Family Bonds von cu123 (~ Sequel zu Close Distance ~) ================================================================================ Kapitel 42: "Früher hatten Sie mir auch noch nicht vorgemacht, was möglich ist, wenn man nur hartnäckig genug ist" ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Er war sich nicht ganz sicher, was ihn geweckt hatte, doch plötzlich lag er mit aufgeschlagenen Augen da und lauschte auf die ruhigen Atemzüge neben sich. Für einen Moment versuchte er, einfach die Augen zu schließen und weiterzuschlafen, doch als das nicht gelang, schob er vorsichtig den Arm beiseite, der ihn gefangen hielt, kam dann mit genauso viel Vorsicht auf die Beine. Ein Augenblick der Überlegung führte ihn ins Bad, doch anschließend war er noch munterer er zuvor. Er fröstelte, als er wieder verharrte, was dazu führte, dass er nach etwas zum Anziehen griff. Und wenig später trat er an das bodentiefe Fenster heran. Ein leichter Luftzug zupfte am Stoff des Hemdes, doch jetzt war ihm nicht mehr kalt. Seine Augen hatten sich inzwischen an die Nacht gewöhnt und so eröffneten sich ihm die verirrten Lichter der schlafenden Stadt, breiteten sich zu seinen Füßen aus. Selbst die eifrigsten Frühaufsteher waren um diese Zeit noch nicht auf den Beinen, so dass die Ruhe der Nacht kaum gestört wurde. Es hatte beinahe etwas Meditatives, so hinauszusehen, doch seine Gedanken ließen sich nicht so leicht beruhigen. Nicht mehr lange und das Geheimnis um die anderen Talente würde geklärt sein und dann sollte es keine Ablenkungen mehr geben. Nichts, was ihn davon abhalten sollte, seine Aufgabe zu vollenden. Das geeignete Objekt hatte er schon vor einer Weile gefunden, eine Anlage, die bereits als Internat gedient hatte. Abgelegen genug, um die erforderliche Isolation ihrer Einrichtungen zu erlauben und mit der Möglichkeit der Erweiterung. Derzeit erfolgten noch letzte Sanierungsarbeiten und die wenigen ausstehenden Genehmigungen sollten kein Problem darstellen. Im Zweifelsfall würden sie dafür sorgen. Seine Mundwinkel hoben sich bei diesem Gedanken um ein paar Millimeter, doch gleich darauf glätteten sich seine Züge wieder. Unbemerkt und nur als leichter Schatten im Fenster erkennbar. Die Analysen wurden natürlich zentral durch Rosenkreuz durchgeführt und die Ergebnisse der Ex waren zweifellos ebenfalls mit einbezogen worden. Schneider hatte ihm nicht verraten, wie viele potenzielle Kanditaten bereits ermittelt worden waren, doch er zweifelte nicht daran, dass die Suchteams genug finden würden, um nach dem Sommer in das erste Jahr zu starten. Ganz davon abgesehen, dass auch ein paar ältere Schüler von Rosenkreuz hierher wechseln sollten, um die Traditionen weitergeben zu können. Es war ein Anfang, die Herausforderung lag womöglich weniger in der Führung der Schule als vielmehr darin, weitere Beziehungen hier aufzubauen. Um die Abgänger später leichter in den richtigen Positionen unterbringen zu können. Eine Aufgabe, die im Wesentlichen auch das hiesige Triumvirat mittragen würde, auch wenn in manchen Fällen ihre bereits bestehenden Netzwerke hilfreich sein würden. Nichts, was so schnell langweilig werden würde. Und Schwarz könnte immer noch für ihn arbeiten, er müsste ihren Status nur anpassen. Spezialisten statt Field-Team, es würde sie sicher nicht stören. Und für Ran würde sich auch eine Aufgabe finden lassen, der Rotschopf war nicht dumm. Es wäre… eine einfache Lösung. Er hätte beinahe geseufzt, wurde aber dadurch abgelenkt, dass sich hinter ihm etwas bewegte. Er verzichtete darauf, sich umzudrehen und ein paar Herzschläge später schlangen sich zwei Arme um ihn. Sein Körper lehnte sich von ganz allein zurück und das leise Ausatmen, das damit einherging, hatte nichts mit einem Seufzen zu tun. Schneider blieb für ein paar lange Minuten stumm, erlaubte seinen Gedanken, weiter den bisherigen Pfaden zu folgen. Doch er kam zu keinen neuen Erkenntnissen und dass Schneider jetzt bei ihm war, verstärkte nur noch das Problem. "Ich habe dir doch gesagt, dass du noch Zeit hast, nicht wahr?", meinte der Ältere schließlich leise. "Warum stehst du also mitten in der Nacht hier und versuchst, eine Entscheidung zu treffen?" Unverändert blickte er nach draußen und nur ab und zu versuchten sich seine verräterischen Augen auf die vage Spiegelung zu fokussieren, die Gestalt des anderen Mannes. "Es gefällt mir nicht, so in der Luft zu hängen." Das hatte er schon einmal gehabt und die Erfahrung bot sich nicht dazu an, sie zu wiederholen. Die Umarmung verstärkte sich für einen Moment und er konnte spüren, wie ein Vibrieren durch Schneider lief. Anscheinend war der Ältere mal wieder belustigt, während er selbst der Situation nicht besonders viel Amüsement abgewinnen konnte. "Aber dir ist bewusst, dass sich für den Moment sowieso nichts ändern würde, egal wie du dich entscheidest? Und genauso gut könntest du deine Meinung zwischenzeitlich wieder ändern…" Nun wurde der Deutsche ernster. "Dein Stolz könnte dich dann davon abhalten, die Entscheidung zu revidieren. Alles in allem sehe ich keine Vorteile, wenn du jetzt etwas erzwingst." Nun hielt er es doch nicht mehr aus und wandte sich um, wollte etwas erwidern. Doch aus irgendeinem Grund blieb sein Blick an einer Haarsträhne hängen, die Schneider ins Gesicht gefallen war und genauso unerwartet war die Wärme, die sich in seinem Unterleib zu kräuseln schien. Seine Hand fand von ganz allein zu Schneiders Gesicht, strich die Strähne beiseite. Und dann ertappte er sich auch schon dabei, sich vorzulehnen. Dem Kuss fehlte es an Dringlichkeit und trotzdem wurde ihm immer wärmer. Nur mit Mühe schaffte er es, sich wieder von dem Älteren zu trennen, doch seine Hände blieben, wo sie waren, ruhten auf nackter Haut. Anders als er selbst trug Schneider kein Hemd. Gar nichts, um genau zu sein. Er runzelte die Stirn und nutzte dann ihren Kontakt aus, um Schneider in Richtung Bett zu schieben. "Sie werden noch krank." Sie hatten schließlich keinen Hochsommer. Der Deutsche nahm ihn nicht besonders ernst, folgte der Aufforderung aber. "Du hast mich doch warm gehalten, nicht wahr?" Er weigerte sich, darauf etwas zu erwidern, sein Ziel hatte er bereits erreicht. Und bevor Schneider auf dumme Ideen kommen konnte, streifte er schnell Hemd und Shorts ab und ließ sich zusammen mit dem Älteren auf das Bett fallen. Schneider war für einen Moment fast verblüfft, lächelte dann aber und zog die Decke über sie, bevor die Hände nach ihm griffen und er sich in einen weiteren Kuss verwickelt fand. Dieser endete aber in etwas sehr Simplem und die Energie, die er spürte, war einfach nur warm, einlullend. "Du solltest jetzt weiterschlafen…" Kaum mehr als ein Flüstern, das warmen Atem gegen seine Lippen stoßen ließ. Die Suggestion schien nicht nur in den Worten zu liegen und sein Verstand wollte für ein paar Sekunden gegen die Beeinflussung aufbegehren, doch das wäre unsinnig gewesen, schließlich hatte Schneider Recht. Also ließ er zu, dass sein Atem ruhiger wurde, seine Lider schwerer. Aber es blieb ein gewisse Anspannung übrig, die sich erst verflüchtigte, als Schneider ihn an sich heranzog und die Wärme nicht mehr nur von der Decke stammte, sondern auch vom Körper des Älteren. Als er das nächste Mal aufwachte, war der Morgen heran, und es wunderte ihn nicht besonders, dass neben ihm das Bett leer war und sich nicht einmal mehr warm anfühlte. Er ließ seine Augen wieder zufallen, vergrub das Gesicht lethargisch im Kopfkissen. Es war eine Dummheit gewesen mitten in der Nacht aufzustehen. Auch wenn er sich antrainiert hatte, unter Schlafmangel zu funktionieren, hatte er in letzter Zeit nicht mehr darauf zurückfallen müssen. Und das rächte sich jetzt. Ein leises Lachen ließ ihn aufhorchen und als sich noch dazu die Matratze unter einem Gewicht etwas senkte, wandte er den Kopf zur Seite. "Guten Morgen, Crawford." Die eisblauen Augen blitzten amüsiert und viel zu wach. "Vielleicht möchtest du allmählich aufstehen, das Frühstück wird gleich gebracht." "Und wenn ich das nicht möchte?", gab er zurück, ohne über seine Worte nachzudenken. Der Deutsche lächelte. "In dem Fall kannst du im Bett frühstücken." Das war zu einfach gewesen, musste er zugeben und seine Mundwinkel zuckten unwillkürlich. "Natürlich." Dann stemmte er sich hoch, auch wenn sich seine Muskeln nur widerwillig dazu überreden ließen, zu kooperieren. Schneider beobachtete seinen langsamen Fortschritt mit einer hochgezogenen Augenbraue. "Ich glaube, das nächste Mal hole ich dich gleich ins Bett zurück." Er gab ihm einen unbeeindruckten Blick zurück. "Ich habe nicht vor, dies zu wiederholen." "Willst du stattdessen am Tag weitergrübeln?" Seine Augenbrauen zogen sich leicht zusammen. "Dann auch nicht. Und im Übrigen haben Sie mich doch zuerst gedrängt, schnell eine Entscheidung zu treffen, oder? Woher der plötzliche Sinneswandel?" Jetzt war er endlich wach genug, um den Widerspruch zu sehen, der ihm in der Nacht völlig entgangen war. Schneider lehnte sich vor und küsste ihn, bevor er wieder ein Lächeln erhielt. "Mir geht es eher darum, die Richtung deiner Entscheidung zu beeinflussen, statt den Zeitpunkt", wurde dann klargestellt. Er hielt sich gerade so davon ab, die Augen zu verdrehen. Diese neue Ehrlichkeit war wirklich gewöhnungsbedürftig und ab und zu hatte er das dumme Gefühl, dass der ältere Mann innerlich über ihn lachte. Das war auch eine neue Erfahrung. "Solange du so paranoid hinsichtlich meiner Motive bist, werde ich es mir nicht nehmen lassen, mich über dich lustig zu machen", wurde ihm trocken erklärt, bevor Schneider auf die Beine kam. Für einen Moment blickte er nur auf die Hand, die ihm dann hingehalten wurde, doch dann ergriff er sie. Dankbarerweise sparte sich der Ältere weitere Spielchen, so dass er gleich darauf die Badezimmertür hinter sich schließen konnte. Der großzügige Raum schaffte es nicht, seine Aufmerksamkeit gefangen zu nehmen, er steuerte geradewegs die Dusche an. Das heiße Wasser konnte er jetzt gebrauchen. Es sollte ihm helfen, seine Gedanken zu ordnen. Und vielleicht konnte er seinen Verstand endlich dazu überreden, nicht mehr automatisch so zu reagieren, wie Schneider ihm vorgeworfen hatte. Auch wenn jeder Vorwurf in dessen Stimme gefehlt hatte… Ein ironisches Lächeln zog an seinen Mundwinkeln, als er sein Gesicht dem Wasserstrahl entgegenhielt. Vielleicht war das auch ein Punkt, in dem er sich einfach die erforderliche Zeit nehmen sollte. Als er aus dem Bad zurückkehrte, war der Tisch bereits gedeckt, und auch wenn es nach dem gestrigen Mahl unmöglich scheinen sollte, war er tatsächlich hungrig. Dankbar nahm er die Tasse Kaffee entgegen, die Schneider ihm reichte und trank vorsichtig einen ersten Schluck. Allein der Geschmack sorgte dafür, dass er sich munterer fühlte und er merkte erst, dass er zufrieden lächelte, als Schneider sein Lächeln erwiderte. Dann aber schüttelte der Ältere leicht den Kopf. "Lass das lieber", wurde er aufgefordert. Was ihn überrascht innehalten ließ, denn er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was Schneider meinen könnte. Der sandte sein Talent nach ihm aus, ein warmes Kribbeln und noch mehr, das dahinter lag. Ein hitziges Schwelen, das ganz auf ihn bezogen war. Seltsamerweise ließ es ihm das Blut in die Wangen steigen, doch er kämpfte die Reaktion nieder. Schneider hatte den Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt, das Kinn auf der Handfläche. "Ich würde dich gerne wieder zurück ins Bett nehmen", wurde ihm erklärt, ohne viel zu erklären. "Aber mir ist klar, dass jetzt nicht die beste Zeit dafür ist." Er begegnete nur für einen Moment dem Blick eisblauer Augen, wandte sich dann lieber seinem Frühstück zu. Denn die offenen Worte hatten dafür gesorgt, dass seine eigenen Gedanken in die gleiche Richtung zu wandern begannen. Und allmählich wurde das lächerlich. "Hm, es könnte daran liegen, dass wir uns so selten sehen, nicht wahr? Allerdings möchte ich nicht dafür garantieren." Nun hob er doch wieder den Blick, kommunizierte ein stummes 'sehr witzig'. Was ihm ein amüsiertes Lächeln und keinerlei Schuldbewusstsein einbrachte. Doch wenigstens tat es ihm der Deutsche dann nach und der Rest des Frühstücks verging ohne weitere unnötige Einwürfe. Und danach sorgte er dafür, dass sie sich beide auf die Arbeit konzentrierten. "Glauben Sie, dass Ihr… Virus… ausreichend Zeit hatte zu arbeiten?" Schneider, der gerade dabei gewesen war, die Tür zu öffnen, hielt inne. "Es sollte. Ich hätte nahezu Gewissheit, wenn es sich um mir bekannte Schilde handelt würde – allerdings hätten wir in diesem Fall gar nicht erst zu diesem Mittel greifen müssen, nicht wahr?" Ein schmales Lächeln, bevor der Deutsche ernster wurde. "Doch selbst wenn ich auch jetzt noch nicht seine Schilde einreißen kann, sollten sie instabil genug sein, um seinen Namen zu erfahren. Und wie du selbst schon festgestellt hast, sollte das genug sein. Es ist direkt bewundernswert, dass er so lange durchgehalten hat." Er neigte den Kopf leicht zur Seite, während sich seine Augen verengten. "Sie haben vor, von ihm zu lernen, nicht wahr?" "Was sonst? Alles andere wäre nur Verschwendung. Und selbst wenn sich seine Methode nicht dazu eignet, als Standard an der Schule gelehrt zu werden, hindert es uns nicht daran, sie in besonderen Fällen zusätzlich zu lehren." Er nickte langsam. "In dem Fall sollten Sie aber sorgfältig wählen", warf er dann leise ein. Schneider schien belustigt. "Du hast dir doch früher nicht so große Sorgen um mich gemacht, Crawford." "Früher hatten Sie mir auch noch nicht vorgemacht, was möglich ist, wenn man nur hartnäckig genug ist." Sein Tonfall geriet ausgesprochen trocken, während er den Gedanken von sich schob, dass das nicht der einzige Grund war. Die Belustigung vertiefte sich. "Von dir kommend ist das ausgesprochen ironisch." Und damit wandte sich Schneider wieder der Tür zu. Und sie machten sich auf den Weg. ~TBC~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)