loving your weak point von Ryoko-san (Wie würdest du dich entscheiden?) ================================================================================ Kapitel 2: Eine kühle Antwort ----------------------------- 'John... starr nicht, berühr mich endlich. Oder ist es nicht das, was du wolltest?' 'Das ist alles, was ich je wollte, Sherlock.' ~~~~~ John kniff die Augen zusammen. Was in seinem Kopfkino gerade vor sich ging, durfte einfach nicht Wahrheit werden. Wie konnte er je wieder diesem schönen Mann in die Augen sehen, wenn er jetzt etwas Unbedachtes täte und eine Abfuhr bekam? Wenn Sherlock vielleicht sogar asexuell wäre, was laut seiner eigenen Aussage, dass er weder an Frauen noch an Männern interessiert war, am Wahrscheinlichsten wäre? Und wieso zum Geier interessierte es John so sehr? Das hier war der scheinbar ungünstigste Moment, um in tiefes Gedankenwirrwarr zu versinken. Was Sherlock ähnlich sah. "Nein, John, bin ich nicht", antwortete die samtene, tiefe Stimme des Jüngeren, als ob er Johns Gesichtsausdruck ablesen konnte, was er dachte. 'Stehen Sie nun doch auf Männer oder was soll dieser Scherz hier bitteschön!? Sind Sie verrückt, mich in so eine prekäre Lage hineinzubringen, Sherlock?' Der Ältere stand beinahe wie versteinert vor ihm, umhüllt von dichten Nebelschwaden, die sich allmählich auflösten, jetzt, da das Wasser abgestellt war. "Was?" Er öffnete langsam die Augen, vermied direkten Blickkontakt sowie den Blick unter Sherlocks Gürtellinie. "Mein Handy, bitte." Sherlock beugte sich leicht vor und griff fast schon ungehalten nach der Hand des anderen. John ließ sich das Handy mühelos aus der Hand nehmen, wich nicht zurück, als der Braunhaarige ihm derart nahe kam und seine braunen Augen weiteten sich für einen Augenblick, bevor Sherlock sich zur Seite umwand und an ihm vorbei ging, die Tür öffnete und einfach, nass und nackt, herausging, den DI anrufend. "Hat sie etwas gesagt? Gut. Ich sehe morgen bei ihr vorbei. Ihnen auch, Lestrade." John stand immer noch wie angewurzelt im Badezimmer, lauschte der leiser werdenden Stimme von Sherlock, als dieser den Flur entlang und in sein Zimmer zu gehen schien, dann war es wieder still. Nur langsam wurde sein Kopf wieder freier, als der Sherlock-typische Geruch weniger wurde, das Badezimmer aufklarte, die Situation wie nie geschehen wirkte... Wo sollte John zuerst anfangen? Wieso jetzt? Wieso wirkte dieser Mann gerade jetzt, gerade heute, gerade in diesem Moment eine so unsagbar, unfassbar seltsam anziehende Wirkung auf ihn aus? War der Vorfall im Schwimmbad sowas wie ein Schlüsselmoment? Er war brenzlig, intim, atemberaubend und furchteinflössend gewesen, diese Minuten, die sie beieinander gestanden hatten, dem Tode nur einen winzigen Schritt entfernt, und sie hatten sich in die Augen gesehen. Beinahe endlos lange. "Hunger?" Sherlocks tiefe Stimme ließ den ehemaligen Militärarzt zusammenfahren, als der Jüngere erneut ins Bad hineinlugte und - Gott sei Dank - endlich Kleidung am Körper trug, wenn auch seine Haare immer noch feucht waren und einzelne Strähnen in sein Gesicht fielen. Er grinste frech und ging dann weiter durch den unbeleuchteten Flur, ließ John wieder allein zurück. Wie einen Idioten. "Ja", gab der Blonde knapp zurück, räusperte sich, als er endlich aus dem Badezimmer heraus kam und der Duftwolke des frisch Geduschten in die schummrige Küche gefolgt war.Er setzte sich an den Küchentisch und beobachtete Sherlock, der weiter ins Wohnzimmer durchging und sich seine Geige nahm, sich mit dem Rücken zu John vor das Fenster wandt, kurz zu schmunzeln schien und schließlich den schmalen Boden über die Saiten fahren ließ, woraufhin die ruhigen, melancholischen Töne erklangen, die John so liebte. Er hatte sie des Nachts öfters vernehmen können, wenn er ruhig in seinem Bett lag, eine Etage über dem Wohnraum. "Sherlock?" Keine Reaktion. Der Braunhaarige spielte weiter Violine, tat so, als hätte John nichts gesagt, bis er schließlich doch kurz stoppte und zum Reden ansetzte: "Chinesisch? Oder Italienisch?" Hieß das, er wollte etwas essen? John sah ihn fragend an, ein wenig überrascht. Es kam selten vor, dass er derjenige war, der nach Essen fragte. Entweder war ein Fall erledigt oder es gab keinen Fall, dann konnte John ihn bei der Nahrungsaufnahme beobachten. Und in Sherlocks Fall war es wirklich 'nur' eine Nahrungsaufnahme. Er gehörte zu der Sorte Mensch, die Essen mieden, wenn sie konnten. Bulemisch war er nicht, doch ein Arzt wusste, was gesunder Appetit war und wo es an eine Essstörung grenzte. Nur Sherlock war da ein... spezieller Fall. Ein ganz spezieller, in jeglicher Hinsicht.Es war eben das Verhalten eines Genies. "Chinesisch", antwortete der Ältere lächelnd, nicht gewillt, Sherlock die Wahl zu überlassen, aus Angst, dass er es sich doch überlegen würde und lieber nichts von beidem aß. "Im übrigen könnten Sie die Haare öfters mal so stylen", kam es von John. Er war pappsatt von den Nudeln und den Wantan, streckte sich und gähnte. Sherlock saß ihm gegenüber in seinem Sessel und sah von seinem Notebook auf, dass auf seinen Knien lag. Reiskörner klebten auf seiner Wange, die Reste seiner Nahrungsaufnahme. "Stylen?", kam es argwöhnisch, als ob es ein Wort war, dass es in Sherlocks Wortschatz nicht geben würde und dass er niemals gehört hätte. "Nun, ja. Mit Gel oder so." "Warum sollte ich das tun?" Der Braunhaarige fuhr sich instinktiv durch die mittlerweile trockene Lockenpracht, den Blick nicht von John abwendend, der mit so einer Frage beinahe gerechnet hatte. Beinahe, daher fiel ihm jetzt keine passende Antwort ein - oder doch, eine schon, nur sie war zu abstrus, zu peinlich, um sie zuzugeben. 'Weil es einfach total sexy aussieht und deine perfekten Wangenknochen und leuchtenden Augen so noch mehr zur Geltung kämen.' Doch wollte John, dass noch andere Menschen auf den Geschmack kamen und seinen Sherlock begafften? Wollte er es riskieren, weniger Aufmerksamkeit von ihm zu erhalten? Nein. "Nur so... ein Gedanke, mehr nicht. Jeder gut aussehende Mann Ihrem Alter greift ab und zu zu solchen Methoden." John räusperte sich. Es war ein Kompliment. Mehr nicht. Etwas, was man einem Menschen ruhig sagen konnte, den man mochte. Dessen Freund man war. Daran war nichts perverses zu finden.Sherlock kniff die Augen weiter zusammen und sah den Älteren durchdringend - oder durchschauend? - an; seine Finger schwebten über der Tastatur, bereit, seine Website upzudaten, wenn er sich wieder darauf konzentrieren würde. "Nicht mein Gebiet." Damit senkte er den Lockenschopf wieder und tippte emsig, den Blick erhellt vom Display vor sich. Ach. Ebenso wenig 'sein Gebiet' wie Frauen- oder Männerbeziehungen. Und nicht gewillt, darüber nachzudenken, ob es sich nicht doch lohnen würde, mal 'hineinzuschnuppern'. Wie fühlte es sich an, wenn die Luft zwischen einander knisterte, wenn Berührungen heiß prickelten, wenn die Lust aufeinander die Überhand gewann, wenn man dem anderen einfach nur nahe sein wollte - um jeden Preis. Ob Sherlock über diesen Preis der Erfahrungen wusste, die er so geflissentlich vermied? John schüttelte abermals den Kopf, unverständlich. Was in diesem Wirrkopf vorging, sollte sich ihm wohl niemals eröffnen. Jeder Mensch brauchte einen anderen Menschen um sich. Einzelgänger gab es, natürlich, aber früher oder später braucht man immer jemand anderen. Der Mensch ist nicht gemacht, allein zu sein oder zu bleiben. Auch kein Sherlock Holmes. Sich selbst mit dieser Erkenntnis beruhigend, erhob sich John seufzend aus seinem warmen, weichen Sessel und verabschiedete sich ins Bett. Er ging auf die Eingangstür zu, blickte kurzerhand verstohlen auf Sherlock zurück, der weiter gebannt auf sein Notebookdisplay sah und mopste sich kurzerhand den blauen Schal aus dem Mantel des Jüngeren, ging in den Flur und verschwand nach oben in sein Schlafzimmer. 'Wow, Dr Watson, wie erwachsen du wieder bist. Stiehlst dem Schönling seinen Schal. Und wofür? Er hat es sicher bemerkt. Er bemerkt alles.' Sollte er es merken. Sollte er nachdenken, weshalb John so gehandelt hatte. Zurücknecken konnte er schon lange. Wenn sich Sherlock Holmes so einen Spaß mit seinen Gefühlen erlaubte, konnte John ihm halt seinen Stahl stibitzen und sagen, es hätte keinen besonderen Grund gehabt. Ihm sei halt kalt gewesen, er habe Halsschmerzen gehabt oder dergleichen. Genau. Erkältung wegen ungewollt heißen Wassernebelschwaden im Bad und darauffolgender Unterkühlung im Schlaf. Perfektes Alibi. 'Kindisch.' John war beinahe energisch angetan von seinem teuflischen Plan, ignorierte sein Gewissen und zog sich Schlafkleidung an, als unter ihm wieder die zarten Violinenklänge ertönten. Er setzte sich auf die Bettkante, schloss die Augen, den Schal in der linken Hand fest umklammert und legte den Kopf seufzend in den Nacken, als sich der wohlige Moschus-Sandelholz-Geruch des kleinen Stoffstückes um ihn herum langsam ausbreitete und sein Blick in die Dunkelheit gläsern wurde. ~~~~~~~ To be continued... 2. Kapitel beendet und ich hoffe, ihr bleibt weiter am Ball um unsere 2 Lieblinge - es wird immer spannender! Im übrigen vielen Dank für die bisherigen Kommentare. ♥ Auf bald! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)