Family Bonds von cu123 (~ Sequel zu Close Distance ~) ================================================================================ Kapitel 61: "Dein Magen allein sollte schon für Gehorsam von deiner Seite sorgen" --------------------------------------------------------------------------------- "Meinst du, dass du es heute noch aus dem Becken herausschaffst?" Er war bereits so weggetreten gewesen, dass es eine Weile dauerte, bis er Schneiders Äußerung von bloßen Lauten in echte Worte umgewandelt hatte. Und mindestens genauso lange schien es zu dauern, bis er eine Antwort formen konnte. "Jetzt wo Sie es sagen, bin ich mir dessen selbst nicht so sicher", gab er leise zu, öffnete langsam die Augen, um seinen Blick auf den Deutschen zu fokussieren. Um ihn herum stiegen immer neue Blasen empör, platzen mit einem kaum wahrnehmbaren Sprühregen. Ihm war so warm, dass seine Muskeln geschmolzen zu sein schienen und der volle Magen tat sein Übriges. "Und selbst wenn ich es könnte, stellt sich die Frage, ob ich es überhaupt will." Der Ältere ließ sich auf dem Rand des Whirlpools nieder, musterte ihn mit einem Kopfschütteln. "Du schläfst nur ein und gehst unter, wenn du noch länger hier drin bleibst. Und nachdem du den Schuss überstanden hast, wäre es doch äußerst dumm, wegen so einer Lappalie zu sterben." Braune Augen verengten sich. Als würde er in solchem Fall nicht ganz einfach aufwachen. Aber zumindest hatte Schneider damit Recht, dass das Becken zum Schlafen eher ungeeignet war. Weswegen er nicht protestierte, als die Funktion abgeschaltet wurde und Stille einkehrte. Anschließend streiften Schneiders Fingerspitzen durch das warme Wasser, bevor sie ein Ziel fanden, feuchte Strähnen aus seiner Stirn strichen. Dem schloss sich ein Lächeln an, bevor Schneider aufstand und nach dem Bademantel griff, der bis zu diesem Moment vorgewärmt worden war. "Komm." Er war eigentlich viel zu alt, um sich bei so etwas Simplen helfen zu lassen, doch er hatte nicht genug Energie übrig, um sich dagegen zu verwehren. Also schlüpfte er einfach in den bereitgehaltenen Mantel und erlaubte Schneider sogar, die Kapuze über seinen Kopf zu ziehen. "Was sagt dein Magen, brauchst du noch mehr zu essen, bevor es ins Bett geht?" Er zog eine Augenbraue hoch. "Sie belieben zu scherzen, wir haben doch eben erst Abendbrot gegessen." Schneider lachte leise. "Das ist schon wieder eine Stunde her. Und dein Metabolismus ist noch nicht zu seinem normalen Niveau zurückgekehrt, das kann ich dir versichern." Das ließ ihn stutzen, bevor er in sich hinein lauschte. Und es stimmte. Obwohl er sich vor kurzem noch so gefühlt hatte, als würde jedes zusätzliche Gramm an Essen seinen Magen sprengen, verspürte er inzwischen wieder dieses etwas flaue Gefühl. Kein wirklicher Hunger, aber das Verlangen nach mehr Energie sprach daraus. Nur dumm, dass er dafür erst mal welche aufbringen musste, denn das Essen an sich erledigte sich nicht von allein. Noch nie war ihm die Aussicht auf eine Mahlzeit so anstrengend vorgekommen. Ein Hauch von Amüsement streifte die eisblauen Augen. "Im Notfall kann ich dir auch alles kleinschneiden", wurde er sanft aufgezogen, bevor nur noch Ernst zurückblieb. "Du solltest dich nun wirklich nicht ums Essen drücken. Immerhin willst du morgen wieder auf der Höhe sein, nicht wahr? Ansonsten bekommst du noch einen Tag länger frei." Damit wandte sich Schneider zum Gehen. "Ich werde noch etwas bestellen. Und du beeilst dich besser mit dem Umziehen, bevor du dich noch erkältest." Er blieb allein zurück, die Hand unwillkürlich gegen seine Brust gepresst, wo die Verletzung schon längst geheilt war. Nur die Nachwirkungen waren noch da. Seine Hand begann sich zu bewegen, rieb über die Stelle, während ihm plötzlich durch den Kopf ging, dass Aya auch eine Verletzung der Lunge gehabt hatte. Und dann im Koma lag. Auch wenn bei ihr noch weitere Verletzungen eine Rolle gespielt hatten, war das kein angenehmer Gedanke und er schob ihn rasch wieder von sich. Lieber konzentrierte er sich darauf, so schnell wie möglich trocken zu werden, um anschließend in den bereitliegenden Schlafanzug zu schlüpfen. Und weil er aus irgendeinem Grund fröstelte, zog er anschließend den anderen Bademantel über. Falls Schneider ihn später benötigte, konnte er ihn immer noch herausgeben. Der warf ihm einen langen Blick zu, nachdem er das Bad verlassen hatte, winkte ihn dann zum Bett hinüber. "Ich denke, es ist mehr die Müdigkeit als alles andere. Und im Bett sollte dir schnell warm werden." Eine kurze Pause, bevor Schneider bewies, dass dieser anscheinend nicht vorhatte, sich aus seinen Gedanken herauszuhalten. "Nachdem du jetzt endlich eingesehen hast, dass du ernsthaft verletzt warst, wirst du gegen Ruhe hoffentlich nichts mehr einzuwenden haben." Letzteres mit einem schmalen Lächeln, dem es sichtlich an Humor fehlte. Anscheinend hatte Schneider dieser Moment der Klarheit vorhin ebenso wenig gefallen wie ihm selbst. Weswegen er widerspruchslos zum Bett hinüberging und sich setzte, auch wenn er sich für den Moment noch weigerte, sich hinzulegen. Schneiders Lächeln wurde echt, dann kam der Deutsche näher, blieb so nahe vor ihm stehen, dass er sich nicht nur einbildete, dessen Körperwärme zu spüren. Was ihn widersinniger Weise wieder zittern ließ. Oder vielleicht war es ganz einfach nur ein Schauer. Ein Funken trat in eisblaue Augen, der ihn erwarten ließ, dass er gleich Gesellschaft bekommen würde, doch Schneider hielt sehr still, schüttelte schließlich den Kopf. "Das Essen sollte gleich kommen. Ich hoffe, du hast nichts gegen Pasta. Die sollte viel Energie liefern." Nachdem seine Gedanken für einen Moment in eine völlig andere Richtung geschweift waren, fand er es schwierig, sich plötzlich um so etwas wie Profanes wie seine nächste Mahlzeit zu kümmern. Was sich in einem flüchtigen Stirnrunzeln äußerte. Schneiders Augenbrauen rutschten daraufhin kurz nach oben. "Das kann doch nicht dein Ernst sein, Crawford. Du hast kaum genug Kraft, um fünf Minuten lang auf den Beinen zu bleiben, aber willst Sex haben?" Da er genau wusste, dass er mit diesem Wunsch nicht allein dastand, verschränkte er die Arme vor der Brust und schenkte Schneider einen ausgesprochen unbeeindruckten Blick. "Sie brauchen nicht so überrascht zu tun, wenn Sie selbst daran schuld sind, dass ich in Ihrer Nähe so denke. Und auf den Beinen bleiben müsste ich dafür nicht, nicht wahr?" Der Nachsatz entlockte Schneider ein Auflachen, das aber nur kurz ausfiel, da der Ältere die Selbstbeherrschung anscheinend nicht mehr durchhielt. Denn im nächsten Augenblick fand er sich auf dem Rücken liegend wieder und mit dem Älteren als warmes Gewicht über sich, konnte ihm gar nicht mehr kalt sein. "Du hast ein Argument vergessen", wurde ihm ins Ohr geflüstert, kaum mehr als heißer Atem. "Sex ist ausgesprochen lebensbejahend." Und dann wurde er geküsst. Noch mehr Hitze, die ihn den Gedanken vergessen ließ, dass Schneider mit dieser Analyse sehr wohl Recht haben mochte. Und letztendlich war das auch nicht weiter von Belang. Zufrieden erwiderte er den Kuss und seine Verletzung, die gar keine mehr war, hinderte ihn nicht daran, sich Schneider entgegen zu bewegen. Er schlang die Arme um Schneiders Hals, bewies sich selbst, dass es ohne Probleme funktionierte und etwas löste sich bei dieser Feststellung in ihm, das sich zuvor im Bad als Knoten in seinem Magen niedergelassen hatte. Bevor er sich völlig in der Hitze verlieren konnte, klopfte es an der Tür, eigentlich nicht unerwartet, aber trotzdem überraschend. Schneider seufzte leise, stemmte sich dann aber hoch und ging öffnen. Er selbst blieb mit rasendem Herzschlag zurück, beschäftigt damit, zu Atem zu kommen. Es gelang ihm… beinahe… zu einem normalen Rhythmus zurückzufinden, bevor Schneider zurückkehrte, ein Tablett mit sich führend. Es wurde zunächst auf dem Nachttisch abgestellt, so dass der Ältere wieder beide Hände frei hatte, als dieser sich auf die Bettkante setzte. "Schaffst du es alleine hoch?", wurde er dann aufgezogen, während schwarze Strähnen aus seiner Stirn gestrichen wurden. Er warf dem älteren Mann einen etwas unwirsch ausfallenden Blick zu, fand die Frage aber keiner Antwort wert. Stattdessen setzte er sich ohne Hilfe auf und schob sich auch das Kissen selbst in den Rücken. Denn in einem Punkt musste er Schneider zustimmen - auch wenn dieser durch das mitgebrachte Tablett nur impliziert wurde -, aufstehen wollte er tatsächlich nicht. Das Eingeständnis wurde mit einem Lächeln quittiert, bevor Schneider ihm ausgesprochen hilfsbereit das Tablett hinstellte. Für einen Moment musterte er das ansprechend angerichtete Essen und sein Magen ließ sogar ein leises Knurren hören, doch ungeachtet dessen hätte er lieber dort weiter gemacht, wo sie unterbrochen worden waren. "Dafür ist morgen auch noch genug Zeit", merkte Schneider an, mit mehr Disziplin, als er selbst gerade aufbringen wollte. Aber da er es sowieso nicht schaffen würde, den Deutschen umzustimmen, wandte er sich endlich seiner Pasta zu. Schneider nutzte die Zeit, um selbst ins Bad zu verschwinden und als er den Teller geleert hatte, bekam er wieder Gesellschaft. Dieses Mal aber fiel der Kuss sehr zahm aus. "Du solltest jetzt schlafen. Ich werde noch nachsehen, ob es Neuigkeiten aus dem Büro gibt und dann ebenfalls ins Bett kommen." Er wollte protestieren, schließlich war er kein kleines Kind mehr und als solches fühlte er sich gerade behandelt. Allerdings kam ihm die Tatsache in die Quere, dass seine Lider immer schwerer wurden. Als gäbe es eine unsichtbare Verbindung zu seinem wieder gefüllten Magen, der daran ziehen würde. Und dass ihm so ein alberner Gedanke überhaupt kam, war leider auch Beweis, dass er dringend Schlaf benötigte. Das Aufblitzen von Amüsement in den eisblauen Augen verriet ihm, dass Schneider ganz seiner Meinung war. Dann legte sich eine Hand auf seine Stirn, verweilte dort für ein paar Sekunden, bevor sie etwas tiefer rutschte. Es wurde dunkel und nachdem er ein-, zweimal gegen die Dunkelheit angeblinzelt hatte, wurde ihm das zu anstrengend und er ließ die Augen ganz einfach zu. Er bekam es nicht mit, als er wegnickte, nur später, als sich ein warmes Gewicht an seiner Seite niederließ, fand er für einen kurzen Moment in die Realität des Wachseins zurück, gerade lange genug, um die Wärme noch etwas näher an sich heranzuziehen. "Ausgeschlafen?", wurde er begrüßt, als er die Augen zu einem sehr hellen Morgen aufschlug. Oder vielleicht war es auch schon Tag, was die Lichtverhältnisse viel eher erklären würde. Er wandte den Kopf zur Seite und sah, dass Schneider bereits angekleidet war, nichtsdestotrotz aber noch neben ihm im Bett saß, mit dem Rücken gegen das Kopfende gelehnt, und in einer Akte blätterte. Sich streckend ließ er seine Augen für einen Moment noch mal zufallen, lauschte in sich selbst hinein. Und fand leicht eine Antwort. "Ja, bin ich tatsächlich." Jetzt erst merkte er, wie erschöpft er am Tag zuvor wirklich gewesen war, im Vergleich dazu fühlte er sich, als wäre er die Welt aus den Angeln heben. Womit auch der Wunsch mit verstärkter Macht erwachte, endlich zu erfahren, was eigentlich passiert war. Insbesondere mit Parks. "Jetzt haben Sie keinen Grund mehr, mich länger warten zu lassen", fügte er daher seiner ersten Feststellung hinzu. "Tatsächlich?" Belustigung streifte die Miene des Älteren, bevor dieser die Akte beiseitelegte und sich zu ihm herüberlehnte. Eine Hand wurde an seine Wange gelegt und dann schien Schneider… ihn zu scannen. Er konnte nicht sagen, ob nur äußerlich oder ob auch das Talent des Deutschen daran beteiligt war, denn das leise Kribbeln von Energie hatte er auch vorher schon spüren können. Aber letztendlich war das auch egal, es zählte nur, dass Schneider am Ende zustimmend nickte. "Doch darüber wollen wir das Frühstück nicht vergessen, hm?" Dafür hatte er nur ein Seufzen übrig, bevor er sich aus dem Bett rollte. Und kurz darauf saßen sie sich am Tisch gegenüber, zwischen ihnen ein so üppiges Frühstück, dass es beinahe als Mittagessen durchgehen konnte. Auf seine erhobene Augenbraue hin bekam er ein sehr munteres Lächeln präsentiert, das auf Schneiders Gesicht so seltsam aussah, dass er ein Schnauben hinter vorgehaltener Hand verbergen musste. Und darüber kaum mitbekam, was der Deutsche eigentlich sagte. "Brunch. Die perfekte Zeit dafür, wie du zugeben musst." Er zwinkerte und erlaubte sich dann ein flüchtiges Grinsen, weil das auch verborgen bleiben würde. Als er seine Hand schließlich senkte, schaffte er es, beinahe ernst auszusehen. "Sie sind hungrig?" "Was hat mich nur verraten…", wurde mit leichter Ironie zurückgegeben. "Ich bin schließlich nicht derjenige von uns beiden, der gestern Abend gleich zwei Mahlzeiten hatte." Er goss ihnen beiden Kaffee ein, hob dann seine Tasse, als würde er Schneider zuprosten. "Niemand hat Sie gezwungen mit dem Frühstück zu warten, bis ich aufwache." Die Geste wurde mit zuckenden Mundwinkeln erwidert, dann nahm der Ältere einen tiefen Schluck, bevor dieser etwas erwiderte. "Auf diese Weise kann ich aber besser ein Auge darauf haben, dass du auch genug isst", wurde ihm genüsslich mitgeteilt. "Dieser Scherz wird durch ständige Wiederholung auch nicht besser", verdrehte er die Augen. Wenn Schneider albern sein konnte, konnte er sich das auch erlauben. Aus irgendeinem Grund lachte der Ältere auf, stützte dann einen Ellenbogen auf dem Tisch ab, um das Kinn auf die Hand zu legen. "Stimmt, dein Magen allein sollte schon für Gehorsam von deiner Seite sorgen." Dummerweise stimmte das. Und so kam es, dass er zunächst einmal mit Essen beschäftigt war, statt endlich mehr zu erfahren. ~TBC~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)