Family Bonds von cu123 (~ Sequel zu Close Distance ~) ================================================================================ Kapitel 18: "Er hat positive Schwingungen verbreitet" ----------------------------------------------------- "Mach das nicht noch einmal!", wurde Schuldig kühl aufgefordert, während Nagi glättend durch seine Haare fuhr, ohne dass das nötig gewesen wäre. Der Orangehaarige brauchte einen Moment, um ganz zu sich zurückzufinden, grinste dann aber unbeeindruckt. "Du weißt, dass dein Protest reichlich spät kommt?" Eine gewisse Anzüglichkeit lag in den Worten, doch eher aus Gewohnheit. Der Telepath war nicht wirklich bei der Sache, wie die zu ihm herüberhuschenden grünen Augen verrieten. Er schenkte ihm lediglich ein schmales Lächeln. Schuldig sollte sich keine Hoffnungen machen, dass er ihm mehr Kontakt gestatten würde. Der Jüngere verstand die Botschaft problemlos, wandte sich abrupt wieder Nagi zu, der die Augen zusammengekniffen hatte und gar nicht amüsiert aussah. "Ich werde dich nicht noch einmal warnen." Dann schnappte sich der Telekinet sein Gepäck und wollte offensichtlich in sein Zimmer verschwinden. Wobei Schuldig sich ihm wagemutig in den Weg stellte. "Aber es bleibt dabei, dass du dich nicht nur aufs Zimmer verkriechen sollst. Ich werde sehen, was man hier so machen kann und dich dann nachher abholen." Nagi sagte nichts dazu und schob sich an Schuldig vorbei. Der das zuließ, denn dem Orangehaarigen war so wie auch ihm klar, dass keine Worte eben auch keine Ablehnung bedeuteten. Triumph stand in Schuldigs Blick, als der sich nun wieder ihm zuwandte. "Also dann, großer Meister. Ich melde mich natürlich auch bei euch. Bitte zwischenzeitlich keine andere Beschäftigung suchen." Letzteres sichtlich an Ran gerichtet, der immer noch sehr nah bei ihm stand. Doch die Anspielung war an Ran verschwendet, denn als Talentloser brauchte er am längsten, um Schuldigs Einfluss von zuvor abzuschütteln. Was dem Telepathen in diesem Moment auch klar wurde und nach einem kurzen Verdrehen der Augen verschwand Schuldig zusammen mit Farfarello. Womit er sich endlich um Ran kümmern konnte. Langsam wandte er sich zu ihm um, legte beide Hände auf die Schultern des Jüngeren. "Alles in Ordnung bei dir?" "Mhm…", kam ein bejahendes Summen, während immer noch ein abwesendes Lächeln auf Rans Gesicht lag. Belustigung ließ seine Mundwinkel nach oben kurven, bevor er seine rechte Hand weiter hob und sie an Rans Wange legte. Nun trat doch etwas mehr Aufmerksamkeit in die violetten Augen und den Rest erledigte der Kuss. Ran hatte sich gegen ihn gelehnt und zufrieden beide Arme um ihn geschlungen. "Was hatte Schuldig eigentlich getan?", wurde gegen sein Hemd gesprochen. "Nun, wenn ich es ganz profan ausdrücken soll: er hat positive Schwingungen verbreitet." Der Jüngere verschluckte sich beinahe an einem Auflachen und Rans Körper vibrierte gegen seinen. "Es hat sich gut angefühlt", wurde schließlich zugegeben, nachdem Ran sich wieder unter Kontrolle hatte. "Das war ja auch Ziel des Ganzen. Schuldig scheint dem Urlaub wirklich viel abzugewinnen und will die Freude teilen." Er musste zugeben, davon etwas überrascht worden zu sein, schließlich ging Schuldigs Spaß normalerweise auf Kosten anderer Leute. Aber er hatte ganz sicher nicht vor, sich über diesen Punkt zu beschweren. Allerdings… "Ganz davon abgesehen war es eine Gelegenheit, einen Punkt gegen Nagi zu erzielen, ohne zur Strafe hinterher seine Sachen von der Decke klauben zu müssen." Dieses Lächeln konnte er deutlich spüren. "Ja, Nagi mochte es auch." Dann löste sich Ran von ihm, suchte seinen Blick. "Meinst du, wir können essen gehen?" "Du befürchtest, Schuldig könnte zwischendurch auftauchen und vor einer verschlossenen Tür stehen?", stellte er eine amüsierte Gegenfrage. Was ihm ein Schulterzucken einbrachte. "Möglich wäre es. Und ich möchte nicht, dass er anfängt, seinen möglichen Unmut an anderen Hotelgästen auszulassen." Weniger, weil sich Ran Sorgen um diese Gäste machte, las er aus dem etwas schief geratenen Lächeln heraus. Vielmehr freute dieser sich nicht minder über diesen Urlaub und wollte keine Unruhe hineinbringen. "Die Anderen werden sicher auch Hunger haben. Wir werden sie einfach fragen, ob sie mitkommen und damit wäre dieses Problem gelöst." Er legte eine Kunstpause ein. "Es sei denn, du wolltest mit mir alleine essen gehen…" Eine Hand schloss sich um sein Handgelenk, eine vollkommen unbewusste Geste, während Ran auf seiner Unterlippe kaute. "Wenn du nichts dagegen hast?", kam es schließlich leise. "Ran…" Beinahe mit einem Seufzen. Der Rothaarige konnte diese Unsicherheit einfach nicht ablegen, obwohl er keinerlei Grund dafür hatte. Prompt hielt Röte in den Wangen des Jüngeren Einzug, denn dem es fiel nicht schwer zu deuten, was genau seine Reaktion zu bedeuten hatte. Und die Hand, die ihn immer noch hielt, schloss sich etwas fester. Dem folgte Entschlossenheit, als Ran seine Unsicherheit überwand und dieses Mal ging der Kuss von dem Japaner aus. Zufrieden damit zog er ihn wieder enger an sich heran, begann ihn dann zu einem der Betten zu drängen, ohne dass sie sich dafür trennen mussten. "Ihr wolltet mich schmählich im Stich lassen, oder was? Gibt's nicht! Ich habe den Flyer durchgesehen und das Hotel hier hat nicht nur einen simplen Pool, sondern eine ganze Badelandschaft. Und Ausreden gibt's auch nicht, denn einen Laden gibt es unten, wo wir uns Badehosen besorgen können." Rans Augen hatten sich geweitet, als Schuldig sich plötzlich vor ihnen aufbaute und ihnen den Weg versperrte, um in eine regelrechte Tirade auszubrechen. Und als Schuldig schließlich innehielt, um Luft zu holen, brach Ran in ein hilfloses Lachen aus. Sich um seine Mitte krümmend, hielt ihn nur noch Farfarello aufrecht, der nicht minder schnell als Schuldig gewesen war und mit einem Grinsen beide Arme um den Gleichaltrigen geschlungen hatte. "Jetzt hast du ihn kaputt gemacht." Die Beschwerde war nicht wirklich ernst gemeint und Ran lachte noch lauter, stand jetzt aber wenigstens wieder gerade. Farfarello grinste flüchtig, stützte das Kinn dann auf Rans Schulter ab und musterte von dort aus dessen Freund. "Übrigens glaube ich nicht, dass sie abhauen wollten. Immerhin sieht es ganz so aus, als wollten sie gerade zu uns", folgte eine unerwartet sachliche Feststellung, dafür, dass sie von dem Iren kam. Schuldig wirkte für einen Moment verblüfft, überwand dies aber rasch mit einem Schulterzucken. "Es hat ja nicht geschadet. Außerdem…" Die grünen Augen wurden zusammengekniffen und richteten sich auf ihn. Er hob ruhig eine Augenbraue. "Wie Farfarello ganz richtig festgestellt hat, hatten wir nicht vor, uns davonzuschleichen. Wir wollten lediglich essen gehen, schließlich ist es schon Mittag vorbei. Und dir vorher Bescheid geben." Seine Antwort brachte ihm erst Misstrauen und dann ein knappes Nicken ein. "Also gut. Aber wir essen hier im Restaurant." Womit sich die beiden ihnen wohl offiziell angeschlossen hatten. Er suchte nach Rans Blick und stellte eine stumme Frage, erhielt ein ebenso stummes Lächeln zurück. Anscheinend war es dem Rothaarigen inzwischen nicht mehr ganz so wichtig, mit ihm allein essen zu gehen. Also blieb nur noch, Nagi einzusammeln. Der Braunhaarige öffnete auf sein Klopfen hin, musterte die Versammlung vor seiner Tür. "Soll das heißen, Schuldig hat etwas gefunden, wohin er uns mitschleifen will?" Prompt verschränkte der Orangehaarige die Arme vor der Brust. "Red nicht so, als würde ich nicht direkt vor dir stehen. Außerdem geht es erstmal darum, uns die Mägen zu füllen." Nagi ließ sich nicht so einfach ablenken. "Erstmal?" "Jupp, und danach gehen wir schwimmen." Mit einem breiten Grinsen. Die Auskunft wurde mit einem Zwinkern aufgenommen, offenbar war das etwas, das Nagi nicht erwartet hatte. "Schwimmen", wurde tonlos wiederholt. "Mitten im Winter." "Dafür aber auch mitten im Hotel", grinste Schuldig immer noch. "Okay, die Mitte ist es nicht. Vielmehr ist es ganz oben. Dafür aber schön mit Glas überdacht." Nagi stieß ein tiefes Seufzen aus, sackte gleichzeitig etwas in sich zusammen. Und Schuldig wusste – so wie sie alle – dass Schuldig gewonnen hatte. "Du trauerst bereits deinem Laptop nach, nicht wahr?", wandte er sich amüsiert an ihren Jüngsten, der einen Liegestuhl neben ihm gefunden hatte und sich bisher eisern weigerte, ins Wasser zu gehen. Nagi quittierte seine Frage mit einem unwirschen Blick. "Damit könnte ich wenigstens etwas Sinnvolles machen", wurde dann erwidert. "Nun, Urlaub ist nicht unbedingt dafür gedacht, ihn mit etwas Sinnvollem zu verbringen." Er tat so, als müsste er über etwas nachdenken und legte seine Stirn gekonnt in Falten. "Mir ist so, als wäre sogar eher das Gegenteil der Fall. Es hat etwas mit Erholung oder so zu tun. Habe ich jedenfalls gehört." Der Jüngere schwieg zunächst ungläubig, bevor ihm ein widerwillig belustigtes Schnauben entkam. "Mir war nicht bewusst, dass du unter die Komiker gegangen bist, Crawford." Unwillkürlich streckte er eine Hand aus und wuschelte durch den braunen Haarschopf. Eine Geste, die er sich nicht häufig erlaubte, doch heute ließ Nagi sie sich gefallen. "Willst du nicht doch schwimmen gehen? Die anderen scheinen ihren Spaß zu haben." Sie beide blickten zu dem großen Becken hin, das aktuell durch große Wellen aufgewühlt wurde. Ran und Farfarello schwammen dagegen an, anscheinend in einen Wettkampf verwickelt, während Schuldig seiner Natur treu bleibend versuchte, sie zu sabotieren. Er sah genauer hin. Indem der Orangehaarige sie anscheinend mit Plastikbällen bombardierte, wo auch immer er die herhatte. "Garantiert aus dem Kinderbecken." Nagi hatte seinem Gedankengang folgen können, ohne dass er ausgesprochen werden musste und schien von Schuldigs Improvisationstalent nicht besonders beeindruckt. Ein Lächeln flog über sein Gesicht, als ihm ein Gedanke kam. "Hm, anzunehmen. Und ich denke, es würde nicht schaden, wenn du ihn etwas im Zaum hältst. Die Aufsicht scheint von Schuldigs Unsinn nicht besonders angetan." Für zwei, drei Sekunden richteten sich die dunkelblauen Augen auf ihn, doch als er das Misstrauen in ihnen mühelos an sich abgleiten ließ, nickte Nagi schließlich knapp. Vielleicht immer noch nicht völlig von seiner Aufrichtigkeit überzeugt, doch genauso wusste der Telekinet, dass er mit seiner Warnung vollkommen Recht hatte. Weswegen sich Nagi mit einer etwas sauren Miene auf den Weg machte, um Schuldig davon zu überzeugen, sich eine neue Beschäftigung zu suchen. Die einfachste Lösung wäre natürlich gewesen, sein Talent einzusetzen, doch es hätte schnell jemandem auffallen können, falls die Bälle plötzlich begonnen hätten, sich etwas… erratisch zu verhalten. Zufrieden mit sich selbst lehnte er sich wieder zurück und griff nach seiner Zeitung. Denn wenn ihr Jüngster erst einmal bei den anderen war, würden die ihn nicht so schnell wieder ziehen lassen. "Ich gratuliere", klang auf einmal eine belustigte Stimme neben ihm auf und auch wenn er es nicht zugeben würde, war er überrascht. Es zeigte sich natürlich nicht in seiner Reaktion, als er langsam die Zeitung wieder senkte und aufsah, um der Stimme ein Gesicht zuzuordnen. Fragend hob er eine Augenbraue, während er den Anblick des anderen Mannes in sich aufnahm. Älter als er selbst, anscheinend sogar älter als Schneider, doch… er wirkte nicht alt. Nicht mit dieser Haltung. Denn so entspannt sie auf den ersten Blick wirkte, so trügerisch war dieser Eindruck. Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er darauf getippt, ein Talent vor sich zu haben. Doch auch wenn Schuldig anderweitig beschäftigt war, so behielt der Telepath stets ihre Umgebung im Auge und hatte den Mann bereits gecheckt und sein Okay gegeben. Dem Anderen schien seine Musterung nichts auszumachen und die stumme Frage wurde mit einem belustigten Funkeln in den grau-grünen Augen beantwortet. "Wie Sie Ihren Jungen zum Spielen geschickt haben, meine ich." Und das begleitende Lächeln enthielt all die Untertöne, die ihm verrieten, dass der Ältere viel mehr verstand, als ihm als Außenstehenden eigentlich hätte möglich sein sollen. Mehr noch, da er sich mit Nagi auf Japanisch unterhalten hatte. Aber angesprochen worden war er in seiner Muttersprache… Mit einem innerlichen Kopfschütteln schob er sein berufsbedingtes Misstrauen für den Moment beiseite. Es brachte nun wirklich nichts, paranoid zu werden. Vor allem nicht wegen eines Talentlosen. Es war recht einfach, ein erwiderndes Lächeln aufzusetzen. "Nun, es war erforderlich. Ohne etwas Überzeugungskraft ist er viel zu sehr ein Stubenhocker." Seine Antwort wurde als Anlass genommen, auf der freigewordenen Liege Platz zu nehmen. Die Arme wurden auf den Knien abgestützt und das Kinn ruhte gleich darauf auf den gefalteten Händen. Einen seltsamen Augenblick lang hatte er das Gefühl, dass der Andere neugierig war, doch einen Herzschlag später war nicht mehr als freundliche Neutralität zu erkennen. "Ich kann nicht behaupten, dass ich dieses Problem kenne, jedenfalls nicht mit Kindern… Doch einer meiner Mitarbeiter scheint das Wort Freizeit auch nicht besonders ernst zu nehmen. Liegt vielleicht an der Herkunft, er ist auch Japaner. Auch wenn man normalerweise nichts auf solche kulturellen Clichés geben soll, nicht wahr?" Er neigte zustimmend den Kopf. "Können Sie daher Japanisch?", erkundigte er sich dann. Normalerweise hielt er nicht viel davon, sich auf sinnlose Unterhaltungen einzulassen, doch er hatte eindeutig jemanden vor sich, der die Zeit wert war. Unternehmer und erfolgreich dabei, wie dessen Aufzug verriet, gebildet, selbstbewusst und auch noch im Training stehend. Man lief solchen Leuten nicht häufig über den Weg. Amüsement lag in dem Kopfschütteln des Älteren. "Ich habe ein paar geschäftliche Interessen dort, das war der Grund, die Grundlagen zu lernen. Aber ich muss zugeben, dass meine Kenntnisse dank meines Mitarbeiters vertieft worden sind. Allerdings benötige ich hier eher selten Japanisch, weswegen ich überrascht war, als ich Ihre Unterhaltung hörte. Was der Grund war, warum ich Sie so einfach angesprochen habe. Bitte entschuldigen Sie die Störung." Dieses Mal war es an ihm, den Kopf zu schütteln. "Sie haben nicht gestört", erwiderte er vollkommen aufrichtig. Und suchte unwillkürlich nach etwas, um die Unterhaltung fortzusetzen, als sich der Andere jetzt wieder erhob. "Machen Sie hier Urlaub?" Wieder erhielt er ein Lächeln. "Nein, leider nicht. Ich bin hier, um hoffentlich einen künftigen Geschäftspartner zu treffen. Aber es ist meine Gewohnheit, mir trotzdem anzusehen, was ein Hotel so zu bieten hat." Er nickte verstehend. Vielleicht ein wenig enttäuscht, aber das war ihm in diesem Moment gar nicht bewusst. "Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben." Eine Verbeugung wurde angedeutet. "Vielen Dank. Und ich wünsche Ihnen gute Erholung." Erst als der Mann bereits verschwunden war, fiel ihm auf, dass dieser sich nicht vorgestellt hatte. ~TBC~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)