Crazy for you von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Dampfend stand eine Tasse grünen Tees vor ihm, der er aber keine Beachtung schenkte. Viel wichtiger war der Zettel in seiner Hand. Hier auf dem Küchentisch hatte er ihn vorhin gefunden und auch schon einige Male gelesen. Jedoch schnürte der Inhalt ihm schlichtweg die Brust zu. Weglegen konnte Kaoru ihn aber einfach nicht:   Mein liebster Kaoru. Mein guter, lieb gewonnener Freund. Mein... Ach, du weißt schon. Vor wenigen Augenblicken habe ich gehört, wie du zurück in dein Zimmer gegangen bist. Kein Wort hast du mehr gesagt. Das schmerzt, aber ich kann dich verstehen. Und ehrlich gesagt, hätte ich auch nicht gewusst, was ich dir noch sagen soll. Ich dachte nur, dass du es wissen solltest. Wenn ich schon dabei war, dir die Wahrheit zu erzählen.   Eine Wahrheit, die unsere Freundschaft zerstört hat. Nein, versuch nicht Argumente zu finden, es zu widerlegen. Mach den Mund wieder zu und lies bitte einfach weiter. So, wie ich versuche das Papier nicht allzu sehr mit Tränen zu tränken. Ja, ich weine. Über diesen Verlust.   Nichts, was wir sagen oder tun könnten, wird dafür sorgen, dass es zwischen uns so wird wie früher. Wirklich. Gar nichts. Da kannst du dir deinen Kopf noch so sehr zermartern. Deinen schönen Kopf, mit der markanten Kinnlinie, die ich so gerne einmal mit meinen Lippen nachgefahren wäre. Den wachsamen Augen, den Nein, selbst meinem Kaoru wird da nichts einfallen können. Meine Gefühle müssten aufhören zu existieren und Geschehenes ungeschehen gemacht werden...   Gerade sind einige Minuten vergangen, in denen ich meine Tränen einfach nicht mehr zurück halten konnte. Ich habe dich verloren. Meine Liebe will es nicht hören, geschweige denn akzeptieren und zerfetzt mir gerade die Brust. Sie will anknüpfen. Mit dem fortfahren, was ich so sehr bereue und was erst diesen schrecklichen Keil zwischen uns getrieben hat. Hin und her gerissen bin ich. Ich bereue, bedauere, hasse mich dafür, was ich dir vorhin angetan habe. Dass sich da irgendein Schalter in mir umgelegt hatte und ich mich nicht mehr zügeln konnte. Ich bereue, bedauere, hasse mich dafür, dass ich mir nicht noch mehr geholt habe. Mehr von deinen fantastischen Küssen, mehr von dem Gefühl deiner warmen Haut. Mehr von deinem Stöhnen und wie du meinen Namen sagst, wenn du   Die letzten Jahre waren eine bittere Pille und eine süße Nascherei. Jeden Tag haben wir uns gesehen, haben Pläne geschmiedet, waren unterwegs. Waren beieinander. Nachdem wir vor zwei Wochen notgedrungen aus Amerika zurück kommen mussten, weil Kyo seine Stimme verlieren könnte... Ich bin nach zwei Tagen wahnsinnig geworden. Plötzlich warst du nicht mehr da. So sehr ich mich auch umsah, so sehr ich meine Ohren auch spitzte. Keiner meiner Sinne konnte dich erfassen. Ich war ein Süchtiger auf Entzug. Mit den selben Symptomen. Der selben Verzweiflung. Noch ehe ich mich versah, hatte ich mein Handy in der Hand, hatte deine Nummer gewählt. Hatte deine Stimme gehört und sofort Linderung verspürt. Schneller als ich denken konnte, hatte meine Zunge dir diese Lüge mit dem Wasserrohrbruch erzählt. Weißt du eigentlich, wie viel Mühe es mich in dem Augenblick gekostet hat, nicht laut aufzuschreien und dir durch das Telefon hindurch um den Hals zu fallen? Und nur, weil du meintest, dass ich in der Zwischenzeit doch zu dir kommen könnte. Dass es kein Problem sei. Nicht für eine Sekunde hab ich überlegt, wie ich aus der Sache wieder raus komme.   So jedenfalls nicht. Ganz und gar nicht.   Ich liebe dich. Da hast du es noch einmal. Schwarz auf weiß. Ich liebe dich. Den stursten, arbeitswütigsten, einfühlsamsten, Atem verschlagensten Bock aller Zeiten. Mit deinem Grinsen, deinem kleinen Bart, den du dir hast wachsen lassen und der mich um den Verstand bringt seit dem, weil er dein Sexappeal noch mal ins Unermessliche steigert. Dein Geruch, der mich beruhigt, aber auch anregen kann. Deine schönen Augen, die immer so warm in meine Richtung sehen. Selbst, wenn du mit mir schimpfst. Nur vorhin... Den Ausdruck in deinem Gesicht werde ich nie wieder vergessen können. Den Ausdruck, den ich verursacht habe. Darum werde ich packen. Werde in meine Wohnung zurückkehren. Das hier war meine Überdosis. Und zwischen uns ist es jetzt kritisch. Wenn ich bleibe... Ich möchte es nicht ertragen. Die Stille zwischen uns. Dass wir nicht wissen, wie wir noch miteinander umgehen sollen. Ich gehe, damit wir keine Angst haben müssen, dass sich dieser Schalter noch einmal umlegt. Ich will dir nicht weh tun, mein geliebter Freund. Nicht noch einmal das Entsetzen und die Angst sehen müssen.   Die Taschen sind gepackt und ich bin startklar. Oder so gut wie. Diese letzten Zeilen schreibe ich dir hier an deinem Küchentisch. Eigentlich müsste ich noch einmal von vorne anfangen. So vieles ist durch gestrichen und das Papier an einigen Stellen feucht und durchgeweicht. Doch ich lasse es. Denn so ist er genau richtig. Er ist ehrlich.   Noch so viel zu sagen. Noch so viel zu klären. Aber mir geht der Platz aus. Mich verlässt der Mut. Ich will nicht gehen. Ich will bei dir bleiben. Mich weiterhin meiner Sehnsucht hingeben und dir nahe sein.   Ich liebe dich.   Dein Freund (?) Daisuke     Und wieder war er am Ende der Rückseite angelangt. Starrte auf die letzten Zeilen. Was davon ihm mehr ins Herz stach? Er wusste es nicht. Oder waren es gar die runden Stellen, an denen sich das Papier gewellt hatte von den getrockneten Tränen? Seine Augen richteten sich auf das Fragezeichen. Daisuke hatte selbst geschrieben, dass ihre Freundschaft zerstört war. Und er hatte auch recht damit, dass es keinen Weg gab, um es wieder zu richten. Warum also dieses Fragezeichen? Ich liebe dich. Acht Jahre. Ein Süchtiger auf Entzug. Heiße, raue Hände auf seiner Haut. Verlangende Lippen auf seinen. Kaoru schlug eine Hand vor den Mund und schloss die tränenden Augen. „Kaoru“, klang es in seinen Ohren, begleitet von dem Bild Daisukes, wie er ihn mit seinem breiten, ansteckenden Grinsen warm anlachte. Und zerbröckelte. Er hatte diesen Mann verloren. Kaoru liebte ihn. Als Freund, als Bruder im Geiste. Vor so vielen Jahren war er in sein Leben getreten und nie hätte einer von ihnen sich vorstellen können, dass es einmal anders sein sollte. Daisuke war weg. Gegangen. Und hatte neben der grausamen Stille und Einsamkeit einfach nur ein riesiges Loch hinterlassen. Das Einzige, was geblieben war, war dieses Stück Papier auf welchem der Andere sich selbst und seine ganzen Gefühle verewigt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)