Es führt mich in die Dunkelheit von RoyalFool (Die blutige Entscheidung) ================================================================================ Kapitel 5: Das gestohlene Schwert --------------------------------- Bevor ich meiner Einladung zum Slug-Club nachging, suchte ich meinen Hauslehrer alleine auf, um ihn zu bitten, mir nicht vor allzu vielen anderen Leuten Fragen über meine Familie und den Streit mit Sirius zu stellen. Dafür war ich sogar bereit, jetzt unter vier Augen ein wenig offener zu sein. Professor Slughorn war ein Freund meiner Eltern, denn er hatte sie bereits unterrichtet, als sie gerade zur Schule gingen und er den Posten als Lehrer in Zaubertränke noch nicht lange innehatte. „Du kannst doch nichts dafür, wenn dein Bruder sich dazu entschieden hat, der Familie den Rücken zu kehren. Und es ist auch nicht deine Schuld, dass er Mitschüler und dich angegriffen hat! Nein, für sein Verhalten muss er lernen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Ich hoffe jedoch für euch, dass es für euch eines Tages die Möglichkeit gibt, euch wieder zu versöhnen. Du scheinst ja irgendwie noch an deinem Bruder zu hängen, wenn du extra deinem Hauslehrer dein Herz ausschüttest?“, lächelte er überaus wohlwollend. Seine Worte, die aufmunternd sein sollten und mir Hoffnungen für die Zukunft eröffnen sollten, versetzten mir einen Stich ins Herz und ließen mich wieder in zähe Grübeleien versinken. Versöhnung? Zwischen uns? Mutter hatte Sirius Namen bereits aus dem Wandteppich gebrannt! Ich wusste nicht, ob Vater bereits das Testament geändert hatte. Nun musste ich all die Erwartungen erfüllen! Obwohl meine Eltern mich immer mit Stolz betrachteten, hatte ich Zweifel, ob ich ihnen weiterhin genügen würde. Oder ob ich mich nicht doch als zu schwach erweisen würde. Ich wollte meine armen Eltern nicht so enttäuschen und verletzen, wie Sirius es bereits getan hatte. Besonders bei Mutter hatte ich den Eindruck, sie würde es nicht verkraften bei ihrer zuweilen hysterischen Gemütsverfassung. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und schreckte beinahe zusammen. „Immer noch so finster, junger Herr Black?“, fragte Slughorn betont unbekümmert. „Halten sie Sirius für einen besseren Erben?“, rutschte es mir heraus. Mit dieser Frage hatte ich meinen Hauslehrer offenbar überrumpelt. „Je nun… er ist ein talentierter junger Zauberer, hat sich ebenso talentierte Freunde gesucht, natürlich eher in Gryffindor – ich fand es auch schade, ein so aufgewecktes Köpfchen nicht in meinem Haus oder wenigstens in meinem kleinen Clübchen begrüßen zu können. Er ist eben eigensinnig, rebellisch, aber das macht auch seinen Charme aus, nicht wahr?“ Meinem Gesicht war wohl anzusehen, dass das nicht die Antwort war, die ich erhofft hatte, denn Slughorn brach seine Abschweifung ab und versuchte, die Kurve zu bekommen. „Dagegen wirken sie schon etwas, wie soll ich sagen, seriöser, ernster, da kann man sich leichter einen würdevollen Erben für eine alte Zaubererfamilie vorstellen. Sirius mag das Temperament der Blacks, besonders ihrer beider Mutter geerbt haben, aber wenn er sich nicht in die Tradition stellen möchte, du hingegen schon, ist das Thema doch erledigt!“ Ich runzelte die Stirn und zuckte mit den Achseln. Da hatte ich von Florence und Rosier eindeutigeren Zuspruch bekommen, dass ich die bessere Wahl als Erbe sein würde. „Doch nun zu einem erfreulicheren Thema: ich habe Gerüchte gehört, sie hätten die Kapitänin der Ravenclaw-Quidditch-Mannschaft zum Ball gebeten?“, fragte Professor Slughorn neugierig nach. „Sie werden unserer Mannschaft doch nicht abtrünnig? Die Ravenclaws sollen ja nicht ganz so glücklich mit ihrem Sucher sein…“, zwinkerte er. Ich wollte gerade antworten, da fügte er noch hinzu: „Aber hübsch ist die junge McCormack und eine fleißige Schülerin. Sie haben Geschmack.“ Slughorns Hang zum Tratschen empfand ich nicht als besonders seriös und ich wusste auch nie, wie viel ich diesem Lehrer tatsächlich von mir preisgeben wollte. Er war ein Trophäen-Sammler, prahlte mit seinen Freundschaften und Verbindungen zu jedem, der reich und berühmt war oder sonst Einfluss in der Zaubererwelt haben könnte. Mit jeder Information, die ich ihm über mich gab, würde er mich enger in sein Netz einspannen können. Zumindest hatte Vater es mal so umschrieben und ich wusste inzwischen, was er damit gemeint hatte. „Wir gehen doch nur zusammen zum Ball…“, versuchte ich, das Thema runterzuspielen. Slughorn grinste vergnügt in sich hinein. „Wir sehen uns dann gleich bei meiner kleinen Weihnachtsfeier?“ Ich nickte. Jetzt, wo ich mich sicherer vor unangenehmen Fragen im Slug-Club vor den anderen Mitgliedern dort fühlte, würde ich gerne kommen und mich von meinen Gedanken ablenken lassen, indem ich die anderen Schüler beobachtete, wie sie von Slughorn ausgefragt wurden. Es war fast wie immer. Herrlich. Jeder bekam ein kunstvolles aber mächtiges Dessert aufgetischt und Slughorn thronte wie ein König, der eine Audienz gab, am Kopfende des Tisches, leicht erhöht, um seine Schüler gut überblicken zu können. Kaum hatten wir angefangen, das Dessert zögernd zu probieren, befragte er die erste. Meaghan. An ihren Lippen hing heute auch ich, denn ich hatte noch keine Zeit, sie nach ihren Weihnachtsferien zu fragen. Ihre Mutter hatte trotz ihres strengen Trainingsplanes Zeit für ihre Familie gefunden und es klang nach einem schönen Weihnachtsfest. Außerdem hatte Meaghan Quidditch-Karten für alle Spiele der Mannschaft ihrer Mutter bekommen, auch wenn sie wegen der Schule nur ein paar wenige davon würde tatsächlich besuchen können. Was die anderen Schüler zu erzählen hatten, interessierte mich weniger und ich kämpfte aus Höflichkeit mit dem Dessert, das schon nach wenigen Bissen schwer im Magen lag und die Zähne süß verklebte. Ich war fast erleichtert, als Slughorn seine Schale mit kandierten Ananasstückchen rumgehen ließ. Etwas Fruchtiges wäre jetzt sicher angenehm! Doch auch diese Nascherei erwies sich als viel zu süß. Ich versuchte, mit klarem Wasser nachzuspülen, nur um festzustellen, dass auch das Getränk, das ich für Wasser gehalten hatte, eine süße Limonade war. Ich gab auf. Das Gesprächsthema hatte sich merkwürdigen Muggel-Brauchtümern um Weihnachten herum zugewandt. Lily Evans und Severus Snape versuchten, zu erklären, wie sich Muggel den sogenannten Weihnachtsmann vorstellten, auf einem Schlitten der von fliegenden Rentieren gezogen wurde. Dafür, dass Muggel sonst so magiefeindlich waren, erschien uns das sehr magisch. „Und der ist dick und steigt nachts durch den Kamin ein? Sicher, dass er nicht das Flohnetzwerk benutzt?“, fragte ein Ravenclaw, der die These hatte, der Weihnachtsmann könne ein Zauberer sein, der sich einen Spaß erlaubte. „Nein, eigentlich beschenken die Eltern ihre Kinder oder Freunde sich gegenseitig, wie wir Zauberer es auch tun. Es ist nur eine Geschichte, die sie erst ihren jüngeren Kindern erzählen!“ – „Also lügen Muggel ihre eigenen Kinder an, einfach so aus Spaß?“ Florence schüttelte verständnislos den Kopf. Ich fühlte mich ebenfalls in meinem Verdacht bestätigt, dass Muggel einfach sehr seltsam waren, ein bisschen verrückt. Jäh wurde die gemütliche Runde von einem Tumult draußen unterbrochen. Wir drehten uns bereits zur Tür, als sie aufflog und ein Schüler hereingestürzt kam. „Draußen, auf dem Gelände, da ist etwas Merkwürdiges aufgetaucht! Professor Slughorn, können sie mal mitkommen? Ich habe so schnell keinen anderen Lehrer gefunden!“ Behäbig erhob Slughorn sich von seinem gemütlichen Stuhl. „Beruhigen sie sich erst mal, mein Lieber! Was ist denn genau passiert?“ Es war offensichtlich, dass er eher einen Streich vermutete als wirkliche Gefahr. „Naja, wir haben ein rotes Leuchten gesehen draußen und ein paar Schüler wollten nachsehen! Aber die haben sich nicht so gut gefühlt, als sie sich der Lichtquelle genähert haben… sie sagten, sie hätten Steine gesehen auf einem Tuch und die würden so leuchten… Was könnte das sein?“ Wenn es sich um etwas Magisches handelte, dass einem bereits, wenn man sich näherte, ein ungutes Gefühl bescherte, sollte man doch vorsichtig sein, dachte ich. Slughorn schien etwas Ähnliches durch den Kopf zu gehen, denn schickte er sich an, dem aufgeregten Schüler zu folgen, den ich erst jetzt als Remus Lupin erkannte, weil ich weiter hinten im Raum saß und andere Köpfe mir die Sicht versperrt hatten. „Feiert ruhig weiter, ich bin gleich wieder da!“, verabschiedete sich Slughorn. „Professor Slughorn könnte den Gryffindors wirklich mal Punkte abziehen, wenn die um so eine Uhrzeit noch über die Ländereien draußen streifen und mysteriösen Lichterscheinungen nachgehen!“, brummte Evan Rosier. „Und wenn es wirklich was Gefährliches ist?“ Ich kannte Lily Evans nicht besonders gut, aber ich konnte mir denken, dass sie sich um ihren Kumpel sorgte. Immerhin waren sie und Lupin zusammen die aktuellen Vertrauensschüler von Gryffindor. Und Lupin gehörte zu der engen Clique von Potter und Sirius. Meine Laune sank wieder, bis ich bemerkte, dass Meaghan zu mir rüber sah. Sofort lächelte ich und bemerkte, dass neben ihr eigentlich noch ein Platz frei war. Warum hatte ich mich nicht von Anfang an dorthin gesetzt? Mein Herz flatterte aufgeregt. Sollte ich mich jetzt umsetzen? Warum eigentlich nicht? Evan saß neben seiner Florence, so gesehen würde ich keinen Kumpel allein lassen. Vielleicht fiel es in der Aufregung und den Spekulationen um das rote Licht nicht zu sehr auf. Ich erhob mich und schlich um den Tisch herum. „Darf ich…?“ fragte ich, als ich neben Meaghan stand und deutete auf den freien Platz. Ich kam mir dumm vor, keinen vollständigen Satz herauszubekommen. Severus und das Schlammblut Evans saßen mir nun gegenüber und sahen mich beide an, was mich noch nervöser machte. „Klar“, sagte Meaghan jedoch, bevor ich es mir wieder anders überlegen konnte. Ich setzte mich. „Ist das nicht ein schönes Bild?“, bemerkte Evans mit einem warmen Lächeln. „Jetzt sitzen ein Slytherin, eine Ravenclaw, ein Gryffindor und ein Hufflepuff zusammen auf einer Bank! Direkt nebeneinander!“ Ich sah an Meaghan vorbei. Das war mir nicht aufgefallen. War jetzt auch egal. Ich saß neben Meaghan und dachte, dass es angemessen wäre, nicht stumm zu bleiben. „Ähm… wenn es geht… wollen wir vor dem Ball noch ein paar Tanzschritte zusammen üben?“, fragte ich leise und spielte mit dem Ring an meinem Finger. „Eigentlich wollten ja die Hauslehrer hausintern einen Tanzkurs geben, damit jeder Schüler sein Haus auf der Tanzfläche gut vertreten kann, aber vielleicht geht es ja trotzdem, dass wir zusammen proben?“, antwortete Meaghan. Ich nickte, obwohl mir die Geste überflüssig vorkam. Als Slughorn zurückkehrte, wirkte er nachdenklich. „Ich kann auch nicht sagen, was diese leuchtenden Steine sind oder woher sie kommen, mit den Papierfröschen sieht es eher nach einem dummen Streich aus, aber ich habe einen Bannkreis darum gelegt. Vielleicht kann morgen meine werte Kollegin Frau Bagnold einen Blick darauf werfen.“ Das Treffen des Slug Clubs löste sich allmählich auf. Der Professor entschuldigte sich, er sei müde und ein paar Schüler wollten neugierig diejenigen ausquetschen, die das Licht entdeckt und von Nahem gesehen hatten. „Die Gryffindors werden uns nichts sagen, egal ob sie etwas damit zu tun haben oder selbst tatsächlich Opfer sind. Lasst uns selbst gehen!“, schlug Severus vor. „Wenn unsere beiden Vertrauensschüler mitkommen, können uns die anderen nichts.“ Das hieß, dass die Vertrauensschüler der anderen Häuser uns so nicht so schnell Punkte abziehen würden dafür, dass wir jetzt noch rausgingen, um merkwürdigen Ereignissen nachzuschnüffeln. Ein Gryffindor folgte uns. „Hallo, ich bin Fynn McMillan! Ich komme aus Schottland und bin neu hier!“ Er streckte mir eine Hand hin. Ich war mir ziemlich sicher, diesen Jungen schon früher hier gesehen zu haben. Ein neuer Schüler oder ein Austauschschüler wäre mit Sicherheit größer angekündigt worden! „Regulus Black“, antwortete ich distanziert und schüttelte ihm aus reiner Verwirrung tatsächlich die Hand. „Ihr wollt auch nach den Steinen sehen? Seid besser vorsichtig! Auch der Lehrer wusste nicht so recht, was er davon halten soll!“, plapperte der Junge munter drauflos. „Einige haben sich nicht so gut gefühlt, eine ist sogar fast zusammengebrochen!“ Ich brummte ein neutrales „hm“ und folgte den anderen Slytherins weiter, die sich schon mit etwas bösen Blicken zu dem redefreudigen Gryffindor umwandten. „Geh zurück!“, rief Emma ihm zu. „Meine Güte, warum seid ihr denn so unfreundlich?“, fragte Fynn ehrlich verwirrt. Hatte er wirklich keine Ahnung? „Es ist… kennst du nicht mehr die Geschichte von Hogwarts? Und dem Streit unter den Gründern? Und dass die Häuser Gryffindor und Slytherin seither, naja, sehr arge Konkurrenten sind um den Hauspokal und so?“, versuchte ich, knapp zu erklären. „Ist es nicht albern, einen Streit nur um der Tradition willen fortzuführen?“ Ich zuckte mit den Achseln. Egal, was in Fynns Kopf gerade nicht stimmte, dass er sich nicht recht erinnerte, doch mit dieser Bemerkung mochte er einen klugen Gedanken ausgesprochen haben. Ich würde dem nur niemals offen zustimmen. Ich verhielt mich ihm gegenüber allerdings weniger deutlich abweisend als meine Mitschüler in diesem Moment. Er hatte mir schließlich nichts getan. „Da vorne ist es!“, rief jemand warnend. Wir gingen langsamer. Mich beschlich ein ungutes Gefühl dabei, doch Severus sah richtig bleich aus. „Der Bannkreis von Professor Slughorn löst sich bereits auf!“, bemerkte Florence beunruhigt. „Was auch immer das zu bedeuten hat, es ist zu mächtige Magie am Werk, als dass ein einfacher Bannkreis dem standhalten könnte!“ Mir lief ein kalter Schauer den Rücken runter. Bewegten sich die Papierfrösche? In jeder anderen Situation hätte ich sie albern gefunden, aber jetzt erinnerten sie mich an die Geschichten von den zehn Plagen in Ägypten. Frösche waren die zweite, die erste war Blut. Danach kamen irgendwelche Mücken und Insekten, Pest, Hagel, Heuschrecken waren die achte, Finsternis die neunte und die zehnte der Tod aller Erstgeborenen. Eine Art Blutritual war vor geraumer Zeit hier angegangen worden und es hatte die Schutzkreise um Hogwarts geschädigt. Dadurch hatte ein Nachtmahr die Möglichkeit gehabt, einige Schüler heimzusuchen. Was an Halloween geschehen war, wusste ich nicht genau, doch jetzt würde es mich nicht mehr wundern, wenn dort tatsächlich etwas Gefährliches sich geregt hätte. „Also berühren oder bewegen kann man diese Dinger nicht!“, stellte Wilkes fest. „Bist du verrückt?“, keuchte jemand vor mir im Dunkeln. „Du verhältst dich ja bald so übermütig wie ein Gryffindor!“ Ich war dankbar, dass dieser alberne Streit meine wilde Assoziationskette durchbrach. Plagen, pah! Davon war das hier doch noch weit entfernt, so schlimm war es gar nicht, ein paar leuchtende Steine und Papierfrösche, also wirklich! Und mein ungutes Gefühl – es war eben echt kalt draußen! Es hatte den ganzen Tag geregnet, ich spürte wie meine Hosenbeine unten durch die Wiese feucht wurden und ein leichter Wind fand den Weg durch meine Kleidung. Ich schlang die Arme um mich, wie um meine Körperwärme festzuhalten. In dem Moment taumelte Severus neben mir und ich musste ihn stützen. „Wir müssen zurück zum Schloss! Severus, helft mir ihn zurückzubringen!“, rief ich. „Mir geht’s auch echt mies…“, fügte Fynn hinzu. „Spürt ihr es nicht?“ Florence, Evan, Wilkes und ich schüttelten den Kopf. „Vielleicht trifft es nur Halbblüter?“, mutmaßte ich. „Wer war denn noch hier und betroffen?“ Diese Theorie musste überprüft werden und dafür mussten wir zurück und mit den anderen reden, die hier draußen gewesen waren. Auch mit den Gryffindors. Zurück in der großen Halle wurde bereits diskutiert, als wir dazu stießen. „Also Remus ist weder Muggelgeboren noch ein Halbblut und trotzdem ist er auch betroffen!“, sagte Potter gerade. „Häuserspezifisch ist es auch nicht, sonst wäre kein Hufflepuff betroffen.“ – „Und kein Slytherin!“, fügte Evan hinzu. Potter würde gegen ihn weniger sagen, als wenn Severus sich selbst zu Wort gemeldet hätte. „Ah, habt ihr euch also auch getraut, nachts noch auf dem Gelände herumzuschnüffeln?“, spottete Potter. „Ich hab sogar versucht, diese Steine anzufassen!“, grinste Alastair Wilkes selbstsicher. „Aber da passiert nichts.“ Super, das konnte ja nur Streit geben. Ich setzte mich und hörte halbwegs zu. Jemand äußerte die Vermutung, ob es sich nicht um Dracheneier handeln könnte. „Dracheneier?!“ Florence lachte abfällig. „Und die werden von Papierfröschen neuerdings ausgebrütet? Ja, das war sicher ein japanischer Origamidrache!“ Ich grinste in mich hinein und schüttelte den Kopf. Zum Glück schafften die anwesenden Ravenclaws und Hufflepuffs, die Sticheleien zwischen Slytherins und Gryffindors immer wieder so zu mäßigen, dass konstruktiv weiter diskutiert werden konnte. „Was, wenn noch irgendein dunkles Wesen oder eine Macht eine Lücke in Hogwarts Verteidigung gefunden hat? Man kann ja unterschiedlich auf Verschiebungen in der Magie reagieren, vielleicht sind da bestimmte Personen empfindlicher?“ Ja, das konnte sein, half uns aber noch wenig. „Was, wenn die Quelle dafür, dass einige hier umkippen, nicht in diesem Leuchten direkt lag?“, überlegte ich laut. „Es könnte ein Nebeneffekt oder eine bewusste Ablenkung sein. Berühren oder verändern konnten wir da nichts, das spricht fast dafür, dass es eine Illusion ist. Oder eine Gruppenhalluzination. Ein Bild.“ Die Aufmerksamkeit wandte sich mir zu. „Du meinst, es muss nicht echt sein?“, fragte eine Stimme aus der Menge. „Es ist echt, aber nicht die Quelle. Es könnte aber noch auf den wahren Ursprung verweisen von dem, was auch immer hier vorgeht!“ Es gab noch weitere Mutmaßungen, die alle mehr oder weniger plausibel klangen, doch zu einem sicheren Ergebnis kamen wir nicht. „Wir sollten nochmal hin, bevor es wieder verschwindet!“, entschlossen wir dann. In so einer großen Schülergruppe konnte man sich auf den Ländereien von Hogwarts sicher fühlen. Es war aus meiner Sicher eher Neugier und Abenteuerlust, die die Schüler (nach den Weihnachtsferien und bevor der Schulalltag wieder hereinbrach) gepackt hatte. Zuerst liefen wir noch recht unbekümmert auf die Stelle zu, bis jemand rief: „Seht ihr das? Da stehen drei Gestalten!“ Wir blieben stehen und tuschelten, schwärmten ein wenig aus und gingen langsamer mit gezückten Zauberstäben weiter, bis wir drei Geister erkennen konnten. Ihre Kleidung wirkte sehr altmodisch und war blutig; sie mussten schon vor langer Zeit gestorben sein. Und da sie hier aufgetaucht waren, müssten sie irgendwo auf dem Gelände von Hogwarts umgekommen sein! Doch warum hatten sich diese Geister noch nie zuvor gezeigt? Waren es Schüler gewesen? Waren sie Teil der Bedrohung oder hatten sie die Aufgabe, Hogwarts vor ihr zu warnen? „Seht eusch diese ängstlischen Gesichter an! Ich sehe no Champion!“, sagte der weibliche Geist mit starkem französischem Akzent. „Hogwarts war noch nie hart genug! Formt seine Schüler nicht, stählt sie nicht!“, stimmte der rau wirkende Gesell in der Mitte zu. Er trug eine Fellmütze, die mich an russische Trachten erinnerte. „Sie werden sich beweisen müssen – gemeinsam.“, sagte der dritte. „Wer seid ihr und wovon sprecht ihr?“, verlangte Potter kühn zu wissen. „Ah, ein Mutiger!“, sprach das Mädchen in nervtötendem Singsang. „Ich bin Madeleine, der Champion aus Beauxbatons!“, stellte sie sich vor. „Und ich bin Olec, der Champion aus Durmstrang! Bereits in der ersten Aufgabe des Trimagischen Turniers bewies ich meine Stärke!“ – „Aber bei der zweiten Aufgabe besiegte ich dich, im Namen von Hogwarts!“, unterbrach der Dritte. „Mein Name ist Robin. Ich war in Gryffindor.“ Offensichtlich freuten ein paar Gryffindors sich, einem alten Champion aus ihrem Haus zu begegnen, der an einem Trimagischen Turnier teilgenommen und Hogwarts vertreten hatte. „Aber bei dritten Aufgabe ihr habt versagt!“, kicherte Madeleine. „Du bist auch von den Ogern gefressen worden!“ So zankten die Geister eine Weile, bis wir ungeduldig wurden und uns mit unseren Fragen bemerkbar machten. „Wir sind ier, Schüler zu warnen! Erster Schutzstein von Ogwarts gebrochen! Wächter muss zurückgerufen werden, Wächter des Steins von Gryffindor!“, setzte die Französin zu einer Erklärung an. Murmeln brach aus, das zwischen Verwirrung und Sorge schwankte. „Wir wurden von dem Ritter gerufen, der seinen Posten verlassen musste.“, fügte der Geist des Hogwartsschülers nicht weniger kryptisch hinzu. „Etwas wurde feige gestohlen. Beweist euren Mut, indem ihr es für ihn zurückholt!“, wurde Olec etwas konkreter. „Ier abt ihr einen Hinweis.“ Ein Blatt Pergament mit einer Zeichnung schwebte auf uns zu und es wurde einmal herum gegeben. Es waren drei Kreise eingezeichnet mit verschiedenen Unterteilungen, in denen unterschiedliche Zahlen standen. „Wir sollten zurück zum Schloss, da können wir das abzeichnen und in verschiedenen Gruppen versuchen, das Rätsel zu lösen!“ Das war ein vernünftiger Vorschlag, dem niemand widersprach. Dennoch versuchten ein paar Schüler, Professor Slughorn aufzusuchen, der allerdings auf kein Klopfen antwortete. Aus seinem Zimmer ertönte Musik. Vielleicht schlief er und hörte uns nicht. Wir mussten also ohne einen Lehrer einzuweihen herausfinden, an welchem Ort das Schwert versteckt war. Wir vermuteten zumindest, dass das Rätsel uns den gestohlenen Gegenstand und den Ort, wo es versteckt wurde offenbaren würde. Zwischendurch wurde vermutet, die Zahlen könnten uns Koordinaten oder ein Datum offenbaren. Es war kurz nach Mitternacht, ich war beinahe eingeschlafen, als eine Gruppe aufgeregt verkündete, sie habe das Rätsel gelöst. „Ich habe das Schwert des Ritters genommen und es im alten Steinbruch verborgen.“, las Magnus vor. Obwohl wir einigen die Augen bereits zugefallen waren, machten wir uns nun voller Tatendrang auf. Dass wir morgen Unterricht hatten, war nebensächlich. Solange der Ritter sein Schwert nicht hatte, konnte er Hogwarts nicht bewachen! Eine unbekannte Macht griff bereits den magischen Schutz an! Wir wollten keinen zweiten Nachtmahr und auch keine ähnliche Gefahr hereinlassen. „Der alte Steinbruch ist im verbotenen Wald.“, informierten Lupin und Potter uns. „Ich kann euch hinführen!“, sagte Lupin. War ja klar, dass diese Gryffindors, die so viel Unfug anstifteten, sich sogar etwas in dem Wald auskannten! Ob nun durch eine Strafarbeit mit dem Wildhüter oder weil sie eigenmächtig herumgeschlichen waren, war nebensächlich. Niemand hinterfragte ihr Wissen in diesem Moment. Wir mussten los, bevor es noch später wurde. Dass Potter nicht mitkam, bemerkte ich erst, als wir beinahe den Waldrand erreicht hatten. Wir waren genug und in meinem Kopf spielten sich Fantasien ab, wie er einen Weg suchte, Sirius bei seiner Strafarbeit doch Gesellschaft zu leisten und mehr darüber zu erfahren, was zwischen uns vorgefallen war. Ich verzog das Gesicht und spürte dann eine Hand an meinem Arm. Meaghan ging direkt neben mir und schaute mich an. Sofort versuchte ich, zu lächeln, damit sie sich keine Sorgen machen musste. Sanft nahm ich ihre Hand und wir verschränkten unsere Finger miteinander. Es war angenehm, dass sie mich nie mit Fragen löcherte, wenn ich nicht selbst reden wollte. Ich hoffte, dass das so bleiben würde. Gleichzeitig fragte ich mich, wie viel ich ihr von mir preisgeben wollte, wenn wir noch mehr miteinander unternehmen würden. Ich mochte sie bereits sehr. Es war tiefe Nacht und sobald wir weit genug vom Schloss entfernt waren, hatten wir unsere Zauberstäbe mit gemeinsam geflüstertem „Lumos!“ entzündet. Die Sterne und der Mond wurden noch von dunklen Wolken verhüllt, immerhin regnete es nicht. Wir folgten einem gewundenen Trampelpfad, der in den Wald abbog. Der Steinbruch sollte nicht mehr weit sein und wir waren genug Schüler mit Lichte, dass die meisten Wesen des verbotenen Waldes sich ungesehen tiefer ins Unterholz zurückzogen. Wir hörten hauptsächlich die Schritte unserer Gruppe und ein paar flüsterten miteinander. Eine Person hatte das Schwert hier versteckt, wir erwarteten nicht, dass es zusätzlich allzu stark bewacht sei. „Da… da ist eine Feuerstelle, seht ihr das? Das müsste im Steinbruch sein!“ Zufall oder war der Dieb noch bei seinem Diebesgut? Es waren noch andere Wesen denkbar, die im Wald leben und ein Feuer entzünden konnten. Wir versuchten, uns nun leiser fortzubewegen. Die Blätter unter unseren Füßen raschelten trotzdem hin und wieder oder ein Ast knackte unter einem Stiefel. Außerdem müsste, wer auch immer bei dem Feuer war, unser Licht durch die Bäume auch gesehen haben. Am Fuße des Steinbruchs blieben wir stehen und schauten hinauf. Ich zählte zuerst nur drei Gestalten, die mit dem Rücken zu ihrem Feuer standen und zu uns herunter sahen. „Habt ihr das Schwert?“, fragte jemand. Wir erhielten keine Antwort. Die Gestalten wirkten menschlich, aber ihre Bewegungen waren langsam und ein wenig schwankend. Betrunkene Bettler, die sich im Wald verbargen? Nein, das war unwahrscheinlich. Wir folgten weiter dem Weg, der zum Steinbruch hinauf führte. Die Gestalten kamen uns entgegen und jetzt merkte ich, dass es noch mindestens zwei mehr waren. Ich verlangsamte meinen Schritt und hielt Meaghan fest. Ich hatte ein ungutes Gefühl. Plötzlich stürzten sich die ersten drei Gestalten auf die neugierigen Schüler, die voraus gelaufen waren. Panisch liefen wir durcheinander, jemand stürzte und schrie, ich zog Meaghan mit mir nach rechts, einen recht steilen und mit Büschen und Bäumen bewachsenen Abhang hinauf. Hier konnten wir uns verstecken und von hier aus konnten wir die Situation besser überblicken. „Vorsicht, die Wesen beißen!“, hörte ich von unten. Es wurden Zauber gebrüllt, aber ich sah, dass die Wesen sich kaum beirren ließen. „Sie reagieren auf Licht! Macht euer Lumos aus!“, meinte ein Junge und es wurde nach und nach dunkler. Meine Augen brauchten etwas, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten und ich wieder Bewegungen in den Schatten erkennen konnte. Das Lagerfeuer aus dem Steinbruch tauchte die Szene in unwirkliches, rötlich flackerndes Licht. „Alastair!“, rief ich, als ich einen Mitschüler entdeckte, auf den sich eines der Wesen geworfen hatte und der mit beiden Händen versuchte, es abzuwehren, damit es ihn nicht biss. Vorsichtig kletterte ich ein Stück nach unten. „Stupor!“ Das Wesen grunzte und sah auf. Jetzt konnte ich eine blutverschmierte menschliche Fratze erkennen. Ein lebender Toter? Oder belebter Toter? Ich hatte Abbildungen von Inferi gesehen, war mir allerdings nicht sicher. Was half noch gleich gegen Inferi? Feuer? Aber warum bewachten sie dann dort im Steinbruch ein Lagerfeuer? Denn so wirkte es auf mich. „Inflamare!“, versuchte ich dennoch, das Wesen mit Feuer zu verscheuchen. Es wurde zumindest dadurch genug abgelenkt, dass Wilkes sich befreien und zu uns beiden hochklettern konnte. „Bist du verletzt?“, fragte Meaghan. „Es geht.“, antwortete Alastair Wilkes. „Was sind das für Wesen?“, fragte Meaghan weiter. „Ich weiß es nicht!“, meinte ich, obwohl ich diesen schrecklichen Verdacht hatte. „Wir müssen uns zurückziehen! Holt die Verletzten!“, kommandierte einer der Ravenclaws, wenn ich mich nicht täuschte. Die Wesen wurden nur soweit zurück gedrängt, wie nötig war, um die Verletzten zu holen und auch wir rannten von unserer sicheren Position aus zu den anderen und gemeinsam zogen wir uns so weit zurück, bis die Wesen uns nicht mehr folgten. Jetzt mussten einige Fragen geklärt werden. „Was war das? Ob die das Schwert bewachen? Habt ihr einen Zauber ausprobiert, der gegen sie wirkungsvoll war? Können wir die Wunden heilen von denen, die gebissen wurden? Oder sind die jetzt irgendwie vergiftet oder infiziert?“ Florence, eine Hufflepuff und Severus sahen sich die Wunden an und taten ihr bestes, sie vorläufig mit „Episkey!“ zu heilen und wo es nicht klappte, sie zu verbinden. Keiner von uns war sich sicher, ob ein bestimmter Zauber große Wirkung gezeigt hatte, aber wir waren uns einig, dass sie auf Licht reagierten. So entstand folgender Plan: Der größere Teil unserer Gruppe, der nicht zu verletzt war, sollte die Wesen mit Licht blenden und auf sich locken, während ein paar andere, eher kleine und schnelle, sich rechts und links vorbei in den Steinbruch schleichen und nach dem Schwert sehen sollten. Ich meldete mich mit Aidan Lynch, dem Sucher von Hufflepuff, Meaghan, Fynn und Reginald freiwillig für letztere Aufgabe. Auch Severus wollte sich lieber anschleichen, sollten unser kleines Team Verstärkung brauchen. Zuerst versuchte ich, eher dem Weg folgend, von rechts in den Steinbruch einzudringen und ich kam auch knapp bis zu der Feuerstelle, aber dort waren noch zwei Wesen, die ich dank des Feuers deutlicher als tote Menschen erkennen konnte. Ich rannte knapp zwischen ihnen hindurch, machte eine Kurve ums Feuer und machte einen Satz über die niedrige Mauer, die die linke Seite des Steinbruchs weniger leicht zugänglich machte. Ich rutschte den Abhang hinunter und eilte zu meinen Kameraden. „Ist das Schwert da?“, wurde ich gefragt. „Ich weiß nicht, da waren noch Wesen, ich hatte nicht die Zeit, mich genauer umzusehen! Ist jemand anderes noch bis zum Steinbruch oder gar rein gekommen?“ So genau wusste das niemand, es sah aber so aus, als nähmen sich Aidan und Reginald mehr Zeit, sich am Rand anzuschleichen. Fynn sah ich nicht. Meaghan war auch wieder zurückgekommen. „Ok, wir versuchen es so lange, bis wir das Schwert haben oder sicher sind, dass es doch nicht hier ist!“ Diesmal tat die Gruppe mit den Lichtern so, als wolle sie gemeinsam dem Weg folgend zum Steinbruch vordringen. Als genug sich scheinbar alle der Wesen gegen diese Gruppe wendete, kletterte ich den Abhang wieder hinauf, den ich eben hinunter gerutscht war und sprang mit einem Satz über die niedrige Mauer und duckte mich. Ich war drinnen! Und jetzt konnte ich mir mehr Zeit nehmen, nach dem Schwert zu gucken! Sobald ich es sah, müsste ich losrennen! Mein Herz flatterte wie ein gefangener Vogel. Links war nichts zu sehen, also ließ ich meinen Blick langsam und aufmerksam nach rechts schweifen – wo plötzlich grausiges Gesicht direkt vor mir war, die Haut hing in blutigen Fetzen vom Knochen und das eine Auge, das noch intakt wirkte, starrte milchig ins Leere und doch wusste ich, dass es auch mich anstarrte. Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich hatte das Gefühl, meinem Ende entgegen zu starren. Dann löste sich ein Schrei aus meiner Kehle, der mir die Kontrolle über meinen Körper zurück verschaffte. Ich drehte mich um, die Hand des Wesens glitt knapp an meinem Kopf vorbei. Ich sprang über die Mauer, rutschte auf einem lockeren Stein aus und überschlug mich mehrmals, bis ich unten zum Liegen kam. Ich sah das Wesen oben an der Mauer schwankend stehen. Es machte stöhnende Geräusche, als sei es enttäuscht, dass ich entwischt war oder als lache es mich aus. Meine Mitschüler, die meinen Sturz gesehen hatten, eilten auf mich zu und halfen mir auf die Beine. Ich hatte mir einen Arm aufgeschürft, aber sonst fehlte mir nichts. Ich hatte Glück gehabt. Allmählich zweifelte ich daran, dass das Schwert im Steinbruch war oder dass wir an den Wesen vorbei zu ihm gelangen konnten. Ich wollte gerade den anderen mitteilen, dass wir noch einen Versuch starten könnten und dann aufgeben sollten, als ich einen anderen Schüler den Weg hinunterrutschen sah, den ich soeben auch unelegant genommen hatte. „Ich hab das Schwert!“ Ungläubig sah ich Fynn an. „Ich war schon beim ersten Angriff mit dem Fuß umgeknickt und dann unentdeckt liegen geblieben und bin weiter heran gerobbt. Ich habe das Schwert dann auch entdeckt, aber ihr habt nicht alle Wesen rausgelockt – erst eben, als Regulus da war und wieder weggerannt ist, hatte ich Gelegenheit, es mir zu schnappen!“ Obwohl es ein Gryffindor war und ich ihn für seltsam hielt, stützte ich ihn nun gerne. Er hatte es geschafft! „Rückzug!!!“, riefen Magnus und Reginald so laut sie konnten. „Fehlt jemand?“ Ich sah mich nur nach Meaghan und dann nach Evan und Florence um. Ich war zu müde, um mir um alle Sorgen machen zu können. Ich vertraute darauf, dass jeder auf seine engsten Freunde achtete und dass so auffallen würde, wenn jemand zurückgeblieben war. Fynn humpelte zwischen mir und Meaghan so schnell es ging, obwohl er jedes Mal, wenn er mit dem verletzten Fuß auftrat, mit zusammengebissenen Zähnen schmerzerfüllt stöhnte. Einer der größeren und stärkeren Jungs hatte das Schwert an sich genommen und bildete die Nachhut, damit die Wesen uns nicht folgen und von hinten überraschen konnten. Als wir den schmalen Waldpfad hinter uns gelassen hatten und den breiteren Weg über die weite Wiese erreicht hatten, sammelten wir uns. „Kann jemand vielleicht Fynn tragen?“, fragte ich, der Gryffindor wollte jedoch nicht. „Geht schon, wirklich, solange mich jemand stützt. Madame Pomfrey wird es in Windeseile heilen! Es gibt ja noch mehr Verletzte!“ Ein wenig langsamer humpelten wir weiter. Plötzlich ertönte Geschrei von links. Zwei der Inferi waren wie aus dem Nichts aufgetaucht und versuchten, uns den Weg zum Schloss zu versperren. Die Leute hinter uns wurden so unruhig, dass ich kurz befürchtete, man habe uns umzingelt. „Schnell, wir müssen den Weg verlassen und querfeldein zum Schloss! So erreichen wir schneller den engeren Schutzkreis um Hogwarts, der müsste noch wirken!“, flüsterte ich Fynn und Meaghan zu. Wir duckten uns hinter ein Gebüsch und konnten so ungesehen an den beiden Inferi vorbeischleichen. Ich hörte, dass das Schwert gegen die Wesen zum Einsatz kam und erfolgreicher war als unsere Zauberstäbe. Diejenigen, die fit genug waren, kämpften, während die Verletzten unserem Beispiel folgten und sich davon machten. Inferi, so nah an der Schule! Das war übel, das war richtig böse! Wahrscheinlich wussten nicht einmal alle Schüler, was Inferi waren und das war gut so. Sonst wäre sicher größere Panik ausgebrochen. Je mehr ich mich von dieser Gefahr entfernte und auf die Sicherheit des Schlosses zulief, desto bewusster wurde mir, was für ein verdammt großes Glück wir gehabt hatten, dass wir alle noch lebten! Dass keiner Gliedmaßen verloren hatte! Zumindest war das mein Stand der Dinge und ich betete, es möge so bleiben. Inferi waren Leichen, die von Zauberern wie Marionetten gelenkt werden konnten, wenn sie sich den tiefsten schwarzen Künsten verschrieben hatten. Selbst unter den bekannten und gefürchteten schwarzen Magiern der Geschichte hatte es nicht viele gegeben, die sich Inferi für ihre Zwecke erschaffen hatten. Normalerweise wurden Inferi als deutlich stärker beschrieben, selbst erfahrene Auroren konnten von diesen Wesen in Stücke gerissen werden. Entweder hatte der Zauberer, der Hogwarts angriff, nicht so viel Macht oder die Schutzmagie der Schule war noch stark genug, seine Schüler auf dem Gelände, selbst im verbotenen Wald, genug zu schützen. Ich vermutete letzteres. Und ich mochte mir nicht ausmalen, was für Schrecken uns noch bevorstanden, wenn das so weiter ging! Ich war nun der Erbe der Familie Black, ich durfte nicht sterben so kurz nachdem mein großer Bruder der Familie die kalte Schulter gezeigt hatte. Ebenso wenig wollte ich, dass meine Mitschüler in zu großer Gefahr schwebten oder dass Meaghan auch nur ein Haar gekrümmt wurde! Wir brachten die Verletzten in den Krankenflügel. Meine Schürfwunde konnte ich selber reinigen und eine wohltuende Tinktur draufträufeln, sodass die Haut sich schnell nachbildete. „Regulus, du bist ja ganz blass!“, bemerkte Meaghan mitfühlend. „Du auch.“, entgegnete ich, nachdem ich ihr in die Augen gesehen hatte. Wir umarmten uns vor Erleichterung kurz und das vertrieb die Blässe aus unseren Gesichtern. Verlegen wand ich mich um. „Lass uns in die große Halle gehen, zu den anderen!“ Potter war wieder da und hatte sich von Lily Evans und seinen Freunden Lupin und Pettigrew erzählen lassen, was passiert war. „Ich habe gehört, ein heldenhafter Gryffindor hat das Schwert zurückerobert? Wo ist der Held der Stunde, Fynn McMillan?“, rief er. Ich unterdrückte einen genervten Kommentar. Sollte Potter doch rumtönen und ignorieren, dass Schüler aus allen vier Häusern mitgeholfen hatten. Emmeline Vance machte eine entsprechende Bemerkung und Potter versprach ihr, dass er Sirius von ihrem Mut berichten würde. Eigentlich wollte ich gar nicht zuhören. Ein anderes Mädchen schloss sich eifrig an, sie sei auch dabei gewesen und ob es nicht möglich sei, Sirius auch ihre Grüße auszurichten. Ich begann, meinen Umhang abzuklopfen und vom Dreck zu befreien. Meine schwarzen Locken schüttelte ich ebenfalls aus. Als ich bei mir nichts mehr fand, was meine Aufmerksamkeit genug fesseln konnte, sah ich wieder zu Meaghan. Meine Eitelkeit nach dem Kampf schien sie zu amüsieren. „Butterbier für alle! Und ein Hoch auf die Mutigen!“, gröhlten die Gryffindors und ich stellte erstaunt fest, dass mir auch ein Krug gereicht worden war. Ich nahm ihn und prostete Meaghan zu. Ich nahm einen tiefen Zug, das tat gut! Meaghan lachte und ich leckte mir das Schaumbärtchen von der Oberlippe. „Was machen wir denn jetzt mit dem Schwert?“, fragte Emmeline. „Wir können es ja nicht so rumliegen lassen! Es wurde schon mal gestohlen und der Wächter sollte es zurückbekommen, wo auch immer der jetzt ist!“ Ich war viel zu müde, um mich in die Diskussion einmischen zu wollen oder zu können. Es wurde jedenfalls am Ende beschlossen, dass die Hufflepuffs das Schwert bei sich im Gemeinschaftsraum hinter irgendwelchen Flaschen verbergen sollten und morgen wollten wir in den Gängen von Hogwarts gucken, ob das Schwert zu einer der Ritterrüstungen gehörte oder ob wir einen anderen Hinweis auf den Wächter bekommen würden. Meaghan und ich verließen in den frühen Morgenstunden gemeinsam die große Halle und unter dem Mistelzweig hielt ich sie kurz auf, um ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange zu geben. „Gute Nacht, Meaghan!“ Sie strahlte mich an, hielt mich am Umhang fest und gab mir ebenfalls einen Kuss auf die Wange. „Gute Nacht…“ Ihre Stimme war sanft und warm, was eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Ich schlief erstaunlich gut ein, was sicher auch an meiner Müdigkeit lag. Alpträume lauerten jedoch ebenfalls auf mich, weshalb ich mich einigermaßen pünktlich am nächsten Morgen aus dem Bett quälte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)