht anmerken mochte. Hibiki nickte entschlossen, behielt aber immer noch seine Kapuze auf und wickelte sich die verlängerten Enden derselbigen um seinen Körper, ganz so, als ob der heutige Tag ein ganz besonders kühler Sommertag war. Dabei war es bloß ein bisschen bewölkt. Während Hibiki mit Fumi und Makoto auf dem Weg zum Testraum war, fragte er: „Wird Yamato auch anwesend sein?“ „Wird er“, antwortete Makoto, „Er interessiert sich natürlich auch sehr für deine Resultate.“ Das gab Hibiki den nötigen Ansporn, der er benötigte – in Yamatos Gegenwart musste er bestehen. Im Testraum angekommen nahm Hibiki seine Kapuze wieder ab und suchte nach Yamato – er befand sich mitten im Raum und lächelte mild, als er die kleine Gruppe erblickte. „Pünktlich, sehr gut. Wir können gleich anfangen.“ In der Mitte des durch künstliches Licht erleuchteten Raumes befand sich ein Podest, auf dem sich das Handy befand, das das Beschwörungsprogramm enthielt. „Mache alles, wie du es vor einem Jahr auch gemacht hast.“ Hibiki konzentrierte sich darauf, die für die Beschwörung nötige Energie in seinem rechten Arm zu kanalisieren und zu seiner Erleichterung erschien auch gleich die vertraute blaue Lichtsäule, die ihm anzeigte, dass alles gut verlaufen würde. „Auf geht’s, Byakko!“, schrie Hibiki, um den weißen Tiger zu beschwören- Ein lauter Knall ertönte, danach war es völlig dunkel im Raum. Hibiki, der angesichts der hellen, blauen Lichtsäule, in die er zuvor noch gestarrt hatte, nicht an die Dunkelheit gewohnt war, konnte nichts sehen und das würde sich auch nicht ändern, schließlich waren sie unter der Erde in einem Raum ohne Fenster. „Ganz ruhig, das ist nur ein herkömmlicher Stromausfall“, sprach Makoto ruhig, „In wenigen Sekunden springt der Notstromgenerator an und wir werden wieder Licht haben.“ Und ganz so, als ob der Generator nur auf das Zeichen von ihr gewartet hatte, flackerte die Beleuchtung im Raum wieder auf, es wurde heller, erst wurden nur Umrisse erkennbar, dann aber konnte Hibiki alle anderen wieder gut sehen. „Ich werde mein Bestes geben, alle Systeme wieder hochzufahren“, kündigte Makoto an, die wohl scheinbar die voller Verantwortung für des Geschehene übernehmen wollte, „Aber heute werden wir wohl keinen weiteren Testlauf mehr starten können.“ „Sakocchi, hilfst du mir, nach der Anomalie zu suchen?“, fragte Fumi dann und klang beinahe heiter dabei. „Bist du sicher, dass das ein Fehler im System war, Fumi? Das könnte doch auch ein örtlich begrenzter Stromausfall gewesen sein, oder?“ „Möglich“, antwortete Fumi schulterzuckend. „Das können Sie uns überlassen“, wandte sich Makoto nun entschlossen an Yamato, „Wir bekommen das auf jeden Fall wieder hin. Morgen früh können wir mit Sicherheit den nächsten Versuch starten.“ Yamato hatte die Szene die ganze Zeit schweigend beobachtet, er hatte es wohl nicht für nötig gehalten, das Geschehen zu kommentieren, sein angespannter Blick und die in den Manteltaschen versenkten Hände sprachen schon genug dafür, dass ihm ganz und gar nicht gefiel, wie die ganze Angelegenheit nicht nach seinem Plan verlief. „Eigentlich sollten wir ja nach Shinjuku“, überlegte Hibiki laut, „Da hat Takahara zuletzt Dämonen beschworen, möglicherweise wird er das wieder tun.“ „Und selbst wenn nicht, Shinjuku ist zentral gelegen“, stellte Makoto fest, „Von dort aus sind auch alle anderen Stadtteile gut zu erreichen. Es bleibt ja anzunehmen, dass Takahara im Raum Tokyo bleiben wird...“ „Nach allem, was wir wissen, schon“, merkte Fumi an. „Es geht ihm ja um Rache an JPs, daher wird er mit hoher Wahrscheinlichekit in diesem Stadtteil bleiben.“ „Damit ist es beschlossen Hibiki.“, bestimmte Yamato. „Wir werden den Tag in Shinjuku verbringen und dort auf die Dinge aufpassen. Wir bleiben in Funkkontakt, Fumi, informiere uns über jede noch so kleine Anomalie, die du finden kannst.“ „Werde ich“, gehorchte Fumi und nickte. „Dann macht euch mal einen schönen Tag.“ „Wir arbeiten doch“, protestierte Hibiki, aber völlig sicher war er sich nicht, ob sie das wirklich tun würden. Was könnten sie nur den ganzen Tag in Shinjuku machen..? Nachdem sie das Gebäude wieder verlassen hatten, setzten Hibiki und Yamato den Weg nach Shinjuku zu Fuß fort, da keiner von ihnen einen Führerschein hatte und Makoto ja mit Fumi zusammen an der Beseitigung ihres Problems arbeitete. Zum Glück war es für einen Spätsommertag empfindlich kühl, sodass Yamato mit seinem wehenden Mantel nicht großartig auffiel und er mit Hibiki mühelos in der Masse der Menschen von Shinjuku untertauchen konnte. Sollte irgendeiner der hier vorbeilaufenden Menschen den Kampf gegen Nalagiri beobachtete haben und sich noch an Hibiki und Yamato erinnern, dann könnte das Probleme geben. Aber glücklicherweise passierte nichts dergleichen, Yamatos offiziell übermittelte Erklärung musste angekommen sein und die Menschen, die beteiligt waren, würden in diesen Tagen versuchen, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass alles nur Einbildung war. Im Café, in dem sich Hibiki und Yamato auch am Montag schon wieder getroffen hatten, kehrten sie schließlich ein, setzten sich ans Fenster und beobachteten das Treiben der einkaufenden Menschen. „Sie können sich glücklich schätzen, ihr Leben so wie davor auch weiterleben zu dürfen“, sprach Yamato, während er abwesend seinen Blick über die Menge schweifen ließ. „Hättest du mich nicht aufgehalten, gäbe es einen großen Teil dieser Menschen so nicht mehr.“ „Man sieht ihnen doch nicht an, was sie können und was nicht!“, widersprach Hibiki, „Wer weiß, vielleicht würden sie einfach nur andere Dinge tun. In deiner Welt wüsste wohl jeder, was er kann und wozu er bestimmt ist, hm?“ „Das kann ich nicht sagen“, gab Yamato zu, „Ich hatte zu dem Zeitpunkt, den ich vor Polaris stand, eine sehr genaue Vorstellung davon, was ich will, aber als du dann dazugestoßen warst, änderte sich das.“ Hibiki wartete kurz ab, da Yamato so klang, als würde er zu einer ausschweifenden Erklärung ansetzen, aber er tat es nicht. Das war wohl so, als würde er über seine Gefühle reden – er wollte es einfach nicht tun. Hatte er Hibiki etwas Bestimmtes mit diesem Satz sagen wollen, oder war das nur laut gedacht? Hibiki senkte den Blick, sodass er nun die Tischplatte vor sich anstarrte und überlegte: Yamatos Wunsch war es gewesen, die Welt nach seinen Vorstellungen zu verändern, aber wieso hat Polaris erst Hibiki erhört und nicht schon Yamato, der ja vor ihm auf dem Weg gewesen ist? Außerdem, jetzt, wo Hibiki darüber nachdachte, der Kampf zwischen Luzifer und Satan – hatte er ihn wirklich gewonnen? Ein gleißender Lichtball ist ausgetreten, als die Angriffe der beiden ähnlich starken Dämonen aufeinander geprallt sind, danach war Yamato gestürzt und in Hibikis Armen... Hibiki musste bei der Erinnerung daran kurz zittern. War es wirklich Yamatos Kraft, die versagt hat, oder war es vielleicht doch eher sein Wille? Er hatte sein Gedächtnis nicht verloren, nachdem die Zeit zurückgedreht worden war, war das vielleicht, weil er daran beteiligt gewesen ist? Weil er am Ende auch gewollt hat, dass... „Was ist los, Hibiki?“, fragte Yamato und erst jetzt merkte Hibiki, dass er seinen Blick gehoben und in Yamatos Gesicht, genauer gesagt, auf seine Narbe gestarrt hatte. „Oh? Nichts, ich habe nur nachgedacht.“, gab Hibiki wahrheitsgemäß an. „Dabei ist mir eine Idee gekommen, Yamato... was würdest du sagen, wenn wir unsere Patrouille heute Abend im New York halten und die Tanzaufführung von Hinako Kujou beaufsichtigen?“ „Wie kommst du darauf?“, fragte Yamato kühl und es war ersichtlich, dass er mit Hibikis plötzlichem Gedankensprung – schließlich hatten sie kurz davor noch vom Ende der Welt gesprochen – nichts anfangen konnte. „Es werden einige Menschen bei der Aufführung sein“, gab Hibiki geistesgegenwärtig an, „Und Hinako-san hat immerhin auch die Fähigkeit, Dämonen kontrollieren zu können. Vielleicht kommt Takahara ja auf die Idee, dort einen Dämonen zu beschwören, schließlich kann man aus dem Park nicht so leicht entfliehen. Außerdem, selbst wenn nichts passieren sollte, er ist recht zentral gelegen, sodass wir bei einer Mitteilung von Fumi schnell da sein könnten, wo ein Überfall erfolgt. Was sagst du dazu?“ „Interessante Überlegung.“, meinte Yamato, der sich nun wohl mit dem Gedanken anfreunden konnte, „Schließlich würde er sich wohl einen Ort suchen, an dem viele Menschen sind, damit eine eventuelle Dämonenbeschwörung möglichst auffallen würde, bei so vielen weiteren Zeugen wäre es auch schwer möglich, sie wieder mit einem Gasleck abzulenken...“ Yamato blickte auf, direkt in Hibikis Augen. „Du bist nicht dumm, Hibiki. Dann treffen wir uns heute Abend bei der Tanzaufführung wieder.“ „Wieso, musst du noch wohin?“, fragte Hibiki überrascht, schließlich hatte er sich schon darauf eingestellt, den ganzen Tag die Stellung zu halten. „Es ist immer noch ein gesellschaftliches Ereignis“, erläuterte Yamato, „Es ist nicht so, dass ich viel auf den Eindruck geben würde, den ich bei den Leuten hinterließe, aber es wäre unauffälliger und somit hilfreicher bei unseren Ermittlungen, in angemessener Garderobe dort zu erscheinen, nicht wahr?“ „Oh... stimmt wohl.“ „Also dann, bis heute Abend, Hibiki. Ich werde dir eine Nachricht übermitteln, wo du mich finden kannst. Vergiss nicht, wir werden dort nicht zum privaten Vergnügen sein.“ „Ist klar“, bestätigte Hibiki, „Bis heute Abend!“ Auch diesen Tag verbrachte Hibiki wieder mit Recherchen für sein Studium. Er hatte die ganze Zeit sein Handy auf dem Tisch liegen, aber weder Yamato, noch Makoto, noch Daichi oder Keita sendeten ihm eine Nachricht, sodass er beim Lernen beinahe schon gelangweilt war. Es war nicht so, dass er sich jetzt nach dem Angriff eines Dämonen sehnte, genau genommen wäre er froh, das niemals wieder erleben zu müssen, aber das änderte nichts daran, dass der Stoff, den er zu bearbeiten hatte, leider alles andere als interessant und leicht bekömmlich war... Dementsprechend froh war er, als er bemerkte, dass es schon 16:00 Uhr war und er sich dementsprechend langsam zum Ausgehen bereit machen könnte. „Na, bist du fertig geworden?“, fragte ihn eine nur zu vertraute Stimme. „Alcor, wie lange hast du mich schon beobachtet?“ „Ich habe dir nur eine halbe Stunde lang zugesehen. Du sagtest ja schließlich, ich könnte dich sonst erschrecken und du sahst sehr konzentriert aus.“ „Willst du mit zu Hinakos Tanzaufführung kommen?“ Alcor wirkte überrascht, weswegen Hibiki schnell nachlegte: „Es würde mir wirklich viel bedeuten, Alcor.“ Alcor lächelte er wie üblich. „Wenn du so einen hohen Wert darauf legst... dann ja, ich denke, heute Abend sollte ich das Leben der Menschen mal aus einer anderen Perspektive erkunden. Was muss ich alles beachten,wenn ich ein gesellschaftliches Ereignis in dieser Größenordnung besuche?“ Hibiki ging zu seinem Schrank, wobei Alcor ihm folgte, und zog zwei Fracks heraus, die ihm sein Vater zu seinem Hochschulabschluss geschenkt hatte. „Zuerst mal solltest du am Boden bleiben, weil, du weißt schon, Menschen nicht schweben können.“ „Das werde ich mir merken. Muss ich auch so ein Kleidungsstück tragen, wie du es gerade hältst?“ Alcor sank auf den Boden ab und übte schon einmal das Gehen. „Einen Frack? Nicht unbedingt, aber einen guten Eindruck macht es allemal.“ Prüfend betrachtete Alcor die beiden Fracks, die Hibiki von sich gestreckt hielt: Einer war in edlem Weiß gehalten, nur eine dunkle Krawatte gehörte dazu, der andere hingegen bestach durch samtiges Bordeauxrot. „Rein von der Farbkomposition her passt das weiße besser zu dir“, gab Alcor an. „Und du möchtest den roten, weil du auch sonst immer einen roten Pulli trägst?“ „Ich trage meinen üblichen Pulli in rot mit schwarzen Streifen, du deinen in blau und mit weißen Streifen, ich denke, das passt“, meinte Alcor und lächelte dann wieder glücklich. „Das heißt, jetzt müsste ich nur noch einen roten Frack besorgen.“ „Musst du nicht, du kannst du dir doch meinen ausleihen“, meinte Hibiki und reichte ihn Alcor. „Rot und Weiß, das passt, nicht wahr?“ Kaum eine halbe Stunde später waren Hibiki und Alcor fertig umgezogen und nun auf dem Weg zum Park, wobei Hibiki voran schritt, da Alcor den Weg nicht kannte. „Das wird nett“, meinte Hibiki lächelnd, „Du kannst dort Daichi, Io, Keita und Hinako kennenlernen, du kannst Yamato wiedersehen... und wer weiß, vielleicht taucht ja auch das ein- oder andere weitere bekannte Gesicht auf. Schau dir an, was aus den Leute geworden ist, die du vor einem Jahr mit gerettet hast.“ „Ich kann es kaum erwarten!“, freute sich Alcor und meinte das auch so, wie er es sagte. Je länger er in der Welt der Menschen war, desto weiter schien er aufzutauen. Am Eingang des Parks meldete Hibiki sich mit Namen an, wie es Hinako vorgeschlagen hatte, woraufhin der Türsteher ihn und Alcor passieren ließ. In der Menge war es zwar nicht leicht, aber schnell hatte Hibiki Daichi, Io und Keita ausfindig gemacht, die sich natürlich ebenfalls für den Abend zurecht gemacht hatten. „Hibiki, hey, da bist du ja!“, freute sich Daichi und schob sich durch die Menge zu ihm, Io und Keita konnten ihm mit ein wenig Mühe auch folgen. „Und du musst Alcor sein, nicht wahr? Hibiki hat uns von dir erzählt!“ „Das freut mich zu hören, Daichi!“ Natürlich kannte Alcor auch Daichis Namen, was Daichi zwar wusste, aber trotzdem schien er sich sehr darüber zu freuen. Io trug ein richtiges Ballkleid und hatte ihre Haare hochgesteckt, sie wirkte regelrecht overdressed gegen Daichi, der bloß einen dunklen Pulli trug, aus dem der Kragen eines Hemdes hervorschaute. Keita hatte einen schwarzen Anzug mit roter Krawatte an und schien sich damit ganz und gar nicht wohlzufühlen. „Hoffentlich erkennt mich keiner, das ist doch echt daneben“, knurrte er, aber wahrscheinlich könnte man das gar nicht, wenn man nicht wissen würde, wer er war. Er hatte seine Haare heute nicht wie üblich hoch gegelt, sondern nur zur Seite gekämmt, was ihm offensichtlich genauso unangenehm wie sein unbequemer Frack war, aber den gesellschaftlichen Wert seines Erscheinen schien er dennoch anzuerkennen. Er musterte Alcor skeptisch, aber er sprach ihn nicht an. Er schien wohl anzunehmen, dass er einfach ein mitgebrachter Freund von Hibiki war. „Geht ihr schon mal vor?“, fragte Hibiki seine Freunde jetzt, „Ich muss noch jemanden suchen. Wir treffen uns direkt am Bühnenrand, okay?“ „Alles klar!“, rief Daichi, ihm und Alcor winkend, „Bis gleich dann!“ „Da bist du ja, Hibiki!“, sprach ihn Yamato von hinten an, sodass Hibiki beinahe gegen ihn stieß, als er sich umdrehte. „Sehr gut, dann klappt ja doch alles. Ich wollte dir gerade schreiben, da läufst du regelrecht gegen mich.“ Nachdem Hibiki sich kurz gefasst hatte – ein bisschen erschreckt hatte es ihn ja schon, Yamato so unvermittelt bei sich zu haben – schlug er vor: „Wir sollten uns einen Platz weit vorne suchen, von da aus können wir jederzeit zur Seite ausweichen, sollte ein Dämon auftauchen.“ „Gut“, meinte Yamato nur und nickte, erst jetzt schien er zu bemerken, wen Hibiki mitgebracht hatte. „Alcor...“ „Guten Abend, Yamato!“, begrüßte Alcor den jungen Mann, mit dem er zahlreiche Schachpartien gespielt hatte, als Yamato noch kleiner gewesen war, aber mehr schien er nicht zu sagen zu haben. „Ich hoffe, meine Präsenz stört dich nicht.“ „Sofern sie nicht Vorbote eines weiteren Prüfung ist, ist es tolerierbar“, verkündete Yamato und ging dann zielsicher zum Bühnenrand. Hibiki und Alcor folgten ihm, bis sie plötzlich aufgehalten wurden: Ein kleines Mädchen stieß mit Hibiki zusammen, sodass er beinahe stolperte. Ganz knapp konnte er sich allerdings noch fangen und somit einen schmerzhaften Unfall für beide Parteien vermeiden. „Oh, bist du das, Rina? Du willst auch die Aufführung von Hinako-san sehen?“ „Später!“, meinte Rina, „Jetzt muss ich mich erst mal verstecken, sonst findet er mich!“ „Wer denn?“ „Mein Vater! An meinem Geburtstag wollte er unbedingt zu mir, aber ich will das nicht! Er ist nicht mehr mein Papa, ich mag ihn nicht mehr und will nur mit Mama hier sein!“ „Hey, Rina, komm doch wieder zurück!“, konnten Hibiki und Alcor wie auf Kommando die Stimme eines Mannes vernehmen, der in ihre Richtung kam. Rina wollte gleich weglaufen, aber Alcor nahm sie rasch am Arm, zog sie hinter sich und redete ihr sanft zu: „Habe keine Angst, halt einfach still, Hibiki und ich helfen dir!“ „Habt ihr ein kleines Mädchen gesehen?“, wandte sich der Mann, der beinahe zielsicher auf sie zugesteuert war, nun an Alcor und Hibiki. „Ungefähr so groß“, beschrieb er, wobei er mit den Armen eine Größe von etwa 120 cm andeutete, „Hat schwarze Haare und eine gelbe Latzhose an, sie hat ein Plüschtier bei sich un-“ „Ja, hab ich gesehen, sie ist in Richtung der Toiletten dahinten gerannt!“, log Hibiki, woraufhin sich der Mann überschwänglich bei ihm bedankte und losspurtete. „Ist er weg?“, fragte Rina kurz darauf zögerlich. „Ja, das ist er, Hibiki hat ihn verjagt.“ „Hey, Alcor, ich hab doch nicht-“ „Oh, danke!“, quietschte das kleine Mädchen und umarmte Hibiki kräftig. Ihm war das ein wenig unangenehm, aber sie wollte ja immerhin nur ihre Dankbarkeit damit zeigen. „Du bist doch bestimmt mit deiner Mutter hier, oder Rina-chan?“, fragte Hibiki sie, woraufhin das kleine Mädchen stolz nickte. „Ich hab mir schon lange gewünscht, zu sehen, wie Hinako-sama richtig tanzt und dann hat meine Mami endlich ja gesagt! Deshalb sind wir heute hier.“ „Und du hast Geburtstag, hab ich gehört?“ „Woher weißt du das?“, fragte Rina erschrocken, was Hibiki ein kurzes Kichern entlockte: „Ach, du bist niedlich, Rina-chan!“ „Echt? Danke!“ Sie drückte ihren Stoffengel wieder glücklich an sich. „Helft ihr mir jetzt, meine Mami zu suchen?“ „Können wir gern machen. Wie sieht sie denn aus?“ „Ach, Rina, hier steckst du also!“, durfte eine Frau, die sich den dreien genähert hatte, mit Erleichterung feststellen. „Mama!“, freute sich Rina und lief zu ihrer Mutter hin. Die beäugte Hibiki und Alcor kurz skeptisch – gerade Alcor fiel mit seinen hellen Haaren doch sehr auf – aber gleich plapperte Rina auf sie ein, wodurch sie sich beruhigen ließ. „Die beiden haben mir geholfen, sie haben mich vor Papa versteckt!“ „Oh, vor deinem Vater. Möchte mal wissen, wie der hiervon erfahren hat... hast du dich denn schon bei den Herren bedankt?“ Rina nickte ihrer Mutter zu und wandte sich dann noch einmal an Hibiki und Alcor. „Tschüss, bis bald!“, rief sie, so als ob die Beiden Klassenkameraden von ihr wären, die sie nach den Ferien in der Schule wieder sehen würde. „Oh, ich glaube es fängt gleich an“, bemerkte Alcor, da er auf die Bühne starrte, um die sich langsam aber sicher sämtliche Anwesenden scharrten. „Ja, es ist 17 Uhr, dann suchen wir mal besser die anderen!“ „Hier, Hibiki!“, rief Daichi ihm entgegen, als er ihn sah und sprang mehrmals hoch, um über die Masse der Menschen herauszuragen. Hibiki allerdings versuchte erst, Yamato in dem Gewirr ausfindig zu machen. „Yamato!“, rief er seinen Namen, es war allerdings so laut, dass es unmöglich war, dass Yamato sie gehört hatte. Daichi blickte ihm nur verwundert zu, da er direkt die entgegengesetzte Richtung einschlug, aber Hibiki musste nun mal erst Yamato finden, schließlich könnte es ja immer noch sein, dass doch ein Dämon auftauchen würde. „Ach, da seid ihr, was hat euch aufgehalten, hm?“, fragte jemand plötzlich und packte Hibiki am Arm. Hibiki erkannte die Stimme rechtzeitig und seufzte erleichtert auf. „Komm, Yamato, wir gehen vor an den Rand. Dahin, wo auch Daichi, Io und Keita sind!“ „Deine Freunde, meinst du?“ „Ja, sie sind freundlich, weißt du ja. Ähm, ich meine, wenn man von dieser Woche absieht. Die gab es ja so gesehen nie, sie kennen dich nicht und ihr könnt von null anfangen.“ „Warum sollte ich das wollen?“ Mit Yamato und Alcor zusammen endlich in Reichweite der anderen angekommen, blieb Hibiki stehen und drehte sich zu Yamato um. Richtig... Yamatos Desinteresse an zwischenmenschlichen Beziehungen generell, wie hatte Hibiki das vergessen können? „Wir sollten die Distanz zu ihnen wahren, schließlich könnte es jederzeit passieren, dass wir angegriffen werden. Je weniger Menschen mit uns heute Kontakt haben, desto besser, das führt nur zu unnötigen Komplikationen.“ „Yamato...“ „Du kannst zu deinen Freunden gehen, ich zwinge dich nicht, hier zu bleiben“, äußerte Yamato widerwillig, „Aber du solltest nicht vergessen weswegen wir eigentlich hergekommen sind.“ Hibiki sah ein, dass der Zeitpunkt für eine Zusammenführung seines Freundeskreises und Yamato wohl doch ungünstig war, also richtete er seinen Blick jetzt auf die Bühne, wo sich alle Scheinwerfer auf ein kleines Podest richteten, auf dem jetzt Hinako hinter dem Bühnenvorhang hervortrat. Sie nahm sich kurz ein Mikro, das von der Seite herangereicht wurde, woraufhin sie mit einem zufriedenen Lächeln das Publikum begrüßte. „Dankeschön, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid! Ich bin kein Mensch der großen Worte, deshalb“, sie machte eine kurze Pause, „Lasst uns einfach Spaß haben!“ Hibiki beobachtete den Tanz Hinakos und wollte eigentlich einfach nur sein Vergnügen daran haben, ihre Bewegungen zu beobachten, aber die ganze Zeit musste er sich Yamatos Worte im Gedächtnis behalten. Eigentlich wollte er doch eben nicht wegen der Arbeit herkommen, sondern, um mit Yamato ein wenig ausspannen zu können, aber letzten Endes war es ihm in dieser Situation einfach nicht möglich gewesen, Yamato zu sagen, wie er seinen Vorschlag eigentlich gemeint hatte. „Mensch, wo wart ihr denn die ganze Zeit?“, beschwerte sich Daichi nach der Aufführung bei Hibiki. „Wir hatten euch doch extra zwei Plätze freigehalten!“ „Entschuldige Daichi, es hatte schon angefangen und wir wollten uns nicht an allen anderen Leuten vorbeidrängeln.“ „Musst du immer so höflich sein“, brummte Daichi, Io hingegen sah interessiert zu Yamato und Alcor. „Das sind doch Freunde von dir, nicht wahr, Hibiki?“ „Hm? Ja sind sie.“ „Die hättest du doch ruhig mit zu uns bringen können“, merkte Io an und lächelte sanft. Erneut hatte sie Hibiki gut angemerkt, wieso er sich so verhalten hatte. „Wir beißen ja nicht.“ „Stimmt!“ pflichtete Daichi bei, „Wir haben zwar Keita, aber der bellt bloß, der beißt nicht.“ „Hast du mich da gerade mit einem räudigen Köter verglichen!?“, brauste Keita auf, was Hibiki wieder zum Schmunzeln brachte. „Und, hat dir die Vorstellung gefallen, Hibiki-kun?“, fragte Hinako, die nun wieder ihre Jacke übergezogen hatte und gerade von der Bühne zu ihnen herunter kam. „Oh, ja, es war erstaunlich! Du hast dich wirklich ziemlich verbessert! Ähm, das heißt, nicht, dass du jemals davor schlecht gewesen wirst, ich meine-“ „Oh, du bist so niedlich, wenn du rot wirst!“, bemerkte Hinako spitz. „Und ihr seid Freunde von Hibiki, ja?“ „Sind wir, deshalb sind wir ja auch alle hergekommen, bloß schade, dass es während der Aufführung selber eben doch nicht geklappt hatte“, brummelte Daichi. Hibiki würde das wohl auch nächste Weihnachten noch vorgehalten bekommen, wenn das mit Daichi so weitergehen würde. „Hibiki, wir müssen gehen“, sprach Yamato jetzt, dabei unauffällig mit der Hand, über der er auch an diesem Abend einen Handschuh trug, auf sein Handy, das er in der Hosentasche hatte. Fumi musste wohl so etwas wie ein Signal an ihn gesendet haben, das konnte Yamato natürlich nicht vor allen anderen raus posaunen. „Also dann, wir haben noch was zu erledigen.“, erklärte Hibiki entschuldigend, „Es war schön mit euch, danke nochmal, Hinako-san!“ „Bleibt ihr nicht noch zur Aftershow-Party?“, fragte Hinako, „Es ist natürlich nichts Großes, nur in die Karaoke-Bar mit ein paar Mitarbeitern, aber witzig wird es sicher auch so.“ „Nein, wirklich nicht. Ein andermal gerne!“ „Nun gut, Hibiki, dann bis zum nächsten Mal, ja? Wir sehen uns bestimmt wieder.“,, verkündete Hinako versöhnlich. „Also dann, wer von euch hat noch Lust, Nitta-san, Shijima-kun, Wakui-kun?“ „Aber nicht zu lange, ich hab morgen noch Training“, brummte Keita, Daichi und Io hingegen waren von der Idee geradezu begeistert: „Klar haben wir Zeit, bis zu den Morgenstunden!“, verkündete Daichi begeistert. „Daichi, wir wollten doch morgen mit meinen Eltern brunchen gehen, da können wir nicht so lange weg bleiben“, bremste Io ihn vorsichtig. „Oh, stimmt ja...“, schmollte Daichi kurz, aber die Aussicht auf einen Karaoke-Abend mit Hinako Kujou, auch wenn er nur kurz ein sollte, stimmte ihn augenscheinlich gleich wieder sehr zufrieden. „Also dann, bis die Tage!“, verabschiedete sich Hibiki nochmals, obwohl er diese Szene nur zu gerne weiter beobachtet hätte. Hibiki und Yamato hingegen setzten ihren Weg zu Fuß fort, denn die Koordinaten, hinter denen Fumi das unterdrückte Signal eines Dämonen zu erkennen meinte, waren ganz in der Nähe. Gerade bei Dämonen, die sich vor Radarsystemen auf diese Art verstecken konnten, musste man aufpassen, wie man sich ihnen näherte. „Genau hier...“, stellte Hibiki fest und betrachtete die schmale Seitengasse kritisch, vor der er und Yamato sich nun befanden – Alcor war zwischendurch ohne einen weiteren Kommentar verschwunden. „Da kommt etwas, vorsichtig Hibiki!“, bemerkte Yamato und griff schon zu seinem Handy, aber kurz, bevor sich wieder die vertraute Lichtsäule bilden und Cerberus freigeben konnte, blitzen zwei bernsteinfarbenen Augen auf und ein kleines, schwarzes Wesen sprang aus der Gasse, sah Hibiki zu spät und sprang ihm mitten in die Arme. Hibiki ergriff es geistesgegenwärtig und war überrascht als er feststellen musste, dass er eine kleine Katze in seinen Armen hielt. „Aah, Jungo, bei Fuß du dummes Vieh!“, schimpfte ein Mädchen mit langen orangeroten Haaren, das ihnen entgegen kam. „Ach, ist das deine Katze, Airi?“, fragte Hibiki, der immer noch das Tier festhielt. „Ihr habt ihn also gefangen? Danke. So, Jungo, du kommst jetzt mit mir!“ Airi ignorierte völlig, dass Hibiki sie beim Namen genannt hatte, obwohl sie ihn nicht kannte – sie schien es wohl für selbstverständlich zu halten, dass man eine aufstrebende Pianistin wie sie kannte und nahm die Katze aus Hibikis Armen entgegen. „Du... bist mit deiner Katze spazieren gegangen?“, fragte Yamato verwundert. Man hätte seinen Ton als herablassend auffassen können, aber eigentlich war es nur verpackte Verwunderung darüber, dass das Mädchen offenbar glaubte, sie könne mit einer Katze wie mit einem Hund an der Leine spazieren gehen – bloß ohne die Leine. „Mit meinem Kater Jungo, ja. Ich meine, ich kann ihn ja nicht nur das Haus und den Garten kennenlernen lassen, das wäre ja langweilig!“ „Wieso nicht?“, fragte Yamato, „Wenn deine Katze nur das kennt und glaubt, dass es nicht mehr gibt, könnte sie damit doch genauso zufrieden gestellt werden.“ „Bitte!?“ Airi war fassungslos. „Das wäre doch grausam! Ich würde Jungo doch permanent anlügen, wenn ich versuchen würde, ihm weiszumachen, dass die Umgebung alles ist, was es im Leben für ihn gibt!“ „Es ist doch bloß eine Katze“, merkte Yamato verständnislos an. Hibiki ahnte, was in ihm vorgehen musste; Er konnte Airis Gefühl, sich einem Tier gegenüber aufrichtig verhalten zu müssen, nicht nachvollziehen. Das Tier – das im Übrigen, wie Yamato und auch Hibiki betonten, eigentlich weiblich war – hatte sich ihr als Mensch zu fügen, da es ihr unterlegen war und nicht anders herum. „Wie bist du denn drauf!“, schimpfte Airi, „Ich habe Jungo von jemandem geschenkt bekommen, der mir sehr wichtig ist- i-ich meine... ich behandele ihn gut, so wie ich diese Person auch behandeln würde, das ist doch wohl klar! Und Freiheit ist dabei wirklich wichtig! Liegt das nicht auf der Hand?“ „Hibiki, wir haben noch zu tun“, verkündete Yamato jetzt, „Das hier führt doch zu nichts.“ Zögerlich blickte Hibiki zu der immer noch sehr gereizt aussehenden Airi, die ihn herausfordernd anfunkelte, ganz so, als wollte sie sage: „Na los, lass ihn! Lass den Kerl einfach abhauen!“ Aber Hibiki hatte mit Yamato schließlich noch zu tun und musste ihm daher folgen, obwohl er sich gern noch mit Airi unterhalten hätte. Beide untersuchten die Umgebung noch einige Minuten lang genau, konnten aber keinen Dämonen ausfindig machen. „Das Signal hat sich verloren“, knurrte Yamato, „Der Dämon muss sich wieder zurückgezogen haben. Ich schätze, das war es für heute, Hibiki...“ Yamato wandte sich schon zum Gehen und zückte sein Handy, um Makoto zu benachrichtigen, damit sie ihn abholen könnte. „Yamato“, setzte Hibiki vorsichtig an – er musste sich gut überlegen, wie er Yamato jetzt das mitteilen könnte, was er ihm sagen wollte. „Hm?“, antwortete Yamato ohne Hibiki anzusehen, um ihm zu signalisieren, dass er zuhören würde. „Vielleicht solltest du... wie soll ich sagen, Leute, die eine andere Ansicht als du vertreten, nicht gleich so von oben herab behandeln?“ „Wozu sollte das gut sein?“, fragte Yamato ungläubig, „Ich lege es nicht darauf an, Sympathie unter den Leuten zu wecken, ich habe keinen Grund, ihnen nicht deutlich zu zeigen, was ich von ihnen denke. Außerdem war dieses Mädchen mit ihrer unsinnigen Einstellung reine Zeitverschwendung. Als sie noch in der Lage war, Dämonen zu beschwören, konnte sie noch das tun, wozu sie gut war, aber in dieser Welt... ich hätte ihr wohl deutlicher klarmachen müssen, wo ihr Platz ist.“ „Yamato... in dieser Welt geht es nicht darum, dass alle Menschen so effektiv wie möglich leben. Viele Menschen genießen das Leben und haben Spaß, ohne ständig an Morgen zu denken. Sie... gehen zu Konzerten und Aufführungen, weil sie sich unterhalten lassen wollen, sie treffen ihre Freunde... Die Gesellschaft besteht aus vielen verschiedenen Menschen und Ansichten, es gibt keinen Universalkodex, wie ein gutes Leben auszusehen hat.“ „Das sind bloß Ausreden derjenigen, die ohne besonderes Talent und ohne Fähigkeiten vor sich hin leben.“ „Du meinst, Leute wie mich?“, fragte Hibiki gekränkt. „Natürlich meine ich nicht dich, Hibiki“, erläuterte Yamato verärgert, „du bist schließlich der Strahlende. Deine Fähigkeiten, Dämonen zu beschwören, sind sogar meinen weit überlegen, obwohl meine Blutlinie mir das alles schon als Kind gegeben hat!“ „Was spielt das für eine Rolle, ob die Fähigkeiten da sind, wenn ich sie nicht benutzen kann?“ „Du hattest es bisher nicht nochmal nötig, sie zu beweisen“ Yamato blieb stehen und drehte sich nun zu Hibiki um, „Das hast du schon. Die Menschheit sollte dir dankbar dafür sein, dass sie so nutzlos weiterleben können, wie davor auch. Ohne dich wäre das nicht möglich.“ „Darum geht es nicht, Yamato, kein Mensch kann sich aussuchen, was die eigenen Talente sind und es gibt Menschen, die das Pech haben, ihr ganzes Leben lang nicht entdecken zu können, worin sie wirklich gut sind. Für manche braucht es einfach erst eine Extremsituation wie dir Prüfung, um sich beweisen zu können.“ Er selbst hatte davor ja auch recht durchschnittlich gelebt, er war zwar clever und konnte das besonders in seinen Schulnoten gut zeigen. Würde Yamato auch nur den Hauch von Interesse an ihm zeigen, wenn Hibiki keine Gelegenheit bekommen hätte, sich vor ihm zu beweisen? „Aber nur so funktioniert die Menschheit.“, entgegnete Yamato, „Man muss zeigen, was man kann, um von der Gesellschaft angenommen zu werden. Niemandem kann man immer ansehen, worin er vermutlich gut sein könnte, wenn er zufällig darauf stoßen würde. Es geht nicht um den Charakter. Stell dir vor, Hibiki: Ein Freund von dir hatte einen Unfall und liegt auf der Straße, langsam verblutend.“ Unwillkürlich musste Hibiki sich daran erinnern, wie Yamato in seinen Armen gestorben war, kurz bevor Polaris Hibikis Wunsch erfüllte. „Ein Mann kommt zu dir und möchte dir helfen. Interessiert es dich in diese Moment, ob er ein guter Mensch ist? Interessiert es dich, ob er freundlich und hilfsbereit, vielleicht ein fürsorglicher Vater ist? Natürlich nicht.“ Die Kälte, mit der Yamato diese Worte sprach, ließ Hibiki frösteln. „Du willst nur, dass er deinem Freund hilft, sofern ihm das möglich ist. Was nützt die Hilfe dieses guten Menschen“, spottete er, „Wenn er eigentlich nicht weiß, wie er eine Blutung stoppen kann und stattdessen alles nur noch schlimmer macht? Wenn dein Freund am Ende durch diese falsche Hilfe stirbt, wie würdest du dich dann fühlen? Was würdest du diesem Individuum gegenüber empfinden? Dankbarkeit? Wohl kaum.“ Dem hatte Hibiki nichts mehr entgegenzusetzen, also blickte er nur in Yamatos kalte Augen, ehe er sich von ihm abwandte, um diesen Blick nicht mehr ertragen zu müssen. „Hibiki, du wohnst hier in der Nähe, nicht wahr?“, wechselte Yamato plötzlich abrupt das Thema. „Hö? Ja, das stimmt, aber wieso- sag' bloß, du willst mit zu mir nach Hause kommen.“ „Wenn es dir nichts ausmacht“, meinte Yamato mit einem desinteressierten Schulterzucken. „Makoto meldet sich nicht und bis JPs wäre es zu weit. Ich will dich nicht dazu zwingen, aber ich wüsste nicht, wohin ich stattdessen gehen sollte.“ „Natürlich kannst du mit zu mir kommen, Yamato, das heißt... wir sollten vorher vielleicht noch was essen gehen, meinst du nicht?“ „Hier in der Nähe?“ Yamato lächelte. „Also schön, etwas Einfaches. Wir werden ja sehen.“ Hibiki konnte sich denken, dass sein Studentengeldbeutel sehr wahrscheinlich nicht einmal das würde finanzieren können, was Yamato unter einem „einfachen“ Abendessen verstand, aber Yamato schien das so zu akzeptieren. Er würde für Hibiki auf Komfort verzichten? Glücklicherweise befand sich ganz in der Nähe von Hibikis Wohnung eine kleine Takoyaki-Bude zu der er auch abends öfter einkehrte, wenn es zeitlich nicht anders funktionierte oder er keine Lust hatte, selbst zu kochen. „Takoyaki, hm“, brummte Yamato, ganz so, als würde ihn allein da Hören dieses Wortes an etwas Bestimmtes erinnern, aber er deutete nichts weiter an, also fragte Hibiki auch nicht weiter nach. „Zwei mal das Übliche“, bat Hibiki den Verkäufer, der Yamato kurz verwundert anblickte. Er gehörte ganz offensichtlich nicht zum regulären Klientel und erweckte mit seinem skeptischen Blick, der ihn etwas herablassend wirken ließ, auch keinen sonderlich sympathischen Eindruck. Nachdem die Takoyaki fertig gebraten waren und Hibiki und Yamato auf einer gegenüberliegenden Parkbank Platz genommen hatten, schien Yamatos Skepsis langsam zu weichen. „Das reicht ja eigentlich ganz gut...“, gab er zu, was Hibiki erleichtert lächeln ließ. „Es schmeckt sogar noch besser, als es riecht. Los, Yamato, versuch es, aber pass auf, die sind noch heiß.“ Vorsichtig hielt Yamato einen Takoyaki kurz in den abendlichen, kühlen Wind, damit er abkühlen konnte und biss dann davon ab. Hibiki blickte ihn gespannt an, aus seinem Gesicht konnte man aber keine Regung ablesen. „Man kann es essen“, urteilte er, konnte sich aber ein schmales Lächeln dabei nicht verkneifen. Mit seinen Worten heiß das also lecker, schloss Hibiki und konnte sich ein glückliches Schmunzeln nicht verkneifen. Beide saßen noch eine ganze Weile auf der Parkbank und aßen ihre Takoyaki, dabei redeten sie nicht einmal viel. Hibiki genoss diesen Augenblick trotzdem. In seiner Wohnung angekommen warf Hibiki erst einmal alle Sofakissen auf den Sessel und holte eine dünne Wolldecke aus dem Schrank, die er hinlegen konnte. Eines der Kissen legte er daraufhin an das der Haustür abgewandte Kopfende des Sofas und fragte dann: „Möchtest du in meinem Bett schlafen, oder reicht dir das Sofa hier auch aus?“ „In deinem Bett?“ „N-natürlich ohne mich drin, ich würde in dem Fall auf dem Sofa übernachten“, stammelte Hibiki und konnte nicht vermeiden, dass er errötete. Glücklicherweise aber war er soweit über das Sofa gebeugt, dass es für Yamato unmöglich sein musste, das zu erkennen. „In jedem Fall das Bett“, erklärte er knapp. „Geht klar. Deine Sachen kannst du da drinnen einfach auf die Schublade legen, nimm dir den Platz, den du brauchst, ja? Dahinten um die Ecke liegt das Bad, wenn du das suchst.“ „Danke.“ Das war das letzte, dass Hibiki an diesem Abend von Yamato hörte, da dieser gleich daraufhin das Bad aufsuchte und danach in Hibikis Zimmer verschwand. Hibiki selbst zog sich nur seinen Frack aus und legte sich so hin, er hatte vergessen, vorher noch seine Schlafgarderobe aus seinem Zimmer zu holen und er wollte sich nicht einschleichen, während Yamato da drinnen schlief. Auf dem Sofa merkte er schnell, wie müde er eigentlich war, sehr schnell würden seine Glieder und Lider schwer und er verschwand endgültig ins Traumland. „Schlaf gut... Yamato.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)