Back to who I really am von Fhin ================================================================================ Kapitel 11: Retrieving Misaki ----------------------------- Takumi   Ich saß im Taxi und konnte das nervöse Klopfen meines Herzens nicht kontrollieren. Ich betete inständig, dass mit Misaki alles in Ordnung war. Ich hätte sie nicht alleine lassen dürfen. Ich machte mir Vorwürfe. Nach etwa 15 Minuten Fahrt, die mir allerdings wie eine Ewigkeit vorkamen, hielt das Taxi schließlich vor einem großen Gebäude. Es handelte sich um eines der zahlreichen Luxushotels Tokyos. Ich bezahlte den Taxifahrer und stieg aus. Ohne zu zögern, betrat ich das Hotel und schritt direkt auf die Rezeption zu. „Guten Tag, kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte die Rezeptionistin mich sofort mit einem perfekt aufgesetzten Lächeln. „Ich möchte zu Gerard Walker.“, antwortete ich und konnte mich in diesem Augenblick einfach nicht dazu durchringen, das Lächeln zu erwidern. „Mr. Walker befindet sich im hinteren Bereich der Lounge.“, erklärte sie und winkte einen Pagen heran. „Wenn Sie mir bitte folgen möchten.“, sagte er in einem ebenso perfekt aufgesetzten Ton wie das Lächeln der Rezeptionistin. Ich nickte nur.   Wenig später trat ich durch die reichlich verzierte Tür im hinteren Teil  der Lounge in einen der abgeschlossenen VIP-Bereiche. An einem kleinen Tisch saßen in gemütlich aussehenden Sesseln Misaki und Gerard. Cedric stand direkt neben der Tür. „Ah, da bist du ja!“, begrüße Gerard mich mit einem breiten Lächeln und offenen Armen. „Takumi?“ Misaki sah mich überrascht an und ließ die teure Teetasse, die sie gerade an ihre Lippen setzten wollte, wieder ab. Schnellen Schrittes ging ich auf sie zu. Als ich bei ihr angekommen war, ergriff ich ihre freie Hand und sah sie besorgt an. „Geht es dir gut?“, fragte ich hastig. Sie sah mich fragend an. „Ja…“, antwortete sie. „Natürlich geht es mir gut. Wieso auch nicht?“ Ich atmete erleichtert aus. Er hatte ihr also nichts getan. Doch meine Erleichterung wich schnell der Wut auf Gerard. Mein Blick richtete sich auf ihn. „Was möchtest du, Gerard?“, fragte ich harsch. Er lachte. „Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich deine Freundin lediglich auf eine Tasse Tee eingeladen habe.“, antwortete er mit diesem überheblichen Grinsen, das ich so hasste. „Wir gehen, Misaki.“, verkündete ich und zog sie an der Hand aus dem Raum heraus. Ich spürte, dass Gerard uns fest im Blick hatte. Trotzdem ließ er zu, dass wir gingen.   „Takumi!“, rief Misaki, als wir den Raum verlassen hatten und blieb ruckartig stehen. „Was ist denn los mit dir?“ Ich drehte mich fassungslos zu ihr um. Merkte sie denn nicht, dass das alles nur ein abgekartetes Spiel war? Es war unmöglich, dass Gerard sie ohne Hintergedanken einfach nur so auf eine Tasse Tee eingeladen hatte.     Misaki   Verständnislos blickte ich in Takumis irritierte Augen. Ich wusste ja, dass er und Gerard so ihre Probleme hatten, aber dennoch handelte es ich immer noch um seinen Bruder. Ich wollte, dass sie miteinander reden konnten.  Ich wusste genau, wie weh es tat, wenn man von einem Familienmitglied im Stich gelassen wurde. Und genauso wusste ich, wie wichtig der Zusammenhalt einer Familie war. Ich drückte seine Hand und versuchte es mit einem Lächeln. Takumi sah mich einfach nur an. Er erwiderte das Lächeln nicht. Plötzlich ließ er meine Hand los. Ich fühlte einen Stich in meinem Herzen. „Takumi…“, sagte ich, doch er drehte sich von mir weg. Es dauerte einen Moment, bis er zu mir sprach. „Ich hatte Angst um dich, Misaki.“, sagte er leise und ich konnte deutlich erkennen, wie er die Schultern hängen ließ. Ich spürte einen Knoten in meinem Hals. Vorsichtig näherte ich mich ihm und legte ihm eine Hand auf den Rücken. „Es tut mir leid, Takumi.“, murmelte ich und lehnte meine Stirn gegen ihn. Er drehte sich zu mir um und zog mich fest in seinen Arm.   „Misaki.“, sagte er nach einigen Sekunden, packte mich an beiden Schultern und schob mich ein wenig von sich weg. Ich sah in seine Augen und konnte den Schmerz darin erkennen, der mir einen erneuten Stich versetzte. „Du bist für mich das Wichtigste auf dieser Welt.“, fuhr er schließlich fort. „Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn du meinetwegen in etwas hineingezogen werden würdest. Wenn dir etwas passieren würde… Ich weiß, dass Gerard dich nicht körperlich verletzten würde. Aber er weiß genau, wie er die Menschen benutzen kann, um seinen Willen zu bekommen. Und ich befürchte, dass dich das noch viel mehr verletzen würde, dir viel mehr weh tun würde, als körperliche Schmerzen es je könnten.“ Ich konnte nicht anders, als ihn in diesem Moment mit großen Augen anzustarren. Selten hatte ich ihn so ernst gesehen und ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte. Er lächelte leicht, doch der Schmerz in seinen Augen war noch immer deutlich zu erkennen. Ich musste schlucken. Warum konnte ich in diesem Moment nichts sagen? Warum fiel mir in den entscheidenden Momenten nie etwas ein? Takumi löste seine Hände von meiner Schulter und griff nach meiner Hand. „Lass uns gehen, Misaki.“, sagte er. Ich konnte nur nicken und ihm aus dem Hotel hinaus folgen. Er rief uns ein Taxi und obwohl wir uns während der ganzen Fahrt die ganze Zeit bei der Hand hielten, sagten wir kein Wort.   Schließlich hielten wir vor meinem Haus. Er bat den Taxifahrer, kurz zu warten, und stieg mit mir aus. Er begleitete mich zur Tür. Als wir dort angekommen waren, sah er mich einfach nur an. „Alles in Ordnung?“, fragte ich und konnte deutlich das flaue Gefühl in meinem Magen spüren. Er nickte. „Ich bin nur etwas kaputt.“, erklärte er. „Die ganze Sache heute hat mich ganz schön mitgenommen.“ Ich machte mir Sorgen. Es war klar, dass es heute nicht leicht für ihn gewesen sein konnte. Erst das Gespräch mit seinem Bruder und seiner Ex-Verlobten und dann die Sache gerade. „Es tut mir leid, Takumi.“, entschuldigte ich mich erneut, doch er schüttelte den Kopf. „Du hast nichts Falsches getan.“, sagte er. „Ich weiß, dass du mir nur helfen möchtest.“ Ich senkte den Blick. Es stimmte. Alles, was ich wollte, war, ihm zu helfen. Aber stattdessen hatte ich ihm nur noch mehr Sorgen bereitet. Es tat mir weh, ihn so zu sehen, doch ich wusste nicht, was ich tun sollte. „Was machst du jetzt?“, fragte ich ihn vorsichtig. „Ich gehe wohl zurück ins Hotel und schlaf eine Runde.“, antwortete er. „Immerhin ist das Zimmer noch für eine Nacht gebucht.“ Er grinste leicht, doch es war einfach nicht dasselbe Perverso-Grinsen, das er sonst immer zeigte. Es war ihm einfach deutlich anzusehen, wie erschöpft er war. „Sehen wir uns morgen?“, fragte ich ihn schüchtern. „Na klar.“, bestätigte er. „Ich hab eine Überraschung für dich.“ Fragend sah ich auf und zum ersten Mal an diesem Abend wirkte das Lächeln auf seinen Lippen wieder ehrlich. Automatisch musste ich auch lächeln. „Dann bin ich aber mal gespannt.“, sagte ich. „Bis morgen, Misaki.“ Er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuss auf die Wange. Erstaunt sah ich ihn an. Wieso küsste er mich auf die Wange? Er schenkte mir noch ein Lächeln und wollte sich dann zum Gehen wenden. Nein, so wollte ich ihn nicht gehen lassen. Ich packte ihn an seinem Hemd und zog ihn ein wenig zu mir, bevor ich mich auf die Zehenspitzen stellte und ihm einen Kuss auf den Mund gab. Er schien für einen Moment überrascht zu sein, doch dann legte er die Arme fest um mich und erwiderte den Kuss. Als wir uns wieder voneinander lösten, waren unser beider Wangen gerötet und ich merkte, dass ich leicht außer Atem war. Doch das ehrliche Lächeln auf seinen Lippen, das dieses Mal auch seine Augen erreichte, war es definitiv wert gewesen. Er beugte sich noch einmal zu mir herunter und gab mir einen kleinen Kuss auf den Mund. „Ich liebe dich.“, sagte er. Diese Worte schienen mir jedes Mal aufs Neue eine Gänsehaut zu verpassen und mir durch Mark und Bein zu gehen. „I-ich dich auch…“, erwiderte ich und war mir sicher, dass ich schon wieder knallrot wurde. Er drückte nochmal meine Hand, bevor er sich nun endgültig umdrehte und zurück zum Taxi ging. Als er gerade einsteigen wollte, drehte er sich noch einmal zu mir. „Misaki!“, rief er mir zu. Fragend sah ich ihn an. „Hm?“ „Satsuki-san hat sich übrigens Sorgen gemacht,  weil du heute nicht im Maid Latte aufgetaucht bist.“, sagte er. Ich schlug mir die Hand vor den Mund. Das hatte ich ja ganz vergessen! Mist! Takumi lachte bei meinem Anblick und stieg nun endgültig ins Taxi. Schnell machte ich mich auf den Weg ins Haus, um Satsuki anzurufen und mich zu entschuldigen.     Takumi   Seufzend ließ ich mich auf dem Hotelbett fallen, das mir alleine viel zu riesig vorkam. Es war zwar noch nicht wirklich spät, aber dennoch fühlte ich mich völlig erschöpft. Mit dem Säubern meiner alten Wohnung und dem Möbelkauf hatte ich an diesem Tag auch einiges getan, doch das, was mich so fertig gemacht hatte, waren definitiv die letzten Ereignisse gewesen. Misaki konnte sich gar nicht vorstellen, was für eine Angst ich um sie gehabt hatte. Nachdem ich mit ihr den VIP-Raum verlassen hatte und sie sicher in meinen Armen hatte halten können, waren meine Angst und die Anspannung auf einen Schlag von mir abgefallen und zurückgeblieben war pure Erschöpfung. Doch obwohl ich so erschöpft war, konnte ich nicht einschlafen. Die Sorge, dass Gerard doch noch etwas mit Misaki anstellte, ließ mich einfach nicht los. Und mitten in diesen Gedanken fielen mir auch wieder die Worte von Igarashi Tora ein. „Du warst zu lange weg, Takumi. Du hast ja keine Ahnung, was in der Zwischenzeit alles passiert ist.“, hatte er gesagt. „Ich sage dir nur eins: Glaub nicht, dass du jetzt so einfach mit Ayuzawa-san zusammen sein kannst.“ Was hatte er damit nur gemeint? Gab es da etwas, wovon ich nichts wusste? Was Misaki mir verschwieg? Bisher hatte ich von Tora nichts mehr gehört, doch ich wusste, dass ich dem Frieden nicht trauen konnte.  Als wären die Probleme auf meiner Seite noch nicht schlimm genug gewesen… Hosted by Animexx e.V. 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