Crazy for you von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Probe. Die erste seit einigen Wochen. Angesetzt von Kyo, weil er seiner Stimme soweit wieder traute und auch der Arzt ihm sein okay gegeben hatte. Nun wollte er sich wieder ans Singen heran wagen und zusammen mit den Anderen an ihren Liedern arbeiten. Wege und Änderungen finden, mit denen es zwar immer noch ihre alten Songs waren, aber seine Stimmbänder weniger in Mitleidenschaft zogen. Ganz offensichtlich jedoch, war nicht jeder von ihnen scharf auf dieses Treffen. „Aber wehe, unsereins kommt zu spät“, grummelte Kyo und sah schlecht gelaunt von seinem Handy zur Tür. Kaoru ließ auf sich warten. Mit ihm wären sie vollständig. „Sieht ihm so gar nicht ähnlich. Der setzt doch sonst Himmel und Hölle in Bewegung, um pünktlich zu sein.“ Toshiya stand neben der Kaffeemaschine und ließ sich eine Tasse ein, sah aber ebenfalls zur Tür. Ein bisschen sorgte er sich schon. Eben, weil es so untypisch für ihren Leader war. Gut, untypisch war auch der ungewöhnlich stille Daisuke, der es sich nach einer kurzen Begrüßung mit seiner Gitarre im Probenraum gemütlich gemacht hatte. „Ob ihm was passiert ist?“ „Besser wäre es.“ Mürrisch lehnte sich Kyo in dem Sessel zurück, in dem Kaoru sonst immer gerne saß. „Ansonsten kriegt der heute mal seine eigene Medizin zu schlucken.“ „Kyo“, kam es tadelnd von dem Drummer, der einen seiner Sticks mit den Fingern kreisen ließ. „Am Ende hatte er einen Unfall und liegt nun irgendwo.“ „Mal doch nicht gleich den Teufel an die Wand“, gab Toshiya gelassen von sich und ließ sich vorsichtig auf dem Sofa nieder. „Mich würde eher interessieren, was mit dem da drüben los ist. Kommt hier an, grüßt nur knapp und leise, ehe er sich nach nebenan verzieht und sich seine Gitarre schnappt. Nicht mal die Sonnenbrille hat er abgenommen.“ „Augenringe des Todes.“ Kyo sah immer noch böse auf zur Tür. Als ob sie sich deswegen öffnen und ihren Leader ausspucken würde. „Meinst du? Er sieht jetzt aber nicht so aus, als wäre er gestern feiern gewesen.“ In den vielen Jahren, in denen sie sich alle nun schon kannte, wusste man einfach, wie die anderen mit einem Kater aussahen. Nun, fast alle. Kyo hatte dem ja abgeschworen. Genau jener schien einen Geistesblitz zu kriegen, weiteten sich doch seine Augen und er setzte sich aufrecht. „Wehe, wenn er deswegen nicht hier auftaucht.“ „Weswegen denn?“, hakte Shinya nach und runzelte die Stirn. „Weißt du etwa mehr als wir?“ Noch eine ganze Ecke wütender auf ihren anderen Gitarristen, lehnte Kyo sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust. „Die beiden hatten Krach.“ „Wer?“, neugierig sah der Bassist von seiner Tasse auf. „Die und Kaoru?“ Der Sänger nickte. „Und worüber?“ Jetzt wollte der Schlagzeuger aber auch mehr wissen. „Ehekrach.“ „Hä?“, kam es einstimmig von den beiden jüngeren Japanern. Kyo verdrehte die Augen und stöhnte auf. „Welches Geheimnis kennen wir, aber nicht Kaoru?“ Mit eindringlichem Blick sah er zu den Beiden. Jene sahen sich überlegend an, bis es nahezu zeitgleich 'klick' zu machen schien. „Ah!“ Binnen einer Sekunde wechselten die aufgehellten Gesichter jedoch in Verständnis: „Ohw!“, und Bestürzung: „Oh scheiße!“ Ganz offensichtlich hatten sie die wenigen Worte des Sängers, sowie das Verhalten des Gitarristen richtig interpretiert und die passenden Schlussfolgerungen gezogen. „Schön, dass euch mein Liebesleben so interessiert.“ Erschrocken sahen die beiden Jüngeren hoch und zu Die, der mit verschränkten Armen in der Tür zum Proberaum stand und am Rahmen lehnte. Nur Sekunden später wechselte seine Körperhaltung allerdings in eine entspannte, aber auch geknickte. Mit seiner Linken zog er sich die Sonnenbrille von der Nase, während er auf die Sitzgruppe zu ging und sich nieder ließ. Sollten sie doch die dunklen Ringe unter seinen roten Augen sehen. „Er weiß es und er liebt mich nicht. Ende der Geschichte.“ „Ach, Die. Ich-“ „Nein, Toshiya. Es ist lieb, dass es dir Leid tut, aber du kannst da nichts für. Und ändern auch nicht.“ Traurig und verbittert war sein Lächeln, während er mit den feuchten Augen zu Boden sah. „Er liebt mich einfach nicht.“ Worte, die in sein blutendes Herz stachen. „Das wusste ich zwar die ganze Zeit schon, aber... Ich muss jetzt damit leben und mich auch damit abfinden.“ Und wenn es noch unzählige, verweinte Nächte bedeutete. Appetitlosigkeit und das beschissene Gefühl von Machtlosigkeit und Leere. Irgendwann würde es nicht mehr ganz so schlimm weh tun. Zaghaft meldete Shinya sich zu Wort: „Schon eine Ahnung, wie das jetzt zwischen euch weiter laufen soll?“ Nach einem kurzen Moment der Stille, schüttelte der Rothaarige langsam den noch immer gesenkten Kopf. „Scheiße“, murmelte Toshiya und begann zu grübeln. Wenn es keinen Weg gäbe, dass die beiden sich wieder verstanden, was würde dann aus der Band werden? Selbst wenn man, wie sie, einen recht guten Ruf hatte, war es nicht unbedingt einfach in einer neuen Band unter zu kommen oder eine neue zu gründen, die ähnlich erfolgreich war. Und wenn er ehrlich sein sollte: In keiner anderen spielte er lieber, als dieser hier. „Woher weißt du das eigentlich?“, wandte Die sich an den Sänger. „Ich habe dir davon nicht erzählt.“ „Hast du auch nicht“, brummte Kyo und wandte seine Aufmerksamkeit von der Tür zu dem Rothaarigen. „Aber du bist nicht der Einzige, der sich bei mir ausgeheult hat.“ „Er war bei dir?“ Überrascht setzte Die sich aufrecht und beugte sich mit weit aufgerissenen Augen vor. „Er hat dir erzählt, was passiert ist?“ „Irgendwem musste er sich anvertrauen. Bei dir konnte er das ja nicht.“ Schmerzhaft zuckte Die zusammen. Dieser Seitenhieb war echt nicht nötig. Leise, beinahe sanft fügte Kyo noch hinzu: „Hat ewig gedauert, bis er aufgehört hatte zu weinen.“ Welch grausame Wahrheit. Den Tränen nahe, krallte sich seine rechte Hand in den Stoff über seinem Herzen. Verkümmerte sein Herz gerade oder zerriss es sich? Knüpfte es sich auf und starb gerade den Erstickungstod? Vielleicht tat es das auch alles zur gleichen Zeit. „Und alles nur...“ „... weil du mit deinem Schwanz gedacht hast.“ „Kyo!“, kam es vorwurfsvoll von den beiden Jüngeren, während sich Sänger und Gitarrist lange in die Augen sahen. Bis Daisuke seufzend den Kopf senkte. „Du hast ja recht.“ Er hatte in dem Moment wirklich nicht mit seinem Verstand gedacht. „Wenn ich mich doch bloß-“ „Was? Weiter verschlossen und es für dich behalten hättest?“ Fragend zog Kyo eine Augenbraue hoch, schüttelte dann den Kopf. „Nein, es ist gut, dass er es weiß. Über die Art und Weise kann man nun diskutieren wie man will, aber es ist gut so. Schließlich hatte er doch ein recht darauf.“ Ein Räuspern. Alle Vier schreckten -mehr oder weniger- hoch. Da war er. Leise musste er die Tür geöffnet und sich herein geschlichen haben. Kaoru. Oder zumindest jemand, der Kaoru sein könnte. Eine Sonnenbrille, die das halbe Gesicht verdeckte. Ein Bart, der deutlich älter als drei Tage und absolut ungewollt aussah. Dazu eine Körperhaltung, als hätte man jegliches Selbstbewusstsein aus ihm heraus gequetscht. Das bisschen Gesicht, was man erkennen konnte, wirkte blass und die Wangen etwas eingefallen. Wie so oft trug er ein weites, bequemes Shirt unter seiner Jacke. Aber dieses Mal sah er richtig verloren darin aus. Ein Kind, dass die Kleidung seines Vaters trug, um sich mal wie ein Erwachsener zu fühlen. „Hi Leute.“ Selbst seine Stimme klang nicht wie die, die man von ihm gewohnt war. Dünn und kraftlos. Mehr Worte und man hätte vielleicht auch noch brüchig hinzufügen können. Da bekam selbst Kyo, der Sekunden vorher noch extrem sauer war, Mitleid. Nur ein bisschen, aber es reichte, um sich nicht weiter aufzuregen. Dies Hände hingegen krallten sich in die Polster des Sofas. Er selbst hatte sich heute morgen ja schon für einen Geist gehalten, aber sein geliebter Freund war ja nur noch ein Schatten seiner selbst. Ein Zustand, an dem er Schuld war. So gerne wollte er aufspringen und seinen Kaoru in den Arm nehmen. Ihm zuflüstern, dass alles wieder gut werden würde und und und. „Tut mir Leid, dass ich zu spät bin. Ich... Ich...“, murmelte der Leader und Daisuke konnte spüren, wie jener einen kurzen Blick zu ihm hinüber warf. Ihm entging auch nicht, wie der Andere für einen kleinen Moment seine Lippen zusammen presste. Als ob es ihn schmerzen würde, was er sah. „Es tut mir Leid. Kommt... nicht wieder vor.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)