loving your weak point von Ryoko-san (Wie würdest du dich entscheiden?) ================================================================================ Kapitel 5: Eine schlimme Vorahnung ---------------------------------- 'Ich weiß nicht, wie ich das machen soll... bei einem Mann.' 'Ich vertraue Ihnen, John.' 'Oh, sagen Sie das besser nicht, Sie wissen ja nicht, worauf Sie sich einlassen.' 'Ich weiß mehr, als sie jemals wissen werden ...' ~~~~~ "Was wollen Sie?" "Sie, mein Lieber. Aber nennen wir es doch lieber 'brauchen'; wollen klingt so schwul. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir einen kleinen Gefallen tun könnten. Im Gegenzug möchte ich sein überraschtes Gesicht sehen und ihn vor mir auf die Knie fallen sehen." "Wie bitte?" "Ach John, kommen Sie, denken Sie nach! Sie dürften doch am besten wissen, was ihrem Freund gefallen wird." "W-was?" "Haaah, nun gut. Für einen Normalsterblichen muss ich es also haarklein erklären. Es wird einen Toten geben, Johnnyboy, und das wird Sherlock Holmes garnicht gefallen." Er wollte John umbringen? Und rief ihn vorher an, um ihm das mitzuteilen? Die Situation war so schon paradox genug - eben ganz Moriarty-like - wo steckte da bitte der Sinn? "Wieso sollte jemand umgebracht werden, wenn Sie mir das im Vorhein schon verraten?", knurrte John in den Hörer. "Weil es passieren wird. Und sie werden maßgeblich daran beteiligt sein. Sozusagen der Schlüssel dafür sein. Sie tun mir also den Gefallen?" Moriarty klang zwar zu Scherzen aufgelegt, aber John wusste, dass das seine Masche war und die Stimmung von einer zur nächsten Sekunden kippen konnte. Er war ja so launenhaft. Resignierend seufzte der Blonde auf und massierte mit der linken Hand seine Schläfe, kniff die Augen zusammen. Das hier konnte nur schlecht ausgehen. Und er war wohl oder übel das Opfer, ganz prima. Wie sollte er das Sherlock beibringen, was hier gerade besprochen wurde!? Natürlich würden sie Lestrade einschalten müssen, aber wieviel dieser ihnen nützen konnte war fast schon abzusehen. "Welchen?" "Daten Sie Sherlock", wies er mit höchst vergnügtem Ton an. John stutzte und Moriarty hätte sein Hirn jetzt rattern hören können, würde es Geräusche von sich geben wie eine Festplatte. "Bitte?", war alles, was der Blonde zustande bekam. So abstrus hatte er nichtmal diesen seltsamen Mann eingeschätzt. Aber sicher steckte mehr dahinter. Wie immer. "Führen Sie ihn aus. Machen Sie sich einen schönen Tag, was auch immer Ihnen da vorschwebt so zu Zweit als zwei Männer." Er sprach beinahe schon nebensächlich über diese Sache, als würden John und Sherlock nie etwas anderes tun, als zusammen auszugehen und sich zu vergnügen. "Aber eine Bedingung gibt es - schweigen Sie. Ich habe nie angerufen, sie wissen nicht, dass es einen Mord geben wird. Sonst wird es zwee~ii Tote geben, Johnnyboy!" James Stimme klang auf einmal dunkler trotz seines Sing-Sangs zum Schluss. Johns Herz sprang beinahe auseinander bei diesen Worten. Er würde sie beide umbringen, wenn er es Sherlock sagen würde? "O-OK. Aber was -" Klick. Leitung unterbrochen. James hatte aufgelegt. John hielt sein Smartphone vor sich und betrachtete es leicht panisch. Was um Himmels Willen sollte der Anruf? Wollte er ihm Angst einjagen? Sollte Moriarty so nett gewesen sein, ihn vorzuwarnen, um die letzten Stunden nochmal richtig auskosten zu können? Nein, da steckte irgendetwas anderes dahinter, doch ohne so ein Genie, wie Sherlock es war, kam er zu keinem passenden Rückschluss. John wusste nicht mal, wann er Sherlock ausführen sollte. Welchen Tag, welche Uhrzeit und wohin? 'Du machst dir jetzt gerade nicht ernsthaft Gedanken darüber, wie du Moriartys Forderungen nachkommst, oder? Sherlock daten, schön und gut. Aber das hat doch alles keinen tieferen Sinn. Du weißt von dem Gespräch, darfst aber nichts verraten und lockst Sherlock somit in die Falle? Tickst du noch sauber, Watson!?' Er biss sich nachdenklich auf die Unterlippe und ließ das Handy schließlich auf den Tisch sinken, ging langsam auf das linke, bodentiefe Fenster zu und sein Blick huschte draußen über die Dächer der Nachbarhäuser. Es hatte begonnen zu regnen (wann hatte sich der pastellene Morgenhimmel nur so zugezogen?); erst nur ein paar Tropfen, dann ergoss sich ein wahrer Platzregen über London und tauchte die Stadt in verwaschenes Grau. Doch all das konnte den ehemaligen Militärarzt nicht von seinen Grübeleien, die jetzt die Gedanken an Sherlock mehr als überlagerten, abbringen. Endlose Vermutungen später, keine vernünftigen Schlussfolgerungen ziehen könnend, hörte John nicht einmal, wie die Wohnungstür ins Schloss fiel, schwerer Stoff raschelte und sich ihm jemand mit wenigen Schritten genähert hatte. Erst als der Ältere einen Blick im Nacken spürte, holte er Kopf und Gedanken wieder ins Hier und Jetzt und wandte sich leicht nach rechts um, erstarrte, als er in hellblaue Augen sah, die seinen so nahe waren, und stolperte dann doch zwei Schritte rückwärts. "Sherlock! Wann sind Sie-" "Gerade eben. Sie schienen abwesend; Problem?" Die samtene Stimme durchführ Johns Glieder und beruhigten ihn auf eine gewisse Art genau so sehr, wie sie ihm einen Stich ins Herz jagten, wenn er an Moriartys Worte dachte. "Nein, nur... müde", antwortete John beinahe wahrheitsgetreu und versuchte, sein Herz zu beruhigen. Diese plötzliche Nähe hatte ihn total auf dem Konzept gebracht. Und erst jetzt bemerkte er, dass der Jüngere ganz duchnässt war. "Fuhr kein Taxi?", scherzte John und ging an Sherlock vorbei in die Küche. "Messerscharfer Verstand, Dr Watson. Ich hatte lediglich frische Luft gebraucht, bis der Regen schließlich einsetzte." Der Blonde stoppte, drehte sich mit ungläubigem Gesichtsausdruck zu Sherlock um. "Sie sind zu Fuß zurückgekommen?", fragte er halb im Scherz. "Mhh", kam ein zustimmendes Brummen von Sherlock. Der Jüngere kam auf John zu und ging an ihm vorbei durch den Flur und in sein Zimmer. "Das sind mindestens 2 Meilen, Sherlock." "2,2 Meilen. Lang genug, um nachdenken zu können, John. Sollten Sie auch mal ausprobieren", kam es aus dem Schlafzimmer. John schüttelte den Kopf, was irgendwie zur Angewohnheit wurde, wenn sie miteinander redeten. Er schlurfte ins Badezimmer, nahm ein Handtuch aus dem kleinen Einbauschrank linker Hand und ging auf Sherlocks Raum zu. "Was haben Sie erreichen können?" Als er gerade das Zimmer betrat, entledigte sich der Jüngere gerade seiner nassen Kleidung und wühlte in seinem Kleiderschrank nach einem Hemd. 'Los, sieh ruhig hin, John. Sieh, was dir da entgehen könnte, stellst du dich weiter so an. Und dann sag mir, dass du ihn nicht einfach Moriarty ausliefern wirst. Oder gar dich selber und ihn damit unglücklich machen wirst.' "Gute Frage", brummte der Braunhaarige und schloss die Schranktür, ein Hemd in der Hand, der Oberkörper frei. "Sie hat tatsächlich weder Feinde noch frühere Klienten oder Beschattete, die ihr etwas antun wollten." Sherlock machte einen Schritt auf John zu, der das Handtuch vor sich in den Händen hielt, wohl zu interessiert an dem, was der Jüngere sagte, als dass er es ihm reichen wollte. "Ich muss leider zugeben, dass ich ein wenig ratlos bin, wer dahinter stecken könnte, obwohl nach dem Vorfall letztens ein gewisser Jemand nicht ganz aus dem Schneider ist." Er rubbelte sich die Haare trocken, ließ das Handtuch achtlos auf den Boden fallen und zog sich das frische Hemd über. "Gleich viel besser. Verdammt kalt draußen, wenn es so regnet", grummelte er leise zu sich selbst. "Sie meinen..." "Jim Moriarty, ja. Dieser Zeitungsartikel hat eindeutig seine Handschrift. Er weiß, dass die Polizei damit nichts anfangen kann, dass sie zu dumm sind für so ein Rätsel, und Lestrade mich dafür konsultieren würde. Es kann garnicht anders sein. Aber ich frage mich, wie er darauf kommt, dass mir etwas an dieser Frau liegen sollte. Wieso hat er gerade sie dafür benutzt?" "Zufall?", entkam es John und er lächelte ein wenig nervös. 'Zufall? Nein, John, es hat sicher etwas mit der Gegend dort zu tun. Du sollst Sherlock ausführen. Zum Themsenufer am Westminster und zwar an ihrem Todestag. Dort wird es passieren.' Diese Erkenntnis brannte sich gerade in Johns Hirn ein. Sie war so einfach, so... offensichtlich. Doch nicht für Sherlock, natürlich nicht. Wie sollte er auch an so etwas Banales denken? "Meinen Sie? Ich denke, da steckt etwas anderes dahinter. Wenn es nichts mit dem baldigen Opfer an sich zu tun haben soll, wieso sollte er mich sonst zu ihr geführt haben?" Ein paar Sekunden vergingen, bis Sherlock sich wieder bewegte und an John vorbei wehte, ins Wohnzimmer lief. Der Ältere blieb wie angewurzelt stehen. Was sollte er tun? Wie konnte er Sherlock nur einen Hinweis geben, ohne, dass Moriarty davon erfuhr und sie beide des Todes waren? Er kniff die Augen zusammen und hob die Hände an beide Schläfen, während seine Beine wacklig wurden und er halt auf Sherlocks weicher Matratze suchte. Das konnte alles nicht wahr sein. Er war ein Freundschaftsverräter, würde er Sherlock nicht sagen, was er wüsste und ihm somit entscheidende Hinweise geben (vielleicht sogar Moriarty austrick- nein, unmöglich), andererseits riskierte er ihrer beiden Leben. Beides keine zu empfehlbaren Optionen. Beide würden auf dasselbe hinauslaufen. Jemand starb, dessen war sich John sicher. "Verdammt!", knurrte er wütend und grub eine Faust in den weichen Stoff unter sich, während im Wohnzimmer Violinenklänge erklangen, die wunderbar zu seiner Verzweiflung passten, die sich seine Magengrube bis hoch in die Speiseröhre erkroch und ihm das Atmen erschwerte, förmlich die Kehle zuschnürte. Welchen Weg er auch abwog - den Homizid Moriartys bevorzugte er dann doch, bevor Sherlock noch etwas passierte. Ihn brauchte die Welt noch, John hingegen konnte ihr nichts geben, was von Nöten war. Kein brilliantes Deduzieren von Mordfällen, keine Violinenstücke, keinen Erzfeind. Nur einen Blog, der der Selbsttherapie diente und Schaulustigen die Möglichkeit gab, einen Einblick in Sherlocks Arbeit zu bekommen. Er hingegen war Zweitrangig. Plötzliche Stille und ein Niesen aus dem Wohnzimmer ließen John wieder aufblicken. 'Du hast seinen Schal genommen. Jetzt sieh zu, dass er nicht krank wird davon. Sonst bist DU es am Ende noch Schuld, wenn er an einer Grippe stirbt, und nicht Moriarty!' John seufzte über seine Gewissensbisse, musste ihnen aber beipflichten und erhob sich wieder. "Suppe? Oder Tee?" Sherlock rümpfte gerade die Nase, als der Blonde hinter ihm auftauchte und die Küchenschranktür öffnete. "Meinen Schal, wenn's recht ist." Er streckte die Hand aus, als ob John den Schal gleich um den Hals tragen würde und ihn hergeben könnte. Doch Angesprochener stockte in seinen Bemühungen, Suppenpäckchen aus dem Holzschrank zu fischen; seine Wangen wurden heiß und er nickte nur kurz, bevor er durch die Küche in den Flur verschwand, hoch in sein Zimmer. Sherlock sah ihm nach, die Violine mitsamt Bogen kopfüber in der linken Hand haltend, und ein kleines Grinsen stahl sich unwillkürlich um seine Mundwinkel. ~~~~~ To be continued... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)