Der Junge hinter dem Lächeln von Mounira ================================================================================ Kapitel 3: ----------- III. Als du Alfred zum dritten Mal siehst, bist du nicht ganz bei der Sache. Hektisch biegst du um die Ecke im Supermarkt, da knallt dein Einkaufswagen scheppernd mit einem anderen Wagen zusammen. Die Wucht katapultiert dich ganze zwei Schritte zurück und der Wagen rammt sich grob in deine Magengrube. Du ächzt erschrocken, während dir der Ablauf des Citratzyklus und die komplizierten Französischvokabeln, die du schon seit Tagen auswendig zu lernen versuchst, aus den Ohren purzeln. Verdammt! „Fuck!“ „Sorry!“ Die Stimme lässt deinen tiefschwarzen Ärger schlagartig verpuffen. Wie auf Kommando schießt dein Blick zum Besitzer des anderen Einkaufswagens hinüber und dir bleiben alle weiteren Flüche im Halse stecken. Es ist Babyface! Also Alfred! Und er ist noch genauso groß und einvernehmend wie du ihn in Erinnerung hast. Seine dunkle, gerade geschnittene Jeans mündet in hellen Colour Sneakers, auf denen Spritzer frischen Regens und Stadtdreck kleben. Unter seiner weiß-roten College Jacke trägt er, wie auch bei eurer ersten Begegnung, ein weißes T-Shirt. Dein an ihm herabgeschnellter Kontrollblick hechtet zu seinem Gesicht zurück. Gerade rechtzeitig, um mitzuerleben, wie sich etwas in seinen Augen verschiebt. Wiedererkennung findet hinter seinen Pupillen statt und lässt sogleich ein weites Lächeln auf seinen Lippen auftauchen, das sich redlich darum bemüht, seine Nervosität unter eine nicht existente Fußmatte zu kehren. „..Oh hey! Lang nich’ gesehen!“ „Ja“, nickst du verblüfft und beobachtest, wie er sich flugs durchs windzerzauste Haar streicht. Klammes Herbstwetter hat die Spitzen ganz frizzig werden lassen und du machst drei Kreuze, deine Haare heute früh in weiser Voraussicht hochgesteckt zu haben. Hello there, messy hipster chick bun! Und nun zurück zu dir und Alfred: Wenn man die Sache mit dem Park ausklammert, habt ihr euch wirklich nur ein einziges Mal gesehen und das war damals, vor seiner ersten Therapiestunde bei deiner Mutter. Du schleichst ja nicht ständig in der Praxis rum; eigentlich nur dann, wenn keine Patienten da sind beziehungsweise da sein sollten. Das Lernpensum der letzten Wochen hat sogar dafür gesorgt, dass deine Mutter dich an den Wochenenden größtenteils vom Putzdienst befreit hat. Sehr rücksichtsvoll von ihr, aber manchmal bist du ausgesprochen froh darüber, mal für zwei oder drei Stündchen vom Schreibtisch weg zu kommen und einfach nur starrsinnig Staub saugen oder den Boden wischen zu dürfen. Denn selbst wenn du am Schreibtisch sitzt und pausierst, kannst du dich nicht vom Laptop loseisen. Stichwort: tumblr. Du bist längst süchtig. Und warum hast du eigentlich immer einen tab für youtube offen? Was denken sich deine Finger dabei, ständig zu deinem Laptop abzuwandern? Diese elendigen Saboteure! Wenn du dich in Gesellschaft von Jenna Marbles und der Barely Political Crew nur nicht wie Zuhause fühlen würdest...! Gekonnt verdrängst du sowohl dein ausschweifendes Onlinedasein als auch deinen strammen Lernplan, in dem fürs Einkaufen und Schwätzchenhalten nicht sonderlich viel Zeit vorgesehen ist, und guckst Alfred frei heraus an: „Is’ echt schon ’n Weilchen her. Alles klar bei dir?“ „Yeah, sicher! Und bei dir?“ Du weißt nicht, ob es an dir liegt, aber Alfred klingt fälschlich ambitioniert. So als wisse er nicht genau, wie er mit dir und diesem unvorhergesehenen Zusammentreffen umgehen soll. Eigentlich braucht er gar nicht mit dir umgehen. Das ist die Wahrheit. Er ist ja bei deiner Mutter in Behandlung und er möchte bestimmt nicht zwingend etwas mit der Tochter seiner Therapeutin zu schaffen haben. So oder so ähnlich müssen seine Gedanken wohl aussehen, indessen er die Hände um den Griff seines Einkaufswagens schlingt und unruhig auf der Stelle tritt. „Ach, Schulstress und KreaTief. Aber sonst kann ich mich eigentlich nich’ beschweren.“ Dein Augenmerk rutscht unbeabsichtigt von seinem Gesicht mit den pfirsichroten Backen herab und landet bei seinen Einkäufen. „Wow! Party?“ „Äh..? Ja!“, zuckt er deutlich zusammen und nickt dann übereifrig. „Geburtstag?“ Nicht, dass du jetzt hier vor ihm stehst und es versäumst, ihm (nachträglich) zu gratulieren. „Nee! Also doch! Aber nich’ meiner. N Kumpel von mir feiert mit ’n paar Leuten und ich hab gesagt, ich bring uns was zu Futtern mit.“ Das erklärt das umfangreiche Aufgebot an Chipstüten und Kekspackungen. Du sichtest da unten wirklich rein gar nichts, was in einer ausgewogenen Mahlzeit seinen Platz hat. Lediglich Snacks und Süßigkeiten – und davon nicht zu knapp. Ein Eimer bunter Partyspeck, etliche Pakete Brownies und Minicakes, zwei Säcke M&Ms, eine Box gemischte Fruchtgummischnüre, Flips, Erdnüsse, Sour Cream Cracker, ein Family Pack Mars, ein Sack KitKat, zwei Päckchen Pick Up Black & White, vier Packungen Reese’s Peanut Butter Cups, ein 24er-Karton Cream Donuts, drei Rollen Pringles und vier Liter fertiger Vanille Milchshake aus dem Kühlregal. Du fühlst dich plötzlich extrem hungrig. „Na dann viel Spaß! Ich hab zurzeit Klausurphase und schreib nächste Woche Bio und Französisch und muss am Freitag ein Referat über Walt Whitman halten. Auf mich wartet heute Abend also nur noch der prickelnde Zitronensäurezyklus und danach die unendlichen Weiten des Internets!“ Dein Schmunzeln fällt freundlich, aber auch matt aus und du bist glatt neidisch, die besoffenen – und dann womöglich enorm kuschelbedürftigen – Jungs nicht live mitzuerleben nachher. Die feiern garantiert im kleinen Kreis vor einer riesigen Glotze, mit Popcorn, Videogames und illegal runtergeladenen Filmchen, und irgendeiner hat hundert pro einen volljährigen Kumpel oder Bruder, der ihnen massenhaft Dosenbier besorgt hat! Alfred sieht allerdings gar nicht so fröhlich aus, wie er es in Anbetracht einer anstehenden Party sein sollte. Stattdessen lugt er heimlich über dich hinweg und den Gang entlang, die Fingerknöchel weiß und das Gesicht merkwürdig bleich, so als rechne er damit, gleich einem Gespenst zu begegnen. Dann knipst er sein himmelweites Lächeln wieder an und zwingt es zurück zu dir. Es ist zweifelsohne nicht das Lächeln, mit dem er sich neulich von dir verabschiedet hat; dieses Lächeln hier hat etwas Elektronisches an sich, etwas Falsches. Es ist Kunstlicht. „Ich hab im Moment auch Klausurphase und müsst’ eigentlich auch noch total viel lernen. Wieso müssen Lehrer immer alle zur gleichen Zeit die Klausuren schreiben lassen!? Das suckt echt megamäßig!“ „Und wie! Was bin ich froh, wenn ich den Scheiß nächstes Jahr hinter mir hab!“ Jetzt lacht er kurz. Na immerhin! Aus dem nächstgelegenen Regal zieht deine Hand eine Packung Apfelbonbons mit Brausekern. „Und so ’n bisschen Nervennahrung kann ich jetzt auch dringend gebrauchen!“ Alfreds Lachen verstummt und es kommt dir bestialisch laut vor, als die Tüte im Wagen aufschlägt. Sein Blick flüchtet vor einer Konfrontation mit deinem, während er sich erneut umschaut und dabei seinen Einkaufswagen an dir vorbeilenkt. „Yeah...Du, ich muss dann auch mal los. Werd’ heiß und innig erwartet! Dir noch viel Erfolg beim Lernen, ne?“ „Danke, dir auch!“ „Jo, vielleicht sieht man sich ja noch mal. Bye!“ „Ja, vielleicht. Bye!“ Deine Worte rollen ihm höflich hinterher, scheinen ihn aber gar nicht zu erreichen. Er macht weite Schritte, um sie nicht an sich ran zu lassen. Ehrlich gesagt, bist du ein klein wenig verwirrt, da Alfred dir gegen Ende eurer kurzen Unterhaltung kaum noch in die Augen gucken konnte. Selbst bei eurem ersten Gespräch war er aufgeschlossener, doch da wart ihr ja auch allein und er konnte gar nicht aus der Situation fliehen... Seufzend setzt du dich wieder in Bewegung und steuerst weiter durch den Gang. Wahrscheinlich hat er es nicht nur so eilig, weil irgendwo eine Horde hungriger Jungs hockt und darauf wartet, dass er endlich mit dem Süßkram auftaucht. Du hast so eine Ahnung, woran sein merkwürdiges Verhalten sonst noch liegen könnte: Garantiert glaubt er, du kennst seine Akte in- und auswendig! Oder deine Mutter hätte dir zumindest irgendwas erzählt. Hat sie aber nicht. Darf sie ja auch gar nicht. Aber das heißt ja nicht, dass er nicht davon ausgeht und wer fühlt sich schon gern vor fremden Leuten emotional entblößt? Unter Berücksichtigung dessen, ist für dich bestens nachvollziehbar, wieso er so schnell Reißaus genommen hat. Trotzdem findest du es frustrierend und würdest am liebsten auf der Stelle umkehren, ihn einholen und ihm klipp und klar sagen, dass er sich keine Sorgen machen muss. Du läufst nicht durch die Gegend und posaunst herum, dass er eine Therapie macht. Du weißt ja nicht mal, warum er diese Therapie macht! Du weißt nur, dass die Patienten deiner Mutter häufig an affektiven Störungen leiden. Die wohl bekannteste affektive Störung ist die Depression. Zuweilen hast du den Eindruck, Depressionen treten nicht nur in der Gesamtbevölkerung immer häufiger auf, sondern insbesondere auch bei jungen Menschen. Allerdings bist du auf dem Gebiet nicht bewandert genug, um beurteilen zu können, ob das tatsächlich der Fall ist. Es könnten auch nur deswegen mehr Diagnosen gestellt werden, da Betroffene heutzutage generell eine größere Bereitschaft haben, zum Arzt zu gehen. Fest steht jedenfalls, dass man mit den passenden Suchbegriffen auf Webseiten wie tumblr ganz schnell stockfinstere Blogs und Postings findet, deren Verfasser häufig etliche Jahre jünger sind als du. Manchmal weißt du nicht, wie du dazu stehen sollst. Du verurteilst es nicht, dass jemand auf einem Internetblog publiziert, was er fühlt; jedoch ist es bezeichnend, wenn einige Postings Tausende Likes und Reblogs haben... Es ist auch nicht so, als hättest du dich noch nie mit irgendeinem dieser Postings identifizieren können, aber du bist weder selbstmordgefährdet noch so verzweifelt, dass du weinend vorm Laptop sitzt – und schenkt man diesen Postings Glauben, tun das nicht gerade wenig User... Wenn man sich das mal vor Augen hält, wird einem ganz anders zumute und du fragst dich automatisch, an wie vielen Kreuzungen jemand falsch abgebogen ist, um in solch einer Sackgasse der (gefühlten) Ausweglosigkeit zu enden? Oder ist das Problem eher, dass die Betroffenen immerzu geradeaus gefahren sind? Oder jemand anders das Steuer für sie in der Hand gehalten hat? Beispielsweise die Biologie? Bei Depressionen pfuschen doch auch irgendwelche Botenstoffe im Gehirn mit rein, wie du dich düster zu erinnern meinst... Du bist da leider wissenstechnisch nicht ganz fit, aber schlussendlich muss man unbedingt zusehen, aus seiner Sackgasse wieder heraus zu finden. Sonst verwandelt sich das nicht mehr aufstehen wollen möglicherweise in ein finales nicht mehr aufstehen können. Therapie kann einem eine helfende Hand reichen, um einen auf einen lebenswerten Lebensweg zurück zu begleiten. Aber Verhaltenstherapie eignet sich nicht nur zur Behandlung von Depressionen, sondern sie ist bei Angststörungen – von A wie Agoraphobie bis Z wie Zwangsstörung – eine ebenso gern gewählte Therapiemethode. Zudem arbeitet deine Mutter auch mit Patienten, die beispielsweise an Belastungs- und Persönlichkeitsstörungen leiden. All das kommt in der Bevölkerung weitaus häufiger vor, als man meinen würde und wäre dir gar nicht bewusst, wenn du durch den Beruf deiner Mutter nicht am Rande davon Wind bekommen würdest. Aus Interesse hast du sie voriges Jahr zu einem verlängerten Wochenendworkshop in einem hiesigen Klinikum begleitet. Dort wurden vier Tage lang Vorträge über neue und altbewährte Behandlungskonzepte gehalten und die Besucher hatten mitunter die Möglichkeit, an Diskussionsrunden teilzunehmen. Für Studenten und Schüler wurden sogar spezielle Seminare abgehalten, um dem aufmerksamen Nachwuchs aufzuzeigen, dass man nicht einfach nur Psychologie studiert – sondern welche zahlreichen Möglichkeiten sich dadurch konkret auftun. Selbstverständlich haben sich auch Pharmafirmen mit ihren Ständen dort postiert, um für ihre Produkte zu werben. Von Psychopharmaka kann man halten, was man will, aber je nach Krankheitsbild und Behandlungsphase können sie durchaus hilfreich – wenn nicht gar notwendig – sein. Allerdings sollte man Patienten möglichst nicht mit Pillen zudröhnen; so weit deine Meinung dazu. In jeder gut sortierten Pharmazie sind ohnehin entsetzlich viele Medikamente frei erhältlich, die in anderen Ländern verschreibungspflichtig sind. Da hierzulande Arztbesuche aber nun mal eine verdammt teure Angelegenheit sind und immer noch unglaublich viele Leute nicht krankenversichert, möchte die Wirtschaft wohl nicht auf eine zuverlässige Einnahmequelle verzichten und deshalb sind ganz sondererbarerweise plötzlich so manche Medikamente ohne Rezept zu kaufen. Dir ist das nicht ganz koscher; die Leute vergiften sich doch aufgrund dieser Fahrlässigkeit zwangsläufig irgendwann selbst! Dir wird ja jetzt noch schwindelig, wenn du an die proppevollen Regale mit Diätpillen und Abnehmpülverchen denkst, an denen du vor zwei Tagen vorbei marschiert bist. Allesamt versprechen sie einem in kürzester Zeit den Abnehmerfolg des Jahrhunderts. Von Neugierde getrieben, hast du sogar die ein oder andere Packung zur Hand genommen, doch die elendlange Liste an befremdlichen Inhaltsstoffen hat dich letzten Endes abgeschreckt. Was zum Teufel ist in diesen Kapseln, Pulvern und Pillen eigentlich wirklich drin? Und hilft es? Mit Blick zu der neongrünen Tüte Apfelbonbons in deinem Einkaufswagen legst du die Stirn in seichte Falten und kannst nicht recht begreifen, wieso mit Abnehmpräparaten alljährlich Millionen von Dollar gescheffelt werden. Sport und gesunde Ernährung müssten doch eigentlich ausreichen, um in Form zu kommen – oder etwa nicht? Marcia hat zu tanzen begonnen, Babyface geht joggen und du wirst die Apfelbonbons ab dem neuen Jahr streichen! Ja, das wird schon. Ganz sicher. Immerhin musst du nicht 20 Kilo abnehmen, sondern nur fünf bis sechs. Maximal. Bei deinem Glück fällt das eh keinem auf und du hast dich ganz umsonst abgeplagt. Eine Packung Spinat aus der Kühlung nehmend, wandern deine Gedanken zu Babyface zurück. Wie viele Pfunde er wohl schon verloren hat? Sechs bis sieben? Für die Zeit definitiv eine stolze Leistung. Aber was dem Jungen eigentlich fehlt, weißt du trotzdem nicht. Dass er in deiner Anwesenheit so nervös geworden ist, hältst du weniger für die Auswüchse irgendeiner Angststörung (so furchteinflößend bist du nun wirklich nicht!), als vielmehr für die Tatsache, dass ihm die Begegnung mit der Tochter seiner Therapeutin schlichtweg unangenehm war. Klammert man seine Aufregung also mal großzügig aus, macht Babyface einen recht gewöhnlichen und unauffälligen Eindruck auf dich. Er kann lachen, reden, grinsen und strahlen, er hasst Schulstress mindestens genauso sehr wie du und er amüsiert sich zur Ablenkung mit seinen Freunden. Er duscht regelmäßig, seine Klamotten sind total in Ordnung und auch sonst erfüllt er rein optisch keine Kriterien, die ihn irgendwie aus dem Rahmen fallen lassen. Die paar Pfund mehr auf den Hüften fallen ja gar nicht mal negativ bei ihm auf. Also, wo liegt sein Problem? Schlafstörungen? Depressionen? Trauma? Irgendwelche Ängste? Oder-? Du solltest aufhören, so viel über einen Patienten deiner Mom nachzudenken. Stattdessen solltest du dich lieber fragen, warum dich deine Füße zurück in den Gang mit den Süßigkeiten getragen haben. Imaginär sabbernd vor Schokoriegeln zu stehen, wird die Zahl auf der Waage definitiv nicht schrumpfen lassen! Du solltest nicht mal diese verfluchten Apfelbonbons im Einkaufswagen liegen haben! Missmutig glimmst du die neongrüne Tüte erneut an und haderst mit dir: zurücklegen oder behalten? Nun ja, du musst sie ja nicht alle auf einmal essen und deine Diät hat genau genommen noch gar nicht offiziell begonnen! Also spricht ja eigentlich nichts dagegen, sich die Bonbons mitzunehmen und ihnen auf deinem Schreibtisch ein neues Zuhause zu geben. Schließlich ist der Abend noch jung und du könntest die Zeit effizient nutzen und gemeinsam mit der grünen Nervennahrung für die Biologieklausur kommende Woche lernen. Ja, das wirst du tun! Reiß dich am Riemen und lass die Finger von tumblr! Und fanfiction.net! Und AO3 ist auch ganz böse! Wenn du deine latente Internetsucht nicht wenigstens für ein paar Stunden in den Griff bekommst, wird sich dein Abschlusszeugnis zum traurigen Beweis deiner Disziplinlosigkeit entwickeln. Warum ist es bloß so schwierig, sich auf eine Sache wie Lernen zu konzentrieren? Meistens möchtest du doch zwischendurch nur ganz kurz irgendwas am Laptop checken und ehe du dich versiehst, schlingst du schon wieder gierig irgendwelche packenden Fanfics in dich rein. Anschließend öffnest du stets hoch motiviert dein Schreibprogramm und stellst nach drei unkoordinierten Absätzen fest, dass du keine guten Idee hast. Abgesehen von der grundsätzlich immer funktionierenden Idee: OTP + lemon. Ja, das geht wirklich immer und überall. Smut all over the way! ist zwar nicht direkt dein Lebensmotto, aber es macht sich erstaunlich gut auf deinem fanfiction.net Profil und vermittelt allen Usern, die zufällig oder absichtlich vorbeisurfen, einen Eindruck davon, was sie erwartet, sobald sie weiter runterscrollen. Die Kurzbeschreibungen deiner dort gelisteten Fanfics trumpfen mit so netten Warnings wie bondage, pet play, noncon, crossdressing, dubcon und noch ein paar anderen kontrovers diskutierten Artgenossen auf. Du hast in den vergangenen Jahren wahrlich vieles fabriziert, wofür dir etliche Leute schon virtuell die Füße geküsst haben. Für dich heißt das vor allem: Aus deinem Real Life darf wirklich nie jemand deinen Account mit all den Schmuddelfic(k)s finden. Nie! Diese durch und durch verkommene, über Jahre hinweg gezüchtete Menge an One Shots ist wahrlich kein Anlass, stolz auf sich zu sein. Du solltest endlich mal was Vernünftiges schreiben. Tiefsinnig. Episch. Bewegend. Erinnerungswürdig. Den Leser zu Tränen rührend. In deinen Gedanken kurz vorm Schlafengehen kannst du quasi fühlen, wie sich die mächtigen Worte durch dein Hirn brennen und ein ganzes Universum füllen. Jegliche Szenen in deinem nachtaktiven Kopfkino fangen so ungeheuer vielversprechend an und ertrinken beinahe in einer Flutwelle der puren Melodramatik. Doch dann passiert irgendwas und die Protagonisten sind plötzlich (halb)nackt, während all die mühsam von deiner Vorstellungskraft aufgebaute Ernsthaftigkeit hinterm imaginären Horizont verschwindet. Nein, du schläfst zu dem Zeitpunkt noch nicht. Und wenn du tags darauf aufwachst, hast du wieder keinen Plot – nur eine weitere Sexszene, die dir wie Feuer unter den Nägeln brennt. Ja, das ist erbärmlich... Warum kannst du keine Fanfiction mit 20 Kapiteln, astreinen Cliffhangern, atemberaubendem Plot und grandioser Charakterentwicklung schreiben? Selbst fluff fällt bei dir unfluffy aus und als du zuletzt hurt/comfort schreiben wolltest, hat Dean Castiel ganz hingebungsvoll tröstend einen geblasen! Du bist nicht mal einfallsreich genug, um dir eigene Charaktere auszudenken. Dein Glück im Unglück also, dass es Fanfictions gibt. Da kann man sich ja frei an bereits vorgefertigten Charakteren bedienen und wenn sie, ob der von dir hinzufügten sexuellen Praktiken, etwas aus der Rolle fallen, setzt du halt eine süße, kleine OOC-Warnung in den Header und gut ist. Vielleicht solltest du dich ja mal in Therapie begeben. Allerdings bezweifelst du stark, dass Leute wie Babyface eine Therapie brauchen, weil sie ihre Freizeit damit verplempern, fiktive Charaktere miteinander rummachen zu lassen. Für Menschen wie dich muss das passende Therapiekonzept erst noch erfunden werden. Du bist auch im richtigen Leben nicht „sexsüchtig“, wie sich das einigen klugen Hollywoodstimmen zufolge nennt. Du bist gar nichts, außer durchschnittlich gelangweilt und normal enttäuscht. Ende Teil III Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)