Das Rauschen des Nils von Nightshade ================================================================================ Kapitel 7: Ein seltsames Benehmen --------------------------------- Kapitel 7: Ein seltsames Benehmen Der Rückweg durch den Palast war schweigsam. Shayenne schien der Anblick dieser verwelkten Rose nicht aus dem Kopf zu gehen und Atemu wusste nicht, wie er sie aufmuntern sollte. Sie bogen in den Gang ein, welcher zu den Gemächern des Pharao führte und trafen auf Jouno, welcher sogleich mit schnellen Schritten auf Atemu zulief. Shayenne stieß ein erschrockenes Quieken aus, welches Atemu unter anderen Umständen als amüsant betrachtet hätte, hätte sie sich nicht sogleich hinter seinem Rücken versteckt. Jouno wirkte auf die meisten Frauen normalerweise eher anziehend als abstoßend, aber Shayenne schien noch immer Angst vor Männern zu haben. Atemu deutete Jouno, er solle nicht noch näher kommen und in zwei Armlängen Abstand blieb er stehen. „Hey Atemu!“, grüßte er seinen Freund und versuchte an ihm vorbei zu schielen, um einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen. „Hallo, Jouno.“, erwiderte der Pharao und sah über seine Schulter zu Shayenne. „Das ist Jouno, er ist ein Freund von mir. Du brauchst keine Angst haben, er tut niemandem etwas – außer dem Essen der Köche.“, versuchte er die Situation etwas zu lockern und trat einen Schritt zur Seite. Shayenne hielt sich mit ihren beiden Händen an Atemus Arm fest und beäugte Jouno vorsichtig. Immer wieder zuckte ihr Blick zu Atemu, der dann jedes Mal aufmunternd nickte. „Ich... Ich heiße Shayenne... Hallo.“, sagte sie und nickte Jouno zu. „Freut mich dich kennen zu lernen, Shayenne.“, sagte er und verbeugte sich elegant vor ihr:“Jouno, stehts zu Euren Diensten, wertes Fräulein!“ Er richtete sich wieder auf und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Für gewöhnlich erröteten die Damen und wedelten sich mit ihren Fächern Luft zu, Shayenne jedoch starrte ihn fragend an und sah dann unsicher zu Atemu – was sollte sie davon halten? Atemu begann zu lachen und löste ihre Hände vorsichtig von seinem Arm, um eine davon wieder in seine Hand zu nehmen:„Jouno, entschuldige uns, aber es war ein langer Tag und wir sind hungrig.“ Er ging langsam an seinem Freund vorbei und zog Shayenne sanft mit sich. Jouno wandte sich jedoch nicht ab, sondern lief ihnen nach und meinte nur grinsend:“Ich könnte ein ganzes Kamel verspeisen! Selbstverständlich beehre ich euch mit meiner Anwesenheit!“ //Wie konnte ich nur in diese Situation gelangen..?!//, fragte Atemu sich und stützte sein Kinn auf die Hand. Bereits vor einigen Minuten hatte er den Teller weggeschoben und die Ellenbogen auf den Tisch gelegt – kein sonderlich königliches Verhalten, aber das war ihm im Moment egal. Atemu hatte ewig gebraucht, damit Shayenne ihm vertraute und sich in seiner Nähe wohlfühlte und jetzt saß sie neben Jouno und lauschte mit großem Augen allen seinen Geschichten. Kaum, dass sie mit dem Essen begonnen hatten, rutschte Jouno neben sie und begann zu erzählen, wie toll er doch war und welche Errungenschaften er schon erlangt hatte. Nach und nach löste sich Shayennes Nervosität in Luft auf und auch wenn sie nicht lachte, so schenkte sie seinem Freund doch zumindest ab und an ein Lächeln. //Ich muss mal ein Wörtchen mit Jouno reden, denke ich.//, grummelte Atemu und beobachtete die beiden stillschweigend. Er wusste nicht, weswegen ihn das so störte, aber es war so und er konnte das Gefühl nicht leiden, welches sich so langsam in seiner Brust ausbreitete. Gerade hatte Jouno ihr erzählt, wie er heimlich im Dunkeln über die Mauer in einen Innenhof geklettert war, in dem eigentlich eine Jungfer warten sollte, stattdessen aber nur zwei Wachhunde lauerten und er schnellstmöglich wieder über die Mauer zurück auf die Strasse kletterte. Atemu kannte die Geschichte und so ausgeschmückt war sie nicht abgelaufen – das waren noch Welpen gewesen und er wollte auch nicht zu eine wartende Jungfrau in den Innenhof, sondern heimlich in ihr Schlafzimmer schleichen. Mit einem lautlosen Seufzer stand der Pharao auf und beugte sich über den Tisch:“Ich ziehe mich zurück. Jouno, bringst du sie nachher zurück in ihr Schlafzimmer? Nur bringen? Schaffst du das?“ Er konnte nicht verhindern, dass er ein wenig genervt klang, das musste Shayenne auch gespürt haben, denn sie sah von ihm weg und schaute traurig auf ihren Teller. „Klar Atemu!“, grinste Jouno seinen Freund an:“Ich kümmer mich schon um sie!“ //Das befürchte ich auch...//, dachte dieser sich und wandte sich ab, um schnellstmöglich den Raum zu verlassen. „Ich glaube, er ist eifersüchtig!“, grinste Jouno Shayenne an und stand auf:“Das habe ich ja noch nie erlebt! Sonst teilt er eigentlich gerne mit mir seine Sachen!“ Shayenne sah ihn an und zog die Augenbrauen verwirrt zusammen:“Ich versteh nicht...?“ Teilen? Was wollte er denn teilen? Das Abendessen war so üppig, dass für jeden etwas dabei war. Sie stand auf und sah zu der Tür hinter der Atemu verschwunden war. //Aber er hat recht, irgendwas bedrückt Atemu. Was mag das sein...? Ich werde Sharah fragen, vielleicht weiß sie Rat?//, überlegte Shayenne und spürte dann, wie Jouno nach ihrer Hand griff. Das kam so überraschend, dass sie mit einem leisen Aufkeuchen, ihre Hand an die Brust zog und sie mit der anderen umklammerte. Erschrocken sah sie Jouno an und erwartete zu sehen, wie er böse wurde, doch dieser grinste nur wieder, verbeugte sich und deutete auf die Tür:“Nach Ihnen, wertes Fräulein! Ich bringe Sie in Ihre Gemächer zurück! Wie der Pharao befiehlt!“ Zögernd folgte sie Jouno, jetzt wo sie darüber nachdachte, war sie wirklich schon sehr müde. Shayenne hatte sich gut mit Jouno unterhalten, er war lustig, aber nach und nach wurde Atemu immer stiller und dann ist er gegangen. Hatte sie etwas falsch gemacht? Den gesamten Weg durch die Gänge zurück in ihr Zimmer dachte sie darüber nach, was sie gemacht haben könnte, dass Atemu sauer auf sie war, aber sie verstand das einfach nicht. Als Jouno plötzlich vor einer Tür stehen blieb, sah sie ihn an und dann die Tür. „Wir sind da!“, sagte Jouno und deutete auf die Tür:“Ich wünsche eine gute Nacht!“ Dann drehte er sich um und verschwand ohne sich nochmal umzudrehen den Gang hinunter um eine Ecke. Verwirrt sah sie ihm nach, er benahm sich auch irgendwie seltsam – liegt das vielleicht daran, dass er auch ein Mann ist? Ob alle Männer sich so seltsam benahmen? Dinge taten, die keinen Sinn ergaben? Schaudernd, da ihr einfiel, dass sie ja ganz alleine in dem Gang stand, betrat sie ihr Zimmer und stand Sharah gegenüber. „Guten Abend, mein Schatz!“, sagte sie und nahm ihre Ziehtochter in den Arm:“Ich hoffe, du hattest heute Spass?!“ Die wirren Gedanken vorerst abschüttelnd, nickte Shayenne und ließ sich von Sharah zum Bett führen. Nachdem sie ihr Kleid gegen ein Nachthemd getauscht und die Haare, die langsam wieder länger wurden, gebürstet hatte, deckte Sharah sie zu und setzte sich neben sie auf die Bettkante. „Ich habe gehört, du warst am Nil?“, lächelte sie lieb und strich Shayenne eine Strähne aus dem Gesicht. „Ja, wir sind durch einen Garten gegangen. Atemu hat mir Rosen gezeigt! Er hat eine gepflückt, aber sie ist deswegen gestorben...“, erklärte Shayenne traurig und deutete auf ihre zusammengelegten Hände:“Ich habe sie gehalten und irgendwann fielen die Blätter ab...“ Sharah nickte verständnisvoll und tätschelte ihr die Hand:“Ja, mein Schatz! Das passiert, wenn man Pflanzen pflückt. Sie können nur leben, wenn sie mit dem Boden verbunden sind, in dem sie wachsen.“ „Das hat Atemu mir auch erklärt. Ich wollte sie so gern behalten, ich möchte nie wieder eine Blume geschenkt bekommen! Sie würden sterben , nur damit ich sie halten kann...“ „Du bist ein liebes Mädchen, mein Schatz! Ich freue mich so, dass du jetzt jederzeit rausgehen kannst, um dir die Rosen anzusehen.“, lächelte Sharah und strich die Decke glatt:“Du solltest jedoch nun schlafen. Morgen wird ein langer Tag. Es ist viel zu tun.“ Dann stand sie auf und ging zur Tür. Gerade als sie diese geöffnet hatte, erinnerte Shayenne sich an ihre Frage:“Sharah?“ „Ja, mein Schatz?“, fragte diese und wandte sich wieder um. „Ich habe heute mit Atemu und Jouno zu Abend gegessen. Er hat mir Jouno vorgestellt, ich dachte, er wollte, dass ich mich mit ihm gut verstehe. Nach und nach wurde er aber immer stiller und ist dann gegangen, ich glaube er war sauer auf mich. Weißt du vielleicht, was ich falsch gemacht habe?“, fragte Shayenne und knetete nervös ihre Finger, denn sie wollte nicht, dass Atemu böse auf sie war. Mit gespitzten Lippen, schloss Sharah die Tür und kam zurück an ihr Bett:“Was hast du denn getan?“ Shayenne sah auf und hob die Schultern:“Ich habe mich mit Jouno unterhalten. Er hat mir Geschichten erzählt, sie waren eigentlich recht lustig, aber manchmal habe ich nicht so ganz verstanden, weshalb er an einigen Stellen gelacht hat.“ Kichernd hielt Sharah sich eine Hand vor den Mund und tätschelte mit der anderen Shayennes Hand, sie kannte Jounos Geschichten nur zu gut:“Ich glaube nicht, dass du etwas falsch gemacht hast! Atemu ist sicher nicht sauer auf dich, mein Schatz! Aber wenn er Morgen kommt, dann kannst du ihn fragen, weswegen er gegangen ist. Und nun schlaf - es ist alles in Ordnung!“ Immer noch kichernd verließ Sharah den Raum und ließ eine verwirrte Shayenne zurück. Es dauerte lange, bis sie eingeschlafen war, aber irgendwann überwog ihre Müdigkeit und zog sie in einen unruhigen Schlaf. Es ist dunkel, überall sind Schatten, aber ich habe keine Angst, denn die Dunkelheit beschützt mich. Ein langer Gang, links und rechts Steinwände, die Decke kann ich nicht sehen, sind das dort oben die Sterne? Am Ende ist eine Tür, ohne Fenster, mit einem großen Riegel davor. Was mag dahinter sein? Mit bloßen Füßen laufe ich den Gang hinunter, seltsam. Sand zu meinen Füßen. Kein Stein. Kein Mond über mir, nur Sterne. Plötzlich stehe ich vor der Tür, sie ist verriegelt. Ich schaue auf das rostige Metall und strecke die Hand aus – was mag dahinter sein? Der Riegel zerfällt vor meinen Augen und ich schaue hinab auf den Staub. Kein Kleid. Ich trage nur einen Fetzen Stoff, der meinen mageren Körper bedeckt. Deutlich sehe ich die Narben an meinen Handgelenken. Wo bin ich? Ich blicke zur Tür, sie ist offen und dahinter – nein! ER ist dort! Er streckt die Hand nach mir aus und will mich zu sich ins Licht ziehen! Ich will nicht, nein! Dunkelheit, wo bist du? Hilf mir! ER steht dort, inmitten eines Raumes, nur erhellt von Fackellicht, keine Fenster, keine Türen, nur ER! Meine Füße bewegen sich rückwärts, wollen fort, doch SEIN Blick hält mich gefangen, ich kann nicht wegsehen! Dunkelheit Hilfe! Verstecke mich! Schnell, komm und hilf mir! ER kommt näher und fast erreicht seine Hand meinen Hals, ich kann mich nicht bewegen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)