Family Bonds von cu123 (~ Sequel zu Close Distance ~) ================================================================================ Kapitel 2: "Auf jeden Fall hat unser Kleiner genug Raum, um sich draußen austoben zu können" -------------------------------------------------------------------------------------------- Schuldig war es, der als erster wieder das Wort ergriff. "Sieht ganz so aus, als würden wir standesgemäß zu unserem neuen Heim chauffiert werden." Er folgte dem Blick des Orangehaarigen zu einer bereitstehenden Limousine. Natürlich hatte der Telepath dank seiner Fähigkeiten keine Zweifel, dass der Wagen auf sie wartete. "Hast du den Wagen bestellt oder-?" Schuldig stoppte sich selbst, als er sah, wie Crawfords Mundwinkel nach oben kurvten. Und der Ältere schien von der Antwort ganz und gar nicht überrascht. "Herr Schneider hatte sich bereits darum gekümmert, von daher kannst du dich bei ihm bedanken." Unwillkürlich musste er grinsen, als Schuldig daraufhin das Gesicht verzog, aber beinahe ohne sein bewusstes Zutun suchte seine Hand gleichzeitig nach Crawfords Handgelenk. Eine stumme Versicherung, dass der Amerikaner bei ihm war und nicht bei dem Direktor. Braune Augen richteten sich auf ihn und dieses Lächeln enthielt mehr Wärme als Spott. "Dir sollte inzwischen aufgefallen sein, dass er solche Gesten nicht lassen kann. Kein Grund zur Sorge." Es war gar nicht so schwierig, das Lächeln zu erwidern. "Ich mache mir keine Sorgen." Und das stimmte auch, überwiegend jedenfalls. Auch wenn er immer noch nicht so ganz verstehen konnte, wie Crawford so einfach hatte weggehen können. Was er natürlich nicht sagte. Stattdessen setzte er sich in Bewegung, was dafür sorgte, dass der Ältere es ebenfalls tat. Kurz darauf saßen sie alle in der Limousine und Schuldig begann die Minibar zu durchsuchen, beobachtet von Farfarello. Nagi hingegen tat so, als würde ihn das Ganze nichts angehen. Doch als Schuldig ab und zu der erste Griff misslang, wurde schnell klar, dass hier jemand seine Finger im Spiel hatte. Auch wenn es nur telekinetische waren. Sein bittender Blick wurde bemerkt und richtig interpretiert. Der Jüngere lächelte leicht, als er eine Flasche zu ihm herüberfliegen ließ. Er griff sie sich aus der Luft, wie immer fasziniert von diesem Schauspiel. Nagis Talent war einfach etwas Besonderes. Das von Crawford war unglaublich und das von Schuldig ausgesprochen seltsam. Aber Nagis war wirklich greifbar, im wahrsten Sinne des Wortes. Er konnte es mit eigenen Augen sehen. Und der Telekinet setzte noch eins drauf, als er ihm die Flasche aufschraubte. Farfarello lachte über seinen Gesichtsausdruck und hatte nichts Besseres zu tun, als ihm die Flasche einfach aus der Hand zu nehmen und einen Schluck von der Cola zu trinken. Doch wenigstens erhielt er sie anschließend zurück. Also sparte er sich einen Protest, lehnte sich stattdessen vorsichtig gegen Crawford, entspannte sich, als der Ältere sein Gewicht ohne Unbehagen trug. Erst danach widmete er der Welt außerhalb des Wagens seine Aufmerksamkeit. Anfangs eröffnete sich ihm dort eine typische Großstadt, vollkommen anders als Tokyo und gleichzeitig vertraut. Nach einer Weile jedoch wichen die hohen Bauten zurück, der Verkehr wurde weniger. Gleichzeitig löste Grün nach und nach Beton ab, was ihm das Gefühl gab, leichter atmen zu können. Denn das Gefühl der Fremdheit war nicht so sehr durch die Gebäude ausgelöst worden, wie vielmehr durch die ganzen Menschen, die eindeutig keine Japaner waren. Und hier draußen würde er immerhin weniger von ihnen über den Weg laufen. Er spürte plötzlich, dass ihn jemand beobachtete und als er den Kopf wandte, begegnete er Schuldigs Blick. Als der sich seiner Aufmerksamkeit sicher war, erhielt er ein Grinsen und eine wegwerfende Handbewegung. Er sollte sich über die anderen Leute keine Sorgen machen, sollte das wohl heißen. Und es half sogar, weswegen er mit einem Lächeln reagierte. Dennoch hob er sich weitere Betrachtungen der Außenwelt für später auf, wandte sich lieber Crawford zu, der in einer englischsprachigen Zeitschrift las. Neugierig flogen violette Augen über die Artikel hinweg, doch es schien nicht besonders interessant. Irgendetwas mit Wirtschaft. Was ihn aber nicht davon abhielt, weiterzulesen. Denn so hatte er eine gute Entschuldigung, weiter so nah bei Crawford zu bleiben. Und er übte sein Englisch, nicht wahr? Mit einem innerlichen Lächeln traf er diese Feststellung, stellte dann aber mit leichter Überraschung fest, dass es wirklich funktionierte. Was auch immer Schuldig am Flughafen gemacht hatte, er verstand jetzt mehr. Da Crawford immer geduldig wartete, bis er einen Artikel zu Ende gelesen hatte, bevor umgeblättert wurde, versank er völlig in die Lektüre. Weswegen er erst merkte, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, als der Wagen hielt. Es war ein Haus, umgeben von einem riesig wirkenden Grundstück. Und erst als er letzteres wirklich erfasst hatte, konnte er die Dimensionen des Gebäudes an sich einordnen. Es war viel größer als das in Japan. Crawfords Hand auf seiner Schulter holte ihn zurück und ihm war egal, dass der Ältere eindeutig amüsiert aussah. "Die Immobilienpreise sind hier um einiges verträglicher als in Tokio, ebenso die Mieten", wurde ihm erklärt. Er nickte verstehend, verließ dann den Wagen, da der Chauffeur inzwischen die Tür geöffnet hatte. Der Rest von Schwarz folgte und mit einer gewissen Genugtuung stellte er fest, dass auch die Anderen von der Größe des Grundstücks überrascht waren. Crawford natürlich ausgenommen. Sobald ihr weniges Gepäck ausgeladen war, verabschiedete sich der Chauffeur mit der Versicherung, dass er jederzeit gerne wieder zu Diensten sein würde. Schuldig grinste, als sie unter sich waren, murmelte dann ein von Ironie angehauchtes "Home sweet Home", bevor er sich an Nagi wandte. "Nun, auf jeden Fall hat unser Kleiner genug Raum, um sich draußen austoben zu können." Er konnte nicht anders als aufzulachen, immerhin war ihnen allen bewusst, dass der jüngere Japaner eher zu den Stubenhockern gehörte. Nagi hingegen verdrehte die Augen und schien Schuldig für diesen Kommentar gegen das Schienbein zu treten, ohne dafür seinen Fuß benutzen zu müssen. Crawford tat vollkommen unbeteiligt, machte sich einfach auf den Weg zur Haustür, wurde von diesem Ziel aber von Schuldigs Ausruf abgehalten. "Warte mal!" Der Orangehaarige rieb sich mit einem leisen Fluchen das Bein, doch die grünen Augen waren auf die Doppelgarage gerichtet. "Du hast doch sicher den Garagenöffner am Bund. Ich will sehen, ob mein Cabrio sicher angekommen ist." Er erinnerte sich erst in diesem Moment wieder daran, dass sie zwar Crawfords Wagen in Japan zurückgelassen hatten, am Flughafen, wo ihn jemand abholen würde, doch das knallrote Cabrio war in den letzten Tagen nicht mehr da gewesen. Crawfords Mundwinkel zuckten, dann schien er Schuldigs Wunsch auch schon nachzukommen, denn die Garagentore fuhren nach oben. "Ah, da ist er ja!" Schuldig lief auf sein Auto zu, stockte aber, als ihm bewusst wurde, dass auch der andere Garagenplatz belegt war. Langsam wandte sich der Orangehaarige Crawford zu. "Wusstest du das schon?" "Bis eben nicht…" Crawfords Stimme klang… ausdruckslos. Aufmerksam musterte er den Älteren, doch Crawford sah nicht so aus, als wäre er sauer. Nur, als wüsste er nicht so ganz, wie er reagieren sollte. Aber ganz versteckt glaubte er einen Anflug von Zufriedenheit zu registrieren. Unwillkürlich schloss er seine Hand um das Handgelenk des Schwarzhaarigen, als er verstand. Denn nur wenn es um Herrn Schneider ging, reagierte Crawford so. Schuldig hatte sich längst wieder der schwarzen Limousine zugewandt, stieß jetzt ein lautes Pfeifen aus. "Wirklich schick, wenn auch nicht so toll wie mein Cabrio. Scheint der Gleiche wie der in Japan zu sein, nur ein neueres Modell." Nun suchten die grünen Augen wieder nach der Gestalt des Amerikaners. "Herr Schneider hat ziemlich tief in die Tasche gegriffen, was? Nicht nur, dass er uns in diesem Riesenkasten einquartiert, er besorgt dir ganz nebenbei auch noch einen neuen fahrbaren Untersatz." Ein Grinsen folgte. "Da wird man direkt neugierig, wie es drinnen aussieht." Die Aufforderung in diesen Worten wurde mühelos verstanden und mit einem Kopfschütteln warf Crawford die Schlüssel zu Schuldig, der sich nach einem angedeuteten Salut zur Haustür aufmachte, gefolgt von Nagi und Farfarello. Crawford jedoch rührte sich immer noch nicht vom Fleck, weswegen er noch ein Stück näher an ihn herantrat. Sein Griff um das Handgelenk löste sich, nur um gleich darauf neuen Halt in Crawfords Rücken zu finden, als sich seine Finger um den Stoff von dessen Jackett schlossen. Gleichzeitig lehnte er sich vor, so dass seine Stirn etwas über seiner Hand zu ruhen kam und seine Worte waren kaum verständlich, so gegen das Jackett gesprochen. "Er wünscht sich sicher, dass du mit ihm nach Deutschland gegangen wärst…" Seine stillen Befürchtungen, dass sich Crawford doch noch dafür entscheiden könnte, sprach er natürlich nicht aus. Der Ältere blieb für einen Moment sehr starr, dann aber lief ein leises Lachen durch ihn, die Vibration gut spürbar. "Hm, dem will ich nicht widersprechen. Aber man sollte darauf nicht so einfach aus der Tatsache schließen können, dass er mir meinen Aufenthalt hier so angenehm wie möglich gestaltet." "Ha…", entkam ihm ein leiser Laut der Belustigung, stieß gewichtslos gegen Crawfords Rücken. "Meine Gedanken liefen auch eher in die Richtung, dass er dir gerne einen Gefallen tut." Der Schwarzhaarige gab einen kaum hörbaren Laut von sich, der nichtsdestotrotz problemlos Zustimmung vermittelte. Dann drehte sich Crawford vorsichtig zu ihm um, was ihn dazu zwang, ihn freizulassen. Das war aber gar nicht so schlimm, da gleich darauf eine kräftige Hand warm an seiner Taille lag, während die andere sich um seine Wange wölbte. Unwillkürlich vertiefte sich sein Atem und ihm wurde wärmer, während er die Kurve um Crawfords Mundwinkel in sich aufnahm, die von sanfter Belustigung sprach. "Wir sind weit weg von ihm", wurde leise angemerkt. "Du musst nicht befürchten, dass er plötzlich hier auftaucht." Das war nicht ganz das, wovor er Angst hatte, aber die Wahrheit wollte er Crawford auch nicht sagen. Nämlich, dass er selbst an dessen Stelle niemals die Nähe des Direktors aufgegeben hätte. Zum Glück verflüchtigten sich diese Gedanken, ohne sich auf seinem Gesicht abzeichnen zu können. Denn als nächstes beugte sich der Ältere zu ihm herunter und küsste ihn. "Besser?", wurde er nach einer scheinbaren Ewigkeit gefragt, Crawford stand wieder aufrecht vor ihm und lächelte. Etwas benommen lächelte er zurück, antwortete mit einem undefinierten Brummen. Mit wenig Inbrunst vielleicht, aber aufrichtig gemeint. Denn er konnte sich im Moment gar nicht mehr erinnern, worauf sich Crawfords Frage überhaupt bezog und nach einem Kuss von dem Älteren fühlte er sich immer besser. Aus irgendeinem Grund lachte Crawford, dann legte sich eine Hand in sein Kreuz und leitete ihn so sanft in Richtung Haus. Dieses Mal schafften sie beide es, das Ziel auch zu erreichen und kaum waren sie drinnen, wurde er wieder überrascht. Denn trotz der schon von draußen erkennbaren Größe, hatte er nicht diese Weitläufigkeit der Räume erwartet. "Ja, wir bauen hier mit etwas mehr Platz als ihr in Japan." Crawford klang immer noch belustigt, doch er nahm es ihm nicht übel. Stattdessen grinste er, irgendwie zufrieden mit diesem Ort und mit sich selbst. Weil er mit diesen Worten wieder daran erinnert wurde, dass er jetzt mit den anderen zusammenwohnen würde. Mit Crawford. Er tat einen nächsten Schritt, tastete gleichzeitig blind nach der Hand des Älteren, so dass seine Finger gleich darauf von Wärme umfangen wurden. Bisher hatte er noch nicht entschieden, ob er dieses Gefühl mehr mochte oder doch eher die Gelegenheiten, wenn er Crawfords Handgelenk hielt und dessen Puls spüren konnte. Aber das war nicht so wichtig, schließlich zwang ihn niemand dazu, sich auf etwas festzulegen. Er steuerte geradewegs auf die breite Treppe zu, die ins obere Geschoss führte, nicht ohne Grund vermutend, dass er dort die Schlafräume finden würde. Die drei anderen waren vor ihm bereits auf die gleiche Idee gekommen, wie die Geräusche von oben verrieten. Crawford folgte ihm bereitwillig, überholte ihn zum Schluss sogar, und strebte auf das Zimmer zu, aus dem Schuldigs Stimme zu ihnen vordrang. "Das hier ist meins. Hast du den Fernseher da gesehen? Jetzt brauch ich mich nicht mehr mit Nagi-chan um die Fernbedienung streiten." Dahinter lag unausgesprochen die Information, dass der Telepath in solchen Auseinandersetzungen in der Regel den Kürzeren gezogen hatte. Er lachte bei dieser Vorstellung, konnte vor seinem inneren Auge regelrecht sehen, wie Nagi ungerührt die Fernbedienung mit dessen Fähigkeit in der Luft hielt und sie dort bediente, während Schuldig keine Chance hatte, an sie ranzukommen. Prompt richteten sich grüne Augen auf ihn und er erhielt einen schiefen Blick. "Sehr witzig." Der Telepath hatte sich das Bild anscheinend direkt aus seinem Kopf geholt. Selbst schuld, dachte er daher innerlich, mit der Gewissheit, dass Schuldig auch das auffangen würde. "Ja, finde ich auch", gab er unbekümmert zurück, sprach aber schnell weiter, bevor der Ältere anfangen konnte, Rachegedanken zu hegen. "Gefällt Farfarello denn auch das Zimmer nebenan? Das solltest du bei deiner Wahl nicht vergessen." Schuldig, der schon den Mund geöffnet hatte, um etwas zu sagen, schloss ihn jetzt wieder und zwinkerte. Als hätte er bis zu diesem Moment tatsächlich nicht daran gedacht. Dann wanderte Schuldigs Blick zu Crawford hinüber, eine stumme Frage in ihnen. Ein Schatten schien durch die grünen Augen zu flackern, wie eine Erinnerung, die gleich wieder verdrängt wurde. Der Schwarzhaarige nickte. Vielleicht auf die Frage hin, vielleicht in Bestätigung, dass diese Erinnerung in der Gegenwart nichts mehr zu suchen hatte. Und Schuldig grinste daraufhin zufrieden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)