Primeval: New World Season III von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 1: Was bisher geschah ----------------------------- Mein Name lautet Evan Cross. Bis vor 8 Jahren war mein Leben noch in Ordnung. Ich war verheiratet und im Begriff meine eigene Firma zu gründen. Doch dann tat sich eine Anomalie auf, ein Riss im Raum-Zeit Continuum. Ein Urzeitmonster aus einer längst vergessenen Zeit nahm mir meine Frau und beinahe auch mein eigenes Leben. Ich wurde von einem Mann aus der Zukunft gerettet, der sein Leben für sich opferte. Ich suchte in der Gegenwart nach ihm und holte ihn an meine Doch immer mehr Anomalien taten sich auf und Tiere aus anderen Perioden der Welt suchten sich ihren Weg in die Welt der Menschen. Zusammen mit dem Draufgänger Mac Rendell, der Wildtier-Expertin Dylan Weir, dem Computer-Genie Toby Nance sowie meiner Partnerin Angelika Finch schuf ich ein Team, dass diese Kreaturen in ihre eigene Zeit zurückschicken sollte. Jedoch verlief einer dieser Einsätze nicht wie erwartet und wie änderten durch einen Eingriff in die Zeit den Verlauf der Gegenwart. Manches hatte sich zum Guten gewendet, anderes zum Schlechten. Zusammen mit dem Zoologen Luke Hingle und dem Ex-Soldaten Leo Donovan verstärkten wir unser Team um Unschuldige vor den Angriffen der Tiere zu bewahren. Dieses Vorhaben wurde auf eine harte Probe gestellt, als ein verblendeter Visionär aus der Zukunft in die Gegenwart floh um hier eine neue Art von Anomalie zu öffnen, die alles absorbiert hätte. Mit der Hilfe eines alternativen Mac Rendells gelang es mir ihn aufzuhalten, jedoch zu einem hohen Preis. Ich sprang durch die Anomalie, hinter der sich das einzige Gerät befand, womit man die drohende Apokalypse verhindern konnte. Auch wenn es mir gelang das vorzeitige Ende der Menschheit abzuwehren… so misslang es mir in meine Zeit und zu meinen Freunden zurückzukehren. Für sie… war ich tot. Kapitel 2: Prolog ----------------- Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung Nayem fühlte sich beinahe wie inmitten eines Bauernhofes. Sein Führer schien scheinbar vergessen zu haben, dass er vor 3 Jahren den Rang eines Konzils erreicht hatte. Vielleicht lag es auch nur daran, dass er sich auf nicht militantem Gebiet aufhielt. Sein Führer oder die Wachleute des Magistrats machten keine Anstalten zu salutieren oder ihre Haltung anzupassen. Dabei war es Nayem gewesen, der den ersten Schritt getan und seine Eskorte vor dem Gebäude gelassen hatte. Sein Wohlwollen wurde nicht berücksichtigt, vermutlich weil es ohnehin unnötig war. Selbst der Magistrat von Yvalon würde es nicht wagen, Schritte gegen ihn einzuleiten. Trotz der wachsenden, politischen Kraft, war die Bevölkerung des Landes nicht ohne die Hilfe des Hehres in Schach zu halten. Nayem hatte die Führung augenblicklich abgelehnt, immerhin hatte er das Parlamentsgebäude nicht zum Spaß betreten. Er besaß keine Kinder und verspürte deshalb auch keine Lust diesen ‚Zoo’ noch länger zu besichtigen. Doch sein Führer verstand es stets mit Anekdoten und Erzählungen die Atmosphäre zu halten. Diese Tiere, sofern man sie so bezeichnen konnte wirkten allesamt irreal und wie aus einem Traum. Einem Alptraum, denn dem Konzil erschienen sie wie Horrorgestalten. Ein großer Vogel mit gigantischem Schädel preschte diesen gegen das Kraftfeld seines Käfigs, wurde aber augenblicklich zurückgestoßen. „Beeindruckend nicht wahr? Der Name dieses Tieres lautet Gastornis parisiensis. Ein Raubvogel, der etwa vor 60 Millionen Jahren gelebt hat.“, berichtete sein Führer. Nayem beließ es bei einem Nicken, mehr hatte er dazu nicht zu sagen. Als sie am nächsten Käfig angekommen waren, lag das Tier dahinter flach auf dem Boden und musterte die Besucher skeptisch. „Ein Metridiochoerus, es lebte vor etwa 15.000 Jahren. Trotz der Stoßzähne erinnert es an ein Schwein, sofern Sie sich noch an diese Art aus den Geschichtsbüchern erinnern.“, schweifte der Führer fort, doch Nayem hatte längst aufgehört, ihn groß zu beachten. Der Magistrat hatte sich offenbar entschlossen ihn hinzuhalten, welchen anderen Grund gebe es für diese Farce? War ihm etwa wirklich daran gelegen dem Konzil, dem obersten, militärischen Führer seinen Privatzoo zu zeigen? Was versprach er sich davon? Nayem verspürte Erleichterung als die beiden Männer endlich am Ende des Korridors angelangt waren. Der Führer bedankte sich für die Aufmerksamkeit des Konzils und verwies ihn auf zwei Wachen, die vor einer dicken Stahltür postiert waren. Der Konzil atmete erleichtert auf, in Anbetracht endlich seinen anstehenden Termin mit dem Magistrat wahrnehmen zu können. Die Wachen baten ihn ihnen zu folgen und gemeinsam betraten sie den nächsten Korridor, der sogar noch besser gesichert war als der Privatzoo. Am Ende des Weges waren sie vor einer silbernen Tür angelangt und einer der Uniformierten bediente das kleine Terminal daneben. Scheinbar erbat er sich die Freigabe und die silberne Tür schwank auf. Nayem betrat in Begleitung der beiden Männer das Büro dahinter und erblickte kurz darauf den etwas älteren Mann der an seinem Schreibtisch saß und scheinbar in Arbeit vertieft war. Der größtenteils glatzköpfige Mann sah auf und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Er trug seinen Leuten auf draußen zu warten, auch wenn diese Einwand erhoben. Doch der Magistrat ließ keine Widerrede zu und argumentierte damit, dass der Konzil des yvalonischen Hehres mit Bestimmtheit kein Attentäter war. Hinter verschlossenen Türen lockerte sich die Haltung beider Männer. „Nayem! Ich darf Sie doch so nennen? Es ist lange her.“, glaubte der Magistrat sagen zu müssen. Der Konzil gab ihm recht, unterließ es aber sich vor ihm zu verbeugen. Ein Grund dafür war sein Rang, der andere seine Einstellung zu diesem Mann vor ihm. Es war Nayem nie gelungen seine Antipathie für Magistrat Vyrim Gall glaubhaft zu verstecken. Trotz seines Titels des obersten, politischen Führers Yvalons, dem nördlichen Teil des Kontinents, änderte dies nichts an seinem verschlagenen Äußerem, seinen stechenden, reptilartigen Augen. Nicht zu vergessen das schmierige Benehmen unter angeblichen Freunden oder zumindest Verbündeten. „Nayem, Sie wundern sich bestimmt, warum ich Sie heute zu mir bestellt habe.“, begann Gall nun zu säuseln. „Gebeten. Sie haben mich gebeten, Sie heute zu besuchen, werter Herr Magistrat.“, verbesserte Nayem den glatzköpfigen Mann unverzüglich. Dieser beendete sein Grinsen jedoch nicht, sondern fuhr fort. „Natürlich, verzeihen Sie. Ich habe Sie heute hergebeten, weil ich mit Ihnen über die Zukunft sprechen möchte.“, gestand er. Der Konzil schluckte leicht und verengte seine Augen. „Zukunft? Haben Sie bedenken bezüglich unserer Allianz?“, stellte er den Magistrat auf die Probe. Dieser schüttelte augenblicklich den Kopf und legte seine Hand auf einen Gegenstand neben sich. Erst jetzt erkannte der Konzil das kleine, haarige Tier zu Galls Linken. Er versuchte sich an den Namen des Geschöpfs zu erinnern, doch es gelang ihm nicht. „Eine Katze. Ein äußerst niedlicher Spielkamerad, meinen Sie nicht?“, erzählte Gall, der scheinbar Nayems Gedanken gelesen hatte. Sofort wurde das Gesicht des Konzils ernster und er sah erwartend zu seinem Gegenüber. „Nein, mit unserer Allianz ist alles in bester Ordnung. Im Gegenteil, mir ist sogar daran gelegen, sie noch weiter auszubauen.“, verriet er den Grund der Besprechung. Nayem konnte sich keinen Reim darauf machen, was der mächtige Mann vor ihm genau meinte. „Nayem, beantworten Sie mir eine Frage. Reicht… Ihnen dieses kleine Stück Land auf dem wir sitzen?“, erkundigte sich. Der Konzil lachte steril. Als klein konnte man den nördlichen Teil dieses Kontinents keineswegs bezeichnen. Allerdings ließ sich nicht leugnen, dass andere Milizen und politische Gegner immer mehr an Stärke gewannen und Yvalon eines Tages einzunehmen versuchen konnten. „Was wenn ich Ihnen verraten würde… dass ich eine Waffe besitze, die uns die ultimative Macht über den ganzen Planeten sichern könnte?“, fragte der Magistrat erwartend. Nayem bedachte ihn eines ungläubigen Blickes. Falls so eine Waffe wirklich existierte, könnte es sich nur um eine Partikel oder Plasmabombe handeln, in beiden Fällen, Konstrukte der ultimativen Zerstörung. Doch er schätzte Gall nicht so dumm und leichtsinnig ein, sein eigenes Territorium aufs Spiel zu setzen. „Von was für einer Art Waffe… reden wir hier?“, erkundigte er sich schließlich. Ein breites Grinsen huschte über Galls Gesicht und er streichelte erneut die Katzenkreatur neben sich. Dann beugte er sich nach vorne und sah seinen Alliierten mit seinen stechenden Augen direkt an. „Die Zeit, mein Freund. Die Zeit.“ Kapitel 3: [Folge 01] Vergessene Welt ------------------------------------- Vancouver, Quebec Street – Hundesalon Sunset Bereits wenige Sekunden nachdem Jamil die Glocke über der Eingangstür gehört hatte, war er bereits aufgesprungen und zu seinem Gast geeilt. Eine etwas beleibtere Frau betrat den Laden und sah sich um. Sie trug einen faltigen Hut und ein rotes Sommerkleid. Mit beiden Händen hielt sie ein gepolstertes Körbchen, auf dem der eigentliche Klient Platz genommen hatte. Jamil war bei ihr angelangt und reichte ihr eine Hand. Die Frau stellte das Körbchen ab und erwiderte den Gruß. „Misses Infield, es ist mir ein Vergnügen Sie erneut in meinem bescheidenen Geschäft begrüßen zu dürfen.“, säuselte Jamil und wies auf einen freien Stuhl. Seine Angestellte war nun ebenfalls aufgetaucht und ihr Chef verwies auf das Körbchen. Diese kümmerte sich darum und trug es in Richtung Waschstation. Der noch halb schlafende Insasse beschwerte sich keineswegs. Der Pudel war etwa 30 Zentimeter lang und lag zusammengekauert auf dem seidigen Polster. Er wirkte sehr sauber und trug ein rosanes Kleidchen, das ihn… oder besser gesagt sie als Weibchen auszeichnete. „Elvira, mein Zuckerpüppchen braucht unbedingt eine Rundumerneuerung.“, sagte Misses Infield an Jamil gewand. Dieser nickte verstehend und bereitete sofort alle Instrumente vor, die er brauchte um den Wunsch der Frau zu erfüllen. Elvira wurde auf den Stuhl gehievt und ihr Frauchen nahm daneben Platz. Als erstes musste der Pudel sich vollends entkleiden und in das Waschbecken vor ihm legen. Jamil hatte damit begonnen verschiedene Seifen zu mischen und sie zusammen mit einem Trug Wasser in das Becken zu leeren. Das Bild des so genannten begossenen Pudels wurde immer deutlicher und Elvira begann sich zu schütteln. Immer mehr Tropfen spitzten zur Seite, weshalb Jamil ein Tuch aus der Schublade zog. Als nächstes folgte eine Schere, mit deren Hilfe er den bereits länger gewordenen Haaren des Hundes Einhalt gebieten wollte. Er hatte sie bereits hoch nach oben in die Luft erhoben, als sich das Instrument plötzlich aufrichtete und ihm aus der Hand fiel. Der Besitzer des Hundesalons sah sich um, konnte die Schere aber nirgends entdecken. Aber Moment! War sie ihm wirklich aus der Hand gefallen, oder doch nicht eher gesprungen? Wie ein Pfeil war sie durch die Luft geflogen und verschwunden. Elvira richtete sich auf, die Nase hoch nach oben gereckt. „Schätzchen, was ist denn los mit dir?“, fragte Misses Infield, der das Verhalten ihres Lieblings seltsam erschien. Jamil wollte nach dem Klienten greife, doch Elvira sprang aus dem Becken und direkt zu Boden. „Elvira, was machst du denn? Tut mir leid, ich weiß nicht was die Arme hat!“, entkam es ihrem Frauchen. Elvira begann nun zu bellen und rannte aus dem Raum. Durch einen Türspalt entfleuchte sie in die privaten Räumlichkeiten dahinter. „Wo will mein Spätzchen bloß hin?“, murmelte Misses Infield und erhob sich. „Dort befindet sich das Lager, aber wir bewahren nichts Essbares dort auf.“, meinte Jamil, der ebenfalls keine Erklärung für das plötzliche Verhalten des Tieres fand. Er legte seiner Kundin beruhigend eine Hand auf die Schulter und versprach sich um dieses Problem zu kümmern. Er schritt in Richtung Tür, hielt dann aber inne, als Elvira bereits wieder zurückkam. Wie ein Blitz schoss die Hündin an ihm vorbei und hechtete Richtung Ladentür. Doch diese war inzwischen wieder geschlossen und der Pudel stieß seine Pfoten gegen das Glas. Sein Flehen und Zittern war eindeutig. Er hatte große Angst bekommen, doch vor wem oder vor was? Misses Infield stürzte zu ihrem Schatz und versuchte Elvira dazu zu bewegen zurück in ihr Körbchen zu springen. Doch stattdessen versteckte sich der Pudel unter einem Stuhl und verkroch sich in der hintersten Ecke. Misses Infield wusste sich nicht mehr zu helfen und sah sich nach Jamil um. Dieser stand immer noch vor der Tür zum Lager, bis dieses aufgestoßen wurde und sich jemand den Weg in den Salon suchte. Nein, nicht jemand. Etwas. Jamil starrte das Tier verwirrt und ungläubig an. So einen Hund hatte er sein ganzes Leben noch nicht gesehen. War das überhaupt einer? Sein Unterkörper bestand aus brauner, schuppiger Haut, während auf seinem Rücken schwarzes Fell wuchs. Sein Kopf bestand aus einem Gewirr von beschen Haaren und sein Gesicht war eine rote Fratze mit spitzen Zähnen. Auch an Pfoten und Füßen sprossen dicke Krallen hervor. Nein, je länger Jamil das Tier anstarrte, umso mehr erinnerte es ihn an ein Reptil als einen Hund. Die Echse begann nun wie wild zu fauchen und Jamil presste sich flach an die Wand. Das Tier sprang in die Mitte des Salons und sah sich um. „D… die Tür! Öffnen Sie die Tür und lassen Sie es hinaus!“, rief er Misses Infield zu, doch diese war starr vor Schreck. Doch seine Angestellte reagierte darauf prompt und zog die Glastür einen Spalt breit auf. Doch die Echse unternahm keine Anstallten das Gebäude zu verlassen. Im Gegenteil, sie starrte zwischen den drei Personen hin und her und überlegte welcher sie sich nähern sollte. Plötzlich spürte die Angestellte wie sich eine Hand auf ihre legte und die Tür weiter nach innen aufgedrückt wurde. „Psst! Bleiben Sie leise.“, schärfte ihr eine Stimme ein. Ein junger Mann betrat nun vorsichtig das Innere und musterte die Situation. Die Angestellte fand, dass er sehr gut aussah und für einen Moment glaubte sie einen britischen Akzent vernommen zu haben. „Hey du Zotteltier!“, rief er der Echse nun zu und hob einen länglichen Gegenstand. Die Echse heulte auf und setzte sich in Bewegung. Der Mann mit dem Akzent schoss, doch das Tier war zu schnell. Der Schuss erfolgte leise und scheinbar ohne Kugel. Dafür zersplitterte das Glas eines Wandspiegels. Die Scherben krachten zu Boden und die Echse verschwand durch den Durchgang, zurück ins Lager. „Gesichert.“, sagte der Mann nun und begab sich ins Zentrum des Salons. Jamil wollte etwas sagen, da bemerkte er wie noch weitere Bewaffnete das Gebäude betraten. Eine Frau und ein junger Mann. Alle drei besaßen diese seltsamen Gewehre. Der Mann mit Akzent griff nun nach einem Funkgerät, das an seiner Uniform befestigt war. „Donovan, Sie postieren sich auf der Straße, für den Fall, dass es einen weiteren Ausgang aus dem Gebäude gibt.“, sprach er, wartete aber keine Reaktion ab. Misses Infield hob erschrocken die Arme. „Bitte nicht schießen!“, flehte sie panisch. Die bewaffnete Frau bemühte sich sofort ein Lächeln aufzusetzen. „Sie müssen keine Angst vor uns haben, wir sind…“, versuchte sie sich schnell eine Ausrede zurecht zu legen. „Ghost Busters.“, entfuhr es dem jungen Mann hinter ihr. Dessen Kollegin schenkte ihm einen skeptischen Blick. „Was Sie gesehen haben war eine Art Geist, welchen wir mit unseren Ektoplasma Gewehren wieder einfangen müssen.“, erklärte er den Anwesenden. Die Frau und der Brite verdrehten die Augen. „Was? Irgendwann glauben uns die Leute das mit dem Wildtierkontrollteam nicht mehr.“, flüsterte Luke Hingle seinen Kollegen zu. Der Teamleiter ignorierte seinen Anflug von Humor und wand sich an die Anwesenden. „Bitte begeben Sie sich aus dem Gebäude und warten auf der Straße.“, trug Mac Rendell Jamil und den beiden Damen auf. Diese musste er nicht zweimal sagen, denn wenig später war der Salon geräumt. Elvira hatte sich etwas gesträubt ihr sicheres Versteck zu verlassen, doch inzwischen war das Team allein. „Hast den Saurier erkannt?“, fragte Dylan an Luke gewand ohne ihre Waffe zu senken. Der Zoologe nickte zustimmend. „Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich um einen Dryptosaurus gehandelt hat. Er war der erste Fleischfresser, dessen Knochen die Archäologen in Nordamerika sicherstellen konnten. Er war ein schneller Jäger und seine Krallen sollen ausgereicht haben um dem Panzer eines Ankylosaurus einen Knacks zu verpassen.“, erzählte er. „Mit anderen Worten wir gehen mit äußerster Vorsicht vor.“, trug Mac den beiden auf als sie sich immer weiter der Lagertür näherten. Der Captain machte den Anfang und stieß sie mit einem Bein auf. Er sprang dahinter und richtete das EMD nach vorne. Vor ihm tummelten sich einige Stapeln Kartons, von dem Saurier war nichts zu sehen. Die drei Mitglieder des CPTs wagen sich den dunklen Korridor entlang und waren bald darauf in einer Lagerhalle angekommen. Es dauerte nicht lange als sie das glitzernde Gebilde aus Licht erblickt hatten. Die Anomalie schwebte in der Mitte der Halle, während Staubpartikel in der Luft umherflogen. Von dem Dryptosaurus keine Spur. „Er scheint wohl wieder durch die Anomalie gegangen zu sein.“, spekulierte Dylan und trat vor. Erleichtert drehte sie sich um und senkte ihre Waffe. „Gut, alles was noch fehlt sind Donovan und Chambers, welche die Anomalie für uns verschließen.“, sprach sie, bis Luke Hingle plötzlich die Augen aufriss. „Achtung!“, stieß er hervor und eilte zu Dylan. Mit festem Griff packte er ihre Schultern und riss sie beiseite. Noch bevor diese verstand was eigentlich vor sich ging, war sie bereits zu Boden geschleudert worden. Erschrocken erkannte sie, dass der Dryptosaurus nicht zurück durch die Anomalie gegangen war. Er hatte sich lediglich hinter einigen Kisten versteckt und auf seine Angreifer gelauert. Um sie zu seiner Beute zu machen. Die Echse preschte nach vorne, doch Luke war nicht mehr im Stande seine Waffe einzusetzen. Er schwere, rote Schädel rammte Lukes Oberkörper und stieß ihn um. Mac Rendell erhob sein EMD und feuerte zwei gezielte Schüsse auf den Saurier ab. Unter einem lauten Protestschrei wurde das Tier getroffen und betäubt. Still und starr lag es auf dem Boden, genau wie Dylan und Luke. Mac griff an sein Funkgerät um Hilfe zu rufen. „Hier Captain Rendell, wir brauchen dringend medizinische Hilfe, sowie ein Verschließgerät.“, wies er seine Leute draußen an. Dann stürzte er zu Luke, der sich schmerzend die Brust hielt. „Mir… geht es gut.“, stöhnte dieser und auch Dylan hatte sich erneut aufgerichtet. „Was ist mit ihm?“, fragte sie an Mac gewand, der ihr jedoch nur einen strengen Blick zuwarf. Auch ohne Worte war daraus abzulesen, dass er ihre leichtsinnige Aktion verurteilte. Sie hatten nicht wissen können, ob der Dryptosaurus zurück durch die Anomalie gegangen war oder nicht. Lukes Keuchen wirkte schwer und setzte einige Male aus. „Mindestens eine Rippe dürfte gebrochen sein und seine Lunge muss untersucht werden.“, erwiderte Mac und sah dann zum Ausgang. Donovan und Chambers betraten die Lagerhalle. Während der Sanitäter zu dem Zoologen stürmte, baute der Ex-Major das Verließ Apparatur für die Anomalie auf. Zusammen mit Mac stemmte er dann den bewusstlosen Dryptosaurus in die Höhe und direkt zurück in seine Zeit. „Wieso müssen Saurier nur immer so verdammt schwer sein?“, fluchte der Captain und bediente das Gerät dann selbst. Ein paart Tasten reichten um einen elektrischen Impuls abzugeben, der die Anomalie destabilisierte und in ein einziges, kugelförmiges Fragment verwandelten. Jetzt mussten sie nur noch abwarten bis sich das Zeitportal von selbst geschlossen hatte, dann war ihre Aufgabe hier erledigt. Mac kehrte zu den anderen zurück, erkannte in Chambers Gesicht aber Erleichterung. „Seine Verletzung scheint nicht so schlimm zu sein. Dennoch könnten wir in erst bei Cross-Photonics genauer untersuchen.“, sagte er aus und der Captain nickte froh. Dylan Weir hockte vor dem verletzten Zoologen und blickte ihn besorgt an. Luke hingegen gab sich wie immer souverän und ließ sich nichts anmerken. Er selbst hatte Dylans Leichtsinn sicher schon längst vergeben, Mac hingegen wusste nicht, ob er dies so einfach konnte. Kreidezeit, 72 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Allein. Abgeschottet. Ohne seine Freunde und das in dieser urzeitlichen Umgebung. Er fluchte über sich selbst, denn es war allein seine Neugier gewesen, die ihn dazu verleitet hatte sich von den anderen zu entfernen. Journalistischer Eifer war eine Sache, Leichtsinn eine vollkommen andere. Immer noch steckte die Pistole, die ihm der Großwildjäger gegeben hatte in seinem Hosenbund. Doch würde dieses kleine Ding wirklich gegen einen dieser Giganten ausreichen. Er bezweifelte es. Seine Intention war es gewesen, einen Artikel zu schreiben mit dem er ohne jede Frage den Pulitzerpreis ergattert hätte. Sich ein großes Ziel zu setzen war nicht schlecht, doch wenn er nicht wieder aus diesem Dschungel herausfinden sollte, würden seine Bemühungen vergebens sein. Die Anstrengung nagte an ihm und der Wunsch nicht an dieser Expedition teilgenommen zu haben immer stärker. Hätte er in diesem großen Saal nur nicht seine Hand gehoben, alles wäre anders verlaufen. Doch wenn nicht er, dann hätte jemand anderes seinen Platz eingenommen. Vermutlich. Möglicherweise. Nein, eher nicht. Er war einer der wenigen gewesen, der den Erzählungen des Professors Gehör geschenkt und sich überzeugen ließ. Es war eine Chance gewesen, die der Journalist ergriffen hatte, es wäre eine Schmach seine Entscheidung jetzt noch zu verfluchen. Besonders jetzt, da es ihm gelungen war einen Beweis für seinen Artikel zu erbringen. Auf diesem Plateau lebten wahrhaft echte Dinosaurier, eine Entdeckung die der Menschheit nicht vorenthalten werden durfte. Sonnenschein! Endlich erstreckten sich nicht mehr endlich viele Bäume und Sträucher vor ihm, sondern ein Ausgang tat sich verlockend nahe auf. Der Journalist hastete nach vorne und ignorierte sogar den Krach denn er dadurch verursachte. Wenn er erst einmal auf der Licht angekommen war, wäre es ein Leichtes die verbleibenden Expeditionsmitglieder auf sich aufmerksam zu machen. Ein Lagerfeuer würde ausreichen um auf seine Position schließen zu lassen. Der Journalist ließ die letzten Bäume hinter sich und stürzte auf die Lichtung. Kurz darauf ein leichtes Beben, der Grund unter dem Mann ruckelte leicht. Es handelte sich jedoch um keinen Erdrutsch oder gar ein leichtes Erdbeben. Nein, die Quelle war jemand, der etwa in der Mitte der Lichtung gelegen hatte und sich nun erhob. Nein, das war bestimmt keiner von seinen Freunden, im Gegenteil. Der große Dinosaurier stemmte sich auf seine Beine und preschte in die Höhe. Das sicher 5 Meter große Ungetüm ließ keinen Zweifel offen, dass es sich bei ihm um einen Fleischfresser handelte. Der Journalist besaß nicht dieselben paläontologischen Fähigkeiten wie der Professor, aber genug Grips um an den Zähnen des Sauriers zu erkennen, dass er für ihn leichte Beute war. Ein ohrenbetäubendes Brüllen folgte und der Journalist bekam es mit der Angst zu tun. Schnell legte er den Rückwärtsgang ein und rannte um sein Leben. Er musste zurück in den Wald, den verschachtelten Bäumen, die ihm möglicherweise Schutz boten. Ohne sich noch einmal umzusehen lief er los und hatte bald die ersten Bäume erreicht. Er spürte das Beben unter seinen Füßen, wagte es aber nicht zu überprüfen, wie weit der Saurier schon gekommen war. Endlich war er wieder im Wald, doch den Saurier schien dies nicht abzuhalten. Die ersten dünnen Bäume, knickten wie Streichhölzer um und der Journalist war vor einer Felswand angekommen. Er saß in der Falle und würde vermutlich seinem Schöpfer entgegenblicken. Plötzlich gab er Boden unter ihm nach und etwas ergriff seinen Schenkel. Der Journalist sah an sich herab und erkannte… eine Hand? „Los! Beeilen Sie sich!“, befahl eine Stimme herrisch und zog den Mann weiter nach unten. Erst jetzt bemerkte dieser den Abgang im Stein, der lediglich von Ästen und Zweigen verdeckt gewesen war. Der Saurier war nur noch wenige Meter von ihm entfernt, jetzt zu zögern hätte sein Ende bedeutet. Er verlagerte sein Gewicht auf seine Beine und rutschte nach unten. Die Zweige knacksten und der Journalist landete auf einem steinigen Untergrund. Einige Person schob sich vor ihn und legte ihm eine Hand auf den Mund. „Leise!“, schärfte sie ihm ein und der Mann wagte es nicht zu widersprechen. Die beiden verharrten einige Minuten, bis es der Saurier aufgegeben hatte und sein kräftiges Stampfen sich immer mehr entfernte. „Gut, ich denke wir sind in Sicherheit.“, erlaubte es sich der Retter zu sagen. Als er die Hand vom Mund des Journalisten nahm, atmete dieser erleichtert aus. „Gott sei Dank! Ich wäre beinahe von diesem Tyrannosaurus gefressen worden.“, stieß er hervor. Sein Retter verengte seine Augen und schüttelte den Kopf. „Netter Ansatz, aber nein. Zwar befindet er sich in der Familie der Tyrannosauriden, aber der Name Ihres Verfolgers lautet Tarbosaurus. Er ist größer als ein T-Rex und besitzt um einiges mehr Zähne. Ich beobachte ihn bereits seit einigen Tagen, seit ich sein Territorium betreten habe.“, informierte ihn der Retter. Dieser trug einen Vollbart und zerrissene Kleidung. Noch dazu sonderte einen strengen Geruch ab, ein Badezimmer schien er bereits lange nicht mehr gesehen zu haben. Der Journalist sah sich um. In dem Tunnel in dem sie sich befanden und der scheinbar unterhalb des Felsens entlang lief, erkannte er nicht nur eine Schlafstelle, sondern auch einen Krug Wasser und die Reste eines toten Tieres, das einer Ratte glich. „Wohnen Sie hier?“, wagte er es kaum zu fragen. Sein Retter musste schmunzeln. „Für diese Woche ja. Ich plante ursprünglich ein nettes Hotelzimmer zu buchen, aber das hat nicht ganz geklappt. Dafür bin ich umso überraschter einen anderen Menschen hier anzutreffen. Wie lautet Ihr Name?“, hakte er nach. Der Journalist schluckte und überlegte ob der seinem Gegenüber vertrauen konnte. Andererseits, was sprach dagegen? Dieser hatte ihm das Leben gerettet, obwohl er dies nicht musste. „Mein lautet Edward, aber alle nennen mich eigentlich nur Ned.“, verriet er dann. Sein Retter reichte ihm die Hand und Ned nahm sie entgegen. „Und wem habe ich meine Rettung zu verdanken?“, nahm der Journalist diese gerne entgegen. „Cross. Evan Cross. Nennen Sie mich einfach Evan.“ Cross-Photonics Es hatte zwei Stunden gedauert, bis sich die Anomalie aus eigener Kraft wieder geschlossen hatte. Mac wusste nicht wie, aber irgendwie war es ihm gelungen Besitzern, sowie Kunden der umliegenden Geschäfte etwas von einem entlaufenen Komodowaran zu erzählen. Einige würden die Geschichte vermutlich glauben, doch dagegen konnte er nichts tun. Seit vor einem Jahr ein Carnotaurus sowie ein Ceratosaurus in Vancouver und Toronto Amok gelaufen waren, war das Internet ohnehin mit Verschwörungstheorien gefüllt. Die kanadische Regierung züchtete Dinosaurier um sie als Waffe gegen andere Länder einzusetzen. Das war natürlich Schwachsinn und genau deshalb war noch keine Panik unter der Bevölkerung ausgebrochen. Würde diese von den Portalen in andere Zeiten erfahren und das jederzeit blutrünstige Dinosaurier in ihrem Wohnzimmer, ihrer Küche oder sogar in ihrem Bett auftauchen konnten, würden Randale und Angst die Folge sein. Und das betraf nicht nur Kanada. Auch in anderen Ländern wurden Kreaturen gesichtet und konnten nur mühsam von den Regierungen eingefangen oder zurückgeschickt werden. So wie letztes Jahr, als das ARC-Team einen Albertosaurus von den Straßen Londons vertreiben musste. Mac selbst war zu dieser Zeit in Vancouver, anders als in der vorherigen Zeitlinie. In dieser hätte er von dem Ungetüm getötet werden sollen, was jedoch von Evan Cross verhindert wurde. Ja… Evan Cross. Jener Mann, dessen Job Mac nun innehatte. Es war eine schwere Übernahme gewesen, sowie eine schwere Aufgabe. Das Erbe, das Evan hinterlassen hatte war alles andere als einfach zu meistern. Genauso wie sein Team. Ein Ex-Soldat der aus dem Militär ausgetreten war, weil er die Kommando-Struktur satt gehabt hatte, ein Kryptozoologe, der jede Kreatur die durch eine Anomalie sprang als aufregend und bemerkenswert empfand und eine Draufgängerin, die sich zwar mit wilden Tieren auskannte, aber scheinbar glaubte nach Evans Tod dessen Philosophie übernehmen zu müssen. Im selben Moment erinnerte sich Mac an seinen alten Job. Einen jungen Forscher, der selten das Wort Risiko kannte und nur Witze reißen konnte, ein Mann aus einer alternativen, zukünftigen Welt, die von Monsterfledermäusen bevölkert war und einem militärischen Leiter, der eher wie Barbies Geliebter aussah als wie eine Respektsperson. Aufgrund seiner Position wäre es Mac ein leichtes gewesen eine oder mehrere Mitglieder des Teams auszutauschen. Warum hielt er sich zurück? Aus Respekt gegenüber Evan? Dieser hatte genau für dieses Team sein Leben gegeben. Er hatte an Dylan Weir, Luke Hingle und Leo Donovan geglaubt, egal wie bunt dieser Haufen auch war. Mac war bereits seit einem Jahr Teamleiter und kein Einsatz war ohne Schwierigkeiten verlaufen. Dennoch wollte er mit dieser Konstellation fortfahren, was sie ihm auch bringen mochte. Natürlich hatte einer der Betreiber die Polizei gerufen, doch Dank ihrer Verbindungen zum Militär konnte diese schnell abgewimmelt werden. Es war nicht wie zu Hause, als Mac und sein Team offiziell für die Regierung arbeiteten, aber Hauptsache irgendjemand ging gegen die Anomalien vor. Mac sah sich in dem Büro um, das noch vor einem Jahr Evan Cross gehört hatte. Er hatte kaum etwas verändert und wusste nicht, ob ihm das überhaupt zustand. Ein Klopfen unterbrach Macs Gedankendank rüde und er blickte in Richtung Tür. Eine blonde Frau trat herein und schenkte ihm ihr Lächeln. „Tut mir leid Sie zu stören, aber Mister Kanan fragt wann Sie denn Zeit für die Nachbesprechung hätten.“, informierte ihn Samantha Sedaris, die ihm zugeteilt wurde. Mac Rendell war nie ein großer Schreibtischhengst gewesen und war froh über die Unterstützung, die ihm gewehrt wurde. Lautstark räusperte er sich und rang nach einer Antwort. „Sagen Sie… sagen Sie ihm doch bitte, dass ich gleich noch einen wichtigen Termin habe und es heute nichts mehr wird.“, bat er charmant, doch Sam stutzte. Einen Moment kramte sie in ihrem Gedächtnis, ob sie diesen wichtigen Termin wohl vergessen hatte, kam aber zu gegenteiligem Schluss. Dann wurde ihr endlich klar, dass Mac sie gebeten hatte, Harold abzuwimmeln. Es war nicht etwa so, dass der Captain den Millionär nicht mochte, aber manchmal empfand er dessen bürokratisches Verhalten einfach nur als lästig. Wenn sie genau darüber nachdachte, hatte es Evan Cross damals nicht anders gehandhabt. Zumindest als er noch gelebt hatte. Sie versprach es Harold auszurichten und wollte das Büro bereits wieder verlassen, doch Mac hatte noch eine Frage. „Ist Dylan Weir eigentlich noch im Gebäude?“, hakte er nach. Sam überlegte kurz und nickte dann. „Ja, sie hat sich mit Toby unterhalten und ist dann in Richtung Tiefgarage gegangen.“, berichtete sie. Mac sprang nun auf und schenkte Sam ein dankbares Lächeln. „Manchmal wäre ich ohne Sie wirklich verloren.“, gestand er und Sam sah beschämt zur Seite. Dann eilte er an ihr vorbei, aus dem Büro und die Treppe hinunter. Er überlegte kurz ob er den Fahrstuhl oder die Treppe benutzen sollte, entschied sich für letzteres. Mac war durchaus sportlich und betrieb unter anderem Lauftraining. Und das nicht nur, wenn er wieder einmal von Sauriern gejagt wurde. Er hastete die Treppe nach oben und stieß die Tür zur Tiefgarage auf. Er kannte das Modell das Dylan fuhr, einen blauen Primus. Er sah sich nach allen Seiten um und erkannte das Mitglied seines Teams, wie es gerade fluchend versuchte mittels Wagenöffners die Türen zu entriegeln. „Dylan!“, machte Mac auf sich aufmerksam und hastete zu der jungen Frau. Diese blickte ihn überrascht an. „Hey, hast du etwas vergessen?“, erkundigte sich, erkannte aber kurz darauf etwas Zögerlich im Gesicht ihres Teamleiters. „Du… ich meine, wie geht es Luke?“, hakte er nach. Dylan rang sich ein Lächeln ab, scheinbar bestand keine Gefahr. „Doktor Fridkin hat ihn untersucht, aber bis auf eine gebrochene Rippe ist alles in Ordnung. Er ist nach Hause gefahren um sich etwas auszuruhen, aber er ist bald wieder auf dem Damm. Es hätte schlimmer ausgehen können.“, meinte sie. Macs Blick wurde ernst. „Ja, das hätte es. Du bist zu leichtsinnig vorgegangen. Selbst wenn der Dryptosaurus zurück durch die Anomalie gegangen wäre, das Protokoll sieht vor, dass wir auf Donovan und das Verschließgerät hätten warten müssen. Einer Anomalie den Rücken zuzuwenden wäre vielleicht einem Anfänger passiert, aber nicht jemandem der bereits seit Anfang an dabei ist! Evan Cross muss sich doch etwas dabei gedacht haben dich ins Team aufzunehmen.“, brachte er nun seine Meinung dar. Ein Funkeln in Dylans Augen und ein Anflug von Wut. „Sag mir nicht was Evan gewollt hätte! Evan ist tot und das nur, weil er uns retten wollte. Denkst du er hat lange nachgedacht, bevor er in den Tod gesprungen ist um diesen Wahnsinnigen aufzuhalten?“, blaffte sie ihrem Teamleiter an. Mac schlug sauer seine Hand gegen den Lack des Primus, egal ob dieser einen Schaden davontrug oder nicht. „Und jetzt willst du ihm nacheifern? Was soll uns das bringen wenn wir noch jemanden aus dem Team verlieren? Evan hat nicht Indianer Jones oder James Bond gespielt als er diese Entscheidung für sich getroffen hat. Hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, hätte er diese gewählt. Er liebte das Leben das er führte und hätte sich nicht unnötig geopfert.“ Dylan schluckte schwer. „Hör auf damit. Du kanntest Evan nicht. Der andere Mac kannte ihn, aber du nicht. Und du bist auch nicht wie er, denn unser Mac hätte sich in Gefahr begeben, auch wenn die Situation manchmal brenzlig erscheint.“ Dann zuckte sie kurz zusammen. War es in Ordnung Mac das direkt ins Gesicht zu sagen? Nicht nur, dass dieser ihr Vorgesetzter war, sie tat ihm vermutlich Unrecht. Der Mac Rendell den sie gekannt hatte, existierte nicht mehr. Vor ihr stand der neue Mac. Captain Mac Rendell, ein Offizier des Anomaly Research Centers. Die Stirn des Soldaten zog sich nun in Falten. „Ist es das? Kannst du mich nicht akzeptieren, weil der Mac den du kanntest und mochtest ausgelöscht wurde? Tja, tut mir Leid, aber das kann ich nun mal nicht ändern. Und eigentlich will ich es gar nicht, denn ich liebe es, Ich zu sein. Mein anderes Ich hat sich entschieden diesen Weg zu gehen, genauso wie Evan Cross. Oder… liegt deine Wut darin, dass ich es nicht war der gegangen ist? Dass es ausgerechnet Evan sein musste der sich für die Welt opfert und nicht eine Person, die du nicht einmal kennst?“, konfrontierte er die Frau. Dylan gelang es nicht dem Captain in die Augen zu sehen. „Du… bist schon einmal durch eine Anomalie gegangen und hast Evan gerettet.“, erinnerte sie. Mac besaß keinerlei Erinnerungen daran, aber die Erzählungen seines… oder besser gesagt seiner alternativen Ichs stimmten mit ihm überein. „Ich hätte es getan, glaub mir! Wenn ich nicht verletzt gewesen wäre, wäre ich gegangen und hätte es zu Ende gebracht. Aber das konnte ich nun mal nicht und Evan und ich haben unsere Plätze getauscht. Ich führe jetzt dieses Team an und du wirst das akzeptieren müssen. Und wenn nicht… solltest du darüber nachdenken es zu verlassen.“ Dylan konnte nicht glauben was sie soeben gehört hatte. Das Team verlassen? Das Team wofür Evan sein Leben geopfert hatte? Was genau erlaubte sich Mac überhaupt? Es waren immer sie, Evan, Toby und Luke gewesen. Doch Evan war fort, wie einst der ursprüngliche Mac. Alles war anders, alles hatte sich verändert. Sie wusste nicht wie Mac im ARC gearbeitet hatte, aber so ließ sie nicht mit sich umspringen. Dennoch unterdrückte sie die Wut und beherrschte sich. „Wie Sie wünschen, Sir.“, spielte sie auf Macs militärischen Rang an und öffnete die Wagentür dann händisch. Sie stieg ein und startete das Fahrzeug. Wenig später sah Mac zu wie sie die Tiefgarage verließ. Dennoch nagte es an ihm. Dylan hatte in einigen Punkten recht gehabt. Er war nicht der Mac Rendell den sie gekannt hatte. Aber wer… war er dann? Kreidezeit – 72 Millionen Jahre zuvor Die beiden Männer warteten ab bis nur noch der Wind zu hören war. Selbst das leise Rieseln von Kieselsteinen hätte die Anwesenheit eines Jägers verraten. Einige Minuten später atmete Evan erleichtert auf und kroch zu seinem Schlafplatz. „Haben Sie Hunger?“, fragte er Ned und hob eine Schale mit den Überresten der rattenartigen Kreatur. Dem Journalisten kam es beinahe hoch, doch er behielt seine Freundlichkeit bei. „Danke, nein. Wir haben einige Konservendosen dabei, die reichen mir.“, verriet er. Evan stand nun auf, auch wenn das in diesem niedrigen Tunnel schwierig war. „Wie viele sind Sie? Und wie genau kommen Sie hier her?“, stellte er nun die entscheidende Frage. Immerhin kam es nicht jeden Tag vor, dass man in der Kreidezeit andere Menschen antraf. Auch Ned erhob sich und blickte sich um. „Ich bin Teil einer Expetition, meine Aufgabe ist es über dieses Plateau hier zu schreiben. Zumindest… hatte ich das vor. Wenn Sie mir helfen könnten zu meinem Lager zurückzukommen, könnten wir alles detailliert besprechen.“, schlug er vor. Evan dachte kurz über die Option nach. „Einverstanden. Sich mit anderen Menschen zusammenzutun klingt nach keiner schlechten Idee. Wissen Sie wo Ihr Lager in etwa liegt?“, wollte er wissen. Ned rieb sich am Hinterkopf und versuchte sich zu erinnern. „Wir… wurden von Vögeln mit scharfen Mäulern belagert. Ich floh und ließ die anderen hinter mir. Ich glaube… ich bin Richtung Norden gelaufen, in dieses Waldstück. Ich wollte auf eine Lichtung um dort ein Feuer zu entfachen, doch dann lauerte dort dieser Tyrann… dieser Tarbosaurus.“, erzählte er. Evan schnalzte gekonnt mit der Zunge. „Selbst ohne Tarbosaurus, hätte ein Feuer nur Raubtiere angelockt und Ihr letztes Stündlein hätte geschlagen.“, musste er ihm sagen. Ned fluchte. „Ich bin wohl einfach nicht für das Leben unter Sauriern geschaffen. Ich bin zwar schon seit zwei Wochen hier, aber dieser Ort erscheint mir mit jedem Tag fremdartiger. Wie lange sind Sie schon hier?“, wollte er von seinem Retter erfahren. „1 Jahr.“, antwortete dieser kurz und knapp. Das verschlug Ned dann doch die Sprache. Aufgrund seiner Kleidung und seines Geruchs hatte er bereits spekuliert, dass Evans Aufenthalt hier länger angedauert haben musste, aber ein ganzes Jahr? Wie war es ihm gelungen solange zu überleben? „Kommen Sie. Nach Norden kommen wir, wenn wir diesem Tunnel folgen.“, informierte ihn sein Retter und Ned verstand. Evan hatte sich inzwischen eine Fackel angezündet und leuchtete in den dunklen Gang vor sich. „In etwa 200 Meter Entfernung kommen wir wieder an die Oberfläche. Erschrecken Sie sich nicht vor den großen Tausendfüsslern und bleiben Sie dicht hinter mir.“, trug er dem Journalisten auf. Ned ließ sich das nicht zweimal sagen und folgte dem Experten auf Schritt und Tritt. Er wagte es nicht einmal sich an der Felswand abzustützen, aus Angst ein Insekt könnte ihn stechen. Er hatte bereits von tropischen Bakterien und Fieber gehört, wie würden dann wohl erst die Verhältnisse in der Urzeit sein? Obwohl sie sich unter der Erde befanden, war es weder kühl noch tropfte es von den Wänden. Es war regelrecht warm, wenn auch nicht so stark wie draußen. Nach 10 Minuten hatten sie einen Spalt erreicht und Evan löschte die Fackel. Er kletterte einen Meter nach oben und stieß seine Finger in das feuchte Moos. Er rappelte sich auf und ging in die Knie, um Ned so eine Hand zu reichen und ihn ebenfalls nach oben zu ziehen. Keuchend stützte sich der Journalist ab und kroch hinauf um sich wenig später vom Tageslicht berieseln zu lassen. Auch Evan rieb sich den Schweiß von der Stirn und drehte sich um. Hätte er es lieber nicht getan. Kaum blickte er nach vorne, schon erklang das Geräusch von entsicherten Waffen. Zwei Männer mit Gewehren sprangen zwischen den Bäumen hervor und näherten sich ihm und Ned. Ein etwas älterer und ein etwas jüngerer, beide trugen Hüte und graue Kleidung. Im ersten Moment erinnerten sie Evan an Indianer Jones oder andere Schatzsucher aus zahlreichen Geschichten. Der ältere Mann postierte sich nun direkt vor ihm und hielt ihm das Gewehr vors Gesicht. Er trug einen Bart und wirkte nicht, als ob er große Späße verstehen würde. Schnell eilte Ned hervor und stellte sich schützend vor Evan. „Nein! Es ist alles in Ordnung, er stellt keine Gefahr dar! Er hat mir sogar das Leben gerettet als mich eines dieser Monster verfolgt hat.“, versicherte er. Die beiden Männer, scheinbar Mitglieder seiner Expedition musterten Evan zögernd und senkten dann ihre Waffen. „Sie haben uns einen Schrecken eingejagt, Ned.“, erlaubte es sich der Jüngere der beiden zu sagen, schien aber froh darüber zu sein, dass sein Freund heil auf war. Der Journalist wollte etwas erwidern, doch seine Kameraden sicherten erst die Umgebung ab um sicher zu sein, keinen unerwünschten Besuch zu empfangen. „Mein Name lautet Evan Cross und ich bin wirklich froh andere Menschen zu treffen. Beinahe hätte ich mir schon einen Volleyball gebastelt, ein Gesicht darauf gemalt und angefangen Gespräche mit ihm zu führen.“ Doch scheinbar hatte keiner der drei Männer den Scherz verstanden. „Wie dem auch sei, ich danke Ihnen, dass Sie unserem fleißigen Schreiber von der Daily-Garzette das Leben gerettet haben.“, reichte ihm der scheinbare Anführer nun die Hand. Evan nahm sie entgegen und bemerkte bei ihm, wie bereits schon bei Ned einen britischen Akzent. Daily-Garzette? Diese Zeitung kannte er nicht, aber es passte zu Neds Aussage, dass dieser über diesen Ort hier schreiben wollte. „Gibt es noch andere Menschen hier?“, hakte Evan nach, doch sein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Leider nein. Unser Expeditionsteam bestand nur aus vier Leuten. Seit wir es auf dieses Plateau geschafft haben, haben wir bereits ein Mitglied verloren. Meinen werten und geschätzten Kollegen, Professor Summerlee.“, begann er zu erzählen. Evans Stirn zog sich in Falten und verdutzt blickte er von einem der Männer zum anderen. Der Mann mit dem Bart wies zuerst auf Ned. „Zum Glück haben wir nicht noch jemanden verloren. Mister Melone haben Sie ja bereits kennen gelernt. Er schreibt für die Daily-Garzette über diesen mythischen Ort hier.“, stellte er den Journalisten ordnungsgemäß vor und verwies dann auf den jüngeren Mann, welcher augenblicklich demonstrativ an seinem Hut zog. „Und der tapfere Mann dort drüben ist der Finanzier unserer Expedition. Er hat bereits Erfahrung mit dem Dschungel Südamerikas, aber das hier ist selbst für ihn neu. Darf ich Ihnen Lord John Roxton vorstellen?“ Evan überlegte einen Moment. Wollten ihn diese Männer auf den Arm nehmen? Auf ihn wirkte es zumindest so. „Ja, sehr witzig. Wer sind Sie wirklich?“, fragte er fordernd, denn für Scherze war er trotz langer Isolation nicht aufgelegt. Der bärtige Mann betrachtete ihn perplex. Scheinbar wusste er nicht, was Evan meinte. „Ach kommen Sie! Als nächstes wollen Sie mir noch glaubhaft machen, dass Sie Professor George Challenger sind, was?“, fragte er provokativ. Damit schien er das Expeditionsteam aber wieder in eine vorsichtige Haltung bugsiert zu haben. „Woher kennen Sie meinen Namen, junger Mann?“, fragte der Bärtige, dessen Namen scheinbar wirklich Challenger war nach. „Für einen Rettungstrupp wäre es zu früh. Seiner Kleidung nach zu schließen, befindet er sich schon wirklich länger hier.“, trug Roxton seinen Teil dazu bei. Er war schon wieder dabei sein Gewehr zu heben, da spielte Evan die Situation herab. Anhand der Kleidung und der Ausdrucksweise waren diese drei Männer wirklich dem Beginn des 20ten Jahrhunderts zuzuweisen. Aber wie war das möglich? Die Verlorene Welt war lediglich ein Roman gewesen, oder? „Warten Sie! Ich… ich habe von Ihnen gelesen. Von Ihren Abenteuern auf diesem Plateau.“, sagte er schnell. Die Männer tauschten untereinander Blicke aus, Skepsis war ihnen anzusehen. „Wovon reden Sie da, junger Mann? Niemand hat uns in London geglaubt und es war uns noch nicht einmal möglich eine Nachricht nach draußen zu senden.“, entgegnete Challenger. Evan dachte nun angestrengt nach und versuchte ruhig zu bleiben. „Wie genau kamen Sie hier her?“, fragte er als nächstes. Challenger wollte etwas erwidern, doch Ned Melone übernahm für ihn. „Der Professor ging Sichtungen im Dschungel Südamerikas nach. Dinosaurier-artige Wesen sollen gesehen worden sein, weshalb er diese Expetition ins Leben rief. Wir verfolgten tatsächlich eine dieser Kreaturen in eine weite Höhle und kamen hier an.“, berichtete er. Evan nickte, so hatte es sich auch im Roman zugetragen. „Haben Sie… zufällig ein weißes Licht durchquert? Fliegende Fragmente die wie Bruchstücke eines Spiegels aussahen?“, stellte er die nächste Frage. Diesmal war es Roxton, der antwortete. „Sie haben Recht, so ein Licht gab es tatsächlich. Was hat es damit auf sich?“ Evan senkte sein Kinn und setzte zur Erklärung an. „Sie denken vermutlich das hier ist ein abgegrenztes Plateau, doch dem ist nicht so. Dieses Licht das Sie gesehen haben, war eine Art Tor. Ein Portal in die Vergangenheit. Sie haben es durchschritten und sind hier gelandet.“ Er ließ seine Worte auf die Gruppe einwirken, denn er wusste, wie unglaubwürdig diese Geschichte klang. Challenger räusperte sich. „Ich bin Paläontologe und kein Physiker. Aber dennoch wäre es eine Erklärung für die Ereignisse die wir hier vorgefunden haben. Näher betrachtet ist es sogar unmöglich, dass diese Lebewesen solange überlebt haben. Wir… befinden uns wirklich in der Vergangenheit?“, schien der Professor diesen Gedanken überwältigend zu finden. „Woher wissen Sir von unserer Expetition?“, hakte Lord Roxton nach. Evan überlegte kurz, er konnte den Herren kaum glaubhaft machen, dass es sich bei ihnen lediglich um Romanfiguren handelte. Schließlich war dem offenbar ja nicht so. „Ich… ich heiße Evan Cross und stamme aus dem 21ten Jahrhundert. Ich bin durch ein anderes Portal gegangen und ebenfalls hier gelandet. Nun stecke ich bereits seit einem Jahr hier fest.“, erzählte er. „Zeitreisen… das ist wirklich unglaublich.“, kam es von Melone. „Wenn Sie von uns gelesen haben, dann war unsere Expedition also ein voller Erfolg?“, fragte der Professor interessiert. Evan nickte schwach, was sollte er sonst darauf erwidern? „Aber hören Sie! Dieses Portal schließ sich irgendwann von alleine, deshalb müssen wir zurück bevor wir hier für immer festsitzen!“, versuchte er den Männern klar zu machen. Zwar führte die Anomalie nicht nach Hause, aber im Jahr 1912 festzustecken war immer noch ein angenehmerer Gedanke als seine Tage in der Kreidezeit zu fristen. „Ich kenne den Weg zurück. Wenn Sie recht haben müssen wir uns in der Tat beeilen.“, kam es von Roxton, der Evan zum Glück bedingungslos glaubte. Der Gestrandete nickte und schlug vor, sich Abmarschbereich zu machen. Doch Ned Melone mischte sich nun ein. „Ihre Erzählung stimmt nicht ganz. Als wir die Höhle betraten war da tatsächlich ein Licht, aber als wir auf der anderen Seite herauskamen…“, begann er und Evan sah ihn interessiert an. „Ja? Was war da?“, hakte er nach. Melone dachte kurz nach, scheinbar wusste er nicht, wie er das Gesehene beschreiben sollte. „Da war nicht nur ein Licht! Da waren… ein Dutzend dieser durch die Zeit führenden Portale!“ Vancouver – Kurton-Street Luke musste zugeben, dass seine Brust immer noch schmerzte, egal wie taff er reagiert hatte. Im Beisein von Doktor Fridkin hatte er sich sogar demonstrativ darauf geklopft und es augenblicklich bereut. Die Ärztin hatte ihn daraufhin zur Sicherheit zwei Tage krankgeschrieben, was im Grunde ironisch war, schließlich übte Luke keinen normalen Job aus. Wenn man sich mit Dinosauriern anlegte sollte man durchaus darauf vorbereitet sein, dass schon mal die ein oder andere Rippe einen Knacks bekam. Er hatte sich furchtbar erschrocken, als der Dryptosaurus plötzlich wie aus dem Nichts erschienen war und auf die ahnungslose Dylan zugestürmt war. Er hatte sofort reagiert und sie zur Seite gestoßen, nur um wenig später selbst die Wut des Tieres abzubekommen. Er wusste, dass es auch anders hätte laufen können. Der Drytposaurus hätte genauso gut seine Zähne in den Studenten rammen können, dann wäre er vermutlich wesentlich schwerer verletzt worden. Nein, er durfte sich nichts vormachen. Er wäre jetzt tot. Dennoch hätte er trotzdem genau so gehandelt, wenn es darum ging, Dylan zu beschützen. Evans Tod hatte sie lange mitgenommen. Sie hatte den smarten Anführer wesentlich länger gekannt und stand ihm näher als Luke. Dieser hatte zwar zu diesem aufgesehen, seinen Tod aber irgendwie verwunden. Und Dylan? Bei ihr schien es anders zu sein, denn sie hatte sich in der Zwischenzeit verändert. Obwohl Mac Rendell den Posten des Teamleiters übernommen hatte, verhielt sich Dylan wie ihr Freund. Sie schlug jegliche Vorsicht in den Wind und begegnete jeder Mission mit Enthusiasmus. Erst hatte er diese Seite an ihr aufregend gefunden, doch dann häuften sich die Situationen wie heute. Luke erschreckte der Gedanke, Dylan könnte etwas zugestoßen oder gar so enden wie Evan. Nein, ihren Verlust würde der Zoologe wesentlich schwieriger verkraften, wenn überhaupt. Er hatte sich gerade Kaffee zubereitet als es an der Tür klopfte. Er seufzte in Anbetracht, dass er seine Verletzung doch nicht problemlos auskurieren konnte. Er stellte die Tasse hin und schlenderte zur Tür. Nach einem kurzen Blick durch den Türspion, fuhr er sich schnell durch die Haare um lässiger zu erscheinen. Dann zog er sie mit einem Ruck auf und schenkte Dylan sein sanftestes Lächeln. „Hey, ich wollte dich nicht stören. Besonders jetzt, wo du eigentlich Ruhe brauchst.“, meinte sie, doch Luke tat eine abfällige Handbewegung. „Ach Unsinn, so schlimm ist es wirklich nicht. Ich bin hart im nehmen.“, versicherte er und bat die junge Frau in seine Wohnung. Als Dylan eintrat wirkte sie etwas aufgewühlt. „Warte, ich habe gerade Kaffee zubereitet!“, fiel es Luke wieder ein und er wollte in Richtung Küche laufen. Doch Dylan ergriff nun seinen rechten Arm und zog ihn zurück. Schwermut war in ihrem Gesicht zu erkennen. „Das heute… war meine Schuld. Ich habe mich sogar mit Mac deswegen gestritten und er hatte völlig recht. Ich war zu leichtsinnig und habe zugelassen, dass wir die Kontrolle verloren haben. Und genau sowas darf uns bei unserer Arbeit nicht passieren. Das war mir schon bei meinem letzten Job klar, aber dort habe ich keine Freunde verloren, verstehst du?“, murmelte sie schuldbewusst. Luke betrachtete sie einen Augenblick lang. Er hasste es, es zuzugeben, aber die Traurigkeit in Dylans Augen schmälerte ihre Schönheit keineswegs. „Und wenn mir… heute etwas passiert wäre?“, wagte er es zu fragen. Dylans Hände legten sich nun auf Lukes Bauch und sie drückte ihn sanft gegen die Wand zur Küche. „Ich verspreche, dass ich in Zukunft besser aufpassen werde. Gibt es… eine Möglichkeit, wie ich das heute wieder gut machen könnte?“, fuhren ihre Handflächen äußerst zart zu seiner lädierten Brust hinauf. „Naja, du…“, begann Luke, doch er konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen. Dylans Gesicht war nun nah bei seinem und bevor der Student seine Lippen wieder schließen konnte, hatte Dylan ihre bereits auf die Seinen gepresst. Beide schlossen ihre Augen ganz automatisch und begannen ihr Lippenspiel fortzuführen. Luke spürte, wie Dylans Zunge über die seine strich und das Gefühl war einfach überwältigend. Immer fordernder wurden ihre Küsse und Luke hatte seine schmerzende Brust schon längst vergessen. Er ergriff Dylans Hüften und zog sie zu sich. Doch es war sie, die mit der Zeit immer heftiger küsste und ihre Hände über seinen Hals strich. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete Luke wieder seine Augen und merkte, dass Dylan es ihm gleich getan hatte. Ihre Lippen lösten sich voneinander und Lukes Atem wurde flacher. „Weißt du… dass du genauso wild bist wie beim Saurier jagen, wenn wir uns küssen?“, hakte er nach. Dylan verdrehte die Augen. „Ach komm. Daran müsstest du dich doch inzwischen gewöhnt haben.“, raunte sie ihm zu. Luke hob eine Augenbraue. „An das Saurier jagen oder das küssen?“, schien er sich nicht sicher zu sein, worauf seine Freundin hinauswollte. „Vielleicht beides? Also wie sieht es aus? Verzeihst du mir wegen heute?“, fragte sie betend und Luke schluckte. „Meinst du das ernst? Ich würde dir sogar vergeben, wenn all meine Rippen gebrochen wären.“, scherzte er, doch Dylan schien das als Aufforderung zu verstehen. Langsam strich sie mit ihrer Fingerspitze Lukes Hals entlang. „Aber diese eine dumme Rippe… hindert dich doch hoffentlich nicht daran, dass wir etwas Stress nach der Arbeit abbauen, oder?“, fragte sie gespielt. Lukes Augen weiteten sich und leicht schüttelte er den Kopf. „Wie gesagt, ich bin hart im nehmen. Meine Rippen sind zwar nicht so stabil wie die von Dinosauriern, aber ich komme zurecht. Auf der anderen Seite waren die Rippen für manche Saurierarten sogar eher hinderlich, weil sie zu sehr gebogen waren und bei einem Kampf leicht nach innen gedrückt werden konnten. Das führte dazu, dass…“ „Luke?“, unterbrach ihn Dylan unsanft. „Ja?“ „Halt die Klappe.“ „OK.“ Dylan presste ihre Lippen erneut auf Lukes und zog ihn diesmal von der Wand weg. Beide verließen den Flur und Lukes Rücken stieß gegen die Schlafzimmertür, welche nach innen schwenkte. Ohne ihre Lippen voneinander zu treten, tasteten Dylans Hände unter Lukes T-Shirt und strichen über die Haut darunter. Luke ergriff es und zog es sich schnell über den Kopf. Er wollte Dylan helfen, doch diese verzichtete darauf. Ihre Jacke konnte sie leicht zu Boden werfen, ihr Hemd brauchte einige Sekunden. Luke wollte sie berühren, doch Dylan kam ihm zu vor. Sie stieß ihn zurück und der Student fiel auf sein Bett. Luke kam Dylan beinahe wie ein Raptor vor, sie stürmisch sprang sie auf ihn zu und landete über ihn. Ihre Lippen trafen sich erneut. „Vielleicht hätte ich dich doch einen Eins gegen Eins Kampf mit dem Dryptosaurier austragen lassen sollen.“, scherzte Luke, doch Dylan rächte sich für die Bemerkung indem sie begann an seinem Gürtel herumzuspielen. Schnell landete dessen Hose bei den anderen Kleidungsstücken und auch Dylans leistete ihnen kurz darauf Gesellschaft. Halbnackt lagen sie aufeinander – Dylan auf Luke – und Dylan begann die lädierte Stelle auf Lukes Oberkörper zu küssen. „Ja… du bist wirklich wild wie immer.“, konnte er es sich nicht verkneifen zu sagen. Dylan grinste ihn verschwörerisch an. „Dann… weißt du ja auch was als nächstes folgt.“ Kreidezeit – 72 Millionen Jahre zuvor Evan war froh, dass John Roxton genauso gute Reflexe besaß wie er selbst. Während er selbst den Journalisten Melone zu Boden gedrückt hatte, hatte der Lord dasselbe mit dem Professor getan. „Was sind das für Dinger?“, fragte der Journalist stockend. Evan erinnerte sich an seine Aussage, dass er vor Vögeln mit spitzen Zähnen geflüchtet war. Die Gruppe aus vier Männern hatte bereits eine ziemliche Strecke zurückgelegt, war nun aber in das Gebiet dieser vogelartigen Saurier geraten. Obwohl die Bäume sehr hoch waren, würde die Gruppe bestimmt bemerkt werden, wenn sie sich zu auffällig verhielt. „Archaeopteryx. Sie wurden das erste Mal 1861 wissenschaftlich erfasst. Es handelt sich um Omnivoren, das heißt sie fressen auch Pflanzen, doch wenn wir uns zu auffällig verhalten, könnten wir ihre Neugier erregen.“, flüsterte der Professor und brillierte mit seinem Fachwissen. Doch Evan kam etwas seltsam vor. „Professor, ich kann mich irren, aber existieren Archaeopteryx nicht eigentlich im Jura?“, schien er diese Tatsache äußerst seltsam zu finden. Challenger ging in sich und musste dem Überlebenskünstler zustimmen. „Ich muss Ihnen rechtgeben, das ist sehr seltsam. Die Wissenschaftler müssen sich geirrt haben.“, überlegte er laut. Evan schüttelte den Kopf, denn er hatte eine andere Theorie. „Nein, ich denke diese Archaeopteryx sind durch eine der Anomalien gekommen, richtig? Sie sagten aus, dass es mindestens ein Dutzend davon gegeben hat.“ Melone bestätigte es ein zweites Mal und auch Challenger und Roxton beschworen es. Evan hatte diese Tatsache mit äußerstem Interesse angenommen. Er war schon einmal einer Anomalien Kreuzung begegnet, jedoch mit fatalen Folgen. Nach der Verfolgungsjagd eines Brontoskorpios waren er und Dylan in der Kreidezeit gelandet und sahen sich einer Vielzahl von Zeitportalen gegenüber. Eine davon führte ins Silur, wiederum eine andere ins London des 21ten Jahrhunderts. Eine wieder eine andere… in Evans eigene Vergangenheit. Doch er verdrängte die schmerzhaften Erinnerungen für den Moment, anders hätte er die Reise nicht fortfahren können. Und vor allem hätte er nicht solange überlebt. Die Hoffnung aufzugeben hätte in dieser Welt bedeutet auch sein Leben aufzugeben. Es war bereits ein Weltwunder gewesen, das er die Annexions-Anomalie hatte stoppen können. Auch das Wiedersehen mit dem Saurophaganax war alles andere als erfreulich verlaufen. Ohne Donovans Clock wäre er gefressen worden. Zum Glück waren nicht noch mehr dieser Bestien in der Nähe gewesen, doch die massive Kraft des Fleischfressers hatte ausgereicht um den Opener zu zerstören. Evan war es somit unmöglich gewesen eine Anomalie zurück nach Hause zu schaffen. Seine einzige Chance war es, eine selbstständige zu finden und zu hoffen, dass sie zumindest in von Menschen besiedeltes Gebiet führte. Er hatte sogar versucht sich ein Ortungsgerät zu bauen, dass auf die Frequenzen reagierte, doch er hatte kein verwertbares Material gefunden. Wenn er wieder zu Hause war, müsste er sich von Harold Kanan bestimmt anhören, dass es dieser mit Leichtigkeit geschafft hätte. Falls er nach Hause kam. Die Gruppe war froh, die Raubvögel endlich hinter sich gelassen zu haben. „Die Höhle war hier ganz in der Nähe.“, glaubte sich Challenger richtig zu erinnern. Das würde auch die Anwesenheit der Archaeopteryx erklären. Bei einer Anomalien Kreuzung mit etwa einem Dutzend Stück davon, waren die Chancen recht hoch, dass es Evan zurück in seine Zeit schaffen konnten. Würden seine Freunde auf ihn warten? Oder hatten sie ihn am Ende bereits für tot erklärt? Wenn ja, konnte er es ihnen nicht verdenken. Die vier Männer hatten gerade eine große Lichtung erreicht als Challenger einen Kompass hervorholte. Ein triumphierendes Grinsen huschte über sein Gesicht und er zeigte Richtung Norden. „Da ist die Richtung“, verkündete er. Sie setzten ihren Weg fort, bis Malone freudig aufschrie und zu laufen begann. „Ich kenne den restlichen Weg!“, verriet er, doch Evan warnte ihn, sich nicht von der Gruppe zu entfernen. Doch Melone war zu schnell und kurz darauf hinter einer Baumreihe verschwunden. Evan, Roxton und der Professor beeilten sich ihm zu folgen und stießen gegen seinen Rücken als sie ebenfalls abbogen. „Heiliger Gott.“, entfuhr es dem Journalisten der Daily-Gazette und er hielt sich eine Hand vor den Mund. Die anderen mussten sich erst einen Überblick verschaffen um zu verstehen worauf Ned hinauswollte. Es dauerte nicht lange, bis Evan die Höhle erblickt hatte, durch die das Expeditionsteam in die Kreidezeit gekommen war. „Das ist doch nicht zu fassen!“, stieß Challenger hervor, doch auch er musste der Realität bald ins Auge blicken. Der Berg der sich vor ihnen erstreckte war riesig und genauso der Eingang zur Höhle. Das Problem war lediglich derjenige, der den Eingang blockierte. Nämlich der Tarbosaurus. Er lag auf dem Boden, gerade einmal die Pranken ragten ins Freie. Darunter hatte er teilweise seinen Kopf vergraben und eine schlafende Haltung angenommen. Keiner in der Gruppe konnte Zweifels frei sagen, ob er seine Augen geschlossen hatte, doch das hätte keinen großen Unterschied dargestellt. Selbst die kleinste Bewegung hätte den Giganten aufgescheucht und auf sie aufmerksam gemacht. Evan zog Melone zurück, der immer noch fassungslos auf den Saurier starrte. „Da treibt aber jemand einen sehr schlechten Witz mit uns.“, knurrte Challenger und entsicherte sein Gewehr. Melone sah ihn perplex an. „Was genau haben Sie vor?“, wollte er wissen, wurde aber nicht nur streng von dem Professor, sondern auch Evan und Roxton angesehen. Es war der Experte dieser so genannten Zeitportale der ihm die Sachlage erklärte. „Bei dieser Höhle scheint es sich um den Schlafplatz dieses Sauriers zu handeln. Wir könnten warten bis er aufwacht und sich davon entfernt, doch es gibt ein Problem. Anomalien bleiben nicht für immer offen. Vielleicht haben wir Glück und sie sind immer noch da wenn wir bis zum Abend warten, aber es gibt keine Garantie.“ Der Journalist verstand nun worauf sein Retter hinaus wollte. Gingen sie das Risiko ein, würden sie für immer in der Kreidezeit festsitzen. „Und… was unternehmen wir dann?“, wollte er wissen, bis Lord Roxton ihm auf die Schulter klopfte. „Wir brauchen doch noch einen Beweis für diese Welt wenn wir nach Hause zurückkehren, meinen Sie nicht, mein Freund?“ Melone lachte gekünstelt. „Dabei dachte ich eher an ein paar Vogelfedern oder Sauriereier, aber nicht von einem 5 Meter großen Exemplar.“, sprach er aus, was er von dieser Idee hielt. Doch Evan konnte ihn beruhigen. „Ein direkter Kampf wäre in der Tat zu gefährlich. Diese Kreatur ist ungeheuer schnell und wir würden den Kürzeren ziehen. Nein, wir müssen den Tarbosaurus aus der Höhle locken und dann selbst einen Weg hinein suchen.“, konkretisierte er. Melone verstand, jedoch nicht wie sie das überhaupt anstellen sollten. John Roxton trat nun vor und wagte einen Blick zwischen die Bäume hindurch. „Überlassen Sie das mir. Von uns vieren dürfte ich derjenige sein, der sich am besten mit Raubtieren und ihrem Verhalten auskennt.“, profilierte er sich. Melone bereute dies keine Sekunde, zumal sich Roxtons Erfahrung nur auf die Raubtiere des 20ten Jahrhunderts befassten. Selbst Evan, der seine Zeit schon über ein Jahr in der Kreidezeit fristete dürfte sich mehr mit den Eigenarten dieser Bestien auskennen. Doch John Roxton war ein Jäger, es spielte keine Rolle was seine Beute war, solange er im richtigen Augenblick abdrückte. „Wie lautet Ihr Plan, Lord Roxton?“, erkundigte sich der Professor und der Großwildjäger befeuchtete sich seine Lippen. „Es ist etwas gewagt, aber wir nutzen die Raubvögel die wir gerade hinter uns gelassen haben.“ Der Jäger deutete auf einen Spalt im Felsen, kaum weit von dem schlafenden Tarbosaurus entfernt. „Es ist riskant, keine Frage, aber vielleicht unsere einzige Chance. Ich werde die Raubvögel auf uns aufmerksam machen und dann in die Mitte der Lichtung locken. Währenddessen muss einer von Ihnen mit einem gezielten Schuss den Fleischfresser dort drüben in Rage bringen. Er wacht auf und greift sofort die umherfliegenden Vögel an.“, sprach Roxton seinen Plan aus. Mit einem hatte er allerdings Recht. Es war riskant. Und vermutlich ihre einzige Chance die Anomalien Kreuzung zu erreichen. Die vier nickten einander zu und trennten sich dann. Während Evan zusammen mit dem Professor und dem Journalisten in Richtung des Felsspaltes rannte, legte Roxton den Rückwärtsgang ein und eilte in den Wald zurück. „Daumen drücken.“, schlug Challenger vor und schlich im Schutz der Bäume in das sichere Versteck. Kaum hatten sie darin Platz gefunden, ertönte bereits ein Schuss im Wald. Roxton war es eindeutig gelungen die Archaeopteryx aufzuschrecken, das wurde ihnen spätestens klar, als ein Schwarm von ihnen sich empört in die Lüfte schwang. Ein Blick zum Tarbosaurus reichte um festzustellen, dass dies nicht gereicht hatte. Evan biss sich auf die Lippen und bat Challenger um seine Waffe. „Es ist wirklich klug auf ihn zu schießen? Ein verwundetes Raubtier ist noch weitaus gefährlicher als ein gesundes.“, warnte der Professor vor dem Folgen. Doch es war nicht so, als ob ihnen eine Wahl blieb. Evan zielte auf eine nicht vitale Stelle des Saurierkörpers und gab einen Schuss ab. Sein Vorhaben glückte als der Tarbosaurier gepeinigt aus dem Schlaf gerissen wurde und zu bluten begann. Sofort preschte er erbost aus seinem Schlafplatz und versuchte den Angreifer zu entdecken. Doch wo war Roxton? Melone trat einen Schritt aus dem Felsspalt und versuchte seinen Kameraden aufzuspüren. Dort! Nur wenige Meter, etwa im Zentrum der Lichtung kam der britische Lord angerannt, doch viel zu langsam wie der Journalist fand. Über dem Licht schwirrten teils verwirrte, teils wütende Archaeopteryx. Einer davon hatte den Störenfried nun erkannt und setzte zum Sturzflug an. Roxton schrie auf, als die spitzen Zähne in seine Schulter tragen. Er ließ sich zu Boden fallen und positionierte gleichzeitig sein Gewehr. Ein Schuss reichte um das Federvieh zu rupfen. Doch der Lord war verletzt und schien Schwierigkeiten zu haben aufzustehen. Evan blickte in die andere Richtung. Die Archaeopteryx schwirrten nun über dem Tarbosaurus, welcher immer wieder nach oben sprang und nach ihnen schnappte. „Roxton braucht Hilfe, wir missen zu ihm!“, rief Ned und Evan nickte Zähne knirschend. „Gut, ich kümmere mich darum.“, sagte er entschieden, doch Challenger war anderer Meinung. „Nein. Ich bin der Leiter dieser Expedition, ich hole ihn. Sie geben uns im Notfall Feuerschutz, der Saurier sollte nun weit genug von der Höhle entfernt sein.“, entschied er und rannte los. Nicht einmal sein Gewehr nahm er mit, dieses hätte ihn nur aufgehalten, wenn Roxton gestützt hätte. Evan erkannte die Besorgnis in Neds Augen, der Plan lief nicht so ab wie besprochen. Er wollte Challengers Rat folgen und in Richtung Höhle schreiten, doch der Journalist neben ihm zierte sich. Etwas das Evan selbst nur zu gut verstehen könnte. Natürlich hätte auch er selbst nie einen Freund zurückgelassen. George Challenger war nun bei Roxton angekommen und half diesem unter Mühen auf. „Vorsichtig!“, rief dieser als über ihnen die Schar Archaeopteryx vorbeiflog. Unter Entsetzen mussten sie feststellen, dass sie vor dem Tarbosaurus die Flucht ergriffen hatten. Dieser gab jedoch nicht nach und nahm die Verfolgung auf, was direkt dazu führte… dass er in Challengers und Roxtons Richtung trabte. „Gehen Sie!“, blaffte der Lord den Professor an, doch Challenger starrte ihn nur ungläubig an. Als er nicht folgte stieß Roxton seinen Kameraden zur Seite und ergriff sein Gewehr. Wie ein wilder rannte er dem Tarbosaurus entgegen und feuerte eine Ladung Schrot auf ihn ab. Ohne große Wirkung, denn der Tarbosaurus blieb unbeeindruckt. Stattdessen ging er in die Hocke und ließ sein Maul herabsausen. Mit einem Bissen verschlang er den Großwildjäger und machte ihn zu seiner Mahlzeit. Challenger starrte dem Treiben ängstlich zu, bis jemand ihn bat aufzustehen. Evan und Melone waren zurückkommen. „Wir können nichts mehr für Ihren Freund tun, aber wir müssen in die Höhle, solange der Saurier abgelenkt ist.“, redete Evan auf ihn ein. Der Professor war außer Atem und voller Trauer um seinen Kameraden, aber dessen Opfer durfte nicht umsonst gewesen sein. So schnell sie ihre Beine trugen rannten sie erst zurück zum Felsspalt und nachdem sie feststellten, dass es sicher war, direkt zum Höhleneingang. Der Tarbosaurus war noch damit beschäftigt seine Beute zu verzerren und schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit. Die Höhle war recht hoch, der Saurier könnte sie also jeder Zeit verfolgen, das wussten sie. Nach einigen Metern wurde sie jedoch niedriger, spaltete sich dafür aber in verschiedene Tunnel auf. „Wo müssen wir lang?“, fragte Evan an die beiden Forscher gewandt. Challenger legte sich nachdenklich eine Hand aufs Kinn und auch Melone schien sich nicht sicher zu sein. Der Professor wand sich nun um und mimte die Position nach, aus der er vor zwei Wochen aus einem der Tunnel gekommen war. Dann ballte er die Hände zur Faust und schrie erfreut auf. „Es ist der Linke!“, sagte er entschieden und eilte weiter. Evan und Ned folgten ihn auf Schritt und Tritt und bald erreichten sie einen schmalen Weg, neben dem ein unterirdischer Fluss mündete. „Der Weg hier ist brüchig, stützen Sie sich an den Wänden ab.“, gab ihm Challenger den Tipp und die nächsten Minuten verbrachten sie damit im halbdunkeln nach vorne zu tasten. Schließlich wurde es heller und Evan erkannte auch den Grund dafür. Es waren mehrere Lichter die sich vor ihnen erstreckten. Er zählte genau vier Anomalien, die in einigem Abstand zueinander in gewohnt weißem Licht pulsierten. Aber sollten es der Aussage der Forscher nach nicht mindestens ein Dutzend gewesen sein? „Es sind weniger als vor zwei Wochen.“, entfuhr es Challenger automatisch und Besorgnis stieg in sein Gesicht. „Ist… ich meine, ist unsere noch hier?“, wollte Melone wissen. Der Professor wagte sich an eine der Anomalien heran und musterte sie interessiert. Der Forscherdrang ging mit ihm durch und er streckte seinen Arm hindurch. „Nicht! Wir wissen nicht, wohin jede einzelne von ihnen führt.“, warnte ihn Evan, doch da war es bereits zu spät. Er und Ned konnten nur noch mitansehen wie sich etwas in Challengers Magen schob und seinen Rücken durchbohrte. Eine scharfe Klinge, die sofort das Blut des Professors zu Boden spritzen ließ. Aus der Anomalie senkte sich ein Kopf. Er war grünlich, besaß große Augen und Fühler. Es dauerte nicht lange, bis Evan das Monsterinsekt erkannte, dass er selbst vor einiger Zeit bei einer Rettungsmission kennen gelernt hatte. Die Zukunfts-Gottesanbeterin zog den Professor mit sich durch die Anomalie. Melone eilte sofort zu ihm, doch Evan riss ihn zurück. „Nicht! Es ist zu spät, Ihr Freund ist tot! Sie ist gerade in diesem Moment dabei ihn zu verspeisen.“, führte er ihm vor Augen. Ned schlug fassungslos die Hände über den Kopf zusammen und war der Verzweiflung nahe. „Wir haben es soweit geschafft und jetzt… jetzt werden wir hier doch zu Grunde gehen.“, fluchte er. Doch Evan war nicht gewillt aufzugeben. Nicht eine Sekunde lang hatte er daran gedacht, seit er in dieser urzeitlichen Welt gefangen war. Er hob das Gewehr, das er von Challenger hatte und richtete es sicherheitshalber auf die Anomalie. Die Gottesanbeterin zeigte sich nicht mehr, doch falls sie es sich anders überlegen sollte, war Evan bereit. „Ist Ihre Anomalie noch offen?“, wollte er von Ned wissen und dieser versuchte sich zu beruhigen. Er orientierte sich neu und betrachtete jedes einzelne der Portale genauer. Er kniete sich hin und robbte zu einer Anomalie, die in den Fels führte. Evan beobachtete wie der Journalist mehrere Glasstücke aufhob. „Die hier gehören zu Professor Summerlees Brille. Sie ging zu Bruch nachdem wir das Portal durchtreten haben.“, erklärte er und Evan verstand. Diese Anomalie führte somit in den südamerikanischen Dschungel des frühen 20ten Jahrhunderts. „Dann werden wir uns hier also voneinander verabschieden.“, entfuhr es Evan und Ned starrte ihn verdutzt an. „Kommen… Sie denn nicht mir?“, wollte er in Erfahrung bringen. Sein neuer Freund schüttelte stoisch den Kopf. „Ihre Zeit ist leider nicht meine. Im Gegenteil, ich könnte sogar Dinge verändern, wenn ich in ihr leben würde. Ich suche weiterhin nach einer Anomalie in meine Zeit, auch wenn dies beschwerlich werden wird.“, teilte er ihm seine Entscheidung mit. Ned Melone nickte langsam und akzeptierte Evans Entscheidung. „Aber es ist unglaublich was wir hier erlebt haben. Diese unbekannte Welt… nein diese verlorene Welt, diese Portale in andere Zeiten. Meine Leser werden mir nicht glauben, selbst wenn ich einen Beweis erbringen sollte.“ Evans Miene wurde ernster und er trat zu dem Journalisten. „Hören Sie, Ned! Ich verstehe Ihren Wunsch, aber Sie dürfen niemandem von diesen Ereignissen hier erzählen!“ Melone starrte Evan an, als hätte dieser gerade einen Witz gerissen. Die größte Entdeckung der Weltgeschichte einfach für sich behalten? „Aber sagten Sie nicht, man hätte über unsere Abenteuer geschrieben? Was ist mit den Professoren Summerlee und Challenger? Und Lord John Roxton, der sich heldenhaft für uns geopfert hat? Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie sich völlig umsonst geopfert haben.“, sagte er bedrückt. Evan überlegte einen Moment, dann fuhr er fort. „Kennen Sie… zufällig einen Mann namens Arthur Conan Doyle?“ Ned hob seine Augenbrauen und starrte seinen Freund skeptisch an. „Ja, einer meiner Bekannten trägt tatsächlich diesen Namen. Darf ich erfragen, woher Sie das wissen?“ Evan hoffte, dass Ned ihm nach dieser Bemerkung nicht zu sehr misstraute, aber was sollte er tun? Stattdessen reichte er dem Journalisten einfach die Hand. „Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange, aber Sie können mir vertrauen. Erzählen Sie Ihrem Bekannten von den Geschehnissen. Die Menschheit wird von den Anomalien erfahren, doch für Ihre Zeit ist es einfach noch zu früh. Die Menschen sind noch nicht bereit, lassen sie Zeitreisen für sie bitte Fiktion bleiben.“, drückte er seinen Wunsch aus. Ned überlegte kurz und schüttelte Evan dann die Hand. „Vermutlich haben Sie recht. Ich… wünsche Ihnen alles Gute auf Ihrem weiteren Weg. Kommen Sie gut nach Hause.“ Die beiden Männer nickten einander noch zu, dann holte Melone tief Luft und trat durch die Anomalie. Damit war Evan wieder alleine. Tat er wirklich das Richtige? Hätte er Melone folgen sollen, egal wenn er 100 Jahre zu früh dran gewesen wäre? Nein, Angelika, Dylan und die anderen warteten an einem anderen Ort auf ihm. Selbst wenn Evan gewartet hätte, nicht einmal als altem Mann wäre es ihm vergönnt gewesen sie wiederzusehen. Er wand sich um und starrte auf die drei verbliebenen Anomalien. Eine führte zwar in die Zukunft, allerdings wohl mehrere Millionen Jahre. Er hasste Insekten schon wenn sie klein waren, aber auf riesige Gottesanbeterinnen konnte er verzichten. Also schritt er zur nächsten Anomalie und hielt den Lauf seines Gewehrs durch. Er zog es zurück und stellte zufrieden fest, dass sie in keine Wand oder unter Wasser führte. Er holte tief Luft und schritt hindurch. Auf der anderen Seite war es warm und Evan spürte Sand unter sich. Er war eindeutig in der Wüste gelandet. Doch in der Wüste welcher Zeitperiode? Er wagte es einen Stein aufzuheben und ihn nach vorne zu werfen. Sofort gab der Sand nach und ein Loch entstand. „Oh bitte nicht.“, fluchte der Zeitreisende und im nächsten Moment preschte ein Brontoskorpio aus dem Boden. Evan hob sein Gewehr und gab zwei gezielte Schüsse ab. Er Urzeitskorpion wurde getroffen, wenn auch nicht tödlich. Er zog sich in sein Sandversteck zurück und Evan sich selbst durch die Anomalie. Damit verlieb nur noch eine mögliche Anomalie. Würde diese ebenfalls in eine noch prekäre Epoche führen, als der Kreidezeit, hatte er wohl wirklich keine andere Wahl als Ned Melone zu folgen. Langsam und mit angehaltenem Atem schritt er zu seiner letzten Chance und testete ob sie nicht in eine Sackgasse führte. Negativ, er konnte sie passieren. Aber auch gefahrlos? Fakt war, dass sie vielleicht Evans letzte Chance darstellte. Würde er wieder nach Hause finden? Oder sollte es so sein, dass er in der Vergangenheit sein Leben aushauchte? Fest entschlossen schritt er durch die Anomalie, was immer ihn dahinter auch erwarten mochte. Vancouver – Kurton-Street Es fühlte sich gut an, dass es zur Abwechslung einmal Sonnenstrahlen waren und nicht der Weckruf, der eine neue Anomalie ankündigte. Luke strich sich verschlafen übers Gesicht und versuchte sich zu erinnern welcher Tag heute war. Schmunzelnd erinnerte er sich an seinen Traum. Er entsann sich an jede einzelne Berührung zwischen ihm und Dylan. Am liebsten würde er wieder einschlafen und dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten. Nach ein paar Sekunden wurde er jedoch wacher und wand seinen Kopf zur Seite. Nein, wäre es ein Traum gewesen, hätte es sich nicht so unglaublich angefühlt. Dylan hatte die Augen geschlossen und döste leise vor sich hin. Sie wirkte wie ein schlafender Engel und Luke hätte sie am liebsten wachgeküsst. Stattdessen strich er ihr zärtlich über die Haare, was seine Freundin dazu verleitete die Augen aufzuschlagen. „Guten Morgen.“, flötete er und Dylan schien etwas zu brauchen um sich zu entsinnen wo sie sich gerade befand. Nach einem Blick auf Lukes Wecker rieb sie sich die Augen und machte An stallten aufzustehen. „Hey, du musst noch nicht raus. Das weiß ich, weil wir zufällig denselben Job haben. Also wieso genießen wir den Morgen nicht noch etwas?“, fragte er und griff nach Dylans Schultern um sie zu sich zu ziehen und mit ihr zu kuscheln. Doch dieser ergriff seine Hand und zog sie weg. Ohne Luke direkt anzusehen, zog sie sich die Decke weg und sprang aus dem Bett. „Tut mir leid. Ich… habe noch Sachen zu erledigen.“, enttäuschte sie ihn und suchte sich ihre Klamotten zusammen. „Sachen? Welche denn?“, hakte Luke nach. „Sachen eben, wir sehen uns bei Cross-Photonics.“, meinte sie und hatte sich bald darauf komplett angezogen. „Ok… vielleicht kann ich dir dabei ja helfen?“, wollte Luke es vermeiden den Tag ohne Dylan verbringen zu müssen. Diese schüttelte nur eiligst den Kopf und schritt Richtung Tür. Sie sah noch einmal zu Luke und schenkte ihm ein Lächeln. „Das müssen wir demnächst mal wiederholen.“, lächelte sie ihm zu und verschwand dann. Keine 5 Sekunden später vernahm der Student das Öffnen und Zuschlagen seiner Haustür. Seufzend lehnte sich Luke zurück und schlug seine Hände über seiner Stirn zusammen. Natürlich hatte er nichts dagegen diese Art von Aktivitäten zu wiederholen, aber ehrlich gesagt hatte er sich das Ganze etwas anders vorgestellt. Jedes Mal wenn er etwas mit Dylan unternehmen wollte, stellte diese plötzlich den Rückwärtsgang ein. Natürlich, er genoss es ihr so nahe zu sein, sie zu berühren und zu spüren. Es war immer wie ein Traum für ihn gewesen. Jemand wie Dylan interessierte sich für einen Nerd wie ihn? Lächerlich! Niemals hätte Dylan… ja, eigentlich stimmte das. Die Dylan die er kennen gelernt hatte, hätte sich niemals auf ihn eingelassen. Mac Rendell vertrat die Ansicht, dass sich seine Freundin seit diesem schicksalhaften Tag anders benahm. Hatte er damit recht oder übertrieb er? War es dann etwa diese ‚neue’ Dylan, mit der er diese Erfahrungen austauschte? Und was genau… war Luke dann für sie? London, Diogenes-Club – 1902 Ned Melone merkte, dass er nicht in diese feine Gesellschaft passte, als sich der Diener vor ihm verbeugte um seinen Hut und Mantel in Empfang zu nehmen. Vermutlich wurde er für einen britischen Lord oder Geschäftsmann gehalten. Ohne die Einladung seines Bekannten, hätte er den Männerclub sicher nie betreten dürfen. Der Journalist war aus Südamerika zurückgekehrt und ließ vermelden, dass die anderen Mitglieder seiner Expedition von Eingeborenen getötet worden waren. Melone schrieb einen Nachruf in der Daily-Garzette. Gerade einmal Gespräche über den Tod von Lord John Roxton blieben mehrere Tage im Umlauf. Aber auch diese flachten ab, ein Großwildjäger dem seine Leidenschaft das Leben kostete war dann doch nicht interessant genug. Und zwei Professoren, die wilde Theorien oder noch lebende Saurier vertraten, nahm ohnehin kein Leser sonderlich ernst. Am liebsten hätte Melone die Wahrheit geschrieben, dass Zeitreisen wirklich möglich waren und diese tapferen Männer bei der Erforschung einer altertümlichen Zeit gestorben waren. Doch er beherzigte den Rat des Mannes aus der Zukunft. Es war zu früh, die Menschen mochten noch nicht an solche übernatürlichen Dinge glauben. Melone wurde in einen großen Saal geführt in dem des qualmte, als stünde er unter Feuer. Der Journalist hatte noch nie so viele verschiedene Gerüche von so vielen verschiedenen Zigarren gerochen wie nun. Es waren mehrere Tische aufgebaut und auf den meisten standen Gläser mit Whisky oder Scotchs. Ned näherte sich einem Tisch an der Ecke, an dem zwei Herrschaften saßen. Einer davon war schon etwas älter und seine Miene wirkte sehr ernst. Er trug einen weiten Mantel und trank aus seinem Glas. Sein Gegenüber pustete den Rauch seiner Zigarre in die Luft. „Also gut, mein lieber Inspektor Abberline. Sie haben sich bestimmt nicht ohne Grund zu mir gesetzt.“, fragte der Raucher interessiert. Der Mann, offenbar von Scotland Yard konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Arthur, gibt es denn inzwischen einen anderen Grund, dass ich mich zu Ihnen geselle, als einen Fall der vielleicht Ihre grauen Zellen erregen könnte? Immerhin hat mich doch die Rolle Ihrer Muse ereilt, oder?“ Der Raucher musste lachen. „In diesem Punkt muss ich Ihnen rechtgeben. Die Fälle von denen Sie mir erzählen, sind stets eine Inspiration für mich.“, gestand er. Abberline trank sein Glas leer und fuhr fort. „Was halten Sie von dieser Geschichte? Henry Merchant, ein erfolgreicher Geschäftsmann und Adeliger wird tot im Treppenhaus eines Gebäudes aufgefunden. An seinem Hals lassen sich die Bissspuren eines Tieres feststellen, doch innerhalb des abgeschlossenen Gebäudes, gelang es dem Yard keines zu finden. Noch dazu trugen sein Kutscher, sowie sein Diener ebenfalls besagte Wunden an ihrem Körper. Und als ob das noch nicht reicht, verschwand auch seine Frau spurlos. Was meinen Sie? Würde dieser unaufgeklärte Fall Sie nicht im höchsten Maße inspirieren, mein guter Arthur?“, erzählte Abberline drauflos. Damit hatte er in der Tat das Interesse des Schriftstellers geweckt. „Davon müssen Sie mir das nächste Mal unbedingt mehr erzählen. Doch jetzt habe ich eine Besprechung mit einem jungen Mann.“, deutete er auf Melone, der nun etwas ungeduldig wirkte. Der Inspektor entschuldigte sich und erhob sich von seinem knarrenden Stuhl. Er nickte dem jungen Journalisten zu und empfahl sich dann. Der Schriftsteller nickte Melone zu und bat ihn mit einer Handbewegung sich zu setzen. „Danke, dass Sie Zeit für mich haben.“, sagte Ned sofort. Doyle nickte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Also junger Mann, was haben Sie für mich?“, fragte er interessiert. Ned schluckte und begann dann zu erzählen. „Eine Geschichte, Mister Doyle. Eine Geschichte.“ Kapitel 4: [Folge 02] Verwüstete Welt ------------------------------------- Kreidezeit – 72 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Es war nicht allein die Temperatur die sich geändert hatte, auch der Boden wirkte anders, obwohl sich die Schwerkraft nicht von seiner Ära unterscheiden dürfte. „Sie sehen aus, als würden Sie diesen Schritt bereuen.“, sagte der Mann mit der hohen Stirn neben ihm. Nayem schüttelte leicht den Kopf, obwohl er es in diesem Stadium kaum wissen konnte. Vesst gab seinen Leuten ein Zeichen sich zu postieren und Nayem wurde angerempelt. Einer der Leute bat ihn aus dem Weg zu gehen und der Konzil hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Er war der oberste, militärische Führer Yvaloniens, aber diese Männer kannten keinen Respekt. Nein, ihre Loyalität galt einzig und allein Magistrat Gall. Nayem war auf dieser Mission nur ein Beobachter, ein stiller Beobachter wenn es nach Vesst ging. Der Mann mit der hohen Stirn führte Galls Spezialtrupp an, ein erfahrener Mann keine Frage. Wie viele hochrangige Offiziere hatte er das Lager gewechselt und hatte sich der Organisation des Magistrats angeschlossen. Wegen Geld natürlich. Galls Ressourcen waren weitaus üppiger als die es einfachen Militärs. „Verraten Sie mir nun, weshalb wir hier sind?“, klang Nayem leicht ungeduldig und beobachtete das Treiben der Einheit. Vesst lächelte leicht. „Alles zu seiner Zeit. Überrascht es Sie denn nicht, dass wir durch ein Portal in die Vergangenheit gereist sind?“, fragte er kritisch. Der Konzil zuckte nur mit den Schultern. „Nein. Nicht wirklich. Es war nur eine Frage der Zeit bis stabiles Zeitreisen im Bereich des Machbaren war. Nach Klon- sowie Gestaltwandlungstechnologie überrascht mich so gut wie gar nichts mehr.“, erwiderte er. Vesst verzog etwas beleidigt die Lippen. „Dabei nutzen wir lediglich die Errungenschaften von Mutter Natur. Die Geräte die wir für das Öffnen der Portale nutzen, generieren einen Riss im Raum-Zeit Kontinuum. Früher soll die Zeit diese selbst generiert haben um sich selbst zu regenerieren. Unsere Vorfahren nutzten diesen Fakt um dieselbe Energie in diese Opener hier zu speisen.“, vollführte Vesst eine bravouröse Bewegung und zeigte ihm das Handgerät, mit dessen Hilfe er das Portal geöffnet hatte. Nayem hatte keinen Schimmer wie es funktionierte und das musste er eigentlich auch nicht. Er begleitete Vessts Einheit nur bei ihrem Job, nämlich Gall das besorgen wonach er gierte. Wie ihm diese Tiere allerdings helfen sollte seine Position zu festigen, oder gar über den ganzen Kontinent zu regieren was ihm noch schleierhaft. Einer von Vessts Leuten kam zurück und meldete die Sichtung eines geeigneten Tieres. Der Hauptmann trug Nayem auf dicht hinter ihnen zu bleiben und dieser versprach es, obwohl Vesst selbst einmal unter ihm gedient hatte. Die Einheit aus etwa ein Dutzend Männern schritt voran und war bald an einer Lichtung angelangt. Nayem schreckte zurück als er das Monster vor sich erblickte. So ein Ungetüm hatte er wirklich noch nie in seinem Leben gesehen, selbst die Exemplare in Galls Zoo waren weitaus kleiner. Der riesige Saurier hatte die Gruppe bemerkt und schickte ihnen ein schreckliches Brüllen entgegen. „Werden… werden Sie dieses Vieh etwa einfangen und mit zurück nehmen?“, wagte es Nayem kaum zu fragen. Vesst schüttelte amüsiert den Kopf. „Nein, diesmal nicht. Diesmal lautet unsere Mission lediglich die DNA dieser übergroßen Bestien zu sichern.“, verriet er und der Konzil wurde kurz darauf Zeuge, wie Vessts Leute mit Impulskanonen gegen das Monster vorgingen. Unter Schmerzen ging dieses zu Boden und hauchte sein Leben aus. Experten sicherten Proben und verpackten sie. „Und das ist also Galls kleines Geheimprojekt? Wozu soll es dienen? Wäre es nicht einfacher diese Geräte zu nutzen um zurückzureisen und Galls Feinde auszulöschen?“, erlaubte sich Nayem diese Bemerkung. Vessts bedachte ihn eines schon beinahe mitleidigen Blickes. „Werter Konzil, halten Sie das ernsthaft für eine ehrenhafte Vorgehensweise? Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste um gegen einen mächtigen Feind zu bestehen?“ Nayem musterte denn Mann kurz. Das Wichtigste? Das Wichtigste um einen mächtigen Feind zu besiegen war natürlich eine mächtige… Armee… Vancouver, Jones Park Kaum hatte Evan den ersten Schritt getan, schon stolperte er über einen massiven Steinbrocken. Er stützte sich mit den Händen ab um den Fall zu bremsen. Es gelang ihm gerade mal so, sich nicht ernst zu verletzten. Als er auf dem Boden lag, rund um ihn Schutt, musste er unwillkürlich lachen. Er erinnerte sich als er das letzte Mal aus der Kreidezeit geflohen war, damals zusammen mit Dylan. Die Anomalie war bereits daran gewesen sich aufzulösen und wären die beiden eine Sekunde später hindurch gegangen, hätten sie in der Vergangenheit festgesteckt. Evan war froh, Dylan diesen Fluch erspart zu haben. Er hatte keine Ahnung wie es ihm gelungen war ein ganzes Jahr und das auf sich allein gestellt in dieser urzeitlichen Welt zu überleben. Jeden Tag stolzierte er mit einem angespitzten Stock vorwärts nur wegen der vagen Hoffnung irgendwann einmal eine Anomalie zu finden. Nachts hatte er sich in Höhlen und Felsnischen verkrochen und diese so gut es ging verschlossen. Dazu benutzte er sämtliche Utensilien die sich auftrieben ließen und gefährliche Jäger abhielten. Er bekam sogar einmal Fieber und dachte das wäre sein Ende. Doch es hatte nachgelassen und Evan war von selbst, ohne Antibiotika genesen. Es war ihm irgendwie geglückt ohne medizinische Versorgung zu überleben. Keine gefürchteten Bakterien oder andere Erreger, wie sie einst Dylan infiziert hatten, waren in seinen Organismus geraten. Das Wasser, das er zum Überleben brauchte hatte er zuvor an einem Lagerfeuer erhitzt und so alle Keime abgetötet. Und jetzt war er hier, lebendig wie eh und je. Doch… wo genau war er? Er sah sich nach allen Seiten um und erkannte nichts außer Geröll und Schutt. Er jauchzte erneut auf als er sich an seinem spitzen Gegenstand schnitt. Erstaunt betrachtete er den blutigen Nagel der aus einem der Trümmer herausragte. Evans Augen wurden größer als ihm klar wurde, dass hier eindeutig Menschen am Werk gewesen waren. Sofort kämpfte er sich auf uns verschaffte sich einen genaueren Überblick. Staub und Asche pulsierte in der Luft, nachdem er sich zu schnell bewegt hatte. Er hustete, doch seine Sicht war jedoch nicht eingeschränkt. Auf den ersten Blick wirkte alles wie ein eingestürztes Gebäude, lediglich eine der Hauswände war stabil geblieben. Ein Fenster auf dem gelbe Schmetterlinge gemalt worden waren hatte den Einsturz größtenteils überlebt. Aber war es wirklich einer gewesen? Je mehr sich Evan umsah, umso mehr erinnerte ihn die Szene an einen Bombeneinschlag. Vor ihm stapelte sich eine große Menge an Steinbrocken. Er konnte also entweder die Mauer überwinden oder den Berg. Wenig später wurde ihm die Entscheidung abgenommen, als einige der Kiesel langsam von dem Trümmerberg herabrollten. Evan wagte sich näher um die Ursache auszumachen und… bereute es bereits im nächsten Augenblick. Etwas sehr Rasches bewegte sich auf dem Hügel und immer mehr kleine Steine rieselten herab. Jetzt sprang dieses Etwas auf die Anhöhe und ließ ein schauerliches Fauchen auf Evan herabhallen. Das Tier war kaum einen Meter groß, aber dennoch gefährlich. An seinen Füßen ragten spitze Krallen hervor, genauso wie an den Pfoten. Doch sie waren kein Vergleich zu den spitzen Zähnen die aus dem Rachen des Reptils ragten. Evan musste weder Zoologie studiert haben oder Luke Hingle heißen um zu erkennen, dass es sich bei dem Neuankömmling um einen Deinonychus handelte, einem der gefährlichsten Raptoren der Urzeit. Doch warum hier? Die Überreste dieses Hauses waren von Menschen erbaut worden, faktisch konnte er sich nicht mehr in der Kreidezeit befinden. Doch diese Überlegungen spielten im Moment keine Rolle. Evan wurde schmerzlich bewusst, dass er sein Gewehr nicht mehr trug und blickte zur Seite. Es lag etwa zwei Meter von ihm entfernt auf dem Schutt und wartete verlockend auf seinen Besitzer. Doch Evan war inzwischen erfahren genug um keine Dummheit zu begehen. Eine falsche Bewegung und der Deinonychus würde sich auf ihn stürzten und kurzen Prozess machen. Er konnte versuchen nach dem Gewehr zu hechten, doch der Raptor wäre definitiv schneller. Noch dazu hockte er auf einem höheren Punkt, ein Sprung in die Tiefe, direkt auf seine Beute zu wäre ein Kinderspiel für ihn. Doch ein Raptor war keine Schlange. Evan konnte nicht einfach nur stillstehen und abwarten, dass der Saurier das Weite suchte. Zumindest nicht solange sein Magen leer wäre. Der Deinonychus nahm nun eine Haltung ein, die nur auf eines schließen ließ. Er wollte Evan angreifen, das musste irgendwie verhindert werden. Eine Flucht war ausgeschlossen, Evans einzige Option war das Gewehr. Der Raptor setzte zum Sprung an und… wurde mit einem mächtigen Hieb zur Seite geschleudert. Etwas hatte ihn direkt erwischt und nun kullerte er den Berg aus Trümmern hinab. Was war geschehen? War Evan jemand zur Hilfe gekommen? Seine Vorfreude sank augenblicklich als ein weiteres, schuppiges Tier auf dem Hügel erschien. Sofort hastete es ebenfalls hinab um den Raptor einzuholen. Es war kaum größer, aber unglaublich schnell. Evan konnte auf den ersten Blick keinen Schwanz erkennen und war sich erst unsicher, ob es sich wirklich um ein Reptil handelte. Zumindest griff es wie eines an. Er Deinonychus hatte sich wieder erhoben, doch das Schwanzlose stürzte sich auf ihn und stieß seine Zähne in dessen Nacken. Der Raptor stieß einen spitzen Schrei aus und sein Todeskampf dauerte nur wenige Sekunden. Evan ließ sich aber nicht beeindrucken und nutzte die Gelegenheit um sein Gewehr aufzusammeln. Dieses Tier hatte ihm zwar nicht mit Absicht geholfen, aber ihm dennoch das Leben gerettet. Für den Moment. Evan hatte erwartet, dass das schwanzlose Tier nun beginnen würde den Raptor zu verzehren, doch dem war nicht so. Es wand seinen Kopf um und kreischte Evan wie eine Fledermaus an. Dieser wollte sein Gewehr abfeuern, hielt dann aber inne. Verdutzt und überrascht starrte er das Gesicht des schuppigen Monsters an und traute seinen Augen nicht. Dieser besaß eine ovale Form, dicke Wangenknochen, ein rundes Kinn, einen Mund mit Lippen und zwei, etwas auseinander stehende Augen. Die Pupillen hingegen waren aber nicht weiß, sondern zu Schlitzen verengt. Auch die Nase war überaus breit und die Nasenlöcher doppelt so groß wie Fingerkuppen. Dennoch änderte dies nichts daran, dass das Geschöpf in Evan das Bild eines Menschen wachrief. Doch dies war vollkommen unmöglich, richtig? Ein weiteres Kreischen rief ihn in die Realität zurück und er schoss. Die Kugel traf lediglich den bereits toten Raptor, denn das menschenähnliche Tier war mit einem Mordstempo verschwunden. Evan konnte nicht sagen in welche Richtung, weshalb er seine Ohren anstrengte um seine Fährte zu verfolgen. Dann ein Rascheln, es kam von dem Fenster direkt hinter ihm. Evan drehte sich um und erkannte gerade noch rechtzeitig wie das Tier auf den oberen Rand der verblieben Hauswand gesprungen war. Evan zögerte keinen unnötigen Moment und jagte dem Wesen eine Kugel in die Stirn. Getroffen fiel es von der Mauer, direkt zu Evans Füße. „Was zum Teufel bist?“, murmelte er, als er sich dem Tier näherte. Natürlich nicht ohne sein Gewehr bereit zu halten. Doch er konnte Entwarnung geben, das Geschöpf war eindeutig tot. Dennoch musste er zugeben, dass der Körperbau des Wesens dem eines Menschen glich. Die Schuppen anstelle der Haut wirken geradezu absurd und die verzerrte Fratze eher wie aus einem Horrorfilm. Stammte dieses Wesen etwa aus der Zukunft? Ein entfernter Cousin des Menschen? Nein, Unsinn. Schließlich besaßen Menschen keine Reptilien-DNA, soweit er wusste. Ein weiteres Kreischen schreckte Evan auf und er sah sich erschrocken um. Hinter dem Trümmerfeld wanderten zwei neue Wesen hervor, sie glichen dem ersten wirklich enorm. Nun trennten sich die beiden und Evan war es unmöglich sich auf einen von ihnen zu konzentrieren. Sie hatten sich ausgeteilt um ihre Beute einzukreisen und so der Gefahr eines Gegenschlags zu entgehen. Diese Dinger waren verdammt intelligent, beinahe wie… ja, wie Menschen. Evan presste sich an die Hauswand, doch in Wahrheit konnte er jeden Moment von allen möglichen Richtungen angegriffen werden. Eines der humanoiden Reptilien sprang hervor und Evan gab einen Schuss ab. Doch er streifte es lediglich und die Tiere warteten auf den nächsten Versuch. Evan überprüfte sein Magazin und erkannte zu seinem Leidwesen, dass er nur noch einen Schuss übrig hatte. Es war ein Jammer. Er war gerade der Kreidezeit entgangen, in der es ihm gelungen war ein ganzes Jahr lang zu überleben und nun starb er in dieser unbekannten Welt, getötet von Reptilien in Menschengestalt. Eines der Wesen näherte sich ihm aus Richtung Westen und Evan wartete noch bevor er schoss. Das Tier sollte erst näher kommen, ansonsten wäre es erneut geflohen. Dann setzte es zum Sprung an und… es wurde geschossen. Das humanoide Reptil wurde hart getroffen und krachte zur Seite. Evan war umso überraschter, angebracht, dass er sich gar nicht erinnerte geschossen zu haben. „Unten bleiben!“, befahl eine schroffe Stimme und Evan blickte sich um. Er konnte die Richtung zwar nicht ausmachen, doch mehrere Personen näherten sich seiner Position. Das zweite Reptil näherte sich ihnen und setzte zum Angriff an. Es hatte keine Chance. Es wurde von mehreren Gewehrsalben getroffen und geradezu durchlöchert. „In Zweierteams aufteilen! Ich möchte sicherstellen, dass sich nicht noch mehr Raps in der Gegend befinden.“, sagte eine Stimme und die Leute teilten sich auf. Durch das Gefecht war eine Menge Staub aufgewirbelt worden und Evan konnte die näher kommenden Menschen nicht deutlich erkennen. Immer fester ergriff er sein Gewehr. Dass sie ihm das Leben gerettet hatten, war kein Garant dafür, dass sie ihm auch freundlich gesinnt waren. Drei Gestalten näherten sich ihm und Evan überlegte fieberhaft ob er sich wehren sollte. Er entschied sich dagegen. Die Männer waren schwer bewaffnet. Nun traten sie aus dem Staub und Evan konnte sie genau erkennen. Sie trugen allesamt schwarze Kleidung und wirkten wie Guerilla-Krieger. Oder nein, das mochte vielleicht auf zwei der Männer zutreffen, einer von ihnen, der, der ihnen Befehle gegeben hatte, war etwas jünger und trug blondes Haar. „Danke, ich schätze Sie haben mich gerettet.“, kam es von Evan und der blonde Mann lächelte leicht. „Es war mir eine Ehre. Schließlich… habe ich mich sehr auf den Tag unseres Zusammentreffens gefreut, Mister Cross.“ Cross-Photonics Müde betrachtete Mac Rendell den Kaffeeautomaten den er sich ins Büro hatte stellen lassen. Er fand, jeder Boss sollte gewissen Privilegien haben und das hier war seine. Zumindest hätte sie das sollen. Wie bereits gestern trat er genervt gegen die Maschine und stieß einen Fluch aus. „Und man sollte meinen in einer Firma wie Cross-Photonics würde man nur die beste Technologie vorfinden.“, säuselte eine Stimme hinter ihm. Mac drehte sich um und gab zu, nicht bemerkt zu haben wie die junge Frau eingetreten war. Doch es war seine Schuld sie nicht gehört zu haben, denn Sam hatte den abgewinkelten Finger noch an der Tür. Mac versuchte sofort seine angespannte Miene durch eine ´wesentlich freundlichere auszutauschen, wusste aber nicht, ob ihm das gelang. „Ach, spielt keine Rolle. In London schmeckt der Kaffee ohnehin besser.“, fand er sich mit der Situation ab. Sam hob die Augenbrauen. „Achja? Ich dachte ihr trinkt dort nur Tee?“, fragte sie teils interessiert, teils gespielt. Mac räusperte sich empört. „Nun, ich für meinen Teil ziehe Kaffee vor. Und ich esse auch nicht den ganzen Tag Fish & Chips.“, erwiderte er und Sam musste lachen. Normalerweise hätte sich der Teamleiter bei derart vielen, britischen Klischee beleidigt gefühlt, doch diesmal war es irgendwie anders. Sams natürliche Art ließ seine Angespanntheit schnell verschwinden und er wurde lockerer. Er wollte souverän wirken und verhielt sich vor seinem Team unnahbar, um so für Kontrolle während der Missionen zu sorgen. Er war streng, dafür aber gerecht und kompetent. Natürlich funktionierte dieses Einstellung nicht bei Dylan, für die er ohnehin aus Gründen die er nicht verstand das größte Arschloch war. Doch Sam stellte eine Anomalie dar. In ihrer Nähe fühlte er sich heimisch, als wenn er noch im guten alten London wäre. „Was kann ich für dich tun?“, hakte er nach und erinnerte sich im selben Moment, dass Sam ja eigentlich für ihn arbeitete und nicht umgekehrt. Diese stolzierte nun zu seinem Schreibtisch und platzierte dort eine Akte. „Die sollen Sie sich durchlesen und dann eine Entscheidung fällen.“, informierte sie ihn. Mac seufzte nur. „Kann das nicht Harold übernehmen?“, fragte er, nun wieder sichtlich genervt. Sam behielt ihr charmantes Lächeln. „Die hier ist von Harold.“, enttäuschte sie ihn. Mac verdrehte die Augen und dankte der Frau für ihre Hilfe. Sam war gerade wieder im Begriff zu gehen, als sie sich noch einmal umwand. „Also… ich weiß nicht wie gut der Kaffee in England ist, aber ich kenne ein nettes Café in der Nähe. Wenn der Automat schon defekt ist, könnten wir vielleicht nach der Arbeit dort vorbeischauen und ihn testen.“, schlug sie vor. Mac hielt einen Moment inne und dachte über das Gesagte nach. Dieser Vorschlag klang verlockend, wer hätte ihn schon abgelehnt? „Tut mir leid, aber ich muss erst einmal diesen Papier Kram durchkriegen.“, entschuldigte er sich. Er erkannte die Enttäuschung in Sams Gesicht, doch diese zeigte Verständnis. „War nur so eine Idee. Ich arbeite dann mal weiter.“, erwiderte sie und stahl sich aus Macs Büro. Dieser knirschte mit den Zähnen nachdem sie weg war. Was genau tat er hier eigentlich? Sein Blick wanderte zu der Akte. Evan Cross hätte sie vermutlich einfach in den Papierkorb gestopft. Oder sie an Angelika Finch weitergereicht, damit diese sich darum kümmert. Doch diese war nicht mehr hier und Mac war wie er gegenüber Dylan bereits klargemacht hatte nicht ihr früherer Teamleiter. Harold Kanan glänzte zwar immer wieder mit neuen Ideen, doch Mac hasste diesen Papier Kram einfach. Er wollte einfach seine Methode fortsetzen, sich um die Anomalien kümmern, den Posten des Anführers gut ausfüllen und die nötige Distanz zu den Leuten behalten. Plötzlich wurde er bleich im Gesicht. Der Gedanke, der ihm gerade gekommen war erschreckte ihn in tiefstem Maße. Wenn so weitermachte, wurde er irgendwann zu… James Lester. Mac sah sich bereits in gestreiften Jacketts und teuren Krawatten wie er mit hinter dem Rücken verschränkten Armen umherging um zynisch die Arbeit seiner Leute kritisierte. Unterbewusst hatte er Lesters Führungsstil als Vorbild herangeholt, ohne genauer über die Konsequenzen nachzudenken. Klar, er würde seinen Job gut machen, aber die Sympathiepunkte konnte er vergessen. Auch wenn es eigentlich nicht seine Absicht war, stieß er die Leute mit denen er arbeitete von sich weg. Wollte Mac vermeiden, dass sie um ihn genauso trauerten wie um Evan, den jeder hier sehr gemocht und geschätzt hatte? „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist verboten, wusstest du das?“, wurde Mac von einer Stimme aus seinen Tagträumen gerissen. „Häh?“, bekam er lediglich hin und sah zur Tür. Eine junge Frau trat ein und schmunzelte ihn an. Toby Nance hatte ihm zum Glück keine weitere Akte gebracht, obwohl Mac Harold zugetraut hätte, dass dieser auch noch die Chef-Analytikern von Cross-Photonics dafür missbrauchte. „Ich habe gerade Sams missmutigen Gesichtsausdruck gesehen als sie dein Büro verlassen hat. Du hast ihr doch nichts Schlimmes angetan?“, fragte sie vorsichtig. Mac war natürlich klar, dass sie ihn nur veralberte, aber dennoch schüttelte er brav den Kopf und verneinte. „Engländer sind Gentleman, hast du das schon vergessen?“, meinte er. Toby schien davon nicht unbedingt überzeugt zu sein, doch dass Mac nie etwas Unsittliches tun würde war ihr natürlich klar. Tatsächlich hatten sie und Mac sich am Anfang gar nicht gut verstanden, obwohl Mac ihr in einer anderen Realität sogar Blut gespendet und am Leben gehalten haben soll. Doch das waren vergangene Zeiten und er und sie waren nicht die Personen aus der anderen Zeitlinie. Doch inzwischen kamen sie wirklich gut miteinander aus, auch wenn immer noch einige Berührungsängste bestanden. „Ich wollte nur Bescheid sagen, dass wir endlich die ganze schädliche Software aus unserem System bekommen haben, die dieser Kerl aus der Zukunft eingespeist hat.“, ließ sie verlauten. Mac runzelte die Stirn. „Das wurde auch langsam Zeit. Hat deine Abteilung nicht schon das ganze Jahr daran gearbeitet?“, hakte er nach. Toby zuckte nur mit den Schultern. „Wir reden hier von einem Virus der erst in 200 Jahren entwickelt wird, ich bin froh, dass wir es überhaupt geschafft haben. Jedenfalls sind wir jetzt davon befreit und bekommen die Meldung über eine Anomalie herein, gleich nachdem sie aufgeht.“, versicherte sie. Mac schien dies zu freuen, denn bisher kamen sie immer einige Momente zu spät. „Sam… hat mich auf einen Kaffee eingeladen.“, sprang es dann aus dem Teamleiter heraus. Toby musterte Mac kurz und neigte den Kopf zur Seite. So viel zu der Distanz die Mac zu seinen Leuten aufbauen wollte. „Du hast natürlich abgelehnt.“, kombinierte die Computerexpertin. Mac nickte schuldbewusst. „Ich bin ihr Chef und sie arbeitet für mich. Wer in meiner Position würde das schon ausnutzen?“, wollte er wissen. „Hugh Grand?“, kam es von Toby. „War das jetzt extra für mich, weil ich ohnehin nur britische Schauspieler kennen muss?“, ärgerte er sich über das nächste Klischee. „Nein, nur so am Rande. Des Wahnsinns um genauer zu sein.“ Mac seufzte. „Kommt noch ein guter Rat von dir oder ziehen wir diese Nummer weiter durch?“ Toby senkte den Kopf und lächelte. „Ich kann dir nicht sagen was du tun sollst. Außer, dass nichts falsch daran ist sich mit den Leuten mit denen man arbeitet auch anzufreunden. Ja, es können schreckliche Dinge passieren, besonders in unserem Job. Deswegen… sollte man jeden Augenblick genießen, solange man ihn noch hat.“ Mac dachte darüber nach und stimmte ihr dann zu. „Gut, ich denke darüber nach ihr Angebot anzunehmen. Jetzt brauche ich nur einen Plan für alle anderen.“, gestand er. „Gibt es mit denen etwa auch Schwierigkeiten?“, hakte Toby nach. Mac nickte einmal schnell. „Ja, könnte man so sagen. Ständig streite ich mit Donovan in taktischen Angelegenheiten. Er ist nicht nur älter als ich, sondern nahm auch einen höheren Rang ein, auch wenn wir für verschiedene Länder gedient haben. Er fühlt sich degradiert seit ich Evans Platz eingenommen habe, der immer ihm alle taktischen Entscheidungen überließ. Luke ist nur schwer zu bändigen und reißt nur Witze. Nachdem ich zwei Jahre mit Connor Temple gearbeitet habe, dachte ich, ich wäre auf alles gefasst. Ohne sein ganzes Fachwissen hätte ich ihm bereits einen Tritt in den Hintern verpasst. Über Harold müssen wir glaube ich nicht reden und Dylan ist seit Evans Tod zu einer Draufgängerin geworden. Ich glaube manchmal, dass sie die Anomalien nur noch als Katalysator für ihren Stress sieht und einfach drauflos haut.“, drückte er seine Sorgen aus. Toby sah ihn mitleidig an. „Evan hat dir ein großes Erbe hinterlassen. Aber wenn er es geschafft hat, dann kannst du das auch.“ Mac fragte sich woher die junge Frau diese Sicherheit nahm. Anders als sein ehemaliger Vorgesetzter, Captain Becker, der ein freundschaftliches Verhältnis zu seinen Teammitgliedern pflegte, wollte Mac jemand sein auf den man sich verlassen konnte. Das sagte er auch Toby. Diese konnte ein kurzes Lachen nicht unterdrücken. „Ich denke nicht, dass das einseitig funktionieren wird. Wenn du willst, dass dir andere vertrauen, wirst du das Vertrauen auch ihnen schenken müssen.“, stellte sie klar. Mac nickte zaghaft und musste zugeben, dass sie wohl Recht hatte. „Du bist der richtige für den Job, das weiß ich. Niemand könnte Evan besser ersetzen als du, da bin ich mir sicher.“, sagte sie noch, bevor sie das Büro wieder verließ. Mac lehnte sich in seinem Stuhl zurück und versuchte sich etwas zu entspannen. Wenn er sich selbst… doch auch nur so sicher wäre. Vancouver, Jones Park – Jahr ??? Evan und der blonde Mann standen sich nun gegenüber und zweiterer reichte dem erschöpften Zeitreisenden die Hand. Evan weigerte sich jedoch diese zu ergreifen und musterte den Fremden eingehend. Er strengte sein Gedächtnis an, war sich aber sicher, ihn noch nie zuvor in seinem Leben gesehen zu haben. Aber woher… kannte er denn seinen Namen? „Vielleicht sind wir hier falsch.“, wand einer der älteren ein. Doch der blonde schüttelte den Kopf und reichte Evan die Hand. „Nein, hier sind wir genau richtig.“ Evan fühlte sich in die Ecke gedrängt und wollte dies schnellst möglich ändern. Er ergriff die Hand seines Retters und sah ihm direkt in die Augen. „Evan Cross. Aber meinen Namen scheinen Sie ja bereits zu kennen.“, entgegnete er. Der Blonde nickte zustimmend. „Und wollen Sie wissen woher? Weil unsere Begegnung heute schon einmal stattgefunden hat. Heute an genau diesem Tag. Zugegeben, ich musste Sie nicht extra vor den Raps retten, aber kleine Invaluitäten hält selbst die Gevatter Zeit hin und wieder parat.“ Evan warf noch einmal einen Blick auf die toten menschenartigen Reptilien. „Raps? Beziehen Sie sich damit auf diese Ungeheuer? Was genau sind sie?“, wollte er wissen. Der Blonde wollte antworten, doch einer seiner Leute beugte sich nach vorne und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Danach warf er einen Blick auf die Uhr und knirschte mit den Zähnen. „Ich erkläre Ihnen alles unterwegs. Ein Wagen steht für uns bereit und wird uns zu unserem Ziel bringen. Wir haben nur noch Zeit bis die Sonne untergeht, zuvor müssen Sie noch jemanden treffen.“, erklärte er. Doch Evan weigerte sich ihm einfach zu folgen. „Ich werde nicht mit Ihnen gehen, solange Sie mir nicht einige Fragen beantwortet haben.“, sagte er entschieden. Der Blonde musterte ihn duldsam. „Mister Cross… Evan, Sie haben erst vor kurzem eine Apokalypse abgewendet. Wollen Sie einfach so die nächste einleiten und am Ende vielleicht noch selbst dafür verantwortlich sein?“, fragte er scharf. Evan schluckte. Was redete dieser Typ da? Er für eine Apokalypse verantwortlich? Er hatte Harrison aufgehalten und die Welt somit beschützt. „Ich bitte Sie! Ich erkläre Ihnen alles unterwegs.“, bestand er darauf. Evan nickte zögerlich und stimmte dann zu. Welche anderen Optionen besaß er? Er traute diesen Gestalten nicht, sie waren dubios und undurchsichtig. Sollte er fliehen? Vielleicht zurück durch die Anomalie? Nein, er hatte ein ganzes Jahr gebraucht um eine Anomalie zu finden, die in eine von Menschen bevölkerte Zeit führt. „Warten Sie! Verraten Sie mir wenigstens noch Ihren Namen.“, stellte Evan eine Bitte. Der Blonde überlegte kurz, scheinbar hatte er nicht mit so einer einfachen Frage gerechnet. „Kyle. Nennen Sie mich Kyle.“ Vancouver, Jones Park – Jahr ??? Kyle hatte nicht gelogen. Kaum hundert Meter entfernt parkte ein schwarzer SUV. Kyles Leute luden ihre Waffen ein und nahmen auf der Rückbank Platz. Er selbst öffnete die Beifahrertür und vollführte eine einladende Handbewegung. Missmutig stieg Evan ein, jedoch nicht ohne von seinem Gewehr zu lassen. Es war nur noch ein Schuss im Magazin und sollte er es wirklich brauchen, stellte es keine adäquate Waffe dar. Kyle und seine Leute waren Bewaffnet wie Soldaten einer Spezial-Einheit, womöglich waren sie das auch. Kyle setzte sich ans Steuer und startete den Wagen. Er fuhr los und bald verließen sie das Gebiet, das an eine Baustelle erinnert hatte. Doch je weiter sie fuhren, desto trostloser wurde die Umgebung. Evan sah aus dem Beifahrerfenster und runzelte die Stirn. „Wo sind wir? Das hier sieht aus wie Bagdad.“, kam es ihm in den Sinn. Kyle war aber alles andere als zu Scherzen aufgelegt, die Ernsthaftigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Nahe dran. Vancouver.“, verriet er. Evan riss die Augen auf und sah erneut nach draußen. Die meisten Gebäude waren eingestürzt wie nach einem Bombenanschlag. Die Straße war voller Löcher und es existierten kaum grüne Stellen. Dann sah er klarer. „Wo… nein, wann sind wir?“, wagte er es kaum zu fragen. Kyle schluckte und antwortete ihm. „Wir schreiben heute den ersten April 2052. Und eines kann ich Ihnen versprechen. Auch wenn es so aussieht, das hier ist kein Aprilscherz. Das ist die Zukunft, Ihrer Zukunft.“ Evan schüttelte stoisch den Kopf. „Nein, das ist unmöglich! Ich habe die Zukunft gesehen und sie endet definitiv nicht mit der Verwüstung unseres Planeten.“, wand er ein. Kyle fuhr nun um eine Ecke und sah zu einem der Dächer. Ein weiteres humanoides Reptil zeigte sich, doch der SUV war zu schnell um ihn als Beute anzusehen. „Sie meinen das Anomaly Control Center, richtig? Tut mir ja leid, aber das wird nun nie entstehen. Die Gegenwart ist inzwischen dermaßen im Arsch, dass ich keine Hoffnung mehr auf die Zukunft habe.“ Und bei dem trostlosen Anblick dem Evan entgegenblickte, musste er dem Mann sogar rechtgeben. „Was ist passiert?“, wollte er endlich Klarheit. Kyle biss sich auf die Unterlippe und blickte nach oben. Evan tat es ihm nach und erkannte einen Vogel im Himmel. Nein, dafür war er zu groß, es war ein… ein Saurier? Evan konnte die Art nicht bestimmen, dafür war er zu weit entfernt. „Es begann mit den Raps. Etwa 10 Jahre nachdem Sie durch die Annexions-Anomalie gegangen sind. Auf der ganzen Welt öffneten sich Anomalien, es war sogar noch schlimmer als bei einer verdammten Konvergenz. Doch das reichte nicht, denn die Raps bahnten sich einen Weg in unsere Welt. Diese Kreaturen sind verdammt aggressiv und essen nur selten. Dafür sind sie unglaublich gute Jäger und… ja, es ist so, als wären sie auf das Töten abgerichtet worden.“, erzählte ihm Kyle. Evan konnte nicht glauben was er da hörte. Diese Raps, wie Kyle sie nannte stammten mit absoluter Sicherheit nicht aus der Vergangenheit. „Eine Invasion…“, kam er schließlich selbst darauf. Kyle nickte und achtete wieder auf die Straße. „Wir sind bald da, dann kann dir unsere Anführerin alles genau erklären. Wenn es dafür nicht zu spät ist.“, klang er plötzlich sehr traurig. „Aber… Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass wir uns einmal zu diesen Dingern entwickeln?“, grauste ihn dieser Gedanke. Kyle stieß einen Lacher aus und verneinte vehement. „Nein, ganz bestimmt nicht. Wir haben einige von den Raps obduziert. Neben menschlicher DNA ließ sich auch Reptilien-DNA sicherstellen, sowie die einiger anderer Säugetiere mit spitzen Zähnen. So eine Zusammensetzung kann einfach nicht existieren, weshalb wir nur zu einem einzigen Schluss kommen konnten.“, erklärte er. Evan sah ihn gespannt an und wartete darauf was er noch zu sagen hatte. „Es sind… Mutanten.“ Evan zuckte kurz bei diesem Wort zusammen. Mutanten? Aufgrund der Anomalien hatte er sich sehr viel mit der evolutionären Vielfalt der Tiere beschäftigt, aber Mutanten? „Mutanten werden meist… durch irgendetwas generiert. Ein chemischer Unfall, oder…“, begann er laut zu überlegen, doch es ergab nicht wirklich Sinn. Welcher Chemiebaukasten sollte explodiert sein um Menschen mit Reptilien zu verschmelzen? Und noch wichtiger, wurden diese Raps so geboren, oder… oder waren sie einmal Menschen? Evan dachte daran Kyle diese Frage zu stellen, doch wenn er ehrlich war, wollte er es gar nicht wissen. „Wir bekämpften die Raps, aber es waren einfach zu viele. Die Anomalien schlossen sich nicht mehr und die Invasion war nicht mehr aufzuhalten. Regierungen fielen zusammen wie Kartenhäuser und Widerstandsgruppen bildeten sich. Doch das war erst der Anfang. Aus den Anomalien krochen viele Arten von Sauriern und immer neue öffneten sich. Es war ihnen einfach nicht mehr Einhalt zu gebieten.“, fluchte er und boxte gegen das Lenkrad. „Keine Sorge, wir sind bald da.“, hängte er noch dran, auch wenn Evan immer noch keinen Schimmer hatte, wo er eigentlich hingebracht werden sollte. Hatten diese Kreaturen, die offensichtlich aus der Zukunft kamen und die Gegenwart überfielen etwas damit zu tun, was Evan getan hatte? Nein, alles was er getan hatte, war Harrisons Annexions-Anomalie zu schließen. Auf der anderen Seite hatte er die Zeitlinie schon ziemlich torpediert. Leeds’ Abstecher in die Zukunft, die Informationen die ihm Commander Matt Anderson anvertraut hatte und etwaige Veränderungen durch Harrison selbst. Hatte irgendetwas davon zu diesem Ereignis geführt? Es wäre plausibel, denn in so einer Umgebung konnte sich die Welt von 2210 unmöglich entwickeln. Doch wenn Kyle die Wahrheit sprach, wäre das ACC mit dieser Aufgabe ohnehin überfordert gewesen. „Schon klar, sie kommen aus der Zukunft, doch von wann genau?“, wollte er als nächstes Wissen. Doch Kyle konnte es ihm nicht genau beantworten. Es konnten 100 Jahre sein, vielleicht 1000 oder sogar Millionen. Fakt war, dass sie in die Gegenwart eingedrungen waren. Sie wussten nicht woher sie kamen und warum sich so viele Anomalien in ihre Zeit geöffnet hatten, nur eines stand fest. Die Menschen waren dieser Bedrohung offensichtlich nicht gewachsen und die Welt würde vollständig untergehen, sollten sie nicht besiegt werden. Das Aussterben der menschlichen Rasse stand somit kurz bevor. Die Fahrt dauerte eine Stunde, bis Evan in etwa abschätzen konnte worin ihr Ziel lag. Erst als sie eine Schnellstraße verlieren und in eine Gasse einbogen, warf er Kyle einen überraschten Blick zu. „Cross-Photonics?“ Der Fahrer nickte schweigsam und wies seine Leute an, besonders wachsam zu sein. „Dort hat sich die Widerstandsgruppe der Stadt verschanzt, auch wenn es sich nur um etwa 100 Leute handeln dürfte. Wir haben die Technologie um die Raps und andere Prädatoren abzuwehren, auch wenn unsere Ressourcen zu Neige gehen. Ich will ehrlich sein, Evan. Wir brauchen Ihre Hilfe und Sie werden alles in Kürze erfahren.“, versicherte er. Evan fragte sich wie viele Widerstandsgruppen es im Land oder auf der ganzen Welt noch gab. Er hatte diese humanoiden Reptilien erlebt, sie waren nicht nur schnell und stark, sondern außerordentlich Intellekt. Zwar wirkten sie nicht, als wäre in ihren Gehirnen noch eine Art von Bewusstsein vorhanden, aber sollte es genauso groß sein wie das eines richtigen Menschen stellten dieses ‚Raps’ sicher die gefährlichste Spezies dar die es je gegen hatte. Nach wenigen Metern näherten sie sich dem Cross-Photonics Gebäude und Evan hätte sich gewünscht auf eine andere Art und Weise nach Hause zu kommen. In seiner Vorstellung wurde er kräftig von seinen Freunden umarmt und willkommen geheißen. Stattdessen öffnete sich die breite Stahlschranke und verschaffte dem SUV Zutritt zu der Tiefgarage des Gebäudes. Die Männer sprangen aus dem Fahrzeug und baten Evan ebenfalls auszusteigen. Dieser folgte und ließ seinen Blick schweifen. Überall Brandflecken und Einschusslöcher an den Wänden. Wirklich kein schöner Anblick und er fragte sich, wie es wohl erst in den oberen und unteren Etagen sein würde. „Hier lang.“, rief ihn Kyle und zeigte in eine Richtung. Evan dachte daran sich zu räuspern, unterließ es dann aber. Kyle musste natürlich wissen, dass Evan das Gebäude besser kannte als jeder andere, doch im Moment schien er zu gestresst für alles Weitere zu sein. Weitere Bewaffnete liefen auf die Gruppe zu und nahmen sie in Empfang. „Wie geht es meiner Mutter?“, fragte Kyle hastig, doch nur ein schweres Schlucken seitens der Männer und Frauen folgte. Evan erkannte die Wut im Gesicht des Mannes, der etwa im gleichen Alter war wie er. „Wir dürfen keine Zeit verlieren, andernfalls können wir die Zeitlinie wie geplant nicht ändern.“, erwiderte er und seine Leute ließen ihn durch. Was hatte Evan da gehört? Die Zeitlinie ändern? Zugegeben, er selbst war inzwischen Experte darin, doch warum beschlich ihn das Gefühl, dass Kyle von ihm verlangte bei dieser Aktion eine entscheidende Rolle einzunehmen? Auf jedenfalls war Evan aus einem bestimmten Grund in diese Ära gekommen. Brauchte Kyle vielleicht sein Fachwissen? Und wenn die Ereignisse des heutigen Tages wirklich schon einmal stattgefunden hatten, sofern dieser die Wahrheit sagte, was war geschehen? „Den Fahrstuhl können wir nicht benutzen, weil der Strom zu Neige geht.“, informierte ihn Kyle und verwies dem ehemaligen Besitzer des Gebäudes auf die Treppe. Was Kyle und seinen Widerstandskämpfern wohl noch alles fehlte? Nahrung und Wasser vielleicht? Auf der einen Seite war es sicher kein Problem sich aus den vielen verlassenen Supermärkten zu bedienen, auf der anderen würden sie jedes Mal gegen Raps oder andere Karnivoren antreten müssen. Evan erinnerte sich an die zahlreichen Zombie die er gesehen hatte. Die meisten davon waren grottenschlecht gewesen, hatten aber alles gemeinsam. Nahm man die Logik weg, waren sie allesamt realistisch. Wie verhielt sich die Menschheit wenn sie von einem übermächtigen Feind angegriffen wird? Dass sie kämpfte war klar, aber wie erfolgreich wäre sie wirklich? Evan konnte das Ergebnis anhand dieser Zeitperiode feststellen, die nicht allzu fern von seiner lag. Gerade einmal 50 Jahre in der Zukunft und zumindest Vancouver glich einem Schlachtfeld. Und vermutlich betraf es inzwischen die ganze Welt. „Es ist lachhaft, nicht wahr?“, kam es nun von Kyle und Evan sah ihn an. „Wir haben großartige Technologien entwickelt und eine Vielzahl an modernen Waffen. Aber trotzdem… kommen wir nicht gegen diese Echsen mit ihren scharfen Zähnen an.“, stieß er hervor. Evan konnte ihn gut verstehen. Auch er hatte Leute verloren, obwohl Cross-Photonics viele finanzielle Möglichkeiten offen standen um sich militärisch auszurüsten. Doch gegen die Initiative und die Vitalität eines gefährlichen Raubtiers konnten die menschlichen Reflexe einfach nicht mithalten. „Vergleichen Sie einmal wie lange die Dinosaurier gelebt haben mit der Zeitspanne der Menschen.“, entgegnete er und Kyle lachte kurz. „Und jetzt stehen wir vor unserer eigenen Apokalypse? Das ist etwas, das ich nicht akzeptieren kann.“, sagte er scharf und beschleunigte sein Tempo. Als die beiden Männer die unterste Etage von Evans ehemaliger Firma betraten, war diese sogar noch besser geschützt als der Eingangsbereich. Massive Stahlschotten waren vor die Eingänge gepflanzt worden und würden Raubtiere mit Sicherheit vom Eindringen abhalten. Ja, selbst Terroristen hätten keine Chance in diesen Bunker einzudringen. Kyle führte Evan in einen Bereich, der durchaus wohnlicher wirkte. Ein Mann mit weißem Kittel schritt ihnen entgegen und Kyle hastete auf ihn zu. „Doktor Chang! Bitte verraten Sie mir wie es meiner Mutter geht.“, schien er sehr in Sorge zu sein. Die Miene des Arztes wirkte sehr ernst und kaum zu durchschauen. „Es tut mir sehr leid, aber die letzte Behandlung hat nicht mehr angeschlagen. Ich konnte nichts tun um das rapide Absterben der Zellen aufzuhalten. Ich fürchte sie hat nur noch 1 bis 2 Tage im Höchstfall.“, gestand er. Kyle der gegenüber Evan als smarter Anführer der Widerstandsgruppe aufgetreten war schien nun sehr traurig und ballte die Hände zu Fäusten. Dann erinnerte sich der Leiter von Cross-Photonics plötzlich wieder an Kyles Worte. „Sie erwähnten vorhin eine ‚Sie’. Ist es Ihre Mutter, die mich sprechen wollte?“, hakte er nach. Sofort drang in Kyles Miene etwas, das nach Hoffnung aussah. „Wir müssen weiter.“, sagte er dann und führte den Zeitreisenden in einen Korridor, in dem sich mehrere Schlafzimmer zu befinden schienen. Ohne anzuklopfen betrat er eines davon und Evan musste sogar laufen um mit ihm Schritt zu halten. Wenig später standen beide in einem weitläufigen Zimmer, das teils heimisch, aber auch teils wie ein steriler OP-Saal wirkte. Der Arzt war den beiden gefolgt und räusperte sich. „Es ist wirklich keine gute Idee sie jetzt noch zu beunruhigen.“, erwiderte er, doch davon wollte Kyle nichts wissen. „Nehmen Sie ihr den Schlauch aus dem Mund. Sie muss einige Fragen beantworten können.“, wies er den Arzt an und dieser sträubte sich zuerst. Kyle musste ihn erst von der Notwendigkeit überzeugen. Evan hatte das Bett nun im Blickfeld und inspizierte erst die medizinischen Apparaturen und dann die Patientin selbst. Es handelte sich um eine alte Frau. Ihre Haare waren grau, nicht weiß. Ihre Falten hielten sich im Maße, doch das änderte nichts daran wie schwach sie wirkte. Sie hatte ihre Augen geschlossen, aber dennoch spürte Evan eine tiefe Vertrautheit dieser Person gegenüber. Der Arzt schritt zum Krankenbett und entfernte den Schlauch, der an das Beatmungsgerät angeschlossen war aus dem Rachen der Patientin. Erst nahm Evan an sie würde schlafen, doch dann wurde ihm klar, dass sie hellwach war und alles mitbekam. Es kostete ihr viel Mühe ihren linken Arm auszustrecken. Er war direkt auf Evan gerichtet. Aber warum? Diese Frau konnte ihn nicht kennen, oder? Kyle trat an das Bett und setzte sich zu seiner Mutter. „Mutter, ich habe ihn gefunden. Er war dort wo du gesagt hast.“, sprach er fürsorglich. Die alte Frau öffnete nun die Augen und bedachte ihren Sohn eines dankbaren Blickes. Evan starrte in zwei dunkelgrüne, vom Schmerz gepeinigte Augen. Sein Herz begann schneller zu schlagen und ein kalter Schauer raste seinen Rücken hinab. War das möglich? Noch immer behielt die Frau ihren Arm in der Luft, der kontinuierlich schwächer wurde. Evan eilte zu ihr und ergriff ihre Hand. Die alte Frau lächelte und wirkte unglaublich glücklich. „Dich noch einmal zu sehen… ist so schön.“, krächzte sie und hustete gleich danach. Evan legte ihr eine Hand auf die Stirn und erwiderte das lächeln. „Das ist verrückt.“, entfuhr es ihm. Die alte Frau nickte schwach. „Ich habe mich verändert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.“, musste sie sich eingestehen. Evan verneinte augenblicklich. „Aber nicht doch. Du bist noch hübscher geworden.“, flüsterte er ihr zu und die Frau musste kurz kichern, was ihr Schmerzen beriet. Kyle warf Evan einen kritischen Blick zu. „Warte, wenn sie deine Mutter ist, dann bist du…?“, starrte er seinen Retter überrascht an. Kyle nickte und bestätigte es ihm. „Mein Name lautet Kyle Weir. Und jetzt verstehen Sie sicher woher ich so viel von Ihnen weiß.“ Evan sah abwechselnd zum Sohn und zu seiner Mutter. Es war beinahe beschämend gewesen, dass er seine beste Freundin nicht auf Anhieb erkannt hatte. Doch die Dylan an die er sich erinnerte besaß brünettes, volles Haar und genug Energie um sogar einen Saurier in die Flucht zu schrecken. Die Person vor ihr schien aber jegliche Kraft und Temperament verloren zu haben. „Tut mir leid. Scheinbar habe ich mich etwas verspätet.“, gestand Evan kleinlaut. 50 Jahre waren wohl neuer Weltrekord bei dem sich jemand verspäten konnte. Evan hatte sich nie Illusionen gemacht. Eine Anomalie die direkt zu dem Tag seines Verschwindens oder zumindest in unmittelbare Nähe geführt hätte, wäre einfach zu schön gewesen. Er hatte es zurück zu seinen Freunden geschafft, zumindest zu Dylan. Aber 50 Jahre? War das der Preis dafür, sie noch einmal zu sehen? Ein letztes Mal zu sehen? Dylan schüttelte leicht den Kopf. „Aber nein, was redest du denn da? Wir haben viele, wunderbare Jahre verbracht.“, erwiderte sie. Ein Stutzen seitens Evans. „Aber… hast du mich nicht für tot gehalten, nachdem ich durch die Annexions-Anomalie gegangen bin?“, wollte er wissen. Dylan schien über diese Aussage erstaunt zu sein. „Aber du bist zurückgekehrt! Du hast von deinen Abenteuern berichtet und von der neuen Gefahr in der die Welt schwebt. Ich wusste wo Kyle dich finden kann und auch dieses Gespräch hier an meinem Totenbett hat schon einmal stattgefunden. Und zwar weil du mir davon berichtet hast.“ Evan fügte alle Puzzleteile zusammen und kam nur zu einem Schluss. „Ich habe es nach Hause geschafft…“, murmelte und Dylan gab ihm recht. „Ja, zurück ins Jahr 2014. Kyle wird dir alles erklären, aber es ist wichtig, dass du die Leute dort warnst. Sie müssen sich auf die Raps vorbereiten und wenn es dir gelingt, versuche zu verhindern, dass sie aus der Zukunft in die Gegenwart eintreten.“, sagte Dylan nun mit kraftvoller Stimme, was ihr enorm viel Energie abverlangte. Sie begann zu husten und zu keuchen und der Arzt gab ihr eine Spritze. „Sie muss sich jetzt ausruhen!“, protestierte der Arzt und schloss sie wieder an das Beatmungsgerät an. Dylan schien einzuschlafen, denn ihre Hand rutschte aus der von Evan. Kyle erhob sich und blickte zu dem Zeitreisenden. „Wir haben noch viel zu tun. Wir können Sie nach Hause schicken, aber ich brauche Ihre Hilfe.“, sagte er und Evan blickte zu ihm auf. „Ich soll… Dylan ausgerechnet jetzt alleine lassen?“, konnte er es nicht glauben. Kyle knirschte die Zähne. Eigentlich hätte er das Recht gehabt diesen Satz auszusprechen, nein diese Bitte. Aber er war gleichzeitig der Anführer dieser Widerstandszelle und musste mit einer Menge Verantwortung klarkommen. „Ich… wir können nichts mehr für Mutter tun. Zumindest nicht in dieser Zeit. Wir haben lange Zeit atomare Waffen gegen die Raps eingesetzt, doch das radioaktive Material, so gut es auch isoliert war, hat sich Stück für Stück in Mutters Körper verankert. Wir können ihr Leben retten, aber nur wenn wir den Untergang der Welt durch die Raps verhindern.“, sagte er entschieden. Evan stand auf und stimmte ihm zu. Normalerweise scheute er sich davor die Zeitlinie zu verändern, er hatte sich sogar von Brooke verabschiedet um zu verhindern, dass die Zeit wie eine stürmische Welle über das Land hinweg zog. Doch das hier war etwas anderes. Er musste verhindern, dass diese Kreaturen sich die Anomalien zu Nutze machten und somit den normalen Zeitverlauf quasi ausradierten. Von der menschlichen Rasse ganz zu schweigen. Es fiel ihm schwer Dylan zurückzulassen, vermutlich fast so sehr wie ihrem eigenen Sohn. Die beiden Männer ließen sie in den Händen des fähigen Arztes und Kyle führte Evan aus dem Raum. Sie verließen den Korridor und standen bald in der ehemaligen Kommando-Zentrale von Cross-Photonics. Einige Widerstandskämpfer liefen aufgeregt umher und einer sprach Kyle an. „Sir, es gibt undefinierbare Neuigkeiten.“, gestand er. Undefinierbar? Was meinte er damit? „Scheinbar… sind die Raps verschwunden.“, berichtete er. Sowohl Kyle als auch Evan bedachten ihn eines perplexen Blickes. „Was meinen Sie mit… verschwunden? Allein in dieser Stadt gibt es hunderte von ihnen.“, rief ihm Kyle ins Gedächtnis. Der Mann nickte und wirkte etwas verlegen, sowie unwissend. „Unsere Späher berichten, dass sie keine Raps mehr in der Stadt finden konnten, egal wo sie auch gesucht habe. Sie könnten sich gut versteckt haben, aber warum?“, berichtete er. Kyle verfiel in eine nachdenkliche Starre. Auch er schien keine Erklärung für den plötzlichen Rückzug des Feindes zu haben. „Beobachten Sie die Situation weiter und geben Sie mir Bescheid wenn sie sich wieder regen.“, befahl er und wies dann in eine Richtung. Er brachte Evan zu einem Abgang und dieser war erstaunt, dass es inzwischen noch ein weiteres Untergeschoss in seiner Firma gab. Tief unter der Erde waren sie geschützt, doch was sollten sie hier? Sie erreichten mehrere Türen und Kyle gab einen Sicherheitscode an einer von ihnen ein. Der Zugang wurde frei und Kyle vollführte eine einladende Handbewegung. Evan folgte der Einladung und kaum hatte er den Raum betreten ging automatisch das Licht an. Die Wände waren weiß und die Dekoration sehr einseitig. Mehrere Tische und Stühle auf denen sich verschiedene Gerätschaften tummelten. Evan Schritt näher und betrachtete einige davon. Er erkannte ein mobiles Anomalien Suchgerät, sowie einen Timer den er zusammen mit Toby konstruiert hatte. Als er den Tisch wechselte erkannte er sogar einige seiner früheren Projekte die er für Cross-Photonics entwickelt hatte. Doch sie wirkten allesamt neu und nicht von der Zeit gezeichnet. „Ehrlich gesagt habe ich Ihre Arbeiten studiert. Sie sind wirklich ein Genie das muss ich zugeben. Ich verstehe zwar noch nicht ganz was meine Mutter in Ihnen sieht, warum sie glaubt, dass wir ausgerechnet unsere letzte Hoffnung in Sie legen sollten, aber ich werde ihrer Bitte folgen.“ Kyle begab sich zur seitlichen Wand und Evan erkannte einen eingemauerten Safe. Der Führer des Widerstandes gab einen weiteren Sicherheitscode ein und entriegelte das eiserne Versteck. Evans Augen wurden groß als er die Apparatur in Kyles Händen erblickte. Zuletzt hatte er sie gesehen, als Julian Harrison die Annexions-Anomalie kreiert hatte. Jetzt war auch klar, wie Kyle ihn in seine Zeit zurückschicken wollte. „Ein Opener? Wo zum Teufel haben Sie das Ding her?“, hakte er interessiert nach. Kyle trat näherte und zeigte ihm die handliche Zeitmaschine. „Dieses Gerät gehörte dem Mann, den Sie als Harrison kannten. Er benutzte es um eine Anomalie aus der Zukunft zu öffnen und in Ihre Zeit zu gelangen.“ Jetzt sah Evan schon klarer. Das war also das Gerät mit dem Leeds so viel Ärger gemacht und ins Jahr 2210 geflohen war. Doch er erinnerte sich an noch etwas. „Harrison meinte sein Gerät würde nicht mehr funktionieren, weshalb er mich entführen ließ und mir den Opener abnahm, den ich vom ACC erhalten habe.“, erwiderte er. Kyle nickte, scheinbar war ihm die Geschichte bestens bekannt. „Und genau da liegt das Problem. Beziehungsweise kommen Sie ins Spiel. Könnte ich das Gerät nutzen wäre ich längst in die Vergangenheit gereist und hätte die Leute gewarnt, oder irgendwie das Öffnen der Anomalien verhindert. Aber leider ist die Energiezelle dieses Openers leer und ich habe keine Ahnung wie ich sie wieder aufladen soll. Meine Leute haben ihn auf einer Routine-Patrolliere gefunden und hielten ihn für wertvoll. Das ist er ja auch, nur im Moment leider nutzlos.“ Evan nahm ihm den Opener vorsichtig aus der Hand und betrachtete ihn. Der Versuch ihn einzuschalten schlug fehl, wie bei einem Handy war ihm schlichtweg der Akku ausgegangen. Es war als wenn man dringend telefonieren müsste, aber vergessen hat sein Ladekabel mitzunehmen. „Welche Arten von Energie haben Sie bereits versucht?“, hakte er nach. Kyle seufzte. „Nicht einmal das weiß ich. Dieses Ding besitzt keine einzige Schnittstelle an der man irgendwas anschließen könnte. Ich habe einen Stromstoß durch es durchgejagt, aber ohne Erfolg. Am Ende habe ich es vielleicht sogar beschädigt. Ich habe es sogar mit Atompartikeln versucht, doch vergebens. Ach verdammt, ich habe das Mist Ding sogar in die Sonne gehalten, aber es akzeptiert keine Energie die ich kenne. Vermutlich wird sie erst in der Zukunft entdeckt, oder hätte entdeckt werden sollen.“, brachte er seinen Missmut zum Ausdruck. „Schon mal mit Zitronen versucht?“, schlug Evan vor, kassierte aber nur einen abwertenden Blick von Kyle. „Das hier ist kein Spiel, Evan. Mac Rendell. Leo Donovan. Toby Nance. Angelika Finch. Am Anfang haben sie sich gegen die Raps gewehrt, wurden aber getötet. Vor einigen Jahren starb auch noch mein Vater und ich übernahm die Leitung des Widerstandes. Doch meine Mutter hat das alles zu sehr geschwächt. Sie hat durchgehalten, weil sie das immer tat. Doch jetzt ist sie am Ende ihrer Kräfte und steckt all ihre Hoffnungen in Sie.“, erzählte er. Evan bereute seinen Scherz bereit. „Ihr Vater? Kenne ich Ihn zufällig?“, hakte er nach. Kyle wich seinem Blick aus, antwortete aber trotzdem. „Ja und das sehr gut. Es sind nämlich Sie. Sie sind mein Vater, Evan.“, verriet er ihm. Dieser stolperte zurück und krachte gegen einen der beladenen Tische. „I… ich? Aber Dylan und ich waren nie… also… . Ist das Ihr… dein Ernst?“, begann er zu stammeln. Kyle war einen Moment ruhig und wirkte sehr ernst. Dann verzog er die Lippen zu einem breiten Grinsen. „Nein, ich habe Sie nur getrollt.“, gab er Entwarnung. Wenn Evan jetzt einen Spiegel gehabt und hinein geblickt hätte, hätte er sich sicher über das dumme Gesicht seines Gegenübers lustig gemacht. „Das war die Rache für den Zitronen-Spruch. Nein, mein Vater tut nichts zur Sache. Sie kennen ihn zwar, können ihn aber nicht retten, wenn wir nicht eine Lösung für den Opener finden.“ Evan stimmte ihm zu, auch wenn er ihm nicht helfen konnte. Er hatte selbst versucht die Technologie hinter dem Opener zu begreifen, den das Anomaly Control Center gebaut hatte. Doch es war nur möglich gewesen ihn zu bedienen. Keine Gebrauchsanleitung, keine Schrauben mit dem man vielleicht in das Innere der Wundermaschine hätte blicken können. Matt Anderson hatte ihm nicht erklärt welche Energie der Opener nutzte. Vermutlich wollte er vermeiden, dass Evan das Gerät auf Dauer nutzte und vielleicht in Versuchung geriet die Vergangenheit zu ändern. Jetzt hingegen war es unvermeidlich geworden. Es war nicht vorgesehen gewesen, dass diese humanoiden Reptilien, welche die Menschen in dieser Ära nur ‚Raps’ nannten sich ihren Weg hierher suchten. „Ich habe keine Idee, aber wenn wir nicht noch mehr Zeit verlieren wollen… sollten wir uns dransetzen.“, schlug er vor. Kyle stimmte ihm zu. Immerhin war dieser Opener das Einzige, was zwischen ihnen und der Apokalypse stand. Cross-Photonics „Mac Rendell!“, erklang eine strenge und einnehmende Stimme. Macs Nackenhaare kräuselten sich und es war nicht einmal nötig sich umzudrehen. Dennoch tat er es und beobachtete wie Harold Kanan auf ihn zu stapfte. „Gut, dass ich Sie noch erwische!“, sprach er zeigte mit dem Finger auf den Captain. Mac war sich nicht sicher ob das wirklich der Fall war, doch er setzte eine freundliche Miene auf und wartete darauf, dass Harold sein Anliegen darbrachte. „Sie haben mir noch gar nicht die Akte von gestern zugesandt.“, erinnerte er ihn. Mac neigte den Kopf und schnitt eine unschuldige Miene. „Tut mir leid, ich bin noch nicht dazu gekommen.“, versuchte er sich herauszuwinden. „Und die Akte von letzter Woche?“, wand Harold ein. „Ich bin noch nicht dazu gekommen.“, gestand Mac. „Und die Akte von vorletzter Woche?“, startete Harold einen letzten Versuch. „Ich bin noch nicht dazu gekommen.“, wiederholte Mac monoton. Harold stemmte die Hände in die Hüfte und wirkte resigniert. „Ich weiß ja, dass das nicht Ihre Stärke ist, aber verstehen Sie mich bitte. Erst die Sache mit Evan Cross und dann ist auch noch Angelika weg. Ich habe diese Firma nicht aufgebaut, sie waren es.“ Mac stemmte sich am Geländer des Ganges ab und lugte hinunter zur Kommando-Zentrale. Er beobachtete das rege Treiben der Mitarbeiter, wie sie entweder versuchten Informationen zu erarbeiten oder welche zu versuchen. Harold hatte Recht, er war als Finanzier eingestiegen um Evans Anomalien Geheimnis so gut es ging zu unterstützen. Doch ohne Evan wollte auch Angelika nichts mehr hiermit zu tun haben weshalb alles an Harold fiel. „Ich habe vielleicht Erfahrung mit Marketing oder Investment-Fonts. Und… ich blicke auf eine recht große Anzahl an Gerichtsverhandlungen zurück. Aber das was Evan Cross hier aufgebaut hat ist einfach so… anders.“ Mac nickte leicht. „Ich weiß was Sie meinen. Auch wenn ich ihn nicht gut kannte, dürfte es ihm ähnlich gesehen haben, nur ganz besondere Charaktere einzustellen. Sie wissen, dass ich mich nicht mit der Forschung und der Produkterstellung in den Etagen über uns interessiere. Ich wurde vom ARC lediglich als Verbindungsoffizier eingesetzt und schaffe es gerade einmal so die Anomalien zu managen.“, gab er zu. Harold strich sich durchs Haar und sah ebenfalls nach unten. „Aber inzwischen sind Sie mehr, habe ich nicht recht? Sie haben Evans Platz eingenommen und auch wenn es Ihnen nicht so erscheint, die Leute hier werden danach urteilen. Sie sehen Sie weder als Ersatz noch als Nachfolger, sondern als eigenständige Person. Zugegeben, was Ihre Arbeitsmoral angeht sind mit Evan Cross auf einem Niveau, aber Ihre Haltung und Vorgehensweise unterscheidet sich von ihm. Seit Sie das Anomalien Team anführen, haben wir weder Leute verloren, noch gab es einen großen Skandal. Und bei Cross’ kleinen Freunden ist das bemerkenswert.“ Macs Augen verneigten sich. „Wollen Sie damit sagen, dass ich diesen Job besser als er mache?“ Harold verneinte augenblicklich. „Nein, ich will nur sagen, dass Cross kein Soldat war und die Dinge völlig anders handhabte. Er ging mit seinen Freunden auf seine Weise um und Sie auf Ihre. Sie beide sind unterschiedlich, keine Frage, aber dennoch auf einer Wellenlänge. Sie sind jetzt der Boss und geben den Unnahbaren, ich habe es mit meinen Angestellten genauso gemacht. Allerdings habe ich mit denen nicht Rücken an Rücken gekämpft. Bei Ihrer Arbeit geht es vor allem um Vertrauen und dazu muss man seinen Verbündeten kennen, besonders wenn man Befehle von ihm entgegennehmen soll.“ Mac nahm die Worte in sich auf und nickte dann. „Danke für den Ratschlag. Ich werde mir die Akten dann mal bei Gelegenheit ansehen.“, versprach er und schlenderte die Treppe hinab. „Nein, werden Sie nicht.“, sagte Harold zu sich selbst, als Mac schon verschwunden war. Dieser hatte nämlich ein festes Ziel und zwar die Waffenkammer des Gebäudes. Nachdem er den Fahrstuhl betreten hatte, begann er ein Lied zu summen. Er kannte weder Titel noch Songtext, doch fuhr damit fort, bis sich die Tür wieder öffnete. Mac trat heraus und legte die paar Meter zur Waffenkammer zurück. Er drückte die schwere Metalltür auf und trat ein. Ein Mann wand sich erschrocken um und beäugte den Captain skeptisch. Mac hob zur Begrüßung seine Hand, doch das half Donovan nicht dabei sich zu lockern. Dieser war gerade damit beschäftigt die EMDs sowie die scharfen Waffen zu überprüfen. „Alles bereit für den nächsten Einsatz?“, wollte Mac wissen und der ehemalige Major nickte leicht. „Ja, gibt es ein Problem? Haben Sie etwas auszusetzen? Sir?“ Autsch. Es war wie ein Nadelstich im Nacken. „Donovan, Sie leisten wirklich gute Arbeit. Ich weiß es muss schwierig sein. Technisch gesehen nehme ich einen niedrigeren Rang ein, als Sie ihn einst trugen. Noch dazu kommt es, dass nun ich die taktischen Entscheidungen für das Team treffe.“ Donovan musterte seinen Vorgesetzen einige Zeit. „Sie haben das Kommando seit nun einem Jahr inne, richtig? Haben Sie seitdem Leute verloren?“, hakte er nach. Mac zögerte kurz. Da sich Donovan im selben Team befand wie er, musste die Antwort darauf kennen. Es handelte sich also um eine Kontrollfrage. „Sie wissen, dass wir ein sehr gutes Jahr hatten.“, erwiderte er stattdessen. Donovan schluckte und stimmte ihm zu. „Als ich noch die taktische Leitung des Teams innehatte, verlor ich drei Männer. Evan Cross war einer davon. Als er sich entschied durch die Anomalie zu gehen, war ich nicht im Stande ihn aufzuhalten.“, knirschte der Ex-Soldat nun mit den Zähnen. Darum ging es also. „Vergessen Sie nicht, dass ich es auch nicht konnte. Oder lag es daran… dass Sie damals die taktische Leitung trugen? Was hätten Sie stattdessen getan? Evan zurückgezogen? Hätten Sie einen Befehl verweigert, wenn er Ihnen gegeben worden wäre?“, fragte Mac scharf. Donovan brach den Blickkontakt ab und sah zu den scharfen Waffen. Mac hatte es erlaubt, dass diese für den Notfall hier gelagert wurden. Man konnte die Situationen nie vorhersagen und sicher war sicher. „Ich hätte es vielleicht zurückgeschafft. Ich habe Erfahrung mit heiklen Situationen und geübter darin eine Schusswaffe zu bedienen.“, gab er zu bedenken. Mac trat dem Ex-Major nun gegenüber. „Ihr Selbstbewusstsein ist gut für diesen Job hier. Leichtsinn und Überheblichkeit allerdings nicht. Wie Sie sagten, Sie waren der taktische Leiter des Teams und nicht der operative. Hätten Sie gewusst wie der Opener zu bedienen ist? Ich nicht.“, antwortete er. Zugegeben, Connor hatte das Gerät ein paar Mal erwähnt und ihm einige technische Spezifikationen genannt, doch Mac hatte jedes Mal das jeweilige Ohr geschlossen und im Kopf den Songtext seiner Lieblings-Band rezitiert. Das verschwieg er Donovan freilich. „Ich… kann es einfach nicht akzeptieren so untätig zu sein. Wie… wie jetzt.“, verriet dieser. Mac klopfte ihm nun gegen die Schulter. „Weil alle Entscheidungen bei mir liegen? Ich verrate Ihnen jetzt einmal was. Als ich im ARC gearbeitet habe, war ich zwar nur stellvertretender, taktischer Leiter, doch das änderte nichts daran, dass ich auch Kameraden verloren habe. Ich bin nicht perfekt, deshalb brauche ich hin und wieder Ihre Meinung damit wir weder Verwundete, noch Tote machen. Ich verlange nicht, dass Sie sich mir unterordnen, das ist bei so einem Team ohnehin schwierig. Ich will nur, dass wir beide Zusammenarbeiten.“, sprach er seine Bitte aus. Donovan ließ die Worte einige Zeit auf sich wirken, dann hob er seine Hand und hielt sie ausgestreckt gegen seine Schläfe. „Ja, Sir!“, salutierte er ordnungsmäßig und zeigte so, dass er Mac als Vorgesetzten akzeptierte. „Rühren Soldat!“, erwiderte dieser scherzhaft. Donovan kümmerte sich wieder um die Waffen und Mac war froh zumindest das geklärt zu haben. Tja, einen hatte er schon mal, zumindest ein Anfang. Er verließ die Waffenkammer wieder und trat den Rückweg zu seinem Büro an. „Wie hättest du es wohl gemacht, Evan?“, überlegte er währenddessen. Cross-Photonics – 2052 Es waren bereits mehrere Stunden vergangen, doch Evan und Kyle zerbrachen sich inzwischen die Köpfe. Kyle erzählte von seinem Versuch das Gerät zu röntgen, doch auch das verschaffte keinen Einblick in das Innenleben. Alles was er vor sich hatte war ein rechteckiges Stück Glas, in das Daten sowie Programme eingespeist wurden. Es gab keine altmodischen Drähte oder Kabel die man verbinden konnte, noch war es möglich das Gerät an einen Computer anzuschließen. Das Problem war, obwohl sie sich im Jahr 2052 befanden, war diese Zeit noch zu primitiv um irgendwas ausrichten zu können. Vor Wut schleuderte Kyle einige Papiere zu Boden und fluchte. Evan konnte es ihm nicht verdenken, auch wenn er an seiner Stelle sein sollte. Die Vergangenheit war sein Zuhause, der Ort an den er dringend zurück musste. Doch Kyle wollte seine Gegenwart retten und das war nur möglich, indem er die Vergangenheit änderte. Er schreckte auf als ein lautes Geräusch ertönte. Er sah sich um und taste zu einem Wandtelefon. Evan fiel auf, dass die meiste Technologie sich nicht sehr weit entwickelt hatte. Aber was erwartete man, wenn der Erde eine Invasion von menschenartigen Reptilien drohte? Da konzentrierte man sich natürlich auf den Kampf oder das Verstecken. Wenn es Fortschritte gegeben hatte, dann lediglich in der Entwicklung moderner Waffen. Kyle nahm den Hörer ab und wechselte ein paar Worte. Dann wurde er kreidebleich und ließ den Hörer fallen. Ohne ihn wieder auf die Gabel zu legen rannte er aus dem Labor und Evan beschloss ihm zu folgen. Sie rannten die Treppe nach oben und Kyle schlug denselben Weg ein, den sie bereits gekommen waren. Sie erreichten den Gang und Evans Versuche Kyle zum Warten zu bewegen verhallten. Bald war dieser vor dem Zimmer seiner Mutter angekommen und stieß die Tür auf. Evan blickte ihm über die Schulter und erkannte nicht nur den Arzt, sondern auch zwei Schwestern. Diese entfernten gerade das Beatmungsgerät aus Dylans Rachen, während der Arzt die Decke über ihren Kopf schieben wollte. Kyle stieß ihn beiseite und beugte sich weinend über seine Mutter. Immer wieder schüttelte er ungläubig den Kopf und fuhr ihr über die Stirn. Evan hatte sich stets gewünscht seine Freunde zu beschützen, damit diese nicht von angreifenden Sauriern erwischt, sondern erst im Alter sterben konnten. Doch das hier hatte er sich nicht vorgestellt. Dylan und ihre Familie konnten kaum ein richtiges Leben gehabt haben, bei dieser Invasion. „Es… tut mir leid.“, hauchte Evan, doch Kyle ignorierte ihn. Ob er ihm die Schuld hierfür gab? Evan war sich nicht einmal selbst im Klaren, ob er nicht doch etwas hierzu beigesteuert hatte. Er hatte die Zeitlinie schon so oft gebogen und rebootet, dass im Prinzip alles eintreten konnte. Evan glaubte kaum das Recht dazu haben und überließ es Kyle deshalb alleine sich von seiner Mutter zu verabschieden. Dann legte der Arzt die Decke über ihren Kopf und Kyle faltete die Hände zusammen. Er ignorierte sogar die Beileidsbekenntisse aller anderen Anwesenden. Doch was darauf folgte, konnte er nicht ausblenden. Sofort verringerte sich das Licht im Zimmer um etwa 50 Prozent. Evan nahm an, es war wegen des geringen Stroms, doch kurz darauf erklang ein ohrenbetäubendes Signal im ganzen Gebäude. Es erinnerte Evan an die Meldung einer Anomalie, konnte sich aber nicht vorstellen, dass der Widerstand darauf reagieren würde. Kyle sprang auf und sein Blick wirkte ängstlich und alarmiert. „Schließen Sie sich hier ein!“, befahl er dem Ärztepersonal und begann erneut zu rennen. Evan folgte ihm, musste aber warten bis sie im Kommando-Bereich angekommen waren um Antworten zu erhalten. Rotes Licht schimmerte an der Decke und immer mehr bewaffnete Kämpfer sammelten sich. „Kyle! Bitte verraten Sie mir was los ist!“, beharrte Evan, doch es war einer seiner Leute, der das erledigte. „Wir haben einen Sicherheitsbruch auf Eben D.“, meldete dieser Kyles Wut stieg ins Unermessliche. „Das ist ausgeschlossen! Auf Eben D gibt es keinerlei Eingänge, nicht einmal Stahltüren!“, erinnerte er. Sein Untergebener zuckte nur mit den Schultern und im nächsten Moment wurde die Kommandozentrale um einen Gast reicher. Völlig unerwartet zersplitterte ein Fenster und eine Gestalt landete auf einem der Computertische. Die Anwesenden waren zu perplex um sofort zu reagieren, was es ihr erlaubte sich auf einen der Kämpfer zu stürzen. Scharfe Krallen zerfetzten seinen Leib und die anderen feuerten. Die Kreatur starb binnen Sekunden infolge des Kugelhagels. Evan sah ungläubig zu wie das Wesen, die Kyle nur Raps nannte zu Grunde ging. Jedoch war es nicht allein. Weitere der humanoiden Reptilien bahnten sich ihren Weg zu der versammelten Mannschaft und kreischte gierig. „Verdammt, wo kommen die her?“, schrie einer der Männer und feuerte panisch. Die Raps stürzten sich auf die Leute die nahe am Fenster standen und schlugen ihre spitzen Zähne in deren Köpfe. Wildes Schreien und ungezielte Schüsse folgten. „Kyle, hast ist hier los? Ich dachte ihr währt ihr hermetisch abgeriegelt!“, war nun auch Evan klar geworden, dass es hier nicht mehr sicher war. Doch der Anführer des Widerstands stand einfach nur da. Seine Pupillen waren erweitert und starr beobachtete er das Treiben. Evan konnte seine Reaktion nachvollziehen. Erst war seine Mutter gestorben und nun überfielen diese Kreaturen seinen letzten Rückzugsort. Evan sah keine andere Wahl, als Kyle wachzurütteln. „Wir müssen uns zurückziehen!“, redete er auf Dylans Sohn ein. Doch dieser schien das anders zu sehen. Immer mehr Raps drangen in das Gebäude ein und es schien bald unmöglich sie zurückzuschlagen. „Wir sitzen in der Falle! Wir können uns nirgendwohin zurückziehen!“, offenbarte er. Doch Evan dachte nicht einmal aufzugeben und riss Kyle mit sich. Erneut hasteten sie Richtung Treppe. Kyle versuchte sich loszureißen, immerhin brauchten ihn seine Leute nun. Doch je lauter und öfter die Schreie wurden, umso klarer wurde es, dass es sich um ein Gemetzel handelte. Die Kämpfer mussten sich auf kleinsten Raum gegen eine Überzahl von Angreifern zur Wehr setzen. Kyle konnte ihnen nicht helfen, es gab nichts, dass er noch für sie tun konnte. Die beiden waren wieder im Gang vor dem Labor angelangt, bis plötzlich die Wand quasi explodierte. Die Bruchstücke prallten zu Boden und ein riesiges Loch entstand. Etwas sprang hervor und versuchte sich zu orientieren. Es besaß grüne, schuppige Haut und ein Gesicht das entfernt einem Menschen glich. Wenig später hatte es die beiden Männer entdeckt, doch Evan streckte seine Hand aus und zog Kyles Waffe aus dessen Halterung. Der Rap griff an, doch Evan jagte ihm zwei Kugeln durch seinen Schädel. Kyle hatte dadurch wieder zu seiner alten Form gefunden und ihm wurde bewusst, dass alles verloren war, wenn sie jetzt starben. Sie rannten zu dem Loch, doch dahinter befand sich kein Raum. Nur ein Tunnel. „Sie dringen unterirdisch in das Gebäude ein!“, erkannte es Evan als erstes. Kyle schüttelte unwirsch den Kopf. „Das ergibt keinen Sinn! Wir haben sie noch nie zuvor graben sehen und woher sollen sie überhaupt wissen, dass das funktioniert?“ Evan kannte diese Kreaturen erst seit einem Tag, aber dennoch unterschätzte er sie nicht. „Wenn diese Dinger irgendwie mit uns verwandt sind, dann beherrschen sie auch die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln. Sie haben bisher sicher vergebens versucht gegen die Stahlschotten anzukämpfen, versagten aber. Fliegen können sie nicht, also wurden sie kreativ.“ Bei letzterem Wort zuckte der Leiter von Cross-Photonics zusammen. Nein, diese Wesen glichen ganz und gar keinen Zombies, sie waren viel stärker und intelligenter. Was zum Teufel hatte sich die Natur nur dabei gedacht? Kyle griff Evan kurz an die Schulter und lief dann weiter. Als sie wieder im Labor waren, drückte Kyle die Tür zu und gab den Code für die Sicherung ein. „Die Tür ist sehr dick, sie werden nicht so schnell eindringen könnten.“, beruhigte er Evan. Doch das schien misslungen zu sein. Der Zeitreisende sah sich im Labor um. Es existierten keine weiteren Ausgänge, nicht einmal Waffen um sich zu verteidigen. Wahrscheinlich gab es hier sogar kaum Wasser um einer Belagerung Stand zu halten. „Hier können wir nicht ewig bleiben.“, führte er Kyle vor Augen und dieser musste ihm zustimmen. Ein harter Knall und die Männer drehten sich zu der Tür. Ein weiteres Aufprallgeräusch und ihnen wurde klar, dass ihre Gegner bereits versuchten die Barriere zu durchbrechen. Der Raum war stark gesichert, aber selbst wenn nicht, würden sie hier drin eher verdursten oder sogar ersticken wenn die Lüftung schlappmachte. „Es… gibt einen Ausgang.“, fiel es Evan dann ein, doch Kyle schüttelte stumm den Kopf. „Niemals! Wir können wir hinaus…“, begann er, folgte dann aber Evans Bewegungen. Dieser schritt zurück zum Tisch und nahm den Opener in die Hand. Kyle zischte leise. „Er ist nach wie vor unsere einzige Hoffnung, was? Aber es hilft nichts, uns fehlt die Zeit uns etwas zu überlegen. Selbst wenn wir in den nächsten Stunden eine Lösung finden sollten, kommen wir hier nicht mehr heraus. Kein etwaiges Werkzeug um ihn zu reparieren oder gar eine Energiequelle.“, versuchte er Evan in die Realität zurückzubringen. Doch dieser sah nur zu ihm und… lächelte. „Keine Stunden. Wenn meine Theorie richtig ist, sind wir in den nächsten Minuten hier weg.“, versicherte er. Die Skepsis war Kyle anzusehen, immerhin hatte er Jahre damit verbracht das Gerät zum Laufen zu bringen, ohne Erfolg. „Wer hat die Opener gebaut?“, hakte er nach. Kyle runzelte die Stirn und hielt es für eine Fangfrage. „Das Anomaly Control Center, so hat es mir meine Mutter erzählt.“, erwiderte er. Evan sah sich nun suchend um und eilte zu einer Anreihung mehrere Schränke. Er riss sie auf und begann zu wühlen. „Und er war der Vorreiter des ACC?“, stellte er die nächste Frage. Diesmal musste Kyle etwas überlegen. „Das ARC. Das Anomaly Research Center.“, erinnerte er sich. Im selben Moment zog Evan einen langen, polymeren Gegenstand heraus. Er wirkte verstaubt, doch anhand der Ladezellen scheinbar noch einsatzbereit. „Wir nennen es ein EMD. Eine Elektro-Muskuläre Distanzwaffe. Sie gibt starke, elektromagnetische Impulse ab.“, verriet er. Kyle war sich über ihre Funktionalität im Klaren, brauchte aber etwas um zu verstehen. „Impulse? Elektromagnetische…“, murmelte er, doch Evan hatte den Opener bereits auf den Tisch gelegt und zielte darauf. Kyle konnte ihn gerade noch davon abhalten. „Sind Sie verrückt?“, blaffte er ihn an. Ein weiterer Knall gegen die Tür und sie bekam eine Delle. Die Raps waren wohl noch stärker als erwartet. „Hören Sie! Wenn diese beiden Geräte ähnlich entwickelt wurden, dann verwenden sie sicher dieselbe Energiequelle. Der Opener besitzt keine sichtbare Öffnung um ihn aufzuladen, also kann es gut sein, dass sein Kern die Impulsenergie aufnimmt und sich dadurch selbst lädt.“, sprach Evan seine Spekulation aus. Kyle hingegen hielt dies für Wahnsinn. „Das ist eine nette Theorie. Aber wenn sie falsch ist, zerstören Sie damit vermutlich den Opener.“, rief er ihm ins Gedächtnis, dass sie nur einen einzigen Versuch hatten. Evan unterließ es zu erwähnen, dass der Opener auf jeden Fall zerstört werden würde, weil das Glas einen elektromagnetischen Impuls keinesfalls aushalten konnte. „Haben wir eine andere Wahl? Die Raps werden bald durchbrechen und der Opener ist unsere einzige Chance.“, war es bereit das Risiko einzugehen. Kyle raufte sich schon die Haare, ließ Evan aber dann gewähren. Dieser atmete tief durch und gab dann einen gezielten Schuss ab. Das Glas brach nicht, aber es regte sich auch nichts. Evan versuchte es erneut, diesmal mit der höchsten Stufe des Geräts. Kyles Augenbrauen hoben sich, als funkelnde Lichter auf dem Gerät sichtbar wurden. Evan legte das EMD weg und streckte seine Hand nach der Zeitmaschine aus. „Die Bedienfelder sind alle da! Auch alle Funktionen!“, rief er erfreut und konnte sein Glück nicht fassen. Ein weiterer Stoß und die Delle vergrößerte sich. „Sehr gut, dann öffnen Sie jetzt eine Anomalie in Ihre Zeit.“, wies ihn Kyle an und schnappe sich das EMD. Er richtete es auf die Tür und begann zu schwitzen. Evan starrte ihn verwundert an. „Wollen Sie… etwa hier bleiben?“, konnte er es nicht fassen. Kyle wich seinem Blick aus, nickte aber leicht. „Ich bin inzwischen vermutlich der Letzte von uns. Ich werde diese Kreaturen bis zum letzten Atemzug bekämpfen.“, entschied er. Evan sagte ihm direkt ins Gesicht für wie dumm er diese Idee hielt. Sich sinnlos zu opfern mochte heroisch sein, führte jedoch zu nichts. Doch um keine weitere Zeit zu verlieren wählte Evan einige Einstellung um gab die Zahlen 2014 ins Bedienfeld ein. Als Zielort fiel ihm lediglich Cross-Photonics ein. Seine Wohnung wurde inzwischen bestimmt schon verkauft, ein ärgerlicher Gedanke. Er betätigte die Enter-Version des Openers und richtete ihn nach vorne. Unverzüglich erschien das weiße Licht und die Anomalie erstrahlte ein voller Pracht. Die Sicherheitstür bekam einen Riss und einer der Raps steckte seinen Kopf herein. Kyle schoss, doch es war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Evan ergriff seine Schulter und riss ihn zurück. „Kommen Sie jetzt! Das ergibt doch keinen Sinn!“, versuchte er den letzten Widerstandskämpfer klarzumachen. „Nein. Diese Welt… sie mag total kaputt sein, aber… sie ist alles was ich habe.“, stammelte er. Evan verstand. Es war alles was Kyle kannte und für ihn war sie sein Zuhause. „Gut, dann muss es wohl sein.“, meinte er und sein neuer Freund nickte. „Bitte sorgen Sie dafür, dass…“, begann er, konnte den Satz aber nicht zu Ende bringen. Evan riss ihm völlig überraschend das EMD aus den Händen und stellte es auf die niedrigste Stufe ein. Er richtete sie auf Kyles Brust und drückte ab. Sofort ging dieser bewusstlos zu Boden. „Sie sind genauso stur wie Ihre Mutter, wissen Sie das?“, fragte er monoton, warf die Waffe dann weg und zerrte Kyle in Richtung der Anomalie. Er war schwer, doch mit gesammelter Kraft konnte er ihn hindurch ziehen. Wenig später hatten die Raps die Barrikade durchbrochen und sprangen dutzendfach ins Labor. Sie reckten die Köpfe und sahen sich um. Doch hier schien es keine Beute zu geben. Der Raum war komplett leer. Cross-Photonics Donovan befand sich immer noch in der Waffenkammer als der Alarm losging. Sofort schloss er die Schränke und machte sich bereit für den Einsatz. Harold Kanan sah von seinem Schreibtisch auf und stieß einen Seufzer aus. Er war froh die Saurier nicht aus nächster Nähe sehen zu müssen, aber andererseits sorgte er sich um die Leute denen keine Wahl blieb. Es waren Evan Cross’ Freunde, doch auch ihm waren sie inzwischen ans Herz gewachsen. Mac Rendell war gerade erst auf dem Rückweg zur Kommando-Zentrale, legte nun aber an Tempo zu. Er wollte die Treppe benutzen, hielt aber inne als in weniger Meter Entfernung die Tür des Fahrstuhls aufsprang. Zwei bekannte Gesichter verließen ihn und reagierten unverzüglich auf das laute Geräusch. „Hey, ihr kommt gerade im richtigen Augenblick.“, wünschte ihnen Mac auf diese Weise einen schönen Tag. Luke und Dylan schritten zielstrebig auf ihn zu. „Wissen wir schon mit was wir es zu tun haben?“, hakte der Zoologe nach, doch der Teamleiter schüttelte den Kopf. Stattdessen zog er sein Handy und wählte eine Zahl im Kurzwahlspeicher. Es dauerte etwas, bis sich der Gesprächspartner meldete. „Toby, gib und die Koordinaten des Zielortes durch. Wir begeben uns dann sofort zu Donovan und dem Einsatzfahrzeug.“, befahl er. Da Macs Handy nicht auf Freisprechfunktion gestellt war, konnten Luke und Dylan nicht hören was Toby antwortete, doch laut Macs Miene mussten es negative Neuigkeiten sein. „Was redest du da? Warte, wir kommen zu dir.“, meinte er und steckte sein Handy wieder weg. Anstatt einer Erklärung gab er seinen beiden Leuten ein Zeichen ihm zu folgen. Alle drei hasteten die Treppe hinab und waren binnen einer Minute in der Kommando-Zentrale. Toby Nance sprang sofort auf und wartete, dass ihre Freunde bei ihr eintrafen. „Was meintest du damit, dass etwas mit den Koordinaten nicht stimmt?“, hakte der Captain hastig nach. Toby kaute auf ihrer Unterlippe und zeigte auf den Bildschirm vor sich. „Ich nehme an es handelt sich um irgendeine Art von Ortungsfehler. Das Ziel, welches das Anomalien-Ortungsgerät anzeigt ist…“, begann sie und starrte dann hoch zur Büro ebene. Mac folgte ihrem Blick und runzelte die Stirn. Die Schalosien zu seinem Büro waren nur halb unten und als er es verlassen hatte, war die Deckenlampe aus gewesen. Doch jetzt funkelte es regelrecht in dem Raum. „Was hat das zu bedeuten?“, konnte Dylan der Sache nicht folgen. „Der Computer zeigt eindeutig an, dass sich eine Anomalie in Macs Büro geöffnet hat.“, konnte Toby nur wirsch die Daten ablesen. Nein, um einen Fehler handelte es sich bestimmt nicht. Aber wie humorlos konnte das Schicksal nur sein um ausgerechnet eine Anomalie im Büro des Teamleiters erscheinen zu lassen. Zugegeben, es war nicht die erste Anomalie, die im Cross-Photonics Gebäude entstand. Das letzte Mal starb eine andere Version von Mac dabei, diesmal wollte er kein Risiko eingehen lassen. „Informiere Donovan, er soll herkommen und Waffen mitbringen.“, bat Mac Toby und diese folgte sofort. Dylan wollte bereits einige Schritte vorwärts machen, bis sie Macs warnender Blick traf. Sie erinnerte sich an ihr Versprechen nicht nach vorne zu preschen und wartete deshalb auf Macs Entscheidung. Donovan war schneller im unteren Stockwerk als erwartet und verteilte an alle Mitglieder des Teams EMDs. Unter Macs Leitung begaben sich die vier zur Treppe und hasteten nach oben. Sie pirschten sich die Wände entlang, bis sie einen Blick durch das Fenster werfen konnten. Von ihrer Position aus war die Einsicht ungenau, es war nur ein Mann zu erkennen, der flach auf dem Boden lag und sich nicht rührte. War er tot? Angegriffen von einer Kreatur? Vielleicht ein Techniker oder anderer Mitarbeiter? Das Team musste nun handeln und Mac gab seinen Leuten mittels seiner Finger ein stummes Zeichen. Dann trat er gegen die Tür und stieß sie dadurch auf. Zusammen mit Donovan bildetet er die Vorhut und sicherte den Raum. Luke und Dylan blickten zu dem Mann auf dem Boden, erkannten aber dessen Gesicht nicht. „Hey!“, schrie nun Mac und alle wanden ihren Blick in dieselbe Richtung. Jetzt erkannten auch die anderen die Person, die ihnen mit dem Rücken gegenüberstand. Es musste sich um einen Mann handeln, seine Kleidung war teilweise zerrissen und schmutzig. Er trug wild gewucherte Haare und sein Vollbart stand gut sehbar hervor. Skurrilerweise stand er gerade vor Macs Kaffeeautomaten und bediente sich daraus. Er ging in die Hocke um den Becher herauszuziehen, stieß dann aber einen leichten Fluch aus. Keiner im Team wusste, ob er nun seine Waffe heben sollte oder nicht. „Verdammt heiß das Ding. Aber ein Automat im Büro? Also wirklich, das wäre nicht mal mir eingefallen.“, sagte Evan Cross und drehte sich nun um. Bis auf seinen etwas verwahrlosten Zustand hatte er sich nicht geändert. Er stellte den Becher ab und sah nach Kyle. „Ach, der Typ da ist übrigens Kyle. Lange Geschichte. Hat mit einer Apokalypse, mutierten humanoiden Reptilien und einer Menge anderer idiotischen Zeitparadoxa zu tun.“, erklärte er schnell. Mac wollte etwas erwidern, dann erkannte er das Gerät in Evans linker Hand. Es war der Opener, mit dem es möglich war, Anomalien künstlich zu erschaffen. Er blickte seinem Gegenüber direkt in die Augen und nickte ihm zu. „Du hast dir Zeit gelassen.“ Evan wirkte nun wirklich etwas schuldbewusst. „Ja, ich weiß. Tut mir leid, ich habe die letzte Anomalie verpasst und musste eine neue nehmen.“, gestand er, als spräche er lediglich von einer Busfahrt. Mac wurde nun von Dylan angerempelt die an den anderen vorbeihuschte und ihre Arme ausbreitete. Stürmisch umarmte sie Evan und drückte ihn an sich. „Wir… wir dachten du wärst tot.“, klang ihre Stimme zittrig, aber auch unglaublich froh. Luke beobachtete wie die junge Frau sich immer stärker an Evan schlang und ihren Kopf in seinen Nacken legte. In Anbetracht, dass Evan lebend zurückgekehrt war, war diese innige Begrüßung nur angebracht. Oder? Als sich Dylan von ihm gelöst hatte, reichte ihm Donovan die Hand. „Sir, es tut mir leid, dass ich Sie nicht retten konnte.“ Der Rückkehrer schüttelte sofort den Kopf. „Nein, es gab nichts, dass Sie tun konnten.“, versicherte er dem Ex-Soldaten. Donovan machte sich immer noch Vorwürfe, doch in Anbetracht, dass sein Boss überlebt hatte, würden sich diese bestimmt bald lindern. Luke beließ es bei einem Nicken, obwohl er natürlich ebenfalls froh war, dass Evan zurück war. „Du musst viel durch gemacht haben.“, erlaubte sich Mac zu sagen und Evan stimmte ihm zu. „Ja, ich werde euch alles ausführlich erzählen. Ich möchte euch nicht beunruhigen, doch ich habe schlechte Neuigkeiten. Uns… steht wohl die Apokalypse bevor.“, sagte er mit ernster Stimme. Mac seufzte resigniert. „Schon wieder? Hättest du uns nicht ein anderes Souvenir aus der Vergangenheit mitbringen können? Eine schöne Saurierkralle? Ein Bruchstück vom Kometen? Nicht mal Fotos?“, reagierte Mac auf seine Weise darauf. Ein Stöhnen erklang nun neben ihnen und Kyle rieb sich schmerzend den Kopf. Alle Augen waren nun auf ihn gerichtet und er brauchte einige Zeit um zu verstehen was genau passiert war. Keine Beschwerten, dass Evan ihm das Leben gerettet hatte. Er musterte die Personen im Raum und drehte den Kopf weg, als er die jüngere Version von Dylan erblickte. „Er hat recht.“, meinte er ehemalige Führer des Widerstands nun und erhob sich mühsam. „Ich komme aus der Zukunft und habe gesehen welcher Gefahr sie ausgesetzt ist.“ Mac taxierte den Unbekannten kritisch. „Und was genau möchtest du jetzt von uns?“, wollte er wissen. Kyle schluckte und antwortete dann. „Eure Hilfe.“ Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, Stützpunkt Omega Es war bereits das dritte Mal, dass Nayem in das Parlamentsgebäude gerufen wurde. Das erste Mal aufgrund einer Audienz bei Magistrat Gall. Er hatte sich nicht vorstellen können in welchen Belangen er den Konzil sprechen wollte. Dann erzählte er irgendwas von einer mächtigen Waffe und wie er sie gegen Yvaloniens Feinde einsetzen wollte. Zusammen mit Gall und einem schwer bewaffneten Begleittrupp, war der militärische Leiter in ein Labor geführt worden in dem Gall ihm eine beeindruckende Technologie offenbarte. Bisher hatte er den Gerüchten keinen Glauben geschenkt, dass ihre Vorfahren im Stande waren durch die Zeit zu reisen. „Sie nannten sie früher Anomalien. Und hiermit… kann man sie kontrollieren.“, hatte Gall gesagt und seine Augen funkelten dabei wie Feuer. Nein, eher wie ein Großbrand. Zuvor hatte Nayem noch angenommen, Galls kleines Hobby, das Sammeln dieser paar prähistorischer Tiere wäre auf einen Klon-Prozess zurückzuführen, doch er irrte. Der Konzil sollte es mit eigenen Augen erleben. Galls Eliteeinheit öffnete mit der Maschine ein Portal, das direkt in die Vergangenheit des Planeten führte. Nayem hatte durch Galls kleinen Zoo bereits einige Urzeitmonster kennen gelernt, doch der meterhohe Dinosaurier war ein erstaunlicher Anblick. Anders als er erwartet hatte, schleppte ihn Vessts Einheit nicht zurück in ihre Zeit, sondern entnahmen lediglich einige DNA-Proben. Es folgten weiterer Saurier und Nayem kehrte zusammen mit der Einheit zurück. Was sie mit den Containern gesammelter Proben anstellte, wollte ihm der Hauptmann nicht verraten. Auch war es nicht möglich, Gall nach einer Mission noch einmal zu sprechen. Dabei waren Fragen das, von dem Nayem am meisten hatte. Ja, der Magistrat hatte recht, eine Zeitmaschine war ein unglaublicher Vorteil im Kampf gegen Yvaloniens Feinde. Aber Saurier? Selbst wenn man solche Wesen abrichten konnte, würden sie mittels Waffengewalt viel zu leicht niederzustrecken sein. Nayem hoffte bei seinem dritten Treffen endlich mehr Antworten zu erhalten. Zu seiner Überraschung brachte ihn seine Eskorte diesmal nicht zu Galls Büro, sondern zu einem gesicherten Sektor. Der Magistrat wartete vor einem gläsernen Lift auf ihn und entrichtete ihm seinen Gruß. „Magistrat Gall, weshalb haben Sie mich heute hergerufen?“, kam Nayem gleich zum Punkt. Der Politiker grinste verschmitzt und öffnete die Tür des Liftes. Mit einem Schwenk hielt er seine Hand ins Innere und bat Nayem so einzusteigen. Dieser seufzte, folgte der Aufforderung aber bedienungslos. Im Inneren des gläsernen Kastens erkannte der Konzil eine Vielzahl an Schaltflächen. Gall betätigte den letzten davon, was verriet, dass der Lift vermutlich weit unter die Erde fahren würde. Der Lift setzte sich in Gang und die Fahrt dauerte mehrere Minuten. „Verraten Sie mir, wozu Sie die Proben benötigen?“, hakte der Konzil nun nach. Gall zog eine Augenbraue nach oben neigte den Kopf schräg. „Nein, soweit sind wir noch nicht. Die Proben sind für ein Projekt, dessen Verwirklichung noch lange Zeit in Anspruch nehmen wird.“, erwiderte er. Nayem gefiel nicht, dass sein angeblicher Verbündeter etwas vor ihm verheimlichte, aber noch beschloss er Gall etwas Spielraum zu lassen. Er besaß Technologien um den Zeitverlauf zu ändern, ihn sich zum Feind zu machen wäre äußerst unklug. Der Lift hielt und Gall öffnete dem Konzil die Tür. Diese trat hinaus und erkannte ein halbes Dutzend Wachleute die einen weißen Gang entlang postiert waren. Der Magistrat ging voraus und kurz daraus waren sie vor einer massiven Sicherheitstür angelangt. Ein Iris-Scan war nötig, damit sich Gall in Nayems Begleitung Zugriff verschaffen konnte. Er Tür setzte sich in Bewegung und schwenkte ihrer Funktion nach zur Seite. Gall setzte seinen Weg fort und Nayem wich nicht von seiner Seite. „Was genau wollen Sie mir zeigen?“, drängte er nun. Hinter der Tür lag ein weiterer Gang, diesmal aber wesentlich kürzer. Von weitem erkannte Nayem, dass er scheinbar in einem rundlichen Raum zu enden schien. „Sagen Sie, Konzil, was halten Sie von meinen Tierchen?“, wollte Gall wissen. Nayem überlegte sich, ob er ihm eine ehrliche Antwort geben sollte und entschied sich dann dafür. „Es ist sicher ein netter Zeitvertreib. Aber diese paar Tiere besitzen wohl kaum einen strategischen Wert.“, antwortete er. In Galls Gesicht huschte ein breites Grinsen. „Oh, da irren Sie sich. Es sind nicht nur ‚ein paar’ Tierchen.“, entgegnete er und beschleunigte seinen Schritt. Nayem wollte nachfragen was genau er damit meinte, doch in diesem Moment hatten sie den rundlichen Raum erreicht. In ihm gab es nichts, es war eine Sackgasse. Nur zwei Wendeltreppen nach oben waren zu erkennen. Und mehrere Meter über ihm… Nayem erstarrte zu Eis. Gall grinste noch mehr und breitete seine Arme aus. „Bestaunen Sie nur meine Lieblinge, Nayem! Meet the dinosaurs!“, rief er triumphierend und wartete darauf, dass der Konzil es mit eigenen Blicken sah. Er erste Käfig der wir in Galls kleinem Zoo von einem Kraftfeld geschützt wurde befand sich direkt über ihm. Eine Art Vogel mit langem Schnabel und weiten Flügeln befand sich darin. Er pickte gegen das Kraftfeld, aber ohne Erfolg. Wenige Zentimeter daneben ein weiterer Käfig in dem eine Art Tiger brüllte. Doch er beschloss zwei lange Reißzähne, die aus seinem Maul ragten. Im nächsten Käfig schlief friedlich eine Kreatur, die Nayem sofort als Drache bezeichnet hätte, obgleich er Flügel besaß oder nicht. Etwas weiter davon Entfernt ein mittelgroße Eidechse, ebenfalls mit scharfen Zähnen die gegen ihre Gefangenschaft mit wildem Fauchen protestierte. Auf der gegenüberliegenden Seite wurden die Käfige größer und somit auch die Kreaturen. Ein weiteres Tier, zwar mit einem recht kleinen Kopf, dafür aber dutzenden Rückenplatten und Stacheln am Schwanz wurde sichtbar. Nayem erkannte eine Maus, doch im Gegensatz zu den heutigen war diese sicher einen Meter groß. Daneben wiederum erkannte er ein großes einem Krokodil ähnelte Wesen, das sein Maul weit aufriss. Der Konzil torkelte einige Schritte zurück und fühlte sich plötzlich unheimlich klein. Er befand sich in einer Kuppel und erkannte, dass sich die Käfige mehrere Stockwerke nach oben erstreckten. Wie viele dieser Tiere mochten hier leben? Und was war in Gall gefahren sie sich zu halten. „Wir werden ihre Eigenheiten für uns nutzen.“, schien Gall seine Gedanken lesen zu können. Nayem starrte ihn perplex an. „Nutzen? Inwiefern? Als Waffe etwa?“, hakte er nach. Gall schüttelte leicht den Kopf. „Nein, wir benutzen sie nicht um andere zu zerstören, sondern um uns selbst weiterzuentwickeln. Mit ihrer Hilfe werde ich der Menschheit das verschaffen, worauf sie bereits solange gewartet hat.“, säuselte er. Nayem schluckte. „Und was soll das sein?“, fragte er nun ernsthaft interessiert. Galls Pupillen weiteten sich und seine Augen wirkten im Moment ebenfalls wie die eines dieser Reptilien als er die Frage seines Verbündeten beantwortete. „Evolution.“ Kapitel 5: [Folge 03] Einsame Welt ---------------------------------- Vancouver - Manulife Financial Corp Man roch den Schweiß förmlich, der sich inzwischen in dem großen Besprechungsraum angesammelt hatte. Er wurde nur noch vom Qualm der zahlreichen Zigaretten überschattet. Lediglich ein Fenster war geöffnet und in Anbetracht, dass sich der Raum im 38ten Stockwerk befand, war die Luft ohnehin schon dünn. Den Männern an den gegenüberliegenden Seiten des runden Tisches schien es hingegen nichts auszumachen. Im Gegenteil, die Sekretärin brachte den Herrschaften sogar jeden eine Tasse Kaffee und stellte das Tablett in der Mitte ab. Gierige Hände griffen danach und schütteten ihn ihre Kehle hinab, auch wenn er noch recht warm war. Aber es war genau das was die Männer im Moment brauchten. Die Sekretärin wollte bereits wieder ziehen, bis sie einer der Leute zurückhielt. „Ach sagen Sie, ist die Person über die wir gesprochen haben bereits angekommen?“, erkundigte sich der Herr im schwarzen Anzug. Zu ihren Ungunsten konnte es die Sekretärin nicht genau sagen, versprach aber sofort beim Empfang anzurufen und sich zu erkundigen. Danach verließ sie den Raum und die Männer warteten, bis die Tür zu war. Einer von ihnen öffnete seinen schweren Aktenkoffer und klatschte einige Papier auf den Tisch. Scheinbar wollte er, dass das Geräusch die anderen wachrüttelte. „Gentleman, Sie wissen warum wir heute hier sind.“, sagte er in einem kräftigen Tonfall, was verriet, dass es sich bei ihm wohl um den Ranghöchsten handelte. Keiner seiner Leute erwiderte etwas und Richard Pool verdrehte die Augen. Was hatte er groß erwartet? Es waren im Prinzip diese Leute vor ihm gewesen die für jene Situation verantwortlich waren. Zuerst schwenkte sein Blick zu seiner Rechten, einem bereits älteren Mann der seinem Blick auswich. Marshall Braford arbeitete bereits seit seiner Gründung für die Firma und war der Sprecher des Vorstands. Er war für gewöhnlich recht still und nur soweit gekommen weil er wusste, dass es nie schaden konnte die Klappe zu halten. Zu Pools Linken saß ein noch recht jüngerer Mann, er war der Sohn des ehemaligen Vize-Präsidenten der Gesellschaft. Sein Vater war ein Genie, weshalb Pool seinem Sohn ohne zu zögern gefördert hatte. Doch Davon Parrack fehlte eindeutig etwas, sonst wäre es nicht soweit gekommen. Am gegenüberliegenden Ende des Tisches hockte ein Mann in Pools Alter, der eine lässige Pose eingenommen hatte. In Anbetracht, dass Jefferson Gaynes der Finanzchef der Manulife Financial Group war, war dies äußerst töricht. Doch nichts brachte den Mann aus der Ruhe, der genüsslich an seiner Zigarette zog. „Jefferson, können Sie mir erklären, warum unsere Aktien im Keller sind?“, hakte er nach. Der Finanzchef lehnte sich in seinem Stuhl zurück taxierte seinen Boss. „Naja, wenn ich raten müsste, würde ich sagen… weil sie niemand kauft.“, erwiderte er protzig. Pool wäre nun am liebsten auf den Tisch gesprungen und hätte sich dann direkt auf den Finanzchef gestürzt. Doch er wusste, dass Gaynes zu viele Firmenanteile besaß um ihn einfach so loszuwerden. „Und warum genau kaufen die Leute sie nicht?“, ging er schweren Herzens auf das Spiel ein. Gaynes zog an seinem Kinnbart und tat so, als müsste er etwas überlegen. „Sie kennen die Antwort darauf doch bereits. Unser Finanzmarkt ist im Keller, nicht erst seit den Eskapaden der USA. Sicher, wir werden immer noch Kredite los, aber wie viel Prozent unserer Kunden ist auch im Stande sie zurückzuhalten? Und wir reden hier nicht von Kleinkunden, die pleite gehen, sondern von Firmen, Organisationen oder gar Regierungen. Unsere bisherige Vorgehensweise war es, so viele Versicherungen und Kredite wie möglich an den Mann zu bekommen. Früher war das auch nicht falsch, aber gerade heute machen wir durch unseren Eifer Verluste. Wir geben Geld aus, das wir nicht mehr zurückbekommen.“, führte ihm Gaynes vor Augen. Pool biss sich auf die Unterlippe. Ihre Verluste waren alles andere als ein Geheimnis, er hatte die Papier selbst vor sich. Kunden denen ihre Geldforderungen lästig wurden, meldeten einfach Insolvenz an oder weiteten ihre Rückzahlungsfrist mittels Gerichtsverfahren bis ins Unendliche aus. Es war ein Teufelskreis und kein Ende war in Sicht. „Aber was sollen wir bitte sonst tun? Unsere Verkäufe zurückschrauben und nur noch Kunden anbieten, von denen wir 100%tig wissen, dass sie uns das Geld auch wieder zurückzahlen können? Stellen Sie sich das einmal vor. Wir müssten dutzende Standorte schließen und Mitarbeiter entlassen. Wir wollen doch expandieren und uns nicht verkleinern.“, meldete sich Davon Parrack. Pool musste ihm rechtgeben, auch wenn dieser nichts zur Lösung des Problems beigetragen hatte. Der Firmen-Präsident blickte zu Marshall Braford, doch dieser zog sich nur verlegen am Kragen und schwieg ansonsten. „Das kann doch nicht sein! Es muss eine Lösung für dieses Problem geben.“, hämmerte er auf den edlen Holztisch. Gaynes räusperte sich nun. „Bitte überlassen Sie dieses Problem mir. Ich habe bereits jemanden eingestellt, bei dem ich mir sicher bin, dass er die Strukturen in soweit ändern kann, dass wir bald wieder schwarze Zahlen schreiben.“, verriet er. Ein skeptischer Blick, nicht nur von Pool, sondern auch den beiden anderen. „Wer genau soll dieser Wunderknabe sein?“, hakte sein Boss verächtlich nach. Er glaubte natürlich keinesfalls, dass eine einzige Person die Kastanien noch aus dem Feuer holen konnte. Dann klopfte es und die Sekretärin steckte ihren Kopf herein. „Ähmm… diese Person ist jetzt da.“, informierte sie Gaynes. Sofort huschte ein Lächeln über das Gesicht des Mannes und er bat sie die Person sofort hereinzulassen. Er rieb sich die Hände und sah dann zu seinem Boss. „Das Wunderknabe ist in diesem Fall nicht zutreffend. Eigentlich…“, begann er, wurde aber gleich wieder unterbrochen. Die Tür ging nach innen auf und jemand betrat den Besprechungsraum. Pool, Parrack und Braford staunten nicht schlecht, als plötzlich kein Knabe, sondern eine Frau vor ihnen stand. Und was für eine. Sie trug langes, brünnetes Haar, besaß einen anziehenden Blick und ein violettes Kleid, das die Herrschaften veranlasste, ihre Krawatten etwas zu weiten. „Meine Herren? Darf ich Ihnen die Person vorstellen, die unser Problem lösen wird?“, verwies Gaynes auf die Frau. Pool hatte sich durch die Attraktivität der Frau kurz ablenken lassen, fand aber schnell wieder zu sich. Irritiert starrte er Gaynes an. Hatte der Kerl jetzt auch noch den letzten Funken Verstand verloren? „Was reden Sie da? Keine Ahnung wer das ist, aber diese klei… diese werte Dame wird uns kaum helfen können. Nichts gegen Sie.“, wand sich Pool zuletzt an die Frau. Diese verzog keine Miene, sondern zog einige Papier aus der Tasche, welche sie mit sich führte. Sie klatschte auf dem Tisch, direkt neben Pool. Zögernd warf er einen Blick darauf und stutzte. Er las sich das erste Blatt im Schnelldurchlauf durch, dann folgte das zweite. „Das… ist aber niemals umsetzbar.“, murmelte er nun. Die Frau räusperte sich und zog eines der anderen Blätter hervor. Pool durchflog es und starrte die Frau perplex an. „Das… das könnte wirklich funktionieren.“, meinte er dann. Die Frau nickte lächelnd. „Das wird es, ich verspreche es Ihnen. Aber dafür ist es verantwortlich, dass ich augenblicklich mit meiner Arbeit beginne.“, erklärte sie. Pool starrte erst Gaynes, dann sie anerkennend an. „Tja, scheinbar haben wir mit Ihnen einen echten Gewinn gemacht, Miss…“, begann er und die Frau lächelte charmant. „Finch. Angelika Finch.“ Cross-Photonics Evans größte Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Seine Freunde hatten seine Wohnung gekündigt und seinen Hausrat aufgelöst. Er hatte bereits damit gerechnet eine Todesanzeige in der Zeitung vorzufinden, doch er blieb verschont. Gut, wie hätten die Dylan und die anderen gegenüber den Behörden auch erklären sollen, dass er in einer Anomalie verschwunden war, die beinahe die ganze Welt zerstört hätte? Zum Glück gab es in der Firma ein Badezimmer, für Mitarbeiter die schon mal eine Nacht durchmachen mussten. Evan stand vor dem Spiegel und blickte etwas melancholisch auf die Stelle wo sich noch vor wenigen Minuten sein dicker Bart befunden hatte. Nun war er verschwunden, in den Weiten des Abflusses. Für Körper-Hygiene hatte er in der Kreidezeit freilich keine Zeit gefunden. Womit hätte er sich rasieren sollen? Hätte er einen Raptor beten sollen, ihm seine Krallen zu leihen um so die Bartstoppeln zu tilgen? Evan strich sich über die Wange und es fühlte sich gut an. Er war wieder er selbst, zumindest vom Aussehen her. Er hatte seine zerfetzten Klamotten in den Müll gestopft und danach eine ausgiebige Dusche genossen. Er wagte es nicht einmal ein Bad in einem prähistorischen Fluss zu nehmen, aus Angst vor Keimen und Bazillen. Meistens wartete er auf Regen, welchen er auffing und sich so sicher sein konnte, dass dieser gereinigt und trinkbar war. Zufrieden stieg er aus der Dusche und schlüpfte in die Ersatzklamotten. Er verließ das Badezimmer und schlenderte in Richtung Besprechungsraum. Als er das geschäftige Treiben in der Kommando-Zentrale erblickte, wusste er, dass er zu Hause angekommen war. Er stieg die Treppe nach oben und erkannte, dass sich bereits einige Leute im Raum angesammelt hatten. Er klopfte kurz und öffnete dann. Er wollte sich einen Überblick verschaffen, wurde aber unterbrochen. „Evan Cross!“, rief eine Stimme und Evan wurde kurz darauf fest umarmt. Harold Kanan hatte Evans Rückkehr knapp verpasst, als dieser etwas Zeit für sich brauchte. „Du alter Mistkerl! Ich dachte wir hätten dich verloren.“, sagte der Millionär froh. Evan klopfte Harold brachialisch auf dem Rücken. „Ja Harold, ich habe dich auch vermisst.“, versicherte er und versuchte sich loszureißen. In Wahrheit war er froh, einigen Leuten in der Kreidezeit nicht begegnen zu müssen. Harold räusperte sich und kehrte zu seinem Platz zurück. Evan schwenkte seinen Blick und erkannte außer ihm noch den Großteil seiner Teammitglieder. Dylan und Luke hatten auf der rechten Seite des Tisches Platz genommen, während Mac und Kyle ihnen gegenübersaßen. Letzterer wirkte sehr mitgenommen und unterließ sämtliche Versuche mit den anderen zu reden. Lag es daran, dass er einfach nicht zu viele, heikle Informationen über die Zukunft ausplaudern wollte? Oder, dass… seine erst vor wenigen Stunden gestorbene Mutter ihm direkt gegenübersaß? Evan konnte es sich nicht vorstellen wie es war in der Zeit zurückzureisen und die jüngere Version von jemanden zu beigegeben den man kannte. Gut, er war zusammen mit Dylan ins Jahr 2006 gereist, doch dort war er weder seinem jüngeren Ich, noch Brooke begegnet. Er hatte seine Frau gehen lassen, im Gegensatz zu Kyle. Gut, das hier war etwas anderes, aufgrund der Veränderten Zukunft war die ganze Menschheit in Gefahr. Kyle würde Dylan retten und Evan wusste, dass es richtig war. Ach verdammt, er hätte es ihm sogar gestattet sie zu retten wenn es im normalen Zeitverlauf so vorgesehen wäre. Dylan gehörte zu seinem engsten Freunden und es hatte weh getan sie sterben zu sehen. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie dabei schon eine alte Frau war. Apropos Freunde… Evan setzte sich an den Tisch und seine und Macs Augen trafen sich automatisch. Er hatte nicht mit der Anwesenheit des ARC-Mitarbeiters gerechnet und ihn bereits wieder in Groß-Britannien vermutet. „Du hast mir also mein Team weggenommen.“, begann Evan seine Ansprache mit diesen Worten. Mac versuchte einzuschätzen wie Evan das meinte, kam aber zu dem Schluss, dass es sicher nicht anklagend oder beleidigt gemeint war. „Irgendwer musste sich ja für den Job des Teamleiters opfern. Wenn hätten wir sonst nehmen sollen? Luke?“, hakte er nach. „Hey!“, beschwerte sich der Student, der den Seitenhieb alles andere als lustig fand. „Ich bin immerhin karismatisch und somit der perfekte Anführertyp.“, versicherte er. Alle wichen seinem Blick aus und wechselten das Thema. „Also Evan, wen genau hast du uns da mitgebracht?“, fragte Dylan nun und sah zu Kyle. Dieser wich dem Blick der Frau sofort aus. „Kyle kann sicher für sich selbst sprechen.“, entgegnete Evan. Der Mann aus der Zukunft nickte und faltete nervös seine Hände. „Meinen Namen kennt ihr ja bereits und, dass ich von einer Gefahr gesprochen habe. Diese Gefahr geht vor allem die Bewohner dieser Zeit etwas an. Es beginnt in etwa 10 Jahren. Anomalien werden sich überall auf der Welt öffnen, ob natürlich oder unnatürlich weiß ich nicht. Aus ihnen werden Monster kommen, die sofort alles angreifen was sie sehen werden. Und wenn ich Monster sage, meine ich, dass ihr Kreaturen wie sie noch zuvor gesehen habt. Es sind keine gewöhnlichen Saurier, sondern Dämonen mit menschlichen aussehen. Nach einer Obduktion stellten wir fest, dass sie sowohl menschliche als auch Reptilien-DNA beherbergen. Diese Raps, wie wir sie nennen sind extrem schnell und angriffslustig. Und etwas noch viel Wichtigeres. Sie sind intelligent. Sie besitzen zwar über kein Bewusst sein, können sich aber Pläne und Strategien ausdenken. Ich war Teil einer Widerstandszelle, die sich ihnen entgegen gestellt hat. Doch sie wurde ausgelöscht, wie viele andere zuvor. Menschen können es nicht mit ihnen aufnehmen. Es sind zu viele und sie lieben es Menschen zu töten, wie Katzen Mäuse.“, schloss Kyle seinen kurzen Bericht. Ein betretenes Schweigen in der Gruppe. „Ich habe irgendwie ein Deja-Vu.“, murmelte Luke. Mac musterte Kyle und Evan fragte sich, ob ihm wohl die Ähnlichkeit zu Dylan auffallen würde. „Also gut, wie können wir das verhindern?“, fragte der aktuelle Teamleiter nun. Kyle wollte etwas erwidern, doch Luke mischte sich ein. „Moment mal, ja? Trunks hier mag ja aus der Zukunft kommen, aber können wir ihm seine Geschichte auch automatisch glauben?“, wand er ein. Kyle versteifte sich und sein Blick nahm etwas Wütendes, Bedrohliches an. „Ich habe es gesehen.“, sprach Evan dazwischen. „Es war dieselbe Stadt, doch alles war verwüstet. Diese Raps greifen ohne zu zögern alles an was sich bewegt. Noch dazu dämmt niemand mehr die Anomalien ein und Saurier können sich ebenfalls frei bewegen. Wir wissen nicht woher sie kommen und wer oder was sie auf die Menschen der Vergangenheit losgelassen hat, aber das sollte definitiv nicht so ein. Wie ihr wisst, waren Dylan und ich bereits in einer etwas entfernteren Zukunft und dort war keine Spur von ihnen. Diese Zukunft dürfte es nicht mehr geben, weil diese Raps die Zeitlinie verändert haben.“, erzählte er. Alle am Tisch nahmen die Worte in sich auf und überlegten. „Und wir werden wir sie wieder los? Marty hier ist extra zurück um uns zu warnen, aber was genau sollen wir gegen sie ausrichten? Auch wenn wir nun von ihnen wissen, die Leute in der Zukunft haben bestimmt verbesserte Waffen und wissen womit sie es zu tun haben. Selbst wenn wir uns auf die Invasion vorbereiten, können wir sie wirklich besiegen?“, hakte Luke nach. Damit hatte er das Unvermeidliche ausgesprochen. Sie besaßen das Wissen, aber keine Lösung. Selbst wenn sie das Militär informieren würden, die Raps zu stoppen war ausgeschlossen. „Wir… müssten irgendwie die Anomalien verhindern.“, entkam es dann Dylan. Mac schüttelte sofort den Kopf. „Das ist illusorisch. Wir haben die Technologie um einzelne Anomalien zu schließen bzw. verschließen. Sie sind ein Naturphänomen und daher unmöglich unter Kontrolle zu bringen. Außerdem braucht die Zeit sie um sich Stück für Stück zu regenerieren. Ohne Konvergenz würde recht schnell eine Apokalypse eintreten, auch ohne das Zutun dieser Mutanten. Außerdem würden wir dann die Zukunft auslöschen. Es gäbe kein Anomaly Control Center, keine Opener, Evan und Dylan wären nie dorthin gereist und das ganze Zeitgefüge würde quasi implodieren. Oder so ähnlich, jedenfalls will ich mir nicht vorstellen was alles noch passieren könnte.“, sprach er seine Sorgen klar und deutlich aus. Kyle schlug seine Hände gegen die Tischplatte. „Weshalb genau bin ich dann hergekommen? Ich hätte genauso gut in meiner Zeit sterben können, das hätte auch keine Rolle gespielt, wenn ihr hier nichts unternehmt!“, protestierte er lautstark. Harold bat ihn sich zu beruhigen, doch nur mit mäßigem Erfolg. „Komm runter! Wir wollen dir ja helfen, doch ohne Plan werden wir nicht vorankommen.“, erwiderte Evan. Doch das beeindruckte Kyle nicht. „Das muss dann aber schon ein verdammt guter Plan sein.“, blaffte er. „Jetzt re3icht es aber! Hat dir deine Mutter keine Manieren beigebracht?“, blaffte Dylan zurück und Kyle verstummte augenblicklich. „Und wenn wir in die Zukunft reisen würden um nach dem Ursprung dieses Phänomens zu suchen?“, schlug Luke vor. Vor Vorschlag klang logisch, aber auch im höchsten Maße gefährlich. „Nein, ich denke wir sollten…“, begann Evan, bis er jedoch unterbrochen wurde. Es war ein Geräusch, dass er bereits lange nicht mehr vernommen hatte und niemals geglaubt hätte es zu vermissen. Sofort sprangen alle auf, nur Kyle war unklar was der Trubel sollte. Evan und Mac öffneten gleichzeitig ihre Münder. „OK, macht euch bereit…“, kam es von Mac „Bereitet euch vor…“, von Evan. Der momentane und der ehemalige Teamleiter sahen einander an und seufzten. Sie würden später besprechen müssen wie es ab hier weiterging, aber im Moment stand erst einmal eine neue Mission an. Harold nickte dem Team zu und wünschte ihnen viel Glück. „Hey, wir sind noch nicht fertig.“, sagte Kyle abrupt, doch die anderen mussten ihn enttäuschen. „Nachher.“, warf ihm Dylan zu und der Mann aus der Zukunft stieß einen leisen Fluch aus. Es dauerte nicht lange, bis die vier Mitglieder des Teams in der Kommando-Zentrale angelangt waren. Tobys Finger glitten über ihre Tastatur und bald darauf hatte sie eine Karte der Stadt auf dem Bildschirm. „Konntest du die Anomalie orten?“, hakte Dylan nach und Toby nickte unverzüglich. „Ja, auch wenn sie sich an einem hohen Punkt zu befinden scheint.“, verriet sie. „Irgendwo in der Luft?“, wollte es Mac genauer wissen. Toby verneinte und auf dem Bildschirm erschien das Foto eines hohen Gebäudes. „Es ist dieses Hochhaus, wenn ihr euch beeilt seid ihr in 20 Minuten dort.“, berichtete sie. Evan sah sich das Gebäude genauer an. „Was genau befindet sich dort?“, fragte er nach. Toby gab etwas in die Suche ein und antwortete dann. „Manulife Financial.“ Vancouver - Manulife Financial Corp Angelika hatte eine ganze Stunde damit verbracht dem Vorstand ihre gesamte Vorgehensweise darzulegen. Sie waren schnell von ihr überzeugt gewesen und versprachen sie bestmöglich zu unterstützen. Pool hatte schließlich Braford zugenickt und ihn gebeten Miss Finch ihr Büro zu zeigen. Dieser hatte sich erhoben und seine Hand einladend geschwenkt. Angelika unterbrach für keine Sekunde ihr Lächeln und folgte dem älteren Mann. Jefferson Gaynes drückte seine Zigarette in dem silbernen Aschenbecher vor ihm aus und wartete auf die Reaktion des Firmen-Präsidenten. Pool überlegte sich genau was er sagen würde. Immerhin konnte er Gaynes nicht so einfach loben, auch wenn er mit einer vernünftigen Strategie angekommen war. Doch ihm missfiel die Selbstgefälligkeit des Finanzchefs. Erst sah er den drohenden Konkurs nicht voraus und glaubte dann mit fremder Hilfe die Situation retten zu können. Gut, er mochte vielleicht die richtigen Leute kennen, ihm selbst traute Pool so eine Glanzleistung aber nicht zu. Er musste aufpassen, denn sonst war es Gaynes der ihn aus der Firma drängte und nicht umgekehrt. Doch das würde nicht passieren. Pool hatte die Manulife Financial-Group gegründet und würde sich die Firma von absolut niemandem wegnehmen lassen. Marshall Braford konnte es nicht unterlassen der neuen Mitarbeiterin etliche Male auf ihren Allerwertesten zu starren. Ihm war egal, ob ihn seine Kollegen manchmal als Lustmolch bezeichneten oder sogar seine Frau selbst. Diese Unternehmensbraterin unterschied sich von allen, denen Braford bisher begegnet war. Erst hatte er mit einem Mann mittleren Alters gerechnet, mit Anzug und einer Halbglatze. Aber nein, Gaynes hatte ihn mit seiner Wahl wirklich überrascht. Und scheinbar glänzte diese Frau nicht nur mit Attraktivität, sondern schien das Problem des Unternehmens wirklich lösen zu können. Er hatte Angelika Finch in ein leeres Büro geführt und versprochen sich gerne um sie zu kümmern, sollte sie Hilfe brauchen. Die Frau hatte sich bedankt und ihn gebeten sie nun in Ruhe arbeiten zu lassen. Braford gab zu ihr gerne noch einige Fragen gestellt zu haben, doch er wollte es nicht auf die Spitze treiben. Und vor allem wollte er keinesfalls wegen sexueller Belästigung angeklagt werden. Er würde seine Gelegenheit mit dieser Frau warm zu werden schon bekommen, da war er sich sicher. Er warf einen Blick auf die Uhr und seufzte. Sollte er zurück zum Meeting und sich von Pool anbrüllen lassen? Nein, er zog es vor etwas frische Luft zu schnappen und noch eine zu rauchen. Zu diesem Zwecke existierte im 32ten Stock ein Erholungsraum, den Braford regelmäßig nutzte. Er wanderte zum Fahrstuhl und wartete geduldig bis sich die Türen öffneten. Er betrat das Innere und drückte den passenden Knopf. Danach schlossen sich die Türen erneut und der Lift setzte sich in Bewegung. Eine Minute später betrat er den 32ten Stock und staunte erst, dass hier kein Betrieb herrschte. Im nächsten Moment erinnerte er sich jedoch, dass gerade Mittagspause war und er hier oben alleine sein würde. Das kam ihm nur zu gute, keine lästigen Angestellten die ihn mit Fragen über ihre Zukunft bombardieren konnten. Er schritt den Gang entlang bis er dann doch ein Geräusch vernahm. Er war lange genug in dem Geschäft um einen Kopierer zu erkennen. Jemand schien mehrere Seiten auszudrucken und Braford lugte in den Gang vor sich. Scheinbar irrte er sich, denn kein Mensch war zu sehen. Der Kopierer arbeitete, doch alles was er tat, war weiße Blätter auszuspucken. Braford nahm an, dass es sich um eine Fehlfunktion handelte und stellte das Gerät aus. Doch damit war der Spuk noch nicht beendet. Er schritt voran und erkannte einen Monitor an der Wand, dessen Bild unnatürlich flatterte. Braford runzelte die Stirn und glaubte schon beinahe an einen Geist. Er stellte auch den Monitor ab und beschloss, dass nur ein Elektriker das Problem lösen konnte. Er zog Stift und Zettel um der Belegschaft dieser Abteilung eine Notiz zu schreiben was hier vorging, doch kaum hatte er beides in der Hand, flutschte der Stift ihm durch die Finger und landete am Ende des Ganges. Braford runzelte verwirrt die Stirn, es war als wäre heute ein gigantischer Elektromagnet auf ihn gerichtet. Er wollte sich zu seinem Stift begeben um ihn aufzuheben, bis plötzlich etwas geschah. Am Ende des Ganges blitzte und funkelte es auf einmal. Wie aus dem Nichts erschienen Glasscherben und schwirrten in der Luft umher. Braford glaubte langsam den Realitätssinn zu verlieren. Die Scherben wurden immer größer und bald reichte das Licht bis zur Decke. Der entstandene Wirbel aus Glasscheiben hatte nun einen Durchmesser von zwei Metern und wirkte beeindruckend. Aber auch gefährlich, denn Braford hatte keine Ahnung was das sollte. Plötzlich drang etwas durch das Licht, der Geschäftsmann erkannte Wasser das sich auf dem Gang bildete. Zwei bis drei kleine Fische zappelten angesichts der plötzlichen Sauerstoffzufuhr. Der Flur wurde augenblicklich durchnässt und eine zweite Welle schwappte durch das Licht. Mehr kleine Fische suchten sich ihren Weg ins Trockene und Braford kniff sich in den Arm und sicherzugehen nicht zu träumen. Und dann… schleppte sich ‚es’ durch das Licht. Braford erkannte etwas Weißes, Schlangenartiges, das den Flur entlang kroch. Es bäumte sich auf und wedelte wie ein Tentakel in der Luft herum. Braford hatte genug gesehen. Seine Angst war ins Unermessliche gestiegen und er wollte hier einfach nur noch weg. Er legte den Rückwärtsgang ein und wollte zu laufen beginnen. Doch es war zu spät. Der Tentakel schnellte plötzlich nach vorne und wickelte sich um Brafords rechtes Bein. Sofort verlor dieser das Gleichgewicht und krachte zu Boden. Er versuchte nach vorne zu robben, doch ohne Erfolg. Der Tentakel wurde zurückgezogen und damit auch Braford. Egal wie sehr er sich bemühte, der Zug war einfach zu stark. Er griff mit beiden Händen nach dem weißen Ding und wollte es abschütteln. Doch kaum hatte er den Tentakel berührt, begannen seine Hände wie Feuer zu brennen und er schrieb auf. Er hatte in etwas gegriffen das ihn zuerst an den Saugnapf einer Qualle oder ähnlichem erinnert hatte. Brafords Kleidung durchnässte sich als er in der Pfütze vor dem Licht angekommen war. Er schrie erneut auf, bis seine Stimme abbrach als der Tentakel ihn in das Licht hineingezogen hatte. Es vergingen einige Minuten, dann drang der Tentakel erneut durch die Barriere, an ihm klebten noch einige Finger seiner soeben verspeisten Beute. Cross- Photonics Donovan hatte natürlich sofort auf den Alarm reagiert und alle nötigen Utensilien in den Van geladen. Dazu gehörten Ortungsgeräte, Verschießaparate und am wichtigsten EMDs. Ohne ging der Ex-Major nicht mehr aus dem Haus, oder besser gesagt aus der Firma. Fakt war, dass er dank ihnen kein weiteres Mitglied seines Teams verloren hatte. Aber… in wieweit war es eigentlich noch seines? Mac Rendell hatte nicht nur die organisatorische, sondern auch die taktische Leitung inne. Donovan hatte sich seitdem lediglich als sein Stellvertreter gesehen, doch was würde jetzt sein, wo Evan Cross zurück war? Der ehemalige Soldat war überglücklich den Mann wohl auf zu wissen. Er respektierte Evan und es fiel ihm nicht schwer dessen Befehle zu befolgen. Anders als wie bei Mac Rendell der nicht nur jünger war als er, sondern auch einen niederen Rang bekleidete. Doch Donovan war kein Major mehr. Kein taktischer Leitung, er war nur noch für die Sicherheit des Teams zuständig. Es war nicht so, als ob er unbedingt mehr wollte, er wollte lediglich wissen wie seine zukünftige Rolle aussehen sollte. Würden sich Evan und Mac den Posten des Teamleiters teilen? Es kam bereits zu Zankereien zwischen dem Ex-Major und dem Captain, sollte es wirklich so laufen, würden sich eindeutig zu viele Alpha-Männchen im Team aufhalten. Donovan kam die Idee womöglich ein Beta-Team zu kreieren. Mac hatte ihm erzählt, dass das ARC bereits mehrere Teams im Einsatz hatte um weitläufiger agieren zu können. Donovan beschwerte sich selten, nicht einmal wenn nachts der Wecker klingelte und er zu Cross-Photonics fahren musste, weil sich eine Anomalie nicht an Tag und Nachtzeiten hielt. Natürlich bräuchte man für ein B-Team weitere gute Leute. Jemand der sich mit Anomalien auskannte wie Evan Cross, auch wenn man jemand seines Schlages nur schwer finden konnte. Einen Zoologen wie Luke würde man zwar sicher anheuern können, doch der Student besaß zusätzlich detaillierte Informationen über alle Urzeittiere die jemals auf diesem Planeten gelebt hatten. Auch jemanden wie Dylan zu finden wäre schwierig, die nicht nur gut darin war die Fährten der Tiere aufzunehmen, sondern genau wusste wie man sich ihnen gegenüber verhielt. Zwar war es möglich ein Team aus reinen Ex-Soldaten wie Donovan einer war zu kreieren, aber dieses würde kaum viele Einsätze überleben. Nein, so einfach war es wirklich nicht die momentane Situation zu lösen. Doch Evan Cross und Mac Rendell waren grundverschieden, würde dies das Team nicht bereichern? Vermutlich schon, zumindest solange es nicht zu Streitigkeiten kam. Als Donovan den Alarm vernommen hatte, hatte er sofort alles eingepackt und war startbereit als das CPT die Tiefgarage betrat. Evan und Mac gingen voran, Seite an Seite. Hinter ihnen schlossen Dylan und Luke auf. Er Ex-Major hatte keinen Schimmer was ihnen Kyle, der Mann aus der Zukunft berichtet hatte, aber ihrem Gesichtsausdruck nach, konnte es nichts Positives sein. Es war bereits eine Sache gefährliche Saurier zurück durch Anomalien zu schaffen, aber die Welt auch noch vor Problemen aus der Zukunft, die noch gar nicht stattgefunden haben zu beschützen überforderte Donovan doch etwas. Er war froh gewesen, als sich die Annexions-Anomalie schloss und Harrisons Plan ebenfalls so verpuffte. Die Welt zu retten war schon eine schwere Aufgabe, doch besaßen sie aufgrund ihres Wissens über die Anomalien nicht eine gewisse Pflicht dazu? „Eine Anomalie bei Manulife Financial, einem Hochhaus in der Innenstadt.“, rief Mac Donovan zu und dieser bestieg den Van um die Koordinaten ins Navi einzugeben. Die Mitglieder des Teams bestiegen das Fahrzeug und warteten bis es abfuhr. „Und? Haben Sie es vermisst?“, fragte Donovan nach hinten. Es blieben keine Zweifel offen, dass er damit Evan gemeint hatte. Im Prinzip sollte dieser sofort verneinen, angesichts dessen, dass er fast ein Jahr in der Kreidezeit festsaß. Der Ex-Major sah in den Rückspiegel und erkannte ein Grinsen im Gesicht des Cross-Photonic Leiters. „Das kann man wohl sagen.“, erwiderte er. Vancouver - Manulife Financial Corp Das Team brauchte beinahe eine ganze halbe Stunde, bis sie auch nur in die Nähe des Firmengebäudes kam, dass der Manulife Financial-Group gehörte. Es war Dylan die beobachtete wie mehrere Menschengruppen den Eingangsbereich passierten. Evan blickte auf die Uhr und dachte sich seinen Teil. „Die Mittagspause scheint gerade um zu sein. Luke, darf ich dir anvertrauen, dass du dich ins Gebäude schleichst und den Feueralarm auslöst? Wir dürfen nicht riskieren, dass etwas durch die Anomalie gekommen ist.“, bat er den Kryptozoologen. Dieser versprach, dass sich Evan auf ihn verlassen konnte und verließ den Van. „Dylan, bitte ruf Detective Harlow an, in deiner Gegenwart ist er noch am verständnisvollsten. Er soll eine Bombendrohung für das Gebäude herausgeben, durch diese Gelegenheit können wir uns dann hineinschleichen.“, bat er. Dylan nickte und zog ihr Handy. Evans Blick wanderte zu Mac, der ihn einschätzend anstarrte. „Sorry, wolltest du etwas anderes vorschlagen?“, hakte er nach. Mac schüttelte langsam den Kopf. „Nein, deine Idee ist gut, wir machen es so.“, stimmte er zur, obwohl eindeutig zu erkennen war, dass es ihm nicht gefiel, wie wenig sich Evan mit ihm absprach. Doch kurze Zeit später ertönte bereits ein lauter Alarm aus dem Gebäude und es wurde klar, dass es Luke gelungen war. Evan nickte seinem Team zu und alle stiegen aus. Die EMDs verbargen sie vorerst in großen Taschen. Würden die Angestellten diese bemerken, könnte Panik ausbrechen. Man könnte das CPT für Terroristen halten. Oder noch schlimmer, verärgerte Anleger. Doch die Befürchtung blieb aus. Keiner der aus dem Gebäude stürmenden Menschen schenkte dem Anomalienteam große Aufmerksamkeit. So dauerte es nicht lange, bis sich die fünf in der Lobby des Hochhauses wieder fanden. Diese war nicht einmal besetzt, selbst der Portier hatte es eilig aus dem Gefahrenbereich zu fliehen. „Was unternehmen wir, wenn die Feuerwehr anrückt?“, wollte Luke wissen, der wieder zu der Gruppe gestoßen war. „Keine Sorge, bei einer Bombendrohung werden sie das Gebäude nicht betreten. Erst wird die Polizei und dann eventuell das Bombenräumkommando verständigt. Hoffen wir, dass Detective Harlow uns genug Zeit verschaffen kann. So oder so steht uns nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung, also sollten wir uns beeilen die Anomalie zu schließen.“, erklärte ihm Dylan. Evan hatte den Fahrstuhl als erstes erreicht, wurde aber von Mac zurückgehalten. „Warte, das ist keine gute Idee. Die Angestellten werden zwar nicht so dumm sein ihn im Brandfall zu benutzen, aber die Interferenzen der Anomalie könnten die Elektronik beeinflussen.“, warnte er. Evan schluckte und verfluchte sich, dass er nicht selbst daran gedacht hatte. Doch Luke räusperte sich und sah in Richtung Treppe. „Bitte sagt mir nicht, dass wir 30 Stockwerke nach oben latschen sollen.“, bemängelte der selbst eher unsportliche Student. Doch keiner im Team hatte einen Plan B parat und so kam es, dass die 5 begannen nach oben zu rennen. Immer wieder kamen ihnen Menschen entgegen, die hektisch, teils panisch aus dem Gebäude fliehen wollten. Aufgrund seiner Größe dauerte die Evakuierung recht lange und das Anomalienteam hoffte, dass niemand von einem etwaigen Tier angefallen werden würde. Luke bildete das Schlusslicht und hechelte nach jedem Stockwerk mehr. Aufgeben kam für ihn jedoch nicht in Frage, nicht solange Dylan noch ihre Kondition halten konnte. Vor ihr bzw. hinter ihr schlapp zu machen hätte kein gutes Bild abgegeben. Die fliehenden Leute wurden wenige, scheinbar nahmen sie den Feueralarm ernst und das Team hätte die Möglichkeit frei zu agieren. Evan glaubte gerade das 27te Stockwerk erreicht zu haben, als eine Frau hektisch mit ihm zusammenkrachte. Evan versuchte sie zu beruhigen, doch es gelang ihm kaum. Er schätzte sie als Sekretärin ein, konnte sich aber auch irren. „Sind… sind Sie von der Feuerwehr?“, fragte sie das Team aufgeregt. „Katastrophenschutz.“, erwiderte Dylan prompt. Dabei handelte es sich um keine schlechte Ausrede, denn im Gegensatz zu Feuerwehr oder Polizei besaßen sie keine passende Ausrüstung oder Uniformen. Die großen Taschen in denen sich die EMDs befanden würde diese Aussage noch stützen. „Mister… Mister Parrack im 33ten Stock wurde verletzt! Er wollte fliehen, doch wenig später war sein Bein verletzt. Ich weiß nicht was passiert ist, aber er kann nicht mehr laufen. Der Präsident ist bei ihm, hat mich aber angewiesen einen Krankenwagen zu holen.“, berichtete sie stockend. Evan und Mac tauschten stumme Blicke aus. „Gut Mam, wir werden uns darum kümmern. Bitte verlassen Sie nun das Gebäude, bevor noch etwas Schlimmeres passiert.“, wies er die Frau an und diese zögerte keinen Moment ihren Weg fortzusetzen. Mac zog sein Anomalien-Ortungsgerät hervor und überprüfte es. „Nein, die Anomalie befindet sich höher als im 33ten Stock.“, verriet er. Evan nickte und wand sich zu seinem Team. „Dann teilen wir uns auf. Ich werde zusammen mit Dylan in den 35ten Stock laufen und versuchen die Anomalie zu schließen. Mac, Luke und Donovan versuchen indes dem Verletzten zu helfen. Irgendwelche Einwände?“ Letztere Frage stellte er nur, da er wusste, dass eigentlich Mac Rendell momentan das Kommando über das Team innehatte. Doch dieser schien kein Problem mit der Verteilung der Aufgaben zu haben und war einverstanden. Er wollte Evan und Dylan das Verschließgerät mitgeben, doch da ersterer bereits den Opener besaß wäre es nur Ballast gewesen. Im Flur zum 30ten Stock wünschte Mac den beiden noch viel Glück und wies Luke und Donovan an vorsichtig zu sein. Evan und Dylan beherzigten den Rat, besonders Evans Sinne waren nach einem Jahr in einer fremden Epoche äußerst geschärft. Obwohl sie bereits viel Energie gelassen hatten, brauchten die beiden nur eine Minute um die Treppe zum 35ten Stockwerk zu erreichen. Dylan hielt plötzlich inne als sie ein platschendes Geräusch vernahm. Sie sah zu Boden und realisierte, dass sie in eine Pfütze getreten war. Die Stufen waren platschnass, wie nach einem starken Regenfall. „Jemand wird einen Putzeimer umgestoßen haben, komm jetzt!“, drängte Evan und seine Freundin stimmte ihm zu. Ihre Schuhe wurden zwar feucht, aber dennoch gelang es ihnen den Flur zum richtigen Stockwerk zu erreichen. Evan sichtete bald darauf die Tür und griff nach dem Knauf. Nichts. Evan versuchte es erneut, doch die Tür bewegte sich nicht. Oder doch, einen kleinen Millimeter schon, wie der Leiter von Cross-Photonics fand. „Was ist? Ist sie abgesperrt?“, hakte Dylan nach. Evan verneinte daraufhin. „Negativ. Sie bewegt sich etwas, sie muss durch etwas blockiert sein.“, spekulierte er. Dylan hob verwundert eine Augenbraue. Wenn man wusste, dass es brande, beschloss man doch nicht sich einzuschließen. Rettungskräften wäre es unmöglich hineinzukommen und die Person vor den Flammen zu retten. Zugegeben, hier brannte es nicht, aber davon wussten die Mitarbeiter der Firma nichts. Doch es half nichts, die Anomalie befand sich hinter dieser Tür, sie musste auf, was dafür auch nötig war. War die Innenseite vielleicht mit Metall umwandelt? In diesem Falle würde der Magnetismus des Zeitportals dieses anziehen und einen ungeheuren Druck auf die Tür abgeben. Dylan ließ ihre Tasche zu Boden fallen und zog eine Pistole mit scharfer Munition heraus. „Geh beiseite.“, bat sie Evan und dieser folgte unverzüglich. Dylan stellte sich in einigem Abstand vor das Schloss und drückte ab. Die Kugel durchbrach die Vorrichtung und Evan versuchte erneut sie aufzudrücken. Ohne Ergebnis. Etwas anderes schien sie zu blockieren, doch den beiden ging langsam die Zeit aus. Dylan versuchte es anders und zog ein EMD aus der Tasche. Dieses zeigte bei toter Materie zwar kaum Wirkung, aber einen Versuch war es wert. Sie stellte es auf mittlere Stufe ein und feuerte damit auf die Tür. Kurz darauf vernahmen beide einen sehr hohen Klang, den sie nicht einordnen konnten. Doch egal was es auch war, die Tür sprang auf und verschaffte ihnen Zutritt zu dem Bereich dahinter. Dylan reichte Evan ihr EMD und zog ein zweites für sich selbst aus der Tasche. Dicht beieinander traten sie nun in den Gang dahinter und Dylan stellte fest, dass der Wasserspiegel hier noch höher war als im Treppenhaus. „Hat hier jemand vergessen die Dusche abzudrehen?“, beschwerte sie sich brüsk. Evan musste ihr rechtgeben, inzwischen standen beide Knöcheltief in dem kalten Nass. Evan unternahm einen Versuch voranzugehen, bis er plötzlich inne hielt. Er riss die Augen auf, als er einen kleinen Fisch direkt vor sich vorbeischwimmen sah. Sofort hob er einen Arm um Dylan am Weitergehen zu hindern. „Hier gibt es Fische. Also entweder ein Aquarium ist zerbrochen, oder…“, begann er, doch seine Freundin erkannte sehr schnell worauf er hinaus wollte. In diesem Fall musste es sich schon um ein sehr großes Aquarium handeln. „Achtung!“, schrie Dylan plötzlich und stieß Evan beiseite. Dieser stolperte und landete im Wasser. Doch keine Sekunde zu spät, denn ohne Vorwarnung erhob sich etwas Langes und schwang nach oben. Eine Art Tentakel schlang sich um Dylans EMD, das es der Frau unmöglich machte es zu kontrollieren, geschweige denn abzudrücken. Mit einer großen Wucht wurde ihr die Waffe entrissen und der Tentakel senkte sich wieder ins Wasser. Dylan konnte nur noch mitansehen wie das EMD fortgezogen wurde. Evan richtete sich auf und taxierte den Tentakel erschrocken. „Los! Schieß schon!“, brüllte Dylan, doch ihr Freund schüttelte nur angespannt den Kopf. „Einen elektromagnetischen Puls kombiniert mit Wasser? Schlechte Idee.“, warnte er sie. Beide sahen mitan wie der Tentakel um eine Ecke verschwand, wohinter bereits der nächste Korridor begann. „Was… zum Teufel war das?“, wollte die Frau wissen, doch Evan konnte ihr die Frage nicht beantworten. „Irgendein ein Meerestier. Vermutlich haben seine Tentakel die Tür blockiert und wurden durch den EMD-Impuls zurückgeschreckt.“, kombinierte er. Dylan biss sich auf die Lippen und überlegte was weiter zu tun sei. „Wir können nicht auf es schießen, richtig?“, hakte sie nach. Evan musste sie enttäuschen. „Sofern wir uns nicht selbst grillen wollen, nein. Wir müssen in die Nähe der Anomalie kommen und diese dann schließen.“, hielt er dies für den einzig sicheren Plan. Doch das war leichter gesagt als getan. Selbst wenn sie diese orten konnten, es war ihnen lediglich vergönnt durch das Wasser zu watten und sich so fortzubewegen. Doch egal ob der Stand niedrig war oder nicht, dieser Tentakel könnte jeden Moment wieder auftauchen und sie angreifen. Dylan zog ihr Funkgerät und wollte Mac und die anderen über diesen Umstand informieren. Doch alles was sie erhielt war Rauschen. „Die Anomalie muss recht groß sein, deshalb können wir in keine Frequenz einwählen.“, erklärte Evan prompt. Dylan fragte sich jedoch nur wie groß. Ihre Überlegung wurde unterbrochen als sie und Evan plötzlich einen Schrei vernahmen. Doch es handelte sich nicht um dasselbe Geräusch wie vorhin, sondern… menschlich. Evan kniff die Augen zusammen als er zu dem einzig möglichen Schluss kam. „Mist, hier ist noch jemand!“, entfuhr es ihm. Dylan wusste was er meinte. Eine Rettungsmission passte den beiden gerade wenig in den Kram. Dennoch war es nicht nur ihre Pflicht die Anomalien zu schließen, sondern auch Unschuldige vor ihnen zu schützen. „Wir bewegen uns knapp an den Wänden und verwenden scharfe Munition.“, schlug Evan vor und seine Kollegin stimmte ihm zu. Dadurch setzten sie das Wasser nicht unter Strom und konnten diesen Tentakel vielleicht in die Flucht schlagen. Beide drückten sich nun an die ebenfalls feuchten Wände und versuchten im Wasser voran zu kommen. Auf die Geräusche die sie verursachten konnten sie nicht achten. Wenn der Tentakel oder das Tier dem er gehörte auf sensitive Geräusche im Wasser reagierte, würde es stets wissen wo sich seine Verfolger befanden. Dumpfe Geräusche waren zu hören und die beiden sprangen in den Korridor vor ihnen. Niemand zu sehen, doch die Geräusche kamen definitiv aus dem Raum direkt ihnen gegenüber. Evan und Dylan nickten einander zu und achteten dabei stets auf das Wasser unter ihnen. Ihre Finger nervös am Abzug schritte sie voran und drängten sich gleichzeitig in das Zimmer. „Ahh!“, ertönte ein schriller Schrei und Dylan sah wie ein Mann auf sie zugerannt kam. In seinen Händen hielt er eine Tastatur, scheinbar wollte er sie als Waffe verwenden. Dylan wich ihm gerade noch so aus, was denn Mann stolpern ließ. „Hey, beruhigen Sie sich!“, schnaubte ihn Evan an, obwohl er das Verhalten des Typen nachvollziehen konnte. Hätte er nicht bereits so viel erlebt, würde ihn das plötzliche Auftauchten eines riesigen Tentakels im eigenen Büro auch in Panik versetzen. Der Mann trug einen feinen Anzug, der inzwischen aber ziemlich durchnässt wirkte. Schnell erhob sich der Geschäftsmann und starrte die Neuankömmlinge an. „Was… ist das da draußen? Sind Sie gekommen um uns hier rauszuholen?“, fragte er perplex. Dylan streckte ihm ihre offene Hände entgegen und bat ihn ruhig zu bleiben. „Wir sehen was wir tun können.“, versicherte sie. Evan hingegen starrte den Anzugträger fragend an, „Uns? Ist noch jemand außer Ihnen auf dieser Etage?“, hakte er nach. Der Geschäftsmann brauchte etwas bis er antworten konnte. „Ja… eine Frau. Eine Unternehmensberaterin. Mein Kollege war plötzlich verschwunden und sie half mir nach ihm zu suchen.“, berichtete er stockend. Während Dylan den Eingang zum Zimmer bewachte, wand sich Evan noch einmal an den geschockten Mann. „Und wo befindet sie sich gerade? Sie könnte in Gefahr sein.“ Der Geschäftsmann zeigte auf einen weiteren Ausgang offen stand. Evan und Dylan hatten sie nicht bemerkt, da sie von einer großen Schlingpflanze verdeckt gewesen war. Evan bemerkte zu seinen Ungunsten, dass dieser über keine Tür verfügte und somit jeder und alles ins Innere gelangen konnte. „Sie… sie sollte…“, brabbelte der Mann, wurde dann aber unterbrochen. Jemand kehrte in das Büro zurück und Evan hob sicherheitshalber seine Waffe. „Ich habe den hinteren Ausgang blockiert, wie sieht es bei Ihnen aus?“, erklang die zarte, aber hektische Stimme einer Frau. In ihrem violetten Kleid konnte sie sich nur schwer vorwärts bewegen, doch das änderte nichts an ihrer Kämpfernatur. Als sie durch die Öffnung trat und Evan und Dylan entgegentrat herrschte absolute Stille. Niemand war im Stande etwas zu sagen, am wenigsten Evan. Die Frau schluckte und starrte den Bewaffneten ungläubig an. „E…van?“, konnte sie es nicht fassen. Dieser nickte bedächtig. „Ja, ich bin es. Lange nicht gesehen.“, versuchte er ein Lächeln aufzusetzen, welches aber misslang. Doch das verhinderte nicht, dass Angelika sich ihm entgegen warf und ihn kräftig umarmte. Endlich hatten sich die beiden wieder. Vancouver - Manulife Financial Corp, 33tes Stockwerk Mit dem Wissen, dass der vermeintlich Verletzte nicht von einem Tier angefallen worden war, drückte Donovan die Tür nach innen und verschaffte Mac und Luke so Zutritt. Kaum hatten die drei Männer den Flur dahinter betreten, spürten sie etwas Feuchtes an ihren Köpfen. Luke blickte nach oben und weitete erstaunt die Augen. „Scheinbar wurde für heute Regen angesagt.“, murmelte er, als immer mehr Tropfen von der Decke herabrieselten. Mac starrte zu Boden, auch im Teppich wurden immer größere, feuchte Stellen sichtbar. „Sieht mir nach einem Wasserohrbruch aus. Wir sollten uns beeilen, die Aufräumarbeiten kann ja jemand anderes übernehmen.“, erwiderte der Captain und gab Donovan und Luke ein Zeichen. Sie schlenderten den Gang entlang und stießen bald darauf auf eine breite Tür die halb offen stand. „Ist hier jemand?“, rief Mac nach vorne, wobei dies nach der Aussage der Sekretärin zweifelsfrei der Fall sein musste. „Hallo?“, erwiderte eine Stimme und das Team setzte seinen Weg fort. Die Tür wurde aufgerissen und dahinter kam ein breiter Raum zum Vorschein. Bis auf einen runden Tisch mit Stühlen und einigen Schränken war daran nichts auffälliges. Außer natürlich die beiden Männer die am Boden kauerten und hilfesuchend zu den Neuankömmlingen starrten. Einer davon war etwas älter, er kniete neben seinem Kumpanen und redete ihm gut zu. Der andere Mann war jünger und lag flach auf dem Teppich, der rechte Teil seiner Hose war nach oben gestülpt worden. Mit Hilfe eines Handtuches wurde scheinbar seine Wade abgebunden während er schwer atmete. Mac und die anderen traten zu dem Verletzten und inspizierten ihn. „Was ist passiert?“, wandte sich Donovan an den älteren Mann und dieser versuchte ruhig zu bleiben. „Ich bin mir nicht sicher. Ich war auf der Toilette als ich plötzlich einen Schrei vernahm. Ich kehrte zurück und Mister Parrack hier hielt sich die Wade. Ich glaube er ist gestolpert, oder…“, versuchte er zu berichten, wurde aber unterbrochen. „Nein!“, krächzte der Jüngere nun. „Da… da war gar niemand. Irgendwas hat sich plötzlich um mein Bein geschlungen und es hat höllisch zu brennen begonnen.“, stammelte er. Mac robbte zu ihm und erlaubte es sich das Handtuch kurz abzunehmen. An ihm haftete kein Blut, also um was für eine Verletzung handelte es sich? „Verflucht! Was ist das?“, stieß Donovan hervor als Mac ein seltsames Muster freilegte. Um Parracks Wade prangte ein Muster, wie der Abdruck eines Stück Stoffs. Er war vielleicht 10 Zentimeter breit und rundliche Brandzeichen malten sich ab. „Es… es tut so weh!“, klagte Parrack und sah flehend zu seinem Vorgesetzten. Richard Pool raufte sich die Haare und sah zu den Männern. „Wir müssen ihn in ein Krankenhaus schaffen.“, meinte er entschlossen. Auch das Anomalienteam schien diese Option für die Beste zu halten. Mac wies Donovan und Luke an dem Mann aufzuhelfen. Es waren mehrere Stockwerke bis nach unten, aber zu zweit würde es ihnen sicher gelingen ihn aus dem Gebäude zu tragen. Die zwei stützten Parrack, während Mac das Handtuch erneut in das herabrieselnde Wasser eintauchte und die Wade verband. Doch als sich die fünf dem Ausgang zuwandten geschah es. Wie aus dem Nichts entwickelte diese ein Eigenleben und schloss sie wie automatisch. Mac rannte vorwärts und versuchte sie aufzureißen. „Hey! Was soll das?“, schrie er erbost. „Wer ist noch in diesem Stockwerk?“, wollte er von Pool wissen. Dieser zuckte jedoch nur mit den Schultern. „Also… eigentlich müssten wir die einzigen hier sein.“, schien er sich recht sicher zu sein. Mac trommelte an der Tür und versuchte sie nach außen zu drücken, doch ohne Erfolg. „Mist! Irgendein Scherzbold hat die Tür blockiert.“, fluchte er und überlegte sich die nächsten Schritte. Er drehte sich zu Luke und Donovan um, um sie um Hilfe zu bitten. Gemeinsam würde es ihnen bestimmt gelingen die massive Tür aufzubrechen. Kaum hatte er sich zu den beiden gewand, riss er erschrocken die Augen auf. An der Szenerie hatte sich kaum etwas geändert, Pool stand immer noch an derselben Stelle, seine Stirn voller Schweiß. Parrack hatte sichtlich Schwierigkeiten zu stehen und Luke und Donovan machten sich daran ihn erst einmal wieder hinunter zu lassen. Das Problem war jedoch das längliche, schlangenartige Ding, das über den runden Tisch kroch. Es war weiß und näherte sich immer schneller Lukes Hinterkopf. „Runter!“, schnaubte Mac, doch der Student verstand im ersten Moment nicht worauf sein Teamleiter hinaus wollte. Donovan als ehemalige Soldat konnte die Gefahr schneller entdecken, schnappte nach Lukes Kragen und riss ihn zu Boden. Noch bevor der Zoologe sich versah, lag er bereits flach auf dem nassen Teppich und versuchte nach oben zu blicken. Mit geweiteten Augen erkannte er wie ein Tentakel in der Luft umherwirbelte und versuchte nach etwas zu greifen. Donovan hatte seine Tasche abgestellt und ein EMD zur Hand genommen. Doch die Distanz zu dem Tentakel war viel zu gering und so reichte ein einfacher Hieb aus um die Waffe fort zu schleudern. Der Tentakel zog sich zurück und strich erst über die Tischplatte, dann über den Boden. Die Männer sahen gerade noch wie er im Lüftungsschacht in der oberen Ecke des Raumes verschwand. „Mein Gott! Was zur Hölle war das?“, stammelte Pool. Mac hingegen reagierte unverzüglich. Er befahl Donovan den Tisch umzuwerfen und ihn vor den Schacht zu schieben. Der Ex-Major folgte augenblicklich, benötigte jedoch die Hilfe von Pool um den schweren Holztisch bewegen zu können. Mac schritt zu Luke und reichte diesem seine Hand. Der Student nahm sie entgegen und ließ sich nach oben ziehen. „Das sah aus wie der Tentakel eines Tintenfisches.“, entfuhr es dem Captain, auch wenn Luke sicher ein besseres Auge dafür besaß. „Besser gesagt der eines Riesenkalmars.“, erwiderte dieser. Von Mac erntete er dafür nur einen skeptischen Blick. „Und wie zum Teufel kommen wir zu diesem Vergnügen? Sollten sich diese Dinger nicht nur im Wasser vorwärts bewegen können?“ Luke verschnaufte kurz und fuhr dann fort. „Die heutigen Riesenkalmare ja. Aber ich denke wir haben es hier mit einem Architeuthis antiqua zu tun, einem Vorfahren der heutigen Riesenkalmare, dem amphibische Fähigkeiten nachgesagt wurden.“, erklärte er. Mac knirschte mit den Zähnen und sah erneut zur Tür. Jetzt war auch klar was genau diese blockierte. „Dieser Tentakel war verdammt lang.“, meinte er kritisch und Luke stimmte ihm zu. „Die Tentakel der heutigen Riesenkalmare erreichen eine Länge von etwa 10 Meter. Über die Länge der Greifarme seiner Vorfahren ist nichts wirklich bekannt.“, sprach er. Mac verdrehte die Augen. 10 Meter alleine waren schon schlimm genug und wer wagte es nicht einmal zu fragen wie viele von den Dingern dieses Vieh besaß. „Der Architeuthis ist nur als Jäger bekannt, sondern auch als Sammler. Er hortet Beute um sie zu einem späteren Zeitpunkt verspeisen zu können.“, fügte Luke noch hinzu. Mac tastete nach seinem Funkgerät um Verbindung mit Evan und Dylan aufzunehmen. Doch alles war er erhielt war ein Rauschen, scheinbar wurde die Frequenz gestört. „Verdammt! Wir müssen hier heraus und die beiden unterstützen.“, meinte er, auch wenn er noch keinen blassen Schimmer hatte wie er dies anstellen sollte. Ein unheimliches Geräusch erklang, wie das Heulen eines absterbenden Motors. Der Ruf des Architeuthis. Vancouver - Manulife Financial Corp, 35tes Stockwerk Das Zusammentreffen als magisch zu bezeichnen wäre übertrieben gewesen. Es waren die Gedanken und Erinnerungen als Ange gewesen, die Evan solange in der Kreidezeit hatten überleben lassen. Sie so zu halten, ihre Nähe und Wärme zu spüren waren das was ihn angetrieben hatten zurückzufinden. Angelika löste sich nun von ihm und… hob ihre Hand um Evan eine schallende Ohrfeige zu verpassen. Dieser nahm sie stillschweigend entgegen, in dem Wissen sie mehr als verdient zu haben. „Ich hasse dich.“, entfuhr es ihr und Evan nickte stumm. „Und ich liebe dich.“, antwortete er. „Du… hättest mal schreiben können.“, bemängelte Angelika nun. Evan versuchte ein Lächeln aufzusetzen und neigte den Kopf etwas. „Hätte… etwas gedauert bis dich der Brief erreicht.“, gab er zu. Ihr Zweisamkeit wurde rüde unterbrochen als ein ins Mark gehender Schrei erklang. Die beiden wanden sich zu Dylan und dem Geschäftsmann um und erkannten wie letztere plötzlich seinen Halt verlor und zurückgezogen wurde. Sie erkannten wie ein Tentakel das Bein des Mannes fest umschlungen hatte und versuchte weg zu ziehen. Dylan hob ihre Waffe, doch Evan bat sie zu warten. Der Tentakel war ein viel zu ungenaues Ziel, sie hätte auf jedenfall den Geschäftsmann getroffen. Evan stürzte nach vorne um die Arme des Mannes zu greifen, doch es war zu spät. Er wurde aus dem Büro hinausgezerrt und schrie wie ein Beutetier das sich den Zähnen seines Angreifers entgegensah. Es war Angelika die ihm hinterher stürzte um ihn doch noch zu retten, aber ohne Erfolg. Aus der anderen Richtung torkelte ein weiterer Tentakel auf sie zu und Evan riss sie zurück. „Dylan!“, bat er um Hilfe und seine Freundin war sofort zur Stelle. Aufgrund des Wasserspiegels war es schwierig, doch mit vereinten Kräfte schafften sie es die Tür zuzuziehen. Die Spitze des Tentakels war bereits im Büro, wurde aber nun zusammengequetscht. Mit einem undefinierten Schrei zog der Architeuthis ihn wieder zurück. Evan und Dylan verbarrikadieren die Tür mit einem Abstelltisch und taumelten nach hinten. Angelika fasste sich an ihre Brust und versuchte sich zusammenzureißen. „So sind wir erst einmal sicher.“, entfuhr es Dylan, doch ihr Freund wagte dies zu bezweifeln. „Wir sind eingeschlossen, das ist etwas anderes. Sollen wir etwa warten bis sich die Anomalie von alleine schließt und hoffen die Tentakeln bleiben solange draußen?“, fragte er kritisch. „Es… es kann nicht durchkommen.“, flüsterte Angelika leise. Evan und Dylan drehten sich zu ihr um und musterten sie. Die Frau brauchte etwas um sich zu fassen und setzte sich dann. „Ich habe die Anomalie gesehen. Sie ist ziemlich groß und dieses… Ding hat versucht seinen Kopf durchzuschieben. Doch er war zu gigantisch, alles was es durchbringt sind seine Tentakel. Es hat ausgesehen… wie ein riesiger Kraken.“, berichtete sie. Evan setzte sich nun zu ihr und wagte es ihr über die Haare zu fahren und zu trösten. Er wusste nicht, ob er noch länger das Recht dazu hatte, doch es war ihm in diesem Moment einfach ein Bedürfnis. „Wer war der Mann?“, wollte er wissen. Angelika fuhr sich über die Lippen und wirkte sehr bedrückt. „Jefferson Gaynes, er hat mich als Unternehmensberaterin eingestellt.“, erzählte sie. Evan nickte verstehend. „Das ist also was du jetzt machst.“ Angelika wand ihren Kopf und sah Evan direkt in die Augen. „Was… hätte ich denn bitte sonst tun sollen? Du warst tot, Evan! Ja, zuerst pochte ich darauf, dass du nur als verschollen giltst, doch als du nicht mehr zurückkamst musste ich der Wahrheit ins Auge sehen. Du warst fort, also musste ich ebenfalls gehen. Was hättest du von mir erwartet? Dass ich bei Cross-Photonics bleibe nachdem was war? Das ich in deinem Namen die Anomalien bekämpfe?“, fragte sie erwartend. Evan schüttelte augenblicklich den Kopf. „Nein… das würde ich niemals von dir verlangen.“, versicherte er. Doch in wiefern war das die Wahrheit? Er hatte seine Freundin ohne zu zögern eingeweiht und sich auf die Suche nach den Anomalien gemacht, während diese sich sorgte. Er hatte ihr die Aufnahme mit dem Utahraptor gezeigt, obwohl er genau wusste, dass dies auch Anges Leben von Grund auf geändert hatte. Wie egoistisch er gewesen war, hatte er im Prinzip erst erkannt nachdem sich die Anomalie geschlossen und er in der Kreidezeit festgesteckt hatte. Evan hatte eine Vielzahl von Türen aufgerissen und sie durchquert ohne sie danach wieder zu schließen. Andere hatten deshalb leiden müssen, Ange war nur eine davon. Evan war ein Jahr von ihr getrennt gewesen, aber schlimmer als zu warten, war es zu denken die geliebte Person wäre bereits tot. Wäre es dem Forscher nicht gelungen zurück in seine Zeit zu finden, wäre das in Ordnung gewesen. Ange hätte ihr Leben gelebt und den Verlust irgendwann überwunden. Doch jetzt war Evan zurück und er stieß eine weitere Tür auf. „Ich bin nur solange geblieben um auf dich aufzupassen, das weißt du oder?“, wurde Anges Tonfall nun leiser. Evan nickte bedächtig. Und ob er das wusste, sogar noch besser als seine Freundin selbst. In seiner Zeitlinie hatte sie sogar mit Project Magnet zusammengearbeitet um zu verhindern, dass Evan sich irgendwann in den Tod stürzte. Doch trotz ihrer Bemühen hatte sie Evans Eifer nicht bremsen können. Dieser hatte sich auf diese Selbstmord-Mission begeben und somit ihr Herz gebrochen. Und es gab keine Entschuldigung dafür. Nicht einmal die Rettung der Welt. „Seid… wann bist du zurück?“, erkundigte sich Angelika. Evan räusperte sich. „Seid gestern Abend. Ich hätte dich ja angerufen, aber…“, begann er, doch seine Freundin schnitt ihm das Wort ab. „Nein, ich verstehe schon. Du hattest wichtigeres zu tun.“, entgegnete sie. Autsch. Angelika musste nun denken, Evan wären die Anomalien in der Tat wichtiger als sie. Zwar ein Trugschluss, doch hätte Evan das auf der Stelle korrigiert, hätte es sich falsch angehört. Er hatte ohne zu zögern Harrison verfolgt und Ange somit im Stich gelassen. Es war für ihre und die Sicherheit der anderen. Doch noch war sie zu sauer auf ihn, weshalb Evan beschloss erst einmal damit zu warten. Er und Angelika starrten nach vorne wo Dylan stand und sich über den Nacken fuhr. „Schon ok, tut einfach so als wäre ich nicht hier.“, schlug sie vor, auch wenn das unmöglich war. Evan begann unwillkürlich zu grinsen. Nein, dies war eindeutig nicht der Ort, an dem er und Ange ihre Probleme besprechen sollten. Vor der Tür lauerten die Tentakeln eines riesigen Tintenfisches oder dergleichen, die nur darauf warteten sie durch die Anomalie zu ziehen. Evan sah zu seiner Freundin legte eine ernste Meine auf. „Ich hole dich hier raus. Das verspreche ich.“ Vancouver - Manulife Financial Corp, 33tes Stockwerk Donovan und Pool hatten es geschafft den Raum abzudichten, doch damit war die Gefahr nicht gebannt. Parrack hatte immer noch Schmerzen und musste schnellst möglich versorgt werden. Und nicht nur das. Evan und Dylan brauchten sicher Hilfe, während der Rest des Teams hier festsaß. „Wir könnten die Tür aufbrechen und nach draußen laugen.“, schlug Donovan vor. Luke war anzusehen was er von dieser Idee hielt. „Die Tentakel sind extrem schnell und gelenkig. Selbst wenn wir rennen würden uns die Dinger sofort kriegen. Es ist wie der Griff einer Boa, sind wir ihm erst einmal ausgeliefert, besteht kaum eine Chance, dass wir uns wieder befreien können.“, gab er an. Mac trat wütend gegen die Tür. Er hielt diese Untätigkeit nicht mehr aus, doch was blieb ihnen übrig? Pool wischte sich erneut den Schweiß von der Stirn und lehnte sich gegen das Fenster. „Das… ist ein Monster, richtig?“, wagte er es zu fragen und niemand widersprach ihm. Mac hätte sich nun eine Ausrede einfallen lassen, doch falls sie es hier nicht lebend hinausschafften, spielte das auch keine Rolle mehr. „Achtung!“, schrie Donovan plötzlich und packte Pool am Kragen. Dieser verstand nicht was vor sich ging, doch Mac und Luke erkannten die Gefahr sofort. Vor dem Fenster war ein Tentakel aufgetaucht und auch wenn es geschlossen war, hämmerte er wild gegen das Glas. In diesem bildeten sich die ersten Risse und Donovan zielte mit seinem EMD darauf. Er drückte ab, doch das Ergebnis verschlimmerte nur noch alles. Durch den Impuls versprach die Scheibe ganz und obwohl der Tentakel getroffen wurde, hing er nicht schlaff herab, sondern zog sich wieder nach oben zurück. Dafür klaffte nun ein Loch, das noch größer als der Luftschacht war. Donovan fluchte angesichts seiner Nachlässigkeit, doch im Nachhinein war nichts mehr daran zu ändern. Sie suchten nach etwas, womit sie die Öffnung blockieren konnten, doch es gab nichts. Sie konnten einigen Stühle aufeinander stapeln, doch diese hätten den Riesenkalmar nicht am Eindringen gehindert. Plötzlich ein gequälter Schrei. Alle wanden sich um und erkannten Parrack. Scheinbar war der Tentakel am Fenster nur ein Ablenkungsmanöver gewesen, denn die Tür war leise aufgegangen und zwei weitere Tentakel hatten sich in den Besprechungsraum geschoben. Einer hatte Parracks Beine umschlossen, der andere seinen Hals. Der junge Geschäftsmann würgte und seine Augen quollen heraus. Er wurde nach draußen gezogen und ruderte hilflos mit den Armen. Donovan schoss, doch der Impuls traf ins Leere. Gefahr oder nicht, das Team musste nun handeln bevor es zu spät war. Die vier Männer rannten nach draußen, erkannten aber nur noch wie Parrack nach oben gezogen wurde. Über ihnen befand sich ein weiterer Lüftungsschacht und der Tentakel versuchte den Mann zu sich zu ziehen. Doch die Kalkulation ging schief, denn Parracks Körper war zu breit um in den Schacht zu passen. Mac entriss Donovan das EMD und stellte es auf die niedrigste Stufe ein. Selbst wenn er Parrack treffen sollte, würde dieser nur betäubt werden. Wichtig war jetzt, ihn von dem Tentakel zu befreien. Er traf Parracks Hals und damit auch den Tentakel. Dieser zuckte und ließ von seiner Beute ab. Jauchzend verschwand er wieder durch den Schacht. Parrack fiel zu Boden und landete schwer auf dem Flur. Während Mac und Donovan die Umgebung sicherten, stürzte Luke zu dem Geschäftsmann. Sein Hals wirkte nicht nur verbrannt, sondern auch gequetscht. Der Mann rührte sich nicht und Luke suchte hektisch nach dessen Puls. Als er ihn gefunden hatte blickte er zu seinen Freunden und schüttelte den Kopf. „Zu spät.“, setzte er sie darüber in Kenntnis, dass Parrack nicht mehr zu retten war. „Wir müssen hier raus!“, brüllte Pool und setzte sich in Bewegung. Er rannte Richtung Treppenhaus und es gelang dem Team nicht mehr ihn aufzuhalten. Mac gab seinen Leuten ein Zeichen und sie bewegten sich vorwärts. Der Architeuthis wusste nun, dass sie ihm Schmerzen zufügen konnte, doch reichte das um ihm abzuschrecken? Scheinbar nicht, denn ein weiterer Tentakel sprang aus einer Öffnung und torkelte auf Pool zu. Mac richtete sein EMD nach vorne, diesmal mit voller Stärke. Er schoss und traf den Tentakel an seiner Spitze. Mit einem jaulenden Geräusch zog sich dieser zurück und kurze Zeit später konnten sie die Abteilung durch denselben Durchgang verlassen, durch den sie es auch herein geschafft hatten. Im Treppenhaus stöhnte Pool und versuchte sich zu orientieren. „Luke, bring ihn nach unten. Ich und Donovan werden den anderen zu Hilfe eilen.“, befahl der Captain. Der Student legte zuerst Veto ein, immerhin wollte er helfen Evan und Dylan zu unterstützen, doch die Anordnung des Teamleiters änderte sich nicht. Schließlich gab er nach und fühlte sich wie die Besatzung aus Captain Nemos Schiff die das sinkende U-Boot verließen als Gefahr von dem Riesenkraken bestand. Doch im Gegensatz zu Mac und Donovan war er kein geschulter Soldat und seine Reflexe wären in diesem Fall eher hinderlich gewesen. Also riss er Pool mit sich und zerrte ihn die Treppe nach unten. Mac und Donovan nickten inzwischen einander zu und beschlossen sich dem Unvermeidlichen zu stellen. Den Tentakeln des Architeuthis. Vancouver - Manulife Financial Corp, 35tes Stockwerk Immer noch kauerten die drei in dem engen Büro ohne Möglichkeit nach draußen zu gelangen. Der Raum besaß zwei Ausgänge, die sie aber blockiert hatten. Und das aus gutem Grund, immerhin lauerte auf dem Korridor eine unbekannte Anzahl an Tentakeln, die nur darauf warteten nach den dreien zu greifen. Dylan wollte sich nicht vorstellen was mit ihr geschehen würde. Wahrscheinlich würden sie sie durch die Anomalie ziehen und in die Heimat dieses Oktopuses oder was auch immer verfrachten. Dahinter würde sie bestimmt ertrinken, bevor sie von dem Seeungeheuer vertilgt werden würde. Beides keine schöne Gedanken, doch was sollten sie sonst unternehmen? Auf Hilfe warten? Mac und die anderen brauchten definitiv zu lange, irgendwas schien vorgefallen zu sein. Auch wenn sie in dieses Stockwerk kamen, bestand dieselbe Gefahr wie auch schon vorhin. Die Tentakel würden nach ihnen greifen und aufgrund des vielen Wasser war es zu gefährlich die EMDs einzusetzen. „Das wäre schon ironisch, oder?“, kam es von Angelika und Evan drehte seinen Kopf zu ihr. „Dass du nur zu mir zurückgekommen bist, damit wir diesmal gemeinsam sterben können.“, entfuhr es ihr. Evans Stirn verhärtete sich und er streckte seine Hände aus um sie auf Angelikas Wangen zu legen. „Vergiss es! Keiner von uns wird heute sterben, hast du das verstanden? Ich habe mit Müh und Not zu dir zurückgefunden, deshalb werde ich dich nicht noch einmal alleine lassen, klar?“, versuchte er ihr einzuschärfen. Im selben Moment wurde seine Aussage entkräftigt als sich die Spitze des Tentakels versuchte durch die Tür zu schieben. Die Blockade hielt nur noch sporadisch und Dylan drückte sich gegen den Ausgang. Doch ihr Gewicht allein reichte nicht aus. Es war Evan der plötzlich aufsprang und in seinen Taschen wühlte. „Dylan, wenn ich jetzt sage, lässt du ihn herein.“, bat er seine Freundin. Dylan starrte ihn an, als hätte er gerade den schlechtesten Witz aller Zeiten gerissen. „Du willst bitte was?“, hakte sie zweifelnd nach. Wenig später erkannte sie, dass Evan den Opener in der Hand hatte. Was genau plante er damit? Wollte er eine Anomalie schaffen, durch die sie entkommen konnten? Selbst wenn, damit würden sie nicht verhindern, dass der Architeuthis weiterhin wütete. „Ange, du sagtest das Tier zieht seine Beute durch die Anomalie weil es nicht zur Gänze hindurchpasst, richtig?“, wand er sich an seine Freundin. Diese nickte, immerhin war dies scheinbar Gaynes und Braford zugestoßen. Doch Evan ließ sich in seinem Treiben nicht stören und werkelte weiterhin am Eingabefeld des Openers. Dann jubelte er, als er endlich fertig war. „Verrätst du uns jetzt was du vorhast?“, fragte Dylan ungeduldig. Evan lächelte sie an und schwenkte das Gerät in seiner Hand. „Hier werden wir die Anomalie schließen und dieses Tentakelmonster zurück in seine Zeit verfrachten.“, versprach er. Doch sowohl Dylan als auch Angelika hielten dies für Wahnsinn. „Vergiss es! Die Anomalie ist zu weit entfernt, wir kommen nie nahe genug heran. Vorher werden wir von den Tentakeln erwischt und hindurch gezogen.“, konfrontierte ihn Dylan mit den Tatsachen. Doch Evan war nicht dumm und wusste dies natürlich. „Dylan, wie ich dich kenne hast du doch bestimmt ein Messer eingesteckt, oder?“, hakte er nach. Diese nickte, für den Notfall hatte sie immer eines dabei, obgleich man bei so gut wie jeder Mission einem Notfall begegnete. Sie zog es aus der Hosentasche und reichte es ihrem Freund. Evan presste nun seine Lippen zusammen legte das Messer an seiner linken Handfläche an. „Evan!“, protestierte Angelika, doch da war es bereits zu spät. In Evans Hand war ein langer Schnitt zu sehen aus dem Blut quoll. War er nun völlig verrückt geworden? Die beiden Frauen verstanden nicht was er vorhatte, besonders als er den Opener mit seinem eigenen Blut einrieb. Danach erhob er sich und sah zur Tür. „Ich zähle bis drei, danach öffnest du die Tür, damit ich den Opener hinauswerfen kann.“, bat er. Dylan starrte ihn perplex an, scheinbar wollte sie diesmal nicht ohne weitere Erläuterungen auf ihren Freund hören. Der Opener war vielleicht die einzige Möglichkeit einen Fluchtweg zu schaffen. „Versteh doch! Wir könnten mit dem Opener irgendwohin fliehen, aber dieses Vieh wäre immer noch da. Es ist mir gelungen einen Spannungsanstieg in dem Gerät zu generieren, es wird sich also in weniger als 2 Minuten selbst überladen.“, erzählte, erntete aber nur verdutzte Blicke. Er seufzte, als er Dylan und Angelika wohl alles haarklein erklären musste. „Wir kommen nicht nahe genug an die Anomalie heran, richtig? Nur wenn wir von den Tentakeln hineingezogen werden. Aber wenn das Timing stimmt und die Kreatur den Opener zu sich zieht, weil sie ihn wegen des Bluts für Beute hält, schließt sich die Anomalie vielleicht. Er wird auf den Elektromagnetismus reagieren und dadurch durchschmoren. Der letzte Befehle den ich eingegeben habe, war der Schließbefehl. Indem er sich selbst überlädt wird dieser Befehl automatisiert und es wird nicht nötig sein, dass wir uns in der Nähe befinden müssen.“, versuchte er laienhaft zu erklären. „Und… das funktioniert?“, hakte Angelika vorsichtig nach. Evan hätte jetzt am liebsten bejaht und wäre es nur dazu gut gewesne sie zu beruhigen. Aber in Wahrheit wusste er es selbst nicht. Es war ein Experiment, eines, das nur einen Versuch zuließ. Ging es schief waren sie wirklich geliefert. Dennoch mussten sie es versuchen. Evan nickte Dylan zu und diese riss die Tür auf. Evan schleuderte den Opener nach draußen und wartete darauf, dass einer der Tentakeln auftauchte. Durch das Blut angelockt, schlang er sich um den Opener und riss ihn mit sich. Der erste Teil des Plans war geglückt, doch der zweite? Was wenn sich der Opener überlud wenn er die Anomalie noch nicht erreicht hatte? Oder die Verschließfunktion nicht richtig klappte? Alles was die drei Gefangenen nun tun konnten war abzuwarten. Es waren quälende 2 Minuten in denen nichts geschah. Und auch danach herrschte Stille. „Hat es… funktioniert?“, wagte es Angelika zu fragen. Evan zuckte nur mit den Schultern und Dylan die Tür wieder zu öffnen. Aber war es wirklich ungefährlich sich nach draußen zu wagen? Wenn sie es nicht taten, wussten sie nicht wie die Lage war. Mit einer Pistole bewaffnet ging Evan vor, während ihm die beiden Frauen folgten. Der Boden war immer noch durchnässt, aber kein Anzeichen von Bewegung im Wasser. „Ahh!“ Dieser Aufschrei ließ Evan sofort reagieren und er blickte in Angelikas Richtung. Um ihrem Fuß hatte sich ein Tentakel gelegt und Evan schoss zweimal ins Wasser. Ohne Erfolg, der Tentakel reagierte nicht. Dylan wagte sich näher und stieß das längliche Ding mit der Spitze ihres Schuhs an. Leblos schwamm es im Wasser und stellte keine weitere Gefahr dar. Ein Blick zum Ende des Korridors verriet warum. Die Anomalie war verschwunden und die Tentakeln waren vom Rumpfs der Kreatur abgetrennt worden. Ein weiterer Tentakel hing quasi in der Luft aus einem Lüftungsschacht. Der Plan hatte funktioniert und der Opener die Anomalie selbstständig geschlossen. Die drei waren in Sicherheit und gleichzeitig unendlich erleichtert. Im selben Moment tauchten zwei bekannte Gesichter auf. Mac und Donovan traten bewaffnet in den Gang und musterten die drei skeptisch. „Gefahr gebannt, Mission abgeschlossen.“, beruhigte sie Evan erschöpft. Die beiden Soldaten überzeugten sich erst selbst und gratulierten dann. „Mam.“, begrüßte Donovan Angelika ordnungsgemäß. Er hatte sie lange nicht gesehen und war überrascht ihr ausgerechnet hier über den Weg zu laufen. Diese hatte eine Menge Energie verloren und Donovan stützte sie. „Gut, bringt sie nach draußen.“, befahl Evan und Mac und der Ex-Major setzten sich in Bewegung. „Willst du… sie nicht begleiten?“, fragte Dylan die annahm, Evan würde jetzt bei ihr sein wollen. „Doch natürlich, ich weiß nur nicht ob sie mich sehen will.“, bezweifelte er, ob das umgekehrt ebenfalls der Fall war. Dylan verdrehte die Augen. „Ohman, du änderst dich nie. Deine Entscheidung kannst du nicht rückgängig machen, aber versuche wenigstens ihr deine Beweggründe zu erklären. Ja, du hast sie sehr verletzt, aber das bedeutet nicht, dass du es nicht auch wieder gutmachen kannst.“, redete sie auf ihren Freund ein. Dieser prustete los. Seit wann war die Jagt nach Anomalien zu einer Selbsthilfegruppe geworden? „Danke für die Beziehungstipps, aber du kannst dich wohl kaum in mich hineinversetzen.“, bemängelte er. Immerhin hatte Dylan kein Jahr in der Kreidezeit zubringen müssen und war von ihrem Liebsten getrennt gewesen. Dylan öffnete die Lippen, schloss sie aber gleich wieder. Es herrschte kurze Zeit Stille, bevor sie einen erneuten Versuch wagte. „Ich schlafe mit Luke.“, verriet sie. „OK…“ Man hätte Evan genauso gut sagen können, dass direkt hinter seinem Rücken ein T-Rex stand, er hätte kaum anderes reagiert. „Ich wusste nicht, dass er überhaupt dein Typ ist. Aber… Glückwunsch.“, versuchte er dennoch eine adäquate Antwort zu finden. Dylan wich seinem Blick aus. „Nein, wir… wir sind nicht zusammen. Wir haben uns nach deinem Tod nur gegenseitig unterstützt und er… war wirklich aufmerksam. Eines kam zum anderen.“, gestand sie. Evan gab zu alles andere als gut bei solchen Gesprächen zu sein, doch Dylan hätte es bestimmt nicht erwähnt, wenn sie nur Schweigen von Evan erwartet hätte. „Also ist es nur eine Affäre?“, hakte er nach. Dylan zuckte nur mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung verdammt! Ich wollte damit nur sagen, dass sich Luke bereits mehr als einmal wegen mir verletzt hat. Letzte Woche hat ihn der Schädel eines Sauriers gerammt, weil ich zu vorschnell und unvorsichtig war. Deshalb kann ich mich auch in Angelika hineinversetzen. Sie ist sauer auf dich, ganz klar. Doch sie liebt dich und sofern du es nicht wieder in den Sand setzt, wird sie dir vergeben.“, sprach die junge Frau ihre Gedanken aus. Evan nickte und dankte ihr für ihren Rat. Er wollte sie nochmal auf Luke ansprechen, da eilte der Student bereits zu ihnen. „Hey! Alles in Ordnung?“, brachte er noch hervor, bevor er schwer zu atmen begann. Treppen zu steigen mochte angeblich gesund sein, doch Luke würde bestimmt jeden wie ein Raptor anfauchen, der ihm das in der Zukunft vorschlug. „Wir sind unverletzt. Lass uns jetzt von hier verschwinden bevor es zu spät ist.“, schlug Dylan vor und weder Luke noch Evan hatten irgendwelche Einwände. Wie bereits Mac, Donovan und Angelika benutzten sie diesmal den Fahrstuhl. Ein Feuer gab es nicht und da sonst alle Angestellten aus dem Gebäude verschwunden waren auch kein Gedränge. Im rechten Augenblick würden sie dann durch die Hintertür verschwunden und die Polizei ihre Arbeit vollrichten lassen. Bis auf eine Person hatte niemand den Architeuthis gesehen, es würde also nicht zu schwer sein die Geschichte zu vertuschen. Schwieriger zu erklären würde sein, was genau vorgefallen war und wie genau ein einzelner Wasserrohrbruch drei Menschen das Leben kosten konnte. Doch das würde das Team jemand anderen überlassen, für heute waren sie erschöpft genug. Vancouver – Ashton-Street Evan hatte bereits befürchtet erneut in der Firma übernachten zu müssen, doch Harold war in der Abwesenheit des Teams nicht untätig geblieben. Es stellte sich heraus, dass Kanan-Enterprises eine Vielzahl an Wohnungen besaß, die bei Gebrauch an Geschäftskunden vergeben wurden. Evan war froh hier unterkommen zu können, auch wenn er seine Sachen vermisste. Alles wurde eingelagert und es würde einige Zeit dauern, bis er wieder Zugriff darauf hatte. So oft kam es auch nicht wieder vor, dass ein Toter seinen Besitz zurückforderte. Evan hörte das Telefon klingeln und braucht erst etwas um es überhaupt zu finden. Die Nummer auf dem Display erkannte er nicht, allerdings dürften auf dem Gerät auch keine Daten eingespeichert worden sein. Er griff nach dem Hörer und führte ihn sich ans Ohr. „Ja?“, meldete er sich. „Evan, wie gefällt dir deine neue Unterkunft?“, fragte Harold nach dem Befinden seines Freundes. Evan ließ erneut seinen Blick schweifen. Alles wirkte ordentlich, aber auch teuer. Wie von dem Besitz eines Millionärs zu erwarten. „Sieht zumindest besser aus als die Höhlen die ich während meines Aufenthalts in der Kreidezeit bewohnt habe.“, musste er zugeben. Harold lachte auf und freute sich, dass er Evan helfen konnte. Immerhin hatte dieser die Welt gerettet in der er lebte, da war eine Unterkunft noch die geringste Entlohnung. „Ich habe veranlasst, dass deine Sachen baldmöglichst geliefert werden. Gedulde dich noch so lange.“, informierte ihn Harold. „Sehr gut, ich hatte schon Angst ohne mein Quietscheentchen baden zu müssen.“, erwiderte Evan und sein Gesprächspartner brauchte etwas um die Bemerkung als Scherz zu erkennen. „Gibt es sonst noch etwas Wichtiges?“, hakte der frisch Eingezogene nach. Harold machte eine kurze Pause und fuhr dann fort. „Ja, die Situation bei Manulife konnte geklärt werden. Es entstand ein Feuer in den höheren Etagen bei dem drei Menschen ums Leben kamen. Dass alles unter Wasser stand ließ sich zum Glück ganz einfach durch die Löschanlage erklären, die wegen einer Feilfunktion leider nicht früher ansprang.“, schilderte ihm Harold. Evan war froh dies zu hören, fragte sich aber ob es wirklich so einfach war. „Es gab doch einen Zeugen, richtig? Er hat den Architeuthis gesehen, richtig?“ Harold schnalzte mit der Zunge und schien auch dafür eine Erklärung parat zu haben. „Halluzinationen aufgrund der Rauchvergiftung. Er hat es persönlich zwar nicht geschluckt, aber im Bericht der Polizei wird auch nichts anderes stehen. Harlow und seine Crew waren auch sehr zuvorkommend was das Beseitigen der Tentakeln betraf. Sie wurden verbrannt, damit keine verräterischen Spuren mehr übrig bleiben.“, erzählte er. Evan lehnte sich gegen die Wand und war froh den Tag heil überstanden zu haben. „Ach Evan, da wäre noch etwas.“, kam es dann von Harold und Evan wartete ab. „Es hat nichts mit der heutigen Mission zu tun, aber ich erhielt vorhin einen Anruf von Colonel Kirkland.“, berichtete er. An diesen Namen erinnerte sich Evan natürlich. Bob Kirkland war der Leiter des amerikanischen Anomalienteams, mit dem das CPT zusammen aus dem Pliozän entkommen war. „Unsere Organisationen betrieben regen Nachrichtenverkehr in dem Jahr, in dem abwesend warst. Er versprach uns zu helfen, doch bisher scheiterte es an der amerikanischen Regierung. Doch nun hat er die Erlaubnis uns detaillierte Akten über ihre Forschungen zu überreichen.“, sprach er. Evans Augenbrauen fuhren nach oben und er konnte seine Überraschung kaum zurückhalten. „Das ist tatsächlich mal eine interessante Neuigkeit. Wann will er uns diese schicken?“, fragte er, bereits mit dem Gedanken diese Daten durchzugehen. „Schicken nicht direkt. Er meint es wäre zu gefährlich sie einfach zu versenden, deshalb will er nächste Woche ein Mitglied seines Teams herkommen lassen. Ein intensiver Austausch an Informationen, wenn du verstehst.“, wurde er konkreter. Auch das war Evan recht, solange er sich die bisher gesammelten Daten der Amerikaner durchsehen durfte. Er wollte das morgen ausführlich besprechen und Kirkland seinen Dank zukommen lassen. Für heute verabschiedete er sich von Harold, der inzwischen sicher genauso müde klang wie Evan selbst. Kaum hatte er aufgelegt, klingelte es erneut. Erst nahm er an es würde sich um das Telefon handeln, doch er irrte sich. Jemand stand vor seiner Tür und Evan schritt schnell darauf zu. Als er nach der Klinge griff, zögerte er etwas. Wer genau wusste eigentlich, dass er hier vorübergehend wohnte? Harold konnte Mac oder Dylan die Adresse gegeben haben, aber wozu? Und warum sollte einer von ihnen ihn gerade jetzt besuchen? Für den Postboten war es zu spät und Nachbarn hatte er hier auch keine. Schließlich öffnete er die Tür und… erstarrte. Er und Angelika hatten keine Gelegenheit mehr gehabt nach dem Chaos bei Manulife-Financial eine privatere Unterredung zu führen. Ange hatte das Gebäude durch den Vordereingang verlassen, während das CPT den Hinterausgang nutzte um niemandem Antworten schuldig zu bleiben. Zwar wollte er schnellstmöglich mit seiner Freundin reden, aber nicht bevor er sich nicht etwas zurechtgelegt hatte. Diese Chance bekam er nun nicht mehr. „Darf ich vielleicht reinkommen?“, fragte Angelika, doch Evan rührte sich nicht. Erst als die Frau ihre Frage wiederholte, trat er zur Seite und ließ sie ein. Er schloss die Tür und versuchte passende Worte zu finden. „Wie… geht es dir?“, begann er mit etwas Einfachem. Angelika sah ihn nicht direkt an, das konnte kein gutes Zeichen sein. „Ganz gut. Naja, wenn man bedenkt, dass ich in meinem neuen Job wieder von einer Urzeit-Kreatur angefallen wurde.“ Evan nickte verständnisvoll. „Tja, sieh's mal so. Es ist immer gut, wenn man Fähigkeiten aus seinem alten Job in seinem neuen einbauen kann.“ Angelika betrachtete ihn kurz, schenkte ihm jedoch kein Lächeln. „Ist das… alles nur ein Scherz für dich?“, fragte sie mitgenommen. Evan schüttelte sofort den Kopf und stellte sich vor sie. „Nein, natürlich nicht! Glaub mir, auch wenn du nicht bei mir warst, ohne dich hätte ich die Zeit in dieser prähistorischen Welt nicht überlebt.“, versicherte er. „Das wäre nicht nötig gewesen, wenn du nicht durch die Anomalie gegangen wärst. Wenn du es viel früher aufgegeben hättest und jemand anderem die Leitung übertragen hättest, hätten wir dieses Jahr zusammen verbracht. Project Magnet, dem ARC, egal wem. Diese Bürde hast du dir selbst aufgelastet, niemand anderer.“, redete sie auf ihn ein. Evan bezweifelte, dass es so einfach war wie Angelika es darstellte. „Das konnte ich niemand anderem überlassen! Hätte ich erneut Mac vorschicken sollen, damit er sich opfert? Oder Dylan oder Donovan nur weil es ihr Job gewesen wäre?“ Angelika senkte ihren Kopf. „Nein, ich weiß, dass du nicht so bist. Du bist dickköpfig und fest entschlossen. Ich schätze genau deshalb habe ich mich in dich verliebt. Und deshalb… wollte ich mit dir zusammen sein.“ Evan schluckte. „Aber das… können wir doch immer noch, oder?“, wagte er es kaum zu fragen. Angelika zögerte etwas mit ihrer Antwort. „Lass… mir bitte etwas Zeit. In den nächsten Wochen werde ich ohnehin viel zu tun haben. Manulife brauchte bereits ohne die heutigen Vorfälle meine Dienste und ich werde kaum eine freie Minute haben.“, erklärte sie. Damit konnte sich Evan auch ersparen zu fragen, ob seine Freundin zu Cross-Photonics zurückkehren würde. Die Antwort lautete definitiv nein. Evan konnte es ihr kaum verdenken, die schönsten Momente ihres Lebens hatte sie dort sicher nicht zugebracht. Ständig in Sorge um ihn, wartend wie eine holde Maid. Angelika brauchte Abstand und Evan würde nicht derjenige sein, der ihn ihr verwerte. „Ange, ich liebe dich! Daran hat sich nichts geändert. Ich lasse dir so viel Zeit zum Nachdenken wie du brauchst, aber bitte sag mir, dass dies nicht das Ende ist.“, klang er beinahe flehend. Angelika öffnete ihre Lippen, schloss sie aber gleich darauf wieder. Sie schritt zur Tür und wand sich noch einmal kurz um. „Wir sehen uns, Evan.“, erwiderte sie und verließ dann die Wohnung. Die Tür wurde zugeschlagen und es fühlte sich für Evan an wie die Anomalie die seinen Weg in die Zukunft auslöschte. Eine Anomalie durch die er zurück in sein altes Leben wollte, am Schluss aber doch zurückblieb. Er fühlte sich genau wie während seines Aufenthalts in der Kreidezeit. Einsam. Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung Nayem schritt langsam den Gang des Stützpunktes entlang, zusammen mit einer aufgesetzten Miene. Sehe er beunruhigt aus, oder würde rennen, konnten seine Leute denken, dass etwas nicht stimmte. Diesen Eindruck wollte der Konzil jedoch nicht erwecken. Der Stützpunkt war seit heute Morgen in Alarmbereitschaft. Zwar deutete bisher nichts auf einen Angriff auf Yvalonien hin, doch dies konnte sich jederzeit ändern. Es ärgerte den Konzil, dass er sich neben seiner eigentlichen Verantwortung auch noch mit Magistrat Galls wilden Ideen herumschlagen musste. Nayem musste zugeben von den vielen Tieren beeindruckt gewesen zu sein. Von vielen kannte er nur Zeichnungen in Schulbüchern, wenn überhaupt. Diese Tiere hatten alle auf demselben Planeten gelebt wie er, war aber schon lange vergangen. Würde es Yvalonien auch so ergehen? Kein Imperium hielt ewig. Er erinnerte sich an Geschichten seines Großvaters an ein weit zurückliegendes Land namens Rom. Eine prächtige und vor allem starke Stadt. Doch auch sie fiel, egal wie viele Soldaten dem Feind entgegengestellt wurden. Gall hatte Nayem die Schwäche seiner Armee erklärt. Es waren Menschen. Menschen waren schwach und zu leicht verwundbar. Alles was sie konnten war sich gegenseitig auszurotten. Es waren einige Tage vergangen seitdem Nayem den Zoo in den Tiefen des Parlamentsgebäudes hatte betrachten dürfen. Gall hatte ihn nicht weiter in seine Pläne eingeweiht, sondern bestand lediglich darauf, dass dieser die Atmosphäre erst einmal auf sich wirken lassen sollte. Doch Nayem musste sich eingestehen, dass es eindeutig zu viel für ihn war. Ohne Rat, die passende Konsultation würde er nicht mit dieser fremdartigen Situation umgehen können. Es dauerte nicht lange, bis er den Raum erreicht hatte, zu dem er wollte. Eiligst stellte er sich vor den Retina-Scan und ließ die KI seine Iris erfassen. Die Tür die aus zwei Hälften bestand schwank auf und erlaubte es dem Konzil einzutreten. Die Einrichtung in diesem Raum unterschied sich vom Rest des Gebäudes erheblich. Sie wirkte wie ein Gemälde aus längst vergangenen Zeiten. Ein hölzerner Parkett, hölzerne Stühle und Tische und hölzerne Regale. Das Besondere an letzterem waren vermutlich die Schriftstücke darin. Es war lange her, seit Nayem zuletzt ein Buch gesehen hatte. Bei diesem Vorgang wurde Papier hergestellt, auf dem mit geeigneten Utensilien Texte geschrieben und Bilder gezeichnet werden konnte. Natürlich war diese Methode recht ineffektiv. Gerade mal ein Bruchteil eines bestimmten Themas fand in einem dieser Bücher statt, die meistens nur aus ein paar hundert Seiten bestanden. Hatte man die Informationen studiert, müsste man das nächste Buch zur Hand nehmen und dort weiterlesen. Recht umständlich, doch dem Mann der nun genau vor dem Regal stand und seine Finger über die Buchrücken schwirren ließ, schien dies nichts auszumachen. Nayem räusperte um auf sich aufmerksam zu machen, doch der Mann hatte ihn bereits bemerkt. „Tut mir leid, ich wollte Sie nicht stören.“, entschuldige sich der Konzil. Der Mann vor ihm schüttelte leicht den Kopf. „Nicht, ist schon in Ordnung. Was sollte ich sonst tun, oder besser gefragt, wo sollte ich sein? Ich kann diesen Raum nicht verlassen, richtig?“, fragte er prüfend. Nayem bestätigte es ihm und wies auf einen Stuhl. Während sich der Mann setzte, fragte sich Nayem wie dieser seinen Aufenthalt wohl interpretierte. Fühlte er sich als Gefangener? Nayem hatte alles repliziert was sich der Mann wünschte, doch 24 Stunden am Tag in einem Raum zu verbringen konnte man sehr gut als Gefängnis bezeichnen. „Setzen Sie sich doch bitte, Professor.“, bat Nayem und tat es ihm gleich. Der Mann folgte der Aufforderung richtete sich einen Stuhl zurecht. Er faltete die Hände und wartete darauf, was der Konzil zu sagen hatte. „Die Situation mit Gall… ich blicke da nicht durch.“, gestand er gleich zu Beginn. Der Professor musterte ihn und nickte schließlich. „Ich finde seinen kleinen Privatzoo ebenfalls bedenklich. Diese Tiere gehören in ihre eigene Zeit und sollten weder zur Anschauung noch zur Erforschung dienen.“ Nayem hob beide Augenbrauen. „Und diese Worte von Ihnen Professor? Waren es nicht Sie, der so erpicht darauf war, mehr über diese Tiere zu erfahren?“, hakte der Konzil nach. Der Professor wirkte nun etwas ertappt und suchte einen neuen Ansatz. „Neugier… ist eine Sache. Macht und Gewalt eine gänzlich andere. Haben Sie eine Ahnung wozu er diese Tiere benötigt?“, wollte der Mann wissen. Nayem hasste es den Unwissenden abzugeben, doch diesmal blieb ihm nichts anderes übrig als mit den Schultern zu zucken. „Ich hatte gehofft, dass Sie mir das sagen könnten.“, gestand er. Der Professor betrachtete ihn kurz, musste aber verneinen. „Ich kenne den Mann nicht und kann deshalb nicht auf seine Ambitionen schließen. Ich kann Ihnen nur raten ihn genauer zu beobachten.“, erwiderte er. Nayem dachte kurz darüber nach und erhob sich dann. „Vielen Dank, Professor. Ich werde Sie wieder konsultieren wenn ich genaueres weiß.“, versicherte er und schritt wieder Richtung Ausgang. „Gut. Ich werde hier sein.“, rief ihm der Professor nach und erinnerte Nayem somit an seinen Gast im Hamsterkäfig. Der Konzil verließ das Zimmer und ließ den Professor wieder mit seinen Büchern allein. Was Gall genau plante würde er ohnehin früher oder später herausfinden. Er betete nur… dass es dann nicht zu spät sein würde. Kapitel 6: [Folge 04] Mythische Welt ------------------------------------ Vancouver - Downtown Eastside Cindy Lenn war froh darüber, dass nur noch so wenige Leute auf den Straßen waren. Zwar war es bereits dunkel geworden, aber so war es beileibe nicht immer. In der Ferne vernahm sie den Alarm eines Streifenwagens und beschloss heute besonders vorsichtig zu sein. Sie starrte auf ihre rechte Hand und versuchte das Zittern in ihr zu unterdrücken. Verflucht, das letzte Mal war einfach zu lange her, das wusste sie. Sie brauchte dringend Nachschub, sonst konnte sie für nichts mehr garantieren. Sie wurde extrem unruhig als sie die leere Stelle auf der anderen Straßenseite erblickte. Will stand nicht an derselben Stelle wie sonst, was hatte das zu bedeuten? War er krank oder besaß er sonst irgendeinen Grund abgängig zu sein? Hatten ihn womöglich sogar die Bullen erwischt? Das Zittern in Cindys Hand wurde stärker und sie versuchte klar zu denken. Sie brauchte Will und das unbedingt. Sie atmete ein paar mal durch und beobachtete dann wie jemand aus einer Seitengasse trat. Sie erkannte den Typen, auch er war ein Kunde von Will. Erleichtert schnappte Cindy nach Luft. Wenn die Cops in der Nähe patrouillierten war es logisch, dass Will sich an einen ruhigeren Ort zurückzog. Es war alles in bester Ordnung. Will war da und würde er geben wonach es sie verlangte. Sie eilte über die Straße und ein Wagen hupte auf, der plötzlich bremsen musste. Doch die junge Frau kümmerte das nicht, sie wollte einfach nur zu Will. In der Mitte der Gasse erkannte sie ein kleines Licht, scheinbar hatte sich dieser gerade eine Zigarette angezündet. Erst reagierte dieser achtsam als unangemeldet eine Person auf ihn zu rannte. Will musterte Cindy von oben bis unten und erkannte ihren Zustand unverzüglich. Er nahm die Zigarette aus dem Mund und blies in ihre Richtung. „Cindy-Schätzchen, wir haben uns lange nicht gesehen.“, flötete er, obgleich er genau wusste, dass nur wenige Tage vergangen waren. Seine Kundin nickte aufgeregt und kramte in ihrer Tasche. „Zu lange.“, stimmte sie zu und holte ein Bündel Geldscheine hervor. Sie reichte sie Will und dieser sah sich nach allen Seiten um. Dann zog er eine kleine Plastiktüte hervor und hielt sie in Cindys Richtung. Diese wollte bereits danach greifen, doch Will zog sie wieder zurück. Erst schnappte er sich das Geld und warf Cindy die Tüte hin, wie einem Hund einen Knochen. Die junge Frau bückte sich und umklammerte die Tüte mit ihren zitternden Händen. Ein glücklicher Ausdruck stieg in ihr Gesicht und Will zählte die Scheine. „Immer wieder gern.“, presste er heraus und rauchte seine Zigarette weiter. Cindy schien ihn jedoch nicht mehr zu beachten und auch einen Abschiedsgruß schien sie nicht für nötig zu halten. Schnell eilte sie mit der Tüte davon und stolzierte über die Straße. Diesmal war sie noch unaufmerksamer, doch zum Glück befuhr gerade niemand die Gegend. Auf der anderen Seite angekommen, zog sie sich in den Park dahinter zurück um von niemandem beobachtet zu werden. Langsam öffnete sie die Tüte und streute einen Teil des Inhalts auf ihre Handfläche. Langsam verrieb sie das weiße Pulver und konnte gar nicht erwarten sich eine Line zu ziehen. Doch dann hielt sie plötzlich inne. Sie hielt die Tüte hoch und betrachtete sie genauer. Ungläubig riss sie ihre Augen auf. Die Tüte war nur bis zu 2/3 gefüllt. Die anderen Mal war sie randvoll, was nur fair war bei den Preisen, die Will verlangte. Nun wurde Cindy klar, dass dieses Arschloch sie gelinkt hatte. Vermutlich glaubte er seine Kundin wäre ohnehin zu dämlich um den Unterschied zu merken. Aber nein, so ließ die Frau nicht mit sich umgehen. Sie beschloss zurückzulaufen und ihrem Dealer die Meinung zu geigen. Sie würde entweder das zuviel bezahlte Geld zurückverlangen oder mehr Stoff. Im günstigsten Falle zweiteres. Sofort verstaute sie die Tüte in ihrer Tasche und eilte den Weg zurück den sie gekommen war. Bald war sie aus dem Park getreten und sah sich nach der fraglichen Gasse um. Auf der anderen Straßenseite erkannte sie sie, und auch den Mann der gerade rauchend hinaus trat. Will wirkte diesmal aber alles andere als relaxt, sondern eher hektisch und schwer atmend. Der Dealer sah sich nach allen Seiten um und schien unschlüssig zu sein. Was war geschehen? War ihm etwa die Polizei auf den Fersen? In diesem Fall musste auch Cindy flüchten, denn es sehe nicht gut aus, wenn sie mit Stoff erwischt werden würde. Ein heulendes Geräusch drang durch die Nacht, das jedoch nicht vom Klang einer Polizeisirene stammte. Eher… von einem Tier. Will stolperte nun lag kauernd auf dem Boden. Cindy beobachtete wie etwas die Gasse hinaus geschossen kam und auf ihren Dealer zuschritt. Es war zu dunkel um es genau zu erkennen, doch Cindy glaubte einen Hund zu erkennen. Einen wirklich sehr großen Hund. Die junge Frau konnte sich nicht erinnern so einen großen je gesehen zu haben. Sie hörte Will schreien, scheinbar hatte er große Angst. Hatte der Besitzer die Kontrolle über seinen Köter verloren und dieser lief nun frei herum? Was als nächstes geschah konnte Cindy nicht glauben. Der Hund… begann sich aufzurichten und stand nun auf zwei Beinen. Cindy schüttelte ungläubig den Kopf. Sie hatte doch noch gar nichts von dem Stoff probiert, also warum hatte sie nun diese Hallus? Lag es an den ersten Entzugserscheinungen? Nein, was sie da sah war eindeutig real, egal wie unrealistisch es auch wirkte. Ein weiteres, klagendes Heulen seitens des Hundes, der Cindy inzwischen mehr an einen Wolf erinnerte. Als er sich nun auf Will stützte und begann seine Zähne in den Körper des Dealers zu schlagen, konnte Cindy nur mühsam einen Aufschrei unterdrücken. Sofort ging sie hinter einem parkenden Geländewagen in Deckung und vermied alles wodurch sie sich bemerkbar machen konnte. Sie wusste nicht wie lange sie still hielt, Sekunden oder Minuten. Dann erhob sie sich langsam und spähte um das Auto herum. Will lag reglos am Boden, um sich herum bildete sich eine Blutpfütze. Über stand jemand, doch es wirkte nicht mehr wie ein haariges Tier. Cindy erkannte die Umrisse eines Menschen. Er trug einen weiten Mantel und einen dicken Bart. Sie wusste nicht was genau er mit Wills Leiche anstellte, doch kurz darauf begann er zu fliehen und bog um eine Ecke. Cindy war nun allein und wusste nicht was sie tun sollte. Doch eines wurde ihr nun klar. Bei dem Monster das Will getötet hatte… handeltet es sich eindeutig um ein Geschöpf aus Mythen und Legenden. Einem Werwolf. Vancouver - Downtown Eastside Detective Adrian Harlow schlug die Tür seines Dienstwagens zu und vergaß nicht diesen abzuschließen. Besonders in dieser Gegend war es äußerst riskant ihn offen zu lassen. Es kam des Öfteren vor, dass Autos geklaut wurden. Geschah dies auch mit einem Polizeifahrzeug konnte sch der Detective seinen Job gleich an den Nagel hängen. Auf der anderen Seite wirkte es äußerst unwahrscheinlich, dass sich ein Dieb in diese Szenerie wagen würde. Alle Zugänge waren mit Absperrband versiegelt worden und überall standen Streifenwagen herum. Jeder Kleinkriminelle würde sicher 20 Meter Abstand zu diesem Tatort halten. Ein Streifenpolizist grüßte seinen Vorgesetzten und Harlow grüßte zurück. Es war noch sehr früh und er wunderte sich selbst, dass er ohne Morgenkaffee schon annähernd wach war. Auf dem Boden erkannte er überall Blutspuren, die mit forensischen Kärtchen markiert worden waren. Es war klar, dass hier jemand gewütet hatte. Entweder das Opfer hatte sich nach einem Schuss oder einer Stecherei hier entlang geschleppt, oder der Täter war so mit Blut besudelt, dass es auf seiner Flucht von ihm abfiel. Es dauerte nicht lange, bis Harlow das weiße Leichentuch erkannte und darauf zusteuerte. Daneben kniete ein älterer Mann, der das Tuch auf einer Seite angehoben hatte, es aber sinken ließ, nachdem er Harlow erkannte. Der Detective kniete sich ebenfalls hin und musterte die Fundstelle. „Guten Morgen, Detective.“, wünschte ihm Dr. Liebhert, der Gerichtsmediziner. Der Detective nickte nur stumm, die Aussage mit dem guten Morgen wollte er so nicht unterstreichen. „Was haben wir hier?“, kam er gleich zum Punkt. Der Gerichtsmediziner begann damit den oberen Teil der Leiche abzudecken. Harlow drehte sein Gesicht weg als der Oberkörper der Leiche sichtbar wurde. Es war ein junger Mann mit Tattoos und Piercings. Er war fast vollständig mit Blut bedeckt, das aus zahlreichen Wunden klaffte. „Das sind keine Stichverletzungen.“, murmelte Harlow, der es mehr als Aussage als Frage meinte. Dennoch stimmte ihm Liebhert zu. „Nein, seine Haut wurde an einigen Stellen aufgerissen, mit etwas scharfem, Klauenförmigem.“, verriet er. Genauso hätte es Harlow ebenfalls beschrieben. Die Verletzungen waren Gleichmäßig und wiederholten sich. „Also handelte es sich um einen Tierangriff. Was meinen Sie, ein Hund?“, fragte er den Mediziner. Liebhert zögerte etwas. „Das war meine erste Theorie, aber dann untersuchte ich die Verletzungen genauer. Die Risse sind ungewöhnlich tief und die breite der Klauen ist ebenfalls seltsam. Es ist so als hätte das Tier den armen Kerl mit seinen Pranken neidergestreckt und dann sein Maul eingesetzt. Aber selbst ein Bullterrier würde so nicht vorgehen und gleich mit dem Maul nach vorne preschen.“, erzählte er. Der Detective nickte und betrachtete die Leiche genauer. Es stimmte, die Bissspuren an seinem Hals waren eindeutig. „Was war es dann? Ein Berglöwe vielleicht?“, schlug er vor. Liebhert schüttelte augenblicklich den Kopf. „Negativ. Auch wenn ich kein Experte bin, kann ich sagen, dass sie Klauen von Katzen wesentlich spitzer sind und eine gänzlich andere Form besitzen. Und selbst wenn sich einer hier her verwirrt hätte, bestünde für ihn kein Grund einen Menschen anzufallen. Nein, die Verletzung würde ich eindeutig einem Hund zuordnen, aber wenn dann einer Spezialzüchtung. Ich habe einem Kollegen Fotos der Verletzungen geschickt, doch auch er kannte keine Rasse zu der sie passen konnten.“, gestand er. Harlow nickte und dachte kurz nach. „Wissen wir bereits wer er ist?“ Der Mediziner bejahte. „Will Cohen, ein kleiner Dealer hier in der Gegend. Verständigt hat uns eine seiner Kundinnen, sie sitzt dort drüben.“, berichtete er. Harlow wand seinen Kopf und erspähte eine junge Frau, die neben einigen Uniformierten saß und Kaffee oder Tee trank. „Wir haben eine Zeugin? Was hat sie ausgesagt?“, hakte HArlow nach. Liebhert kaute auf seiner Unterlippe herum und schien nicht gleich antworten zu wollen. „Laut ihrer Aussage… hielt sie den Angreifer erst für einen großen Hund. Durch das Heulen später dann für einen Wolf. Er griff Cohen an und riss ihn in Stücke. Die Zeugin versteckte sich und nachdem sie wieder hinsah, war der Wolf verschwunden. Das heißt nicht ganz. Sie sagte aus, dieser habe sich in einen Menschen verwandelt und wäre dann geflohen.“ Harlow musterte erst Liebhert, dann die Zeugin. „Ein… Werwolf?“, hakte er skeptisch nach. Liebhert räusperte sich. „Nun, Sie dürfen nicht vergessen, dass die Zeugin Drogen konsumiert hat.“, wand er ein. Harlow seufzte. Inzwischen spürte er den Morgen ohne Kaffee wirklich. „Aber… könnte es sich rein theoretisch um einen Wolf gehandelt haben?“, hakte er nach. Liebhert starrte ihn an als würde Harlow fragen welche Farbe der Himmel hätte. „In Vancouver?“ Harlow verzog sie Lippen und musterte erneut die Leiche. „Aber welches Tier soll diese Verletzung dann hervorgerufen haben?“, wollte er eine Klärung auf seine Frage. Liebhert überlegte kurz. „Ich bin kein Zoologe, aber kennen Sie nicht jemanden vom Wildtier-Kontrollteam? Vielleicht fragen Sie einfach mal dort nach.“, schlug er vor. Harlow gefiel nicht in welche Richtung diese Ermittlung verlief. Er kratzte sich am Kopf und nickte dann. Ja, das würde er dann wohl mal tun. Cross-Photonics Wann genau hatte sich die Stellenbeschreibung eigentlich geändert? Tobys Aufgabe war von Anfang an eigentlich recht klar gewesen. Als das mit den Anomalien anfing, unterstützte sie Evan und Dylan so gut sie es konnte mit dem Orten der Anomalien. Sie entwickelte sogar das Mess-Gerät durch welches das Team prüfen konnte, wie lange eine Anomalie noch offen blieb. Als Harold Kanan dazu stieß, wurde ihr die Leitung über ein ganzes Team übertragen. Ein ziemlich große Aufgabe, der sich Toby jedoch mit Schwung und Elan widmete. Worauf sie jedoch nicht gefasst war, war dass sie zu Harolds Sekretärin degradiert wurde. Ungläubig starrte sie auf den Berg Akten vor sich. Der Millionär selbst hatte sich bereits dem nächsten Schriftstück gewidmet. „Und… damit soll ich genau was machen?“, hakte die junge Frau nach. Harold sah zu ihr auf, als müsste er ihr erklären, wie sie ihren Job zu machen hätte. „Hören Sie. Nur weil Cross jetzt wieder da ist, bedeutet das nicht, dass Sie Ihre Arbeit schweifen lassen können. Ich möchte, dass Ihre Abteilung sämtliche Berichte ausfüllt und auf jeden Sicherheitsmangel des letzten Jahres eingeht.“, ordnete er an. Toby seufzte resigniert. „Ist es weil Mac gerade in London ist um dem ARC Bericht zu erstatten? Suchen Sie jetzt verzweifelt nach einem Ersatz den Sie quälen können?“ Harold verengte seine Augen und schien zu überprüfen, ob es sich dabei um einen Scherz handelte. „Es mag ja sein, dass Evan Cross nicht so sehr den Chef raushängen lässt. Ich wundere mich ohnehin wieso sein Laden vor mir noch nicht Pleite gegangen ist.“ Toby musste unwillkürlich grinsen. Der Grund war Angelika. Sie hatte sich um alles gekümmert, während der Freigeist Evan sich um seine Passion kümmern konnte. Seit sie weg war, war es an Harold den Laden am Laufen zu halten. Er hatte jemanden für die Projekte von Cross-Photonics eingestellt, die nicht mit den Anomalien zu tun hatten, aber dennoch musste er alles absegnen. Er opferte sich für das Team auf und das wusste Toby genauso zu schätzen wie sicher Evan selbst. Ohne Harold gäbe es Cross-Photonics sicher gar nicht mehr. Sei es sein Führungsstil oder die Finanzspritze seines eigenen Firmen-Imperiums. Toby erklärte sich schließlich einverstanden die Akten abzuarbeiten und ließ Harold weiterarbeiten. Sie schlug die Tür zu dessen Büro zu und beschloss seine Arbeit zu würdigen. Auch wenn es hieß dafür seine Sekretärin zu spielen. Zugegeben, sein letzter Sekretär wurde von einem Ceratosaurus gefressen, eine helfende Hand würde dem Millionär sicher nicht schaden. Sie schritt die Treppe zum Kontrollzentrum hinab und stieß kurz darauf mit jemandem zusammen. „Verzeihung.“, sagte jemand und Toby erkannte eine blonde Frau vor sich. „Gut, dass ich dich erwische!“, fing sich Sam schnell wieder und blickte auf die Uhr. „Ich muss noch etwas für Evan erledigen, aber oben wartete jemand der ihn sprechen will. Ich glaube jemand aus Amerika.“, sprach sie. Toby brauchte etwas, bis sie sich erinnerte. Evan hatte ja angekündigt, dass Colonel Kirkland vom AT1 jemanden nach Kanada schicken wollte um Informationen auszutauschen. „Also… wärst du so nett und könntest du diese Person in den Besprechungsraum führen?“, fragte Sam bittend. Normalerweise ließ sich Toby nicht so einfach einlullen, auch nicht von der kindlichen Miene die Sam extra schnitt. Dann entsann sie sich aber, dass sie immer noch die Akten im Arm hielt. Jemanden zu empfangen war sicher angenehmer als Papierkram durchzuarbeiten. „Also gut, ich kümmere mich darum.“, enttäuschte sie Sam nicht und diese drückte sie kurz und suchte dann das Weite. Toby schritt zu ihrem Tisch und legte den Aktenberg beiseite. Dann stolzierte sie zum Fahrstuhl und kramte nach ihrem Sicherheitsausweis. Sie entriegelte den Mechanismus und stieg ein. Sie fuhr über die Tasten und wählte das Erdgeschoss, in dem sich die Lobby befand. Die Tür schwank auf und Toby trat hinaus. Sie blickte sich um und steuerte auf den Empfang zu. Die Frau lächelte an und Toby erkundigte sich wo der Mitarbeiter des amerikanischen Teams sei. Die Empfangsdame verwies auf den Warteraum gleich rechts neben der Lobby. Toby nickte dankbar und setzte ihren Weg fort. Sie bog um die Ecke und warf einen Blick in den Raum. Zuerst zu den Stühlen, dann zu der breiten Couch. Doch niemand saß darin. Ihr Blick richtete sich vorwärts und erkannte schließlich jemanden, der vor einem Automaten stand. Einige Münzen wurden eingeworfen und bald darauf kullerte ein Schokoriegel aus dem Ausgabefach. Langsam wagte sich Toby näher und räusperte sich leise. Die Person vor dem Automaten wand sich um, den Riegel noch in der rechten Hand. Toby starrte in das Gesicht, einer jungen, attraktiven Frau mit Brille und gebundenem Zopf. „Hi!“, reagierte diese perplex. „Hi.“, kam auch nicht mehr von Toby. Ein paar Sekunden herrschte Stille, dann rang Toby nach Worten. „Ich… wusste nicht, dass du es bist, den sie schicken.“, gestand sie. Die Repräsentantin des amerikanischen Teams steckte den Riegel weg und reichte Toby die Hand. „Tut mir leid, ich dachte, dass hätte der Colonel erwähnt. Ansonsten hätte ich dir natürlich eine Mail geschrieben.“, sagte sie sofort. Toby schüttelte schnell den Kopf und reichte der Frau auch ihre Hand. „Nein… ist schon in Ordnung. Ich bin nur etwas überrascht, das ist alles.“, gestand sie und legte ihr bestes Lächeln auf. „Ich hoffe es ist eine angenehme Überraschung.“, erwiderte das AT1-Mitglied. Toby reagierte überrascht, bejahte dann aber natürlich. „Auf jedenfall! Ich habe mich über die Emails von dir wirklich gefreut. Auch… wenn ich dir Fachbegriffe nicht wirklich verstanden habe.“ Die Frau mit der Brille wirkte nun etwas beschämt. „Tut mir leid, ich fange leider sehr schnell an zu fachsimpeln.“, entschuldigte sie sich. In Wahrheit hatte sich Toby für jedes einzelne Wort von ihr interessiert, auch wenn sie ihr das so nicht sagen konnte. „Ich habe gehört Evan Cross ist heroisch zurückgekehrt.“, kam die Repräsentantin nun zum eigentlichen Thema. Toby nickte und verwies auf den Ausgang. „Ja, ich bringe dich gerne zu ihm. Ihr könnt dann so viel reden wie ihr wollt.“, schlug sie vor. Die Repräsentantin lächelte ihr zu und setzte sich dann in Bewegung. „Ja, ich freue mich bereits Informationen auszutauschen. Und… wenn wir Zeit finden, könnten wir uns ja auch noch etwas unterhalten.“, meinte sie und sah Toby erwartend an. Diese stimmte ihr ohne zu zögern zu. „Gerne doch!“, erwiderte sie etwas zu enthusiastisch wie sie fand. Dann zeigte sie Lexi Gray den Fahrstuhl, der sie zum Kern von Cross-Photonics führen sollte. Cross-Photonics, Besprechungsraum Kyle ging immer wieder unruhig auf und ab, während Evan, Dylan und Luke ihm mit den Augen folgen. Es war der Mann aus der Zukunft gewesen, der die drei zu sich bestellt hatte. „Nur damit ich es richtig verstehe. Ich erzähle euch vom Untergang der Zivilisation und ihr… rennt einfach los um irgendeine kleine Anomalie zu verschließen?“, schien er wenig Verständnis aufzubringen. „So klein war sie am Ende auch wieder nicht…“, murmelte Luke, der sich noch gut an die riesige Meeresbestie erinnern konnte. „Hey, du hast uns um Hilfe gebeten, nicht umgekehrt, richtig? Wir haben auch noch andere Arbeit.“, wand Dylan ein. Kyle hasste es seiner Mutter zu widersprechen, es gelang ihm nicht einmal ihr in die Augen zu blicken. „Wie bitte? Es ist ja nicht so als würde dieses Problem nur meine Zeit betreffen. Nur weil das Ereignis euch erst in 10 Jahren ereilen wird, bedeutet das nicht, dass wir unendlich Zeit haben.“, protestierte er. Dylan wirkte streng, die Situation musste für Kyle wirklich unerträglich sein. Evan erhob sich nun und schritt auf seinen neuen Freund zu. Er ergriff seine linke Schulter und zog ihn etwas weiter weg. „Hör zu, ich verstehe dich ja! Damals, als ich glaubte Julian Harrison würde die ganze Welt mit seiner Annexions-Anomalie auseinander nehmen wollen, machte ich dasselbe durch. Ich tat alles in meiner Macht stehende um das Ereignis aufzuhalten. Aber damals hatte ich einen Plan. Du musst zugeben, dass uns einige Informationen fehlen, richtig? Wir müssen verhindern, dass sich in der Zukunft diese Anomalien öffnen, doch wissen wir warum sie sich öffnen? Wir wissen weder etwas über diese Vorkommnisse noch über den Feind. Ohne Strategie können wir die nächsten 10 Jahre unruhig umherlaufen und uns den Kopf zerbrechen. Wir werden schon einen Weg finden, aber solange dürfen wir nicht zulassen, dass noch mehr von diesen Tieren durchkommen, verstehst du?“, flüsterte er Kyle zu. Dieser starrte ihn an, aber auch wenn Evan recht hatte, war es schwierig wieder nach Fassung zu ringen. Der blickte über den Rücken des Cross-Photonic Leiters hinweg. Dylan wirkte immer noch aggressiv und Luke hatte begonnen mit den Fingern auf der Tischplatte herumzuklopfen. „Ich weiß, es muss komisch sein. Dylan in jung und dann sitzt sie dir noch direkt gegenüber.“, schien Evan dessen Twist zu bemerken. „Hast du jemals deiner Mutter widersprochen als du noch klein warst?“, flüsterte Kyle zurück. Evan überlegte kurz, blieb ihm die Antwort aber schuldig. Seine Eltern waren leider schon früh gestorben, aber dennoch versuchte er sich in den Zeitreisenden hineinzuversetzen. Kyle hatte im Prinzip alles verloren. Seine Familie, seine Freunde, sein Zuhause. Und dann wiederum nicht. Er hatte eine Chance das alles wieder zurückzubekommen. Doch er brauchte die Hilfe von Evan und den anderen. Ursprünglich plante er im Jahr 2052 zu bleiben, doch es war Evan gewesen, er ihn mit Gewalt zum Gehen bewogen hatte. Die Invasion in der Zukunft zu verhindern war somit Kyles einzige Aufgabe. Ihn interessierten keine unbedeutenden Anomalien, da diese ohnehin keine Rolle spielten, sollte sich der Lauf der Zeit wiederholen. Die Warterei und Untätigkeit schien ihm zuzusetzen. Er trat ein paar Schritte nach vorne und wand sich an Dylan und Luke. „Tut mir leid, ich war wohl etwas zu forsch. Ich schätze… ich brauche einfach eine kleine Auszeit.“, brummte er. Evan empfahl ihm den Pausenraum, zwei Stockwerke über ihnen. Kyle stimmte zu und brach das Meeting für heute ab. Er schlenderte zur Tür und öffnete sie. Kaum war sie offen, schien neuer Besuch anzustehen. Er nickte den beiden Frauen zu und empfahl sich dann. Kaum war er aus dem Blickfeld verschwunden, wagten sich die beiden in den Besprechungsraum. „Also…“, begann Toby, doch Evan kam ihr zuvor. „Richtig! Miss Gray, habe ich recht? Tut mir leid, im Moment geht bei uns alles drunter und drüber.“, hastete er zu dem Gast und reichte Lexi die Hand. Die Paläontologin wirkte schon beinahe etwas eingeschüchtert, erwiderte den Gruß aber sofort. „Es freut mich hier zu sein. Ich soll Sie von Colonel Kirkland grüßen und Ihnen zu Ihrer Rückkehr gratulieren. Ich hörte Sie wären einige Zeit in der Kreidezeit festgesessen, das muss eine interessante Erfahrung gewesen sein.“ Evan räusperte sich nun. „Das Wort interessant würde ich zwar weniger in den Mund nehmen, aber ja, ich bin froh wieder hier zu sein. Sie… haben uns etwas mitgebracht?“, hakte er nach. Lexi nickte schnell. „Ja, ein paar Akten, aber sie waren zu schwer und liegen noch in meinem Mietwagen oben.“, gestand sie. „Kein Problem, Luke wird sie nachher holen und herunterschleppen.“, hatte sich auch Dylan erhoben und der jungen Frau zugenickt. „Werde ich?“, schien der Student nicht von allein darauf gekommen zu sein den Gentleman zu spielen. Dennoch erhob auch er sich und richtete Lexi seinen Gruß aus. „Das ist also die weibliche Version von mir.“, stellte er musternd fest. Evan, Dylan und auch Toby verdrehten den Kopf, nur Lexi blieb so charmant wie man es von ihr erwartete. „Toby, wieso zeigst du ihr solange nicht Cross-Photonics?“, kam es von Evan. Doch scheinbar war Toby bereits allein auf die Idee gekommen. „Ich wusste ja, dass ihr gerade eine Besprechung habt, also habe ich Lexi bereits etwas herumgeführt. Die IT-Abteilung, die Lazarett-Sektion und auch die Waffenkammer, für die sie sich überraschenderweise auch interessiert hat.“ Lexi lächelte verlegen. „Aber… halten Sie mich jetzt bitte nicht für einen Waffen-Otaku oder sowas. Ich wollte mir nur einmal diese EMDs ansehen, die sogar einen T-Rex zur Strecke bringen sollen können.“, erzählte sie. Evan grinste und bot der Wissenschaftlerin einen Stuhl an. „Donovan kann Ihnen sicher mehr darüber sagen, falls er schon hier ist. Auf der anderen Seite sind wir gerne dazu bereit Ihrer Behörde die Baupläne zu schicken.“, bot Evan an, auch wenn er bezweifelte, dass die Waffenliebenden Amerikaner wirklich mit EMDs in Produktion gehen würden. Lexi wollte etwas sagen, wurde aber von einem Klingeln gestoppt. Dylan griff sich in die Tasche und holte ihr Handy heraus. Entschuldigend blickte sie in die Gruppe und nahm das Gespräch an. „Ja? Was für eine Art Problem? Klar können wir uns das ansehen, aber… Moment, ist er sich da sicher? Einverstanden wir sehen uns das an. Schicken Sie mir bitte die Adresse.“, führte sie eine hastige Konversation und legte dann auf. Alle Blicke waren nun auf sie gerichtet, da das Wort ‚wir’ wohl sie alle betraf. „Das… war gerade Detective Harlow. Er wurde zu einem Leichenfund gerufen, es sieht ganz nach einem Tierangriff aus. Der Experte sagt aber aus, er habe noch nie solche Bissspuren gesehen. Noch dazu fand man den Toten mitten in Downtown, selbst Hunde werden dort kaum gehalten.“, berichtete sie. Einige verdutzte Blicke folgten. „Wir… hatten aber doch gar keinen Anomalie-Alarm.“, kam es von Toby. Dann war es Luke, der demonstrativ den Arm hob. „Naja, ausgeschlossen ist es nicht. Wir hatten vor einem Monat einen Anomalienalarm in dieser Gegend. Wir sind hingefahren, doch die Anomalie hatte sich bereits wieder geschlossen. Da es eine sehr verarmte Gegend ist, gab es auch keine Kamera durch die wir überprüfen konnten ob etwas durchgekommen war.“, erzählte er. Dylan stimmte ihm zu, auch sie erinnerte sich an den Einsatz. „Das wäre durchaus möglich. Ein Tier könnte uns entgangen sein und treibt sich nun in der Gegend herum. Wenn es jetzt schon einen Menschen angefallen hat, sollten wir es auf jedenfall untersuchen. Detective Harlow erwartet uns in einer Stunde in der Rechtsmedizin.“, erklärte sie. Evan dachte kurz nach und gab dann seinen Segen. „Gut, sehen wir uns die Sache an. Donovan soll den Wagen vorfahren, wir statten dem Detective einen Besuch ab.“, wand er sich an Dylan und Luke. „Also…“, kam es nun von Lexi Gray. „Würden Sie erlauben, dass ich Sie begleite? Wenn es eine Leiche gibt, könnte ich womöglich anhand der Verletzungen sagen mit welchem Tier wir es zu tun haben.“, schlug sie vor. Evan überlegte kurz, wurde dann aber von Luke unterbrochen. „Naja… ich könnte das sicher auch. Kommt… auf die Abdrücke an.“, wollte er nicht hinter der Wissenschaftlerin zurückstehen. Dylan räusperte sich hörbar neben ihm. „Es ist etwas anderes Abdrücke aus Büchern mit echten in menschlichen Überresten zu vergleichen.“, bemängelte sie in dem Wissen, dass Luke zwar ein großes Fachwissen besaß, aber nie an echten Tatorten gearbeitet hatte. „Das ist kein Problem, ich habe bereits unendlich viele Abdrücke und Überreste, die mein Team von Expeditionen mitgebracht hat ausgewertet.“, stellte Lexi nochmals ihre Nützlichkeit in den Raum. Luke wirkte etwas eingeschnappt, doch der Teamleiter nahm keine Rücksicht darauf. „Gut, dann treffen wir uns in 10 Minuten in der Tiefgarage.“, schlug er vor. Doch Toby zog ihn kurz zur Seite und flüsterte ihm etwas zu. „Hey, wäre es möglich, dass ich euch begleite?“, fragte sie bittend. Evan überraschte dieser Wunsch etwas, immerhin hatte sich Toby bisher nicht oft für Außeneinsätze begeistern können. „Ich will nur sagen… Lexi war zwar bei einigen Expeditionen dabei, aber wir sind quasi für sie verantwortlich. Bitte lass mich euch begleiten, damit ich auf sie aufpassen kann. Wenn ihr etwas zustößt, würde das unserer Beziehung zu den Amerikanern sicher sehr schaden.“, wand sie ein. Evan wollte einwenden, dass Toby genauso wenig Felderfahrung hatte wie Lexi Gray, sollte es wirklich zu einem Feuergefecht kommen. Dann kam ihm jedoch die Überlegung, dass es vielleicht Toby persönlich war, welche die Verantwortung für Lexi übernehmen wollte. Schließlich segnete er es ab und den gab das Startsignal für die Mission. Vancouver – Städtische Rechtsmedizin Es war ein fremdartiges Gefühl eine Mission ohne passenden Alarm zu beginnen. Auf der anderen Seite fühlte sich der Ex-Soldat bei seiner Ehre gepackt. Es wäre seine Aufgabe gewesen sicher zu gehen, dass auch wirklich nichts durch die Anomalie gekommen war. Durch seinen Fehler war nun eine Person tot und eine wilde Kreatur lief noch frei herum. „Parken Sie einfach neben diesen Streifenwagen dort. Harlow hat uns herbestellt, also sollten wir auch die polizeilichen Vorteile nutzen.“, meinte Evan und wies auf eine leere Stelle vor dem Gebäude hin. Donovan nickte, hoffte aber, dass die Leute das hier auch wussten und der Van nicht abgeschleppt werden würde. Die zuständigen Leute würden dann die EMDs sowie den Rest der Anomalienausrüstung in der Hand bekommen und sich bestimmt wundern was sie damit anstellen sollten. Dennoch folgte er der Anordnung und parkte in der freien Stelle. Während Donovan im Wagen blieb, stieg der Rest aus und schritt auf das Gebäude zu. „Müssen wir vorher unsere Taschen leeren?“, fragte Luke, doch Dylan rollte nur mit den Augen. Dies war kein Gerichtsgebäude, auch wenn sich einige Polizisten darin aufhalten würden. Evan meldete sich am Empfang an und erwähnte, dass Detective Harlow sie sprechen wollte. Die Frau beschrieb ihnen den Weg und wies auf einen Fahrstuhl. Evan bedankte sich und die Gruppe setzte ihre Reise fort. Evan betätigte ein paar Tasten und wartete bis die Tür schwank. Mit einer einladenden Handbewegung wollte er den Damen den Vortritt lassen. Nur Dylan musste Luke zurückziehen, der die Einladung wieder mal auf sich bezogen hatte. Lexi trat als erste hinein und schenkte Toby ein Lächeln, als sich diese neben sie stellte. Der Fahrstuhl war auch wirklich eng wie sie fand. Besonders als sich Evan und der Rest ebenfalls noch hineinquetschen wurde die Computer-Expertin eng an die Besucherin aus Amerika gedrückt. Sie murmelte eine Entschuldigung hervor und presste sich mehr an die Wand. Es ging ein paar Stockwerke nach unten, bis der Tür die Lifttür endlich aufging und den Blick freigab. Der Gang wirkte sehr steril, nur einige Bilder klafften an den Wänden. Eine vereinzelnde Pflanze stand in der Ecke herum und aus einem Raum wurde nun eine rollbare Trage geführt, die von zwei weiß gekleideten Männern geschoben wurde. Tobys Stirn zog sich in Falten, als sie die Erhöhung darunter bemerkte. Allerdings wollte sie sich gegenüber Lexi nichts anmerken lassen. Die Paläontologin hatte bereits so viel mehr gesehen als sie. Toby war bisher lediglich einmal in einer anderen Zeit. Sie begleitete Evan und die anderen um einen verschwunden Jungen zu finden, der es sich ausgerechnet erlaubte im Pliozän, 5 Millionen Jahre in der Vergangenheit zu verstecken. Dort hatte Toby das Team um Colonel Kirkland kennen gelernt, in dem auch Lexi Mitglied war. Toby war sofort von ihr beeindruckt gewesen, auch wenn sie nicht gleich wusste warum. War es ihre Intelligenz? Ihr Mut? Vielleicht auch ihre Leidenschaft große Gefahren auf sich zu nehmen, nur um das sehen zu dürfen, was den meisten Menschen verwehrt blieb. Nachdem sich Dylan nach dem Weg erkundigt hatte, waren sie beinahe am Ziel. Sie folgten dem Gang gerade aus und waren vor einer Doppeltür angekommen auf dem dick und gut lesbar das Wort Pathologie geschrieben stand. Sie klopften sicherheitshalber an, bevor sie es wagten die Ruhe der Toten zu stören. Sie fanden sich in einem mittelgroßen Saal wieder, der genauso wirkte wie jene aus TV-Krimis. Rechts erhoben sich die Kästen, in denen die Leichen Zwischengelagert wurden, während im Saal genug Platz für Untersuchungen war. In der Mitte des Saals standen zwei Personen, die sofort auf die Neuankömmlinge aufmerksam wurden. Ein älterer Mann in weißem Kittel und ein Schwarze mit weitem Mantel. Detective Harlow winkte das Team zu sich und verwies auf den Rechtsmediziner. „Das ist Dr. Liebhert, er obduziert die Leiche. Und das… sind die Experten die ich angefordert habe.“, stellte er das CPT vor. Der Rechtsmediziner schien erst sie, dann Harlow zu mustern. Man konnte es ihm nicht verdenken, immerhin wirkte niemand im sonderlich wie ein Experte. Evan erblickte die Leiche unverzüglich, auch wenn sie von einem Leichentuch verdeckt war. Liebhert begann nun das Opfer bis zum Hals aufzudecken. Das Gesicht des Mannes wirkte noch wesentlich heil, doch ab dem Hals hingen lose Hautstücke herab. „Todesursache war eine Durchtrennung der Arteria carotis communis.“, verriet er und wies auf den Hals. Lexi Gray trat näher um sich die Verletzung genauer anzusehen. „Was wurde zuerst durchtrennt? Die Carotis interna oder externa?“, hakte sie nach. Liebhert hob eine Augenbraue, antwortete aber unverzüglich. „Die Externa. Sind Sie Medizinerin?“, wollte er wissen. Lexi schien überrascht, verneinte aber hastig. „Nein, nur Zoologin. Und Paläontologin. Und Archäologin.“, erklärte sie. Harlows fragender Blick traf Evan, scheinbar wollte er wissen wen genau Evan da mitgebracht hatte. „Dann sind Sie in Ihrer Eigenschaft als Zoologin hier? Ich meine, schließlich werden wir es kaum mit einem urzeitlichen Wesen zu tun haben, richtig?“, sprach der Rechtsmediziner. Lexi wollte etwas erwidern, wurde aber von Evans strengen Blick abgehalten. Dieser wusste bereits, dass Lexi gerne und ausschweifend redete. Jedoch mussten sie diesen Fall äußerst behutsam angehen und nicht zu viele Informationen durchsickern lassen. Sie hatten bereits Glück genug mit Harlow jemanden bei der Polizei zu haben den sie einweihen konnten. „Nun… um das Tier zu identifizieren, müsste ich mir noch den Rest der Leiche ansehen.“, gestand Lexi und rückte ihre Brille zurecht. Der Rechtsmediziner nickte, stellte sich vor den Tisch und hob das Leichentuch an. Lexi begab sich neben ihn und inspizierte das Opfer genauer. Evan wurde die Sicht versperrt, doch er hätte ohnehin darauf verzichten können die entstellte Leiche anzusehen. Nach einer Weile senkte Liebhert das Leichentuch wieder und Lexi schien zu überlegen. „Also…“, erklang es nun von weiter hinten. Luke schritt nach vorne und wies auf das Leichentuch. „Ich bin ebenfalls Zoologe. Naja so gut wie. Ich würde die Verletzung auch gerne inspizieren.“, entschied er. Liebhert musterte ihn kurz, war dann aber einverstanden. Er zog das Leichentuch nochmals zurück und gab den Blick auf den aufgerissenen Leib des Mannes frei. Das Blut wurde bereits abgesaugt, die Organe die durch die Öffnungen zu sehen waren jedoch noch nicht entnommen. Luke hielt es genau 10 Sekunden aus. Dann griff er sich plötzlich an den Bauch und begann auf den Boden zu kotzen. Sein Mageninhalt entleerte sich und Harlow und Liebhert starrten ihn perplex an. Evan und Dylan rollten nur mit den Augen und Toby entschuldigte sich für den Studenten. „OK… ich habe genug gesehen!“, krächzte Luke und die Leiche wurde wieder bedeckt. Liebhert seufzte. „Und Sie sind wirklich Zoologe?“, fragte er kritisch. „So ist es! Und außerdem Kryptozoologe um präzise zu sein.“, verteidigte sich Luke. Er gab ja zu mehr Abbildungen in Lehrbüchern studiert zu haben als lebendige Kadaver, aber der Anblick gerade schockierte ihn wirklich. Der Rechtsmediziner nahm nun eine skeptischer Haltung ein. „Soll das ein Scherz sein? Sie glauben doch nicht wirklich an einen Werwolf, oder?“ Bei letzterem Teil spitzten sich die Ohren des Teams. „Werwolf?“, hakte Evan nach und sah prüfend zu Harlow. Dieser kratzte sich verlegen am Hinterkopf und begann dann zu erzählen. Über die Wolfslaute, dass er auf zwei Beinen stand und sich am Ende sogar in einen Menschen verwandelte. Liebhert drückte noch einmal aus, dass er diese Erzählung für absoluten Unsinn hielt. Dann wurde er angepiept und entschuldigte sich, da er eine neue Leiche in Empfang nehmen musste. Sobald er aus der Pathologie verschwunden war, war es möglich freier zu reden. „Wie gesagt, das alles muss nichts bedeuten. Die Frau ist drogenabhängig, sie hat es sich bestimmt nur eingebildet.“, gab Harlow zu bedenken. Toby näherte sich nun Lexi und betrachtete diese. Die Wissenschaftlerin war immer noch in ihrer Starre gefangen und schien zu überlegen. „Also… es ist nicht schlimm wenn du nicht weißt welches Tier es war.“, wollte sie die junge Frau aufheitern. Lexi blickte sie überrascht an, schüttelte dann aber den Kopf. „Nein, ich weiß bereits mit was wir es zu tun haben. Ich frage mich nur warum der Mann angegriffen wurde.“, meinte sie. Damit erweckte sie natürlich die Aufmerksamkeit des Teams. „Hatte die Kreatur nicht Hunger?“, hakte Evan nach. Lexi verneinte augenblicklich. „Nein, zum einen wurde nur die Carota externis durchtrennt, das bedeutet es war nur ein gezielter Biss. Hätte das Tier ihn als Nahrung angesehen, hätte mehr Bisse gefolgt und es hätte ihn wahrscheinlich irgendwo hingeschleppt um ihn restlos zu verwehren. Nein, es muss ihn aus irgendeinem Grund als Bedrohung angesehen haben.“, spekulierte sie. Für Evan war die Frage warum das Opfer sterben musste jedoch zweitrangig. Wichtiger war, womit sie es zu tun hatten. „Was haben Ihnen die Verletzungen gesagt?“, war es Dylan, welche die Preisfrage stellte. Lexi nickte ein paar mal aufgeregt. „Die Aussage der Zeugin stimmt mit den Verwundungen überein. Es sind definitiv die Krallenvertiefungen eines Hundes bzw. Wolfes. Ich denke wir haben es mit einem Canis Dirus aus dem späten Pleistozän zu tun.“, kombinierte sie. Dylan blickte hilfesuchend zu Luke. „Der Canis Dirus lebte vor allem in Nord und Südamerika. Er besaß eine durchschnittliche Länge von etwa 1.0 Meter und man könnte ihn als Vorfahren der heutigen Wölfe bezeichnen.“, ratterte er herunter. Lexi protestierte jedoch sogleich. „Ja, das wird in vielen Lehrbüchern angeführt, ist so aber nicht richtig. Auch wenn er den Körperbau eines Wolfs besaß, war er wesentlich größer und eher der Vorfahre der heutigen Hunde.“, korrigierte sie ihn. Luke presste etwas beleidigt die Lippen zusammen und Dylan konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Evan nickte verstehend. „Wir suchen also nach einer Wolf… oder hundeartigen Kreatur die auf zwei Beinen läuft und sich bei Vollmond in einen Menschen verwandeln kann.“, sagte er abschätzig. „Nun, was das stehen anbelangt… der Canis Dirus war recht groß und hatte starke Hinterbeine. Wenn er sich bedroht fühlte, konnte er sein Gewicht nach hinten verlagern und so für kurze Zeit aufrecht stehen um größer und gefährlicher auf den Gegner zu wirken. Etwa vergleichbar mit der Männchenstellung der heutigen Hunde. Das stützt meine These, dass er das Opfer als Bedrohung ansah.“, erzählte sie. Evan schien zufrieden, damit hätten sie schon mal die Hälfte des Rätsels gelöst. „Und konnte er sich auch zufällig in einen Menschen verwandeln?“, fragte er Lexi provokant. „Äh… nein… ich…“, stotterte sie leicht. Toby hustete demonstrativ und schob Evan weg. „Er will dich nur ärgern, beachte ihn einfach nicht.“, nahm sie sie in Schutz. „Sagen Sie… gibt es sonst noch etwas an der Leiche was seltsam war?“, wand sich Dylan an Harlow. Dieser überlegte kurz und nickte dann. „Da gibt es wirklich was. Scheinbar wurden dem Opfer vor dessen Tod das Bargeld aus der Brieftasche gestohlen, genauso wie dessen Armbanduhr.“, berichtete er. Die Überraschung war natürlich recht groß. Ein urzeitlicher Wolf… oder Hund der sich hin und wieder in einen Menschen verwandelte, Leute umbrachte und sie beklaute? „Will Cohen, ein kleiner Drogendealer. Downtown war schon immer ein gefährliches Pflaster, aber wenn dort jetzt auch noch Urzeitmonster herumlaufen, macht das meinen Job nicht leichter.“, fügte Harlow hinzu. Evan klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schultern und versprach, dass sie sich der Sache annehmen würden. Noch hatte er zwar keine Ahnung wie, denn sie besaßen zwar ein Ortungsgerät, jedoch nur für Anomalien. Aber diese hatte sich bereits vor einem Monat geschlossen. Wie sollten sie den Canis Dirus also aufstöbern? Diese Frage beschäftigte nicht nur ihn, sondern das ganze Team, als sie wenig später das Gebäude der Rechtsmedizin verließen. „Hey… ich denke ich habe da eine Idee.“, schoss es nun aus Toby heraus. Vancouver - Downtown Eastside „Wir haben übrigens keine Silberkugeln dabei.“, bemerkte Donovan beiläufig, als er in den Rückspiegel blickte. Evan seufzte resigniert. Er hatte bereits Lukes Sprüche über sich ergehen lassen müssen, der taktische Leiter des Teams musste jetzt auch nicht noch damit anfangen. „Aber stellt euch einmal folgendes vor. Es ist eine Kreatur aus der Zukunft, die sich durch Genexperimente in einen Menschen verwandeln kann, oder auch umgekehrt.“, warf Luke in den Raum. Ein strenger Blick seitens Dylans folgte. „So etwas wie Werwölfe gibt es nicht und wird es auch nie geben.“, stand für sie fest. Dann räusperte sich Lexi Gray um sich bemerkbar zu machen. „Ich halte mich zwar für sehr aufgeschlossen, teile diese Ansicht aber. Auf der anderen Seiten gehen wir bei Area 51 der Spur nach, dass viele Mythen und Legenden sowie Fabelwesen nur entstanden weil Menschen in der Vergangenheit Kreaturen aus Anomalien begegnet sind, die damals noch nicht erforscht worden sind.“, erzählte sie. „Also sowas wie Nessi?“, hakte Toby nach, die direkt neben der Paläontologin saß. Diese nickte aufgeregt. „Ja, beispielsweise ein Plesio oder ein Elasmosaurus.“, gab sie an. Donovan verzog die Lippen. Er war selbst einem dieser Monster begegnet und an ihnen war nichts mythisch. „Wie sieht es mit Big Foot aus?“, interessierte es ihn aber dennoch. „Ein Gigantopithecus, ein Riesenaffe aus dem Pleistozän wie unser Verdächtiger in diesem Fall.“, sprang Lexi sofort darauf ein. „Und Drachen?“, kam der nächste Vorschlag von Dylan. Nun brauchte Lexi etwas um zu überlegen. „Vermutlich ein Dracorex.“, sagte sie dann. „Wie sieht es mit Aliens aus?“, versuchte es auch Luke. „Mutierte Fledermäuse aus der Zukunft.“, verriet Lexi und schien es sogar ernst zu meinen. „Und der Weihnachtsmann?“, kam es nun von Evan. Alle Augen richteten sich auf ihn. „Naja… vielleicht kann man nicht alle Sagengestalten logisch erklären.“, gestand die Wissenschaftlerin. „Hey, sagen Sie das nicht. Luke glaubt immer noch an ihn.“, stichelte Dylan und der Student reagierte etwas beleidigt. Die Gruppe wurde etwas durchgerüttelt, als Donovan plötzlich hielt. „Wir sind da.“, verkündete und die die anderen warfen einen Blick aus dem Fenster. Harlow hatte ihnen die Adresse des Tatorts gegeben, die Beamten schienen bereits abgezogen worden zu sein. Donovan parkte am Straßenrand und das Team stieg aus. Dylan gab dem Ex-Major den Rat abzuschließen, ansonsten war es gut möglich, dass der Van in Windeseile gestohlen wird. Auf der anderen Straßenseite prangte ein langes Absperrband, die Stelle an dem der Drogendealer von dem vermeintlichen Canis Dirus erwischt wurde. Dylan ließ ihren Blick schweifen und stieß einen Fluch aus. „Tut mir ja sehr leid, doch ich bezweifle, dass ich in dieser Gegend die Fährte des Tieres aufspüren könnte.“, gab sie zu. Evan zeigte dafür vollstes Verständnis. Selbst ohne Abgase und einer Vielzahl an fremden Gerüchen, benötigte es einen erdigen Grund um etwaige Fußspuren zu identifizieren. Auf dem harten Steinpflaster dieser Gegend war es unmöglich. „Wir bräuchten einen Spürhund um das Tier zu finden.“, murmelte Donovan. Toby hantierte gerade mit ihrem Handy und schüttelte dann den Kopf. „Nein, dafür bräuchten wir eine Geruchsprobe von dem Tier, welche wir nicht haben. Doch ich habe einen anderen Anhaltspunkt, lasst mich nur machen.“, sprach sie und schritt dann vorwärts. Evan wollte sie fragen was sie vorhatte, beschloss dann aber ihr zu vertrauen. Toby ging voraus und der Rest des Teams folgte ihr in einigem Abstand. Nach wenigen Minuten waren sie am Ende der Straße angelangt und Toby schritt auf einen Laden zu. Sie gab den anderen ein Handzeichen zu warten und war kurz darauf in dem Geschäft verschwunden. „Ein Pfandladen?“, fragte Lexi überrascht. Dylan lächelte ihr zu und bat sie sich zu gedulden, auch wenn sie selbst keine Ahnung hatte welcher Idee Toby gerade nachging. Dennoch machten sie es sich auf ihrer Position bequem und warteten die 5 Minuten die Toby brauchte um wieder aus dem Gebäude herauszutreten. Mit einem Grinsen im Gesicht steuerte sie auf das Team zu. „Was wolltest du da drin?“, hakte Dylan nach und Toby gab sich verschwörerisch. „Der Detective meinte doch, dass dem Opfer das Geld und die Armbanduhr abgenommen wurden, richtig? Und wo wird man Diebesgut am besten los?“ Weitere Erklärungen waren unnötig, Evan und die anderen verstanden sofort. „Wow… das war klever von dir.“, meinte Lexi zu Toby. Diese musste aufpassen nicht rot zu werden und gab sich weiterhin souverän. „Und was hat der Verkäufer gesagt? Ist ein Werwolf hineinspaziert und wollte die Uhr gegen Bares tauschen?“, hakte Luke nach. Toby verneinte natürlich und erzählte, dass der Verkäufer ihr die Person beschrieben hatte, zumindest nachdem sie diesem ein paar Scheine überreicht hatte. „Er kennt die Person, welche die Uhr dagelassen hat. Scheinbar handelt es sich um einen Obdachlosen namens Hank. Der ist öfters bei ihm um Sachen einzutauschen. Angeblich wohnt er in einer der verlassenen Mietswohnungen in der Gegend hier.“, berichtete sie. Natürlich war ihr klar, dass der Verkäufer wissen musste, dass diese Gegenstände unmöglich alle dem Obdachlosen gehören konnten, aber scheinbar drückte er des Öfteren ein Auge zu. Sah man sich die Gegend hier genauer an, war vermutlich die Großzahl an Waren im Laden gestohlen. „Mit anderen Worten, wenn wir diesen Obdachlosen finden, erzählt er uns vielleicht was er gesehen hat.“, kombinierte Dylan. Toby stimmte ihm zu, das wäre auch ihr nächster Vorschlag gewesen. Die Suche nach Hank erwies sich jedoch etwas schwieriger als erwartet. Die Mietswohnung war schnell gefunden, doch ihnen begegneten mehr Obdachlose als ihnen lieb waren. Obwohl das Gebäude bereits Innen sowie Außen bröckelte und wahrscheinlich schon mit Schimmel durchwachsen war, hatten es sich viele Menschen darin bequem gemacht die sonst keinen Ort zum Bleiben hatten. Das Team hatte sich aufgeteilt, während Dylan, Luke und Donovan die unteren Etagen abgrasten, übernahmen Evan, Toby und Lexi die oberen Stockwerke. Zuerst begegneten sie einer älteren Frau, die jedoch entweder taub war, oder nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Beim nächsten Versuch scheiterten sie an einer Sprachbarriere, da auch viele Ausländer hier residierten. Im zweiten Stock fanden sie endlich jemand zuverlässigen und nachdem sie ihm ein paar Scheine in die Hand drückten, verriet er, dass der Mann namens Hank ein Zimmer im 5ten Stock bewohnte. Die drei dankten ihm und setzten ihren Weg fort. Toby sah Lexi an, dass sie sich in der Umgebung absolut nicht wohl fühlte. Den dreien war anzusehen, dass sie absolut nicht herpassten und wurden von neugierigen, sowie skeptischen Augen durchbohrt. Toby hätte Lexi in diesem Moment am liebsten zugeflüstert, dass sie sie beschützen würde, entschied sich dann aber dagegen. Das wäre vermutlich zu peinlich gewesen. Die Treppe knarrte unter jedem Schritt und verlieh den Eindruck, dass sie jeden Moment einbrechen konnte, trotz der zierlichen Statur der beiden Frauen. Im 5ten Stock angekommen, war es wesentlich ruhiger und bald war das gesuchte Zimmer gefunden, dass ihnen der Obdachlose beschrieben hatte. Die war nur angelehnt, doch Evan klopfte trotzdem zweimal daran. Dann drückte er Tür auf und trat ein. Toby und Lexi folgten ihm und fanden sich bald in einem leeren Apartment wieder. So dachten sie zumindest. Aus einem Nebenraum hopste nun eine Gestalt und hielt etwas in die Luft. Lexi kreischte auf, als ihr der Lauf eines Gewehrs ins Gesicht ragte. Toby überlegte was sie tun sollte, doch sie war nun mal nicht Donovan. Dieser wäre trainiert genug gewesen um nach vorne zu springen, nach dem Gewehr zu greifen und es wegzureißen. Danach hätte er dem Angreifer ins Gesicht geschlagen und ihn zu Boden gestoßen. Doch der Ex-Soldat war nun mal leider nicht hier. „Hey, hey! Immer mit der Ruhe!“, rief Evan empört. Der Bewaffnete war genauso wie sie es erwartet hatten. Er trug einen langen, zerschlissenen Mantel und etwas, das den Begriff Vollbart weit überspannte. Lange wuchtige Haare und skeptische Augen. Noch dazu den Gestank, den beide Frauen rochen, obwohl der Obdachlose weit genug von ihnen entfernt stand. „Das hier… ist mein Haus!“, brüllte er wild. Evan wollte einlenken, dass es eine Wohnung und nicht ein Haus war, verzichtete aber darauf. „Tut uns leid, dass wir hier so einfach eindringen. Aber wir brauchen eine Auskunft von Ihnen.“, versuchte es Evan mit verhandeln. Die Unruhe des Mannes zerschlug er damit aber nicht, im Gegenteil. Der Obdachlose musste sie für Polizisten halten und würde die Waffe sogar noch wirklich gegen sie einsetzen. Toby kramte in ihren Taschen und das Gewehr zielte nun auf sie. „Nicht schließen! Ich will… nur etwas Geld herausnehmen, sehen Sie?“, erklärte diese und zog ein paar Scheine hervor. Die Augenbrauen des Obdachlosen schnellten nach oben, scheinbar hatten sie damit sein Interesse geweckt. Der Mann namens Hank tat ein paar Schritte zurück, senkte sein Gewehr aber nur sporadisch. „Wurden Sie… Zeuge davon was gestern Nacht hier in der Nähe geschah?“, wagte es Evan dann zu fragen. Hank musterte ihn und nickte dann. „Seid ihr Cops? Dieses… dieses Ungeheuer hat ihn einfach zerfleischt.“, schien er immer noch große Angst zu haben. Damit stand zumindest fest, dass sie den Richtigen gefunden hatten. Auch war klar, warum sich der angebliche Werwolf plötzlich in einen Menschen verwandelt hatte. Hank hatte sich kurz nach dem Angriff zur Leiche gewagt und diesen um dessen Wertsachen erleichtert. „Können Sie das Tier beschreiben?“, hakte er nach. Hank zögerte einen Augenblick. „Es… war ein riesiger Wolf! Er hat sich auf den Kerl gestützt und seine Krallen an ihm gerieben.“, erzählte er. „Und… wissen Sie in welche Richtung das Tier verschwunden ist?“, wollte Toby wissen und reichte Hank das Geld. Dieser nahm es vorsichtig entgegen und überprüfte ob es echt war. „Ja und auch woher es gekommen ist. Ich war drüben, bei der alten Chester-Fabrik. Hinter dem Gebäude lagern immer alte Radkappen die ich dann verscherbeln kann. Als die Kreatur aus der Fabrik kam ging ich in Deckung. Ich folgte ihm und sah was es anrichtete. Nach dem Angriff habe ich es zwar nicht verfolgt, aber es lief denselben Weg wieder zurück den es gekommen ist.“, berichtete er. Evan nickte den beiden Frauen zu und dankte Hank dann für seine Auskunft. „Vielen Dank, Sir. Wir werden Sie nicht weiter belästigen.“, versicherte er und gab Toby und Lexi ein Zeichen, dass sie das Apartment nun verlassen würden. „Das… war ein Monster. Sie sollten ihm nicht zu nahe kommen.“, rief ihnen Hank beim Hinausgehen hinterher. Evan stimmte ihm in Gedanken zu, allerdings gab es da ein kleines Problem. Es war nun mal ihr Job. Vancouver - Downtown Eastside, Chester-Fabrikation Als das CPT die Chester-Fabrik endlich erreicht hatte, wurde es auch bereits dunkel. Das würde nicht nur die Suche erschweren, sondern auch eine mögliche Auseinandersetzung mit dem Canis Dirus. Donovan parkte in sicherem Abstand und öffnete die hintere Ladeklappe. Die Gruppe stieg aus und ließ sich von dem ehemaligen Major die EMDs reichen. Evan wies sie an, sie auf geringere Stärke zu stellen, immerhin hatten sie es diesmal mit keinem Riesen zu tun und wollten den Wolf lediglich betäuben. „Was machen wir eigentlich mit ihm, wenn wir ihn haben?“, fragte Dylan interessiert. Evan brauchte etwas um zu verstehen was sie meinte. „Stimmt, die Anomalie hat sich bereits geschlossen, es wird uns nichts übrig bleiben als das Tier erst einmal bei Cross-Photonics unterzubringen.“, sagte er. Am einfachsten wäre es gewesen, mittels dem Opener eine Anomalie ins Pleistozän zu öffnen und den Canis Dirus zurückzuschicken. Doch dummerweise war das Gerät explodiert, als Evan die Anomalie im Hochhaus schließen wollte. Doch er hatte keine Wahl gehabt, andernfalls hätten er, Dylan und Ange es nicht lebend herausgeschafft. „Was soll’s, ich habe mir schon immer ein Hündchen als Haustier gewünscht.“, fügte er hinzu. „OK… welche ist meine?“, fragte Lexi und tastete über die Impulsgewehre. Donovan blickte zu Evan und dieser schob sich vor die Waffenkiste. „Danke, Sie haben uns bisher sehr geholfen. Aber den Rest schaffen wir auch so.“, drückte er sich so freundlich wie möglich aus. Lexi wirkte verblüfft, für sie schien es logisch zu sein an Missionen teilzunehmen. Toby schob sie sanft beiseite, damit Donovan die Wagentür wieder schließen konnte. „Weißt du was? Du bist hier zu Gast und solltest nicht arbeiten. Überlass die Jagt am besten den Männern. Und Luke.“, schlug sie vor. Etwas wehmütiges war in Lexis Augen zu lesen. „Sie dürfen sich das Tier später gerne ansehen, wenn wir es gesichert haben.“, bot Dylan an, was die Paläontologin etwas aufzuheitern schien. Nach Tobys Zutun ließ sich Lexi dann doch überzeugen beim Van zu bleiben und auf den Rest des Teams zu warten. Evan nickte seinen Freunden zu und in schnellen schritten begannen sie sich an den Eingang heranzupirschen. Sowohl Dylan als auch Luke versicherten ihm, dass die Ohren des Wolfes sehr gut ausgebildet waren und er jede kleine Bewegung hören wurde. Es war unmöglich völlig geräuschlos die ganze Fabrik abzusuchen, weshalb sie beschlossen dicht beieinander zu bleiben. Auch wenn der Mond draußen noch etwas Licht spendete, innerhalb der Fabrik war es völlig dunkel. Natürlich war das CPT gut ausgerüstet und konnte sich für den Fall Taschenlampen aus den dafür angebrachten Halterungen ziehen. „Ich muss sicher nicht erwähnen, dass Wölfe auch gut im Dunkeln sehen können, oder?“, flüsterte Luke. Evan wäre es lieb gewesen, der Student hätte es sein lassen, auch wenn die Information sicher nützlich war. Der Canis Dirus konnte sich bestimmt in jeder möglichen Ecke verstecken, ohne dass die Suchstrahlen ihn überhaupt erreichten. Donovan bildete die Vorhut, obwohl Dylan ebenfalls dazu prädestiniert gewesen wäre. Dennoch musste sie zugeben, in ihrem alten Job bisher keinen Wölfen begegnet zu sein. Diese Ehre wurde den Parkrangern in den umliegenden Wäldern Kanadas überlassen. Der Canis Dirus war zwar kein direkter Wolf, musste aber viele Eigenschaften mit ihnen teilen. Hier in dieser fremden Umgebung gefangen zu sein, abseits seines Zuhauses und seiner Jagdgründe, hatten bestimmt Einfluss auf ihn genommen. Er würde sehr aggressiv und uneigensichtig agieren. Dylan reagierte auf ein Geräusch und wies auf eine Treppe die zu einer höheren Ebene führte. Donovan nickte den anderen zu, beschloss aber alleine mit Evan nach oben zu steigen. Vier Personen auf einem Fleck waren definitiv ein zu leichtes Ziel. Dylan und Luke sicherten den Aufstieg und leuchteten nach oben. Die beiden Männer waren kurz darauf auf der Ebene angekommen und versuchten sich zu orientieren. Überall standen schwere Maschinen herum, was die Fortsetzung des Weges noch erschwerte. Evan wollte gerade Blinksignale nach unten geben um Dylan und Luke zu signalisieren, dass es sicher war, da preschte ein Schatten hinter einem der Geräte hervor. Evan oder Donovan konnten gar nicht so schnell reagieren, da schoss der Schatten zwischen ihnen hindurch, die Treppe hinab. „Vorsicht!“, brüllte Evan, dem die Lautstärke nun herzlich egal war. Luke der unten an der Treppe stand merkte es zuerst und zog Dylan beiseite. Beide krachten zu Boden, wie letztens bei dem Dryptosaurus Zwischenfall. Diesmal wurde zum Glück keiner von ihnen verletzt, der Schatten huschte direkt an ihnen vorbei. Evan und Donovan hasteten die Treppe hinab und halfen den beiden auf. „Es hat sich auf vier Beinen fortbewegt, es ist definitiv der Canis Dirus den wir suchen.“, atmete Dylan schwer. Aber auch mit dieser Information ließ sich nicht recht viel anfangen. Die vier Teammitglieder leuchteten in alle Richtungen, doch der Schatten blieb verschwunden. „In die nächste Halle.“, gab Donovan Order und Evan stimmte ihm zu. Die Gruppe bewegte sich dicht an den Wänden entlang und verließ den Eingangsbereich durch eine Tür. Der Durchgang war eher schmal und auch die Halle dahinter von Fließbänden durchzogen. Hier gab es enorm viele Versteckmöglichkeiten, was den Abschluss der Mission nur noch erschwerte. Dann erklang ein schauriges Heulen, doch niemand im Team konnte die Richtung einschätzen. „Die EMDs oben lassen.“, befahl Donovan, auch wenn sich das eigentlich erübrigte. Auf der anderen Seite konnte der Canis Dirus blitzschnell zugreifen und die Reflexe seiner Jäger mussten geschärft sein. Luke leuchtete gerade über den Boden, als Dylan ihn zurückriss. Stumm deutete sie auf eine Stelle vor ihnen. Die anderen erkannten sofort was ihr aufgefallen war. Da diese Fabrik verlassen war, scherte sich auch niemand mehr um den Putz. Und genau das schien dem CPT zu Gute zu kommen, als sich vor ihnen der staubige Boden auftat, in dem eindeutig Abdrücke zu erkennen waren. Evan gab den anderen ein Zeichen und sie trennten sich für eine geringe Distanz. Die Abdrücke führten zur Verarbeitung eines Fließbands und je näher das Team ihm kam, umso mehr Laute wurden hörbar. Es war wieder das Heulen, diesmal aber wesentlich schwächer als vorhin. Donovan wies auf eine Abdeckplane und nickte Evan zu. Im Geiste zählten sie bis drei und rissen die Plane weg. Dylan und Luke sorgten für Licht, rissen jedoch kurz darauf überrascht die Augen auf. „Was zum…“, entfuhr es Dylan und auch die anderen wollten nicht so recht glauben was vor ihnen lag. Hinter der Plane und im Inneren einer runden Maschine wurde ein Nest gebaut, in dem drei kleine, flauschige Babys kauerten. Gut, Babys war vermutlich übertrieben, allen dreien wuchs bereits ihr Fell. Verspielt rollten sie sich umher und heulten, oder besser gesagten quiekten die Eindringlinge an. „OK, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet.“, staunte Donovan, doch um die Situation zu analysieren blieb wahrlich keine Zeit. Staub wirbelte hinter ihnen auf und so schnell sie konnten, drehten sie sich um. Keine Sekunde zu spät, denn der Schatten war von oben zu ihnen herab gesprungen und heulte was das Zeug hielt. Im Licht der Taschenlampen näherte sich der Canis Dirus und fletschte seine Zähne. Doch bevor er angriff, verlagerte er sein Gewicht auf die Hinterbeine um sich aufzurichten. „Jetzt ist unsere einzige Chance!“, rief Evan und die anderen verstanden. Es war Dylans Schuss der das Tier zuerst traf, danach folgte Donovans. Luke und Evan machten sich zwar auch bereit, doch eine weitere Salve war nicht mehr nötig. Der Canis Dirus wurde von den Impulsen getroffen und sank zu Boden. Ein letzter quälender Laut, dann begann er zu träumen. Dylan und Luke sicherten den Körper und gaben dann Entwarnung. „Ich denke die hier müssen wir nicht betäuben?“, fragte Donovan und wies auf den Nachwuchs. Diese stellten wahrlich keine Gefahr dar, doch er wollte sich bei den Experten sicherheitshalber Rat holen. Doch weder Dylan noch Luke fanden dies notwenig. „Deswegen ist er also so schnell nach unten und hierher. Um seine Kinder zu schützen.“, kombinierte der Zoologe. Evan behielt den Nachwuchs weiterhin im Auge, doch diese schienen nicht einmal mitbekommen haben, dass ihr Elternteil friedlich vor ihnen schlummerte. Er sah zu seinen Leuten, bis ihm die Blässe in Dylans Gesicht auffiel. Schnell bückte sich die Frau und begann den Wolf zu untersuchen. Die Männer verzogen die Gesichter, als sie die Beine des Tieres auseinander schob und gegen den flachen Bauch drückte. „Ähhh… Dylan?“, räusperte sich Evan. Doch diese drehte sich nur zu ihnen um und schüttelte den Kopf. „Das hier… ist ein Männchen.“, verkündete sie dann. Evan schluckte und verarbeitete die Situation. „Luke, ich nehme nicht an, dass die Canis Dirus Männchen Kinder austragen konnten?“ Luke schüttelte leicht den Kopf. „Nenn mir mal ein männliches Lebewesen welches das kann.“, fand er die Frage recht unnötig. Sofort erhoben die Mitglieder des Teams wieder ihre EMDs und waren sich eines sicher. Es war noch nicht vorbei. Vancouver - Downtown Eastside, Chester-Fabrikation Lexi fuhr sich mit beiden Händen über die Oberarme und bereute, dass sie ein T-Shirt mit kurzen Ärmeln trug. „Wenn… dir kalt ist, kann ich nachsehen, ob im Van noch ein Overall liegt.“, bot Toby an. Doch Lexi lehnte ab, immerhin war es ihre eigene Schuld nicht zu bedenken, dass es in Kanada wesentlich kühler war. „Sie… sind jetzt schon recht lange da drin.“, schwang etwas Sorge in ihrer Stimme mit. Toby musste ihr zwar zustimmen, konnte sie aber beruhigen. „Ja, die Jungs wissen was sie tun. Donovan ist ein erfahrener Soldat, Dylan kennt sich mit wilden Tieren bestens aus und Evan hat sogar ein Jahr in der Kreidezeit überlebt. Und Luke… ist eben Luke.“, tat sie die Sache ab. Lexi nickte. „Ja, es ist immer gut einen Experten im Team zu haben.“, stimmte sie zu. Toby spielte mit ihren Fingern herum und wünschte sich tatsächlich, dass Evan und Co bald wieder zurück waren. Nicht weil sie sich groß um sie sorgte, sondern eher, dass es seltsam war, mit Lexi allein zu sein. „Aber… ich bin von deinen Fähigkeiten ebenfalls beeindruckt. Du bist definitiv schlauer als Luke.“, erlaubte sie sich zu sagen. Lexi taxierte sie mit ihren Blicken und wartete ab. „Meinst du? Du… kennst mich doch nicht einmal.“, erwiderte sie. Autsch! „Äh… naja, ich meine im Gegensatz zu ihm hast du drei Doktortitel, das sagt schon einiges aus. Außerdem… hätte ich nichts dagegen dich genauer kennen zu lernen.“, gestand sie. Lexi schluckte und blickte zu Boden. „Ich… habe mich wirklich sehr über deine Mails gefreut.“, wechselte sie das Thema. Toby wirkte überrascht, antwortete aber sogleich. „Ja, ich mich über deine natürlich auch. Ich habe sogar die Visual Novel angespielt, die du mir als Anhang geschickt hast.“ Nun huschte ein Lächeln über Lexis Wangen. „Schon ok. Wenn dir sowas nicht zusagt, musst du dich nicht damit abgeben nur um mir einen Gefallen zu tun.“, sagte sie schnell. Toby schüttelte augenblicklich den Kopf. „Aber nein, es war wirklich sehr interessant. Allerdings… komme ich irgendwie nicht zum richtigen Ende, weil ich nicht weiß welche Route ich auswählen muss.“, erwiderte sie. Lexi musterte sie prüfend und kicherte dann kurz. „Das ist wirklich das geringste Problem. Im Notfall kann ich dir dabei helfen.“, versprach sie. Toby freute sich und nahm das Angebot gerne an. Die beiden waren so abgelenkt, dass ihnen der Schatten, der langsam auf die zutrottete entging. Erst als ein paar Kieselsteine rasselten, wurden die beiden Frauen auf ihn aufmerksam. „Nicht… bewegen.“, raunte Lexi Toby zu. Diese Warnung war unnötig, denn Toby war beim Anblick des abpirschenden Tieres ohnehin zu Eis erstarrt. „Wieso… ist es hier?“, flüsterte sie, erhielt aber keine Antwort. Der Canis Dirus vor ihnen richtete sich nun auf und Lexi nutzte die Gelegenheit und packte Toby am Oberarm. „Komm!“, stieß sie hervor und drückte Toby in den Laderaum des Vans. Danach sprang sie selbst hinein und griff nach der Innentür. Auch Toby hatte sich wieder gefangen und übernahm die andere Hälfte. Gemeinsam zogen sie die Türen zu und hörten wie der Wolf außen dagegen stieß. „Tut mir leid, eigentlich sollten sich Evan und die anderen darum kümmern.“, meinte Toby entschuldigend. „Schon in Ordnung, bei uns läuft auch nicht immer alles nach Plan.“, zeigte Lexi Verständnis, auch wenn sie mit der Angst haderte. Nach dem einen Stoß wurde es draußen ruhig und die Frauen seufzten erleichtert. Scheinbar hatte der Canis Dirus aufgegeben, da er immerhin kein Metall überwinden konnte. Lexi rieb sich erneut die Oberarme und Toby stutzte. Warum… war es im Inneren des Vans genauso kühl wie draußen? Panisch riss sie die Augen auf, als sie den Grund erkannte. Die Tür zur Fahrerkabine stand offen, Donovan schien sie vorhin nicht geschlossen zu haben. Sie dachte daran die Tür zu schließen, doch da war es bereits zu spät. Der Canis Dirus sprang auf den Sitz und reckte seine Nase in die Höhe. Toby sah hilfesuchend zur Waffenkiste, doch das Team hatte sämtliche EMDs mitgenommen. Im Laderaum des Vans befand sich nichts außer den Sitzen und einem Wagenheber. „Oh mein Gott!“, stieß Lexi hervor als die funkelnden Augen des Wolfes ihre trafen. Der Canis Dirus versuchte sich zwischen den Sitzen durchzukämpfen, was ihm aber nur halb gelang. Er streckte seine Pranken aus und heulte gefährlich. „Ah!“, schrie Lexi als eine Pfote ihre Stirn traf. Eine der Krallen hatte sie gestreift und sie hatte augenblicklich zu bluten begonnen. Toby trieb den Wagenheber nach vorne und stieß ihn gegen den Kopf des Tieres. Diese beschwerte sich mit einem Heulen, dachte aber nicht daran aufzugeben. „Was sollen wir tun?“, fragte Lexi ängstlich. Toby schluckte, die Idee die ihr gerade kam war sehr gefährlich. „OK… nimm den Wagenheber und halte ihn in Schacht. Ich werde inzwischen in die Fabrik laufen und Evan und die anderen verständigen.“, schlug sie vor. Lexi starrte sie ungläubig an. „Spinnst du? Das geht niemals gut, der Canis Dirus wird auf dich aufmerksam und holt dich ein. Du bist nicht einmal annähernd so schnell wie er!“, protestierte sie. Doch Toby glaubte keine andere Wahl zu haben. Der Wolf vor ihnen drängte sich immer mehr zwischen die Sitze durch und hatte sich bald freigekämpft. Toby griff nach dem Tür griff, wurde aber von Lexi gestoppt. Diese hatte Tobys Hand ergriffen und sah sie flehend an. Toby spürte die Wärme und den Druck von Lexis Hand, die sie nicht gehen lassen wollte. „Pass… auf dich auf.“, flüsterte sie kraftlos und Toby versprach es ihr. „Schließ die Tür hinter mir.“, sprach sie und schlüpfte dann nach draußen. Lexi bewaffnete sich mit dem Wagenheber und stieß ihn gegen den Schädel des Wolfes. Dieser knurrte, zog sich aber daraufhin zurück. Vermutlich nahm das Geräusch der fliehenden Beute wahr. Lexi musste dabei zusehen, wie sich der Canis Dirus zurückzog und aus dem Van verschwand. Mit nur einem Ziel, nämlich Toby zu verfolgen. Diese rannte inzwischen mit voller Kraft Richtung Fabrikeingang. Zumindest war dies der Plan. Immer weitere unter heftigem Keuchen und Schnaufen hastete sie weiter. Sie stolperte, kämpfte sich aber schnell wieder auf. Sie verzichtete darauf auch nur einen Moment inne zu halten und zu überprüfen ob sie verletzt war, geschweige den blutete. Alles was ihr Tunnelblick zuließ war der Eingang dem sie sich näherte. Obwohl es riskant war, wagte sie einen Blick nach hinten. Keine Spur von dem Canis Dirus. Sie hielt an und fürchtete, das Tier würde bei Lexi bleiben und diese anfallen. Sie vernahm das Klirren von Scherben in ihrer Nähe und beobachtete wie Teile eines Fensters zu Boden fielen. Sofort starrte sie zum Eingang und erkannte den Schatten der sich davor schob. Sie hatte die Kreatur hoffnungslos unterschätzt. Diese hatte lediglich eine Abkürzung benutzt um seine Beute einzuholen. Toby schritt zurück, das Tier nicht aus den Augen verlierend. Der Canis Dirus sprang erneut ins Freie und taxierte Toby mit den Augen eines Jägers. Plötzlich ertönte eine Hupe und der Schädel des Wolfes schwank umher. Lexi schien die Situation erkannt zu haben und wollte den Canis Dirus nun mit lauten Geräuschen ablenken. Toby selbst nutzte ihre Chance und begann wieder zu rennen. Aber wohin? In die Fabrik konnte sie nicht mehr, da der Wolf davor stand. Zurück zum Van war es zu weit. In ihr stieg Panik auf und sie tat genau das, was sie hätte nicht tun sollen. Sie rannte blindlings los, ohne Ziel. Im Moment wollte sie einfach nur Lexi davor bewahren von dem Tier angegriffen zu werden. Durch das Hupen war der Canis Dirus erst verwirrt, doch das würde nicht lange anhalten. Toby hatte bereits einige Gebäude hinter sich gelassen, wagte es aber nicht zurückzuschauen. In nicht allzu weiter Entfernung vernahm sie noch mehr Hupen, das bedeutete Menschen. Zwar bezweifelte sie, dass der Canis Dirus vor mehr Leuten aufgeben würde, aber zumindest hatte sie dann Hilfe. Sie bog um eine Ecke und fand sich auf einem Gehsteig wieder. Kaum 10 Meter Entfernung erkannte sie den Tatort von heute Nachmittag. Sie musste einen Ort finden, wo sie sich verstecken konnte. Ohne auf den Verkehr zu achten spurtete sie los und überquerte die Straße in Eiltempo. Auf der anderen Seite angekommen ließ sie schließlich ihre Ausdauer im Stich und sie hasste sich dafür. Jetzt rächte sich die Tatsache, dass sie zu sehr vor Computern herumhing und keinen Sport trieb. Obwohl sie nicht wollte, musste sie anhalten um zu verschnaufen. Hinter ihr bereits das bedrohliche Heulen und sie wand ihren Kopf. Der Canis Dirus war ebenfalls auf der anderen Straßenseite angelangt, doch er hingegen brauchte keine Pause. Glücklich darüber seine Beute endlich eingeholt zu haben sprintete er los und preschte wie ein Blitz auf Toby zu. Diese war schon nahe daran ihre Augen zu schließen und von ihrem Leben Abschied zu nehmen als… Als sie gerettet wurde. Kaum war der Canis Dirus auf die Straße gesprungen, schon wurde er volle Breitseite von einem Wagen erfasst. Das Tier wurde in hohem Bogen weggeschleudert und landete am Straßenrand. Regungslos blieb es dort liegen und Toby konnte ihr Glück kaum fassen. „Toby? Wo steckst du?“, hörte sie die Rufe. Wenige Sekunden später bogen Evan und die anderen um die Ecke. Toby ließ sich auf die Knie fallen und hätte heulen können. Während Dylan und Donovan den toten Canis Dirus sicherten, eilten Evan und Luke zu ihrer Freundin. Diese atmete schwer und sah Evan hilfesuchend an. „Es ist alles gut, du hast es geschafft.“, versicherte ihr Boss und half ihr auf. „Wir helfen dir zum Van zurück.“, gab Luke Bescheid. Der Van! „Was… ist mit Lexi?“, fragte Toby stockend. Die Antwort sollte sie gleich eine Minute später erfahren. Lexi Gray wartete vor dem Van auf sie und fiel ihr in die Arme, als sie zurück war. „Gott sei Dank ist dir nichts passiert.“, brachte sie hervor. Toby hatte zu viel Kraft verloren um die Umarmung zu erwidern, doch das Gefühl das sie gerade empfand schien ihr die Hetzjagd wert gewesen zu sein. „Nach… Hause…“, stöhnte Toby nur noch. „Klar. Das hast du dir verdient.“, erwiderte Evan stolz. Cross-Photonics Toby war während der Rückfahrt auf den Sitzen eingeschlafen. Dylan hatte sich nicht beschert, als sich ihre Freundin nur einmal kurz anlehnen wollte, dann aber ihren Kopf auf Dylans Schulter legte. Donovan hatte zusammen mit Luke den betäubten Canis Dirus sowie des Jungen ins Innere des Fahrzeugs verfrachtet, während Evan und Dylan sich um die Überreste des Weibchens gekümmert hatten. Den Verlust ihrer Mutter konnten sie dem Nachwuchs nicht ersparen, doch für sie hatte es nun mal Priorität, dass keine weitere Person mehr verletzt wurde. Toby wachte erst wieder auf, nachdem sie bei Cross-Photonics angekommen waren. Dylan begleitete sie und Lexi zur Lazarett-Sektion, wo Dr. Fridkin die beiden erst einmal durchquerte. Evan ließ die schlafenden Wölfe sicher abtransportieren und in einem abgeschlossenen Raum unterbringen. Morgen würde er Harold bitten einen geeigneten Lebensraum für sie zu finden, wenn sie sie schon nicht wieder zurück in ihre Zeit schicken konnten. Evan und Dylan fanden Kyle im Aufenthaltsraum vor, auch er schien einen harten Tag gehabt zu haben. Er schlief auf der Couch und Dylan machte sogar Späße darüber ihn zuzudecken. Evan musste bei dem Gedanken schmunzeln, dass sie dies in der Zukunft vermutlich andauern getan hatte, als Kyle noch klein war. Dylan hatte Detective Harlow angerufen und ihm Entwarnung gegeben. Der böse Werwolf würde nicht weiter zuschlagen und die Leute würden wieder sicher sein. Gut, so sicher man in diesem Viertel auch sein konnte. Luke betrat gerade die Lazarett-Sektion und erblickte Lexi. Auf ihrer linken Stirnhälfte prangte ein großes Pflaster und sie wirkte leicht mitgenommen. Toby saß neben ihr und fühlte sich verantwortlich. „Hey, alles in Ordnung?“, fragte der Student mitfühlsam. Lexi nickte sofort und versicherte ihm, dass sie hart im nehmen war. „Ich muss zugeben… Sie sind wirklich gut.“, brachte Luke nun etwas kleinlaut hervor. Toby und Lexi begriffen nicht gleich, dass er der Paläontologin damit ein Kompliment machen und ihre Fähigkeiten anerkennen wollte. „Danke. Ich bin sicher Sie wären genauso hilfreich gewesen, wenn ich nicht da gewesen wäre.“, sagte Lexi nun. Toby verdrehte kaum merklich die Augen, scheinbar war sie anderer Meinung. Dennoch nahm Luke das Kompliment an. „Aber Sie kennen nicht zufällig ein Hotel in der Nähe? Ich bin noch nicht dazu gekommen eines zu suchen.“, gestand Lexi nun etwas kleinlaut. Luke hob überrascht die Augenbrauen. „Also… ich bezweifle, dass Sie jetzt noch etwas finden werden. Wieso… übernachten Sie nicht einfach bei Toby?“, schlug er vor. Dafür erntete er einen scharfen Blick seitens seiner Freundin, auch wenn er nicht verstand warum. „Was denn? Würde ich sie einladen bei mir zu übernachten, könnte man das sicher falsch verstehen.“, wand er ein. Lexi blickte nun fragend zu Toby und diese seufzte. „Ja… natürlich, kein Problem. Ich habe nichts dagegen, du kannst gerne bei mir pennen.“, erwiderte sie. Lexis darauf folgendes Lächeln waren für Toby die sämtlichen Strapazen des Tages wert. Lexi wollte zuvor noch einmal zu ihrem Wagen, um die Akten abzuliefern, wegen denen sie extra angereist war. Luke wurde als Packesel missbraucht und trug sie in Evans, Schrägstrich Macs Büro. Lexi schloss den Mietwagen wieder ab und folgte Toby zu ihrem Wagen. Die Fahrt dauerte kaum eine halbe Stunde und beide Frauen spürten die Erschöpfung als sie die Treppe zu Tobys Wohnung hinaufstiegen. Diese schloss auf entschuldigte sich sogleich für die Unordnung. Lexi wehrte schnell ab, immerhin hatte Toby noch gar nicht ihre zu Gesicht bekommen. „Warte, ich stelle schnell Kaffee auf.“, kam es Toby in den Sinn und sie verschwand in die Küche. Lexi trat ein paar Schritte nach vorne und schwankte leicht. Sie war in Tobys Zimmer angekommen und musste erst mal auf das Bett setzen. „So, der Kaffee dauert etwas.“, kehrte Toby zurück und musste mitansehen, wie sich Lexi an die Stirn fasste und an dem Pflaster kratzte. Daraufhin folgte ein strenger Blick. „Tut mir leid, aber das Jucken will einfach nicht aufhören.“, rechtfertigte sich die Paläontologin. Toby wollte davon allerdings nichts hören. „Gut, ich sehe es mir genauer an.“, meinte sie und verschwand kurz darauf aus dem Schlafzimmer. Lexi erkannte erst wohin sie ging, nachdem sie mit einem kleinen Glas und Wattebäuschen zurückgelehrt war. Scheinbar hatte sie ihrem Badezimmer einen Besuch abgestattet und Sachen zusammengekramt, die hilfreich sein könnten. „Also… du musst dich nicht bemühen.“, wehrte Lexi schnell ab. Doch mit Toby schien man nicht verhandeln zu können und langsam begann sie das Pflaster abzuziehen. Ihre Augen verengten sich. „So schlimm?“, fragte Lexi nun etwas misstrauisch. Toby verneinte augenblicklich. „Aber nein. Ich werde die Wunde reinigen und ein neues Pflaster draufkleben.“, erklärte sie und begann einige der Wattebausche mit dem Inhalt des Glases zu tränken. „Ist das Alkohol oder Desinfektionsmittel?“, hakte Lexi nach. Im Grunde konnte es ihr ja egal sein, da beides unangenehm brennen würde. Kaum hatte der Wattebausch ihre Stirn erreicht, zuckte sie zurück. „Du musst schon stillhalten, wenn du keine Infektion kriegen willst.“, bemängelte ihre Ärztin. Lexi presste die Lippen zusammen und wirkte trotzig. Dennoch ließ sie Toby näher an sich heran und diese tupfte nun vorsichtig die Wunde ab. Lexi stöhnte gequält, doch Toby kannte kein Erbarmen. Sie wollte nicht, dass sich der Kratzer entzündete oder vielleicht noch schlimmeres. Bald hatte sie alle Stellen gesäubert und fuhr nun mit dem Wattebausch langsam an Lexis Schläfe hinab. Diese ergriff nun vorsichtig Tobys Armgelenk und zog es nach unten. „Ich… muss noch ein Pflaster draufkleben.“, stammelte Toby plötzlich. Lexi rang sich ein Lächeln ab und zog Toby weiter zu sich nach unten. Beiden war klar, dass die Versorgung des Kratzers nun keine Rolle mehr spielte. Genauso wenig die Ereignisse des heutigen Tages. Die Lippen der beiden näherten sich einander an und fingen sich in der Mitte. Toby stellte die Utensilien beiseite und umklammerte Lexis Taille mit beiden Händen. Diese machte es ihr gleich und sie waren sich gleich noch näher. Toby küsste Lexi zärtlich und fuhr ihr über die Haare, ohne dabei die Wunde zu berühren. Nur schwer konnten sie sich voneinander trennen. „Wie lange wolltest du nochmal hier bleiben?“, fragte Toby leise. Lexi lächelte sie an. „Mein Rückflug geht in 3 Tagen.“, flüsterte sie ihr ins Ohr. „Dann… sollten wir keine Sekunde verschwenden.“, schlug Toby vor und ließ sich zusammen mit Lexi aufs Bett fallen. Dann begannen sie sich wieder zu küssen und warteten ab, was die Nacht noch so bringen mochte. Kapitel 7: [Folge 05] Heile Welt -------------------------------- Cross-Photonics Zufrieden stellte Zane fest, dass es eine automatische Tür war. Das Glas verschaffte ihm Zutritt und kurz darauf fand er sich in einer noblen Lobby wieder. Links und Rechts standen Topfpflanzen und am anderen Ende eine Couch. Er erkannte zwei Türen sowie eine Treppe, die nach oben führte. Außerdem ein Fahrstuhl. Auf der anderen Seite der Lobby erblickte er den Tresen und eine wild gestikulierende Empfangsdame. Sie ging am Telefon und schien den Ankömmling nicht einmal zu bemerken, geschweige denn zu begrüßen. Es wäre leichter gewesen eine Auskunft von ihr zu ergattern, doch solange wollte Zane dann doch nicht warten. Er schlenderte den Lift und stellte erleichtert fest, dass er bereits in der Lobby stand. Nachdem er eine Taste drückte öffneten sich die Türen und er trat ein. Die Lifttüren schlossen sich und der Besucher wand sich dem Bedienfeld zu. Das Firmengebäude verfügte über drei Stockwerke nach oben und erstaunlicher Weise drei Untergeschosse. Erst rutschten Zanes Finger über die oberen Tasten, verharrten dann aber auf den unteren. Neben jeder Taste war ein kleiner Schlitz angebracht und es regte sich nichts, nachdem man sie drückte. Sofort wurde ihm klar, dass man nur mit einem Sicherheitsausweis in die unteren Stockwerke gelangen konnte. Zane biss sich auf die Lippen und dachte nach. Das was er suchte befand sich mit ziemlicher Sicherheit dort, doch konnte er so einfach hinunter gelangen. Er zückte sein Handy und tippte ein wenig, bis er das passende Programm entdeckt hatte. Mittels einer Blue-Tooth Funktion war es ihm ein leichtes sein Gerät mit dem Computer im Lift zu verbinden. Als er es geschafft hatte, musste er sich erst durch einige Datenpakete durcharbeiten und ins Kernsystem der Anlage hacken. Nach 3 Minuten hatte er es geschafft und war im Menü. Er gaukelte dem Fahrstuhl vor, die Karte bereits eingeführt zu haben und betätigte dann den Knopf für das dritte Untergeschoss. Der Lift setzte sich in Bewegung und transportierte ihn nach unten. Kurz darauf war er an seinem Ziel angekommen und trat heraus. Er stand in einer weiträumigen Halle, die mit Schreibtischen und Monitoren gepflastert war. Einige brave Arbeitsbienen hockten davor, schenkten Zane aber keine große Aufmerksamkeit. Dennoch schritt er an der Mauer entlang und hielt sich bedeckt. Er war vor einer großen Treppe angekommen und starrte nach oben. Er erblickte mehrere Büroräume und war sich sicher, dort fündig zu werden. Er hastete nach oben und ließ seinen Blick schweifen. Ein Mann in Abzug trat aus einem der Räume heraus, unter seinen Armen ein Bündel Akten. Er schritt Zane entgegen, doch dieser setzte nur ein Lächeln auf. „Kann ich Ihnen vielleicht etwas abnehmen?“, bot er sich sogar noch an. Der Mann im Anzug wirkte etwas überrascht, nickte dann aber. „Ja, diese Akten hier müssen in Evan Cross’ Büro.“, erklärte sie und überreichte sie Zane. Auch wenn sich diese als schwer herausstellten, behielt er sein aufgesetztes Lächeln. „Kein Problem, ich kümmere mich darum. Evan Cross’ Büro… ist doch gleich dieses hier, oder?“, hakte er nach und zeigte auf die Tür vor sich. Harold Kanan hob eine Augenbraue. „Nein, dann hätte ich sie ja selbst hineingelegt. Sein Büro ist das letzte, den Gang hinunter.“, erinnerte er und wunderte sich, dass der Angestellter sowas vergessen konnte. Zane entschuldigte sich sofort und wollte sich entfernen. „Moment! Arbeiten… Sie überhaupt hier?“, hakte Harold verdutzt nach. Zumindest konnte er sich nicht an das Gesicht des Mannes erinnern. Zane spielte den Überraschten. „Aber natürlich tue ich das. Wie sollte ich sonst in diesen gesicherten Bereich kommen und Ihnen meine Hilfe anbieten?“, schien er Harolds Frage für absurd zu halten. Dieser räusperte sich und beschloss es darauf beruhen zu lassen. Er blickte Zane nochmals an und… doch… etwas Vertrautes war in dessen Gesicht doch zu erkennen. Harold schüttelte nur leicht den Kopf und verschwand wieder in seinem eigenen Büro. Zane schlich den Gang entlang und versuchte irgendwie die Klinke der Tür aufzubekommen, während er noch mit den Akten hantierte. Es gelang ihm irgendwie und er trat in Evan Cross’ Heiligtum ein. Er legte die Akten auf den Schreibtisch und blätterte sie durch. Fehlanzeige, nichts als unnütze Formulare erstreckten sich vor ihm. Dagegen war der Computer wesentlich interessanter. Nachdem Zane ihn hochgefahren hatte stieß er natürlich auf eine Passwort Abfrage. Es war für ihn derart einfach ein normales System-Passwort zu übergehen, dass er dafür weniger als 2 Minuten brauchte. Als sich der Windows-Oberfläche zeigte, begann er sofort nach interessanten Ordnern und Dateien zu suchen. Er fand mehrere Dokumente, die sicher über Evans Arbeit Aufschluss gaben, doch er war immer schon mehr der Medien-Typ gewesen. Er sortierte alle Bild und Video Dateien aus und begann sie zu sichten. Auf den ersten Blick wirkten sie nicht, als hätten sie etwas mit Evans Arbeit zu tun. Recht viele Fotos von wilden Tieren, sowie Dinosauriern präsentierten sich ihm. Er hätte nicht erwartet, dass Evan ein derartiges Hobby besitzen würde. Dann startete Zane das erste Video und seine Stirn zog sich in Falten. Ein helles und pulsierendes Licht war zu sehen und darauf trat… ein Saurier. Zane glaubte einen Raptor zu erkennen, der sich versuchte zu orientieren. Das Video dauerte nur wenige Sekunden, doch Zange überprüfte sofort ob es bearbeitet worden war. Das Ergebnis war eindeutig. Nein. Zane konnte nun nicht mehr aufhören zu grinsen und lehnte sich im Bürostuhl zurück. Er verschränkte seine Arme hinter seinen Kopf und begutachtete das Video erneut. Das war es also, was Evan Cross hier trieb. Vancouver – Schützenverein Langaster Er hörte wie der Wind langsam rauschte und in westliche Richtung schwankte. Von seiner Position aus war es nun windstill, somit die einzige Gelegenheit abzudrücken. Langsam klammerte sich sein Finger um den Abzug, der Lauf des Gewehrs bewegte sich meinen Millimeter. Das Ziel war 20 Meter entfernt, doch wenn sich an den Windverhältnissen nichts änderte, dann konnte er gefahrlos abdrücken. Evan atmete noch einmal tief durch, drückte den Bügel nach hinten und. „Jetzt!“ Evan zuckte zusammen und riss den Lauf der Waffe weiter nach oben. Er drückte ab und die Kugel schoss durch die Luft. Sie schlug in den Baum ein, der sich mehrere Meter oberhalb der Zielscheibe befand. „Nein, nein! Die Position hat schon gestimmt, du hättest einfach nur abzudrücken brauchen.“, bemängelte Luke. Evan knirschte mit den Zähnen und richtete sich auf. Mit erbosten Blick starrte er Luke an und neigte seinen Kopf zur Seite. „Genau das hatte ich vor, wenn du mich nicht gestört hättest.“, knurrte er. Luke wurde sein Fehler augenblicklich bewusst. „Ich… wollte doch nur ein Zeichen geben.“, versuchte er sich herauszureden. Evan besänftige er damit zumindest nicht. „Das hätte ich auch spielend alleine gekonnt, vielen Dank nochmal.“, erwiderte er und drückte Luke das Gewehr in die Hand. Dieser verstand unverzüglich und legte sich auf dieselbe Position, in der Evan bis vor kurzem lag. Er atmete die Luft ein und versuchte dem Wind zu folgen. Er streckte den Lauf nach vorne, bis er die Zielscheibe im Sichtfeld hatte. „Ganz ruhig, erinnere dich an meine Ratschläge.“, empfahl ihm Donovan, der keinen Meter entfernt stand. „Ja, Sir!“, erwiderte Luke im militärischen Stil und konzentrierte sich. Er drückte ab und versenkte die Kugel im weißen Radius der Scheibe. Kein absolut perfekter Treffer, doch die Aufgabe hatte er erfüllt. Evan hatte schon daran gedacht ihn zu stören, eventuell ein ‚Buh’ zu rufen, doch auf der anderen Seite, würde er sich niemals auf Lukes kindisches Niveau herablassen. Stattdessen beglückwünschte er seinen Team-Kollegen, war sich aber sicher, einen genauso guten Schuss abgeliefert zu haben. Luke profilierte sich wie gewohnt und wollte zur nächsten Bahn eilen, bis sein Boss ihn zurückhielt. „Nein, wir sollten langsam Schluss machen. Ich habe noch eine Menge in der Firma zu tun und verwette sonst was dafür, dass Harold mir bereits neue Papiere auf meinen Schreibtisch gelegt hat.“, meinte er. Luke gab zu immer noch Lust zu verspüren, aber vermutlich reichte es für heute wirklich. Im Prinzip machte es ihn schon stolz, Evan seine Fortschritte beweisen zu dürfen. Währenddessen Abwesenheit in der Kreidezeit, hatte Donovan ihn trainiert, damit er im Fall der Fälle auch im Gefecht nützlich war. Doch Evan schien seine Fähigkeiten bereits anerkannt zu haben. Dennoch war dem Studenten eines klar. „Aber wisst ihr was? Dylan hätte uns alle vorgeführt und jedes Mal ins Schwarze getroffen.“, war er sich sicher. Evan und Donovan tauschten wissende Blicke. Zum einen hielt Luke natürlich viel von seiner Partnerin. Es war nicht so, als würden Evan oder Donovan Dylan keine Glanzleistungen zutrauen, doch selbst Donovan war nicht im Stande das Ziel jedes Mal haargenau zu treffen. Besonders in einer Kampfsituation und bei einem bewegten Ziel war es schwierig. Dylan ging natürlich immer mit dem sprichwörtlichen Rammbock dagegen an, und selbst auf dem Schießstand hätte sie nichts mehr von den Zielscheiben übrig gelassen. „Ja, wissen wir bereits wie es ihrem Vater geht?“, hakte Lukes Spezial-Trainer nach. Evan begutachtete sein Handy und studierte die zuletzt eingegangene SMS. „Es ist wohl nur etwas mit dem Kreislauf, sie wollen ihn noch einen Tag zur Beobachtung im Krankenhaus lassen. Dylan macht sich aber dennoch Sorgen und leistet ihm solange es geht Gesellschaft.“, informierte er seine Kameraden. Luke biss sich leicht auf die Unterlippe. Er hätte Dylan liebend gern seine Fortschritte gezeigt und sich eventuell dann eine Belohnung abgeholt. „Ich rief sie auf der Herfahrt an und wollte zu dir stoßen. Doch sie hielt das nicht für nötig und ich solle lieber richtig Schießen lernen.“, sagte Luke nun. Wieder tauschten Evan und Donovan Blicke aus, was Luke diesmal bemerkte. „Oder… bedeutet das in Frauensprache, dass ich doch hin soll?“, fragte er irritiert und unsicher. Evan seufzte lautstark und schlang einen Arm um die Schulter seines Freundes. Luke mochte die Sprache der Dinosaurier sprechen, die der Frauen aber ganz bestimmt nicht. „Gehen wir ein Stück.“, schlug er vor und trug Donovan auf am Wagen auf sie zu warten. Es waren zwei Wochen vergangen seitdem Dylan ihm anvertraut hatte, dass sie und Luke sich näher gekommen waren. Erst war er beinahe so geschockt gewesen wie damals, als feststellte, plötzlich in der Kreidezeit festzusitzen. Er hatte nicht weiter nachgehackt, da er spürte, dass es Dylan ohnehin schwer fallen musste darüber zu reden. Und vor allem hatte sie es nur ihm erzählt, was bedeutete, dass sie Luke ebenfalls zum Stillschweigen verdonnert hatte. „Hör mal… ich weiß ja nicht was das zwischen dir und Dylan ist, aber…“, begann er, bis Luke ihn perplex anstarrte. „Du weißt davon?“, fragte er abrupt. Evan nickte leicht und erwähnte das Gespräch während ihrer Mission im Hochhaus. Luke schien erleichtert auszuatmen und stemmte seine Hände in seine Hüfte. „Mich bittet sie es nicht herumzuposaunen, da es dem Klima im Team schaden könnte und dir vertraut sie es ohne zu zögern an.“, stellte er fest. Evan erkannte eine Spur Zynik in der Stimme des Zoologen und versuchte sich in ihn hineinzuversetzen. „Jeder vertraut seinen Freunden Dinge an, das ist völlig normal. Wie schon gesagt, ich weiß nicht wo ihr beide gerade steht und eigentlich geht es mich auch gar nichts an. Genauso wenig kann ich dir sagen was du tun sollst. Dylan ist sehr… heißblütig, nennen wir es mal so. Ja, die Unterschiede zwischen euch fallen einem tatsächlich ins Auge, doch das muss nichts bedeuten. Du weißt ja, dass Frauen gerne erobert werden und Dylan… ist wirklich sehr schwer zu beeindrucken, das gebe ich zu. Aber das bedeutet nicht, dass du aufgeben sollst. Wenn sie dir wirklich etwas bedeutet und nicht umgekehrt, dann solltet ihr euch aussprechen.“, teilte er Luke mit. Dieser musterte Evan einen Moment. „Ja, du hast recht. Ihr braucht mich heute doch nicht mehr, oder?“, fragte er zaghaft. „Hau schon ab.“, erteilte ihm Evan die Erlaubnis und Luke klopfte ihm dankbar gegen die Schulter. Er verabschiedete und ließ Evan alleine. Dieser musste schmunzeln, Anbetrachts dessen, dass sich Luke eine recht große Aufgabe gesucht hatte. Es war vermutlich schwerer Dylan zu bändigen als einen ausgewachsenen T-Rex. Auf der anderen Seite bewies Luke Geschmack. Dylan war wirklich jemand auf den man sich stets verlassen konnte, das wusste Evan nur zu gut. Bald war der Student aus seinem Blickfeld verschwunden und er selbst traf Donovan am Parkplatz an. Schnell informierte er ihn über Lukes kurzfristige Abreise und dass sie alleine zurückfahren würden. Somit fand ihr Betriebsausflug ein Ende und etwas über eine Stunde später trafen sie wieder bei Cross-Photonics ein. Donovan parkte vor dem Firmengebäude und Evan öffnete die Beifahrertür. „Ich werde mir noch einmal die Waffen ansehen, bevor wir sie vor unserem nächsten Einsatz vielleicht wieder brauchen.“, gab ihm Donovan Bescheid und sein Teamleader nickte es ab. Als Evan seine Firma betrat, fragte er sich, ob Donovan überhaupt ein Privatleben hatte. Da Harold ihn eingestellt hatte, kannte er nicht einmal seine Akte und wusste nicht, ob der Mann überhaupt eine Familie besaß. Dann verbannt er diese Gedanken aus seinem Kopf, immerhin hatte er sich heute schon genug in das Privatleben seiner Mitarbeiter eingemischt. Auf der anderen Seite waren sie mehr als reine Kollegen. Während eines Anomalien-Notfalls mussten sie sich gegenseitig bedingungslos vertrauen können. Das schweißte sie zusammen. Evan fuhr ins dritte Untergeschoss und merkte, dass heute kein sonderlich reges Treiben herrschte. Vielleicht mochte das daran liegen, dass gestern Feiertag war und die meisten Mitarbeiter sich für diesen Fenstertag freigenommen hatten. Evan verspürte heute selbst keine große Lust zu arbeiten und hatte deshalb Donovans Idee aufgegriffen, die Schießfähigkeiten des Teams zu verbessern. Evan erblickte Toby, die fleißig in ihre Tasten haute. Auch sie hatte Urlaub für das nächste Monat beantragt, was ihr nicht ähnlich sah. Mochte das eventuell mit dem Besuch von Lexi Gray vorige Woche zusammenhängen? Und schon wieder verbrachte Evan damit über das Privatleben seiner Leute zu grübeln. Toby erhob sich nun und sah Evan erstaunt an. „Evan? Was… machst du hier?“, fragte sie perplex. Der Teamleiter reagierte darauf jedoch nur verständnislos. „Ich… arbeite hier?“, erinnerte er. Toby schüttelte leicht zum Kopf und sah nach oben zu den Büroräumen. „Das meine ich nicht. Noch vor einer Minute habe ich dich da oben in deinem Büro gesehen.“, verriet sie. Nun verengte Evan langsam seine Augen und sah ebenfalls hoch. Er erkannte eine Gestalt die auf und ab ging. Aufgrund der Größe konnte es sich nicht um Harold handeln. Kyle womöglich? „Evan! Gut, dass ich dich erwische. Ich hörte Mu… Dylans Vater ginge es nicht gut?“, wurde sein Verdacht zerstreut, als der Mann aus der Zukunft kurz darauf an ihn herantrat. Ohne Kyle zu antworten schritt Evan nach vorne, direkt zur Treppe. Kyle und Toby tauschten verdutzte Blicke und folgten ihrem Freund. Evan hastete nach oben und warf einen Blick durch die Jalousien. Seine Freunde erkannten nun eine erboste Miene an ihm und ohne zu zögern riss Evan die Bürotür auf und trat ins Innere. Kyle und Toby folgten ihm und zumindest letztere erkannte, dass sie sich vorhin nicht getäuscht hatte. Ein junger Mann ließ sich gerade im Lehnstuhl nieder und legte seine Beine auf den Schreibtisch. Er war vielleicht Mitte 20, trug kurzes, schwarzes Haar und eine Lederjacke. Noch dazu schien Evans PC an zu sein, denn im Explorer waren eine Tabelle an Dateien zu sehen. Toby erkannte, dass es sich bei dem Kerl wirklich nicht um Evan handelte, den sie vorhin sah. Aber auch nicht um einen Mitarbeiter, oder überhaupt jemanden, der eigentlich zu diesem Bereich Zutritt haben dürfte. „Evan!“, klopfte der Mann auf das Holz des Schreibtisches. Sowohl Toby als auch Kyle beobachteten wie der Kloß in Evans Hals anschwoll und sich seine Backen aufbliesen. Er wurde zwar nicht rot, doch auch so war es unmöglich seinen Zorn zu übersehen. Er stürmte auf den Eindringling zu und schob gewaltsam dessen Beine vom Schreibtisch. „Zane, was verdammt hast du hier zu suchen?“, blaffte er ihn ein. Ein junge Mann, der augenscheinbar Zane hieß, zuckte nur unbeholfen mit den Schultern. „Was denn? Ich wollte dich einfach mal wieder besuchen.“, rechtfertigte er sich. „Und wie bist du hier heruntergekommen?“, legte Evan gleich nach. Nun wirkte Zane etwas ertappt und befeuchtete sich die Lippen. „Ach… ich würde dir dringend empfehlen dein Sicherheitssystem zu verbessern. Die Firewall war ein Witz, innerhalb von ein paar Minuten war ich drin.“, verriet er. Evan wollte etwas erwidern, bis er seinen eingeschalteten PC entdeckte. „Das glaube ich einfach nicht. Meinen Computer auch, ehrlich?“, fragte er zornig. Zane rieb sich verlegen am Nacken und krächzte eine Entschuldigung heraus. „Sorry, aber was sollte ich tun? Von dir hört man ja einfach nichts mehr. Und jetzt will ich dich besuchen und finde was? Ich dachte du würdest dich hier mit Photonik beschäftigen und nicht mit… Dinosauriern.“, sagte er provokant. Damit hatte er das Gespräch auf die nächste Ebene gebracht. „Wer ist das?“, flüsterte Kyle Toby zu, doch diese konnte nur mit den Schultern zucken. Sie hatte Zane hier noch nie gesehen, doch dieser hatte keine Schwierigkeiten damit ihr System zu hacken und in die Kommando-Ebene vorzudringen. Die Systeme fielen unter Tobys Aufgabenbereich und sie hoffte, Evan würde sie dafür nicht anschnauzen. Oder zumindest nicht zu viel. Doch im Moment schien seine Wut lediglich auf den frechen Kerl vor ihm abzuzielen. „Ist dir eigentlich bewusst, was du dir da gerade angesehen hast?“, deutete er auf den Bildschirm. Obwohl Zane gerade das große Geheimnis von Cross-Photonics aufgedeckt hatte, blieb er die Ruhe selbst. „Ja, ist es. Saurier existieren also wirklich. Und diese Lichtquelle auf den Bildern und Videos ist demnach eine… wie hast du sie genannt? Anomalie? Sie verbindet die Gegenwart mit der Vergangenheit und umgekehrt. Tut… mir leid, dass ich dir damals nicht geglaubt habe. Dann wurde Brooke also… wirklich von so einer Kreatur umgebracht?“, hakte er vorsichtig nach. Evan nickte nun betreten und starrte aus dem Fenster. „Du bist nicht einmal mehr zu ihrer Beerdigung gekommen.“, klang dieser Satz nicht mehr wütend, sondern anklagend. Zane schluckte und erhob sich ebenfalls. „Ach, sei ehrlich! Wolltest du mich nach diesem Streit wirklich noch sehen? Ja, ich gebe es ja zu! Du hattest recht und ich war der Ignorante von uns beiden. Ich habe dir damals nicht geglaubt, aber komm schon! Die Story hörte sich wirklich zu verrückt an.“, sprach er eindringlich. Evan starrte ihn skeptisch an. „8 Jahre, Zane! 8 Jahre habe ich jetzt nichts mehr von dir gehört!“, warf er ihm vor. Zane verschränkte die Arme und stand Evan in nichts nach. „Blödsinn, Bro! Ich kenne dich gut genug, du bist doch bestens alleine ausgekommen.“, schien er sich sicher zu sein. Kyle und Toby warfen sich erneut Blicke zu. „Äh… Bro?“, wagte es Toby sich zu melden. Evan blickte zurück und versuchte sich zu beruhigen. „Ja. Tut mir leid, dass ihr das mitansehen musstet. Darf ich euch Zane vorstellen?“, wies er auf seinen Gegenüber, der ihn inzwischen kaum noch eines Blickes würdigte. „Mein kleiner Bruder.“ Toronto – Rextale, Primeval-Park Liam Wright betrat den Wohnwagen mit einem missmutigen Gefühl. Seine Schicht hatte gerade erst begonnen und sie versprach genauso langweilig zu werden wir die vergangenen. Auf der anderen Seite hatte er hier alles was er brauchte. Proviant, genügend Kaffee und sogar einen Fernseher, mit dem er das Länderspiel heute Abend sehen wollte. Die kanadische Nationalmannschaft trat gegen die Dänische an und es versprach ein spektakuläres Aufeinandertreffen zu werden. Liam plante seine Kontrollgänge so ein, dass sie immer während den Werbeunterbrechungen stattfinden würden. Technisch gesehen hätte er diese zu genauen Zeit durchführen sollen, doch es würde jeder jemandem auffallen, noch würde sich jemand beschweren. Den Eigentümern des Parks würde es nicht einmal im Traum in den Sinn kommen hier nach dem Rechten zu sehen. Verständlicherweise, die Season war vor einem Monat zu Ende gegangen und die Besucher blieben dem Park bei diesem schlechten Wetter fern. Im Grunde war es ein sehr leichter Job und Liam sollte dankbarer dafür sein, das wusste er. Der Primeval-Park umschloss 8 Hektar und musste deswegen auch gepflegt werden. Ursprünglich hatte sich für heute ein Gärtner angemeldet, doch Liam hatte ihn noch nicht zu Gesicht bekommen. Entweder war dieser bereits weg, oder der Termin hatte sich verschoben. So oder so wollte sich der Nachtwächter einen gemütlichen späten Nachmittag machen und am Abend dann sein heißgeliebtes Spiel reinziehen. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und begann schon einmal zu zappen. Resigniert seufzte er, als er feststellte, dass um diese Tageszeit lediglich Talkshows liefen. Er stellte das Gerät wieder auf und schritt zu einem Radio in der Ecke. Zumindest dieses enttäuschte ihn nicht und schnell hatte er seinen Lieblingssender eingestellt. Rockige Musik drang aus dem schon etwas älteren Gerät und Liam stellte den Kaffee auf. Ein paar Minuten später konnte er sich ihn endlich genehmigen und lauschte der Musik. Ein kurzes Rauschen ertönte, das sich mit der Zeit aber nicht besserte. Liam stöhnte gequält und erhob sich aus dem Stuhl. Er trabte zu dem Radio und stieß mit der bloßen Hand dagegen. Zu seiner Überraschung wirkte seine Methode, jedoch nur für wenige Sekunden. Er spielte mit der Antenne herum, doch egal in welche Position er sie brachte, das Rauschen verstärkte sich nur noch. Der Nachtwächter fluchte wild. Er überprüfte den Fernseher, der mindestens genauso alt war und sein Verdacht bestätigte sich. Dasselbe Rauschen und da es unmöglich war, dass beide Geräte gleichzeitig den Geist aufgaben, musste es eine Störquelle geben. Doch nur der Fernseher war an ein Kabel angeschlossen. Möglicherweise zog ja gerade eine Sturmwolke auf und sorgte für Interferenzen. Ein schrecklicher Gedanke, denn dann wäre Liams Abend ruiniert. Er konnte das Spiel vergessen und die Patrouillengänge sowieso. Wild schimpfend trat er aus dem Wohnwagen und starrte in den Himmel. Es war wolkig, doch kein Anzeichen eines Gewitters. Das war seltsam, denn sonst gab es keine Erklärung, warum in diesem Areal Störungen auftreten sollten. Liams Augenbrauen schoben sich nach oben als er einen unbekannten PKW, knapp vor dem Eingang des Parks erblickte. Er schritt zu ihm, doch niemand befand sich darin. Ob das vielleicht der Gärtner war, der sich angekündigt hatte? Hatte dieser mit seinen Werkzeugen vielleicht eine Leitung beschädigt? Das würde maximal den Fernseher erklären, doch was war mit dem Radio? Liam stapfte den Weg entlang, den sonst nur die Familien nahmen wenn sie sich in die von Sauriern besetzte Wildnis wagten. Er würde den Gärtner finden und zur Rede stellen, sollte dieser wirklich verantwortlich sein. Er hielt sich auf dem steinernen Weg und erkannte bald darauf die Gruppe Stegosauren, die man als erstes bestaunen konnte, wenn man den Park betrat. Erwartend starrten sie Liam an, wie Tiere in einem Streichelzoo, die Futter erwarteten. Der Nachtwächter schritt voran und musste sich aufgrund seiner Körpergröße ducken, als er unter den Hörnern eines Triceratops hindurch wollte. Er gab zu, dass diese Gestalten nachts tatsächlich etwas gruselig wirken konnten. Dennoch bestanden sie aus Granit und konnten anders als ihre damals lebenden Ebenbilder keinen Schaden anrichten. Einige Meter vor ihm erkannte er eine große Heckenschere auf dem Boden und sein Verdacht bestätigte sich. Der Gärtner war tatsächlich hier, doch warum ließ er sein Werkzeug einfach so liegen. Liam ging weiter und hob es auf. Er sah sich um, doch links von ihm erstreckten sich nur tropische Pflanzen und rechts von ihm die große Büste eines Tyrannosaurus Rex. Majestätisch hatte das Tier sein Maul aufgerissen und taxierte Liam mit seinen stechenden Augen. Dieser schluckte und bog um die nächste Ecke. Er ließ die Heckenschere automatisch fallen, als er die grüne Uniform sah, die da einfach am Steinboden lag. Jedoch war es nicht so, dass sich der Gärtner hier ausgezogen hatte, nein, er steckte noch darin. Gut, zumindest ein Teil von ihm. Liam starrte ungläubig auf die zerfetzte Uniform, auf der abgetrennte Gliedmaßen prangten. Hände sowie Füße, die jedoch nicht abgetrennt wirkten, sondern… abgebissen? Liam spürte einen eisigen Hauch über sich und sofort starrte er nach oben. Es war seltsam. Der Nachtwächter kannte so gut wie jede Statue aller Saurier hier im Park. Doch diese, direkt über ihm war ihm neu. Sie war etwas kleiner als der T-Rex, nahm jedoch exakt dieselbe Pose ein wie dieser. Speichel tropfte ihm aus dem Maul und dann brüllte er gierig. Liam bekam nur noch mit, wie die Kreatur ihr Maul auf ihn herabsaußen ließ und sich dieses über ihn stülpte. Cross-Photonics Die letzten beiden Worte hatte Evan geradezu herausgepresst. „Ich bin übrigens der Gutaussehendere von uns beiden.“, erklärte Zane Kyle und Toby die recht perplex auf die Vorstellung reagiert hatten. „Was? Mein großer Bruder wird euch doch bestimmt schon von mir erzählt haben, oder?“, behielt er seine fröhliche Miene bei. Als er in Kyles und Tobys ahnungsloses Gesicht starrte, erkannte er, dass Evan das offenbar nicht hatte. „Verstehe, du hast mich also vollkommen vergessen.“, schien Zane die Situation richtig zu lesen. Evan entkam nur ein Lacher. „Oh, tut mir leid! Du bist selbst schuld daran, wenn du einfach so abhaust und dich aus meinem Leben stiehlst. Wenn du nicht an meinem teilhaben willst, wieso beschwerst du dich dann? Es ist ja nicht so, als ob ich dich verleugnen würde, aber du hast die letzten Jahre einfach nicht für mich existiert.“, warf er ihm vor. Die beiden Brüder sahen einander lange an, und die unausgesprochenen Worte konnte man geradezu lesen. Ihre Starre wurde unterbrochen, als das Frühwarnsystem des Gebäudes ertönte. „Perfektes Timing.“, stöhnte Toby auf und verließ das Büro um nach unten zu eilen. „Was ist los?“, hakte Zane nach, der ebenfalls von dem Alarm irritiert wurde. Evan rieb sich die Schläfen und seufzte. „Das bedeutet, dass ich zu arbeiten habe. Danke für deinen Besuch, aber du musst jetzt wieder gehen.“, erklärte er seinem kleinen Bruder. Zane fühlte sich daraufhin veräppelt. „Warte mal! Wir sehen uns nach 8 Jahren das erste Mal wieder, ich erfahre, dass Zeitreisen tatsächlich existieren, sowieso, dass lebendige Dinosaurier in unsere Zeit eindringen und du wirfst mich raus?“, konnte er es nicht fassen. Doch Evan schien es ernst zu meinen. Kurze Zeit später hatte er einen Angestellten organisiert, der Zane hinaus begleiten sollte. „Am besten du vergisst wieder was du heute gesehen hast. Meine Arbeit ist gefährlich und es würde dir ohnehin niemand glauben. Wieso… gehst du nicht einfach wieder dorthin zurück wo du hergekommen bist? Wo immer das auch ist.“, ging er nicht gerade sanft mit seinem Bruder um. Der Angestellte packte Zane am Arm und bat den Eindringling ihn zu begleiten. „Evan! Du kannst deinen Bruder nicht einfach so loswerden!“, protestierte er. „Habe ich denn noch einen?“, erwiderte dieser kühl. Zane spukte auf den Boden und riss sich von seinem Begleiter los. Er barierte und schlenderte in Richtung Fahrstuhl um das Gebäude, gemäß Evans Wunsch zu verlassen. „Die unschöne Szene tut mir leid.“, gestand Evan, als er gemeinsam mit Kyle zur Kommando-Ebene lief. „Schon in Ordnung. Familienverhältnisse sind nun mal kompliziert.“, meinte dieser und kurz darauf waren sie bei Toby angekommen. Diese rief gerade einen Stadtplan auf und die beiden Männer erkannten Toronto. „Ich orte eine Anomalie im Norden Torontos, ich schicke dir die Koordinaten auf dein Smartphone.“, sprach sie und haute über die Tasten. Jenes hatte Evan bereits in der Hand und hielt es sich ans Ohr. Scheinbar unzufrieden versuchte er es erneut, jedoch ohne Erfolg. „Verflucht! Weder Luke noch Dylan gehen an ihr Handy.“, beschwerte er sich. „Wollten sie nicht ins Krankenhaus? Vielleicht mussten sie ihr Handy ausstellen.“, spekulierte Kyle. Evan musste ihm rechtgeben, auch wenn der Zeitpunkt eher unpassend war. Hätte er Luke bloß nicht den Rest des Tages freigegeben, dann wäre die Hälfte seines Teams jetzt nicht meilenweit entfernt. Donovan machte sich inzwischen bestimmt für die Mission bereit, aber egal wie erfahren er auch war, sie wären unterbesetzt. „Also… in dem Fall könnte ich dich doch begleiten.“, schlug Kyle plötzlich vor. Evan musterte ihn erstaunt. Bisher zeigte der Mann aus der Zukunft kein großes Engagement darin, wenn es um mickrige Anomalien ging, wie er es ausdrückte. Andererseits konnte Evan verstehen, dass ihm hier inzwischen die Decke auf den Kopf fiel. „Traust du dir das zu?“, hakte der Teamleiter sicherheitshalber nach. Kyle konnte ein Kichern nicht mehr unterdrückten. „Soll das sein Scherz sein? Etwa schon vergessen, dass ich der Anführer einer Widerstandsbewegung war? Seit ich ein Teenager war, war ich gezwungen gegen Raps und anderer Kreaturen zu kämpfen. Ich habe mit Sicherheit schon wesentlich mehr von den Viechern erschossen als du.“, wand er ein. Evan wollte anmerken, dass er bisher kaum welche der Urzeittiere erschossen hatte, ausgenommen jene bei denen es nicht anders möglich war. Und natürlich den Albertosaurus, den er sogar liebend mit Blei voll gepumpt hatte. Bisher hatte er die Tiere nur betäubt, doch Kyle war es gewohnt ernst zu machen. Mit ihm als Rückendeckung würde sich die Mission tatsächlich leichter gestalten. „Du kannst eigentlich gar nicht auf mich verzichten. Du kannst Dylan und Luke nicht erreichen und Mac kommt ohnehin erst übermorgen aus London zurück. Lass mich dir unter die Arme greifen.“, bat Kyle nochmals. Evan zog nochmals seine Option ab und stellte fest, dass er kaum welche besaß. „Also gut, du kannst mit. Aber sicher, dass das ok ist? Ich weiß du bist noch aufgewühlt wegen deiner Verluste.“, wagte es der Teamleiter zu erwähnen. Kyle schluckte und schüttelte dann den Kopf. „Nicht der Rede wert. Zumindest nicht jetzt. Außerdem müsstest du nach der Widervereinigung mit deinem Bruder genauso aufgewühlt sein.“, wand er ein. Evan wirkte immer noch ernst und die Begegnung mit Zane hatte ihn tatsächlich einiges abverlangt. „Mein Privat und Berufsleben halte ich getrennt. Ich habe alles unter Kontrolle, das versichere ich dir. Und jetzt sollten wir los.“, schlug er vor und Kyle besaß keine Einwände. Toby hatte ihm inzwischen die Koordinaten geschickt und gemeinsam rannten die beiden Männer Richtung Tiefgarage, wo bereits Donovan auf sie warten musste. Scheinbar hatte sich der Ausflug zum Schießstand doch gelohnt, denn genau diese Fähigkeiten würden sie heute noch brauchen. Vancouver - Hielfield-Hospital Luke Hingle trat durch den Eintrittsbereich und fühlte sich auf der Stelle verloren. Ständig drängen sich Leute an ihm vorbei. Es war nicht so schlimm wie in der Notaufnahme, aber dennoch hatte der Student keinen Plan wohin er musste. Langsam begab er sich zum Empfang wo eine Frau gerade telefonierte. Luke wartete geduldig bis diese fertig war und schenkte ihr dann ein Lächeln. „Guten Tag, ich würde gerne einen… Mister Weir besuchen. Können Sie mir die Zimmernummer sagen?“, bat er. Die Empfangsdame nickte artig. „Ja, sind Sie denn ein Angehöriger?“, wollte sie wissen. Luke zögerte nun etwas. Er wusste, dass die Frau ihm keine Auskunft erteilen würde, wenn er verneinte. „Ja, mein Schwiegervater.“, log er, ohne rot zu werden. Nun gut, ein bisschen rot schon. So nah standen er und Dylan sich auch wieder nicht, dass er sich gleich den Segen des Mannes holen konnte. „Vorname?“ Diese Frage versetzte Luke einen Schlag. Hätte ihn die Frau nach einem Saurier oder prähistorischen Tier gefragt, egal welches, Luke hätte problemlos den Namen rezitieren können. Aber den von Dylans Vater? Hatte seine Freundin diesen jemals erwähnt? Nein, vermutlich nicht. Was sollte Luke antworten? Dass er keine Ahnung hatte konnte er nicht sagen, wer zur Hölle vergaß schon den Namen seines Schwiegervaters? „Ähh…“, begann er, wurde aber vom Klingeln des Telefons gerettet. Die Frau signalisierte ihm zu warten und führte ein Gespräch. Diese Zeit nutzte Luke um in sein Handy zu blicken und nach Dylan zu googlen. Gerade als die Empfangsdame auflegte, fand er durch ihren Namen eine Website übers Sportangeln und auch den Namen ihres Vaters. „Jonathan. Jonathan Weir.“, sprach er und die Frau tippte etwas in ihren PC ein. „Ja, da haben wir ihn ja. Zimmer 406, das ist im vierten Stock.“, erklärte sie ihm. Luke dankte ihr und begab sich dann zur Treppe. Das wäre beinahe schief gegangen, aber leider behielt Dylan nun mal private Dinge für sich. Dabei wäre Luke durchaus bereit gewesen ihr zuzuhören, von ihm aus stundenlang. Doch wenn Dylan ihm einen Besuch abstattete, fanden die beiden meist keine Zeit zum Reden. Würden einige Männer jemanden wie Dylan nicht also aus Traumfrau bezeichnen? Gut, Luke tat es auch, aber dass sie sich ihm nie anvertraute war ein Problem. Bald hatte er das besagte Stockwerk erreicht und las anhand der Nummern an den Türen ab, welches Zimmer das Richtige war. Keine Minute später hatte Zimmer 406 gefunden und stand davor. Die Tür war bloß angelehnt, dennoch klopfte er und trat ein. Vor ihm taten sich vier Betten auf, nur zwei davon waren belegt. In einem schlief seelenruhig eine alte Frau, auf dem anderen lag ein Mann, Mitte 40. Am Rand des Bettes hockte Dylan, die ihm scheinbar gerade einen Apfel schälte. Erstaunt blickte sie auf als sie Luke erkannte. „Hey! Du bist sicher überrascht mich hier zu sehen.“, sagte Luke und bereute es augenblicklich vorher nicht angerufen zu haben. „Was tust du denn hier?“, fragte Dylan ganz perplex. Auch Jonathan Weir wirkte überrascht. „Du kennst ihn?“ Dylan nickte kurz und erhob sich dann. Sie schritt zu Luke und wirkte etwas erbost. „Tut mir leid, als ich erfuhr, dass dein Vater im Krankenhaus ist, dachte ich es wäre eine gute Idee nach ihm und dir zu sehen.“, rechtfertigte sich der Zoologe. Dylan drehte sich zu ihrem Vater um und setzte ein Lächeln auf. „Also… das ist Luke, ein Kollege von mir.“, stellte sie ihn vor. Jonathan Weir grüßte den Studenten, wirkte aber verdutzt. „Ach, von der Wildtier-Kontrollbehörde? Er muss aber auch ein guter Freund von dir sein, wenn er extra hier her kommt.“, meinte er. Dylan nickte heiter und begann Luke aus dem Zimmer zu schieben. „Ja, aber leider muss er bereits wieder gehen.“, erklärte sie und bat ihn sie kurz zu entschuldigen, damit sie sich verabschieden konnte. Draußen auf dem Gang schloss Dylan die Tür und verschränkte die Arme. Anhand ihrer Miene konnte Luke erkennen, dass nun sicher kein Danke folgen würde. „Sag mal, was fällt dir eigentlich ein?“, blaffte sie ihn an. Dadurch fühlte sich Luke komplett überrumpelt. „Warum? Ich wollte dir einfach nur Gesellschaft leisten und deinem Vater gute Besserung wünschen. Was ist daran falsch?“, hakte er nach. Dylan bedachte ihn eines Blickes, als würde sie mit einem ungehorsamen Kind reden. „Ach, einfach so? Was wenn dich mein Vater etwas wegen der Arbeit fragt? Denkst du ich konnte ihm bisher erklären, dass nicht mehr im Wildtier-Kontrollteam, sondern dem Saurier-Kontrollteam angehöre?“, sagte sie anklagend. Luke wusste jedoch nicht wo das Problem lag. „Ich hätte mich schon nicht verblabbert! Glaube ich…“, antwortete er. Doch Dylan schien sich damit nicht zufrieden zu geben. „Schon klar, man sieht ja an deinem Äußerem wie gut du in diesen Job passt. Mein Vater ist ziemlich klever und hätte das sofort durchschaut.“, bemängelte sie. Luke zögerte nun und dachte kurz nach. „Und… wenn es Evan gewesen wäre?“, wollte er wissen. Dylan zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, er hätte sich besser in dieses Bild gepasst.“, meinte sie, doch Luke schüttelte den Kopf. „Nein, ich meine, was wenn Evan dich hier besucht hätte? Hättest du ihn auch gleich wieder weggeschickt, oder dich über seinen Sorge gefreut?“ Dylans Stirn zog sich in Falten und sie musterte ihren Freund prüfend. „Evan? Wie kommst du bitte auf Evan?“, schien sie ihm nicht folgen zu können. Für Luke hingegen war die Situation eindeutig. „Ich habe von ihm erfahren, dass du heute hier bist. Und generell… wenn du irgendwelche Sorgen hast ist es dich Evan dem du alles anvertraust, richtig? Wenn wir zusammen waren… hast du mir ja jemals gesagt wie du dich fühlst?“ Dylan wand sich nun von ihm ab, als wüsste sie nicht was Luke von ihr wollte. „Ja… kann sein, dass ich Evan mehr anvertraue. Wir kennen uns auch länger und haben eine Menge gemeinsam durchgemacht.“, erwiderte sie. Immerhin war Evan es gewesen, der sie zu Cross-Photonics geholt hatte. Als sie zusammen im Jura festsaßen und von den fleischfressenden Käfern belagert wurden, hatte sie ihn genauer kennen gelernt. Seine Zielstrebigkeit war beeindruckend gewesen, besonders nachdem er seine Frau durch diese Kreaturen verloren hatte. Dylan wusste nicht, ob sie an seiner Stelle weitergemacht hätte. Als er im Silur hinter einem Trümmerhaufen festsaß, dachte sie nicht einmal im Traum daran ihn im Stich zu lassen. Und auch während ihres Besuchs in der Zukunft, als es für beide nicht sonderlich gut aussah, war sie froh, dass Evan die Verletzung die er durch Ken Leeds erlitten hatte überstand. Ja, diese Ereignisse hatten sie in der Tat zusammengeschweißt. „Ist es wirklich nur das? Gut, du kennst Evan länger als mich, aber dafür… sind wir uns doch auch nahe, richtig? Ist es also so ein Problem, dass du mit mir über deine Gedanken und Gefühle redest?“, konnte es Luke nicht verstehen. Dylan schüttelte den Kopf. „Das… ist kompliziert. Ich meine… wir beide sind nicht…“, begann sie, konnte aber nicht fortfahren. Luke schluckte. „Was sind wir nicht? Zusammen? Das ist mir schon bewusst, sonst würdest du mal länger als nur eine Nacht bleiben. Ja, es ist schön, aber ich denke nicht, dass es das ist… worauf ich gehofft habe, seitdem ich mich in dich verliebt habe.“, erzählte er dann. Dylans Augen weiteten sich. Sie war nicht naiv und ihr war klar was Luke für sie empfand. Sie hatte seine Gefühle sogar noch geschürt indem sie mit ihm schlief, also musste sie sich nun über diese Reaktion keineswegs wundern. „Was genau bin ich für dich, Dylan?“, wollte Luke nun wissen. Seine Freundin öffnete ihre Lippen, schloss sie aber gleich wieder. Aus einem Grund der ihr nicht klar war, konnte sie nicht antworten. „Verstehe.“, schien Luke das als Antwort aufzufassen. „Aber warum ich? Ich weiß, Evan hat Angelika, aber im Moment sind sie nicht zusammen. Wäre das nicht deine Chance?“, fragte er nun etwas trotzig. Dylans Miene nahm eine unglaubwürdige Pose an. „Was redest du da? Evan und ich sind Freunde, nicht mehr.“, verteidigte sie sich. Luke konnte ihr inzwischen nicht mehr in die Augen sehen. „Und ich? Wenn du nicht einmal mit mir reden kannst, dann bin ich wohl noch weniger für dich, ja? Ich habe gesehen wie stürmisch du Evan in die Arme gefallen bist, als er zurückgekehrt ist.“, erwähnte er. Dylan entkam nun ein schockierter Lacher. „Natürlich! Wir dachten er wäre tot und dann nach einem Jahr hat er es endlich zurückgeschafft.“, schien sie ihre Reaktion für völlig normal zu halten. „Sehr schön! Dann geh am besten zu ihm, wenn nach der nächsten Mission jemanden brauchst um Stress abzubauen.“, schlug Luke vor und setzte sich dann in Bewegung. Dylan reagierte verständlicherweise wütend darauf. „Weißt du was? Das werde ich vielleicht sogar! Das mit uns, was immer das auch ist, vergiss es einfach. Es ist vorbei.“, rief sie ihm nach und sah zu wie ihr Freund die Treppe hinunterhastete. Dylan fuhr sich erschöpft an die Stirn und lehnte sich an die Wand. Sie und Evan? Nein, diese Vorstellung was absolut absurd. Und sie und Luke? Bei ihm wusste sie was sie hatte, jedoch hatte sie nicht erwartet, dass er plötzlich irgendwelche Ansprüche stellen würde. Langsam kehrte sie ins Zimmer zu ihrem Vater zurück, der bereits auf sie wartete. „Ist dein Freund schon weg?“, hakte dieser nach. Dylan nickte langsam und kümmerte sich um ihn. „Sag mal, Dad…“, begann sie dann und Jonathan Weir blickte sie erwartend an. „Was hältst du von ihm?“, wollte sie wissen. Toronto – Rextale, Primeval-Park Während der Fahrt hatte Evan versucht seine übrigen Teammitglieder mehrmals zu erreichen, doch diese schienen die Krankenhausregeln punktgenau zu beachten. Auf der anderen Seite wollte er Dylan heute gar nicht dabei haben, zumindest nicht solange ihr Vater krank im Bett lag. Auf der anderen Seite hätte er Lukes Fachwissen sicher gebrauchen können. Er sah nach hinten und bemerkte Kyles konzentrierten Blick. „Keine Sorge, dein Großvater ist sicher bald über den Berg.“, raunte er ihm zu. Kyle sah ihn verdutzt an, scheinbar war es gar nicht das worüber er nachgedacht hatte. „Schon in Ordnung, ich habe meinen Großvater nie kennen gelernt. Er starb… während der ersten Welle der Invasion.“, sagte er und wirkte recht betrübt. Evan wollte etwas erwidern, aber außer einer Beileidsbekundung wollte ihm nichts einfallen. Also beschloss er es vorerst auf sich beruhen zu lassen. „Wir sind gleich bei den Koordinaten, die Miss Nance uns gegeben hat.“, kam es von der Fahrerseite und Donovan vollführte eine scharfe Kurve. Evan bereute es sich nicht angeschnallt zu haben und versuchte das Gleichgewicht zu halten. Der Van fuhr auf einen weiträumigen Parkplatz, auch dem bis auf zwei Wagen jedoch gähnende Leere herrschte. Der Ex-Soldat parkte nahe eines Zauns und sah wie die anderen auch nach vorne. Ihr Blick folgte einem hohen Holzzaun und endete schließlich im Eingangsbereich. Darüber prangte ein großes Schild mit den Worten ‚Primeval-Park’, wovon die beiden Ps aussahen wie zwei T-Rex. „Wo sind wir hier?“, hakte Kyle nach. Evan googelte nach dem Begriff und die Überraschung danach wollte nicht mehr aus seinem Gesicht schwind. „Scheinbar… vor einem Dinosaurier-Erlebnis Park für Kinder.“, informierte er den Rest des Teams. Vielsagende Blicke folgten. „Moment! Heißt das wir jagen vielleicht einen Dinosaurier… in einem Saurier-Park?“, fragte Kyle nochmals ganz deutlich. Evan schnitt eine entschuldigende Miene und bestätigte es ihm. „Naja… zumindest Primeval klingt nach einem coolen Namen.“, meinte Donovan nur. „Wie gehen wir vor, Sir?“, fragte Chambers, der ganz hinten saß. Evan betrachtete nochmals das Tor und öffnete dann die Beifahrertür. „Ich würde sagen… auf jeden Dino schießen der sich bewegt.“, schlug er vor und stieg dann aus. Kyle tat es ihm gleich, während die beiden Ex-Soldaten die Ausrüstung ausluden. Der Teamleiter und der Mann aus der Zukunft traten vor das Tor und kamen sich beinahe wie die Charaktere aus Jurrasic Park vor bevor sie… in ihr Verderben fuhren. „Ich war zuletzt als Kind in so einem Park.“, murmelte Kyle und wirkte geradezu ehrfürchtig. Evan wirkte überrascht. „Dylan hatte neben ihrem Job noch Lust dir Dinosaurier zu zeigen?“ Kyle schüttelte hastig den Kopf. „Nein, aber mein Dad wollte mich immer dafür begeistern.“, erklärte er. Evan wollte etwas erwidern, doch die beiden Ex-Soldaten waren schon bei ihnen angekommen. „Chambers, Sie bewachen den Eingang. Nichts kommt rein und vor allem, nichts kommt heraus.“, befahl er und der Sanitäter im Team nahm Stellung. Er verteilte EMDs an Evan und Kyle und trug einen schweren Rucksack, in dem sich vermutlich das Verschließgerät befand. Evan nickte seinen Kameraden zu und tat dann den ersten Schritt. „Na, dann! Auf in eine längst vergessene Welt.“, sagte er demonstrativ und trat durch das Tor. Links stand ein Kassenhäuschen, doch es war wie erwarten unbesetzt. Zusammen mit dem leeren Parkplatz konnte man vermuten, dass der Park derzeit geschlossen war, oder Reparaturen durchgeführt wurden. Vor ihnen tat sich ein altmodisches Drehkreuz auf. In der Mitte waren Schlitze eingelassen, die wohl für die Eintrittskarten gedacht waren. Da keiner der drei Anomalienjäger welche besaßen, mussten sie die Mühe über sich ergehen lassen und darüber klettern. „Dort drüben!“, wies Kyle auf einen Wohnwagen hin, der nur 10 Meter entfernt von ihnen stand. Die Richtung des Teams änderte sich und langsam und vorsichtig legten sie die Distanz zum Wohnwagen zurück. „Hallo? Ist da jemand?“, rief Evan, erhielt aber keine Antwort. Donovan ging voraus und sicherte den Eingang. Die Tür war nur angelehnt und langsam stieß er sie auf. Mit erhobenen EMDs wagten Evan und Kyle einen Blick ins Innere, doch keine Menschenseele zu sehen. Das Licht brannte und aus dem Radio ertönte ein ungesundes Rauschen. Er Wohnwagen schien sturmartig verlassen worden zu sein, von seinem Bewohner keine Spur. „Das Rauschen könnte auf eine Anomalie ganz in der Nähe hindeuten.“, überlegte der Teamleiter laut. Donovan sah besorgt nach oben. „Sir, es wird langsam dunkel, die Suche dürfte sich danach erschweren.“, wand er ein. Evan stimmte ihm zu, doch es half nichts. Wenn etwas durch die Anomalie gekommen war, mussten sie es einfangen, bevor sich diese wieder schloss. Dies war ihnen bereits das letzte Mal nicht gelungen und Evan verspürte keine Lust sich einen prähistorischen Zoo bei Cross-Photonics anzuschaffen. Die Sonne ging in rasendem Tempo unter, das mochte wohl darin liegen, dass sie sich im Norden der Stadt aufhielten. Evan griff nun in seine Tasche und holte das tragbare Anomalienortunsggerät heraus. Kyle und Donovan warteten geduldig bis ihr Freund eine Anzeige bekam. „OK, ich habe die Anomalie gefunden. Sie befindet sich etwa 500 Meter nördlich von hier.“, erklärte er und zeigte gerade aus. Kyle folgte dem Blick und verzog eine Miene. Vor ihnen tat sich ein steinerne Weg auf, der direkt ins Herz des Parks führte. „Hoffentlich werden die übrigen Saurier nachts nicht lebendig.“, versuchte Donovan zu scherzen. Dann verteilte er Taschenlampen an seine Kollegen, die nach Einbruch der Dunkelheit ausreichen mussten. Donovan und Kyle, die zu Evans Glück über viel Feldeinsatz verfügten sicherten die Flanken, während ihr Teamleiter mit erhobenen Ortungsgerät wie mit einem Kompass nach vorne schritt. Als erstes erstreckte sich vor ihnen ein Gehege mit einem größeren Stegosaurus und zwei kleineren, scheinbar Jungtieren. Sie bestanden aus Granit, waren jedoch angemalt. Dennoch wirkten sie leblos und nicht einmal so groß wie sie es den Forschungen nach sein sollten. Kyle deutete auf ein Schild vor dem Gehege, auf dem alle Informationen zum jeweiligen Saurier eingetragen waren. Würde einer von ihnen eine Frage haben, konnten sie diese nutzen um Lukes Abwesenheit zu überdrücken. Nach wenigen Metern erblickten sie einen Triceratops und Evan erinnerte sich an das Abenteuer auf Harolds Anwesen. Doch auch dieser Saurier konnte unmöglich aus einer Anomalie gekommen sein, denn er stand starr und mit leeren Augen vor ihnen. Inzwischen war es so finster geworden, dass Kyle seine Taschenlampe nutzen musste um ihn zu beleuchten. Donovan schnellte nach oben und richtete sein EMD nach vorne. Evan und Kyle folgten seinem Blick, konnten ihm aber beruhigen. „Schon gut, der tut Ihnen nichts.“, versicherte Evan, nachdem der Ex-Major vor dem steinernen Tyrannosaurus in Deckung gegangen war. Donovan konnte sich jedoch nur schwer beruhigen und sicherte ihren Vormarsch, als sie um eine Ecke biegen mussten. Der ehemalige Soldat spürte in etwas getreten zu sein und leuchtete nach unten. „Oh, verdammt!“, fluchte er und Kyle und Evan beleuchteten die Stelle ebenfalls. Sie standen in eine Blutlache und mehrere Meter vor ihnen erkannten die menschliche Überreste. „Überreste von mindestens zwei Personen.“, glaubte es Evan richtig zu erkennen. Nun bestand kein Zweifel mehr, dass etwas durch das Zeitportal gekommen war. Aber nicht nur das, auch die Gefräßigkeit dieser Kreatur war geklärt worden. Mit geschärften Sinnen wagten sich die drei nach vorne und waren vor dem nächsten Gehege angekommen. „Ein Iguanodon.“, murmelte Kyle, nachdem er auf das Schild leuchtete. Evans Taschenlampe wanderte nach oben und nahm die Beine der Granitbestie ins Visier. Dann den breiten Bauch, die dünnen Arme und die beiden Köpfe. Moment! Beiden Köpfe? Erst hätten sie noch annehmen können, dass hinter dem Saurier eine weitere Statue stand, doch spätestens nicht mehr, als sich der zweite Kopf begann zu bewegen und warme Luft aus seinen Nasenlöchern drang. Etwas hatte sich hinter dem Iguanodon versteckt und preschte jetzt nach vorne. Ein beinahe 3 Meter großer Schatten sprang aus dem Gehege und Kyle und Donovan hoben ihre EMDs. Doch zu ihren Ungunsten war es ihnen unmöglich gleichzeitig ihre Taschenlampen zu benutzen. Der Mond reichte nicht aus, besonders nicht, solange die Saurierstatuen sein Licht abschotteten. Evan konnte gerade noch erkennen, dass es sich um einen theropoden Saurier mit scharfen Reiszähnen handelte, bevor ihn dessen Schanz an der Seite traf und wegfegte. Der Saurier drehte sich ihm wild brüllend zu und machte einen Schritt in seine Richtung. Evan lag auf dem Boden und spürte die Angst in ihm hochkommen. Plötzlich und ohne Vorwarnung ergriffen zwei Hände seine Schultern und schleiften ihn nach hinten. Die Echse begann ihn zu verfolgen, doch da hatte ihn sein Retter bereits unter die Beine einer weiteren Saurierstatue gezogen. Einem Vierbeiner, was ausreichte, damit die Echse nicht mehr an sie herankam. Er brüllte zwar erbost, erhob sich jedoch gleich wieder. Kurz darauf hörte Evan die Schüsse der EMDs und… Schreie! Er erkannte Donovans Stimme, verstand aber nicht was er rief. Danach war es still. Totenstill. Evan spürte wie seine Brust pochte und er nach Luft rang. Zwei Hände griffen nach seinem Hemd und zogen es an der Seite nach oben. „Das sieht nicht gut aus, scheinbar ein Hämatom.“, sagte eine Stimme, nachdem sie Evans Becken betastete, da wo ihn der Schwanz der Echse getroffen hatte. Evan kannte sie nur zu gut, auch wenn er niemals damit gerechnet hätte ihren Besitzer hier anzutreffen. „Was zur Hölle machst du hier?“, schnauzte er ihn an. Als Strafe drückte sein Retter leicht auf sein Becken, was Evan zu einem unterdrückten Aufschrei verleiten ließ. „Das heißt danke.“, bemängelte dieser. Doch mit dieser Antwort gab sich der Verletzte nicht zufrieden. „Wie hast du mich überhaupt gefunden?“ Sein Retter schien über die Frage überrascht zu sein. „Ich habe doch noch deine Handynummer, richtig? Dir ist klar, dass man die Dinger heutzutage orten kann, oder?“, erklärte Zane wie er seinen Bruder gefunden hatte. „Ich musste also nur noch eine Stelle im Zaun finden durch die ich eindringen konnte und dich im rechten Moment retten. Das war also ein echter Dinosaurier. Keine Ahnung wie du bisher ohne mich zurecht gekommen bist.“ Evan riss sich los und versuchte sich zu orientieren. „Du hättest nicht herkommen sollen.“, stand für ihn fest. Zane stieß einen heißeren Kicker aus. „Dann wärst du jetzt tot, ist dir das klar? Und wenn du jetzt erwähnst wie gefährlich das hier ist, das hast du mir selbst demonstriert.“, erwiderte er. Evan tastete nach seinem EMD, doch dieses schien er fallengelassen zu haben. „Verdammt, was war dieses Ding bloß?“, krächzte er und versuchte zwischen den Beinen durchzuschielen. Zane hatte inzwischen sein Handy gezückt und drückte ein paar Tasten. „Ich habe dieses Ding beobachtet wie es gefressen und sich danach auf die Lauer gelegt hat. Es hat… in etwa so ausgesehen.“, verriet er und verwies auf sein Display. Scheinbar hatte er die Merkmale die er an der Echse gesehen hatte in die Suchfunktion seines Browsers eingegeben. Vor dem verletzten Evan erschien nun ein Bild einer mittelgroßen Echse, mit lang gezogenem Schädel und einem einem rötlichen Rückenkamm. „Ein Acrocanthosaurus.“, half ihm Zane auf die Sprünge. Evan war dazu verleitet sich den ganzen Artikel durchzulesen, konnte sich aber bereits denken was darin stand. Dass es sich um einen Karnivoren und Jäger handelte, hatte er ja am eigenen Leib miterlebt. Er versuchte in seine eigene Tasche zu greifen, doch sein Unterleib schmerzte zu sehr. Er entriss Zane dessen Handy und wählte hastig eine Nummer. Es klingelte ein paar Mal und dann meldete sich jemand. „Ja?“ „Donovan, sind Sie in Ordnung?“, fragte Evan besorgt, doch er schien nicht mit dem Ex-Soldaten zu sprechen. „Hier ist Luke, Donovan ist verletzt. Nicht schwer, aber er sagt, seine Schulter wäre taub.“, informierte ihn das Ersatzmitglied für heute. Evan knirschte mit den Zähnen. „Wie sieht es bei euch aus?“, erkundigte er sich nach der Lage. „Wir mussten uns erst einmal zurückziehen und haben in dem Wohnwagen Schutz gesucht. Ich sehe mir Donovans Verletzung an, aber er beharrt darauf, dass es nichts weiter ist. Ich habe keine Ahnung wohin der Saurier ist, irgendwohin, tiefer in den Park.“, berichtete er. Evan verstand, sie waren somit in keiner besseren Position als er und Zane. Er bat Kyle ihn umgehend zu kontaktieren wenn sich bei ihnen etwas regte und legte auf. „Wie lautet dein Plan?“, wollte Zane wissen, doch Evan blieb ihm eine Antwort schuldig. Im Moment hatte er keinen Schimmer wie sie aus dieser Lage wieder heil herauskommen sollten. Vancouver – Shawn-Church, 1993 Christine Cross führte den jüngeren der beiden an der Hand, während der andere trotzig in einer Ecke herumstand. Pater Keane wusch sich noch schnell die Hände, bevor er freundlich auf die Frau zuhastete. Christine ließ den kleinen Zane los, der sich sofort auf eine der Kirchenbänke hockte. Der Pater reichte der älteren Dame die Hand und grüßte sie. „Misses Cross, schön dass Sie gekommen sind. Und noch einmal mein Beileid für Ihren Verlust.“, klang er ernst, aber aufrichtig. Christine sah zu Evan hinüber, der teilnahmslos an der Wand lehnte. „Evan, Schatz, kümmere dich solange um deinen Bruder, während ich mich mit Pater Keane unterhalte.“, rief sie ihm zu. Missmutig setzte sich dieser in Bewegung, während Christine den Pater in dessen Sprechzimmer begleitete. „Setzen Sie sich doch bitte.“, bot der Geistliche ihr einen Stuhl an, den Christine gerne annahm. Keane selbst setzte sich an seinen gewohnten Platz und verschränkte seine Hände ineinander. „Also, wie lautet Ihr Anliegen?“, fragte er die Großmutter der beiden Kinder. Christine seufzte stark und sah nach draußen. „Es ist wirklich traurig was meinem Sohn und seiner Frau zugestoßen ist. Dieser Unfall war so unnötig und ließ vor allem die beiden Kinder alleine zurück.“, sprach sie nun. Keane wirkte etwas verdutzt. „Aber nicht ganz allein, oder? Sie haben immer noch sie.“, erinnerte er. Christine bedachte ihn eines Blickes, als hätte er gerade einen Scherz gerissen. „Pater, sehen Sie mich doch an. Ich bin eine alte Frau und soll mich um zwei Heranwachsende kümmern? Wenn mein Mann noch leben würde ja, dann würde ich mich dieser Herausforderung stellen. Aber nicht solange ich mindestens einmal die Woche dem Krankenhaus einen Besuch abstatten und dort mehrere Stunden verbringen muss. Und mich den ganzen Tag um sie zu kümmern würde mir zu viel Kraft abverlangen.“, gestand sie. Pater Keane verstand worauf sie hinaus wollte. Dummerweise gab es auch keine anderen Verwandten wie Onkel oder Tanten, zu denen die beiden Cross-Kinder hätten ziehen können. Eine alte, kranke Frau wäre kaum im Stande diese Bürde auf sich zu nehmen. „Was genau erhoffen Sie sich von mir?“, hakte er Geistliche nach. Christine zögerte etwas, fuhr dann aber fort. „Bekannte haben mir davon berichtet, dass Sie sich auch sehr für Adoptionen einsetzen.“, kam sie dann zum Punkt. Die Miene des Paters verfinsterte sich nun etwas. „Darauf wollten Sie also hinaus. Nun, ich kann mich bemühen ein neues Heim für die beiden zu finden, aber da gebe es ein Problem. Die meisten Waisen die ich vermittle sind im Säuglingsalter, oder zumindest noch Kleinkinder. Es dürfte sehr schwer werden eine Familie zu finden, welche die beiden aufnimmt. In den meisten Fällen werden solche Kinder Pflegefamilien übergeben aber auch nur für einen bestimmten Zeitraum.“, führte er ihr die Problematik vor Augen. Christine nickte bedächtig und begann zu überlegen. „Ich… möchte nur das Beste für die beiden.“, hauchte sie dann. Pater Keane nickte, das verstand er natürlich. „Aber selbst wenn das funktionieren sollte… die wenigsten Familien nehmen zwei Kinder gleichzeitig auf. Wenn dann müsste ich zwei verschiedene Plätze für sie suchen.“, erklärte der Geistliche. Christine wirkte, als hätte sie sowas bereits geahnt. Doch welche Alternative gab es? „Ich werde mich etwas umhören und Sie dann Ende der Woche kontaktieren, in Ordnung?“, war er aufgestanden und hatte der alten Frau die Hand zum Abschied gereicht. Wenig später verließ Christine das Sprechzimmer und schlenderte erneut zu den Bänken. Evan hatte sich inzwischen zu Zane gesetzt, der die Hände zusammengepresst hatte. Christine hob eine Augenbraue und wand sich an die beiden. „Zane, warum betest du denn?“, wollte sie wissen. Ihr Enkel wand seinen Blick und deutete dann auf Evan. „Evan hat gemeint, dass wenn ich bete, ich Mum und Dad im Himmel alles Gute wünschen kann.“, erklärte er. Christine blickte zu Evan und erkannte die tiefe Traurigkeit in seinen Augen. „Eure Eltern wollten euch nicht im Stich lassen. Pater Keane will uns helfen… damit ihr bald bei einer neuen Familie unterkommt.“, sagte sie schließlich. Damit schien sie die beiden ziemlich zu schockieren. „Aber… aber… wir wollen bei dir bleiben.“, kam es von Evan und Zane stimmte zu. „Das… geht leider nicht. Aber ihr bekommt sicher sehr nette Pflegeeltern, die sich um euch kümmern werden. Vermutlich nicht dieselben und ihr werdet vorerst getrennt werden. Aber hört mir gut zu! Auch wenn ihr zu verschiedenen Familien kommt, ihr beide bleibt trotzdem Brüder, habt ihr das verstanden? Ihr werdet euch weniger oft sehen können, aber das Band das euch verbindet bleibt bestehen.“, erzählte sie ihnen. Evan und Zane blickten einander an und nickten dann. Ihre Großmutter hatte recht, egal was auch geschehen würde… Nichts würde sie trennen. Toronto – Rextale, Primeval-Park Nachdem die Echse gewütet hatte war alles irgendwie außer Kontrolle geraten. Kyle und Donovan hatten in die Dunkelheit gefeuert, aber nur mit mäßigem Erfolg. Die Echse war zu schnell und wendig, als dass sie etwas hatten ausrichten können. Den beiden bleib nur die Flucht in ein sicheres Versteck. Und dieses wurde dann der Wohnwagen, denn sie zu Beginn ihrer Erkundung entdeckt hatten. Kyle hatte die Tür verriegelt und Donovan auf die Couch gehievt. „Ihre Schulter ist ausgerenkt.“, informierte er den Ex-Soldaten. „Darauf bin ich auch alleine gekommen. Rufen Sie Chambers her, ein Sanitäter würde mir zumindest nicht schaden.“, bat er. Doch Kyle schüttelte nur den Kopf. „Negativ, zu gefährlich. Und auch wir sollten uns ohne Verstärkung nicht mehr hinauswagen.“, meinte er. Donovan schüttelte nur ungläubig den Kopf. Was sollten sie stattdessen tun? Abwarten bis es Tag wurde? Die Anomalie hätte sich längst geschlossen und ob der Saurier von alleine zurückkehren würde, wäre ebenfalls fraglich. Wären Luke, Dylan und Mac hier, hätten sie diese Bestie längst betäubt. „Ich werde Ihre Schulter einrenken, ich habe den Sanitätern in meiner Zeit oft dabei zugesehen.“, erzählte Kyle, was Donovan aber nicht wirklich beruhigte. „Draufbeisen.“, empfahl er dem Ex-Soldaten und reichte ihm die Fernbedienung, die gleich neben ihm lag. Dieser starrte seinen Kameraden ungläubig an und vertraute der Situation nicht so recht. Doch ihm blieb keine Wahl und so steckte er sich die Fernbedienung in den Mund um sich bei dem Aufschrei der in Kürze folgen sollte sich nicht die Zunge abzubeißen. Kyle stützte eine Hand auf Donovans Brust und griff mit der anderen nach seinem Armgelenk. Er riss letzteres hoch und renkte den betroffenen Knochen so wieder ein. Donovan stöhnte auf und spukte die Fernbedienung aus. „OK, ich bin wieder in Ordnung. Jetzt müssen wir raus und dieses Ding jagen.“, erwiderte er. Kyle bedachte ihn eines aufgesetzten Lächelns. „Nicht solange wir keinen Plan haben. Wir können nichts sehen, das Mondlicht reicht beileibe nicht aus. Wir haben es mit einem Acrocanthosaurus zu tun, einem schnellen und wendigen Jäger. Eine falsche Entscheidung und wir landen auf seiner Speiseliste.“, redete er auf seinen Partner ein. Donovan hob eine Augenbraue. „Woher kennen Sie den Namen dieser Kreatur?“, wollte er in Erfahrung bringen. Kyle zögerte nun etwas. „Ach… mein Vater war in meiner Kindheit oft in solchen Parks. Er versuchte mich für längst ausgestorbene Tiere zu begeistern und zeigte mir jede einzelne dieser Kreaturen. Und da ich ohnehin ein gutes Gedächtnis habe, war es auch nicht schwierig mich an die Bezeichnung dieser Echse zu erinnern.“, klärte er auf. Donovan musterte den Mann aus der Zukunft kurze Zeit und erhob sich dann. „Sehen Sie nach, ob Sie in diesem Wohnwagen irgendwas nützliches finden können.“, trug er ihm auf. Es war nicht so, dass Kyle auf ein Danke gehofft hätte, im Gegenteil, Donovans militärische Haltung erinnerte ihn an sein Zuhause. „Wir können nicht warten bis uns diese Kreatur findet und mit seinem Schädel den Wohnwagen umschubst.“, meinte der Ex-Major und Kyle musste grinsen. Er bezweifelte, dass der Acrocanthosaurus zu so etwas im Stande war. Eher hatte Donovan zu viele schlechte Filme gesehen. Dennoch schloss er sich der Suche an und begann damit den Wohnwagen auf den Kopf zu stellen. In einer Kiste im Schrank zückte Donovan schließlich einen Scheinwerfer hervor. „Na also, damit können wir schon etwas anfangen.“, grinste er. „Aber es wird schwer gleichzeitig dieses Ding zu halten und zu schießen.“, wand Kyle ein. Donovan hasste es, doch er musste ihm recht geben. Im Moment wünschte er sich nichts mehr als ein Nachtsichtgerät, doch das blieb wohl illusorisch. Er würde Evan darum bitten es demnächst auf die Inventarliste zu setzen. „Einverstanden. Dann geben Sie mir freie Sicht damit ich schießen kann.“, schlug der Ex-Major vor. Kyle schüttelte jedoch den Kopf. „Ich bezweifle, dass wir sehr viele Versuche haben werden. Ich misstraue Ihren Fähigkeiten keineswegs, aber es ist sicherer, wenn wir die Rollen tauschen und ich der Schütze bin.“, sprach er. Donovan starrte ihn verdutzt an. „Ich bin eindeutig der bessere Schütze von uns beiden und mit Ihrer geschundenen Schulter könnte es auch Probleme geben.“, fügte Kyle hinzu. Donovan wusste nicht was genau seinen Partner zu dem besseren Schützen machte. Er hatte ihn noch nie im Einsatz erlebt, auch wenn er von Evan erfahren hatte, dass Kyle in einem Kriegsgebiet aufgewachsen war. Dennoch sagte dies nichts über dessen Fähigkeiten aus und der Mann aus der Zukunft konnte auch schlichtweg arrogant sein oder sich überschätzen. Donovan hatte noch nie mit ihm Seite an Seite gekämpft, sondern war gezwungen ihm in dieser Angelegenheit zu glauben. Eine harte Vertrauensprobe. „Wohin würden Sie der Echse schießen?“, fragte Kyle nun und Donovan grübelte kurz. „In die Beine, damit sie nicht mehr auf uns losgehen kann.“, sagte er reflexartig. Kyle seufzte und verneinte. „Selbst mit verletzten Beinen und dünnen Armen, hätte der Acrocanthosaurus immer noch genug Energie in seinen Muskeln um nach vorne zu preschen und nach uns zu schnappen. Nein, die EMDs sind dazu ausgelegt, den Organismus eines Tiers lahm zu legen. Ich ziele direkt auf den Kopf und was das misslingt, auf den Hals.“, erklärte er. Donovan rang sich schließlich dazu durch sein Leben in die Hände dieses für ihn fremden zu legen. „Bei 3?“, fragte Kyle, doch Donovan schüttelte den Kopf. „Ich gehe vor.“, meinte er nur. Draußen jedoch mussten sie Seite an Seite gehen, Donovan würde Kyle soviel Sicht verschaffen wie er brauchte um die Echse ins Visier zu nehmen. Sie stießen die Tür des Wohnwagens auf und traten ins Freie. Noch war es still, doch das würde sich jederzeit ändern. Toronto – Rextale, Primeval-Park Auch die Lage für Evan und Zane hatte sich mittlerweile nicht verbessert. „Wo hast du eigentlich die ganze Zeit gesteckt?“, interessierte es den großen Bruder. Zane wirkte über das plötzliche Interesse überrascht. „Ach… ein bisschen Europa, ein bisschen Asien…“, zählte er auf, doch Evan schnaubte nur verächtlich. „Verstehe, du hast das Erbe unserer Eltern also recht gut genutzt.“, entkam es ihm. Zane ignorierte den Sarkasmus in seiner Stimme. „Tut mir leid, dass ich nicht wie der großartige Evan alles in tolle Firma gesteckt habe, die sich mit Dinosauriern befasst.“ Die beiden Brüder verharrten kurz in Stille, um zu überprüfen, ob der Acrocanthosaurus noch in der Nähe war. „Ich will dir doch nicht vorschreiben was du machen sollt, Zane! Ich will nur… ich wollte immer nur, dass es dir gut geht.“, ließ sich Evan dazu herab ehrlicher zu werden. „Dann… hättest du mich auch öfters besuchen können.“, bemängelte Zane und Evan lachte los. „Ich dich? Ich hatte doch keinen Schimmer wo du dich rumgetrieben hast. Nicht einmal eine Nummer oder E-Mail hatte ich.“, wollte er sich rechtfertigen, doch darauf schien sein Bruder nicht hinausgewollt zu haben. „Nein, ich meinte… damals. Ich hatte ein halbes Dutzend Pflegefamilien bis ich endlich volljährig wurde und an das Erbe ran durfte um abzuzwitschern. Aber in dieser Zeit habe ich dich kaum gesehen, nur an Geburtstagen.“, erzählte er. Evan schluckte und musste zugeben, dass Zane recht hatte. „Ja, weil ich dachte… dass es zu hart für dich wäre mich ständig zu sehen. Ich hätte dich doch ständig nur an den Tod unserer Eltern erinnert und ich wollte, dass du dich bei deiner neuen Familie einlebst und sie erst einmal akzeptierst, vielleicht sogar lieben lernst.“, verriet er seine Beweggründe. Zane schüttelte nur verächtlich den Kopf. „Was redest du da? Ich war nie lange genug irgendwo um auch nur daran zu denken. Weißt du wie sehr ich mich immer gefreut habe dich zu sehen, aber es wurde nichts daraus?“ Evan lag immer noch flach auf dem Boden und versuchte seine Schmerzen zu vergessen. „Ich wollte wirklich nur das Beste für dich. Rückblickend… war ich aber vielleicht tatsächlich ein Arschloch.“, gestand sich der ältere Bruder ein. „Kannst du laut sagen.“, gab ihm Zane recht. „Ich schätze… ich wollte es dir irgendwie heimzahlen, indem ich damals nach Brookes Beerdigung einfach so verschwunden bin. Natürlich warst du wütend und aufgebracht, aber ich hätte darüber hinwegsehen und dir zur Seite stehen können. Aber ich bin abgehauen und habe den Kontakt abgebrochen so wie du damals. Es ist unser beider Schuld, dass wir uns nie einander haben annähern können. Das liegt uns wohl im Blut.“, redete Zane weiter. „Tja, irgendwie müssen wir wohl verwandt sein.“, erwiderte Evan mit einem breiten Grinsen. Zane zögerte nun etwas. „Bist du… bist du je über ihren Tod hinweggekommen? Ich meine, gibt es jemand Neues?“, erlaubte er sich zu fragen, doch Evan spürte, dass er es ernst meinte. „Ja… du erinnerst dich doch noch an Angelika, oder?“, hakte er nach. Stirnfalten seitens Zanes waren die Folge. „Ohja! Die hätte ich auch gerne mal…“ „Halt die Schnauze.“, würgte ihn sein großer Bruder ab. Dieser räusperte sich und würgte eine Entschuldigung heraus. „Sorry. Und… seid ihr jetzt zusammen, oder…“, trieb er das Gespräch weiter. Evan wand nun den Blick ab und schüttelte kaum merklich den Kopf. „Nein… das ist kompliziert.“, gestand er. Im Prinzip hatte er in dieser Angelegenheit viel mit seinem Bruder gemeinsam. Dieser war zwar überall auf dem Erdball unterwegs gewesen, doch Evan dafür in einer anderen Zeit. Durch ihren fehlenden Kontakt hatte Zane von Evans angeblichen Tod nichts mitbekommen, wofür dieser dankbar war. Zumindest das konnte er seinem kleinen Bruder ersparen. Es hatte bereits gereicht um Anges Vertrauen vollends zu verlieren. Das schlimme daran war, dass er jederzeit wieder so handeln würde. Indem er Harrison stoppte, hatte er unter anderem auch Zane gerettet, auch wenn dieser nie etwas davon erfahren würde. „Kompliziert? Willst du mich verarschen? Zeitreisen und plötzlich auftauchende Dinosaurier sind kompliziert, aber das doch nicht. Wenn sie dir etwas bedeutet, dann hin zu ihr! Ich weiß, wir haben beide den Nachnamen Cross und Problemen auszuweichen liegt uns im Blut. Aber wenn sie dich nach Brooke wirklich glücklich macht, gibt es keinen Grund weiter zu zögern.“, versicherte er ihm. Evan blickte ihn überrascht an. „Warst während deiner Reise auch in einem chinesischen Kloster oder woher hast du diese Weisheiten?“, fragte er, wollte aber nicht abfällig klingen. Zane überlegte sich zu antworten, doch abrupt begann sein Handy zu klingeln. Evan nahm sofort ab, um nicht unnützerweise ihren Besucher aus einer anderen Zeit anzulocken. „Kyle?“, fragte er sofort. „Ja, kannst du laufen?“, hakte dieser nach. Evan betätigte es ihm, seine Beine wurden immerhin nicht in Mitleidenschaft gezogen. „Gut, wir versuchen zu euch zu kommen, wo seid ihr?“, wollte er wissen. Evan versuchte durch die Beine ihres Verstecks zu sehen, doch er konnte nicht erkennen unter was für einem Saurier sie sich verbargen. „Wenige Meter vor uns steht ein Parasaurolophus. Wir haben uns unter einer Statue verschanzt.“, verriet er. „Roger.“, meldete sich Kyle und versprach bald bei ihm zu sein. Evan legte auf und reichte Zane sein Handy. „Was ist mit dem Saurier? Er ist immer noch da draußen.“, wand er ein. Evan musste ihm rechtgeben. Wenige Minuten später vernahmen beide ein Rascheln im Gras und wurden hellhörig. Doch es war zu leise um von dem Acrocanthosaurus zu stammen. „Mister Cross?“, hörte er eine bekannte Stimme und wagte es den Kopf aus seinem Versteck zu strecken. Sofort wurde von einem starken Lichtschwall geblendet und kniff die Augen zusammen. Zane robbte nach draußen und half auch seinem Bruder dabei unter der massiven Granitstatue hervor zu kriechen. „Alles in Ordnung?“, fragte Kyle der Evan eine helfende Hand reichte. Der Teamleiter konnte sich aber ohne fremde Hilfe erheben und stand bald darauf wieder auf sicheren Beinen. „Nehmen Sie meine Waffe.“, sagte Donovan und hielt Evan eine EMD hin. „Ähhh… darf ich vielleicht…“, begann Zane, doch Evan schüttelte augenblicklich den Kopf. Soweit kam es noch. „Evan, hast du noch das Ortungsgerät?“, hakte Kyle nach und dieser nickte. Er sah auf das Display und zeigte in westlicher Richtung. Die drei Männer nickten einander zu und setzten sich dann in Bewegung. Evan wies Kyle an, immer hinter ihnen zu bleiben und keine unnötigen Bewegungen zu machen. Nun erkannte Evan auch worunter sie sich verschanzt hatten. Unter dem massiven Körper eines Diplodocus. Dessen Hals erstreckte sich tief in die Höhe und sein Schädel wurde andächtig vom Mondlicht in ein helles Licht getaucht. Das Team bewegte sich zwischen den Gehegen umher, um es dem Acrocanthosaurus schwerer zu machen. Sie bogen gerade um eine Ecke als es heller wurde. Für Zane war es das erste mal, dass er eine reale Anomalie betrachten durfte. Schön und elegant schimmerte sie in der Dunkelheit. „Achtung!“, rief Donovan und schwenkte den Scheinwerfer nach rechts. Der Acrocanthosaurus stand wenige Meter von der Anomalie entfernt, ihm gegenüber eine große Statue. Im Licht konnte Kyle erkennen, dass es sich um einen Allosaurus handelte. Der Acrocanthosaurus brüllte seinen steinernen Rivalen an, doch dieser bewegte sich verständlicherweise keinen Zentimeter. Nun traf der Scheinwerfer seinen Schädel und er wurde geblendet. „Draufhalten! Ich muss ihn gut sehen können.“, wies Kyle den Ex-Major an. Evan erhob ebenfalls sein EMD und legte schützend einen Arm vor seinen Bruder. „Noch nicht feuern.“, warnte Kyle und Evan hörte vorerst auf ihn. Der Acrocanthosaurus war erneut auf sie aufmerksam geworden und steuerte auf sie zu. Evans Finger zitterte am Abzug, doch Kyle sah ihn warnend an. Der Acrocanthosaurus war nun gefährlich nah, doch der Mann aus der Zukunft hob sein EMD und gab einen gezielten Schuss ab. Ein Impuls traf die Echse direkt an der Stirn und diese gab einen abgestumpften Schrei von sich. „Zur Seite!“, schrie Kyle und die Reflexe seiner Kameraden waren zum Glück gut genug. Die vier teilten sich auf, gerade noch rechtzeitig als der schwere Körper drohte zu Boden zu fallen. Es gab einen starken Aufprall und der Acrocanthosaurus lieg bewegungslos liegen. Doch das hinderte Kyle nicht daran sicherheitshalber einen weiteren Schuss, nur zur Sicherheit abzufeuern. Doch es bestand kein Zweifel mehr daran, dass die Echse außer Gefecht war. Erleichtert ließen sich 3 der 4 Teammitglieder auf den Boden fallen. Donovan legte seinen Rucksack ab um das Anomalien-Messgerät zum Einsatz zu bringen. „Wir haben noch 40 Minuten bevor sich dieses Ding hier schließt.“, informierte er die anderen. Evan hob eine Hand und signalisierte ihm, dass er verstanden hatte. „Sehr gut. Dann übertrage ich Ihnen hiermit, den Saurier zurück durch die Anomalie zu schleifen und diese dann zu verschließen. Ich für meinen Teil will einfach nur zurück und eine Dusche nehmen.“, instruierte ihn Evan. „Da bin ich dabei.“, stimmte Kyle darauf ein. Donovan brummte unzufrieden. „Naja… diese Echse da ist ziemlich groß…“, wand er ein. Evan hatte sich erhoben und auch Zane aufgeholfen. „Organisieren doch einen Bagger oder so.“, schlug er vor und ließ Donovan mit diesem Problem vorerst allein. Kyle und Chambers sollten ihm kurze Zeit später dabei helfen das schlafende Tier mit einem Wagen zurück durch die Anomalie zu schieben. Donovan baute danach das Verschließgerät auf und wartete die letzten Minuten, bis sich das Portal in die Kreidezeit von alleine schloss. Evan und Zane warteten derweil im Wagen und nachdem Chambers alle durchgecheckt hatte, galt die Mission offiziell als abgeschlossen. „Hey, braucht ihr zufällig noch jemanden für diese Sauriersache?“, hakte Zane nach. Evan schüttelte amüsiert den Kopf. „Vergiss es.“, erwiderte er, dann begann bereits die Rückfahrt. Cross-Photonics Es war bereits Mitternacht als das CPT zurückkehrte. Evan und Donovan durften sich eine Gratis-Untersuchung bei Dr. Fridkin abholen, die ihre Verletzungen überprüfte. Donovan sollte seine Schulter schonen und bekam eine spezielle Salbe. Er hatte bereits befürchtet innere Blutungen zu haben, doch außer einem riesigen, blauen Fleck würde er wohl davonkommen. Das hatte er dem Mann zu verdanken der vor ihm stand. „Danke. Aber… mach das nie wieder.“, schärfte er Zane ein. „Klar. Solange du nächstes Mal besser auf sich aufpasst. Du weißt… ich kann nicht immer für dich da sein.“, antwortete er. Evan rollte mit den Augen. Als großer Bruder war das natürlich sein Standartsatz, oder sollte es zumindest sein. „Hey, ich bin nur diese eine Woche in Vancouver. Es wäre schön, wenn wir noch etwas gemeinsam unternehmen könnten.“, klang Zane nun eher leise. Evan musterte ihn kurz und nickte dann. „Ja, ich würde mich darüber freuen.“, erwiderte er. Er hatte sich die erneute Annäherung an seinen Bruder anders vorstellt, als zusammen vor einem Dinosaurier zu fliehen, aber so gesehen hatte die Mission auch etwas Gutes. Immerhin war Zane die einzige Familie die er noch hatte, oder? Zumindest mit der er blutsverwandt war. Zwei Mitglieder seiner Ersatzfamilie betraten gerade die Lazarett-Sektion und schritten auf ihn zu. „Evan, tut mir leid. Dir hätte sonst etwas passieren können, nur weil du mich nicht erreichen konntest. Das kommt nicht wieder vor, versprochen.“, stürzte Dylan zu ihm und erkundigte sich, ob es ihm auch wirklich gut ging. Auch Luke war gekommen. Obwohl zusammen mit Dylan, schienen die beiden keinen gegenseitigen Blickkontakt zuzulassen? Hatten sie sich etwa gestritten? „Ja, von mir auch Sorry. Das nächstes Mal bin ich definitiv wieder dabei. Aber ihr wart diesmal in einem Dinosaurier-Park, ehrlich? Das musst du mir unbedingt genauer erzählen.“, bat er. Evan rang sich ein Lächeln ab und deutete nach oben. „Frag Kyle, er wird dir sicher gerne Auskunft erteilen können, sollte er noch nicht eingeschlafen sein.“, schlug er vor. Erst jetzt bemerkten Dylan und Luke den anderen Mann, der an Evans Seite stand. „Und du bist…“, begann der Student und Zane hob die Hand zum Gruß. „Zane. Freut mich sehr, Evans Freunde sind auch meine. Oder so ähnlich.“ Evan räusperte sich kurz und stellte ihn dann vor. „Darf ich euch meinen kleinen Bruder vorstellen? Er kann manchmal recht nervig sein, aber dafür ist er umso kleverer.“ Zane protestierte und richtete sich dann seine Jacke zurecht. „OK, ich werde dann mal verschwinden. Wir sehen uns noch?“, fragte er hoffnungsvoll. Evan musste es ihm erst versprechen, erst dann wollte er gehen. Zane nickte Dylan und Luke nochmals zu, die immer noch verdutzt über die Offenbarung waren. Eine Minute später war er aus dem Stockwerk verschwunden, jedoch nicht erneut ais Evans Leben, wie dieser hoffte. „Ähhm… dein Bruder? Hattest du den bereits einmal zuvor erwähnt?“, fragte Luke perplex, doch Evan verneinte. „Nein, wir haben uns länger nicht gesehen, aber ich bin wirklich froh, dass er sich heute gemeldet hat. Und… natürlich, dass er mir das Leben gerettet hat.“, fügte er hinzu. Lukes Blick wanderte zu Dylan. „Nein, mir gegenüber hat er es ebenfalls nie erwähnt.“, sagte sie und Evan erkannte eine Spur Trotz in ihrer Stimme. Scheinbar hatte Lukes Überraschungsbesuch im Krankenhaus doch nicht den gewünschten Effekt gehabt, den sich dieser erhofft hatte. „Wir sind aber natürlich froh, dass dir nichts gröberes zugestoßen ist. Was deinen Bruder angeht… werden wir ihn demnächst noch öfter zu Gesicht bekommen?“, fragte Dylan interessiert. Evan überlegte nun etwas. „Ja, mal sehen.“, gab er keine konkrete Antwort. Im Stillen jedoch hoffte er es sehr. Immerhin war er sein kleiner Bruder. London – Anomaly Research Center „ARC“ Mac Rendell brauchte beinahe 5 Minuten bis er sämtliche Sicherheitstüren überwunden hatten. Die Vorkehrungen waren seit seiner Abreise sogar noch verstärkt worden, allerdings kein Wunder, wenn man bedachter wie viele Kreaturen im Tier-Sektor des ARCs inzwischen lebten. Doch Mac erlaubte sich kein Urteil darüber zu bilden ob diese wirklich Artgerecht gehalten wurden. Sie waren es, die sich Zutritt in ihre Welt verschafften, also sollten sie auch mit den Konsequenzen leben. Als Mac seinen Sicherheitsausweis wegsteckte, fragte er sich wozu es überhaupt noch einen Lockdown gab, wenn man ohnehin so gut wie unmöglich hinein und heraus kam. Aber aufgrund vergangener Ereignisse wurde das ARC zu einem der am besten gesicherten Stützpunkte Englands. Vermutlich besser als der MI5. Mac schritt nun den Gang zur Kommando-Zentrale entlang, der äußerst unbesetzt wirkte. Natürlich, es war bereits spät und die meisten Wartungsarbeiten an den Geräten waren bereits abgeschlossen. Nur eine einsame Gestalt hockte vor einem der Computer und war im Prinzip nicht mehr aus dem täglichen Vorgang wegzudenken. „Guten Abend, schöne Lady.“, grüßte der Captain Jess Parker, die überrascht zu ihm aufsah. Damit hatte er nicht übertrieben, denn Jess trug heute nicht ihre üblichen Klamotten, sondern ein schwarzes Abendkleid. „Mac, du noch hier? Geht dein Flug nicht schon morgen früh?“, hakte sie nach. Der Captain seufzte und nickte zustimmend. „Ja, aber der Boss will mich noch einmal sprechen bevor ich abreise.“, erklärte er. Mac hatte die letzte Woche im Prinzip nichts anderes getan, als dem Minister in einem Top-Secret Gespräch über die Vorkommnisse in Vancouver Bericht zu erstatten. Auch eine mögliche Invasion in der Zukunft ließ er nicht aus. Der Minister weigerte sich jedoch geradezu strickt daran zu glauben und erzählte etwas von alternativen Zeitlinien. Die falsche Einstellung wie Mac fand, denn wenn Kyle nicht log, sah diese Welt einer großen Gefahr entgegen. „Verstehe. Er ist in seinem Büro, aber kannst du mir einen Gefallen tun? Sag mir ob er gerade gute oder schlechte Laune hat. Ich habe heute noch ein Date und will ihn bitten etwas früher gehen zu dürfen.“, bat Jess flehend. Mac versprach es ihr und erklärte sich somit gleich ihr Outfit. Mit wem sie ein Date hatte hinterfragte er nicht, er wollte das Gespräch einfach schnell hinter sich bringen. Er ließ Jess weiterarbeiten und trabte in Richtung Büro. Vorsichtig klopfte er und wartete ab. „Herein.“, rief eine tiefe Stimme. Mac öffnete die Tür und trat ins Büro. Er schloss sie wieder und nahm militärische Haltung an. „Setzen.“, sagte James Lester, der hinter seinem Schreibtisch kauerte und einige Papiere durchging. Mac folgte der Aufforderung und nahm vor dem Leiter des ARC Platz. Lester sah zu ihm hinüber und verkreuze die Hände. „Sie reisen morgen bereits wieder ab? Gefällt es Ihnen nicht bei uns?“, hakte er nach. Macs Augenbrauen schoben sich nach oben und er wirkte verblüfft. „Natürlich tut es das, Sir, ich liebe London.“, beharrte er. Lester nickte und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. „Ja, das kann ich verstehen. Es ist so, ich habe in letzter Zeit oft an den Ruhestand gedacht.“, verriet er. Das überraschte Mac noch wesentlich mehr. „Ich dachte dabei an eine schöne Südsee-Insel in der Karibik. Ich kaufe mir ein schönes Strandhaus, kann jederzeit die Fenster geöffnet lassen und vielleicht besuchen mich hin und wieder kleine Eidechsen. Nicht so große wie mit denen ich es hier zu tun bekomme. Einfach ein schickes, kleines, altmodisch Häuschen. Vielleicht mit einem Baum der aus dem Wohnzimmer herauswächst.“, schwärmte Lester weiter. Mac zögerte nun, da er absolut nicht wusste, worauf der ARC-Leiter hinauswollte. „Sir, auf mich machen Sie eigentlich nicht den Eindruck, als könne Ihnen sowas gefallen. Sie lieben London doch genauso wie ich und die Hitze in der Karibik würde Sie zu Grunde richten.“, erlaubte sich der Captain zu sagen. Lester nickte abrupt. „Sie haben recht. Die Kälte in London liegt mir mehr und auch von Ruhestand halte ich nichts, denn ohne mich würde der Laden hier doch ehrlich gesagt den Bach runtergehen. Nein, worauf ich hinaus wollte war, dass für jeden irgendwann einmal Veränderungen anstehen. Wie war Ihr Jahr bei diesen Leute, die Polo mitten auf rutschigen Eisflächen spielen?“, wollte er wissen. Mac musste kurz nachdenken. „Sie nennen es Eishockey, aber ja, dieses Jahr war definitiv eine interessante Erfahrung. Die Leute dort sind sehr speziell, aber es ist mir eine Ehre mit ihnen zu arbeiten.“, verriet er. Lester spitzte die Lippen und fuhr fort. „Ich bezog mich mehr auf Ihr erstes eigenes Kommando. Hat es Ihnen zugesagt?“ Mac schluckte. Wollte ihn Lester etwa überprüfen ob er der Aufgabe wirklich gewachsen war? „Ich danke Ihnen für dieses Kommando und hoffe ich habe es zu Ihrer Zufriedenheit erfüllt. Und ja, ich fühle mich ihm durchaus gewachsen.“, versicherte er. Lester nickte. „Aber ich hörte Evan Cross, der eigentliche Gründer des Anomalienteams wäre wieder zurück, ist das richtig?“ Mac zögerte etwas, bejahte dann aber. Lester lehnte sich noch weiter in seinen Stuhl zurück und sah den Captain prüfend an. „Ich habe Sie heute hergebeten, weil ich Ihnen einen Vorschlag machen wollte. Ob Sie ihn annehmen oder nicht liegt natürlich nur bei Ihnen. Es ist eine Gelegenheit, doch allein Sie entscheiden ob Sie sie annehmen.“, verkündete Lester nun ernst. Mac ging einen Moment inne und verarbeitete das Gesagte. Dann wurde er lockerer und sah seinen Boss erwartend an. Er wollte sich anhören, was für ein Angebot dieser für ihn bereithielt. „Ich höre.“, sagte er gespannt. Kapitel 8: [Folge 06] Gnadenlose Welt ------------------------------------- Vancouver – Maitland-Street Billy Tune musste zugeben, noch nie so spät ins Bett gegangen zu sein wie heute. Geradezu ehrfürchtig starrte er die große Wanduhr im Wohnzimmer an und erkannte, dass es schon halb 11 war. Grund dafür war, dass sein Vater ihm versprechen musste, den neuesten Disney-Film ansehen zu dürfen. Doch wegen einer Nachrichtenunterbrechung besaß dieser nun Überlänge und Billys Vater akzeptierte die Begründung, dass er natürlich unbedingt erfahren musste wie der Film ausging. Wenn er das morgen in der Schule erzählen würde, würden ihn seine Klassenkameraden bestimmt cool finden. Besonders Garett dieser Angeber, der immer behauptete bis Mitternacht aufzubleiben, was ihm aber keiner abkaufte. Der Film hatte ein Happy End, Billy hatte es nicht anders erwartet. Sein Vater erhob sich und griff nach der Fernbedienung, gerade als der Abspann begonnen hatte. Er schaltete das Gerät auf und erhob sich. „So, jetzt genug für heute!“, entschied er und hob seinen Sohn hoch. Er trug ihn in Richtung seines Schlafzimmers und stieß die Tür mit seinem Ellbogen auf. Im Kinderzimmer war es ruhig, bis auf den Wind der durch ein geöffnetes Fenster pfiff. Sein Vater legte Billy ins Bett und schlenderte zum Fenster um es zu schließen. Danach deckte er den Jungen zu und strich ihm nochmal fürsorglich über die Haare. „Und jetzt schlaf schnell, damit du morgen in der Schule nicht gähnen musst.“, schärfte er ihn ein und wünschte ihm noch eine gute Nacht. Billy tat es ihm gleich und kurz darauf war sein Vater aus dem Zimmer verschwunden. Der Junge war sich sicher in dieser Nacht ruhig schlafen zu können, denn besonders aufwühlend war der Film nicht gewesen. Er vergrub seinen Kopf unter der Decke und schloss die Augen. Nach zwei Minuten war er beinahe eingeschlafen, als ihn ein kratzendes Geräusch weckte. Billy riss die Augen auf und sah in die Finsternis. Nur der Mond spendete Licht, doch das Fenster war geschlossen. Erst nahm er an, es wäre nochmals aufgegangen, was das Kratzen erklärt hätte. Doch dem war nicht so. Er blickte zur Tür und diese war geschlossen. War sie etwa einen Spalt breit offen gewesen und sein Vater hatte sie leise geschossen? Vermutlich. Billy ließ seinen Kopf wieder auf sein Kissen fallen und ließ die Augenlieder sinken. Nach wenigen Sekunden ertönte das Kratzen erneut. Es erinnerte wie das einer Katze, die gegen das Holz einer Tür kratzte, weil sie entweder hinein oder hinaus wollte. Doch Billys Familie besaß keine Katze. Er starrte gerade aus und sein Blick viel auf den großen Wandschrank auf der anderen Seite des Zimmers. Das Kratzen fuhr fort und Billy bekam es mit der Angst zu tun. „Papa! Papa!“, rief er hastig nach seinem Vater und nicht einmal eine halbe Minute später kam dieser bereits ins Zimmer gestürmt. Mit seiner rechten Hand tastete er die Wand entlang und fand gleich darauf den Lichtschalter. Er wirkte besorgt und torkelte sofort zu seinem Sohn. „Was hast du denn, Junge?“, fragte er. Billy schluckte und zeigte zum Wandschrank. „Da… da war so ein Kratzen im Schrank. Ich glaube… ich glaube, da ist ein Monster drin!“, erzählte er mit zittriger Stimme. Sein Vater seufzte und strich seinem Sohn über die Haare. „Ach Junge. Du hast nur schlecht geträumt, sowas kommt vor.“, unternahm er einen Versuch ihn zu beruhigen. Billy schüttelte jedoch hurtig den Kopf. Er war sich sicher, nicht geträumt zu haben. „Nein, das war als ich noch wach war! Irgendwas hat da drin gegen die Tür gekratzt weil es hinaus wollte!“, beharrte er. Sein Vater verdrehte die Augen, Billy hasste es, wenn man ihn wieder einmal nicht glaubte. „Monster gibt es nicht, verstehst du? Weder unter deinem Bett noch im Wandschrank.“, erklärte er dem Jungen. Billy reagierte nun beleidigt und presste die Lippen zusammen. „Nie glaubst du mir!“, beschwerte er sich. Sein Vater hob nun resigniert die Hände und nickte. „Also gut. Wenn ich nachsehe und dir zeige, dass da wirklich kein Monster drin ist, bist du dann brav und schläfst?“, hakte er nach. Billy pochte noch einmal darauf, dass er wirklich etwas gehört hatte, doch schließlich versprach er es. Sein Vater schritt zielstrebig auf den Schrank zu und griff mit beiden Händen nach den Henkeln. Er hob sie an und drehte den Kopf zu seinem Sohn um. „Siehst du? Keine Monster.“, rief er ihm zu, während er die Türen des Schranks aufzog. Als er seinen Kopf wieder wand, traute er seinen Augen nicht. Wo waren die Klamotten seines Sohnes hin? Die schwere Kiste mit den Spielzeugen? Stattdessen stand er vor einem hellen, pulsierenden Licht, dessen Fragmente immer wieder umherkreisten und wunderschön wirkten. „Was zum Teuf…“, murmelte er noch, bevor sich etwas hindurch schob. Es wirkte im ersten Moment wie eine grüne, mit Schuppen besetzte Hand mit Klauen die sich nun über sein Gesicht stülpte. Sie zog Billys Vater in das Licht, direkt hinein in sein Verderben. Billy, der das Schauspiel verfolgte begann wie am Spieß zu schreien. Er hatte trotz allem recht gehabt. Da WAR ein Monster! Cross-Photonics Als Mac Rendell den Vordereingang betrat wurde er umgehend von der charmanten Empfangsdame begrüßt. „Mister Rendell, Sie sind schon zurück?“, fragte sie freundlich und der Captain nickte. „Ja, ich komme frisch vom Flughafen. Ist Mister Cross bereits hier?“, hakte er nach. Die Frau musste erst in ihren Computer sehen, um ihm diese Frage beantworten zu können. „Laut dem System hat Mister Cross’ Sicherheitskarte vor 23 Minuten eingecheckt.“, informierte sie ihn. Mac dankte ihr und schritt zum Fahrstuhl. Er zog seine eigene, womit der Weg zur Kommando-Zentrale der Firma freilag. Er wartete geduldig bis er diese erreicht hatte und war kurz darauf am Kernpunkt des Gebäudes angelangt. „Hey! Hat einer schon das Überwachungsband des Saurierparks?“, vernahm er die Stimme von Toby Nance. „Ja, aber wir konnten es löschen. Keine Spur mehr von unseren Leuten. Detective Harlow hat uns mitgeteilt, dass die beiden Leichen als Tierangriff eingestuft wurden.“, antwortete ihr ein junger Mann mit Brille. Mac schritt zu der Mitarbeiterin, doch diese wirkte sehr beschäftigt. „Mac! Ich wusste nicht, dass du schon zurück bist.“, sah sie überrascht von ihrem Platz auf. Dieser gab sich nun etwas eingeschnappt. „Demnach hast du mich also nicht vermisst.“, stellte er trocken fest. Toby versuchte festzustellen, ob der Captain wirklich beleidigt war, doch scheinbar triezte er sie nur. „Habt ihr ohne mich die Stellung halten können?“, erkundigte sich, bevor sie antworten konnte. Toby nickte schnell und versicherte ihm, dass alles unter Kontrolle war. Daraufhin steuerte er sein nächstes Ziel an, den Raum neben seinem Büro. Zu seinem Glück war er besetzt und er klopfte leicht bevor er eintrat. Sam sah überrascht auf, rang sich dann aber sofort ein Lächeln ab. „Mac! Es ist schön, Sie wieder hier zu haben.“, sagte sie sofort charmant. Mac erwiderte das Lächeln und versuchte lockerer zu werden. „Auch schön wieder hier zu sein. Es gibt einiges, das ich mit Evan besprechen müsste, ist er in seinem… meinem Büro?“, hakte er nach, doch Sam musste verneinen. „Sie finden ihn im Besprechungsraum, Harold hat alle heute Morgen dorthin gebeten.“, berichtete sie. Mac dankte ihr und bat um einen kurzen Umriss der geschehenen Ereignisse, seit er Vancouver verlassen hatte. San erzähle, dass es nur eine Anomalie gegeben habe, doch beide Missionen abgeschlossen werden konnten. Evan und Donovan sollten leicht verletzt worden sein, hätten es aber bereits wieder überwunden. Mac dankte ihr für das Status-Update und machte sich dann zum Besprechungsraum auf. Durch das Fenster erkannte er, dass Sam ihn noch eine Weile nachstarrte und er seufzte. Auch wenn er in London sehr gefordert worden war, während seines Rückflugs hatte er doch einige Zeit zum Überlegen gehabt. In der Tat standen sogar große Veränderungen an, einige davon wollte er mit Evan besprechen. Er war gerade vor der Tür des Raums angekommen und streckte seine Hand nach dem Griff aus, als er von einem lauten Geräusch aufgeschreckt wurde. Im Prinzip kannte er dieses gut, gewöhnen würde er sich aber nie. Der Anomalienalarm in London war ein gänzlich anderer, soviel zum Thema, dass bei den Briten alles gesitteter zuging. Die Tür wurde aufgerissen und Luke stand ihm gegenüber. Beinahe wären sie aneinander gekracht, doch der Captain konnte sich schnell genug zur Seite drehen. Hinter ihm torkelten Evan und Dylan hervor und auch sie waren über das Auftauchen ihres Kollegen nicht minder überrascht. „Mac, wir haben gar nicht mit dir gerechnet.“, schien auch Dylan die Ankunft des zweiten Teamleiters quasi verdrängt zu haben. „Ja, ich komme direkt vom Flughafen, aber scheinbar habt ihr alles unter Kontrolle.“, erwiderte er. Evan nickte seinen Leuten zu und Luke und Dylan liefen schon mal voraus. „Du kommst gerade richtig, wie du siehst hat sich auch in Kanada das Anomalienproblem nicht gerade gebessert. Es sei denn du bist noch zu erschöpft vom Flug und möchtest aussetzen.“, bot er an. Mac musterte seinen Freund kurz. Stellte er ihn auf die Probe, oder war das Angebot ernst gemeint? Von England bis Kanada stellte sich nicht gerade ein großer Jetlag ein. Wollte Evan beweisen, dass er trotz eines Jahres Abwesenheit nichts verlernt hatte und die Aufgabe des Teamleiters mit Bravur weiterführen konnte? Mac hatte nie daran gezweifelt, doch das ARC hatte nun mal ihm den Job anvertraut und diesen würde er auch ausführen. „Na los, beeilen wir uns. Nach dem langen Sitzen im Flieger juckt es mir bereits in den Fingern.“, verriet er und zauberte ein Grinsen in Evans Gesicht. Dieser klopfte seinem Kumpel auf die Schulter und setzte sich dann in Bewegung. Wenige Sekunden später waren sie unten angekommen und Toby arbeitete bereits daran die Anomalie zu lokalisieren. „Ich hab’ sie! Maitland-Street, ich schicke euch den Fahrplan auf eure Smartphones.“, meldete sie, was dem Team reichte um ihre nächste Station anzuvisieren. „Und? Was haben die feinen Herren im vereinten Königreich gesagt?“, hakte Evan im Laufen nach. Mac zögerte nun etwas. „Sie können sich nicht mit dem Gedanken einer möglichen Invasion anfreunden und brauchen etwas Bedenkzeit. Und da die Politiker überall gleich sind, dürfen wir noch 10 Jahre warten.“, antwortete er, auch wenn er wusste, dass es in 10 Jahren zu spät sein dürfte. „Und… wie liefs mit deiner Beurteilung?“, fragte Evan nun etwas, dem Mac entgehen wollte. Er erinnerte sich an sein Gespräch mit Lester zurück und was dieser ihm vorgeschlagen hatte. „Oh, die sind natürlich ganz begeistert von mir. Ich wollte noch etwas mit dir bereden, aber ich denke, dass ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.“, erkannte er schnell. Evan stimmte ihm zu. Dass sich eine Anomalie in der MAitland-Street aufgetan hatte, bedeutete dass es eine bevölkerte Gegend war und Menschen in Gefahr waren. Wie nicht anders von Donovan zu erwarten, hatte er bereits alles nötige an Ausrüstung herangeschafft und lud sie gerade in den Van. Luke erklärte sich bereit die Koordinaten ins Navi einzuspeisen, damit das Team auch keine unnötige Zeit verlor. Besonders Luke und Dylan rüsteten sich augenblicklich mit den EMDs aus, um wett zu machen, dass sie an der letzten Mission nicht teilnehmen konnten. Nach kürzester Zeit waren sie abfahrbereit und Donovan startete den Wagen, um schnellstmöglich ihr Ziel zu erreichen. Vancouver – Maitland-Street Die Karte vom Navi abzulesen war eine Sache, auch die richtigen Routen zu befahren eine andere. Donovan hatte sich entschieden, dass die Autobahn die beste Lösung war, zumindest bis sie an der Ortschaft angekommen waren, zu der sie wollten. Donovan hatte die erstbeste Ausfahrt genommen und auf eine Hauptstraße eingebogen. Eine schlechte Idee, denn es war Rushhour und vor ihnen stapelten sich die Fahrzeuge nur so. Donovan blieb nichts übrig als sich in die Schlange einzureihen. Zwar waren sie zu einem Notfall unterwegs, doch es wäre schwierig gewesen das den Behörden zu erklären. Eine laute, bekannte Sirene wurde nun hörbar und raste in einem Höllentempo an dem Van vorbei. „Ein Krankenwagen.“, erkannte es Luke richtig. Donovan kurbelte das Fenster der Fahrerseite hinunter und rief dem Kerl vor ihnen etwas zu. Ein junger Mann im Cabrio blickte überrascht zurück. Der Ex-Major wollte von ihm wissen was los sei. „Keine Ahnung, ich glaube es geht nicht weiter weil weiter vorne ein Unfall passiert ist.“, rief er zurück und widmete sich wieder seiner Hupe. Von was für einem Unfall sprach er? Ein gewöhnlicher Auffahrunfall, oder… etwa ein Tierangriff? „Also gut, Donovan, Sie bleiben hier und rücken so schnell nach wie möglich. Der Rest von uns schlägt sich zu Fuß durch, damit sind wir garantiert schneller.“, entschied Evan. Donovan wollte protestierten, da er als taktischer Leitung für die Sicherheit des Teams verantwortlich war. Andererseits war es nicht möglich den Van einfach so stehen zu lassen. Er wünschte Evan und den anderen viel Glück und kurz darauf, stiegen diese mit Rucksäcken beladen aus. Das Team eilte den Gehsteig entlang und brauchte 10 Minuten um bis zur Unfallstelle zu kommen. Der Krankenwagen hatte bereits quer geparkt und die Sanitäter hatten das Fahrzeug verlassen. Sie rannten zu einem auf der Straße liegenden Mann mit blutverschmiertem Gesicht. Sie ließen sich auf die Knie fallen und setzten ihm eine Beatmungsmaske auf. Einer der Sanitäter befühlte den Puls und nutzte Erste Hilfe um den Verletzten zu stabilisieren. Mac fiel der Wagen auf, der gegen einen Laternenmast geprallt war. Kühler und Motorhaube waren Totalschaden, doch die brüchige Fensterscheibe passte nicht zum Rest. Sie war nicht zur Gänze zerbrochen, sondern in ihr prangte lediglich ein 1 Meter großes Loch. „Wird er wieder gesund?“, vernahm das CPT plötzlich eine Stimme und erkannte eine junge Frau in der Nähe des Opfers. Der Wagen direkt hinter dem Unfallfahrzeug stand mit abgestellten Motor und geöffneter Fahrertür da, er musste also ihr gehören. „Wissen wir noch nicht, Mam.“, meinten die Sanitäter und begannen damit das Unfallopfer auf eine Trage zu hieven, welche sie wenig später in den Krankenwagen transportierten. Mac gab den anderen ein Zeichen und nutzten die Gelegenheit um die Frau anzusprechen. „Verzeihen Sie, wir sind vom Wildtier-Kontrollteam. Haben Sie gesehen was hier vorgefallen ist?“, sprach der Captain sie an und die Frau starrte ihn mit geöffnetem Mund an. Schockiert begann sie zu hecheln, weshalb Dylan sie erst beruhigen musste. „Dann… dann habe ich dieses Ding wirklich gesehen? Aber… das soll ein Tier gewesen sein?“, stammelte sie ungläubig. Damit schienen sie ins Schwarze getroffen zu haben und der Verletzte war tatsächlich angegriffen worden. „Mam, ich weiß es ist schwierig, aber Sie müssen uns erzählen was Sie gesehen haben!“, hatte Dylan sie an den Schultern gepackt und leicht gerüttelt. Die Frau nickte immer wieder und versuchte klar zu denken. „Vorne… auf der Straße… da war dieser Mann. Nein, es war gar kein Mensch aber irgendwie wirkte er genau so. Er war groß, etwa 1.80 und ist mit riesiger Geschwindigkeit auf die Motorhaube des Fahrzeugs vor mir gesprungen. Es hat die Windschutzscheibe eingeschlagen und den Fahrer angegriffen. Dann ist der Wagen… oh mein Gott, er ist direkt gegen den Laternenmast gekracht.“, berichtete sie stockend. Während sich Dylan diese genauer ansah, versuchte Evan ihr noch weitere Informationen zu entlocken. „Haben Sie gesehen was mit dem Tier war? Oder können Sie es noch besser beschreiben?“, wollte er wissen. Er ließ der Frau einige Sekunden zum Verschnaufen, aber nicht zu viele, solange die Erinnerung noch frisch war. „Es… es ging einfach alles viel zu schnell. Ich weiß nur noch, dass es dunkelgrün war wie ein Salamander. Nach dem Unfall ist es weggekrochen.“, fügte sie hinzu. Luke hob sein Kinn, doch scheinbar war es nicht nur der Zoologe, dem gerade eine Idee kam. Mac überzeugte die Dame sich wieder in ihren Wagen zu setzen und auf die Streifenwagen zu warten. Er selbst eilte mit den anderen dann zum Wrack, wo bereits Dylan über den Boden gebeugt wartete. Evan dachte erst daran etwas zu sagen, konnte sich aber noch rechtzeitig dafür behüten. Wenn Dylan einen tierischen Tatort untersucht, brauchte sie Ruhe um die Spuren auszuwerten. Nachdem sie mit der Straße fertig war, begutachtete sie die Motorhaube und nickte. „Wie ich es mir dachte. Auf dem Boden und dem Blech sind Blutspuren, aber genauso jede Menge auf dem Fahrersitz. Wenn der Verletzte aus dem Wrack gezogen wurde, erklärt das nicht, dass die Spuren soweit auseinander sind.“, entgegnete die Expertin. Luke griff den Faden unverzüglich auf. „Das Blut muss demnach von der Kreatur stammen.“, kombinierte er schnell. Dylan stimmte ihm zu und wand sich an ihre Freunde. „Wissen wir mit was wir es zu tun haben?“ „Die Frau erwähnte eine manngroße, dunkelgrüne Bestie, die ihr Opfer mit großer Geschwindigkeit angefallen hat. Wenn ich raten müsste, würde ich auf einen Arborealen Raptor, einem Baumkletterer wetten. Er könnte das Fahrzeug als Anhöhe angesehen haben, in dem sich zusätzlich noch Beute befand.“, spekulierte er. Doch egal ob er mit seiner Theorie recht hatte oder nicht, fest stand, dass diese Kreatur gefährlich war und unbedingt außer Gefecht gesetzt werden musste. „Wie sieht es aus? Kannst du seine Spur verfolgen?“, wollte Evan von seiner Freundin wissen. Dylan beugte sich noch einmal nieder und bestätigte es ihm dann. „Ja. Die Blutspuren sind zwar gering, aber ich weiß wo dieses Vieh lang ist.“ Die Teammitglieder nickten einander zu und setzten sich in Bewegung. Außer Sichtweite der Unfallzeugen, öffneten sie ihre Rucksäcke und holten die EMDs heraus. Dylan verfolgte die Spur bis zu einer Bushaltestelle und wies dann auf die Querstraße vor ihnen. Sie wollten sie schon betreten, als Mac sie zurückhielt. Stumm deutete er auf das Straßenschild und seine Kameraden verstanden. „Maitland-Street.“, las Luke laut vor. Das war die Adresse an der sich die Anomalie geöffnet hatte. „Will das Ding etwa zurück? Was Besseres könnte uns doch gar nicht passieren.“, meinte der Student, doch Evan warnte ihn davor zu selbstsicher zu werden. Der Leiter von Cross-Photonics glaubte erst, dass die Gefahr gebannt war, wenn er zusah wie die Kreatur zurück durch die Anomalie ging, oder sie sie eben gewaltsam zurückdrängen mussten. Während Dylan der Spur folgte überprüfte Mac die Hausnummer, die Toby ihnen geschickt hatte. Doch beide kamen unabhängig voneinander zum selben Schluss. Sie fanden sich vor einem gemütlich aussehenden Häuschen wieder, welche man oft in solchen Vororten antreffen konnte. Der Gartenzaun war gebogen und bereits auf Anhieb erkannte das Team das zerbrochene Fenster im ersten Stock. „Wir gehen hinein.“, entschied der Captain und niemand besaß Einwände. Wenn eine Familie in Gefahr war, durfte keine Zeit verloren werden. Sie durchquerten den Hof und waren bald im Eingangsbereich angelangt. „Abgeschlossen.“, vermeldete Luke als er am Griff der Haustür zog. „Wartet, ich mach das schon.“, meinte Mac und kramte in seinem Rucksack. Evan glaubte eine Art Dietrich zu erkennen, mit dessen Hilfe der Captain die Tür in wenigen Augenblicken entriegelte. „Ähh… hätte ich auch geschafft.“, verteidigte Luke und alle schenkten ihm nur ein seichtes Lächeln. Evan erinnerte sich, dass sowohl dieser Mac als auch der Mac der alten Zeitlinie in den ärmeren Vierteln Englands aufgewachsen waren. Zumindest bis sie 19 waren, denn ab da trennten sich die Lebenswege der beiden. Einer bewarb sich beim Militär und wurde einige Jahre später Teil des Anomaly Research Centers, an der Seite von Männern wie Connor Temple und Captain Becker. Der andere wurde von Evan selbst nach Vancouver geholt und von ihm eingestellt. Eigentlich hatte er vorgehabt Mac von einem traurigen Schicksal zu bewahren, doch nichts war so grausam wie die Zeit. Und sie vergab nicht. Sein Mac starb erneut als er seinen besten Freund retten wollte. Die Zeit und das Schicksal holten sich das zurück was ihnen gehörte und erschufen Mac Rendell neu. Und nun stand dieser Mann hier, direkt vor Evan. Er war zurückgekehrt, damit sie erneut Seite an Seite kämpfen konnten. Die Tür war auf und der Gang dahinter frei. Der Captain machte den Anfang und sicherte den Eingang. Er gab den anderen ein Zeichen und diese folgten ihm. Zuerst inspizierten sie die Küche, dann Toilette und Schlafzimmer. Als sich auch im Wohnzimmer nichts regte, verwies Dylan auf die hölzerne Treppe, die hinauf in den ersten Stock führte. Alle atmeten noch einmal durch, dann wagten sie sich hinauf. Auch im Gang des oberen Stocks war es ruhig. Es existierten lediglich zwei Zimmer und Mac und Evan sicherten das Erste. Es war lediglich ein Badezimmer und nichts Verdächtiges daran. Es blieb nur noch ein Raum, wo sich jemand… oder etwas verstecken konnte. Die Tür war nur angelehnt, doch Evan trat sie mit ganzer Kraft auf. Das Team trat ein und erkannte sofort an der bunten Dekoration, dass es sich um ein Kinderzimmer handeln musste. „Evan!“, rief Dylan und weis nach rechts. Es dauerte nicht lange, bis auch die anderen die Anomalie bemerkten, die in mitten des Kleiderschrankes pulsierte. „Verschließen.“, befahl der Teamleiter und Luke legte seinen Rucksack ab und öffnete ihn. Er holte das Verschließgerät heraus und positionierte es vor der Anomalie. Nach ein paar Tastendrücken sammelten sich die Fragmente zu einer großen Kugel und das Portal wurde verschlossen. „Safe.“, konnte er berichten. Evan hätte diese Ansicht gerne geteilt, doch noch war nicht klar, ob die Kreatur wieder in ihre Zeit zurückgegangen war. Mac drehte sich einmal, doch nichts Auffälliges in dem Kinderzimmer. Dann das Jauchzen. Es war nur kurz, aber deutlich hörbar. Das Team geriet in Alarmbereitschaft und sah sich nach möglichen Verstecken um. „Das Bett!“, schrie Dylan und gemeinsam mit Evan und Mac kreiste sie es ein. Der Spalt darunter war nur dünn, kaum vorstellbar, dass sich darunter ein Raptor verbergen konnte. Evan senkte nun sein EMD und bat Dylan mitanzupacken. Mac wollte noch wissen was er vorhabe, doch da hatte er bereits angepackt und damit begonnen das Bett zu verschieben. Dylan half ihm ohne zu zögern und bald darauf hatten sie das Möbelstück versetzt. Vor ihnen kauerte nun ein etwa sechsjähriger, kleiner Junge der sich die Arme über den Kopf geschlagen hatte und lautstark wimmerte. „Hey! Hey! Es ist alles in Ordnung, wir wollen dir nichts tun.“, unternahm Evan sofort einen Versuch das Kind zu besänftigen. Dylan drängte sich an ihm vorbei und kniete sich auf den Boden. Sie schlang ihre Arme um den Jungen und zog ihn an sich. „Es ist alles gut, hörst du? Alles gut.“, flüsterte sie ihm ins Ohr und wartete bis er aufhörte zu zittern. „Mama?“, rief der Junge ängstlich und Dylan strich ihm über den Kopf. „Nein, deine Mama ist nicht hier. Aber ich bin auch ganz lieb, das kannst du mir glauben. Du bist bei mir sicher.“, redete sie ihm gut zu. Das Kind blickte zu ihr auf und versuchte anhand ihrer Augen zu lesen, ob sie es ehrlich meinte. „Wie heißt du denn, Kleiner?“, fragte Mac langsam, doch der Junge begann wieder sich zurückzuziehen und Dylan warf dem Soldaten einen erbosten Blick zu. Dieser beschloss daraufhin sich zurückzuziehen, denn eine Frau war für diesen Job wirklich besser geeignet. „Verrätst du mir deinen Namen?“, versuchte nun Dylan ihr Glück. Der Junge zögerte, gab dann aber nach. „Billy.“, erzählte er und Dylan lächelte ihn an. „Das ist ein sehr schöner Name, weißt du? Wo sind denn deine Eltern?“, startete sie den nächsten Versuch. Nun riss Billy die Augen auf und begann zu weinen. „Mama ist auf einer Reise. Aber… Papa! Dieses Monster in meinem Schrank hat Papa geholt!“, stieß er hervor. Evan erkannte nicht nur in seinen Augen, sondern auch denen von Dylan nun eine große Traurigkeit. Wenn die Kreatur Billys Vater wirklich durch die Anomalie gezogen hatte, kam für ihn jede Rettung zu spät. Dylan strich Billy nun über die Wange und strich die Tränen mit ihren Daumen weg. „Du musst jetzt ganz tapfer sein, hörst du? Weißt du noch wie dieses Monster aussah und wohin es gegangen ist?“, wollte sie wissen. Billy brauchte etwas bis er antworten konnte, doch diese Zeit musste sie ihm einfach zugestehen. Der Junge hatte gerade seinen Vater durch ein Urzeitwesen verloren, etwas, dass das CPT eigentlich verhindern sollte. „Es… war ein Echsenmensch!“, brach es aus ihm heraus. Evans Augen weiteten sich. „Was hast du gesagt?“, fragte er mit erhobener Stimme, bemerkte aber schnell, dass dies nicht dazu beitrug die Lage zu meistern. „Weißt du, Billy, wir sind Polizisten! Wir sind hier um das böse Monster einzufangen. Deswegen musst du uns verraten was du mit Echsenmensch meinst.“, fuhr sie fort. Billy schluckte und fuhr fort. „Es sah aus wie ein Mann! Wie dieser komische, kleine Troll aus Herr der Ringe, nur viel größer!“, sagte er. Ein kurzes Räuspern von Luke. „Also Gollum ist eigentlich kein Troll, sondern lediglich ein Hobbit, der…“, wand er ein, wurde aber mit düsteren Blicken seiner Teamkameraden zum Verstummen gebracht. Dylan konnte Billy davon überzeugen fortzufahren. „Er hatte überall Schuppen, wie ein Dinosaurier! Er ging auf zwei Beinen und hatte eine total breite Nase.“, erzählte er. Evan stieß einen Fluch auf und wand sich zur Anomalie. Nein, Luke hatte mit seinem Verdacht falsch gelegen. Es handelte sich definitiv um keinen Raptor, sondern um etwas noch viel gefährlicheres. Da der Zoologe aber sowas noch nie zu Gesicht bekommen hatte, konnte man über die Fehleinschätzung hinwegsehen. Doch Evan war diesen Kreaturen bereits begegnet, auch wenn er sich ungern daran zurückerinnerte. Mac fing seinen besorgten Blick auf und schritt zu ihm. „Du wirkst, als wüsstest du womit wir es zu tun haben.“, flüsterte er. Evan nickte langsam. „Ich und Kyle haben dir doch von ihnen erzählt, weißt du noch?“ Nun wurde auch Mac regelrecht blass und konnte kaum glauben was er da hörte. „Diese Bestien aus der Zukunft? Heißt das, wir haben es wirklich mit einem dieser Monster zu tun?“ Evan hätte am liebsten verneint, doch er konnte es nicht. „Und du hast dich gleich unter deinem Bett versteckt? Das war sehr tapfer von dir. Hast du auch gesehen wie das Monster wieder zurückkam?“, hakte Dylan nach. Billy nickte nun hastig. „Ja, es kam vorhin zurück, hat mich aber nicht bemerkt!“, sagte er mit einem Funken Stolz in seiner Stimme. Dylan atmete erleichtert auf. „Also ist es wieder in dieses glitzernde Licht da gegangen, ja?“, glaubte sie den Jungen richtig verstanden zu haben. Doch Billy schüttelte den Kopf. „Nein, es ist hochgeklettert! Ganz nach oben auf das Dach!“, sprach er und zeigte über sich. Das Team hatte gar keine Zeit mehr die Information zu verarbeiten, denn das Geräusch von noch mehr zersplitterndem Glas war zu hören. Mit unglaublichem Tempo war etwas auf die Fensterbank gesprungen und kreischte die Gruppe nun an. „Vorsichtig!“, schrie Mac und versuchte seine Waffe zu heben. Doch das Wesen war zu schnell und sprang in den Raum. Aufgrund der vielen Personen schien sich der humanoide Raptor erst orientieren zu müssen, wen und vor allem ob er angriff. „Luke! Öffne die Anomalie!“, schrie Evan und dieser stürzte sich sofort auf das Verschließtgerät. Billy brüllte wie am Spieß und Dylan presste ihn stark an sich um ihn vor der Bestie zu schützen. Die Kreatur sprang nun auf das verschobene Bett und im selben Moment öffnete sie die Anomalie im Wandschrank erneut. Der humanoide Raptor hopste erneut von einem Fleck auf den anderen, kurz bevor ihn Macs Impuls des EMDs treffen konnte. Er befand sich nun direkt auf dem Wandschrank und bevor das Team ihre Waffen auf ihn richten konnte, hangelte er sich hinab und verschwand durch das Portal. „Schließen!“ Auch ohne Evans Befehl, hätte Luke augenblicklich auf die nötige Taste gedrückt. Die Anomalie verformte sich wieder zu einer Kugel und ließ nichts mehr durch. Evan kam zu dem Studenten geeilt und griff ihm kurz auf die Schulter. „Ruf einen Krankenwagen, die sollen sich um den Jungen kümmern.“, trug er ihm auf und Luke versprach das sofort zu erledigen. Während er ins Erdgeschoss hinuntereilte, sah sich der Teamleiter die Anomalie genauer an. „Ob sie in dieselbe Zeit führt, aus der ich und Kyle geflohen sind?“, fragte er sich. Mac legte nun seinen Rucksack ab und holte ein Gerät heraus. Es besaß ein ähnliches Design wie das Ortungsgerät, doch Evan kannte es dennoch nicht. Der Captain betätigte ein paar Tasten und hielt es in Richtung Anomalie. „Was ist das?“, hakte Evan nun doch nach. Mac befeuchtete sich die Lippen und antwortete ihm, ohne ihn anzusehen. „Ein kleines Mitbringsel aus London, ein Datierungsgerät, Connor nennt es Date Finder, damit finden wir heraus woher unser Freund herkam.“, berichtete er. Evan hob beide Augenbrauen und fragte sich, was Mac sonst noch für Spielzeug mitgebracht hatte. „Und? Wohin geht sie? Ins Jahr 2052?“, hakte er nach, denn in dieser Zeit war er gelandet, nachdem er die Kreidezeit verlassen hatte. Mac presste nur die Lippen zusammen und gab ein ‚Hm’ von sich. Er stellte Evans Geduld hart auf die Probe, doch dann antwortete er ihm. „Der Date Finder hat das jetzige Datum benutzt und die zusätzliche Zeit angerechnet. Mit anderen Worten, diese Anomalie führt etwa 5356 Jahre in die Zukunft.“ Damit verdutzte er Evan für einen Augenblick, der versuchte seinem Freund zu folgen. Auch Dylan, die Billy immer noch im Arm hielt war von der Verkündung überrascht. „Moment! Dann führt diese Anomalie direkt…“, wollte sie sagen, wurde aber von Evan unterbrochen. „Ins Jahr 7370.“, sagte dieser, auch wenn die Rechnung an sich recht einfach war. „Wow…“, konnte seine Freundin nur beisteuern. Sie und Evan waren bereits einmal in die Zukunft gereist, doch lediglich etwas mehr als 200 Jahre. Über 5000 Jahre hingegen nahmen eine gänzliche neue Dimension an. Auf der anderen Seite war es logisch. Diese humanoiden Raptoren, so intelligent sie auch waren, besaßen menschliche Züge. Es musste schon sehr viel Zeit vergangen sein, wenn sie sich auf jenen entwickelten, oder sofern Kyle recht hatte, aus ihnen mutierten. Evan bückte sich und hantierte an dem Verschließgerät herum. „Was hast du vor?“, wollte Mac wissen. „Wir müssen durch und untersuchen wie es soweit kommen konnte. Wenn es Aufzeichnungen in der Zukunft gibt, dann finden wir bestimmt eine Möglichkeit die Invasion zu verhindern.“, sagte er entschieden. Mac hingegen glaubte nicht was er da hörte. Er stieß Evan vom Gerät weg und dieser starrte ihn erbost an. „Bist du verrückt geworden? Du hast die Kreatur gesehen, wenn dort noch mehr herumlaufen, ist das reiner Selbstmord!“, blaffte er seinen Freund an. Evan erhob sich und schubste Mac zur Seite. „Nein, du verstehst nicht! Das ist vielleicht unsere einzige Chance, so eine bekommen wir nie wieder.“, verteidigte er sein Vorhaben. Billy begann wieder zu heulen, doch die beiden Alphatiere beachteten ihn nicht weiter. Evan stürzte erneut zum Verschließgerät, doch Mac richtete nun sein EMD auf den Teamleiter. „Evan, ich will das nicht tun.“, sagte er ausdrucksstark und entschlossen. Wie sich Evan entschieden hatte, würde der Captain nie mehr erfahren. Wenige Sekunden später schloss sich die Anomalie von selbst und es war keine Spur mehr davon, dass sich in dem Wandschrank je etwas anderes als Kleidung befunden hatte zu sehen. „Hey, der Krankenwagen ist schon unterwegs!“, hustete Luke, der wieder im ersten Stock angekommen war. Sofort nahm er die angespannte Situation im Zimmer wahr. Die Anomalie war verschwunden, doch das Kind weinte und Evan und Mac funkelten einander böse an. Evan erhob sich und begann damit die Sachen des Teams zusammen zu sammeln. Bevor er den Raum verließ drehte er sich noch zu seinem Freund um. „Alles was weiter geschieht… ist deine Schuld.“ Cross-Photonics Kyle hastete die Treppe nach oben und hüstelte leicht, als er im Korridor zur Tiefgarage angelangte. Von weitem erkannte er bereits den schwarzen Van, der sich im Cross-Photonics Gebäude zurückmeldete und parkte. Es hatte damit begonnen, dass er sich große Sorgen um seine neuen Verbündeten gemacht hatte, die er inzwischen bereits als Freunde ansah. Er hatte Toby über die Schulter gesehen, während die sich in das System der Verkehrszentrale hackte. Es dauerte etwas, bis es ihr gelungen war die passende Kamera zu finden und das Videomaterial auszuwerten. Darauf war zu sehen, wie eine echsenhafte Kreatur einen Autofahrer angriff und schwer verletzte. Sie teilte dem Team ihre Informationen mit, doch dieses befand sich bereits am Tatort und hatte sich einen Überblick verschafft. Kyle hatte Toby beinahe weggestoßen und den Bildschirm zu sich gedreht. Mit weit aufgerissenen Augen hatte er die Bestie angestarrt, die so fremd in dieser Welt war. Und dieser Zeit. „Nein… das stimmt so nicht.“, hatte er gemurmelt und dann versucht Evan zu erreichen. Doch diese konnte nur bestätigen, was der Mann aus der Zukunft in der Aufnahme gesehen hatte. Das Wesen das sie diesmal jagten war ein Rap, einer der humanoiden Raptoren, die Kyles Gegenwart besetzt hatten. Die ihm alles geraubt hatten… Die Mitglieder des Teams stiegen aus dem Van und ihren Gesichtern nach, war nicht alles nach Plan gelaufen. „Hey, wie ist es verlaufen?“, fragte Kyle unsicher, denn er kannte die Kreatur, mit der es seine Verbündeten heute zu tun hatten. „Miserabel! Und das ist alles seine Schuld!“, verwies Evan auf Mac. Dieser stieß einen kurzen Lacher aus. „Ich habe mich wohl verhört! Ich habe dir das Leben gerettet, verdammt noch mal! Unser furchtloser Anführer wollte gleich durch die Anomalie in die Zukunft, auch wenn er dort augenblicklich in Stücke gerissen worden wäre.“, blaffte er. Evan schüttelte nur immer wieder verständnislos den Kopf. „Das wäre unsere einzige Chance gewesen, herauszufinden was in der Zukunft passiert ist. Der alte Mac hätte mir sofort zugestimmt und mir seine Unterstützung angeboten!“, beharrte er darauf. Mac stolzierte nun auf ihn zu und drückte ihn zwar nicht hart, aber eindrucksvoll gegen den Betonpfeiler der Tiefgarage. „OK, hier eine Info für dich. Mein Name ist Captain Mac Rendell und ich gehöre zur royalen, britischen Armee. Ich bin nicht dein Mac, den dieser ist soweit ich weiß bei genauso einer selbstmörderischen Mission abgekratzt.“, führte er ihn vor. Evan schluckte und starrte ihn ungläubig an. „Selbstmörderisch? Er hat ohne zu zögern sein Leben gegeben nur um meines zu schützen!“, erinnerte er. Mac starrte seinen Gegenüber weiterhin unverhohlen an. „Das scheint bei dir ja Öfter der Fall zu sein. Die Leute müssen deine vorschnellen und egoistischen Entscheidungen tragen, kein Wunder, dass die meisten am Ende draufgehen. Nein, dein Mac und ich haben rein gar nichts gemeinsam, denn so ein Idiot wie er bin ich nicht.“, redete er weiter auf Evan ein. Dieser riss sich nun los und stieß sein Knie in Macs Magen. Dieser keuchte auf, doch als Soldat waren seine Reflexe gut trainiert. Er griff nach Evans Hemd und setzte mit der anderen zum Schlag an. Evan wich auf und die Faust traf lediglich den Betonpfeiler. Evan wiederum nutzte die Gelegenheit um Mac seine Faust ins Gesicht zu rammen. Dieser stürzte, doch die Hand am Hemd verursachte, dass auch Evan zu Boden krachte. Der Captain versuchte sich von dem Ballast zu befreien und rollte sich zur Seite, so damit Evan nun unter ihm lag. Er holte aus und seine Faust traf Evans Kinn. Ein leichtes Knirschen war zu hören und Mac hätte weitergemacht, wären nicht Dylan und Kyle hinter ihm aufgetaucht und hätten ihn nach oben gezogen. Donovan griff nach Evans Schultern und half ihm ebenfalls beim Aufstehen. Der Teamleiter tastete seinen Kiefer ab, unterbrach den Blickkontakt zu Mac aber keine Sekunde. „Was zum Teufel bildet ihr euch ein? Ihr seid zwei erwachsene Männer, also verhaltet euch auch so! Gerade weil wir beide nun unsere Teamleiter seid, müsst ihr zusammenarbeiten!“, versuchte Dylan die beiden Streithähne zu besänftigen. Mac riss sich los, ging zu ihrem Glück aber nicht nochmals auf den Cross-Photonics Leiter los. „Nein, das siehst du falsch. Evan Cross ist ab sofort raus aus dem Team. Ich allein werde es in Zukunft führen, denn offensichtlich hat sich unser vermeintlicher Held zulange Abseits der Zivilisation aufgehalten um noch zu wissen was Vernunft ist.“, warf er seinem Kampfpartner vor. Evan stieß ein heißeres Lachen aus. „Was genau soll das werden? Ich war es der Cross-Photonics aufgebaut hat und das Anomalienteam! Du hast dich hier doch nur reingedrängt um meinen Platz zu füllen. Du warst lediglich mein Ersatz.“, warf er Mac vor. Dieser schüttelte unverzüglich den Kopf. „OK, du willst so weitermachen wie früher? In diesem Fall wird das Anomaly Research Center sämtliche Unterstützung einstellen. Das schließt die EMDs, die Verschließgeräte, sowie alle wertvollen Informationen ein, die wir mit euch geteilt hätten.“, drohte er. Das verpasste nicht nur Evan einen Schock, sondern auch den anderen. Aufgrund der ARC-Technologie waren sie besser ausgerüstet und hatten seither keine Verluste mehr erleiden müssen. Aber auch Macs Teilnahme an dem Projekt war von unschätzbarem Wert. „Ich wiederhole es nochmal. Entweder zu trittst von deinem Posten als Teamleiter zurück oder ich werde es tun.“, schien der Captain einfach nicht mehr mit Evans Leichtsinn klar zu kommen. Doch wenn er sein Team, seine Freunde fast ungeschützt zu Missionen schickte, war das nicht noch viel leichtsinniger? „Denk darüber nach.“, sagte Mac noch, bevor er sich zurückzog. Dylan versprach den anderen mit ihm zu reden und lief ihm hinterher. Evan stieß ein Schimpfwort aus, das man im der ganzen Tiefgarage hörte und welches als Echo widerhallte. Reichte es nicht, dass sich bereits Luke und Dylan im Klinsch lagen, mussten es nun auch zwischen ihm und Mac so ausarten? Donovan und Luke standen einfach so da und wechselten vielsagende Blicke. „Ohman, das ist doch ein Witz.“, hatte Kyle die Hände über seinen Kopf geschlagen. „Und auf euch setze ich meine ganze Hoffnung, dass sich die Zukunft doch noch retten lässt? Ihr schafft es ja nicht einmal untereinander klar zu kommen, wie wollt ihr dann die drohende Invasion stoppen?“, verschaffte er seiner Wut einen Ventil. Evan trat langsam zu dem Mann aus der Zukunft und musterte ihn. „Gehen wir in den Besprechungsraum.“, schlug er vor. Kyle beruhigte sich nur langsam, erklärte sich aber einverstanden. Cross-Photonics, Besprechungsraum Evan brauchte erst einmal einen Kaffee und bot auch Kyle einen an. Dieser genoss ihn sichtlich, scheinbar war es in der Zukunft schwer an welchen heranzukommen. Er leerte die Tasse in einem Anlauf und ließ sie klirrend auf den Holztisch nieder. Evan setzte sich ihm gegenüber und trank ebenfalls einen Schluck. „Und? Kannst du mir erklären woher dieser humanoide Raptor kam? Laut deiner Beschreibung müsste die Invasion erst in etwa 10 Jahren stattfinden.“, begann er nun. Kyle konnte nichts anderes tun, als mit den Schultern zu zucken. „Ja, so ist es auch. Keine Ahnung woher diese Kreatur kommt. Vielleicht ist sie eine Art Vorbote oder nur unwillkürlich durch eine offene Anomalie gestolpert.“, spekulierte er. Evan wartete etwas, bis er antwortete. Es lag nicht am fehlenden Vertrauen, er selbst hatte beobachtet, was Kyle alles verloren hatte. „Aber ich weiß es. Laut dem Date Finder führte die Anomalie aus dieser der Rap kam ins Jahr 7370, also über 5000 Jahre in die Zukunft.“, verriet er. Kyles Pupillen weiteten sich und er schluckte. „Das… ergibt Sinn. Ich hatte auf ein paar Millionen Jahre gehofft, da sich die Menschheit dann nicht so schnell mit ihnen auseinandersetzen hätte müssen. Was ist genau vorgefallen?“, hakte er nach. Evan begann die ganze Mission neu aufzurollen, von ihrer Ankunft an der Unfallstelle, dem Verfolgen der Spuren und dem Entdecken der Anomalie in Billys Haus. Wie sie den Rap zurückschicken konnten, Mac ihn aber von seinem Plan abhielt. „Der arme Junge tut mir leid. Man hat ihn zu seinen Großeltern gebracht, seine Mutter wird derzeit verständigt.“ Evan wusste nur zu gut wie es war Familienmitglieder zu verlieren. Seine Eltern starben bereits sehr früh und dann war da noch Brooke. Jemand zu verlieren war immer schwer, aber zuzusehen wie eine geliebte Person durch eine Kreatur starb, war kaum zu ertragen. Der Junge würde sich kaum davon erholen und Evan wünschte, dieser Anblick wäre ihm erspart geblieben. „Dylan hat sich wirklich rührend um den Kleinen gekümmert. Sie kann das verdammt gut und hat ihn getröstet, bis er mit uns reden konnte. Vermutlich… sind Mutterinstinkte in ihr hochgekommen.“, fuhr er fort. Kyle starrte Evan beinahe schon verstört an. Dann lehnte er sich zurück und hielt kurz inne. „Evan, ich bin nicht dumm. Wir haben die Vergangenheit bereits so verändert, dass es unmöglich ist, dass ich jemals geboren werde. Mein Erscheinen in dieser Zeit, die Warnung vor der Invasion, der ganze heutige Tag. Ich… habe gesehen wie sie sich anblicken.“, sprach er nun. Evan nickte und trank weiter. „Du meinst Dylan und Luke, richtig? Er ist dein Vater, habe ich recht?“, sprach er seinen Verdacht aus. Kyle wich seinem Blick aus, antwortete aber dennoch. „Ich erinnere mich kaum an ihn, er wurde früh von den Raps getötet. Deshalb fällt es mir wohl leichter ihm in die Augen zu sehen als Mutter. Aber er… nein beide werden nicht mehr meine Eltern sein. Selbst wenn sie zusammenfinden sollten, was im Moment sehr in Frage steht, die Zeit wurde zu sehr korrumpiert. Ein Kind von ihnen wäre nicht ich, sondern eine ganz andere Person.“ Evan schnaufte erschöpft. „Aber du lebst und das ist das Wichtigste. Dein Leben und dein Erinnerungen kann dir niemand wegnehmen.“ Kyle lachte kurz auf. „Um mein Leben geht es hier doch gar nicht. Riskant oder nicht, du hättest durch die Anomalie springen sollen. Wenn wir die Raps nicht aufhalten, werden wir in 10 Jahren alle tot sein. Streitereien oder Befindlichkeiten spielen danach keine Rolle mehr. Evan biss sich auf die Zähne und sein Unterkiefer schmerzte dabei. Verdammt, Mac konnte wirklich ziemlich fest zuschlagen. Die Tür zum Besprechungsraum öffnete sich und Luke Hingle trat ein. „Ähhhm… ich wollte nur sagen, dass ich finde, dass du recht hast. Mac ist für uns verantwortlich und seine Sorge rechnen wir ihm auch hoch an. Aber wir sind keine Militäreinheit wir die Leute im ARC, wir haben unsere eigenen Vorstellungen und Verpflichtungen. Deshalb will ich vorschlagen… dass wir es tun! Starten wir eine Erkundungsmission in diese Epoche.“, schlug er vor. Evan freute sich über die ehrlichen Worte des Studenten, konnte mit seinem Enthusiasmus aber nicht mithalten. „Du hast doch gesehen, dass sich die Anomalie geschlossen hat. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir bald wieder eine finden, welche in dieselbe Ära führt?“, zeigte er Luke das Problem auf. Dieser schritt näher an die beiden heran. „Sehr groß, wenn wir den Opener benutzen um eine künstlich zu erschaffen.“, erwiderte er. Evan starrte ihn verblüfft an. Eigentlich hatte er das Gedächtnis seines Teamkameraden sehr gut in Erinnerung, denn erst vor einem Monat hatte er den Opener quasi in den Rachen eines urzeitlichen Tintenfisches geworfen und dieser war somit verloren. Hatte sein Freund das wirklich vergessen? „Doch uns steht keiner zur Verfügung, richtig?“, war es Kyle, der seinen Vater auf das Offensichtliche hinwies. Luke räusperte sich nun und fuhr fort. „Also was das angeht… hätte ich eine Idee.“, verriet er. Evan und Kyle blickten ihn interessiert an, doch Luke wirkte plötzlich etwas Unsicherer. „Aber… sie wird euch nicht gefallen.“ Cross-Photonics, Waffenkammer Dylan hatte Mac endlich eingeholt und bereits befürchtet, dieser hätte die Tür hinter sich zu geschlossen. Doch Dylan war es möglich in den Raum einzudringen und den Captain dabei zu beobachten wie er die Waffen aus dem Einsatz zurücklegte. „Packst du jetzt schon alles zusammen weil du denkst, Evan zieht sich ohnehin nicht zurück?“, schnauzte sie ihn an. Mac fuhr mit seiner Arbeit fort, ohne sich zu ihr umzudrehen. „Evan hat sich bereits Entschieden, er musste nicht einmal darüber nachdenken. Der Tod seiner Frau hat nichts an seiner Sturheit geändert, im Gegenteil. Connor konnte ihn schon nicht überzeugen sich den Anomalien fernzuhalten und das Militär ebenfalls nicht. Verdammt, nicht einmal Angelika, die Frau die er angeblich liebt war dazu im Stande. Er wird einfach weiter machen egal wie viele Leute dabei sterben. Es wird erst enden wenn er selbst den Löffel abgibt, doch dann wird es zu spät sein.“, erkannte man die Wut in seiner Stimme. Als er vor 3 Jahren einen Geheimhaltungsvertrag unterschreiben musste und kurz darauf dem ARC zugeteilt worden war, war es schwer genug gewesen zu akzeptieren, dass Zeitreisen existierten und er tatsächlich seine Waffe auf lebendige Saurier richten musste. Dennoch war alles straff und organisiert gewesen, wobei es seinem neuen Team jedoch zu mangeln schien. Dylan fand jedoch, dass ihr Freund unfair wurde. „Evan war bereit sein Leben für uns zu geben! Er hat Harrison und seine Annexions-Anomalie gestoppt und es war ein reines Wunder, dass er überlebt hat!“, verteidigte sie ihren Freund. Mac wand sich nun um und setzte ein Lächeln auf. „Jaja, ich weiß, der große Evan Cross, der Retter der Welt! Könntest du bitte aufhören ihn ständig anzuhimmeln, könntest ihr das bitte alle?“, erhob er seine Stimme. Dylan ging nicht auf den Trotz ihres Gegenübers ein. „Ich himmle ihn nicht an, ich respektiere ihn. Sehr sogar. Du bist der Meinung er habe sich diesen Respekt nicht verdient, weil er ein leichtsinniger und sturer Anführer ist? Er jagt den Anomalien nicht wegen irgendwelcher Obsessionen hinterher! Als Project Magnet mich und Mac… den anderen für immer wegsperren wollten, hatten er sich ihnen unterworfen. Wir waren bereit für ihn bis zum Äußersten zu gehen, doch Evan wies uns ab, weil er immer nur sein Bestes versucht um alle zu beschützen. Es ist wahr, dass er nicht auf sich selbst achtet, doch das ist einer der Gründe, warum wir alle noch hier sind. Er passt auf uns auf und wir auf ihn.“, sprach sie ihre Gedanken aus. Mac schluckte und schüttelte nur unwillig den Kopf. „Tut mir leid, aber ich kann das einfach nicht. Und ich weiß auch nicht, wie es meinem Doppelgänger gelungen ist.“, erklärte er. Dylan zögerte einen Moment und fuhr dann fort. „Nun… es gibt eine Möglichkeit, wie du das könntest.“, gestand sie. Mac verschränkte die Arme und wartete gespannt ab, was das wohl war. Dylan fuhr fort, kratzte sich aber verlegen an der Wange. „Aber… sie wird dir nicht gefallen.“ Ontario– Clifford-Justizanstallt Es war nicht leicht gewesen, das Militär zu überzeugen. Ihr Verhältnis zu Cross-Photonics war nicht das Beste, doch mit Harolds Hilfe war es möglich General Mason doch noch zu überzeugen. Im Grunde war ihre Bitte nicht sehr groß gewesen, doch scheinbar hatte der General diese Kleinigkeit lieber vergessen wollen. Er hatte sie als ‚Pickel direkt auf der Nase’ bezeichnet. Evans Gefühle waren kaum anders, doch Lukes Plan war vermutlich die einzige Möglichkeit die ihnen blieb. Was sollten sie sonst tun? Die nächsten 10 Jahre warten und darauf hoffen, dass sich irgendwann eine Anomalie ins Jahr 7370 auftat? Das war ein reines Glückspiel und selbst wenn, wären sie in der Zukunft gefangen gewesen. Mit einem Opener besäßen sie die ultimative Technologie für eine Expedition ins diese zukünftige Epoche und konnten sich auch jederzeit zurückziehen, wenn es gefährlich wurde. Jedoch hatte Evan den Opener aus der Zukunft zerstört, den ihm Kyle anvertraut hatte. Ein Fehler? Er hatte es getan um sich, Dylan und Ange zu retten, also ein nachvollziehbarer Schritt. Kyles Leute hatten den Opener in einem alten Verschlag gefunden, doch der ehemalige Anführer des Widerstands hatte keine Informationen wo sich dieser befand. Jemand anderes vielleicht schon. Der Wärter hielt abrupt an und wies Evan an zu warten. Er war allein, jeder Kyle noch Luke begleiteten ihn. Mason hatte darauf bestanden, dass er allein kam und diskret vorging. Evan hätte ihm alles versprochen, wenn er seinem Ziel dadurch näher kam. Der Wärter begann die Tür vor ihm aufzuschließen und nickte dem Besucher zu. Er wollte ihn begleiten, doch Evan hielt ihm eine Hand entgegen. „Ich muss alleine mit ihm reden.“, beharrte er darauf. Der Wärter zögerte einen Moment und ließ ihn dann gewähren. Jedoch nicht ohne ihn nochmals auf die Gefahren hinzuweisen. Evan war nicht bewaffnet und der Insasse nicht gefesselt. Zwar würde der Wärter sofort zur Hilfe eilen, wenn diese benötigt wurde, aber dann konnte es bereits zu spät sein. Evan hingegen wusste, dass der Mann mit dem er sich gleich unterhalten würde, niemals seine bloßen Hände benutzen würde um ihn zu töten. Das Licht wurde angeschaltet und die Tür hinter dem Besucher geschlossen. Der Gefangene hockte mit angezogenen Knien auf dem schmalen Klappbrett und blickte langsam zu Evan auf. Sofort zogen sich seine Wimpern nach oben und er sprang vom Bett, direkt auf seinen Besucher zu. Evan erwartete einen Angriff und torkelte zurück. Doch dem war nicht so. Ken Leeds schlang seinen rechten Arm um ihn und drückte ihn an sich. „Evan! Mein Gott ist das eine Freude Sie zu sehen, ich dachte schon Sie besuchen mich gar nicht mehr.“, begrüßte er seinen Besucher aufmerksam. Evan versuchte sich von ihm zu lösen und starrte in ein fröhliches, erwartendes Gesicht. „Sie… haben mich erwartet?“, hakte er nach. Leeds nickte ganz aufgeregt. „Aber ja, auch wenn ich zugebe, etwas früher. Aber dafür habe ich Verständnis, ich weiß ja wie viel Sie mit der Anomalienarbeit zu tun haben. Mason dieser alte Glatzkopf hat mir erzählt, Sie wären getötet worden, aber ich habe ihm natürlich kein Wort geglaubt! Nichts und niemand haut den großen Evan Cross um, habe ich nicht recht?“, grinste er über beide Backen. Evan hingegen jagte es einen kalten Schauer über den Rücken. „Scheinbar… scheint es Ihnen hier drin sehr gut zu gehen.“, wagte er es zu sagen. Leeds presste seine Lippen zusammen und wiegte mit dem Kopf. „Ja, ein netter Vorhang und ein paar Poster wären ganz nett gewesen. Aber es gibt schlimmeres als so eine kleine Zelle. Ich hatte nicht einmal einen anständigen Prozess, die haben mich behandelt als hätte ich Landesverrat begannen.“, kicherte er. Evan wurde ernster. „Sie haben Colonel Hall ermordet. Außerdem haben Sie Anomalien geöffnet, durch welche Kreaturen drangen, die dutzenden Menschen das Leben gekostet haben! Und hätten wir Harrison nicht gestoppt, wäre wegen Ihnen beinahe die ganze Welt untergegangen!“, warf er ihm vor. Leeds’ Grinsen verschwand und er wirkte von einem Moment auf den anderen sehr traurig. „Ja… ja, das habe ich getan. Und… das tut mir wirklich leid, ich möchte mich dafür entschuldigen.“, sah er Evan geradezu treuherzig an. Dieser verengte die Augen und glaubte nicht was er da hörte. „Ich… habe eingesehen, dass ich etwas Böses gemacht habe. Es war ein Fehler. Ich gebe zu, dass ich verbittert war und Sie für den Verlust meines Arms verantwortlich gemacht habe. Doch seit ich hier drin bin, habe ich beschlossen ein besserer Mensch zu werden. Ich hoffe Sie nehmen meine Entschuldigung an.“, klang er auf seine Weise tatsächlich ehrlich. Evan dachte nicht einmal im Traum daran diesem Mann das zu vergeben, was er durchmachen musste. Wegen ihm waren tapfere Soldaten gestorben, einschließlich Henderson Hall. Auch in der Zukunft hatte er getötet und einen Carnotaurus auf sie losgelassen. Bei diesem Ereignis starb nicht nur ein enger Freund von Luke, sondern auch viele Unschuldige. Selbst am Schluss konnten sie ihn nur überwältigen, indem sich Mac ein Messer im Bauch einfing. Nein, Vergebung stand für ihn außer Frage. „Sie wollen ein besserer Mensch werden? Dann verraten Sie uns die Adresse, wo sich Harrison, Wells oder wie auch noch er sich nannte an seiner kleinen Annexions-Anomalie gearbeitet hat.“, kam er schließlich zum Punkt. Das schien Leeds einen Moment zu irritieren. Dann riss er den Mund auf und eine Idee flog ihm zu. „Ahhh! Sie suchen das AOD!“, entfuhr es ihm dann. Evan sah ihn nur fragend an. „AOD?“, hakte er nach und Leeds nickte aufgeregt. „Das Anomaly Opening Device, so hat Wells es genannt. Sie haben eine kleine Zeitreise geplant, richtig? Wohin soll es diesmal gehen? Zu den Dinosauriern? Den alten Römern? Oder zu den Hippies? Ach, egal wohin Sie auch immer wollen, wenn Sie unterwegs zufällig meinen abgebissenen Arm sehen… nehmen Sie ihn bitte mit!“, lachte er zuletzt lauthals. Evan hielt sich an der Wand an. Ihm war klar, dass ihm dieser Besuch viel Kraft kosten würde, doch das war lächerlich. „Sie müssen mir unbedingt sagen wo ich dieses Gerät finde! Uns steht eine große Bedrohung bevor und wenn ich damit nicht in die Zukunft reise, sind wir alle verloren!“, versuchte er nun Klartext zu reden. Leeds verstummte sofort. Dann hielt er sich eine Hand vor den Mund und analysierte die Situation. „Achso ist das! Evan Cross muss wieder einmal die Welt retten! Warum sagten Sie das nicht gleich?“, klang er ganz ehrfürchtig. Evan hatte schon Angst weiterreden zu müssen, doch Leeds fuhr von sich aus fort. „Wells hat sich in einer verlassenen Wohnung in der Edington-Street herumgetrieben. Wenn bisher noch keiner dort war, müsste das AOD noch dort sein.“, erklärte er. Das war alles was Evan hören wollte. Er wollte an die Zellentür klopfen, doch Leeds rief ihn zurück. „Moment! Die Mission, wann startet die?“, hakte er nach. „Sie eilt, also sobald wir das Gerät gefunden haben.“, antwortete der Leiter von Cross-Photonics. „OK, Sie können jederzeit auf mich zählen. Ich stehe bereit, verfügen Sie jederzeit auf meine Dienste, Sir!“, salutierte er. Evan schüttelte stoisch den Kopf. „Glauben Sie etwa ernsthaft, ich würde Sie mitkommen lassen? Alles was ich von Ihnen wollte war der Aufenthaltsort des Openers. Zumindest dafür bin ich Ihnen dankbar, auch wenn mir der Gedanke Ihnen etwas schuldig zu sein anwidert. Für wen halten Sie sich eigentlich? Sie haben so unglaublich viele Menschenleben zerstört und reden jetzt davon, dass Sie ein besserer Mensch geworden sind? Von Wiedergutmachung? Nein Leeds, diese Zelle hier ist genau der richtige Ort für jemanden wie Sie. Sie werden hier ewig bleiben und niemandem mehr Schaden zufügen. Wir sind zumindest fertig und das für immer. Leben Sie wohl.“, sagte Evan und wenig später öffnete sich die Zellentür. Leeds war noch ganz perplex als sie sich bereits wieder schloss. Seine Fassade bröckelte und er hämmerte wild gegen das Metall. „Hey Cross, wohin gehen Sie? Ich dachte wir wären jetzt ein Team! Sie können mich nicht einfach so zurücklassen, Sie sind extra gekommen um mich um meine Hilfe zu bitten! Das machen Freunde doch so, oder? Sind Sie jetzt denn nicht mein Freund, Cross? Was… was wollten Sie dann hier? Sehen wie schlecht es mir geht? Sie… sie verdammtes Arschloch, ich hoffe Sie verrecken während Ihrer Mission zur Rettung der Welt! Nein, ich wünsche dieser Gott verdammten Scheiss-Welt sogar, dass sie untergeht! Und Sie mitten drin!“, startete er einen erneuten Versuch zu lachen, doch das Ergebnis war ein kontinuierliches Wimmern. Leeds ließ sich auf sein Bett fallen und kauerte sich ein. Er beschimpfte Evan noch stundenlang, doch vergeblich. Dieser hatte das Gefängnis bereits längst wieder verlassen. Ottawa-Friedhof – Toronto Die Fahrt hatte wertvolle Zeit in Anspruch genommen. Es gab sehr viel zu tun, wie sich um die Ausrüstung zu kümmern und Berichte an das ARC zu schreiben. Doch in seinem Inneren war Mac klar, dass es sich dabei lediglich um Ausreden handelte. Er hielt nichts von Papierkram, was er Harold Kanan jedes Mal spüren ließ. Und was sollte er in einen Bericht an das ARC schreiben? Das er einfach wie ein Diktator die Macht an sich riss? Cross-Photonics unterstand nicht mit ARC, ja nicht einmal der britischen Zugehörigkeit. Cross-Photonics hatte Mac als Verbindungsoffizier akzeptiert, aufgrund seiner Erfahrung, seiner Ressourcen und auch seiner Informationen. Und weil sie einen Ersatz für Evan Cross brauchten. Doch dieser war zurück, auch wenn dadurch alles nicht unbedingt leichter wurde. Mac hatte seine Drohung nur zum Teil ernst gemeint. Er konnte gar nicht einfach so verschwinden, geschweige denn wollte es. Niemals konnte er seine neuen Freunde, Dylan, Luke und Donovan schutzlos zurücklassen. Und genauso wenig könnte er es sich verzeihen, wenn Evan diesmal wirklich etwas zustoßen sollte. Er wollte dem Rückkehrer nur einen Denkanstoß verpassen, damit dieser kapierte, dass er nicht mehr alleine in der Kreidezeit saß und dort ums Überleben kämpfen musste. Er war wie ein Soldat der aus einem Kriegsgebiet zurückkehrte. Seine Sinne und Reflexe waren geschärft, er handelte impulsiv. Doch genau das war ein Fehler, ein verheerender sogar. Evan war ein Anführer und er musste sich auch dementsprechend verhalten. Es ging auch um sein Team, das ihm blind vertrauen musste. Mac betete dafür, dass Evan dies einsehen mochte. Endlich hatten sie ihr Ziel erreicht und der Captain schluckte als er das betreffende Schild las. Dylan behielt jedoch ihre Miene bei und stieg aus. Mac seufzte und begann ihr zu folgen. Sie betraten das Gelände und seine Freundin führte den Captain zur richtigen Stelle. Sie sagte rein gar nichts, sondern ließ alles auf ihn einwirken. Mac schüttelte abrupt den Kopf und starrte Dylan unsicher an. „Was genau tun wir hier?“, wollte er konkret von ihr wissen. Das weibliche Mitglied des Teams begann sich hinzuhocken und wirkte etwas traurig als sie antwortete. „Einen Grabbesuch machen. Tut ihr sowas in England nicht?“ Natürlich tat man dies in England, in welchem Land der Erde auch nicht? Dennoch war es für Mac skurril und sogar etwas gruselig. Zum einen kannte er die Person nicht, die hier begraben lag, auf der anderen Seite irgendwie auch wieder schon. Er musterte den Grabstein und seine Nackenhaare stellten sich auf. Ehrfürchtig las er die Inschrift darauf. Mac Rendell, Sohn, Soldat und enger Freund. Eigenschaften die ihn selbst beschrieben, doch die Person unter der Erde in ihrem Sarg war nicht er. Er atmete, spürte die Luft auf seiner Haut und selbst sein Magen fing an zu knurren. Er lebte, daran bestand kein Zweifel. Mac Rendell lag unter diesem Grabstein, doch gleichzeitig stand er davor und sah auf ihn herab. „Was willst du mir damit sagen? Wo liegt der Sinn darin, dass du mich hierher geschleift hast?“, wurde der Captain nun ungeduldig. Dylan sah zu ihm auf und senkte den Kopf. „Mac war ein Freund von mir und ich verspürte das Bedürfnis ihn wieder einmal zu besuchen. Du hättest nicht mitkommen müssen, aber ich dachte mir, du möchtest ihn vielleicht kennen lernen.“, verriet sie. Mac zögerte etwas, er tat bereits einen schritt zurück um zum Auto zurückzumarschieren. Dann hielt er jedoch inne und gab seiner Freundin eine Chance. „Also gut. Wie… war er so?“, fragte er, obwohl er sich nicht sonderlich behaglich fand. Dylan begann die mitgebrachten Blumen in die Vase zu stecken und zündete die Kerze an. Die noch vorhandene war noch verwendbar und trotz des kühlen Winds in dieser Region, loderte kurz darauf die Flamme. „Er war mutig, sehr sogar. Eigentlich ein Draufgänger, so wie Evan. Deswegen dürften sich die beiden auch so gut verstanden haben. Sie lagen auf einer Wellenlänge, aber dennoch hat er Evan nie widersprochen. Klar, dieser war sein Vorgesetzter, doch Mac ordnete sich immer unter. Er vertraute und respektierte ihn. Sicher, da war die Sache, dass Evan den Zeitverlauf änderte und ihn nach Vancouver holte. Als Mac die ARC-Version von sich in einer Kühlkammer entdeckte war er erst gar nicht gut auf seinen Boss zu sprechen. Er fühlte sich verraten, doch selbst in dieser Zeit war er immer bereit uns zu unterstützen. Er verstand, dass Evan das nur tat um sein Leben zu retten. Es war diese besondere Art von Loyalität, welche die beiden verband. Und wohl auch der Grund warum sich unser Mac schließlich für ihn opferte. Findest du das dumm?“ Mac ging kurz in sich und schüttelte dann den Kopf. „Er hat getan, woran er geglaubt hat. Er wusste, dass er wahrscheinlich sterben würde, doch das hielt ihn nicht davon ab. Jedoch… ist Evan anders. Sein Vorhaben war einfach nur leichtsinnig, er hätte sich für nichts geopfert, wenn er in der Zukunft von diesen Kreaturen getötet worden wäre.“, wand er ein. Dylan erhob sich und legte dem Teamleiter beide Hände auf die Schultern. „Und das ist der Grund warum er dich braucht. Ich denke nicht, dass es schlecht ist, dass ihr beiden denselben Posten bekleidet, im Gegenteil. Ihr macht das wett, was dem je anderen fehlt. Mit deinen Fähigkeiten und Evans Scharfsinn bin ich sicher, dass wir die Zukunft retten können und wahrscheinlich wärt ihr gemeinsam noch zu sehr viel mehr im Stande.“, redete sie auf ihn ein. Mac verstand was sie sagen wollte und nickte. „Das kann durchaus sein, aber ich bin nicht der Mac, den ihr verloren habt und der nun hier liegt.“, glaubte er erwähnen zu müssen. Dylan trat einen Schritt zurück und fuhr sich durchs Haar. „Mein Gott, das war mir doch schon von Anfang an klar. Ihr seid euch so ähnlich, aber dann auch wieder nicht. Diese Zeitparadox-Geschichte ist zwar verwirrend, aber ich habe begriffen, dass du eine andere Person bist. Und Evan hat das auch. Doch wir… das gesamte Team mag und respektiert dich. Klar streiten wir untereinander, wir sind keine Militäreinheit, die stumm Befehle befolgt, das macht Cross-Photonics so einzigartig. Und auch wenn du es im Moment vielleicht nicht spürst, ich bin sehr froh, dich in so einem einzigartigen Team zu haben.“, erklärte sie. Mac ließ das Gesagte einen Moment auf sich wirken und begann dann zu lächeln. „Ja, ich hab’s schon kapiert. Ich werde euch nicht im Stich lassen, besonders nicht jetzt. Fahren wir zurück und tüfteln einen Plan aus.“, schlug er vor. Freude drang in Dylans Gesicht, scheinbar war dies genau das, was sie erreichen wollte. „Aber dafür, dass du mich hierher geschleift hast, fährst du.“, verlangte er, doch seine Freundin besaß keine Einwände. Wenig später hatten sie das Friedhofsgelände verlassen und der eisige, kanadische Wind löschte erneut die kleine Flamme an Mac Rendells Grab. Cross-Photonics Evan war selbst überrascht davon, dass Ken Leeds scheinbar die Wahrheit gesagt hatte. Das CPT hatte unter den größten Sicherheitsmaßnahmen die Wohnung gestürmt, in der Julian Harrison während seines Aufenthalts in der Vergangenheit gewohnt hatte. Evan hätte bei Leeds sogar mit einer versteckten Bombe gerechnet, doch im Gegenteil. Es gelang ihnen tatsächlich den Opener sicherzustellen, auch wenn dieser wie erwartet über keine Energiezellen mehr verfügte. Aus diesem Zweck hatte Harrison Evan seinerzeit entführt und dessen Opener an sich genommen. Doch aufgrund Evans Abstecher ins Jahr 2052 wusste er was zu tun war. Er nutzte die Impulsenergie der EMDs um die Energiezellen des Geräts aufzuladen. Auf diese Weise hielt er bald darauf eine funktionierende Zeitmaschine in Händen. Den ganzen nächsten Tag verbrachten sie mit Vorkehrungen für die Mission, die in Kürze beginnen sollte. Das Gebäude wirkte beinahe wie die Version, die Evan im Jahr 2052 gesehen hatte. Alle Türen waren verriegelt und nichts und niemand konnte aus der Sektion entkommen. Niemand war sonderlich erpicht darauf, die Invasion vorzuverlegen. Evan trat ein paar Schritte nach vorne und drehte sich dann um. Hier war der Ort an dem alles begonnen hatte. Vor 8 Jahren hatte Evan zusammen mit seiner Frau Brooke das Gebäude betreten um zu erkunden, ob es sich um einen geeigneten Ort handelte, wo er später seiner Firma gründen konnte. Er hatte mit allen gerechnet. Brüchige Wände, kaputte Rohre und sogar Schimmel. Jedoch nicht mit einem Koloss von Fleischberg, der sich ihnen in der Gestalt eines Albertosaurus aus der Kreidezeit näherte. Evan war so überschwänglich, dass er vorgegangen und Brooke zurückgelassen hatte. Der Albertosaurus war unglaublich schnell, was seiner Frau das Leben kostete. In dieser Halle war nicht nur sie gestorben, sondern auch Mac. Zwei mal sogar. Noch immer stand der Tiefkühlbehälter in der Ecke, in der Evan ihre Leichen aufbewahrt hatte. „Ich habe nicht die geringste Lust ebenfalls da hinein zu steigen.“, murmelte Mac nun und Evan nickte. „Danke, dass du eingewilligt hast. Ich schulde dir etwas.“, sagte er nun etwas reumütig. Mac schüttelte abrupt den Kopf. „Nein, dieser Plan hier ist besser als einfach blindlings nach vorne zu stürmen.“, musste er zugeben. „Dennoch… möchte ich mich bei dir entschuldigen.“, gestand er. Der Captain der britischen Armee musterte ihn und reichte ihm schließlich die Hand. „Ja, ich habe ebenfalls überreagiert.“, sah er seinen Fehler ein und ein Händeschütteln war die Folge. „Umarmen wir uns jetzt?“, hakte Mac nach, der die kanadischen Gepflogenheiten immer noch nicht beherrschte. Evan wehrte zum Glück ab und ließ seinem Freund seinen britischen Stolz. Donovan trat durch die Tür und überprüfte das Sicherheitsschloss. „Chambers, wenn etwas anderes durch die Anomalie kommen sollte als wir haben Sie den Befehl das Tor zu versiegeln und alles innerhalb dieser Halle für immer wegzuschließen.“, erteilte er den Befehl. Der Soldat salutierte und zog seinen Sicherheitsausweis draußen durch den Schlitz. Das schwere Tor ratterte herab und schloss das Team ein. Evan stellte sich vor die Gruppe und taxierte sie. „Jetzt kann ich ihm noch befehlen das Tor ein letztes Mal zu öffnen und euch hinaus zu lassen. Ich betone noch einmal, dass dies hier eine freiwillige Mission ist. Ich zwinge oder dränge keinen von euch hier teilzunehmen. Anders als sonst wird das hier keine Abwehr-Mission und dementsprechend gefährlich. Jetzt habt ihr noch die Gelegenheit umzukehren, ich verspreche, dass ich keinem von euch sauer wäre oder etwas nachtragen würde. Ihr könntet bei dieser Mission sterben, dies müsst ihr bedenken.“, entschied er sich für klare Worte. Ohne zu zögern trat Kyle vor und aktivierte sein EMD. „Für mich gibt es nur diesen einen Weg und das weißt du.“, war die Entschlossenheit in seinem Gesicht unverkennlich. Donovan trat neben ihn und nahm militärische Haltung an. „Sir, das letzte Mal haben Sie sich für uns an den Rand des Todes begeben, diesmal lasse ich Sie nicht im Stich.“, schwor er. Evan lächelte ihn dankbar an und sah zum Rest der Mannschaft. „Ich habe gar keine andere Wahl als dich zu begleiten, alleine stellst du doch nur wieder Unsinn an.“, warf ihm Dylan vor. Luke kratzte sich verlegen am Hals. „Wieso habe ich das Gefühl, dass dies unsere letzte Mission sein könnte?“, fragte er schwarzseherisch. Dylan sah ihn ernüchternd an. „Du kannst immer noch hier bleiben.“, erinnerte sie, doch das schien für den Studenten keine Option zu sein. „Nein, ich werde dich sicher nicht im Stich lassen.“, entgegnete er und Dylan wand den Blick ab. Die letzten Tage hatten sie sich nur gestritten und kaum angesehen, diese loyale Haltung verstörte sie nun zugegebenermaßen. Mac trat nun neben Evan und reichte diesem den Opener. „Ihr habt ihn verstanden! Das hier wird eine reine Erkundungs-Mission, es geht darum Informationen zu sammeln um die Zeitlinie wenn möglich so zu verändern, dass wir die Invasion dieser humanoiden Raptoren verhindern können. Kyle, bitte erkläre allen was auf sie zukommt.“, überließ er den Rest dem Mann aus der Zukunft. Dieser wand sich mit ernstem Gesichtsausdruck an das CPT. „Ich habe einen Großteil meines Lebens mit diesen Geschöpfen verbracht. Wenn ihr ihre Körper betrachtet und ihnen in ihre Augen starrt wird es euch so vorkommen, als würdet ihr einen Funken Menschlichkeit darin erkennen. Das ist eine Illusion, denn diese Raps haben nichts mit uns gemeinsam. Ihre Physiologie beinhaltet menschliche DNA, doch das ist schon alles. Es sind in erster Linie Reptilien, angriffslustig und gnadenlos. Und noch etwas. Intelligent. Ihr Gehirn besitzt dieselbe Größe wie unseres und auch wenn sie über kein Bewusstsein verfügen, so lernen sie schnell. Wendet keine Strategie zweimal an und greift sie aus der Distanz an. Sie jagen meistens in Gruppen, also trennt sie bei Möglichkeit. Wenn sie rennen schießt nicht direkt auf sie, sondern dorthin so wie sein werden, denn diese Biester sind verdammt schnell. In der Zukunft wurden alle meine Leute von ihnen getötet, aber inzwischen habe ich auch dieses Team kennen gelernt. Ich lege meine ganze Hoffnung in euch, versuchen wir gemeinsam die Zukunft zu verändern. Zum Besseren.“, schloss er seine Ansprache. Luke begann langsam zu klatschen, riskierte aber schon wieder einen strengen Blick seitens Dylans. Evan hantierte am Opener herum und hielt ihn dann nach vorne. „Ich habe die Koordinaten der letzten Anomalie eingegeben, allerdings den Standort etwas verändert. Schließlich wollen wir ja nicht direkt in das Nest dieses Monsters.“, gab er an und drückte dann die nötige Taste. An der Stelle, wo sich damals die erste Anomalie befunden hatte, die Evan je gesehen hatte, öffnete sich nun eine weitere. Er betete nur, dass es nicht gleichzeitig die letzte war. Zwar hatte hier alles begonnen, durfte aber keinesfalls enden. Es war nicht das erste Mal, dass das Team durch eine Anomalie gehen würde und nicht wusste, was sie dahinter erwartete. Evan und Dylan waren zusammen im frühen Jura, im Silur, ja sogar in Evans eigener Vergangenheit. Danach im Eozän und der Zukunft in 200 Jahren. Diesmal hingegen führte dieses Portal 5000 Jahre in die Zukunft, niemand konnte vorhersagen wie sehr sich die Welt verändert haben würde. Selbst Luke mit all seinem Wissen über die vergangenen Epochen wäre ratlos. „Waffen bereit halten.“, befahl Donovan und gab das Zeichen zum Ausrücken. Er und Mac machten den Anfang, dicht gefolgt den Kyle. Dylan trat vor die Anomalie, wurde aber von Luke aufgehalten. „Warte, ich gehe vor, nur für den Fall.“, sagte er. Dylan wollte einwenden, dass sie auf sich selbst achten konnte, bewunderte aber gleichzeitig den Mut ihres Freundes. Nachdem er sie durchschritten hatte, holte auch sie tief Luft und trat die Reise an. Eine Reise in eine fremde Welt, aus der es womöglich keine Rückkehr gab. Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, Omega-Stützpunkt Vyrim Gall gestand sich ein, seine Eskorte hin und wieder als lästig zu empfinden. Stunde um Stunde schritt sie an seiner Seite entlang und ließ ihn nicht aus den Augen. Selbst vor der Toilette schlugen sie ihre Welt auf und bewachten diese sogar mit gezückten Waffen, damit der Magistrat in aller Ruhe sein Geschäft verrichten konnte. Doch sie waren der Preis für seine stete Sicherheit. Er als Magistrat Yvalons, dem ganzen Quadranten des nördlichen, amerikanischen Kontinents konnte nicht vorsichtig genug sein. Es existierten genug Feinde, innerhalb und außerhalb des Landes, die ihm nach dem Leben trachteten. Doch das würde sich bald ändern. Bald würde er seine Position ändern und kein anderer Magistrat konnte ihm mehr etwas anhaben. Doch es gab eine Kleinigkeit, die er noch nicht kalkulieren konnte. Und dessen Name lautete Konzil Nayem. Sein Projekt durchzusetzen war mit der Unterstützung des obersten, militärischen Führer wesentlich einfacher, doch konnte er dem Mann vertrauen? Nayem war ein Soldat, aber auch ein Taktiker. Galls Plan war nicht ungefährlich und Nayem könnte seine Zustimmung verweigern. In diesem Fall würde es ihm genauso ergehen wie allen anderen. Sie würden schlichtweg aus der Zeitlinie getilgt werden. Nach einigen Schritten war der Magistrat samt Eskorte am Ziel angekommen und ein Mann schritt ihnen entgegen. Er schob seine flache Hand an seine Brust und verbeugte sich leicht. Das sollte einen Ausdruck von Respekt widerspiegeln. „Magistrat Gall, der erste Test hat wie Sie es befahlen begonnen und das Subjekt wurde durch das Portal geschickt.“, meldete Hauptmann Vesst. Ein Funkeln drang ein Galls Augen und ein breites Lächeln zierte sein Gesicht. Er beschleunigte seinen Gang und Vesst gesellte sich an seine Seite. „Wie lange läuft der Transfer bereits?“, hakte der Magistrat nach und Vesst öffnete seine linke Hand. Er drückte mit einem Finger in die Mitte der Handfläche, in welche während seiner Kindheit ein Eraw-Chip eingepflanzt wurde. Ein kleiner Bildschirm aus Energie bildete sich und der Hauptmann betätigte ein paar Tasten. „Der Counter liegt bei 2 Stunden und 51 Minuten, wir erwarten das Subjekt in 9 Minuten zurück.“, berichtete er und gemeinsam betrat die Gruppe das Laboratorium in dem die Versuchsreihe stattfand. Mehrere Männer und Frauen mit Geräten um Armen und Beinen tummelten sich herum und gaben Daten in Terminals ein. Das Ziel der Gruppe war eine Sektion, die äußerst gut bewacht wurde und dies hatte seinen Grund. Auf mehreren Tischen waren die Versuchsobjekte angeschnallt worden. Die meisten von ihnen wehrten sich und gaben heulende Geräusche von sich. Doch die Platinumgurte verhinderten, dass sie sich freikämpfen konnten. Ihre Haut schimmerte grün und niemand der Soldaten wagte es, ihnen in ihre grausigen Fratzen zu sehen. Ein älterer Mann schritt auf die Eskorte zu und vollführte dieselbe Geste wie Vesst einige Minuten zuvor. „Ineeng Oss, scheinbar konnte das Projekt ohne Schwierigkeiten gestartet werden.“, grüßte der Magistrat den Leiter des Laboratoriums. Der Mann nickte und wies auf die humanoiden Raptoren. „Ich habe mich für das Objekt H7 entschieden, es war am wenigsten aggressiv und am geeignesten für die erste Testreihe.“, berichtete der Ineeng sofort. Gall wusste nicht was er davon halten sollte, H7 war beinahe schon ein Haustier, ähnlich wie die Katze, die er sich in seinen Räumlichkeiten hielt. Zwar war H7 ebenfalls aufs Töten fixiert, ergriff aber sehr schnell die Flucht wenn es brenzlig wurde. „Leider war es uns nicht möglich die kognitiven Leistungen für Angst und Selbstschutz zu neutralisieren, doch wir stehen auch erst am Beginn unserer Reihe, nicht wahr?“, fügte Oss hinzu. Erst hoffte er, Gall damit nicht enttäuscht, oder noch schlimmer, ihn wütend gemacht zu haben, doch dem war nicht so. Dieser rieb sich erfreut die Hände und schritt in Richtung des abgeschotteten Raums. Vor der Tür blieb er stehen und wies Vesst an sie zu öffnen. „Magistrat, so warten Sie doch! Wir erwarten H7 jeden Moment zurück, lassen Sie erst meine Leute hinein um ihn zu sedieren.“, schlug der Ineeng hastig vor. Doch Gall wehrte ab und wiederholte seinen Befehl. „Der DNA-Code wurde doch einprogrammiert richtig? H7 erkennt automatisch Menschen mit Eraw-Chip und wird somit niemanden von uns angreifen.“, erwiderte er. Der Ineeng schluckte und nickte zögerlich. „Das ist wahr, aber wir haben es noch nicht ausführlich getestet. Zudem wissen wir nicht welche Nebenwirkungen das Portal auf H7 haben könnte.“, wand er ein. „Gut, dann testen wir es eben jetzt.“, entschied Gall und sah zu, wie der Hauptmann die Tür entriegelte. Ineeng Oss warnte noch einmal vor den Konsequenzen, doch Gall war zu erpicht darauf, die Früchte seine Arbeit bewundern zu dürfen. Vesst gelang es schließlich doch seinen Vorgesetzten überzeugen zu können, ihn doch begleiten zu dürfen. Er lud seine Waffe und folgte Gall in den abgesicherten Raum. Bereits von weitem erkannten sie das funkelnde Licht des Zeitportals. Draußen wurden aus Sicherheitsgründen die Tür wieder verriegelten und die beiden Männer saßen fest. Vesst empfand Galls Entscheidung für töricht, hätte seine Kritik aber nie laut ausgesprochen. Das Grinsen des Magistrats erlosch von einem Augenblick auf den anderen, als plötzlich etwas mit dem Portal vor ihnen geschah. Es begann sich zu verändern, pulsierte wie wild und verkleinerte sich schließlich zu einer runden Kugel. Gall schritt nach vorne, doch Vesst hielt ihn zurück. „Vorsichtig, Sir!“, bat er, doch der Magistrat war fassungslos. „Was… ist das? Das haben die Portale zuvor noch nie getan! Waren Sie das, Oss?“, schrie er nach draußen. Durch eine gläserne Luke erkannte er das Kopfschütteln des Ineegns, der ebenballs ganz verdutzt zu sein schien. Vesst aktivierte erneut seinen Eraw-Chip um das Portal zu scannen, doch ohne verwertbare Daten. „Ziehen wir uns erst einmal zurück und lassen die Wissenschaftler das Phänomen untersuchen.“, schlug er vor. Er wollte Gall zurückziehen, doch dieser wurde geradezu magnetisch von der Kugel angezogen. Dann explodierte sie quasi vor ihm und die Kugel öffnete sich erneut. Die scherbenartigen Fragmente pulsierten erneut in der Luft und das Portal wirkte, als wäre nie etwas passiert. Vesst zog seinen Vorgesetzten zur Sicherheit dennoch zurück und dies erwies sich als kluge Entscheidung. Kurze Zeit später trat H7 durch das Portal und sprang wild hin und her. Der Hauptmann stellte sich vor Gall und erhob seine Waffe. Doch er wurde unverhohlen zur Seite gedrängt und der Magistrat torkelte auf sein Baby zu. H7 sprang vor die Männer und selbst Vesst packte das Grauen, als er in die Fratze der Bestie starrte, die zumindest DNA-technisch zur Hälfte ein Mensch war. Oder zumindest sein sollte. H7 begann Gall zu beschnubbern und der Hauptmann war klug genug seine linke Hand auszustrecken. H7 roch auch daran und Vesst befürchtete schon, die Kreatur würde einfach darüber lecken. Doch im Gegenteil. H7 hockte sich auf den Boden und wirkte kurz darauf so zart wie eine Katze. „Schalten Sie das Portal ab!“, befahl Vesst nach draußen und Oss betätigte ein paar Tasten. Das Zeitportal löste sich auf und Gall beugte sich nun zu seinem Geschöpf hinab. Langsam legte er seine Hand auf den Schädel von H7 und strich hinüber. „So viel zu den Tests. H7 ist so gefolgsamer als Sie, Hauptmann.“, scherzte Gall und das Funkeln in seinen Augen kehrte zurück. Vesst schluckte und bemerkte, wie ihn H7 direkt in die Augen starrte. Er wusste, dass diese Kreatur kein Mensch war, aber wusste sie es auch selbst? „Tragen Sie Oss auf, er soll untersuchen was mit dem Zeitportal los war.“, befahl Gall nun und der Hauptmann versprach sich sofort darum zu kümmern. Die Wissenschaftler brachten H7 zurück zu den anderen Exemplaren, doch im Gegensatz zu ihnen, musste er nicht fixiert werden. Die etwa 1 Dutzend weiteren Wesen besaßen noch keinen DNA-Code und waren deshalb gefährlich. „Nanu? H7 hat eine Verletzung erlitten.“, wies Gall auf eine Narbe am Bein der Kreatur. Oss stimmte ihm zu und begann sie zu untersuchen. „Vielleicht hat er sich mit einem anderen Tier angelangt.“, spekulierte er. Gall hob seine Augenbrauen. „Hatten Sie ihn nicht nur 5000 Jahre zurückgeschickt? Welche Kreaturen könnten ihm dort schon etwas anhaben?“, wollte er wissen. Der Ineeng erhob sich wieder und antwortete. „Wenn Sie es genau wissen wollen… die schlimmste und gefährlichste Spezies die jemals auf diesem Planeten gelebt hat.“, verriet er. Galls Stirn zog sich in Falten, im ersten Moment verstand er den leitenden Wissenschaftler nicht ganz. Dieser musste erst konkreter sein, bis der Magistrat die Analogie erkannte und breit grinsen musste. „Der Mensch.“, erwiderte der Wissenschaftler. Gall schritt vor und klopfte dem Forschungs-Leiter auf die Schulter. Er war einer seiner besten Leute und hatte recht. Niemand war so gefährlich und zielstrebig wie er. Und die Menschen der Vergangenheit… würden das bald am eigenen Leibe erfahren. Fortsetzung folgt… Kapitel 9: [Folge 07] Perfekte Welt ----------------------------------- Amerikanisches Territorium, Yvalon, 7370 n. C. Als Dylan die andere Seite betrat, wurde sie bereits von zwei Seiten gestützt. Luke und Mac halfen ihr über eine Anhöhe und sie erkannte, dass die Anomalie mehrere Zentimeter oberhalb des Bodens schwebte. Evan sicherte zusammen mit Donovan die Umgebung, doch scheinbar erübrigte sich dies. Das Team schien alleine zu sein, rundherum um sie befand sich weder ein Mensch, noch etwas anderes. Als Dylan etwas sagen wollte, legte ihr Mac eine Hand vor den Mund und gab ihr ein Zeichen ruhig zu sein. Erst wollte sie protestieren, verstand aber kurz darauf den Sinn der Aktion. In einiger Entfernung waren Stimmen zu hören, zu weit weg um zu verstehen was sie beredeten. Dylan schob die Hand des Captains weg und verschaffte sich wie die anderen einen Überblick. Sie stand auf einer massiven Betonfläche und weitere waren von ihrem Blickfeld aus zu sehen. Das Team wagte sich einige Schritte nach vorne bis sie am Rand des Areals angekommen waren. Evan schob eine Hand vor seine Freunde, denn es ging tief bergab. Doch das war nicht der einzige Grund, die Menschen unter ihnen sollten nichts von ihrer Anwesenheit mitbekommen. „Wir stehen auf einem Dach.“, entfuhr es Donovan, der die nun die anderen Bauten inspizierte. Und er behielt recht. Das CPT stand auf dem Dach eines etwa 1-Stöckigen Gebäudes, während sich unten auf der Straße Menschen tummelten. Links, rechts und vor ihnen taten sich noch mehr Häuser auf, allesamt mit flachen Dächern. Auf einigen erkannten sie Wäscheleinen und Holzstühle. Das Team trat ein paar Schritte zurück, die Anomalie stand immer noch offen. „Wir können hier unmöglich richtig sein.“, warf Dylan ein. Evan hielt den Opener nach oben und überprüfte erneut die Daten. „Mac, kannst du den Date Finder benutzen?“, bat der Teamleiter und der Captain folgte sofort. Doch nach wenigen Sekunden waren sich beide einig. Sie hatten den Zielort erreicht, an den sie wollten. „Das kann nicht sein! Wären wir im Jahr 7000 irgendwas müsste diese Umgebung technologisch viel fortgeschrittener sein.“, argumentierte Kyle. Luke ließ erneut seinen Blick schweifen und stimmte ihm zu. „Im Moment fühle ich mich eher wie im alten Babylon. Also sofern die Wissenschaft nicht falsch liegt, und wie Zeit doch eine Schleife ist und keine gerade Linie, kann ich mir das hier nicht erklären.“ Kyle fuhr sich nachdenklich über die Haare. „Es wirkt… wie ein Neuanfang. Die Menschheit nach einer Katastrophe, wie sie alles neu aufbaut.“, kam es ihm in den Sinn. Die anderen verstanden seine Analogie, aber bezog sich diese Katastrophe wirklich auf die humanoiden Raptoren? Immer mehr vergnügte Schreie hallten von den Straßen wider und die Mitglieder des CPT ordneten sie Kindern zu. Doch das war ausgeschlossen. Evan hatte die Anomalie in dieselbe Zeit geöffnet, in die auch der Mutant geflohen war. Die Raps, wie Kyles Leute sie nannten konnten nicht ausgerottet worden sein. Und würden sie sich im Krieg befindet, würden die Menschen keinesfalls so vergnügt umherlaufen. „Wie sieht der Plan aus, Sir?“, wandte sich Donovan an Evan und dieser grübelte einen Moment. „Das hier ist trotz allem eine Expedition, richtig? Unser Ziel ist es Informationen zu beschaffen. Wir müssen versuchen mit den Einheimischen ins Gespräch zu kommen und herauszufinden, ob sie etwas über diese Mutanten wissen.“, entgegnete er. Das war der ursprüngliche Plan gewesen, doch ließ er sich auch umsetzen? War es ihnen überhaupt möglich mit den Bewohnern dieser fernen Zeit zu kommunizieren? Sie mussten es auf einen Versuch ankommen lassen. „Hey, seht mal!“, rief ihnen Mac zu und das Team folgte ihm. Der Captain hatte scheinbar eine Dachluke entdeckt, durch die es möglich war ins Innere des Gebäudes zu gelangen. Diese ließ sich ohne Probleme öffnen und Donovan wagte den Vorstoß. Er stieg die schmale Treppe hinab und gab den anderen ein Zeichen, dass keine Gefahr lauerte. Dylan, Luke und Kyle folgten ihm schließlich, während Mac Evan die Klappe aufhielt und schließlich das Schlusslicht bildete. Das Team fand sich im ersten Stock wieder, in dem es recht ruhig wirkte. Einrichtungen und Zustand der Möblierung erinnerten mehr an den mittleren Osten ihrer Zeit als einer futuristischen Vorstellung dieser Epoche. Auch hatte Evan nicht den Standort groß verändert, sie befanden sich lediglich wenige Meilen von dem Ort entfernt, an dem in ihrer Zeit Billys Haus gestanden hatte. Der humanoide Raptor war durch eine Anomalie in dieser Zeit gekommen, doch wo hielt er sich jetzt auf? Plötzlich ertönten Schritte im knarrenden Holzboden und das Team wand sich um. Vor ihnen war plötzlich ein Mann aufgetaucht, der sich gähnend die Hand vor den Mund hielt. Panisch riss er die Augen weit auf, als er die Gruppe Bewaffneter vor sich erkannte. „Großer Gott! Hilfe!“, begann er lauthals zu schreien und Evan wollte bereits zu ihm eilen um ihm eine Hand auf den Mund zu presste. Doch Kyle verfolgte eine andere Strategie, lud sein EMD und feuerte einen gezielten Schuss ab. Der Mann wurde getroffen und nach hinten geschleudert. Danach blieb er regungslos liegen. „Was sollte das?“, fuhr Evan seinen Freund an, doch dieser machte nicht gerade einen reumütigen Eindruck. „Hey, gab ruhig! Ich habe die Waffe auf die niedrigste Stärke gestellt, der Kerl wird also nur eine Weile ein Nickerchen machen.“, beruhigte er ihn. Mac überzeugte sich selbst vom Zustand des Mannes und konnte Entwarnung geben. Kyle hatte instinktiv reagiert, doch wenn man bedachte, dass er im Krieg mit den Raps nichts anderes gelernt hatte, war dies nachvollziehbar. Doch das änderte nichts daran, dass sie nun einen bewusstlosen Unbeteiligten vor sich liegen hatten. Mac erkannte im Raum nebenan ein Schlaffzimmer und bat Luke den Mann hineinzutragen. Sie legten ihn auf dessen Bett ab und verschafften sich einen Überblick. Zum Glück war niemand durch den Aufschrei alarmiert worden, der Bewusstlose schien der einzige Mensch im Gebäude zu sein. Kyle fand einen Nachttisch mit einem gläsernen Bild darauf, das den Mann zusammen mit einer Frau zeigte. Scheinbar ein Ehepaar, auch wenn die Frau nicht zu Hause zu sein schien. „Oha.“, staunte Dylan nicht schlecht als sie den schweren Schrank im Zimmer aufstieß. Die anderen beobachteten wie sie mehrere schlichte Kleidungsstücke herauszog und präsentierte. Evan inspizierte derweil die andere Seite des Schrankes und holte einige, weite Mäntel hervor. „Denkt ihr was ich denke?“, fragte er grinsend. Natürlich war es unmöglich sich mit ihrer momentanen Kleidung nach draußen zu begeben, sie wären sofort aufgefallen und hätten Verdacht erregt. 10 Minuten später hatten sich die sechs die dunkelbraunen Mäntel übergeworfen und das Haus durch den Haupteingang verlassen. Ab diesem Punkt wurde es gefährlicher, denn sie betraten unbekannten Territorium. Sich vorzubereiten war unmöglich, es blieb ihnen nur übrig ins kalte Wasser zu springen und wenn nötig zu improvisieren. Ihre EMDs hatten sie sich umgeschnallt, hofften jedoch, sie nicht zum Einsatz bringen zu müssen. Kaum wenige Meter gegangen blickten die ersten Kinder zu ihnen hoch und beobachteten sie argwöhnisch. Sie fielen mehr auf als erwartet, doch dagegen ließ sich nichts machen. Einige Leute blickten aus ihren Fenstern, auch ihnen schien das CPT nicht geheuer zu sein. Das Team bog nun um die erste Straßenecke und fand sich kurz darauf auf einer Art Marktplatz wieder. Immer mehr Menschen drängen sich aneinander und inspizierten die verschiedenen Stände. Hier wurde das Team größtenteils ignoriert, wenn auch nicht von allen. Evan wies auf einen etwas lebhaften Mann an einem Obststand, der gerade aus einem Becher trank. Es war nicht schwer zu erkennen, dass sich darin zweifelsfrei Alkohol befand. „Der erscheint mir recht zugänglich, wollen wir unser Glück bei ihm versuchen?“, hakte Evan nach. Mac stimmte ihm zu und auch die anderen waren dafür. Während die Hälfte des Teams zurückblieb, wagten sich Dylan und die beiden Teamleiter näher an den Obststand. Der Händler kniff sofort die Augen zusammen als er die Neuankömmlinge erblickte. „Einen schönen Tag wünschen wir.“, begann Evan so freundlich wie er nur konnte. Der Händler zögerte etwas. „Ebenfalls. Mal davon abgesehen, dass ich eure Gesichter hier noch nie gesehen habe, wirkt auch euer Akzent recht merkwürdig.“, sagte er schließlich. Dieses Kompliment hätten ihm Evan und die anderen auch zurückgeben können. Der Händler sprach ein ungewohnt schnelles und hohes Englisch. Evan nickte und fuhr dann fort. „Das ist richtig, wir sind Reisende und nur für ein paar Tage hier. Wir… kommen sehr weit aus dem Süden.“, versuchte er eine Erklärung für Auftreten und Sprache zu finden. Nicht nur der Händler, auch einige Passanten taxierten die drei skeptisch. „Reisende also? Von woher? Wenn ihr aus dem Süden kommt, kommen eigentlich nur Etysh oder Cloudis in Frage. Doch mir begegneten bereits Leute von dort, sprachen jedoch ganz normal.“, begann er misstrauisch zu werden. Dylan schob sich nun lächeln vor Evan und versuchte ihr Glück. „Wir kommen aus einem wirklich sehr kleinen und abgeschotteten Dorf. Deswegen sind wir umso erpichter darauf, mehr über diesen Ort hier zu lernen. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns ein paar Sehenswürdigkeiten empfehlen, die wir uns dann ansehen könnten.“, sprach sie charmant. Scheinbar funktionierte es wirklich und der Händler ließ sich von der attraktiven Frau vor ihm einlullen. Er hustete einmal kurz, legte dann seine Hand auf die Brust und verbeugte sich leicht. „Nun, vielleicht war ich etwas zu schroff, tut mir leid. Ich möchte dich und deine Freunde im Namen aller herzlich in Argar begrüßen Es ist vielleicht nicht gerade Yvalons prächtigstes Dorf, doch dafür werdet ihr hier nirgendwo einen größeren Gemeinschaftssinn finden als hier.“, wurde er auf einmal recht formell. Evan und Mac warfen sich interessierte Blicke zu. War Yvalon das Land in dem sie sich momentan aufhielten? Sie hätten den Händler liebend gerne gefragt, doch das hätte nur noch mehr zu dessen Misstrauen beigetragen. „Ja, das ist wirklich ein sehr beeindruckendes Dorf. Bedeutet das… die nächste Stadt ist hier auch zufällig in der Nähe?“, versuchte Dylan weiterhin ihr Glück. Der Händler lachte nun lauthals los. „Meine Gute, Sie haben sich zuvor wirklich gar nicht informiert, oder? Ansonsten wäre Ihre erste Anlaufstelle bestimmt nicht das Armenviertel Yvalons gewesen, das wage ich zu bezweifeln. In meinem Reparatur befinden sich zwar die besten Äpfel und Birnen in der Gegend, doch allgemein dürfte das Dorf für Reisende recht uninteressant sein. Besonders so junge Leute wie ihr sollten sich in Yvalons Hauptstadt umsehen.“, schlug er vor. Dylan bedankte sich für den Vorschlag und dachte dann daran zum eigentlichen Thema zu kommen. Doch konnte sie einfach so nach mutierten, menschenähnlichen Raptoren fragen? Die Menschen in diesem Dorf schienen ohne Angst zu leben. „Wie… sieht es eigentlich mit der Sicherheit in dieser Gegend aus?“, versuchte sie sich an das eigentliche Thema heranzutasten. Der Händler überlegte einen Moment. „Auch wenn wir hier im so genannten Armenviertel leben, um unsere Sicherheit müssen wir uns so weit im Inneren des Landes kaum Gedanken machen. Die Armee kontrolliert zwar sehr streng, passt aber auch gut auf uns auf.“, versicherte er. Kaum hatte er seinen Satz beenden vernahmen die Leute auf dem Platz ein summendes Geräusch über sich. Es erinnerte zuerst an Blitze, war aber viel zu regelmäßig dafür. „Wenn man vom Teufel spricht!“, lachte der Händler los und kurz darauf beobachteten Evan und die anderen wie ein mechanisches Gebilde im Himmel auftauchte. Erst erinnerte es sie an einen Helikopter, jedoch verfügte es über keine Rotoren oder ähnliches. Die Menschen auf dem Platz teilten sich, einige suchten sogar schnell das Weite. Der Pseudo-Helikopter landete etwa in der Mitte des Platzes und einige uniformierte Männer stiegen aus. „Wer ist das?“, fragte Dylan an den Händler gewand, der ihr bereits so großzügig Auskunft erteilt hatte. Dieser jedoch schien sich über die Frage zu wundern, da ihm die Situation wohl vertraut vorkam. „Das ist die Militärpolizei, allerdings habe ich keine Ahnung was sie um diese Zeit hier wollen. Normalerweise patrollieren sie nur einmal die Woche und das letzte Mal fand vor 2 Tagen statt.“, verriet er. Dylan wand sich an Evan und Mac und schlug vor langsam zu den anderen zurückzugehen. Nachdem jedoch etwa ein halbes Dutzend Militärpolizisten das Luftschiff verlassen hatten, empfanden sie es als zu riskant nun hastige Bewegungen zu vollziehen. Einer der Unifmorierten schritt auf die Menge zu und räusperte sich. „Alle herhören! Unsere Scanner haben eine seltsame Energiesignatur in der Nähe dieses Platzes sichergestellt. Es ist vermutlich nichts weiter, aber wir werden der Sache nachgehen. Bitte heben Sie nun alle Ihre linke Hand, damit wir Ihren Eraw-Chip scannen und Sie somit leichter identifizieren können.“, rief der vermeintliche Anführer in die Menge. Evan und die anderen beobachteten wie alle Menschen, selbst der Händler ihren linken Arm nach oben streckten und einige der Uniformierten handliche Geräte zückten, die wohl eine Art Scanner bildeten. „Evan!“, drängte Dylan weiter und ihr Freund nickte. „Ja, wir müssen hier weg. Wenn wir in dieser Zeit gefangen genommen werden, wäre das absolut nicht gut.“, schien er es extra betonen zu müssen. „Hey, ihr da!“, rief der Anführer der Polizisten und zeigte nach vorne. Noch hatte er Evan, Mac und Dylan nicht entdeckt, da sie von der Menge verdeckt wurden, doch Kyle, Donovan und Luke standen ohne Schutz da. Evan hätte ihnen am liebsten zugerufen sich still zu verhalten, hätte damit aber auch die Position des restlichen Teams preisgegeben. Kurz darauf wünschte er wirklich, dass er es getan hätte. Kyle zog seinen Mantel zur Seite und streckte sein EMD in die Höhe. Ein einzelner Schuss reichte um den Anführer der Polizisten niederzustrecken. Wilde, panische Schreie erklangen und die Menge rannte wild umher. „Verdammt!“, knirschte Mac mit den Zähnen und lud seine Waffe ebenfalls. „Los, Beeilung!“, gab Evan das Kommando und im Schutz der flüchtenden Leute eilten sie zu den anderen zurück. Die Polizisten hatten nun ebenfalls ihre Waffen gezückt und bahnten sich einen Weg durch den Trubel. Beide Hälften des Teams waren kurz darauf wieder vereint und der Teamleiter zeigte auf ein Haus direkt vor ihnen. „Mission abgeblasen, wir ziehen uns zurück!“, befahl er. Weder Mac noch jemand anderes im Team hatte irgendwelche Einwände. Sie hatten erwartet hier auf wilde Kreaturen zu stoßen, nicht auf gut organisierte Soldaten oder Polizisten. Donovan und Kyle stießen die Tür zum Gebäude auf um es zu sichern. Evan und Mac folgten ihnen mit geringem Abstand, während vor Luke und Dylan immer wieder fliehende Dorfbewohner vorbeihasteten. „Ah!“, kreischte Dylan auf, als einer von ihnen gegen ihr Schienbein trat. Sie stolperte und versuchte sich erneut aufzukämpfen. Luke hatte dies bemerkt und stürzte zu seiner Freundin. „Warte, ich helfe dir.“, bot er sich an und begann Dylan aufzuhelfen. Dies gelang dieser zwar, doch sie bemerkte, dass sie nun humpelte. „Na los, lauf zu Evan und den anderen, ich gebe dir Rückendeckung!“, drängte er und zog sein EMD. Dylan wollte einen Einspruch erheben, doch Luke kannte keine Widerrede. Er versprach dicht hinter seiner Freundin zu bleiben und drängte sie immer weiter nach vorne. Dylan spürte den Schmerz in ihrem Bein und schaffte es kurz darauf das Gebäude zu betreten. Luke atmete erleichtert durch und wand sich dann ebenfalls zum Eingang. „Keine Bewegung!“, brüllte jemand hinter ihm und der Student wand sich erneut um. Es gelang ihm nicht einmal mehr seine Waffe zu heben, denn sein Gegner war schneller. Luke spürte wie er von etwas getroffen wurde und sein ganzer Körper gleich darauf wie unter Strom stand. Vor seinen Augen funkelten gelbe Glühwürmchen herum und alles drehte sich. Die Polizisten beobachteten wie er bewusstlos wurde und so der Weg frei ins Gebäude war. Sie stürmten ins Treppenhaus, konnten jedoch nur noch erkennen wie direkt vor ihnen ein helles Licht pulsierte. Cross-Photonics Die Mitglieder des Teams keuchten als sie zurück in ihrer Zeit angelangt waren. Mac und Donovan reagierten sofort und richteten ihre EMDs auf die Anomalie. Sie machten sich bereits Sorgen, doch wenig später fand auch Dylan ihren Weg zurück. Evan schloss sie erleichtert in die Arme, bis er sich umsah. „Wo ist Luke?“, fragte er hastig, erhielt jedoch keine Antwort. „Er… war direkt hinter mir!“, stammelte Dylan erschöpft und wand sich der Anomalie zu. „Komm schon!“, schrie sie, obwohl sie wusste, dass durch die Anomalien keine Geräusche drangen. Plötzlich wurde jemand sichtbar, doch dabei handelte es sich nicht um den Studenten. Ein Mann in Uniform bahnte sich verwirrt seinen Weg durch die Anomalie, doch Donovan war so geistesgegenwärtig und gab einen Schuss mit seiner Waffe ab. Der Uniformierte wurde zurückgeschleudert und Mac eilte zu Evan. „Du musst die Anomalie schließen!“, forderte er ihn auf, doch der Teamleiter starrte ihn nur erschrocken an. „Nein! Luke ist noch dort, sie haben ihn vermutlich!“, wand er ein. Doch Mac entriss seinem Freund schlicht den Opener und schloss die Anomalie von sich aus. Evan stieß ihn zur Seite und wollte sich das Gerät zurückholen. „Was sollte das? Wir hätten zurück und Luke retten müssen!“, warf er dem Captain vor. Evan war nur schwer zu beruhigen, genauso wie Dylan. Noch vor einem Tag hatte sie Mac davon überzeugt im Team zu bleiben und nun entschied er einfach Luke im Stich zu lassen. Sie und Evan redeten auf Mac ein, bis sich Donovan neben ihn stellte. „Mister Cross, tut mir leid, doch ich muss Captain Rendell rechtgeben. Ein Rückzug war unvermeidbar gewesen und Luke hat es leider nicht mehr rechtzeitig geschafft. Es tut mir leid um ihn, aber vom militärischen Standpunkt aus gesehen, hat der Captain richtig gehandelt.“, setzte er sich für die Strategie ein. Evan hätte in diesem Moment am liebsten widersprochen. Auf der anderen Seite hatte er selbst gesehen wie der uniformierte Polizist aus der Zukunft durch die Anomalie getreten war. Während dieser Aufklärungsmission wollten sie unbedingt vermeiden in den Fluss der Zeit einzugreifen. Dass sie auf Menschen stoßen würden, damit konnten sie nicht rechnen. Doch wären sie blindlings zurückgerannt, wären sie mit absoluter Sicherheit nicht nur erschossen worden, sondern hätten es den Leuten aus der Zukunft auch erlaubt in die Vergangenheit zu gelangen. Dylan schimpfte immer noch mit Mac, als Evan ihr eine Hand auf die Schulter legte. „Beruhige dich. Mac hat recht, wir hätten Luke nicht mehr helfen können.“, sah er es ein. Dylan starrte nun auch ihn ungläubig an. „Was redest du da? Du klingst als wäre Luke tot, aber dem ist nicht so. Diese Typen haben ihn und er wartet sicher gerade darauf, dass wir ihm zu Hilfe kommen!“, setzte sie sich für den Zurückgeblieben ein. Danach spürte sie erneut den Stich in ihrem Bein und drohte zu fallen. Evan und Mac stützten sie noch rechtzeitig und erkannten die Verzweiflung in ihrem Gesicht. „Luke… er… er hat das nicht verdient.“, sagte sie mit einer ungewohnt zittrigen Stimme. Evan sah sie durchdringend an und schüttelte dann den Kopf. „Keine Sorge, wir werden ihn nicht im Stich lassen. Ich weiß noch nicht wie, doch wir bringen ihn zurück.“, stand für ihn fest. Dylan versuchte in den Augen ihres Freundes zu lesen, doch für sie bestand kein Zweifel, dass er es ehrlich meinte. „Das mit Luke tut mir leid, aber wir müssen unsere Mission fortsetzen!“, sagte Kyle nun mit fester Stimme. Alle starrten ihn nur ungläubig an. „Wie kannst du jetzt noch daran denken? Wir haben einen Mann verloren und fanden uns in dieser Zeit kein Stück zurecht.“, warf ihm Mac vor. Kyle ignorierte ihn und wand sich Evan zu. „Danke für euren Versuch, aber im Gegensatz zu euch weiß ich als einziger was auf dem Spiel steht. Wie gesagt, das mit Luke ist tragisch und vielleicht gelingt es mir ihn zu retten. Aber Priorität hat im Moment die Aufklärungsmission!“, sagte er mit Nachdruck. Evan half Dylan dabei sich zu setzen und stellte sich dem Mann aus der Zukunft entgegen. „Ich habe diese Mission ist abgeblasen. Wir finden eine andere Methode, aber ich werde die Leben meiner Freunde nicht noch mehr riskieren.“, stand für ihn fest. Evans und Kyles Augen lieferten sich ein Duell, bis letztere schließlich nickte. „OK, ich habe verstanden. Scheinbar lag ich mit der Idee falsch meine Hoffnung in euch zu setzen. Gib mir den Opener und beende die Mission alleine.“ Sein Satz klang weniger wie eine Bitte oder ein Vorschlag, sondern mehr wie ein Befehl. Mac stellte sich nun neben die beiden und versuchte sich in beide hineinzuversetzen. Kyle hatte schon wesentlich mehr Freunde verloren und plante dies rückgängig zu machen. Dennoch… „Nein, Kyle das können wir nicht zulassen. Das wäre vermutlich Selbstmord.“, machte er dem Soldaten aus der Zukunft klar. Doch dieser wollte nichts davon hören und Mac musste zusehen, wie Evan tatsächlich den Opener in die Hand nahm und Kyle reichte. Macs Protest folgte auf dem Fuß, doch Evan hatte sich entschieden. „Ist schon gut, Captain!“, sprach er Mac diesmal mit seinem militärischen Rang an. „Er muss tun was er tun muss.“, fügte er hinzu und Kyle begann Daten in das Gerät einzugeben. Evan wies Donovan an Chambers zu holen, damit der Sanitäter sich Dylans verletzten Knöchel ansehen konnte. Mac legte Kyle einer Hand auf die Schulter, doch dessen entschlossener Blick sagte bereits alles. Er war fest entschlossen seine Zukunft zu retten, auch wenn er bei dem Versuch umkommen sollte. „Diesmal gehe ich direkt an den Ort, zu dem er Rap geflüchtet ist. Bitte akzeptiert meine Entscheidung und haltet mich nicht auf.“, sprach er und hielt den Opener gerade aus. Gleich darauf öffnete sich erneut eine Anomalie. Mac wollte Kyle mit Worten davon abhalten, doch dieser schritt nach vorne und verschwand in der Anomalie. Der Captain stemmte beide Hände in die Hüften und sah zu Evan. Dieser schüttelte den Kopf, Kyle wusste immerhin was er tat. Die beiden wurden von dem schließenden Geräusch des Tors abgelenkt, nachdem sich Donovan auf den Weg zu Chambers gemacht hatte. Das war auch der Grund… warum sie zu spät reagieren konnten. Dylan hatte sich trotz Schmerzen erhoben und in ihrem Blick spiegelte sich etwas Trauriges, Sehnsüchtiges wider. „Luke…“, murmelte sie und begann dann zu rennen. „Hey!“, schrieen Evan und Mac fast gleichzeitig, doch es war zu spät. Dylan war Kyle durch die Anomalie gefolgt, sie hatte keine Sekunde daran gedacht Luke zurückzulassen. Mac streckte noch seine Hand nach ihr aus, doch vergebens. „Scheisse!“, stieß Evan hervor, nachdem sich die Situation verselbstständigte. „Wir können sie nicht…“, stammelte er, doch Mac war diesmal vollkommen seiner Meinung. Langsam schluckten sie, schnappten sich ihre EMDs und folgten Dylan durch die Anomalie. Donovan kehrte gerade zurück und konnte nur noch mitansehen wie seine Kameraden ohne ihn abzogen. Er sprintete die Halle entlang, kam jedoch zu spät. Die Anomalie schloss sich kurz darauf und ließ keine Spuren seiner Freunde zurück. Der ehemalige Soldat fluchte und fragte sich was nur vorgefallen sein mochte. Und vor allem… würden Evan und die anderen klarkommen? Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung Es war angenehm ruhig und bereits das war dem Konzil ein Zeichen, dass bald etwas geschehen würde. Seit seiner Amtszeit, oder besser gesagt Machtübernahme vor 5 Jahren hatte er selten einen Tag einfach nur frei gehabt. Er spürte förmlich wie sich die Wolken über ihn verdichteten. Und er behielt recht. Er hatte sein Büro, das er zwar ohnehin nur sporadisch nutzte, jedoch als sehr gemütlich empfand verlassen und seinen Flüssigkeitshaushalt aufzubessern, als jemand mit großen Schritten auf ihn zustapfte. Der uniformierte Mann kam vor ihm zum Stillstand und salutierte vor seinem Vorgesetzten. Auch Nayem nahm Haltung an und erst nachdem er dem Offizier auftrug sich zu rühren, begann dieser mit seinem Bericht. „Einheit 8 der Militärpolizei ging einem seltsamen Energiephänomen nach, dass der Scanner entdeckt und sich in Argar befunden hat. Nachdem die Einheit auf dem Handelsplatz landete, wurde sie von bewaffneten Männern attackiert.“, begann er. Die Unruhe stieg in Nayem auf, es war bereits einige Zeit seit dem letzten Feuergefecht vergangen. „Aufständische?“, wollte er nicht daran glauben, dass es sich um ausländische Spione handelte. Der Offizier zögerte nun etwas, fuhr dann aber fort. „Wissen wir nicht genau. Aufgrund der vielen Zivilisten gelang es den Männern zu fliehen, wir konnten lediglich einen von ihnen betäuben und arrestieren.“, verriet er. Nayems Augen verengten sich und er versuchte die Puzzleteile aneinander zu reihen. „In welche Richtung sind die Männer geflohen?“, dachte er offenbar daran ihnen eine Einheit nachzuschicken. Nun beobachtete er, wie der Offizier blasser wurde, scheinbar kam er nun zum unangenehmeren Teil. „Es… fällt mir wirklich schwer zu sagen, Sir. Aber unsere Leute verfolgten die Angreifer in ein Gebäude und sahen mitan… wie diese durch ein schimmerndes Licht verschwunden, dass sich kurz darauf auflöste.“, berichtete er stockend. Der Konzil musterte den Offizier lange und nickte dann. „Ich kümmere mich darum. Wo ist dieser Gefangene jetzt?“, hakte er nach. „Er wurde soeben in die Basis gebracht und Hauptmann Atom ist dabei ihn zu verhören. Soll ich… ihm mitteilen, dass Sie das übernehmen möchten?“ Nayem war bereits daran zu bejahen, doch dann hielt er inne. „Sagen Sie Athom er soll ohne mich beginnen. Ich habe noch etwas zu erledigen und stoße dann zu ihm.“, befahl er und schickte den Offizier weg. Er selbst verarbeitete die Informationen, während er den langen Gang zum Sicherheitstrakt hinunterschritt. Sein Ziel war die massive Tür am Ende, die er bisher lediglich drei mal passiert hatte. Dort angekommen ließ er den Retina-Scan seine Arbeit vollrichten und wartete, bis die Tür aufschwang. Natürlich hätte er einfach den Gefangenen aufsuchen können, doch Nayem war ein Mann der stets versuchte auf alles vorbereitet zu sein. In dem Raum dahinter war es recht kühl, immerhin wäre eine Heizung hier reine Verschwendung. Wie so üblich stand der Professor ihm mit dem Rücken zugewandt und bemerkte das Eintreten des Konzils nicht. Nayem musste grinsen und erst ein Räuspern von sich geben um die Aufmerksamkeit des Mannes er erhalten. Dieser zuckte kurz zusammen und wand sich dem Konzil zu. Dieser hustete eine Entschuldigung hervor und steckte das Buch das er in der Hand hatte zurück ins Regal. Schnell hastete er auf Nayem zu und unternahm einen Versuch ihm die Hand zum Gruß entgegenzustrecken. Dieser erwiderte den Gruß jedoch nicht, was den Professor dazu verleitete die Geste zu unterbrechen. Nayem setzte ein Lächeln auf und legte sich dann eine Hand vor die Brust. Der Mann vor ihm zögerte etwas, tat es ihm dann jedoch nach. „Konzil Nayem, wir haben uns länger nicht gesehen.“, meinte der Professor nun. Nayem nickte und entschuldigte sich für die viele Arbeit die er im Moment hatte. Der Professor bot ihm einen Stuhl an, doch dafür fehlte dem Konzil die Innere Ruhe. Dennoch schien es dem Mann vor ihm ein Bedürfnis zu sein den Stapel an Büchern wegzuräumen, damit die Konversation besser stattfinden konnte. Nayem ließ seinen Blick schweifen. „Haben Sie… die alle gelesen? Oder nein, haben Sie überhaupt etwas anderes seit meinem letzten Besuch getan?“, hakte er nach. Der Professor wirkte über diese Frage überrascht, schüttelte dann aber den Kopf. „Wollen Sie… etwa Scherze mit mir treiben? Was soll ich Ihrer Meinung nach tun? Sport treiben? Die Glotze einschalten?“, fragte er mit süffisanten Unterton. Obgleich Nayem die letzte Analogie verstanden hatte oder nicht, das Verhalten des Professors wirkte auf ihn durchaus obsessiv. „Auch wenn Sie während Ihres Aufenthalts auf diesen Raum hier beschränkt sind, besitzen Sie dank mir immer noch die Fähigkeiten eines Avatars. Genehmigen Sie sich doch mal… ein Nickerchen.“, schlug der Konzil vor. Der Professor beäugte ihn argwöhnisch, schüttelte dann aber den Kopf. „Nachdem Sie mir diese Bibliothek hier zur Verfügung gestellt haben? Glauben Sie mir, ich mache kein Auge zu, solange ich Ihre Errungenschaften über die Vergangenheit dieses Planeten verfolgen darf.“ Und Nayem musste zugeben, dass sein Gast gut darin war. Dieser hatte bestimmt schon einen Großteil der Bücher, die der Konzil extra geordert hatte durchgelesen. Er hatte angeboten sämtliche Werke digitalisieren zu lassen, doch der Professor hatte abgelehnt. Nayem betrachtete dies als ineffizient, ließ dem Mann jedoch seinen Willen. Schließlich war er aus einem anderen Grund gekommen als dessen Eigenheiten. „Was wissen Sie über Anomalien?“, stellte er in den Raum und der Professor musterte ihn. „Das haben Sie mich bereits schon einmal gefragt.“, erinnerte dieser. Nayem nickte, gab sich damit aber nicht zufrieden. „Und Sie rieten mir mich mit diesem Thema lieber nicht auseinanderzusetzen.“ Der Professor nickte und presste seine Lippen zusammen. „Aus gutem Grund. Ich selbst verstehe die Beschaffenheit von Anomalien selbst nicht, warum die Natur sie erschaffen hat oder nach welchen physischen Gesetzen sie funktionieren. Aber ich weiß, dass sie kein Spielzeug sind und es Konsequenzen gibt, wenn man in die Natur eingreift.“, entgegnete er. Nayem verschränkte seine Hände hinter dem Rücken und trat dem Mann näher entgegen. „Auch wenn Sie das so sagen, Magistrat Gall wird weder auf mich, noch auf Sie hören. Ich habe ihm doch von seinem privaten Zoo erzählt.“ Der Professor wirkte nun äußerst angespannt und befeuchtete sich die Lippen. „Diese Tiere gehören in ihre Zeit und nicht hierher. Ich kann das Empfinden dieses Mannes nachvollziehen, aber diese Tiere aus der Vergangenheit zu extrahieren bringt schwere Konsequenzen mit sich.“ Nayem hatte zu wenig Erfahrung mit Zeitreisen um entscheiden zu können, ob der Professor oder der Magistrat im Recht waren. „Noah nahm je zwei von jeder Art mit auf seine Arche, weil er wusste, dass sie sich nach der Flut paaren und weiter vermehren würden.“, kam es nun von Seiten des Professors. Nayem hob beide Augenbrauen und sah ihn erwartend an. Der Professor räusperte sich und lächelte leicht. „Eine alte Geschichte. Die Zeit für die Allgemeinheit zu bewahren ist eine Sache, diese Tiere aber stoisch für seine eigene Zwecke zu sammeln kann nicht vergeben werden.“, gab er seine Meinung preis. Nayem bezweifelte, dass es dermaßen einfach war. „Wenn das bereits alles wäre. Meine Kontakte in Galls Omega-Stützpunkt haben mir mitgeteilt, dass er nun sogar Experimente durchführt. Er entnimmt seinen Kreaturen DNA und es ist ungewiss welche Monster er dadurch schöpft.“ Nayems Gast hingegen schien eine wesentlich lockere Haltung zu besitzen. „Selbst dies wäre nur die Geburt einer neuen Spezies. Ob ein Lebewesen durch die Natur oder durch eine Mutation entsteht hat in der Vergangenheit noch nie eine Rolle gespielt. Wie ein Küken das sich durch die Eierschale kämpft, drängen auch die verschiedensten Lebewesen an die Oberfläche der Geschichte.“ Nayem prustete laut. „Wollen Sie Magistrat etwa als eine Art Gott bezeichnen? Dass er das Recht hat Leben zu erschaffen, nur weil er über die technologischen Mittel verfügt?“, würgte er heraus. Dem Professor entging die Antipathie des Konzils keineswegs. „Tut mir mehr leid. Sie kennen meine Ansicht und wenn Sie einen Rat möchten, lege ich Ihnen nahe dem ganz en so schnell wie möglich Einhalt zu gebieten, bevor die Vergangenheit permanent geschädigt wird.“, sagte er dann. Nayem nickte und dankte dem Professor für seine Zeit. Er war schon drauf und dran diesen mit seinen Büchern zurückzulassen, als er ihn nochmals ansprach. „Im übrigen scheint sich heute in dieser Zeit eine Anomalie aufgetan zu haben. Jedoch war es nicht das Werk Galls, sondern Fremde aus der Vergangenheit scheinen eingedrungen zu sein. Wir haben einen von ihnen verhaftet und es interessiert mich sehr, wie seine Ansicht lautet.“, teilte er dem Professor noch mit, bevor er den sicheren Avatar-Raum verließ. Er ließ den Professor zusammen mit seinen Büchern und seinen Überlegungen zurück. Während er über den Rücken eines Buches strich, hallte in seinem Kopf Nayems Worte wider. Fremde? Wer das wohl sein mochte? Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung Nayem kannte Atoms Verhörmethoden nur zu gut, dennoch hoffte er, dass der Hauptmann diesmal etwas diplomatischer vorging. Schließlich handelte es sich weder um einen Spion, noch um einen feindlichen Soldaten. Oder etwa doch? Immerhin kannte der Konzil die Beweggründe des Gefangenen nicht. Wieso waren er und seine Freunde in seine Zeit eingedrungen? Aus denselben Gründen die Magistrat Gall? Nein, das war für Nayem schwer vorstellbar. Es hatte etwas gedauert bis er den Gefangentrakt erreicht hatte. Der Offizier der ihm bereits die Vorkommnisse geschildert hatte, empfing ihn und führte ihn zum Verhörraum, in dem der Gefangene saß. „Hat er bereits etwas zu Protokoll gegeben?“, fragte Nayem interessiert. Leider konnte es ihm der Offizier nicht beantworten. „Hauptmann Atom redet bereits seit einer halben Stunde mit ihm, scheinbar ist unser Besucher recht gesprächig. Aber noch etwas. Scheinbar… verfügt der Mann über keinen implantierten Eraw-Chip.“ Nayem konnte sich nicht behaupten sich darüber zu wundern. Es war ein Indiz mehr, dass diese Person tatsächlich aus der Vergangenheit stammte. Wenige Sekunden später standen beide vor dem Verhörraum und der Konzil wies den Offizier an wieder an seinen Posten zu gehen. Dieser salutierte und ließ seinen Vorgesetzen allein. Nayem starrte durch das Kraftfeld ins Innere des Raums und erkannte zwei Männer. Einer davon war sein Stabschef, Hauptmann Atom, der andere wirkte noch recht jung und keinesfalls wie ein Soldat. Der Mann, eigentlich noch ein Junge wirkte nervös und spielte immer wieder mit den Händen. Mittels seines Eraw-Chips schickte Nayem dem Hauptmann ein Zeichen das Verhör zu beenden. Er sah zu wie Atom den Jungen anwies zu warten und er selbst den Verhörraum verließ. Draußen salutierte er vor seinem Vorgesetzen und Nayem nickte ihm zu. „Was hat er bisher gesagt?“, fragte der Konzil erwartend. Atom schluckte und begann dann. „Er sagt sein Name wäre Luke.“, verriet er. Nayem betrachtete den Jungen im Raum, bis Atom fortfuhr. „Luke Skywalker. Er hat erzählt zusammen mit seiner Schwester und ein paar Freunden gekommen zu sein, wegen einer geheimen Mission. Er wollte aber nicht verraten worum es ging, nur irgendetwas mit Tod und einem Stern, es war alles recht verwirrend.“, berichtete der Hauptmann. Nayem verengte die Augen und hakte weiter nach. „Was noch?“ Atom schluckte und fuhr fort. „Der Mann gibt an einem anderen Planeten zu stammen. Und er kam her durch eine Vorrichtung… die er ‚Stargate’ nennt.“, schloss er den Bericht. Der Konzil hob die Augenbrauen und beschenkte den Hauptmann mit einem ungläubigen Blick. „Ich… war auch sehr erstaunt. Aber er trägt keinen Eraw-Chip und seine Physiologie unterscheidet sich von unserer, wenn auch nur gering. Von Sprache und Gestik ganz zu schweigen. Und dann die Tatsache, dass seine Freunde sich einfach in Luft aufgelöst haben.“, fügte dieser hinzu. Nayem danke Atom für seine Mühe und schickte ihn dann weg. Wenig später betrat er selbst den Raum um den Jungen besser kennen zu lernen. Dieser sah sofort zu ihm auf und der Konzil schloss die Tür hinter sich. Langsam und keinesfalls bedrohlich schritt er auf den Tisch zu und setzte sich dem Gefangenen gegenüber. „Oh, ein Wechsel?“, fragte der Junge namens Luke Skywalker ihn. Der Konzil legte beide Hände offen auf den Tisch, ein Zeichen, dass er nichts zu verbergen hatte. Er hoffte, dass sein Gegenüber das anerkannte und auch ihm gegenüber aufrichtig war. „Mein Name ist Konzil Enban Nayem. Ich bin der militärische Führer Yvalons, dem Land in dem Sie sich gerade aufhalten. Widerrechtlich aufhalten.“ Der Junge schluckte, versuchte aber locker zu bleiben. „Wow! Beeindruckender Titel. Und ich habe nicht damit gerechnet so hohen Besuch zu bekommen.“ Nayem musterte ihn und holte dann tief Luft. „Lassen wir doch die Spielchen. Meinem Hauptmann können Sie vielleicht Unsinn erzählen, mir jedoch nicht. Sie stammen von keinem anderen Planeten und Ihr Name ist auch nicht Luke, richtig?“, fragte provokant. Der Junge schüttelte unverzüglich den Kopf. „Nein, mein Name ist wirklich Luke, das war die Wahrheit. Und das mit dem Außerirdischen… technisch gesehen schon, wenn sich Agent Mulders Theorie, dass wir lediglich von Aliens auf diesem Planeten ausgesetzt wurden als Wahrheit herausstellt.“, erwiderte er. Nayem ballte seine Hände auf dem Tisch zu Fäusten, ein Zeichen, dass er die Geduld verlor. „Gut, dann rede ich. Ich glaube Sie kommen aus der Vergangenheit und zwar durch ein Portal, auch Anomalie genannt. Ich weiß nicht wer Sie sind oder was Sie hier wollen, doch Ihre Freunde sind ohne Sie abgehauen.“ Lukes Stirn zog sich in Falten und seine Lockerheit verflog. „Meine Freunde konnten fliehen nur das ist wichtig.“, erwiderte er dann. Nayem setzte ein Lächeln auf und verschränkte nun die Hände. „Also werden sie nicht zurückkommen und Sie retten? Und was ist mit Ihrer geheimen Mission, zumindest das entspricht der Wahrheit, oder?“ Luke wurde nervös, es viel ihm schwer einzuschätzen, was er dem Mann verraten konnte und was nicht. „Hören Sie, ich bin nicht Ihr Feind! Sofern Sie keine feindlichen Absichten haben, können wir zusammenarbeiten.“, bot er an. Luke brauchte nun einige Zeit um zu antworten, die ihm Nayem jedoch zugestand. „Mit Ihrer Technologie… dann müssen Sie sie besiegt haben nehme ich an.“ Der Konzil runzelte die Stirn. „Besiegt wen?“, hakte er nach. „Naja… die humanoiden Raptoren. Halb Reptil, halb Humanoid. Wir nahmen an, sie hätten die Bevölkerung in der Zukunft ausgelöscht, aber Ihnen scheint es hier recht gut zu gehen.“, rang er sich dazu durch alles zu erzählen. Der Konzil brauchte etwas, bis er dies alles verarbeitet hatte. „Diese humanoiden Raptoren von denen Sie sprechen… sind das zufällig Mutanten?“, wollte er wissen. Luke reagierte überrascht, bestätigte es dann aber. „Ich weiß nur, dass diese Kreaturen von der Zukunft aus in die Vergangenheit einfallen und die Menschheit ausrotten werden. Ich und meine Leute sind hergekommen, weil wir Hinweise auf ihre Entstehung suchten. Wir verfolgten eines der Monster in diese Zeit, doch scheinbar weiß hier keiner etwas über sie.“, sprach der Student. Nayem nickte einige Male leicht und fuhr dann fort. „Eine abenteuerliche Geschichte.“, meinte er, auch wenn er nicht glaubte, dass der Junge vor ihm log. „Nein, hören Sie mir zu! Wenn Sie irgendwas darüber wissen, dann müssen Sie es mir sagen. Wenn wir diese Kreaturen nicht abhalten ihre Invasion in die Vergangenheit zu starten, könnten sie die ganze Menschheit ausrotten!“ Bei letztem Satz war Luke sogar aufgestanden, doch Nayem deutete ihm, sich wieder zu setzen. Es kam anders. Die Tür zum Verhörraum sprang auf und ein Trupp bewaffneter Männer trat ein. Der Konzil sprang empört auf, bis er den vermeintlichen Anführer des Trupps erkannte. Es handelte sich nicht um Nayems Leute, sondern um die von Magistrat Gall. „Vesst! Was erlauben Sie sich einfach so einzudringen?“, trat er dem Hauptmann entgegen. Vesst funkelte ihn nur abwertend an und zeigte dann auf Luke. „Der Magistrat hat von Ihrem Besucher aus der Vergangenheit erfahren. Er ist äußerst interessiert an ihm und möchte sich mit ihm unterhalten.“, berichtete er. Nayem lachte schallend los um Vesst aus dem Konzept zu bringen. „Dieser Stützpunkt steht immer noch unter der Kontrolle des Militärs. Gall kann nicht einfach seine Leute schicken und einen meiner Gefangenen abholen.“, schärfte er Vesst ein. Dem Hauptmann war anzusehen wie sehr ihm diese Mission behagte. „Ich bitte Sie Konzil, gehen Sie doch diplomatisch vor. Magistrat Gall war in letzter Zeit doch ebenfalls recht großzügig und hat Ihnen finanzielle Mittel zugesichert. Sie wollen Ihre gerade geschlossene Allianz doch nicht gefährden, oder?“, drohte er nun. Nayem war sich plötzlich unsicher. Er hatte die Armee auf seiner Seite, Gall jedoch die Beziehungen und vor allem die Technologie. Er könnte seine Zeitmaschinen jederzeit benutzen um zurückzureisen und Nayem aus der Zeit zu tilgen. Für den Moment beschloss er sich unterzuordnen. Einer von Vessts Leuten packte Luke und zog ihn mit sich. Der Trupp wollte den Raum verlassen, doch so einfach machte es ihnen der Konzil auch wieder nicht. „Stopp! Wenn Gall mit ihm sprechen will, werde ich dabei sein. Das ist die Bedingung.“, offenbarte er. Vesst schluckte und schien zu überlegen. Dann kam er zu dem Schluss, dass er gar keine andere Wahl hatte. Nayem konnte ihn und seine Leute sofort festsetzen lassen, egal ob er die diplomatischen Beziehungen mit dem Magistrat gefährdete oder nicht. „Einverstanden. Ich habe den Befehl den Jungen zum Omega-Stützpunkt zu bringen, Magistrat Gall erwartet uns dort bereits. Nayem nickte und aktivierte seinen Eraw-Chip. „Gut, ich werde einen Asestler flugbereit machen, er wird uns dann in wenigen Minuten zu Galls Basis bringen. Das heißt… wenn Sie und Ihre Leute nichts dagegen haben, dass wir eines von meinen nehmen.“ Vesst schüttelte den Kopf, scheinbar wollte er seinen Auftrag schnell abschließen um Nayem endlich aus den Augen treten zu können. Der Konzil begleitete Galls Spezial-Trupp zum Dach, wo bereits ein Luftschiff vorbereitet wurde, das sie und den Gefangenen zum Omega-Stützpunkt bringen würde. Dennoch lagen ihm Lukes Worte immer noch schwer im Magen. Was plante Magistrat Gall wirklich? Eines war Nayem aber schon längst klar geworden. Vertrauen konnte er seinem so genannten Verbündeten auf keinen Fall. Nicht mit der Macht… die dieser inzwischen besaß. Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, Omega-Stützpunkt Nachdem Kyle die andere Seite erreicht hatte, wand er sich unverzüglich um, um die Anomalie wieder zu schließen. Das letzte Mal war es den Leuten aus dieser Epoche gelungen die Energiesignatur des Zeitportals zu orten, was sie in enorme Schwierigkeiten gebracht hatte. Doch kaum hatte Kyle den Opener auf die Anomalie gerichtet, stolperte jemand hindurch. Oder humpelte, wenn man es genau betrachtete. Dylan stürzte ihm entgegen und prallte mit ihm zusammen. Kyle verlor den Halt und beide krachten zu Boden. Der Mann aus der Zukunft bekam gerade noch mit wie auch Evan und Mac sich ihre Bahn in diese Welt sicherten, bevor er auf die richtige Taste drückte und die Anomalie sich schloss. Dylan hustete und entschuldigte sich schnell. Evan trat zu den beiden und reichte seiner Freundin die Hand. Diese betrachtete den Teamleiter kurz, bevor sie sich aufhelfen ließ. Mac übernahm Kyle und bald darauf realisierten die vier was wirklich geschehen war. „Es… tut mir leid, aber ich kann Luke nicht im Stich lassen.“, entfuhr es Dylan und Evan seufzte. „Schon klar, ist ja nicht so als hätten wir das nicht erwartet.“, entgegnete er. Mac überprüfte seine Waffe und wand sich dann an Kyle. „Du hast Glück, du wirst diese Mission doch nicht alleine ausführen müssen.“ Kyle reagierte mit gemischten Gefühlen. Erst waren seine Freunde bereit gewesen die Operation abzubrechen. Sie waren Dylan gefolgt, nicht ihm. Trotzdem hatte er keinen Grund sich zu beschweren, denn alleine, so war er sich sicher, wäre die Mission zum scheitern verurteilt gewesen. „Wo sind wir hier?“, fragte Dylan nun und auch die anderen sahen sich um. Um sie herum was es größtenteils dunkel, obwohl sie sich nur einige Kilometer von ihrer letzten Position befanden. Und vorhin war es noch Tag gewesen, weshalb sie realisierten, dass sie sich unmöglich im Freien befinden konnten. Mac war von ihnen am besten ausgerüstet und so zog er eine Taschenlampe und leuchtete den Raum ab. Er stellte sich als sehr weitläufig heraus, sie schienen sich in einer Art Halle zu befinden. An allen Seiten waren metallene Kisten aufgereiht, mit Zeichen darauf die keiner im Team identifizieren konnte. Offenbarte hatten sie sich in einer Lagerhalle wieder gefunden, das bewies nicht zuletzt der Staub auf dem Boden. Kyle hob seine Hand und bat die anderen ruhig zu sein. Diese folgten der Aufforderung und verstanden kurz darauf auch wieso. Stimmen drangen an ihre Ohren, wenn auch recht leise. In der Nähe hielten sich Menschen auf. Das CPT beschloss äußerst vorsichtig zu sein, das letzte Zusammentreffen mit Einheimischen war alles andere als gut verlaufen. Luke war gefangen genommen, vielleicht sogar verletzt worden. Ihre Priorität lag darin ihren Freund zu finden und nach Hause zu holen. Dabei war die Erkundungsmission sekundär geworden, auch wenn Kyle sicher nicht dieser Ansicht war. Schnell hatte das Team wieder zu seiner alten Form zurückgefunden und näherte sich der Quelle der Stimmen. „Wie sieht es mit deinem Knöchel aus?“, flüsterte Evan seiner Freundin zu, doch Dylan wehrte ab. „Dem geht es schon viel besser, ich kann bereits wieder laufen.“, tat sie die Sache ab, auch wenn Evan daran zweifelte. Seine Freundin musste immer noch schmerzen haben, wollte jedoch keine Last für das Team darstellen. Besonders nachdem sie impulsiv durch die Anomalie gestürmt war und er und Mac ihr folgen mussten, hätte sie es sich nicht verziehen jetzt zurückzufallen. Mac und Kyle waren vor einer stämmigen Tür angekommen, die jedoch nur einen Spaltbreit offen war. „Was seht ihr?“ hauchte Evan, doch die beiden waren sich nicht sicher. Mac zog die Tür vorsichtig an und spähte nach draußen. Er und Kyle sahen zu wie mehrere Männer mit metallenen Griffen an Armen und Beinen umherranten. Eine Vielzahl an Maschinen sowie Energieterminals waren zu sehen. Mac stach aber noch etwas anderes ins Auge und nachdem er Kyle ins Gesicht blickte, fühlte er sich darin bestätigt. Er gab Evan ein Zeichen und tauschte die Position an der Tür. „Ich kann es nicht fassen.“, raunte Kyle, doch Evan bat ihn leiser zu sein. Doch auch nachdem er sich vergewissert hatte, stieg Unruhe in ihm auf. Scheinbar führte die Tür zu einem Labor, in dem etwa ein halbes Dutzend Wissenschaftler ihre Arbeit vollführte. Das Besondere hingegen war der gläserne Raum gegenüber der Lagerhalle. Weder Evan noch die anderen hatten erwartet mit ihrer Aufklärungsmission so schnell Fortschritte zu erzielen. „Was seht ihr?“, flüsterte auch Dylan und Evan hätte ihr die Antwort am liebsten erspart. „Uns direkt gegenüber liegt ein weißer Raum, er gleicht etwa einem Operationssaal. Ich dachte erst es sind Menschen die darauf liegen, aber nein, es sind die humanoiden Raptoren.“, verriet er und Dylan wurde blässer. „Was stellen Sie mit ihnen an? Experimentieren sie mit ihnen, oder…“, wollte Kyle wissen, kam währenddessen jedoch auf eine andere Idee. Evan schloss die Tür ganz und schritt zu einigen der Kisten zurück. Er öffnete eine davon und kramte in mehreren Plastikpackungen. „Was hast du da?“, fragte Mac erstaunt. Evan beherrschte weder die Sprache noch die Schrift dieser Zeit, auch wenn sich diese kaum groß verändert zu haben schienen. Die Symbole auf den Packungen waren jedoch leicht zu identifizieren, denn man fand sie in jedem Handbuch für Biologie. „Das sind DNA-Proben. Hier sind welche von Säugetieren und von Reptilien.“, erklärte er nachdenklich. Nun verstanden Dylan und Mac auch Kyles abgeschnittenen Satz. „Diese Kreaturen, werden sie hier etwa…“, begann Dylan und der Mann aus der Zukunft bestätigte es ihr. „Es macht den Eindruck, ja. Sie werden hier geschaffen.“ Während Mac ungläubig den Kopf schüttelte, legte Evan die Behälter zurück in die Kiste. Doch für ihn ergab es Sinn. Wenn wirklich eine ganze Armee dieser wilden Bestien durch in die Zukunft führende Anomalien gekommen waren, konnte es sich nicht um ein Naturphänomen handeln. Jemand schickte sie in die Vergangenheit… um diese zu infiltrieren. „Ich kann es nicht glauben, dass Menschen hinter dieser Aktion stecken.“, wollte sich Mac mit dem Gedanken immer noch nicht anfreunden. Dylan schien damit weniger Probleme zu haben. „Warum? Menschen haben immer schon in die Natur eingegriffen und Kriege geführt. Vielleicht erschaffen sie diese Bestien hier als eine Art Soldaten.“, spekulierte sie. Für Kyle ergab dies jedoch kaum Sinn. „Aber warum in die Vergangenheit schicken? Damit würden sie die Menschheit und ihre eigene Zeitlinie gleich mit auslöschen.“, wand er ein. Dylan stimmte ihm zu, konnte aber keine Antwort darauf liefern. „Auf jedenfall müssen wir unsere Aufklärungsmission ausweiten und diese humanoiden Raptoren auslöschen.“, sagte Evan entschieden. Und damit hatte er recht. Wenn sie die Gegenwart retten wollten, mussten sie die Gefahr hier und jetzt neutralisieren. „Wir müssen die Wissenschaftler ausschalten und diese verdammten Raps umbringen.“, sagte Kyle entschieden und schritt auf die Tür zu. Mac und Evan gelang es noch rechtzeitig ihn zu stoppen und von einer weiteren impulsiven Reaktion abzuhalten. Kyle hatte definitiv zu viel von seiner Mutter vererbt bekommen, doch wenn sie diese Mission erfolgreich abschließen wollten, dann brauchten sie einen Plan. „Wir bekommen es sicher nicht nur mit Wissenschaftlern zu tun. Ihr habt diese Militärpolizisten doch gesehen und wie gut sie bewaffnet waren.“, erinnerte Mac. Evan tat nun ein paar Schritte und erkannte eine weitere, kaum sichtbare Tür. „Hier gibt es einen zweiten Ausgang…“, begann zu murmeln, doch die anderen verstanden nicht worauf er hinauswollte. „Wir können die Raps und die wissenschaftlichen Aufzeichnungen dieser Verrückten zerstören, doch das hält sie nicht davon ab, ihre Forschungen wieder fortzusetzen, wenn wir weg sind. Wir müssen den Verantwortlichen finden und ihn zur Rede stellen. Und die Zeit verschaffen wir uns indem wir hier im Labor eine kleine Ablenkung schaffen.“, erklärte er seinen Plan. Der Rest des Teams konnte ihm jedoch nicht folgen. „Eine Ablenkung? Was für eine Ablenkung wäre effektiv genug, dass diesen Kerlen unser Aufenthalt hier nicht auffällt und sie genug beschäftigt?“, hakte Dylan nach. Nun zögerte Evan etwas. „Tja, da Luke im Moment nicht bei uns ist, bin ich gezwungen die riskanten und abwegigen Pläne beizusteuern. Es handelt sich um eine wirklich drastische Idee, aber ich denke nicht, dass wir eine Wahl haben. Wir hetzen ein Spezial-Kommando auf die Wissenschaftler und etwaige Wachen dort draußen. Dann verschwinden wir durch die Hintertür und suchen die Quelle dieser Experimente.“, schlug er vor. Seine Freunde runzelten die Stirn. „Spezial-Kommando? Wir sind nur zu viert, mehr können wir nicht aufbieten.“, wand Mac ein. Evan räusperte sich und hielt langsam den Opener in die Höhe. „Ich kann Verstärkung besorgen. Aber… die wird euch sicher nicht gefallen.“ Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, Omega-Stützpunkt Nayem hatte keinen prunkvollen Empfang erwartet, immerhin war diese Audienz anders als seine üblichen Treffen mit dem Magistrat. Diesmal war die Situation sogar noch zugespitzter als sonst, das hatte er spätestens dann bemerkt als das Luftschiff gelandet war und er zusammen mit Vesst und seinen Leuten von der Garte des Magistrats in Empfang genommen wurden. Zwar begrüßten sie den Konzil mit dem gebührenden Respekt, doch ihre Loyalität lag ganz bei Gall. Erst hatten sie vorgehabt dem Jungen namens Luke Fesseln anzulegen, doch Nayem hatte sich für ihn eingesetzt und ihn keineswegs als Bedrohung dargstellt. Kein roter Teppich erwartete die Gruppe, dafür jedoch noch mehr Soldaten, die unter Galls Kommando standen. Gemeinsam betraten sie den Omega-Stützpunkt. Nayem hatte dieses Gebäude bisher nur ein einziges Mal betreten, vor 6 Monaten als Gall ihm seinen privaten Zoo präsentierte. Schlagartig erinnerte er sich an die Worte des Professors. Die Tiere, die aus ihrer Zeit entführt wurden waren hier genauso falsch wie der Junge, der nun von Galls Leuten vorwärts gedrängt wurde. Sie betraten den Stützpunkt über das Dach und ihr Weg wurde mehrere Male unterbrochen, aufgrund einer Vielzahl an Sicherheitstüren. Nach einer Weile änderte sich die Fassade der Wände und der Konzil spürte, dass sie eine andere Sektion betreten hatten. Eine automatische Tür vor ihnen schwang aus und ein rundlicher Mann mit Glatze suchte sich seinen Weg zu ihnen. Begleitet von zwei schwer bewaffneten Wachleuten hatte er die Gruppe bald erreicht. Vesst salutierte und Magistrat Gall musterte erst ihn, dann Nayem. Sein Blick blieb auf Luke haften, scheinbar war er sich erpicht darauf, mehr über den Mann aus der Vergangenheit zu erfahren. „Magistrat Gall, ich sehe die Tatsache, dass Sie die diplomatischen Wege übergehen und meinen Gefangenen einfach entführen lassen als persönliche Beleidigung an.“, gab der Konzil klar und deutlich seine Meinung wieder. Gall rang sich ein Lächeln ab und schickte Vesst und dessen Leute weg. Die Wachen postierten sich neben Luke und Gall musterte ihn von oben bis unten. „Aber mein lieber Konzil, unseren Besucher als einfachen Gefangenen zu bezeichnen wäre doch äußerst rüde. Sehen wir ihn doch… als Botschafter an.“, schlug er vor. „Ähh… ja genau, das wäre mir wesentlich lieber.“, sprang Luke sofort auf den Zug auf. Nayem schien das vollkommen anders zu sehen. „Er und seine Leute haben zwei meiner Soldaten verletzt. Davon abgesehen, kennen wir noch nicht den Grund seines Besuchs.“, wand er ein. Letzteres war eine Lüge, denn Luke hatte dem Konzil von den humanoiden Raptoren erzählt, welche in die Vergangenheit eingedrungen waren. Er besaß allerdings keine Beweise dafür, dass der Junge die Wahrheit sprach. Gall besaß die Technologie für Zeitreisen, Geräte die einst ihre Vorfahren entwickelt hatten. Doch welchen Sinn hatte es ihre eigene Vergangenheit zu zerstören? Gall würde somit auch die Gegenwart auslöschen, was bei seinem Imperium kaum Sinn machte. Nein, im Moment war es noch zu früh für Beschuldigungen. „Ich bin sicher unser Freund hier wird seine Gründe gehabt haben. Aber folgen Sie mir erst einmal, ich möchte Ihnen beiden etwas zeigen.“, säuselte der Magistrat und vollführte eine Handbewegung nach vorne. Die neue Gruppe setzte sich in Bewegung und passierte die dicke Tür, durch die Gall gekommen war. Dahinter wurde es wesentlich wärmer, doch die Luft wurde nicht dicker. Im Gegenteil. Luke und Nayem reichte es bereits leicht mit der Nase einzuatmen um ihre Lungen zu füllen. „Sie haben hier Saurier.“, murmelte der Zoologe und Nayem stutzte. Woher wusste der Junge davon? Doch Gall stimmte ihm zu. „Ja, die Kreaturen von damals benötigten dreifach so viel Sauerstoff wie heute um in dieser Umgebung lange überleben zu können. Wir pumpen ihn in diese Sektion, damit sie sich heimisch fühlen.“, verriet er. Tatsächlich fanden sich die Gruppe wenig später auf einem weißen Flur wieder, dessen gläserne Wände an einen Terrarium erinnerten. Luke wagte einen Blick hinaus und Nayem stellte fest wo sie waren. Bisher hatte er die Kuppel lediglich von dessen Grund aus gesehen, nachdem Gall ihm einige seiner Tierchen präsentierte. Der Konzil hatte nicht abschätzen können wie viele Käfige es waren, doch angesichts dessen, dass sie sich nur wenige Meter unterhalb des Daches befanden mussten es an die hundert sein. Hinter dem Glas ging es auf beiden Seiten steil bergab. Doch an den Käfigen änderte sich nichts, immer mehr neue Tiere stachen Nayem ins Auge. Und auch Luke. Der Student hielt an und ließ seinen Blick schweifen. Dieser verharrte am Käfig vor ihm als ein zotteliges Tier direkt auf ihn zutrat. Das schwere Fell und zwei lange Hörner auf seiner Nase wirkten bedrohlich, im Gegensatz zu seinen Augen. Diese spiegelten einen traurigen und verlorenen Blick wider. „Ein Wollnashorn, oder auch Coelodonta aus dem Pleistozän, kurz vor Beginn der Eiszeit.“, stellte er fest. Gall nickte und strich über das Glas. „Ein beeindruckendes Geschöpfs, nicht wahr?“, erwiderte er und schob den Jungen weiter. Das urzeitliche Nasshorn verharrte auf seiner Position und starrte den Männern nach. Luke war inzwischen im nächsten Terrarium angekommen und musterte das Vogel-ähnliche Geschöpf darin. „Ich nehme an auch dazu können Sie uns quasi Unwissenden Auskunft erteilen.“, kam es von Gall. Luke nickte und ging leicht in die Hocke. „Ein Gastornis aus dem Paleozän, der erste richtige Raubvogel. Auch wenn er über keine Flügel verfügt, seine muskelbepackten Beine konnten ihn unglaublich schnell rennen lassen.“, erzählte er, schritt dann aber schnell weiter zum nächsten Käfig. „Wow, ein Moeritherium aus dem Eozän, eines der ersten Rüsseltieren.“, sprach er und auf Nayem wirkte er geradezu wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal im Zoo war. „Ich weiß, dass ist alles sehr beeindruckend und mein ganzer Stolz. Dennoch ist es nicht das, was ich Ihnen zeigen wollte.“, meinte Gall und bat Luke und Nayem ihm weiter zu folgen. Nach wenigen Metern hatten sie das Ende des Gangs und auch der Kuppel erreicht. Eine weitere Sicherheitstür wurde geöffnet und eine Treppe dahinter sichtbar. Danach ging es sehr weit bergab und sowohl Luke als auch Nayem fühlten sich mit der Zeit unbehaglich. Als sie endlich unten angekommen waren, schienen sie bereits neue Käfige zu entdecken, auch wenn diese weitaus riesiger waren. Gigantische Kraftfelder erstreckten sich in die Höhe und bereits hinter dem ersten war es Luke möglich einen lebendigen Stegosaurus zu erkennen. Ein skurriler Anblick, denn bisher hatte er diese Tiere lediglich in freier Wildbahn gesehen und zwar dann, wenn sie sich einen Weg durch Anomalien in ihre Zeit bahnten. Im gegenüberliegenden Käfig erkannte der Student einen Dracorex der, hätte er Flügel besessen tatsächlich wie ein Drache aus den alten Legenden gewirkt hätte. Doch der Magistrat ließ ihm keine Zeit um länger zu verweilen, denn bald hatten sie ihr Ziel erreicht. „Urzeit?“, fragte er einen der Wachleute und dieser begutachtete das Display, das sein eraw-Chip generierte. „4 T.z. Der nächste Schaukampf beginnt in etwa 2 Minuten.“, verkündete er. Nayem trat an seinen vermeintlichen Verbündeten heran und wirkte perplex. „Was meint er mit Schaukampf?“, hakte er nach. Gall grinste breit und zeigte auf den Käfig vor ihnen. Doch war es wirklich einer? Das Areal dahinter war sehr groß, aber dennoch befanden sich keine Tiere darin. Gall schlenderte zu einem Terminal in der Nähe und gab ein paar Daten ein. „Lieber Konzil, meine Forschungen haben sich leider als sehr teuer herausgestellt, weshalb ich auf zusätzliche Investoren angewiesen bin. Und dieser verlangen natürlich Unterhaltung.“, erklärte er. Luke und Nayem konnten ihm nicht folgen, doch das sollte sich kurze Zeit von selbst erledigen. Von ihrer Sicht aus erkannte Luke mehrere Monitore innerhalb der oberen Hälfte des Käfigs, die beinahe fast aus dem Nichts auftauchten. Danach wurde das Geräusch von sich öffnenden Türen hörbar und jemand betrat das Areal. Nein etwas… Ein etwa 1 Meter großes Tier stolzierte auf zwei Beinen umher und krächzte mit scharfen Zähnen im Mund. Luke brauchte nicht lange um es als Raptorex zuzuordnen, einem theropoden Saurier aus der Unterkreide. Doch er war nicht der Einzige. Auf der anderen Seite öffnete sich eine weitere Tür und eine vierbeinige Kreatur bahnte sich den Weg nach vorne. Schlagartig wurde nicht nur Luke bewusst wovor sie standen, sondern auch Nayem. Einer Arena. Der Vierbeiner besaß ein gelb-bräunlich gefärbtes Fell und den Schädel einer Katze. Dazu zwei spitze Reißzähne. Luke identifizierte die im Pleisotzän ansässige Raubkatze als ein Smilodon. „Was soll das werden? Wozu die zahlreichen Übertragungen, wer sieht uns zu?“, wandte sich Nayem fordernd an den Magistrat. „Sagte ich das nicht? Einige Investoren, die sehr an Zeitreisen interessiert sind. Und genau wie ich an diesen außergewöhnlichen Tieren.“, verkündete. Luke musterte erneut die flackernden Monitore aus Energie. Scheinbar stellten sie das Gegenstück zum damaligen Internet dar, wenn nicht eine Weiterentwicklung. Während der Raptorex und das Smilodon beide ins Angriffsstellung gingen, erinnerte dies den Studenten beinahe an einen Youtube-Clip. Nur, dass das hier real war. Er wusste nicht, ob Gall die Tiere aufgepuscht hatte, oder sie schlichtweg aggressiv waren. Vielleicht ließ man sie auch einfach nur hungern wie bei Hundekämpfen und wartete dann einfach das Ergebnis ab. Der Kampf begann und der Raptor war eindeutig der Unterlegene. Er reagierte viel zu langsam und zu passiv, so dass das Smilodon die Jagt aufnahm und sich auf seine Beute stürzte. Der Raptorex zerkratzte der Katze das Gesicht, doch diese blieb unbeeindruckt. Der Säbelzahntiger schlug seine Beißer in den Theropoden und setzte der Auseinandersetzung ein Ende. Gall begann begeistert zu klatschen und die ersten Monitore erloschen. Luke hingegen fand nur einen Ausdruck dafür. Grausam. Zu jagen war für diese Tiere das Natürlichste der Welt, jedoch nicht unter solchen Bedingungen. „Kommen Sie, kommen Sie! Das war nur ein regulärer Kampf, ich habe etwas Spezielles für Sie vorbereitet.“, sprach Gall freudig und winkte die Besucher weiter. Mit gemischten Gefühlen folgten sie ihm und standen bald darauf am Ende des Korridors und vor einer noch weitaus größeren Arena. Einer der Kontrahenten schien sich bereits darin zu finden und stieß seinen Schädel gegen die Wände, hinter der die Freiheit lag. Er war gigantisch, sicher 5 Meter groß. „Ein Daspletosaurus aus der Gruppe der Tyrannosauridae, ansässig im oberem Campanium.“, murmelte Luke und fragte sich sogleich, ob ihr Gastgeber nicht selbst über diese Informationen verfügte. „Richtig mein junger Freund. Und was können Sie mir… über seine Kontrahenten berichten?“, wollte er wissen und gab den Wachen ein Zeichen. Einer davon schritt zum Terminal und öffnete den zweiten Zugang zur Arena. Ein weiterer Kollos stellte sich vor und ging sofort in Angriffsstellung gegenüber dem Daspletosaurus. Doch so etwas… hatte Luke noch nie zuvor gesehen. „Also?“, fragte Gall fordernd. Der Student musterte den Giganten von oben bis unten, doch er kam zu dem Schluss, dass es unmöglich war. Körperbau und Schädel zeichneten den Saurier als einen Tarbosaurus aus der Kreidezeit aus. Doch auf dem Rücken… prangten große Platten hervor, ähnlich einem Stegosaurus. Am Schwanz befand sich eine große Keule, die an jene eines Ankylosaurus erinnerte. Auf den ersten Blick brannte sich sofort das Bild von Godzilla, auch wenn es sich dabei nur um eine erfundene Figur handelte. Diese Bestie hier war jedoch real. „Ist das…“, begann Luke und Gall bestätigte es ihm. „Ein Mutant? Ja, so könnte man es nennen. Ich habe einige Eigenschaften kombiniert um den perfekten Prädator zu erschaffen. Allerdings habe ich mir noch keinen Namen für ihn einfallen lassen. Wie klingt… Gallosaurus? Nur ein Scherz, so eitel bin ich nicht.“, wehrte der Magistrat lachend ab. Nayem wusste hingegen, dass der Mann es doch war und was er hier kreiert hatte, schockierte ihn. Der Konzil nahm an diese menschlichen Raptoren wären Galls einzige Versuche gewesen, doch das hier stellte eine völlig neue Dimension dar. Der forcierte Kampf zwischen den beiden Karnivoren begann und der Daspletosaurus fiel zurück. Doch kurz darauf setzte er zum Gegenangriff an, doch der modifizierte Tarbosaurus wand sich und schützte sich mit seinen Rückenplatten. Ein Schwung mit dem Schwanz reichte aus um den Hals des Angreifers quasi zu zertrümmern. Danach ging er auf den Daspletosaurus los und schlug seine Zähne in ihn. Sein Kontrahent blieb chancenlos und der Saurier-Mutant brüllte los. Luke riss sich von dem Schauspiel los und torkelte zurück. „Also was sagen Sie? Ich könnte jemanden mit Ihrem Fachwissen gut gebrauchen. Schließen Sie sich mir an und wir können noch weitaus beeindruckendere Bestien erschaffen.“, bot Gall an. Luke, der sich bereits immer für die Kryptozoologie interessiert hatte, wünschte sich natürlich nichts mehr als neue Arten kennen zu lernen. Aber nicht so. Neue Tiere zu entdecken und welche zu erschaffen waren zwei verschiedene Dinge. Das hier war Irrsinn und der Mann der sich diese Urzeittiere hielt und vor allem Kämpfe mit ihnen ausfocht war eindeutig verrückt. „Nein… ohne mich. Was Sie hier machen ist abartig, Sie sind ja größenwahnsinnig!“, schrie er dem Magistrat nun entgegen. Gall hob erbost sein Kinn und ging in Verteidigungsstellung. „Wie können Sie das behaupten? Ich rette diese Tiere davor vom Fluss der Zeit ausgelöscht zu werden. Ich hole sie in die Gegenwart wo sie eine zweite Chance erhalten und wiederauferstehen können. Ich bin ein Wohltäter, der eher einen Orden verdient hätte, als Spott.“, beharrte er. Luke schüttelte nur den Kopf. „Mit welchem Ziel? Es ist ja nicht so, als würden Sie das für das Allgemeinwohl machen, als wie wenn Kirk einen Wal aus der Vergangenheit in die Zukunft verfrachtet. Ihre Absicht ist doch nur Ihre eigene Belustigung und das Ihre so genannten Investoren. Mir tun diese Tiere hier einfach nur leid, auf meine Hilfe dürfen Sie keinesfalls hoffen.“, lehnte er sich entschieden auf. Gall war die Wut in seinem Gesicht nun anzusehen, scheinbar war er es nicht gewohnt, dass man ihm widersprach. Er gab den Wachen ein Handzeichen und diese ergriffen den Aufsässigen unsanft. „Hey!“, wehrte sich der Student, doch er hatte keine Chance. Gall trat an das Terminal und gab ein paar Daten ein. „Was haben Sie mit ihm vor?“, hastete Nayem zu ihm und erkannte Galls hochrotes Gesicht. „Auch wenn er aus der Vergangenheit ist… so spricht keiner mit mir! Keiner!“, brüllte er und Nayem sah zu wie sich das Kraftfeld der Arena hinter ihnen öffnete. Schockiert musste er mitansehen wie der Junge namens Luke von den Wachen hinein befördert wurde und sich das Kraftfeld wieder schloss. „Sind Sie verrückt geworden? Sie können ihn nicht einfach an diese Bestie verfüttern!“, warf ihm der Konzil vor. Vyrim Gall funkelte ihn nur zornig an und stellte sich ihm dann gegenüber. „Wen glauben Sie vor sich zu haben? Ich beherrschte die Zeit und diese Kreaturen. Bezweifeln Sie ja nicht meine Macht, sonst werden Sie es bereuen. Mit diesen Kreaturen und meiner Technologie… werde ich zum Gott dieser Welt aufsteigen.“, begann er heiser zu lachen. Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, Omega-Stützpunkt Hauptmann Vesst verspürte Unbehagen dabei den Magistrat einfach mit dem Konzil und dem Jungen aus der Zukunft allein zu lassen. Er vertraute keinem von beiden und auch ihre Pläne lagen im Dunkeln. Seiner Meinung nach reagierte Gall in letzter Zeit zu leichtsinnig und am liebsten hätte er ihm dies auch direkt gesagt. Doch dann wäre Vesst höchstwahrscheinlich einem von Galls Tierchen als Mittagessen vorgesetzt worden, wenn nicht sogar den Mutanten selbst. Angesichts dessen, dass Gall seinem Ziel immer näher kam, verlor er eindeutig die Sicherheit aus den Augen. Vesst marschierte samt seiner Einheit auf den Trainingsraum zu. In zwei Tagen sollte die nächste Mission durch eines der Zeitportale führen um noch mehr wichtige Proben zu sammeln, welche Gall und Oss für ihre Forschungen benötigten. Der Hauptmann griff bereits nach der Tür als ein Alarm über ihnen ertönte. Vesst und seine Leute waren erfahren genug um sich nicht erschrecken sollen. „Orten!“, befahl der Hauptmann und einer der Offiziere folgte. „Jemand hat den Alarm im Laboratorium ausgelöst.“, berichtete dieser und Vesst schluckte. Warum ausgerechnet dort? Konnte es nicht ein schlichter Feueralarm sein? Das war illusorisch wenn man bedachte was sich dort befand. Im schlimmsten Falle war eines der Exemplare ausgebrochen und hatte begonnen die Wissenschaftler anzufallen. Im Günstigsten jedoch, handelte es sich nur um einen Fehlalarm. Dennoch mobilisierte Vesst seine Leute und befahl ihnen zum Laboratorium vorzurücken. Mittels einem Menü im Display seines Eraw-Chips versiegelte er den Ausgang bis zum Eintreffen der Einheit. Nach 10 Minuten war es ihnen endlich gelungen und Vesst entriegelte die Tür wieder. Seine Soldaten hoben die Waffen und drangen in die Sektion ein. Vesst bildete das Schlusslicht und verriegelte die Tür erneut. „Sir!“, rief einer der Soldaten und Vesst schloss zu ihm auf. Vor dem Trupp Soldaten lag ein toter Wissenschaftler, seine Kehle schien aufgeschlitzt worden zu sein. Oder… aufgebissen? „Wir teilen uns auf. Team Alpha rechts, Team Beta links.“, ordnete er an. Zusammen mit drei anderen Soldaten bahnte er sich den Weg nach rechts, wo sich der Raum mit den Mutanten befinden sollte. Auf ihren Weg stießen sie auf zwei weitere tote Wissenschaftler. Dann Schreie. Von wem stammten sie? Den Forschern oder… etwa seinen eigenen Leuten? Nein, unmöglich. Die Mutanten befanden sich in diese Richtung, wenn sie sich befreit hatten, konnten sie nur dort sein. Zwei der Soldaten sicherten den Eingang und verschafften Vesst Zutritt. Der Geruch von Blut lag in der Luft und mit erhobenen Waffen drangen die Männer ein. Ein kurzer Aufschrei seitens eines seiner Leute, als er versehendlich auf eine weitere Leiche trat. Vesst starrte fassungslos zu Boden, der Kopf des ehemaligen Leiters, Ineeng Oss war teilweise eingedrückt worden. Doch was hatte so eine massive Kraft? „Sir, sie sind alle tot!“, meldete ein weiterer Soldat und der Hauptmann sah sich um. Ungläubig betrachtete die weiteren Kadaver auf den metallenen Tischen vor ihm. Er zählte sie schnell ab und kam auf exakt 11 Stück. Das verwirrende jedoch war, dass es sich nicht um Menschen handelte, sondern Mutanten. Die humanoiden Raptoren hatten sich nicht befreit, sondern wurden von etwas angefallen, während sie angekettet waren. Alle von ihnen waren geradezu zerbissen worden, nichts deutete mehr auf ihre Intelligenz und Gerissenheit hin. „Achtung!“, rief einer der Soldaten abrupt. Vesst drehte sich um und erkannte einen weiteren, blutverschmierten Mutanten. Im Maul trug er eine Art Pfote und spuckte sie nun aus. Er stolzierte auf die Männer zu und einer von ihnen hob seine Waffe. „Nein, nicht!“, versuchte ihn Vesst zu stoppen, der natürlich wusste, dass von H7 keine Gefahr ausging. Doch es war zu spät. Sein Untergebener gab eine tödliche Ladung auf den Mutanten ab und setzte seiner künstlich erschaffenen Existenz ein Ende. Der Hauptmann brüllte ihn an und stürzte zu ihm. Egal was hier vor sich ging, H7 hätte sie vielleicht retten können. Und dann geschah es. Das Zersplittern von Glas, etwas war in den Versuchsraum eingedrungen. Vesst erkannte nur 2 große Schatten die blitzschnell reagierten und sich auf seine Leute stürzen. Abscheuliche Monster sprangen hinter den Terminals hervor und schlugen ihre Zähne in zwei von ihnen. Der dritte Soldat fiel zu Vesst zurück und gemeinsam rannten sie rückwärts aus dem Zimmer. Der Hauptmann dachte daran die Tür zu verschließen, doch es wäre für die Monster leicht gewesen auf anderem Wege wieder zu entkommen. „Weg hier! Wir brauchen Verstärkung!“, befahl er und rannte was das Zeug hielt. Aus einer unbekannten Richtung sprang ein weiterer Schatten auf ihn zu und scharfe Zähne schnappten nach Vessts Untergebenen. Blut spritzte auf den Hauptmann und der Mann war nicht mehr zu retten. Im nächsten Moment stolperte der Anführer, ließ seine Waffe jedoch nicht los. Zwei weitere Schatten tauchten auf und beugten sich zu ihm hinab. Es wären gigantische Schädel, aus deren Mäulern Speichel auf ihn herabtropfte. Ihre Augen funkelnden gierig und es war klar was sie wollten. Ihn. Vesst richtete seine Waffe nach oben und feuerte einen Schuss ab. Er wusste nicht, ob er eines der Monster getroffen hatte oder nicht. Er würde es nie mehr erfahren, denn gleich darauf begannen die Kreaturen damit den Hauptmann in Stücke zu reißen. Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, Omega-Stützpunkt Luke wollte sich augenblicklich wehren, war aber chancenlos. Der Wachmann stieß ihn nach vorne und schritt zurück. Der Student wollte fliehen, prallte jedoch am Energiefeld der Arena ab. Er hielt sich schmerzend die Nase und torkelte nach hinten. „Hey, das können Sie nicht machen! Lassen Sie mich raus!“, schrie er, doch Gall schien ihn zu ignorieren. Luke drehte sich um und ihm brach beinahe der Schweiß aus, als er das Geschehen vor sich realisierte. Das Smilodon war noch dabei seine scharfen Reißzähne in das Fleisch des Raptorex zu stoßen Jetzt sah er jedoch auf und beäugte Luke misstrauisch. Dieser wusste, dass die Raubkatze im Moment zwar Nahrung hatte, doch ihr Spieltrieb durfte keinesfalls unterschätzt werden. Das Smilodon bewegte sich nun vom Kadaver weg, immer weiter auf den Zoologen zu. Luke wusste, dass er keinesfalls wie eine Bedrohung wirkten durfte. Am liebsten hätte er der Katze zugerufen, dass er nichts von ihrer Mahlzeit abhaben wollte und diese in aller Ruhe weiterfressen sollte. Luke war inzwischen zu einer Maus in einem Käfig geworden, die keinerlei Rückzugsmöglichkeiten besaß. Er war nicht einmal bewaffnet, auch wenn dies gegen das schnelle Tier wohl wenig genützt hätte. Je näher das Smilodon kam, umso mehr erstarrte der Student. Doch das war gut so. Eine unnötige Regung hätte die Katze sofort veranlasst sich auf ihn zu stürzen. Das Tier sollte ruhig glauben, Luke wäre nur ein Stein, Baum oder sonst etwas uninteressantes. Das Smilodon begann Luke zu umkreisen und dieser spürte den Schweiß, der an ihm herab rann. Er betete nur, dass die Raubkatze nichts Falsches interpretierte. Klar er hatte Angst, durfte es aber keinesfalls zeigen. „Gut, Sie haben Ihren Standpunkt klar gemacht, jetzt hören Sie mit diesem Kinderkram auf!“, hörte er draußen jemanden rufen. Konzil Enban Nayem stand immer noch Magistrat Gall gegenüber und empfand dessen Aktion als alles andere als witzig. „Mein lieber Konzil, denken Sie etwa ich scherze? Unser lieber zeitreisender Freund hat doch sogar ein paar Ihrer Leute verletzt, oder?“, erinnerte er. Nayem verengte die Augen. „Na und? Dennoch kein Grund ihn ihrem Löwen zum Fraß vorzuwerfen.“, sagte der Konzil entschieden. Gall wirkte jedoch nicht, als würde er lediglich scherzen. „Wieso? Vom Standpunkt dieser Ära aus, ist er ohnehin schon lange tot. Es war seine eigene Schuld, dass er in unsere Zeit reiste. Bedeutet Ihnen der Junge etwas was? Hat der militärische Führer Yvalons etwa Mitleid?“, blaffte er. Nayem schluckte und hasste es, wie wenig Respekt ihm Gall entgegenbrachte. „Apropos Zeitreisen. Was ist mit Ihren Mutanten? Es stimmt doch, dass Sie vorhaben sie ebenfalls in die Vergangenheit zu schicken, oder?“, beschloss Nayem zu pokern. Damit bröckelte Galls Fassade nun etwas, scheinbar hatte er nicht damit gerechnet, dass der Konzil über sein Vorhaben Bescheid wusste. „Ihre Spione sind besser als ich erwartet hatte. Ich wollte Sie natürlich noch einweihen, aber ja, Sie haben recht. Meine Mutanten sind die Armee von der ich vor einiger Zeit gesprochen habe. Mit ihrer Hilfe werde ich zum König der Welt aufsteigen.“, grinste er. Nayem schüttelte verwirrt den Kopf und verstand kein Wort. „Indem Sie sie in der Zeit zurückschicken? Das ergibt keinen Sinn. Sie würden unsere Gegenwart auslöschen.“, sagte er entschieden. Doch Gall schien das natürlich bereits bedacht zu haben. „Nicht… wenn ich mit ihnen reise. Natürlich, die anderen Länder in dieser Epoche besitzen starke Armeen und Waffen, meine Mutanten-Truppen könnten besiegt werden. Doch ich habe die Vergangenheit bereits erforscht, sie ist schwach und die Menschen sind auf keine Invasion vorbereitet. Hören Sie, Nayem! Wir beide könnten mit unseren Leuten und meinen Züchtungen zurückreisen! Die Mutanten greifen niemanden mit einem implantierten Eraw-Chip an, somit können wir sie kontrollieren! Wir legen die Welt der Vergangenheit in Schutt und Asche und werden zu Göttern einer neuen Welt, die wir uns eigens erschaffen! Unsere… perfekte Welt!“, hatte der Magistrat seine Augen weit aufgerissen und formte seine Hände zu einer gierigen Geste. Nayem hingegen hatte genug gehört. „Mein Gott, Sie sind verrückt geworden.“, erkannte er und zog seine Waffe. Er hechtete nach vor und nahm Gall in den Würgegriff. Die Wachleute zogen ebenfalls ihre Impulswaffen, doch da hatte Nayem den Magistrat bereits als Geisel genommen. Keine Bewegung oder er ist tot!“, schärfte er ihnen ein. Die Wachen bezogen Stellung, senkten ihre Waffen jedoch nicht. „Nayem, Sie Narr! Wissen Sie, was hier tun? Wir könnten uns zu Göttern aufschwingen, die Macht einer gesamten Welt könnte uns gehören!“, redete er auf den Konzil ein. Doch dieser wollte nichts weiter hören. „Als erstes befreien Sie den Jungen, haben Sie gehört?“, brüllte er, doch die Wachen reagierten nicht. Erst musste er Gall seine Waffe gegen die Wange pressen, bevor dieser reagierte. „Macht schon!“, schrie dieser und einer der Wachleute schritt zur Konsole. Er fuhr über einige Tasten und das Kraftfeld begann sich zu öffnen. Sein Kamerad trat in die Arena und das Smilodon wurde sofort auf ihn aufmerksam und ließ von Luke ab. Doch der Mann reagierte schnell und gab einen gezielten Schuss auf das Tier ab. Die Raubkatze brach zusammen und der Mann winkte Luke zu sich. Schwitzend torkelte dieser auf seinen Retter zu. „Danke, ohne sie…“, begann er, griff dann jedoch nach dem Lauf der Waffe und versetzte dem Mann einen gezielten Schlag gegen dessen Kinn. Dieser fiel zu Boden und der Zoologe nahm ihm im Fall seine Impulswaffe ab. Er verschanzte sich hinter der Mauer und beobachtete wie Nayem Gall immer noch umklammert hielt. „Waffe runter!“, brüllte dieser die verbleibende Wache an. Diese hob beide Hände und machte Anstalten dem Befehl Folge zu leisten. Doch scheinbar war es nur ein Trick, denn blitzschnell hob er diese wieder und setzte zu einem gezielten Schuss an. Der Konzil hingegen war schneller und schoss den Mann nieder. Dann erkannte er das böses Grinsen seitens Galls aus seinen Augenwinkeln aus. Er spürte einen Stich in seinem Magen und ließ die Waffe fallen. „Sie Dummkopf!“, schrie ihn der Magistrat an und stieß ihn zu Boden. Nayem verfluchte sich als er bemerkte, dass es ihm entgangen war, dass Gall scheinbar ein Messer in seinem Gürtel aufbewahrt hatte. Dieses steckte nun im Bauch des Konzils, welcher schwer zu atmen begann. Gall begann zu lachen und beugte sich über ihn. Nayem versuchte nach hinten zu roppen, doch die Kraft begann ihn bereits zu verlassen. „Keine Bewegung!“, sprang Luke hinter der Mauer hervor und richtete seine Waffe auf Gall. Dieser blieb hingegen unbeeindruckt. Er schlich zu der Stelle, an der Nayem seine eigene Waffe hatte fallen lassen und machte sich daran sie aufzuheben. Luke wiederholte seinen Befehl, doch als Gall nicht reagierte, wollte er einen Warnschuss abgeben. Ohne Erfolg. Der Zoologe betätigte mehrmals den Abzug, ohne, dass sich etwas rührte. „Man… braucht einen Eraw-Chip um sie abzufeuern.“, stammelte Nayem erschöpft. Damit war eindeutig klar, dass dies nicht Lukes Tag war. In einer fernen Zukunft zurückzubleiben, gefangen genommen zu werden, in eine Arena mit einem Smilodon gesteckt werden und jetzt auch noch das. Er warf die nutzlose Waffe weg und ging in die Hocke. Er griff Nayem unter die Achseln und begann ihn nach hinten zu ziehen. Gall war es inzwischen gelungen Nayems Waffe zu erreichen und aufzuheben. Gerade noch rechtzeitig war es Luke gelungen den verwundeten Konzil hinter die Wand der Arena zu ziehen. „Gebt auf, ihr seid unbewaffnet! Stellt euch und ich lasse euch eventuell leben!“, lachte der Magistrat lauthals. Nayem betrachtete das Messer das in seinem Bauch steckte, aber noch durfte er nicht sterben. Nicht solange dieser Wahnsinnige da draußen war. Er fasste sich an seine linke Handfläche und aktivierte seinen Eraw-Chip. Ein Display erschien und Luke beobachtete wie der Mann einige Befehle eingab. „Ich… bin drin.“, stammelte er, doch der Zoologe aus der Vergangenheit verstand ihn nicht. Nayem hob seine nun blutige Hand und wies auf ein grünes Kreuz inmitten des Displays aus purer Energie. „Drücken Sie… es. Ich… schaffe es nicht mehr.“, sprach er gequält und Luke hatte keine Ahnung was er tun sollte. Doch Gall würde bald hier sein, es blieb ihm nichts übrig als Nayem zu vertrauen. Er betätigte die besagte Taste und wartete ab was geschah. Draußen lud Magistrat Gall gerade die Energiezelle von Nayems Waffe nach und richtete sie nach vorne. Ein paar Schritte noch und er hatte den Verräter und den Jungen aus der Vergangenheit erreicht. Dann riss er plötzlich die Augen auf. Links von ihm war plötzlich das Kraftfeld der größeren Arena erloschen. Aber… wie? Gall blickte zum Terminal, dort hatten sich mehrere Fenster geöffnet. Hatte… hatte Nayem etwa mithilfe seines Eraw-Chips einen Fernzugriff gestartet? Aufgrund seines Rangs besaß er die nötigen Sicherheitscodes, doch würde das nicht heißen… Die Erkenntnis traf den Magistrat leider viel zu spät. Kaum war das Kraftfeld verschwunden, bahnte sich bereits der modifizierte Tarbosaurus den Weg in den Hallenkorridor. Gall musste im ersten Moment zugeben wie wunderschön seine eigens erschaffene Kreatur war. Dann wurde er sich jedoch schnell der Gefahr bewusst. Er richtete seine Waffe auf den Koloss und drückte ab. Er traf, doch der Impuls prallte an den großen Rückenplatten ab. Der Tarbosaurus wurde auf seinen Schöpfer aufmerksam und begann lauthals zu brüllen. Er rannte auf Fall zu und dieser schoss erneut. Daneben. Das Ungetüm war nun bei dem selbsternannten Herrscher der Vergangenheit angekommen und Gall legte schützend seine Arme vor sein Gesicht. Nutzlos. Der Tarbosaurus ging in die Knie und sein Maul schnappte zu. Er verschlang Gall mit einem Biss und ließ nichts mehr von dem machthungrigen Irren übrig. Luke und Nayem beobachteten von ihrem Winkel aus wie sich der Saurier umsah, doch zu ihrem Glück war die Arena in der sie sich befanden wesentlich kleiner. Der Tarbosaurus unternahm einen Versuch den Kopf hineinzustrecken, doch weiter kam er nicht. Luke und Nayem blickten in seine schmalen Augen, ihnen war klar, dass sie für ihn lediglich Beute waren. Und noch schlimmer, sie waren in der Arena gefangen. Der Konzil brauchte dringend ärztliche Versorgung doch der einzige Ausgang wurde von diesem Fleischberg blockiert. Zwar gab es noch weitere Ausgänge, doch diese führten alle in die Käfige gefährlicher Raubtiere. Der Tarbosaurus zog seinen Kopf wieder hinaus und Luke begann damit sein Hemd auszuziehen und es auf Nayems Wunde zu pressen. „In Filmen sieht das wesentlich leichter aus.“, versuchte er locker zu klingen, doch die Situation überforderte ihn eindeutig. Dann war draußen plötzlich ein lautes Geräusch zu vernehmen, es erinnerte an einen Aufprall. „Ich sehe nach.“, sagte Luke und sah sich gezwungen den Verletzten für einen Moment alleine zu lassen. Nayem wirkte ohnehin als hätte er bereits mit dem Leben abgeschlossen, doch Luke dachte gar nicht daran aufzugeben. Natürlich war er nicht so töricht direkt vor den Ausgang zu springen, das hätte ihn vermutlich das Leben gekostet. Er pirschte sich am Rand entlang was es mit massiven Schädel des Sauriers unmöglich gemacht hätte nach ihm zu schnappen. Doch allem Anschein nach war seine Sorge unbegründet. „Sicher!“, hörte er jemanden rufen. Luke riss die Augen weit auf als er die Stimme erkannte. Er stürmte aus der Arena, direkt auf den Korridor. Wenige Meter vor ihm lag der modifizierte Tarbosaurus reglos auf dem Boden. Sein Körper wies keine Verletzungen auf, es existierte somit nur eine Waffe die dies hatte verursachen können. Ein EMD. Eine Gruppe aus vier Leuten näherte sich dem Saurier und somit auch Luke. 3 Meter vor ihm kamen sie zum Stillstand. Der Student war nahe daran zu heulen, konnte sich aber noch mal zurückhalten. „Leute…“, brachte er noch heraus, bevor er auch die Freude und Erleichterung in den Gesichtern seiner Freunde wahrnahm. Evan und Dylan schritten nach vorne und begann Luke gleichzeitig zu umarmen. „Wir dachten wir hätten dich verloren.“, sagte ihm seine Freundin leise ins Ohr. Luke schüttelte nur den Kopf. „Nur beinahe. Aber so bleibe ich euch noch erhalten.“, versicherte er. Als sich Evan und Dylan von ihm lösten, sah er wie Kyle ihm zunickte und ebenfalls froh darüber schien ihn lebend vorzufinden. Mac trat an ihm heran und reichte ihm die Hand. Luke wollte sie erst annehmen, bis er ihm wieder etwas Elementares einfiel. „Oh Mist, wir müssen dringend Hilfe organisieren! Ich habe da drin einen Verletzten!“, erklärte er stockend und lief denselben Weg wieder zurück. Die restlichen Mitglieder des CPT folgten ihm ohne großen Abstand und kamen wenig später bei Nayem an. Der Konzil hatte inzwischen noch mehr Blut verloren und sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. „Ist in Ordnung! Ich schaffe es vermutlich nicht mehr, lassen Sie mich zurück.“, raunte er Luke zu. Nun beugte sich auch Evan zu ihm hinab und zog seine Jacke aus. Er schwang sie über Nayems Oberkörper, damit sie diesen wärmte. „Tut mir leid, das können wir leider nicht. Wenn wir Sie hier sterben lassen, geschieht das nur aufgrund unseres Eingreifens in diese Zeitperiode. Jedoch haben wir uns geschworen diese nicht zu beeinflussen.“, erklärte ihm der Teamleiter. „Unsere oberste Direktive.“, fügte Luke hinzu und der Konzil rang sich tatsächlich ein gequältes Lächeln ab. Schließlich wurden in einiger Entfernung weitere Stimmen hörbar. Mac und Kyle reagierte sofort und bewachten den Zugang. Bereits eine halbe Minute später postierten sich bewaffnete Soldaten im Korridor. „Verdammt, das sind zu viele.“, fluchte Kyle und Mac gab ihm recht. Einer der Männer draußen schritt nun auf sie zu, scheinbar war er unbewaffnet. Er streckte die Hände in die Höhe und machte auf sich aufmerksam. „Ist Konzil Nayem bei Ihnen?“, rief der dem Anomalienteam zu. Evan erhob sich augenblicklich und zeigte ebenfalls, dass er nicht bewaffnet war. „Ja, aber er ist verletzt.“, erklärte er schnell. Der Mann nickte und winkte zwei seiner Leute zu sich. „Dann werden meine Sanitäter ihn nun versorgen. Mein Name ist Hauptmann Atom und keine Sorge. Wir werden Sie nicht angreifen, im Gegenteil. Ich glaube… wir haben Ihnen viel zu verdanken.“ Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung, 24 Stunden später Dylan sah zu Luke auf, als dieser ihr seine Hand reichte. „Mein Knöchel ist vollkommen genesen, das ist wirklich nicht nötig.“, meinte sie, doch als ihr Freund seine Hand nicht senkte, gab sie nach und ließ sich aufhelfen. Mac stand von alleine auf und begann unruhig im Zimmer auf und ab zugehen. „Wir sollten verschwinden. Sie haben uns den Opener nicht abgenommen, also was hält uns hier noch?“, wand er ein. Fakt war, dass sie lediglich auf Bitte ihres Gastgebers noch hier war. Evan hatte diese Gastfreundschaft akzeptiert, nicht zuletzt da seine Teammitglieder sehr angeschlagen waren. Dylan Verletzung war behandelt worden und man hatte sie zum Dach des Stützpunktes gebracht. Eine Stunde später waren sie in eine militärische Einrichtung angekommen wo man sie bat zu warten. Im Prinzip mangelte es ihnen hier an nichts, alle bis auf Mac und Kyle schliefen sich aus, kosteten einige Delikatessen dieser Zeitperiode und besprachen den Lauf der Mission. „Ich kann es immer noch nicht glauben. Andrewsarchus?“, fragte Luke ungläubig. Dylan rollte mit den Augen und verwies auf Evan, schließlich war es dessen Idee gewesen. „Ich weiß es klingt drastisch, aber jahrelang haben wir die entflohenen Tiere zurück durch die Anomalien geschafft, da hat es doch eine gewisse Ironie sie jetzt für uns einzusetzen, meinst du nicht?“, schien er die Situation wesentlich lockerer zu sehen. „Es war vor allem gefährlich. Geradezu ein törichter Plan.“, erinnerte Mac, dass genauso gut eine ganze Menge hätte schief gehen können. Doch sie hatten Verstärkung gebraucht und diese gefunden, wenn auch nicht in der Form von Menschen. Evan hatte eine Anomalie ins Eozän geöffnet und das Team war durch die Hintertür verschwunden, welche sie gut versiegelten. Danach vertrauten sie, dass die Raubtiere über alles herfallen würden, was sie unter die Zähne bekamen. Da die humanoiden Raptoren angekettet waren, würden sie eine leichte Beute für die Andrewsarchus darstellen. Der erste Teil ihrer Mission war geglückt, doch zwei Teile fehlten noch. Zum einen war es unerlässlich den Verantwortlichen für diese Experimente zu finden und dann war da natürlich noch Luke. Um Antworten zu erhaschen nahmen sie einen der feindlichen Soldaten gefangen und versuchten ihn auszuquetschen. Zwar erwies sich dieser zuerst nicht als sonderlich kooperativ, doch mit etwas Nachdruck seitens Kyle, der von Evan als besonders skrupellos dargestellt wurde, lieferte ihnen schließlich Informationen. Er verriet ihnen den Aufenthaltsort seines Bosses und zusätzlich des Jungen aus der Vergangenheit, der sich derzeit in dessen Nähe befand. Das vereinfachte vieles, zumindest bis das Team dem kolossalen Mutanten in der Arena-Sektion begegnet war. Der modifizierte Tarbosaurus war noch dabei seine Beute zu verzehren, doch Mac und Kyle warteten nicht solange, bis sich dieser sein Lätzchen abgenommen und Zeit für sie gefunden hatte. Während Evan und Dylan ihnen Deckung gaben, stellten sie ihre EMDs auf maximale Stärke was den Saurier bereits nach wenigen Sekunden ausknockte. Sie waren überglücklich gewesen Luke wieder in die Arme schließen zu können. Als Athom und seine Leute aufkreuzten hatten sie bereits ein Feuergefecht befürchtet, erfuhren aber dann, dass sie nicht unter Galls Kommando standen. Scheinbar handelte es sich um zwei Parteien und nachdem der Magistrat tot war, standen dessen Männer ohne Anführer da. Evan trat zu dem Tisch in der Mitte des Raums und griff in die gläserne Schale. Er nahm sich ein paar der grünlichen Kugeln, die fruchtartig schmeckten und schlang sie hinunter. „Ohman, langsam glaube ich wir sind zum Urlaubmachen hier.“, kommentierte Mac weiterhin ungeduldig. „Das kann ich Ihnen nur empfehlen.“, erklang plötzlich eine Stimme und keiner vom CPT hatte bemerkt, wie die Tür aufgegangen war. Ein Mann trat ein und wurde von zwei Soldaten begleitet. „Yvalon ist um diese Jahreszeit wirklich enorm schön.“, meinte er lächelnd und stellte erleichtert fest, dass seine Gäste ihn noch nicht verlassen hatten. „Mhm. Was ist das?“, fragte Evan noch mit vollem Mund. Konzil Enban Nayem trat zu den Zeitreisenden und war trotz seiner schweren Verletzung wie eine imposante Erscheinung. „Osay.“, antwortete er prompt. Evan schluckte und nickte brav. Er verstand zwar kein Wort, doch solange es schmeckte spielte es sicher keine Rolle. Mac schritt auf den Führer des Militärs zu und nahm ebenfalls Haltung an. „Wir haben Ihre Gastfreundschaft wirklich genossen, doch unsere Leute zu Hause machen sich bestimmt schon Sorgen.“, entgegnete er. Evan wollte einlenken, dass es eigentlich keine Rolle spielte wann sie zurückreisten, da sie sich den Zeitpunkt ihrer Rückkehr aussuchen konnten. Luke begann sich zu räuspern und trat ebenfalls auf den Mann zu, der noch gestern mit einem Messer vor ihm lag und zu verbluten drohte. „Was mein Kollege sagen möchte ist, dass es sich negativ auf die Zeitlinie auswirkt wenn wir länger als nötig bleiben würden.“, erklärte er. Es war skurril, dass ausgerechnet er und nicht Mac diplomatischer an die Sache heranging, doch Luke verdankte Nayem sein Leben. Hätte er Gall nicht dazu gebracht das Kraftfeld zu senken, wäre er zum Spielball des Smilodons geworden. Dafür hatte sich der Konzil sogar eine tödliche Verletzung eingehandelt. Nun gut, eine fast tödliche. Nachdem dessen Verstärkung eingetroffen war, hatten ihn seine Leute umgehend behandelt. Nayem hatte Gall niemals vertraut und seinen Stellvertreter angewiesen den Omega-Stützpunkt zu stürmen, sollte er sich nach einer gewissen Zeit nicht melden. Die Medizin hatte sich zum Glück unglaublich weiterentwickelt. Evan erinnerte sich an seine Reise in die Zukunft, wo er und Dylan Matt Anderson kennen gelernt hatten. Die Verletzung, die er durch Leeds erlitten hat, war binnen Stunden geheilt. Er wagte es zwar nicht, Nayem zu bitten sein Hemd kurz nach oben zu schieben, doch er war sicher, dass sicher kaum eine Narbe davongetragen hatte. „Natürlich, bitte sehen Sie sich keinesfalls als Gefangene an. Sie haben meinem Volk einen großen Dienst erwiesen und ich möchte Ihnen meinen Dank darlegen.“, sprach der Konzil. Kyle, der bereits seit der ganzen Sache unruhig war, schien etwas auf dem Herzen zu haben. „Was ist mit den Mutanten? Es… ist mir sehr wichtig Klarheit darüber zu erlangen.“ Nayem nickte streng und fuhr dann fort. „Meine Leute haben sich um alles gekümmert. In Galls Laboratorium fanden sie mehrere Überreste. Einige stammten von Galls Leuten, andere von den Urzeittieren, die ihr als Waffe eingesetzt habt und dann jene der Mutanten. Alle von ihnen sind tot, es geht keinerlei Gefahr mehr von ihnen aus.“, versicherte er. Kyle schien ein Stein vom Herzen zu fallen, er hatte wohl nicht mehr gerechnet, dass ihm die Rettung seiner Gegenwart doch noch gelingen würde. „Aber… diese Monster einfach in die Vergangenheit zu schicken… das ist Irrsinn.“, meinte Dylan dazu. Evan schüttelte zu ihrer Überraschung den Kopf. „Im Gegenteil, es war sogar verdammt klever. Dieser Gall hätte unsere Zeit zerstören und dann von 0 beginnen können. Er hätte sich zum Herrscher des Planeten aufschwingen können, nichts und niemand hätte ihn aufhalten können.“ Dylan grauste es bei dem Gedanken, doch zum Glück war dieser Größenwahnsinnige nun aus dem Weg geräumt. „Was wird mit den Tieren passieren, die dieser Gall gesammelt hat?“, erkundigte sich Luke. „Keine Sorge, ihr Wohl liegt mir genauso am Herzen wir Ihnen. Mit den Zeitmaschinen, oder Opener wie Sie sie nennen, wird es uns möglich sein sie in ihre eigene Zeit zurückzuschicken. Was Galls Mutanten angeht, bleibt uns nichts anderes übrig als sie hier zu behalten. Allerdings wurde noch nicht entschieden ob sie getötet oder studiert werden sollen.“, berichtete er. „Und wenn Sie damit fertig sind… was werden Sie mit den Openern anstellen?“, interessierte es Evan. Diesmal zögerte Nayem etwas, verriet dann aber, dass man sie unter Verschluss halten würde. Jedoch hatte der Teamleiter keine Ahnung in wie weit er dem Konzil Glauben schenken konnte. Die Opener waren eine mächtige Waffe und Nayem war Soldat. Es war ein Kinderspiel mit ihnen in der Zeit herumzupfuschen. Doch Evan und den anderen blieb nichts übrig als dem Konzil zu vertrauen. Immerhin dürften sie bei ihm sicherer sein als bei dem machthungrigen Vyrim Gall. Kyle trat nun einen Schritt nach vorne und blickte Nayem in die Augen. „Konzil, hätten Sie etwas dagegen wenn hier bleibe und die Prozedur überwache? Legen Sie es mir bitte nicht als fehlendes Vertrauen aus, doch ich kenne mich mit diesen Geräten aus und wenn es Probleme gibt, stünde ich Ihnen zur Verfügung.“, bot er an. Doch nicht nur Nayem reagierte überrascht, sondern auch seine Kameraden. „Du… willst hier bleiben?“, fragte Dylan perplex Kyle atmete tief durch und nickte. „Ja, die Wahrheit ist… ich kann nicht mit euch zurückkehren. Da die Raps nie die Vergangenheit infiltrieren werden, wurde meine Zeitlinie ausgelöscht. Selbst wenn ich wollte, mein Zuhause gibt es nicht mehr. Ich weiß nicht ob ich ihm nachtrauern soll oder nicht, immerhin war das meiste davon sehr qualvoll. Doch mit eurer Hilfe konnte ich einen neuen Pfad ebnen und die Menschen der Vergangenheit werden wieder ungestört ihr Leben führen können.“, erwiderte er. Evan legte Kyle eine Hand auf die Schulter. „Ich weiß was es bedeutet, wenn sich die eigene Zeitlinie verändert. Aber hör zu. Dein Zuhause mag fort sein, aber du hast inzwischen ein neues. Und zwar bei uns.“, erinnerte er ihn. Kyle dankte ihm, lehnte aber ab. „Meine Anwesenheit in der Vergangenheit hat bereits zu viel verändert. Nein, es ist besser wenn ich hier bleibe und mich einer neuen Aufgabe widme, bitte tragt es mir nicht nach.“, bat er. Doch keiner im Team würde das je. Evan, Mac und Dylan begannen ihm die Hand zu schütteln, doch als Luke an der Reihe war, griff Kyle etwas fester zu. „Ich bin nicht dumm und weiß, dass mein Eingreifen in die Vergangenheit alles verändert hat. Selbst wenn meine Eltern zusammenkommen würden, ihr Kind oder ihre Kinder hätten nichts mehr mit mir zutun. Ich bin nur noch eine Irregularität der Zeit, das ist etwas das ich zu akzeptieren habe.“ Luke runzelte die Stirn. „OK… und warum sagst du das ausgerechnet mit?“, hakte er nach. Kyle ging nun einen Moment inne und fuhr dann fort. „Es fällt mir nicht leicht das zu sagen, aber… Luke du bist mein Vater.“ Auch Evan schluckte schwer als die Wahrheit endlich draußen war. Kyle hatte recht, es spielte keine Rolle wenn er sein Geheimnis nun aufdeckte, er konnte die Vergangenheit nicht mehr verändern. „Also… ich glaube der Spruch ging etwas anders.“, reagierte der Zoologe äußerst unbeholfen auf das Geständnis. Dylan war nun alarmiert und die ständigen ausweichenden Blicke seitens Kyles ergaben nun einen Sinn. „Warte! Bedeutet das etwa…“, schien sie auf der richtigen Spur zu sein und erst jetzt erkannte sie ihre eigenen Augen in denen von Kyle. Mac drehte sich zu Evan und begann ihm etwas zuzuflüstern. „Und du hast davon gewusst?“, hakte er nach. Evan nickte. „Du etwa nicht?“ Mac räusperte sich ertappt. „Ich habe es zumindest vermutet. Ich meine, hör mal, der Kerl war eine männliche Version von Dylan.“, gab er zu bedenken. Evan hingegen gruselte dieser Gedanke. „Ihr seid meine Eltern und ich das gebe ich jetzt nur preis, weil ich mich bei euch bedanken möchte. Ich weiß, dieser Gedanke ist für euch erschreckend und von eurer Zeitlinie aus werde ich nie wirklich euer Sohn sein. Doch in der vom Chaos beherrschten Welt war alles dunkel um mich, doch ihr habt mir Licht gegeben. Es… hat mir wehgetan euch streiten zu sehen, also bitte regelt das, in Ordnung? Meine Mutter hat mir immer wieder erzählt wie sehr sie meinen Vater geliebt hat und damit war sie ehrlich. Diese Monster haben alles verändert, aber wenigstens… ihr beide sollt eich nicht verändern. Das ist mein einziger Wunsch, mein letzter an euch.“, sprach er sich aus. Luke sah zu Dylan, doch diese wich seinem Blick schnell wieder aus. „Ihr… solltet jetzt gehen.“, schlug Kyle vor, für den es anscheinend zu schmerzhaft wurde. Evan stimmte ihm schließlich zu und zog den Opener aus der Tasche. Nayem legte seine Hand auf seine Brust und verbeugte sich leicht. „Ich wünsche Ihnen noch viel Glück Evan Cross.“, vollzog er seine Geste und verabschiedete sich auch vom Rest des Teams. Luke hatte sich die Geste inzwischen gemerkt und kopierte sie. „Ja, mich hat es auch sehr gefreut. Also… leben Sie lang und in Frieden.“, wünschte er Nayem. „Ja, dasselbe wünsche ich Ihnen auch, junger Luke Skywalker.“, erwiderte er. Verdutzte Blicke wanderten zu dem Zoologen, doch dieser rettete sich nur mit einem entschuldigenden Lächeln. Schließlich bediente Evan den Opener und hatte bald die Zeit eingestellt, zu der sie Cross-Photonics verlassen hatten. Er hielt das Gerät vor sich und bald darauf erschien etwa in der Mitte des Raums eine Anomalie. Die Mitglieder des CPTs drehten sich noch mal um und nickten Kyle sowie Nayem zum Abschied zu. Der Moment des Abschieds wog schwer, doch ihre eigene Zeitperiode wartete auf sie. Mac und Evan durchschritten die Anomalie zuerst um sie auf der anderen Seite zu sichern. Luke und Dylan ließen Kyle nicht aus den Augen, bis die Fragmente begannen vor ihren Augen immer dicker zu werden und auch sie auf der anderen Seite angekommen waren. Kyle war die Wehmut nicht zu verkennen, nachdem seine Freunde fort waren und sich die Anomalie geschlossen hatte. Dann wand er sich an Nayem. „Gehen wir. Wir haben noch einiges zu erledigen.“, sagte er. Cross-Photonics Leo Donovan betrat nun bereits zum 3ten mal innerhalb einer Stunde die Kommando-Zentrale. Die Leute an den Computern waren sicher genauso hektisch wie er selbst, aber dennoch konnte er ihnen keine Pause gönnen. Er suchte die ganze Sektion mit seinem Blick ab und fand schließlich wonach er suchte. Harold Kanan stand gebeugt über einen Monitor und sah der Frau davor ungeduldig zu. „Sind Sie sicher, dass sie nicht noch etwas gesagt haben? Es muss doch einen Grund geben, warum sie ihre Mission abbrachen und dann einfach ohne irgendwas durch die nächstbeste Anomalie gesprungen sind. Zeigen Sie mir noch einmal über Überwachungsaufnahmen der Halle.“, bat Harold nervös. Toby Nance seufzte, scheinbar war der Millionär in ihrem Rücken die reinste Qual. „Egal wie oft Sie sie noch betrachten wollen, sie ändert sich nicht.“, bemängelte sie, doch Harold wollte nichts davon hören. Als Donovan die beiden erreicht hatte, blieb auch er nicht verschont. „Ah Donovan! Sind Sie sicher, dass Cross nicht noch etwas gesagt hat bevor sie…“ „Auch wenn Sie mich das tausendmal fragen, aber nein. Ich kann mir nicht erklären was passiert ist.“, erwiderte er. Der Rest seines Teams war bereits über eine Stunde fort. Kyle hatte eine weitere Anomalie geöffnet und die anderen waren ihm hinterher gerannt. Harold war bereits dabei sich die Haare zu raufen als über ihm ein Alarm erklang. Eine Anomalie. „Miss Nance, sagen Sie mir bitte, dass es Cross und die anderen sind.“, bat er aufgeregt. Toby lokalisierte die Anomalie, sie war zweifelsfrei im Cross-Photonics Gebäude aufgegangen. Donovan nickte ihr zu und begann nach unten zu laufen. Mit seiner Waffe im Anschlag brauchte er kaum eine ganze Minute bis er vor dem Tor angelangt war. Er wollte es bereits öffnen, erinnerte sich aber an Evans Worte. Es war möglich, dass nicht das Team zurückkehrte, sondern diese menschenähnlichen Raptoren. Donovan durfte die Sicherheitsbestimmungen nicht einfach ignorieren und beschloss zu warten. Durch das Glas erkannte er die Anomalie und auch wenig später die Personen die aus ihr heraustraten. „Öffnen!“, wies er Chambers an und dieser folgte dem Befehl sofort. Das Tor ratterte nach oben und Donovan stürzte zu seinen Teamkollegen. Er befürchtete bereits, dass diese verletzt waren, doch alle erfreuten sich bester Gesundheit. „Donovan, tut uns leid, dass wir Sie nicht mitgenommen haben.“, entschuldigte sich Mac, obwohl sie wegen Dylans vorschnellen Handeln kaum eine Wahl gehabt hatten. Donovan schüttelte den Kopf, scheinbar war es ihm wesentlich wichtiger, dass seine Freunde unverletzt zurückgekommen waren. „Die Mission war ein voller Erfolg.“, konnte Evan berichten. Natürlich fiel das Fehlen Kyles auf, doch Evan versprach Donovan und den anderen alles detailliert zu berichten. Jedoch nicht mehr heute, denn Evan gab allen den Rest des Tages frei. Sie hatten es sich verdient und sollten sich nun alle etwas gönnen. Immerhin… waren sie wieder zu Hause. Amerikanisches Territorium, Yvalon – Jahr 707 nach tantounischer Zeitrechnung Nayem schritt den langen Gang entlang bis er schließlich vor der weißen Sicherheitstür angekommen war. Der Retina-Scan zeichnete ihn als der aus, der er war und erlaubte ihm den Zutritt. Die Tür schwang auf und der Konzil betrat den Avatar-Raum. Sein erster Blick fiel auf den Tisch mit den Stühlen, doch dieser war nicht besetzt. Auch vor dem Regal war niemand zu sehen. „Professor?“, wagte er Nayem zu rufen und vernahm kurz darauf einen verdächtigen Laut hinter sich. Er drehte sich um und schaute in das vertraue Gesicht des Mannes. „Keine Sorge, ich bin immer noch hier. Dachten Sie ich wäre geflohen?“, fragte er und Nayem erkannte es sofort als Scherz. Natürlich war es dem Professor unmöglich zu fliehen, das wusste er. Aber dennoch war es seltsam. „Ich war etwas irritiert nachdem ich Sie nicht wie gewohnt mit Ihrer Nase in den Büchern vorfand.“, erlaubte er sich zu sagen. Der Professor sah zu Boden und nickte bedächtig. „Unglücklicherweise… habe ich bereits alle gelesen, die Sie mir gebracht haben.“, verriet er. Nayem starrte erneut zu dem Regal und war beeindruckt. Das Nickerchen des Professors kam also nicht zu Stande weil er ohne Pause einlegen wollte, sondern weil ihm schlichtweg das Material ausgegangen war. „Ich kümmere mich um Nachschub.“, versprach der Konzil, während der Professor sanft über die Buchrücken im Regal streifte. „Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Wie läuft es mit Ihrem speziellen Freund?“, hakte er nach. Nayem fuhr sich über den Bauch, an die Stelle, wo ihn Gall tödlich verwundet hatte. Der Verletzung war geheilt, die Erinnerung würde jedoch nie verfliegen. „Magistrat Gall ist tot und sein teuflischer Plan auch. Er wollte selbst in die Vergangenheit reisen und diese erbobern.“, erzählte er. Der Professor wirkte besorgt, gratulierte dem Konzil aber dann zur Abwendung der Gefahr. „Das meinte ich damit, dass wir die Anomalien lieber ruhen lassen sollen. Männer wie er machen sie sich nur zu nutze und richten irreparablen Schaden an.“ Nayem stimmte ihm da zu. „Ich habe veranlasst, dass sämtliche Forschungsergebnisse vernichtet und die Anomalien als geheim eingestuft werden. Auch die Tiere, die Gall in unsere Epoche geholt hat, werden in ihre eigene Zeit zurückgeschickt.“, berichtete er. Doch damit schien er den Professor nicht ganz beruhigen zu können. „Und die Zeitmaschinen wie Sie sie nennen? Werden Sie diese auch vernichten?“, wollte er wissen. Nayem hob sein Kinn und spitzte seine Zunge. „Mir ist bewusst was ich da in Händen halte. Aber ich nicht Gall und auch wenn durch seinen Tod zum alleinigen Herrscher Yvalons aufgestiegen bin, bin ich mir meiner Verantwortung bewusst. Diese Geräte kommen unter Verschluss, Sie können mir vertrauen.“, versicherte er. Der Professor nickte ihm zu, selbst wenn das nicht der Fall wäre, was würde er schon ausrichten können? „Aber der Sieg gebührt nicht allein mir. Einige Leute aus der Vergangenheit haben alles zum Guten gewendet. Sie dürften nicht nur ihre Zeit gerettet haben, sondern auch unsere.“, kam er nicht darum vorbei Evans Team noch einmal zu loben. „Verstehe, Herr Konzil. Jetzt da die Bedrohung vorbei ist, nehme ich an, haben Sie keine Verwendung mehr für mich?“, fragte er kritisch. Nayem verneinte augenblicklich. „Unsinn Professor. Jemand Ihres Verstandes lasse ich nicht so einfach gehen. Nein, ich denke ich werde Sie in Zukunft noch öfters zu Rate ziehen, dafür gefallen mir unsere Gespräche zu sehr. Und bitte nennen Sie mich Nayem.“, antwortete er. Der Professor reckte nun seinen Kopf und starrte zur Decke. „Ich werde Ihnen so gut ich kann zur Seite stehen, Nayem.“, versicherte er und der Konzil dankte ihm. Dann verabschiedete er sich und schlenderte zur Tür zurück. Kaum hatte er diese erreicht, rief ihn der Professor nochmals zurück. „Ach Nayem, eine Kleinigkeit noch.“, sprach er. Der Konzil drehte sich um und sah den Mann erwartend an. „Mir sagen unsere gemeinsamen Gespräche ebenfalls sehr zu. Also bitte sprechen Sie mich ebenfalls mit meinem Vornamen an.“, schlug er vor. Nayem war gerne dazu bereit und öffnete die Lippen. Er hielt inne als ihm dieser jedoch einfach nicht einfallen wollte. Diese fremdartigen Namen aus der Vergangenheit irritierten ihn, dabei war der Name des Professors doch so kurz gewesen. Dieser lächelte ihm entgegen und schien ihm das Missgeschick zu verzeihen. Deswegen nannte er ihn Nayem einfach, bevor ihn dieser verließ und der Professor ihn bis zu seiner nächsten Konsultation wiedersehen konnte. „Nick. Bitte nennen Sie mich einfach Nick.“ Kapitel 10: [Folge 08] Unsere Welt ---------------------------------- London – Haines-Church, 2009 Enban Nayem schritt langsam vorwärts und achtete dabei penibel mit keinem der Trauergäste aneinander zustoßen. So absurd es klang, doch unter den richtigen Bedingungen hätte dies durchaus sein eigenes Ende bedeuten können. Er schlenderte gerade an einer Frau war, die offensichtlich geweint hatte, sich aber nichts anmerken ließ. Der Konzil wusste was Schmerz bedeutete, er selbst hatte zahlreiche Freunde sterben gesehen. Die Schuld die meisten davon selbst in den Tod geschickt zu haben verschlimmerte seinen Gemütszustand zusehends. Vorsichtig griff er in die Tasche seines Mantels und tastete den Inhalt ab. Erleichtert stellte er fest, dass sein wichtigstes Werkzeug noch vorhanden war. Nayem ging an dem letzten Trauergast vorbei, einem Mann Mitte 50 in schwarzem Anzug und schicker Krawatte. Nur noch 3 Meter trennten ihn von seinem Ziel und er hielt sich bedeckt um nicht unnötig aufzufallen. Er selbst trug einen weiten Mantel und zerbeulten Hut. Nayems Arbeit wurde erleichtert, denn kurz darauf stand er vor einem offenen Sarg. Wäre er geschlossen gewesen, hätte er ihn öffnen müssen und damit erst recht auf sich aufmerksam gemacht. Doch der Verblichene war bei seinem Tod nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, als wenn dies nötig gewesen wäre. Im Gegenteil, der Bestatter hatte ausgezeichnete Arbeit geleistet. Der Verstorben war geschminkt und hergerichtet worden. Ein großer Kranz lag auf seiner Brust, darauf auf einem dicken Band ‚We will miss you’ geschrieben. Langsam ließ Nayem seine Hand in seiner Manteltasche verschwinden und zog das Gerät hervor, das er mitgebracht hatte. Er ließ seinen Zeigefinger über einige Tasten fahren und richtete es dann an die Schläfe des Toten. Der Vorgang dauerte nur wenige Sekunden, doch Nayem hielt solange den Atem an. Als er fertig war, wollte er es zurückziehen, doch plötzlich wurden Schritte neben ihm hörbar. Der Konzil beeilte sich das Gerät wieder verschwinden zu lassen, war sich aber nicht sicher, ob die plötzlich aufgetauchte Gestalt nicht etwas davon mitbekommen hatte. Nayem beobachtete sie aus den Augenwinkeln heraus und erkannte einen Mann, Mitte 20. Seiner Miene aus zu urteilen, hatte er Nayem bisher nicht einmal beachtet. „Haben Sie den Professor gekannt?“, brachte dieser plötzlich über die Lippen und Nayem war unschlüssig. Es war gefährlich in dieser Zeitperiode mit jemanden zu sprechen, doch hätte er geschwiegen und sich einfach aus dem Staub gemacht wäre das nur unnötig verdächtig gewesen. „Ja… wir haben uns während unserer Studienzeit kennen gelernt.“, log er schließlich. Der junge Mann grinste und Nayem hoffte, ihm würde der Altersunterschied nicht so auffallen. „Dann sind Sie ebenfalls Evolutionsbiologe?“, hakte er nach. Nayem schüttelte den Kopf. „Nein, wir besuchten unterschiedliche Kurse. Ich selbst… habe mich stets mehr für Menschen interessiert.“, gestand er. Der Trauergast nickte verstehend. „Sie haben übrigens einen merkwürdigen Akzent, Sie müssen aus Schottland stammen.“, entgegnete er. Nayem brummte nur und beschloss die Frage unerwidert zu lassen. Sein Gegenüber beugte sich über den Mann, der wohl eine Art Mentor für ihn war. „Dann wundert es mich, dass er sich mit Ihnen abgegeben hat. Für den Professor waren Menschen stets zweitrangig, er hatte immer das große Ganze im Blick.“, erzählte er. Genau so jemanden brauchte Nayem, auch wenn er es dem anderen nicht sagen konnte. „Wie genau starb er? Darüber haben mir die Leute noch nicht wirklich viel erzählt.“ Der junge Mann zögerte nun etwas und hielt inne. „Er… starb als Held. Er starb für seine Freunde, jedoch auch für seine Forschungen. Manche hätten ihn obsessiv genannt, doch er liebte diesen Planeten wirklich. Vom Urbeginn bis zu dem Tag an dem er gestorben ist. Er war sehr leidenschaftlich und stellte alles hinten an. Man könnte sagen… er hat bis zu seinem letzten Atemzug zur Gänze gelebt.“, erwiderte der Mann und Nayem bemerkte, wie dessen Stimme zittriger wurde. „Er muss Ihnen viel bedeutet haben.“, meinte er. Der junge Mann nickte und strich leicht über die Kante des Sargs. „Ja, so sehr, dass ich beschlossen habe seine Arbeit fortzuführen. Ich weiß, im Gegensatz zu seinem Genie bin ich gar nichts, doch es ist das Einzige was ich tun kann. Und zwar um so… die Vergangenheit besser zu verstehen was uns einmal dabei helfen könnte eine bessere Zukunft für uns alle zu gestalten.“, hielt er eine kleine Rede. Nayem hätte sich nun am liebsten zu ihm gedreht und seine Schultern ergriffen. Das tat er bei vielen jungen Soldaten, die sich gerade erst in der Ausbildung befanden. Eine Geste um ihnen Mut zu machen, die der Konzil hier aber nicht zum Einsatz bringen konnte. Stattdessen öffnete er die Lippen und sprach eher leise. „Es sind stets unsere Vorbilder, die uns dazu verleiten unseren Visionen nachzujagen und das Beste von uns zu Tage zu fördern. Ich bin sicher der Professor hat sehr viel von Ihnen gehalten und wäre sehr stolz über Ihre Entscheidung.“ Während der junge Mann ein Danke murmelte, zog sich Nayem leicht den Hut ins Gesicht und verabschiedete sich. Er drehte sich um und schritt den langen Gang der Kirche zum Ausgang entlang. Nach einigen Sekunden drehte sich der Trauergast ebenfalls um, doch der Mann, der ihm den Rat gegeben hatte, war bereits verschwunden. Sein Blick fiel erneut zum Professor, der friedlich zu schlafen schien. Seine Zeit war vorüber, doch zuvor war es ihm noch möglich viele verschiedene Welten zu sehen. Kreaturen die er zuvor lediglich in Büchern bestaunen durfte, oder von denen er nur träumen konnte. Doch war es das wirklich wert gewesen? Der Trauergast wusste es nicht, doch er war sicher, dass der Professor lange Zeit wirklich glücklich war. Er wand sich von seinem Mentor ab und unterdrückte eine aufkommende Träne. „Leben Sie wohl, Professor. Sie haben sich Ihre Ruhe verdient.“, sagte er. Vancouver – Ashton-Street Ein weiterer Blick auf die Uhr ließ Evan fluchen. Es waren bereits zwei Stunden seit dem eigentlichen Termin vergangen. Die Ungeduld wuchs an ihm und er fühlte sich einmal erneut im Stich gelassen. Auf der anderen Seite wusste er nicht was er erwartet hatte. Er kannte die Person mit der er sich treffen wollte nur zu gut und wusste wie unverlässlich diese sein konnte. Der Grund war vermutlich Sentimentalität, Evan hätte sich dieses bestimmte Etwas auch leicht woanders besorgen können. Vielleicht wäre dies sogar besser geworden, eine Brise Veränderung hätte sogar Glück gebracht. Es klingelte an der Haustür und Evan hastete zum Eingangsbereich. Der Gast musste kein zweites Mal auf sich aufmerksam machen, denn Evan öffnete die Tür mit einem Ruck und zog den Besucher ins Innere. Beinahe hätte er noch nach draußen geblickt und sich die Gegend angesehen so paranoid war er. Doch er schloss die Tür wieder und bedachte seinen Bruder mit einem erbosten lick. „Du wolltest bereits vor 2 Stunden kommen!“, schnauzte er diesen an, obgleich er etwas von ihm wollte oder nicht. Zane hob entschuldigend die Arme und setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer. „Ja tut mir leid, aber es gab ein paar Probleme am Flughafenschalter. Aufgrund einer Überbuchung bekam ich ein anderes Ticket und das hat wieder ewig gedauert.“, erklärte er. Evans Stirn zog sich in Falten und er schüttelte ungläubig den Kopf. „Du hast vor abzureisen? Und wann hattest du vor mir das zu erzählen?“, fragte er schroff. Zane wirkte nun verlegen. „Mein Flug geht ja erst morgen und ich wollte dir heute Bescheid sagen.“, antwortete er. „Und wohin soll es diesmal gehen?“, fragte Evan interessiert. Er hatte seinen Bruder erst vor einem Monat wieder gesehen, nachdem sie lange Zeit getrennte Leben geführt hatten. Allerdings sah es Zane ähnlich sich nicht unnötig emotional zu zeigen. „Mein Flug geht nach Frankreich und danach schaue ich weiter. Soll das etwa heißen… dass du mich vermissen würdest?“, fragte er provokant. Evan hätte tsunderenhaft leugnen können, doch aufgrund der vergangenen Ereignisse beschloss er ehrlich zu bleiben. „Du kennst die Antwort darauf. Du hast mir sogar gefehlt als du quer durch Europa und Asien gereist bist. Auch wenn ich dir während dieser Zeit egal war, habe ich ständig an dich gedacht.“, verriet er. Zane neigte den Kopf zur Seite und wirkte eingeschnappt. „Du warst mir natürlich nie egal, Bro! Und selbst jetzt nicht, sonst hätte ich nicht erneut meinen alten Bekannten ausgesucht um das hier zu besorgen.“, sprach er und zog eine kleine Tüte aus seiner Hosentasche. Evan spürte wie die Aufregung in ihm wuchs und er nach der Tüte griff. Doch Zane zog sie zurück und blickte seinen Bruder erwartend an. „Ah!“, belehrte er ihn! Evan seufzte resigniert. „Ja, vielen Dank! Ohne dich wäre ich verloren.“, gab er Zane wonach er verlangte und hielt schließlich die Tüte in Händen. „Es ist nicht dasselbe Modell wie letztes Mal, aber das wäre auch kompromittierend gewesen. Mein alter Bekannter hat sich mit diesem neuen Werk aber selbst übertroffen finde ich, auch wenn ich von der Thematik keine Ahnung habe.“, entgegnete Zane. Evan hatte seine rechte Hand in die Tüte gesteckt und das Objekt herausgeholt. Er betrachtete es und musste schmunzeln. „Er ist perfekt.“, gestand er sich ein und war froh sich für diesen Schritt entschieden zu haben. Sein Bruder hatte ihm bereits schon einmal vor 10 Jahren geholfen und eine ähnliche Ware beschafft. Evan war froh, dass dessen Quelle bisher scheinbar nicht erloschen war. Zane stand von der Couch auf und lugte auf seine Handyuhr. „OK, ich werde noch ein paar Sachen packen müssen wenn ich morgen fliehe. Ich bin wie du weißt Spätaufsteher, daran hat sich seither nichts geändert. Ich würde zwar gerne noch dein Gesicht sehen wenn du ihn ausprobiert hast, aber wie ich dich kenne wird es schon klappen. Von uns beiden warst immer du derjenige der am meisten Glück hatte.“, meinte er und schritt wieder Richtung Tür. Evan hielt ihn auf und begann ihn zu umarmen. „Danke, Bruder.“, murmelte er und war froh Zane wieder etwas mehr in seinem Leben zu haben. Dieser nickte ihm zu, danach folgte der Abschied. Zane versprach ihn anzurufen, vielleicht hatte Evan da bereits gute Neuigkeiten. Nachdem er weg war, fühlte sich der Hausherr aber keineswegs allein. Angespannt betrachtete er das Objekt, das sich immer noch in seiner Hand befand, bevor er es zurücklegte. Wenig später verließ auch er die Wohnung um zu seinem Auto zu eilen. Er hatte noch etwas sehr wichtiges vor, das keinerlei Aufschub mehr erlaubte. Ja, nichts und niemand würde ihn von diesem Schritt abhalten können. Das dachte er zumindest. Cross-Photonics Mac hatte keinen blassen Schimmer wo er beginnen sollte. Im Grunde war er es gewohnt Berichte zu schreiben, doch diesmal war alles einen Tick schwieriger. Es war keine gewöhnliche Mission gewesen, im Gegenteil. Mac, Evan und ihr Team waren über 5000 Jahre in die Zukunft gereist um die Invasion einer Horde von Menschen gezüchteten humanoiden Reptilien zu verhindern. Egal von welcher Seite aus man es betrachtete, es klang nach Science-Fiction. Mitglieder seines alten Teams berichteten ebenfalls ein paar Mal Abstecher in die Zukunft unternommen zu haben, doch diese war verwüstet und menschenleer. Mac hingegen war auf eine völlig neue Kultur gestoßen, es wurde ihm erlaubt einen Blick in die Zukunft seiner eigenen Spezies zu werfen. Es war ein unglaubliches Gefühl und Erlebnis gewesen. Und ein gefährliches. Er besaß Zweifel eine Anomalie zu nutzen um der Lage Herr zu werden, immerhin existierten die Anomalienteams dazu, dass die Zeitlinie nicht noch mehr unnötigen Schaden nahm. Diesmal war es aber wohl unvermeidlich gewesen, denn sie hätten es unmöglich mit einer Armee mit futuristischen Waffen aufnehmen können. Dennoch war die Mission ein voller Erfolg. Sie konnten nicht nur ihr vermisstes Teammitglied retten, sondern auch einen Wahnsinnigen davon abhalten Zeitreise-Technologie zu missbrauchen. Doch das machte es alles nicht leichter diesen Bericht zu schreiben. Mac wusste, dass er ohnehin als geheim eingestuft werden würde, doch konnte er wirklich über jedes Detail berichten? Er wollte keinesfalls die Zukunft beeinträchtigen, besonders da die Menschen die er dort getroffen hatte leicht ausgelöscht werden konnten. Nicht nur Konzil Nayem, dem sie ihr eigentliches Überleben und ihre Rückkehr zu verdanken hatten, sondern auch Kyle, der sich bereiterklärte in der Zukunft alles für sie zu regeln. Mac war aus allen Wolken gefallen, nachdem er erfuhr, dass Kyle in Wahrheit Dylans und Lukes Sohn war. Er hatte das vergangene Jahr natürlich mitbekommen, dass sich die beiden angenähert hatten, schließlich war beobachten die Pflicht eines guten Teamleiters. Als das Telefon klingelte, schreckte Mac aus seinen Gedanken auf und griff nach dem Hörer. „Captain Rendell.“, meldete er sich und wartete ab. Er kniff die Augen zusammen, als er kurz darauf mit jemandem aus dem ARC sprach. Sein Blick wanderte zu seinem Kalender und er fluchte innerlich. „Ja, ich weiß, ich sollte heute Bescheid sagen. Wir haben hier nur gerade eine Menge Stress, wäre es in Ordnung, wenn ich Sie heute Abend noch einmal anrufe?“, fragte der Captain bittend. Sein Gesprächspartner schien einverstanden zu sein und so legte er auf. Mac strich sich über die Stirn und überlegte fieberhaft was er tun sollte. Im nächsten Moment sprang die Tür zum Büro auf und eine junge Frau trat ein. Mac setzte augenblicklich ein Lächeln auf und wartete, bis sie bei ihm war. Samantha Sedaris hielt ein Pad in ihren Händen und ließ ihre Finger darüber gleiten. „Ich bin mit der ‚Inventur’ fertig. Mister Cross ist es gelungen die Firma von allen Tieren zu befreien, die nicht in dieser Epoche gehören.“, verkündete sie. Mac nickte ihr dankend zu und war vor allem froh über die Neuigkeit. Mit Hilfe des Openers war es Evan gelungen ein paar Tierchen, die sie im Laufe der Missionen nicht zurückschicken konnten in ihre eigene Ära zu verfrachten. Beispielsweise das Ptilodus aus dem Eozän, oder die Canis Dirus Familie, die es sich hier bereits bequem gemacht hatte. Mac erinnerte sich an die Tier-Sektion des ARCs und wie wertvoll sich der Opener dort erst erweisen würde. Besonders größere Exemplare wie das Mammut oder der Dracorex könnten endlich zurück nach Hause. Lester würde diese Vorgehensweise am ehesten begrüßen, auch wenn sich Abby über die Abschiebung sträuben würde. Doch im Moment wurde dieses Gerät hier gebraucht. Obwohl das Team über einen Date Finder verfügte, variierte die Öffnungsdauer der Anomalien. Es war gut möglich, dass sie sich schlossen, während entlaufene Tiere noch im 21ten Jahrhundert ihr Unwesen trieben. „Ich habe mir außerdem erlaubt eine Reinigungsfirma zu beauftragen.“, fügte Sam hinzu. Der Captain sah sie jedoch nur fragend an. „Nun ja, diese Tiere kennen leider keine Toiletten.“, erklärte sie. Mac rümpfte die Nase und konnte sich bereits vorstellen wie die provisorische Tier-Sektion von Cross-Photonics mittlerweile aussah. „Das wäre erstmal alles, ich helfe Toby nachher noch das Chaos auf der Hauptstraße zu lösen.“, spielte sie auf den Unfall an, der durch einen humanoiden Raptor verursacht wurde. Mac nickte und Sam wollte schon wieder gehen, als er sie noch einmal zurückrief. „Moment! Ich… würde gerne noch etwas loswerden.“, entfuhr es ihm schließlich. Sam reagierte überrascht und wartete gespannt was ihr Boss zu sagen hatte. „Die Einladung vor einiger Zeit. Also dieses eine Café…“, begann er und Sam schluckte abrupt. Scheinbar hatte sie nicht mit sowas gerechnet. „Ja… ich weiß wie viel Sie zu tun hatten. Das… Angebot steht natürlich noch. Also nur falls Sie Lust haben.“, nahm sie die Chance gleich beim Schopf. Doch Mac wand seinen Blick ab und presste die Lippen zusammen. „Was ich eigentlich sagen wollte war… dass ich nicht mit Ihnen ausgehen kann. Tut mir leid.“, sagte er nun. Es war Sam anzusehen wie tief enttäuscht sie war. Doch sie war Profi und rang schnell wieder nach Fassung. „Sie haben recht, es war eine dumme Idee. Sie sind mein Boss und mit dem fängt man nichts an.“, erwiderte sie und wand sich bereits der Tür zu. Doch Mac sprang auf und hastete auf sie zu. Er ergriff ihren rechten Arm und sah ihr tief in die Augen. „Nein, hören Sie mir bitte bis zum Ende zu. Ich will ja mit Ihnen ausgehen, egal ob ich Ihr Boss bin oder nicht. Das Problem ist… ich kann nicht. Wahrscheinlich werde ich bald von hier weggehen und mich jetzt noch mit Ihnen zu verabreden wäre unfair. Sicher, wir hätten vielleicht ein, zwei Abende Spaß, doch so jemand bin ich nicht. Sie… sind mir im vergangenen Jahr sehr ans Herz gewachsen, mehr als dass ich lediglich eine Nacht mit Ihnen verbringen möchte. Eine Fernbeziehung wäre jedoch auch undenkbar, besonders wenn man unsere Arbeit betrachtet. Wir würden uns zu viele Sorgen um den je anderen machen. Ich hoffe Sie halten mich jetzt nicht für den totalen Idioten, aber so denke ich nun mal.“, begann er zu erklären. Sam musterte Mac einen Moment und nickte schließlich. „Danke. Danke für die ehrlichen Worte. Ich finde es wirklich schade, doch mir wird nichts anderes übrig bleiben als es zu akzeptieren. Aber wenigstens… auf einen Kaffee hier im Büro laden Sie mich noch ein, oder?“, erwiderte sie. Mac versprach es ihr und hielt ihr sogar die Tür auf. Sam drehte sich noch einmal zu ihm und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange. Der Captain spürte wie er für einen Moment unter Strom stand, solange bis Sam das Büro verlassen hatte. Er ließ die Tür zufallen und machte sich zurück auf den Weg zu seinem Schreibtisch. Er gab zu mit solchen Problemen nicht gerechnet zu haben, als er das Kommando übernommen hatte. Hinter ihm sprang die Tür erneut auf, diesmal sogar ohne Klopfen. Mac drehte sich um und erkannte einen keuchenden Luke Hingle. Der Student verzichtete darauf etwas zu sagen, sondern schritt mehrere Male ziellos im Raum umher. „Kann ich… dir irgendwie helfen?“, bot der Teamleiter an. Der Kryptozoologe musterte ihn, als ob er es ihm übel nahm, den Grund seines Erscheinens nicht sofort erkannt zu haben. „OK es ist so. Du… bist der Einzige mit dem ich reden kann.“, gestand er. Mac ließ sich auf seinen Stuhl fallen und fragte sich womit er diesen Posten verdient hatte. Er war der Leiter des Teams und nicht gerade eine Sorgentante. Auf der anderen Seite war er auch Lukes Freund, eigentlich der beste Grund um dem Jungen zu helfen. „Mein Leben… ist im Moment echt im Arsch. Wo soll ich anfangen? Ich habe einen Sohn, verdammt!“, bezog er sich auf Kyle. Mac hob sofort eine Hand zum Einwand. „Moment. Kyle ist lediglich dein Sohn in einer alternativen Zeitlinie. Technisch gesehen ist es sogar ausgeschlossen, dass er es in dieser wieder sein könnte, dafür wurden zu viele Variablen verändert.“, erklärte er. Doch damit schien Luke keineswegs beruhigt zu sein. „Ja, aber er war mein und Dylans Sohn! Das sagt doch einiges aus. Wir kamen zusammen, haben ein Kind gezeugt und waren eventuell sogar verheiratet. Diese Vorstellung… ist so überwältigend.“ Mac seufzte und verstand nicht, was genau Lukes Grund zur Klage war. „Also für mich hört sich das doch toll an. Mal gesehen von einer Invasion menschlicher Reptilien scheint der Luke der anderen Zeitlinie ein ziemlich schönes Leben gehabt zu haben.“, meinte er. Luke schüttelte den Kopf und stützte sich am Schreibtisch ab. „So ist es! Er, aber was ist mit mir? Ich muss herausfinden was mein zukünftiges Ich richtig gemacht hat. Sehen… wir der Wahrheit doch mal ins Gesicht. Ich bin… ein Nerd! Ja, ich bezeichne mich selbst so! Könntest du dir mich und Dylan jemals als Paar vorstellen? Oder nein, kennst du generell jemanden, der mutig, intelligent und unglaublich wunderschön ist und mit einem Saurier und Computerfreak ausgehen würde?“, brachte er es auf den Punkt. Macs Augenbrauen hoben sich und er versuchte eine Antwort zu formulieren. „Naja… wenn du mich so fragst…“, wollte er etwas erwidern, doch Luke ließ ihn nicht. „Ich kenne die Antwort darauf bereits. Dylan hat mich nur gebraucht um über Evans ‚Tod’ hinwegzukommen. Doch jetzt ist er wieder da und somit der Mittelpunkt ihrer Welt.“, beschwerte er sich. Mac räusperte sich nun laut, damit der Student ihn auch einmal zu Wort kommen ließ. „OK, jetzt hör mal zu! Dylan und Evan kennen sich eben bereits etwas länger und haben einiges zusammen durchgemacht. Doch als in der Zukunft zurückgeblieben bist, hat Dylan nicht gezögert und ist dir hinterher gerannt. Das würde sie nicht machen, wenn du ihr egal wärst.“, stand für ihn fest. Luke hingegen war alles andere als überzeugt. „Ja, weil ich ihr Freund und außerdem ein Teammitglied bin.“, wand er ein. Mac schüttelte leicht den Kopf. „Auf mich wirkte ihr Handeln recht irrational, sie wollte dich retten ohne sich zuvor einen vernünftigen Plan zurechtzulegen. Ich kann dir nicht sagen ob Dylan mehr für die empfindet, generell bin ich nicht der Richtige um die Beziehungstipps zu geben. Du musst schon mit Dylan selbst sprechen, selbst wenn dir das Ergebnis am Ende nicht gefallen sollte. Aber so funktionieren zwischenmenschliche Beziehungen nun mal.“, riet er ihm. Am liebsten hätte er dem Studenten noch geraten Evan nach dessen Meinung zu fragen, doch das wäre wohl unmöglich gewesen. Auch wenn Luke mit diesem enger befreundet war, steckte der zweite Teamleiter zu tief in dieser Sache zwischen Luke und Dylan, was auch immer sie auch war. Luke mochte Evan als Konkurrenten einordnen, wenn auch nicht um Dylans Herz, dann um deren Ansehen. Evan mochte wesentlich draufgängerische als Luke sein, doch dafür besaß der Zoologe ebenfalls seine starken Seiten. Mac war sich sicher, sobald dieser das erkannt hatte, würde es ihm leicht fallen mit diesem Problem umzugehen. Luke dankte ihm für seinen Rat und schritt zur Tür. „Ich wünsche mir wirklich… dass das mit mir und Dylan etwas wird. Ich meine… allein der Sex ist bombastisch!“, posaunte er nun heraus. Mac warf den Kopf nach hinten und knirschte mit den Zähnen. „Ah! Das will ich nicht hören, ok? Verschwinde aus meinem Büro und… mach irgendwas Nützliches.“, versuchte er ihn zu verscheuchen. Luke hauchte eine Entschuldigung und war kurz darauf verschwunden. Obwohl Mac nun noch unkonzentrierte war, widmete er sich wieder seinem Bericht. Sein Zeigefinger näherte sich bereits der ersten Taste, bis er erneut aufgeschreckt wurde. Diesmal jedoch von keiner Person, sondern einem lauten Alarm über sich. Als der Captain die ersten Menschen vor seinem Büro hin und herlaufen sah, war ihm klar, dass er den Bericht verschieben musste. Im Moment hatte etwas anderes Priorität und verlangte Macs vollste Aufmerksamkeit und Fähigkeiten. Eine neue Anomalie hatte sich geöffnet. Vancouver – Mower-Farm Terry Mower hatte nichts dagegen früh aufzustehen, im Gegenteil. Früher war dies anders, doch mit den Jahren hatte er sich daran gewöhnt. Er erhob sich aus seinem Bett und schlenderte hinunter ins Erdgeschoss wo seine erste Anlaufstelle der Kühlschrank war. Früher war alles ganz anders gewesen, als seine Frau noch bei ihm war. Doch dieser hatte sich nach einem erfüllenderem Leben gesehnt als auf einer schlichten Farm. Deshalb war Terry gezwungen sich sein morgendliches Spiegelei selbst zuzubereiten. Er kaufte sie bei seinem Nachbarn, was eine gewisse Ironie besaß. Er selbst besaß keine Hennen, nicht zu Zeiten von Legebatterien, die alles wesentlich billiger verkauften und er ohnehin nicht mithalten konnte. Nein, er beschränkte sich lediglich auf die Zucht von Schweinen, den Fleisch würden die Leute immer essen. Noch dazu achteten sie dabei gründlich auf die Herkunft, denn anders als bei Eiern konnte Fleisch sehr viele Krankheiten übertragen. Terrys Farm wurde zweimal im Jahr kontrolliert, doch bisher hatten die Behörden nie etwas zu beanstanden gehabt. Nachdem er mit dem Frühstück fertig war, war es an der Zeit nach seinen Tieren zu sehen, weshalb er sich vom Tisch erhob, schnell im Bad frischmachte und dann nach draußen trat. Es war windig, das Plastikgestell an der Tür wirbelte herum. Der Stall befand sich keine 20 Meter von ihm entfernt, doch Terry ließ sich Zeit. Gestern hatte es geregnet und der Hof war von dickem Schlamm bedeckt. Der Farm-Besitzer fluchte, er würde das nachher ebenfalls in Ordnung bringen müssen. Verdutzt blieb er stehen, als er mehrere Abdrücke in dem Matsch feststellte. Woher stammten sie? Etwa vom Nachbarshund? Terry selbst besaß keine Haustiere, denen er es erlaubte draußen frei herumzulaufen. Nein, je näher er die Abdrücke musterte, umso sicherer war er sich, dass sie keinesfalls von einem Hund stammten. Es waren definitiv Hufe, doch jeder er noch sein Nachbar besaßen Pferde. Die Abstände waren auch zu gering, als dass es ausgewachsene Exemplare sein konnten. Ein Reh womöglich? Welchen Grund gab es, dass es sich so weit vom Wald und so nah an die Farm wagte? Kein anderes Tier kam Terry in den Sinn, das solche Abdrücke hinterlassen konnte. Er folgte den Spuren und stellte fest, dass sie in Richtung der Scheune führten, wo der Farmer seine Schweine aufbewahrte. War etwa eines davon ausgebüchst? Kaum vorstellbar, wenn die Abdrücke waren viel zu groß für ein Schwein. Terry setzte seinen Weg fort und war kurz darauf vor der Scheune angelangt. Behutsam öffnete er sie und trat ins Innere. Es war ruhig, ein Zustand, der den Farmer beunruhigte. Normalerweise hätten die Schweine längst hungrig zu quicken beginnen müssen. Doch nicht heute. Es war still und dies ergab überhaupt keinen Sinn. Terry wagte einen ersten Blick in die Gehege, doch im ersten befand sich kein Schwein. Die Holztür war zersplittert, als hätte sie etwas gerammt. Eine Axt vielleicht? Hatte jemand seine Schweine entführt? Dieser Verdacht wurde immer wahrscheinlicher, als das zweite Gehege ähnliche Spuren aufwies. Wieder befand sich kein Tier darin. Was zum Teufel war hier bloß los? Als Terry vor dem dritten Gehege ankam erkannte er seines seiner Schweine, es hatte sich unter einem dicken Heuberg vergraben und lugte ängstlich hervor. Die Holztür wirkte ramponiert, war aber noch in Takt. Wer auch immer versucht hatte sie aufzubrechen, an dieser hier war er gescheitert. Terry ging weiter und entdeckte Blutspuren am Boden. Er fluchte und dachte im nächsten Augenblick an einen Wolf oder Berglöwen. Er war noch nie welchen begegnet und eigentlich war es undenkbar, dass hier in der Gegend welche existierten. Und selbst wenn, diese Tiere besäßen niemals die Kraft Holztüren einfach so zu aufzubrechen. Terry hatte nun den hintersten Teil der Scheune erreicht und starrte fassungslos in das Gebilde aus Licht das sich ihm bot. Mehrere Glasfragmente wirbelten in der Luft herum und wirkten wunderschön. So etwas hatte der Farmer noch nie zuvor gesehen, geschweige denn wusste er, womit er es zu tun hatte. Plötzlich vernahm er in grunzendes Geräusch hinter sich und drehte sich um. Erst dachte er an eines seiner Schweine, doch was er da sah, ließ ihn erbleichen. Vor ihm hatte sich eine grausige Bestie aufgetan, die ihn zwar an ein Wildschwein erinnerte, aber definitiv keines war. Der riesige Kollos aus Fleisch begann nun seine Hufe zu wälzen und Terry wurde klar, dass dies ein Merkmal für einen Angriff war. Es gab nur eine Richtung in die der Farmer fliehen konnte, nämlich nach vorne. Die Scheune besaß einen Hinterausgang, doch davor schwebte dieses Licht. Terry musste darauf vertrauen, dass es nicht gefährlich war und so stürmte er los. Direkt auf das Licht zu. Er hielt den Atem an als sich seine Haare auf seiner Haut aufstellten und er sich bald darauf direkt darin befand. Und dann… an einem völlig anderen Ort. Er stand nicht mehr in der Scheune, sondern einer Art Steppe. Es war glühend heiß und nachdem er seinen Blick schweifen ließ, stellte er fest, dass er auch nicht allein war. Augenblicklich war er von einem halben Dutzend weiterer dieser Monster umringt und dachte nur noch an eines. Flucht! Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Die Kreaturen mit den Hufen hatten ihn bereits als Beute erkannt und begannen sich auf ihn zu stützen. Terry wurde unter einem Berg Hufe und scharfer Zähne begraben, bevor er gefressen wurde. Vancouver – Cartalet-Street Evan fluchte angesichts des dichten Verkehrs um diese Tageszeit. Er war normalerweise nicht der Typ der ständig auf die Hupe schlug, doch diesmal machte er eine Ausnahme. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass er spät dran war, doch das Vorankommen war fast unmöglich. Schließlich entschied er sich Seitenstraßen zu benutzen, auch wenn er dadurch Gefahr lief zu verfahren. Er kannte die neue Adresse nicht, sondern hatte sich lediglich einen Plan aus dem Netz ausgedruckt. Immer wieder schwankte sein Blick zu der Tüte auf dem Beifahrersitz und Evan spürte die Nervosität in sich steigen. Hatte er das Ganze wirklich zu Ende gedacht? Er hatte mehrere Male vor dem Spiegel geprobt, doch real war alles anders. Es war ironisch. Er mutete es sich zu gegen gefährliche Urzeitmonster anzutreten, aber nicht zu seinen Gefühlen zu stehen. Evan hatte es endlich geschafft die richtige Straße zu finden und bald darauf parkte er am Rand und befreite sich von seinem Gurt. Erst wollte er die Tüte mitnehmen, verzichtete dann aber darauf. Er stieg aus und hatte die Wohnung bald darauf gefunden. Keine Minute zu spät, denn ihre Bewohnerin schien sie gerade zu verließen. Evan beeilte sich und keuchte als er ihr vor zum Stehen kam. Die Frau, die gerade ihren Autoschlüssel gezückt hatte wirkte überrascht über dessen Auftauchen. „Evan?“, fragte Angelika verdutzt. Dieser hob eine Hand und bat ihn sprechen zu lassen. „Hey… wir haben uns lange nicht gesehen.“, brachte er jedoch nur hervor. Seine ehemalige Partnerin musterte ihn zögernd. „Evan… ich hatte dich doch gebeten nicht zu kommen. Und jetzt tauchst du einfach so hier auf.“, schien sie nicht gerade glücklich darüber zu sein. Evan legte eine ernste Miene auf und fuhr fort. „Ja, ich weiß. Du wolltest mich kontaktieren und nicht umgekehrt. Bitte verstehe mich nicht falsch, ich will dir definitiv deinen Freiraum lassen, aber… es sind schon drei Monate. Dir Zeit zum Nachdenken zu geben ist eines, dich aber solange nicht zu sehen ist… einfach nur grausam.“, gestand er. Angelika seufzte tief und überlegte was sie erwidern sollte. „Ja… ich habe dich ebenfalls vermisst. Aber mit deinem Auftauchen überrascht du mich einfach. Genau wie letztens als ich annahm du wärst tot, aber dann springst du einfach nur eine Anomalie und bist wieder da.“, beschwerte sie sich. Evan ballte seine Hand zu einer Faust. „Ich… ich wollte doch nie, dass du mich für tot hältst und wegen mir leiden musst. Glaub mir, wenn es eine Möglichkeit gegeben hätte, wäre es wesentlich früher zurückgekehrt.“, verteidigte er sich. Das war nur zu wahr. Nachdem er ein ganzes Jahr ohne Angelika auskommen und ums nackte Überleben kämpfen musste, war er nun gezwungen die Frau die er liebte dennoch nicht sehen zu dürfen. Es war wie eine Strafe, und zwar eine, die Evan sogar verdient hatte. „Evan… gib mir einfach noch ein bisschen Zeit. Ich muss jetzt zur Arbeit, ich… werde dich einfach anrufen, ja?“, schlug sie vor und öffnete die Tür zu ihrem Wagen. Doch Evan ergriff ihren Oberarm, zog ihn aber schnell wieder zurück. „Wir hatten nie ein klärendes Gespräch. Ich bitte dich nur dir anzuhören was ich zu sagen habe, danach kannst du deine Entscheidung treffen. Ob du mir vergeben kannst, oder für immer in die Wüste schickst ist dann dir überlassen.“, schlug er vor. Angelika dachte einen Moment darüber nach und nickte schließlich. „Gut, wir könnten vorher noch bei einem Café halten…“, begann sie, wurde aber von einer lauten Melodie unterbrochen. Evan sah an sich herab und griff sich in die Hosentasche. Warum musste sein Handy ausgerechnet jetzt nerven. Er entschuldigte sich schnell bei Angelika und wollte den Anrufer wegdrücken. Bis er Tobys Namen erkannten. Der einzige Grund warum ihn diese für gewöhnlich anrief war die Arbeit. Evan wollte nicht rangehen, nicht jetzt. Doch er hatte keine Wahl. „Ja?“, meldete er sich und wartete darauf was Toby zu sagen hatte. „Jetzt? Ernsthaft?“, fragte er ungläubig und legte dann auf. Angelika hatte sich inzwischen von ihm abgewandt, auch ohne Erklärung stand für sie fest worum es in diesem Gespräch gegangen war. „Ich sehe schon, wir haben beide zu arbeiten.“, sagte sie und stieg in ihren Wagen. Evan fuhr sich übers Haar und biss sich auf die Unterlippe. Genau deswegen hatte Ange ihn verlassen und was genau tat er? Salz in die Wunde streuen. Er griff nach der Autotür und hielt Angelika davon ab sie zu schließen. „Bitte warte, Ange! Ich habe es vorhin ernst gemeint, ich möchte wirklich mit dir reden. Ich… muss das hier erledigen, kann dich aber nicht einfach so fahren lassen. Können wir uns nicht in deiner Mittagspause zusammensetzen?“, startete er einen letzten Versuch. Angelika war bereits daran abzulehnen, doch Evan gab nicht auf. „Ich will dich hier nicht weich kochen, aber… wenn du noch irgendwas für mich empfinden solltest, dann tu mir den Gefallen bitte.“ Seine Freundin seufzte schließlich und nickte. „Also gut, treffen wir uns um 13 Uhr bei Manulife. Falls du es nicht schaffst zu kommen…“, sprach sie, doch Evan unterbrach sie. „Ich werde da sein! Versprochen!“, versicherte er und ließ Angelika dann wegfahren. Er stieß einen Fluch aus und betrachtete dann die Ortsangabe, die ihm Toby geschickt hatte. Es handelte sich um eine Farm im Süden, die Fahrt würde wohl einige Zeit in Anspruch nehmen. Würde es am Ende darauf hinauslaufen, dass er sich entscheiden musste? Zwischen Ange und seiner Arbeit? Nein, eines wusste er mit Bestimmtheit. Das würde er niemals können. Vancouver – Mower-Farm Als sich Evan bereits zum zweiten Mal verfuhr, war er sich sicher ein neues Navi kaufen zu müssen. Hätte er nicht das mobile Ortungsgerät für die Anomalien bei sich gehabt, wäre er vermutlich nie am Ziel angekommen. Als er den Abschnitt zur Farm erreichte erkannte er bereits den schwarzen Van. Seine Freunde schienen auch gerade erst angekommen zu sein, denn Donovan war damit beschäftigt die Waffen auszuladen und jedem der anderen ein EMD zu reichen. Evan stellte seinen Wagen mitten auf dem Weg ab, immerhin würde sich hier niemand darüber beschweren. Bevor er ausstieg, fiel sein Blick ein letztes Mal auf die Tüte auf dem Beifahrersitz und er erinnerte sich an sein Treffen mit Angelika. Egal was auch geschehen würde, er beabsichtige nicht es zu verpassen. Er stieg aus und lief in den anderen entgegen. Mac war der Erste der ihn erkannte und reichte ihm ein EMD. „Evan, du kommst wie gerufen.“, begrüßte er ihn. „Das wurde ich ja auch.“, kommentierte er knapp. Dylan und Luke nickten ihm zu, ihr Team war somit wieder komplett. „Wissen wir schon mit was wir es zu tun haben?“, fragte der Neuankömmling. Luke schüttelte den Kopf. „Wir sind hier quasi in der Wüste, keine Überwachungskameras in die sich Toby hätte hacken können. Wir betreten das Gelände komplett blind.“ Sowohl Evan als auch Mac knirschten mit den Zähnen, was sie hörten gefiel ihnen nicht. Es war keinesfalls das erste Mal, dass sie nicht wussten, welchen Gefahren wie begegnen würden, doch etwas Klarheit wäre schon wünschenswert gewesen. „Evan, kannst du die genaue Position der Anomalie bestimmen?“, hakte Dylan nach und der Teamleiter studierte das Ortungsgerät. Die fünf sahen sich das Gelände und die gesamte Farm genauer an. Vor ihnen erhob sich ein brüchiger Zaun, der aber kein Hindernis darstellte. Danach würden sie jedoch eine matschigen Hof überqueren müssen, sollten sie zu den Gebäuden wollen. Das Haupthaus, in dem die Bewohner leben mussten ragte weitläufig hervor, doch das Ortungsgerät reagierte nicht. Dafür aber gegenüber der mittelgroßen Scheune einige Meter rechts davon. „Die Anomalie scheint sich in der Scheune zu befinden. Allerdings wissen wir nicht, ob etwas durchgekommen ist.“, erklärte er. Dylan schien nun auf etwas aufmerksam geworden zu sein und hopste über den Zaun. Nach zwei Metern kam sie zum Stillstand und untersuchte den Boden. Die anderen folgten ihr ohne großen Abstand und erkannten, dass Dylan einige Spuren im Schlamm gefunden hatte. Sie wirkten hufenartig und nah beieinander. „Bitte lass das Ponys sein.“, flehte Mac, doch Luke war anderer Meinung. „Die Abdrücke sind viel zu tief, egal was sie hinterlassen hat, das Ding wiegt bestimmt eine halbe Tonne.“, gab er seine Expertise. Donovan fragte ihn womit sie es genau zu tun haben könnten, doch allein aufgrund der Abdrücke konnte Luke nichts Definitives sagen. „Na gut, es sind also höchstwahrscheinlich Tiere durchgekommen. In diesem Fall teilen wir uns auf. Die Kreatur könnte auch ins Wohnhaus gelaufen sein, wir dürfen keinerlei Opfer zulassen. Mac, Luke und ich untersuchen die Scheune und schließen die Anomalie. Donovan und Dylan werden inzwischen das Haus genauer untersuchen.“, gab Evan Order und niemand besaß Einwände. Das Team teilte sich auf und marschierte durch den dichten Matsch. Luke bat Dylan auf sich aufzupassen, doch diese nickte nur leicht. Evan und die anderen sahen die beiden durch die Haustür in das Gebäude treten, während sie selbst den Spuren folgten. Es bestand kein Zweifel, dass diese direkt zur Scheune führten. Was immer durch die Anomalie gekommen war, sie beteten, dass es bereits wieder zurück nach Hause gegangen war. Die Tür zur Scheune stand offen, Mac wagte den Anfang und trat ein. Er hob seine Hand als Zeichen dafür, dass es sicher war. Evan und Luke wagten sich ebenfalls ins Innere und erkannten die ersten Kampfspuren. Das Holz war überall zersplittert und auch hier waren die Abdrücke sicherzustellen. „Was ist das hier?“, wollte Mac wissen und zeigte auf einen metallenen Pfosten vor sich, der scheinbar eine Futtertrüge hielt. Luke betrachtete ihn genauer und runzelte die Stirn. „Das sind Zahnabdrücke.“, verriet er und Mac und Evan tauschten beunruhige Blicke. Welches Tier genau konnte so tiefe Bissspuren in Metall hinterlassen? Evan erinnerte sich an das unglaubliche Gebiss der Andrewsarchus, die mit ihren Zähnen sogar Steine zermalmen konnten. Aber was für eine Kreatur hinterließ solche Spuren? „Vorsicht!“, warnte Mac als er eine Blutspur am Boden entdeckte. Auch Evan und Luke waren alarmiert. Langsam begannen sie ihr zu folgen und waren gezwungen um eine Ecke zu biegen. Kaum hatten sie dies getan erblickten sie bereits die schimmernde Anomalie am Ende der Scheune. „Luke, das Verschließgerät!“, raunte Evan dem Zoologen zu und dieser reagierte sofort. Unverzüglich hatte er seinen Rucksack abgenommen und die Maschine behutsam aufgepackt. Während Evan und Mac ihm Deckung gaben, platzierte er sie vor der Anomalie und startete sie. Das Zeitportal verformte sich zu seiner Kugel und war nicht mehr passierbar. Luke atmete erleichtert aus und ließ sich auf den Hintern fallen. Mac war der Erste, der sich wieder umdrehte. Und erstarrte. „Luke, weg da!“, brüllte er, doch der Student konnte gar nicht so schnell reagieren. Das Holz zersplitterte und aus einem der Gehege trat kolossales Wesen. Es ragte mindestens 2 Meter in die Höhe und war mindestens 3 lang. Die Hufe scharrten auf dem Boden und das Gesicht war lang gezogen. Die Ohren erinnerten an Pferde, doch die Schnauze mehr an das eines Wildscheins. Es war überall behaart und öffnete nun sein Maul. Riesige Zähne wurden sichtbar und Luke erblichte, als er feststellte, dass die Kreatur wenige Meter hinter ihm stand. Das Tier setzte zum Sprung an, doch Mac war schnell genug um sein EMD auf Maximum zu stellen und einen präzisen Schuss abzugeben. Die Kreatur fiel betäubt zu Boden und rührte sich nicht mehr. Luke erhob sich sofort und streckte dem Tier seine Waffe entgegen. Mac warnte ihn, zu nahe ranzugehen, doch der Student blieb vorsichtig. Das wildschweinartige Wesen schlummerte und der Zoologe betrachtete es genauer. „Was ist das?“, wollte Evan wissen. Luke brauchte einen Moment, konnte ihm seine Frage aber beantworten. „Im Prinzip das wonach es aussieht. Ein schweineähnlicher Paarhufer, ihr Vorfahre sozusagen. Wir haben es mit einem Entelodon aus dem Oligozän zu tun, sein Name bedeutet soviel wie ‚Perfekte Zähne’. Sie waren aktive Jäger und machten sogar nicht davor halt, ihre Artgenossen anzugreifen.“, gab er einen kurzen Bericht ab. Und je mehr Evan und Mac die Ställe betrachteten, umso mehr mussten sie ihm zustimmen. Das Entelodon schien nicht einmal Gnade mit seinen Nachfahren gehabt zu haben, denn einige der Schweine, die hier wohl gehalten worden waren, schienen als Futter hergehalten zu haben. Aber auch… Menschen? Evan schnappte sich sein Handy um Dylan und Donovan zu kontaktieren, doch da ergriff Mac sein Armgelenk. „Ruhig bleiben!“, schärfte er ihm ein. Evan verstand nicht worauf sein Kollege hinauswollte, doch dann wanderte sein Blick zum Eingang der Scheune. Er vernahm das heftige Schnauben eines weiteren Entelodons, das die Szenerie mit achtsamen Augen verfolgte. Nachdem es seinen bewusstlosen Artgenossen am Boden liegen sah, machte es sich aus dem Staub. Luke richtete noch sein EMD auf es, doch es war schon zu spät. „Wir müssen uns neu formieren.“, entschied Mac und bat Evan und Luke sich nicht zu weit zu entfernen. Geschlossen marschierten die drei Kreaturenjäger auf den Eingang zu, doch es blieb ruhig. War das Urzeitwesen geflüchtet? In den Wald womöglich? In diesem Fall würde es sich als äußerst schwierig erweisen es aufzustöbern. Nicht nur, dass es dort über einen Vorteil verfügte, das Areal war viel zu groß und unbekannt, als dass das CPT es alleine absuchen konnte. Nur wenige Sekunden später wurde ihnen klar, dass sich das Entelodon anders entschieden hatte. Luke fiel das lose Brett als erster auf. Es war lediglich gegen die Scheunenwand gelehnt und verbarg ein Loch, das auf den Hof führte. Das Entelodon preschte nun durch und Teile des Holzes flogen durch die Luft. „In Deckung!“, schrie Mac, der als erstes auf die Gefahr reagierte. Das Entelodon steuerte direkt auf sie zu, in einer Geschwindigkeit die beeindruckend war. Alle drei Männer konnten sich noch rechtzeitig zur Seite werfen und die Kreatur preschte zwischen ihnen hindurch. Sie konnte nicht mehr anhalten und ihr Kopf prallte gegen die Holzwand eines der Gehege. Luke wollte sofort feuern, merkte aber, dass er im Fall sein EMD verloren hatte. Schnell robbte er nach vorne und schloss die Tür zu dem Stall. Es gelang ihm noch den Riegel davor zu schieben, dann zog ihn Evan zurück. Das Entelodon setzte seinen Angriff fort und stieß seinen gewaltigen Schädel gegen die Tür. Es brauchte drei Anläufe, bis das Holz zersplitterte und es wieder hinaus auf den Gang konnte. Doch Evan und die anderen hatten diese Zeit genutzt um sich erneut zu formieren und nun stand die Kreatur aus dem Oligozän drei bewaffneten Kämpfern entgegen. Alle drei gaben Schüsse ab, das Entelodon hatte keine Chance mehr ihnen zu entgehen, egal wie schnell es auch war. Die Impulse der Waffen trafen es und streckten es nieder. Nur Millisekunden später schlief es genauso seelenruhig wie sein Artgenosse. „Geschafft.“, stöhnte Luke erleichtert, doch seine Kameraden konnten dem nicht ohne weiteres zustimmen. „Es könnten noch mehr von denen durch die Anomalie gekommen sein.“, wand Mac ein. Evan gab ihm recht und zückte sein Handy. Er wartete geduldig bis sich Dylan meldete, doch für seinen Geschmack dauerte es zu lange. „Dylan, seid ihr in Ordnung?“, fragte er, doch seine Freundin ignorierte ihn gänzlich. „Evan, wir brauchen hier dringend Unterstützung! Hier laufen riesigen, schweineartige Viecher herum. Donovan konnte eines von ihnen erlegen, aber dann ist ein zweites aufgetaucht. Wir haben uns in der Küche verbarrikadiert, aber diese Kreaturen haben eine gewaltige Kraft.“, bat sie dringend um Verstärkung. Evan musterte die schlafenden Entelodons und, doch Mac versicherte ihm, dass sie noch einige Zeit schlummern würden. „Dylan und Donovan brauchen dringend Unterstützung, wir müssen zum Haupthaus.“, sagte er Bescheid und seine Kameraden machten sich bereit. Die drei verließen die Scheune durch die Vordertür und trabten erneut durch den Matsch im Hof. Kurz später waren sie vor der Haustür des Hauptgebäudes angekommen und traten geschlossen ein. Dylan erwähnte etwas von einer Küche, doch sie hatten keinen blassen Schimmer wo sich diese befand. Der Flur hingegen erinnerte an ein Schlachtfeld. Gemälde und Regale waren umgestoßen und Schlamm von draußen hereingetragen worden. Dann vernahmen sie einen lauten Knall und folgten dem Geräusch. Sie rannten den Gang entlang und erkannten wie ein Entelodon eine Tür rammte. Die Teammitglieder hoben ihre EMDs, doch die Kreatur war bereits durchgebrochen. „In Deckung!“, hörten sie jemanden schreien und ordneten die Stimme Donovan zu. Danach ein weiterer Knall und… ein Schuss? Eine Frau schrie, bei der es sich nur um Dylan handeln konnte. Luke spürte wie sein Herz begann schneller zu schlagen. Er drängte sich nach vorne, entgegen Macs und Evans Einwand. Der Student sprintete in die Küche und… stand kurz darauf dem Entelodon gegenüber. Er war zu perplex um seine Waffe zu heben, doch seine Kameraden waren sofort zur Stelle. Doch die Kreatur schien nicht angreifen zu wollen, im Gegenteil. Schwach trabte sie von einem Bein auf das andere, im Bauchbereich klaffte eine Wunde, aus der das Tier stark blutete. Mac ging dennoch kein Risiko ein und feuerte einen Impuls ab. Das Entelodon ging zu Boden und rührte sich nicht mehr. Doch was war mit Dylan und Donovan? Der Schuss stammte eindeutig von der Handfeuerwaffe, die der ehemalige Soldat stets bei sich trug. „Hilfe! Ich brauche hier Hilfe!“, wurde Dylans Stimme hörbar und sogar rannten die drei zur anderen Seite des Raums. Erst jetzt erkannten sie die Blutspur am Boden, die jedoch nicht von dem Entelodon stammen konnte. Dylan hockte auf den Fließen und hatte sich ihre Weste ausgezogen. Donovan lag flach auf dem Boden und zitterte am ganzen Körper. Dylan presste ihre Weste auf eine austretende Wunde, doch das Blut sammelte sich. „Oh mein Gott, was ist passiert?“, fragte Evan aufgeregt und kniete sich hin. „Ein Krankenwagen!“, stieß Mac hervor und Luke griff sofort nach seinem Handy. Evan erkannte die Verzweiflung in Dylans Gesicht. „Er… er hat mich gerettet. Die Kreatur ist direkt auf mich zugerannt, doch er hat mich zur Seite gestoßen.“, berichtete sie stockend. Evan verstand. Das Entelodon musste seine Reißzähne direkt in Donovans Brust geschlagen haben. „I… ich…“, presste der Ex-Major hervor, doch seine Stimme drohte zu versagen. Evan rutschte zu ihm und legte ein paar Handtücher unter seinem Kopf um diesen in eine aufrechte Position zu bringen. „Bleiben Sie ruhig, Major! Hilfe ist bereits unterwegs, Sie kommen durch!“, schärfte er ihm ein. Donovans Gesichtsausdruck spiegelte eine andere Meinung wider. „Ne… negativ, Sir. Zu weit… abgeschieden. Kein… Krankenwagen.“, presste er hervor. Evan knirschte mit den Zähnen und sah zu Dylan. Diese presste weiterhin die Wunde zu, doch diese erwies sich einfach als zu groß. „Nicht… Ihre Schuld.“, konnte Donovan noch krächzen, bevor er begann Blut zu spucken. Er keuchte auf und immer mehr Blut ergoss sich über Evans und Dylans Hände. Dann fiel sein Kopf zurück und seine Augen wurden starr. „Verdammt! Donovan!“, schrie Evan und stieß Dylan weg. Er presste seine beiden Hände auf dessen Brust und begann mit einer Herzmassage. „Ich lasse Sie hier nicht draufgehen, Major!“, brüllte er, doch seine Versuche blieben ergebnislos. Dylan blickte abwechselnd zu Mac und zu Luke. Zweiterer hatte das Handy bereits wieder sinken lassen. Jetzt noch einen Krankenwagen zu rufen wäre vergebens gewesen. Dylan legte behutsam ihre Hand auf Evans Schulter. „Evan, lass es!“, bat sie ihn. Dieser starrte sie jedoch nur schockiert an. „Was redest du da? Wir müssen ihn stabilisieren!“, erwiderte er, doch Mac trat an ihn heran und zog ihn nach oben. „Evan, verdammt nochmal! Er ist tot, sieh das ein!“, versuchte der Captain zu ihm durchzudringen. Der Teamleiter schüttelte immer wieder widerwillig den Kopf und sah zu seinem Freund. Nein! Donovan tot? Dieser Gedanke war unmöglich. Aber real. Donovans Herz hatte bereits aufgehört zu schlagen, die Wunde blutete nicht mehr. Kein Anzeichen mehr von Leben. Evan schlug beide Hände über seinen Kopf zusammen und schritt ziellos im Raum umher. Dylan legte ein Handtuch auf das Gesicht des Getöteten und schloss die Augen. Evan schlug seine Faust gegen den Kühlschrank und schrie gequält auf. „Scheisse!“, konnte er es nicht fassen, dass sie soeben jemanden verloren hatten. Doch ihm blieb nichts übrig als der Realität ins Gesicht zu blicken. Leo Donovan war tot. Vancouver – Mower-Farm Eine Stunde war vergangen, doch das CPT saß immer noch in der Küche des Bauernhauses. Mac hatte ein Team bestellt, dass beim Abtransportieren von Donovans Leiche helfen sollte. Dylan hatte Detective Harlow kontaktiert, der ihnen dabei helfen sollte, den Tod des tapferen Mannes als Unfall einzustufen. Genau genommen war es auch einer, nur von keinem Tier ihrer Zeitperiode herbeigerufen. Luke hatte die beiden bewusstlosen Entelodons im Haus gesichert. Nur Evan saß starr auf der Bank und versuchte zu verstehen. In erster Linie war Donovans Tod seine Schuld. Er hatte angeordnet, dass sich das Team aufteilen und die beiden Gebäude getrennt durchsuchen sollten. Das hatte dazu geführt, dass Dylan und Donovan in die Enge getrieben worden waren und sich verschanzten. Das Entelodon griff die beiden an, doch Donovan reagierte sofort und stieß Dylan zur Seite. Er hatte reagiert wie man es von einem Soldaten erwartete. Allerdings mit grausamen Konsequenzen. Es gelang ihm gerade noch einen Schuss auf die Kreatur abzufeuern, bevor diese ihre Reißzähne in die Brust des Mannes versenkte. Seine Lunge musste augenblicklich hinüber gewesen sein, während sie sich allmählich mit Blut gefüllt hatte. Aber warum ausgerechnet jetzt? Warum nicht während der Mission mit dem Saurophaganax? Oder dem Chaos auf der Schnellstraße, als Donovan beinahe von einem Carnotaurus erwischt wurde? Es mochte Harold Kanan gewesen sein, der den Mann für das Team aussuchte, doch über die letzten zwei Jahre hinweg war er Evans Freund gewesen. Wieder ein Freund den er nicht retten konnte und der wegen ihm gestorben war. Er hatte weder Brooke, noch Tony, noch Mac retten können. Alle starben aufgrund einer Entscheidung die er getroffen hatte. Entscheidungen die er nicht mehr rückgängig machen konnte. Oder… Moment! Evan erhob sich ruckartig und schritt zu Donovans Leiche. Fakt war, dass er ihn wirklich retten konnte. Hastig griff er in seine Tasche und holte das Gerät heraus, womit er dem Spuk ein Ende setzen konnte. Er begann es zu bedienen, bis Dylan sein Treiben auffiel. „Was hast du vor?“, fragte sie verdutzt, doch Evan sah sie nur ernst an. „Einen Fehler wieder gutmachen.“, sagte er entschieden. Mac und Luke starrten ihn fassungslos an. „Evan ist dir bewusst, was du da in Händen hältst? Du kannst nicht nach Belieben mit der Zeit herumspielen.“, warnte ihn der Captain. Luke hielt sich bedeckt, doch ob er auf Evans Seite war, konnte dieser nicht einschätzen. „Er hat recht, Evan. Erinnere dich an das letzte Mal, als wir die Zeitlinie verändert haben.“, wand Dylan ein. Daran erinnerte sich Evan nur zu gut. Es war teilweise ihre Schuld gewesen, da ihr Mac Rendell sich entschlossen hatte in die Vergangenheit zu reisen. Doch anstatt alles in Ordnung zu bringen, hatte er den Zeitverlauf massiv geschadet. „Damals als du die Möglichkeit hattest Brooke zu retten, warst du besonnen genug es sein zu lassen und weißt du wieso? Du hast eingesehen, dass du damit der Zeitlinie schadest und somit anderen Menschen.“, fuhr Dylan fort. Evan schüttelte jedoch stoisch den Kopf. „Das hier ist etwas anderes. Donovan ist lediglich vor einer Stunde gestorben. Ich habe Brooke nicht gerettet, weil es anderen Unschuldigen das Leben gekostet hätte. Doch wenn ich Donovan vor dem Entelodon rette, was soll schon Schlimmes passieren? Der Abstand ist zu gering, als das etwas geschehen könnte.“, war er sich sicher. Dylan schien er damit teilweise überzeugt zu haben, doch Mac haderte noch mit sich. Als draußen ein Wagen parkte und sie beobachteten wie Dr. Fridkin und noch zwei Cross-Photonics Mitarbeiter ausstiegen, schluckte er schwer. Das reichte Evan. Er stellte den Opener auf dieselbe Stelle ein, lediglich eine Stunde zuvor. „Ich gehe allein, so richten wir am wenigsten Schaden an. Wünscht… mir Glück.“, sprach er und richtete das Gerät auf eine freie Stelle. Kurz darauf öffnete sich die Anomalie und Evan holte tief Luft. Mac reichte ihm sein EMD und nickte ihm zu. Evan dankte ihm für sein vertrauen und trat dann die kurze, aber dennoch kritische Reise an. Er sprang durch die Anomalie, fand sich jedoch an der exakt selben Stelle wieder. Mit der Ruhe war es jedoch vorbei. Das Holz der Küchentür zersplitterte und der Teamleiter bekam gerade noch mit wie sich das Entelodon seinen Weg in den Raum bahnte. Dylan und Donovan die sich gerade noch hinter der Küchentheke verkrochen hatten, unternahmen nun einen Versuch zu fliehen. Doch das Entelodon reagierte schnell und nahm Anlauf. Wenn Evan vorhatte zu handeln, dann war dies die einzige Gelegenheit. Er hob sein EMD und gab mehrere gezielte Schüsse auf die Kreatur ab. Bevor das Entelodon Dylan und Donovan erreichte ging es bereits zu Boden. Evan überprüfte, ob es wirklich außer Gefecht war und wurde von seinen Freunden überrascht gemustert. Wenige Sekunden später sah er wie Luke und Mac in die Küche stürzten. Doch er… war nicht dabei? Was hatte das zu bedeuten? „Evan? Wo kommst du auf einmal her?“, fragte Dylan perplex, obwohl sie ihn gerade aus einer Anomalie hatte treten sehen. Dem Teamleiter war klar, dass er nun einiges zu erklären hatte. „Es ist alles in Ordnung! Ich habe lediglich den Opener benutzt um Donovan das Leben zu retten.“, klärte er sofort auf. Mac und die anderen umringten ihn nun und musterten ihn skeptisch. „Ja ich weiß, den Opener so leichtsinnig zu benutzen ist nicht der Sinn der Sache, aber diesmal hatte ich keine andere Wahl.“, versuchte er auch die vergangenen Versionen seiner Freunde zu überzeugen. Als jedoch in Donovans erleichtertes Gesicht blickte, wusste er, dass er sich richtig entschieden hatte. Immerhin war alles glatt gelaufen, oder? Doch jetzt änderte sich die Miene des Ex-Soldaten und auch Dylan starrte ihn schockiert an. Evan drehte sich um und erkannte die blassen Gesichter von Mac und Luke. „Hey, was ist denn? Es war für einen guten Zweck.“, wand er ein, doch darauf schienen sie nicht hinauszuwollen. „Evan… deine Hände.“, kam es nun heiser von Dylan und der Teamleiter sah stirnrunzelnd an sich hinab. Er betrachtete seine Hände und schreckte zurück. Immer wieder hielt er sie sich vor seinen Körper und konnte nicht fassen, was da gerade mit ihm geschah. Seine Hände hatten zu flackern begonnen, wie ein Fernsehprogramm, das gerade eine Störung besaß. Er blickte zu einer großen Vitrine ihm gegenüber, in dessen Oberfläche er sich widerspiegelte. Auch sein Gesicht hatte zu flackern begonnen. Dylan hatte sich eine Hand vor den Mund gelegt und Mac stürmte nach vorne. „Evan, was ist mit…“, unternahm er einen Versuch nach seinem Freund zu greifen, fasste aber nur ins Leere. Evan Cross’ ganzer Körper flackerte noch einmal, dann war er verschwunden. Doch nicht nur er, auch die Anomalie, die er generiert hatte. Mac untersuchte die Stelle genauer und auch die anderen stellten sich in einem Kreis auf. „Mac, was ist passiert? Wo ist Evan hin?“, fragte Dylan aufgebracht. Doch der Captain zuckte nur mit den Schultern. „Was soll das heißen? Du bist hier der Experte von uns.“, drängte Luke, doch auch das half nichts. „Er sprach davon… dass er zurückreiste um mich zu retten.“, murmelte Donovan, der sogar noch ratloser war. Dylan strich sich übers Gesicht und sah sich um. „Das… erklärt alles nicht was mit Evan passiert ist. Er ist nicht durch eine Anomalie gegangen, er hat sich einfach in Luft aufgelöst!“, insistierte sie. Niemand wagte es ihr zu widersprechen, sie hatten alle dasselbe gesehen. Evan Cross war verschwunden. „Ich… kann vielleicht ein paar Anrufe in London machen, Connor hat meistens immer eine Idee wenn sowas passiert.“, fiel Mac ein. Auf der anderen Seite war er sich sicher, dass sein Freund so etwas ebenfalls noch nie gesehen haben dürfte. „Dann… fahren wir am besten zurück zu Cross-Photonics. Du kannst telefonieren und vielleicht hat Toby oder jemand anderes eine Idee.“, meinte Dylan hoffnungsvoll. Mac stimmte ihr zu. „Ich werde bleiben, vielleicht tut sich hier noch etwas.“, schlug Luke vor. „Ja, ich ebenfalls. So wie Mister Cross es geschildert hat, war es teilweise meine Schuld, was auch immer gerade passiert ist.“, schloss sich Donovan an. Mac und Dylan konnten sich nur schwer von der Position trennen, an der Evan noch vor kurzem gestanden hatte. Sie mussten schnell herausfinden was ihm zugestoßen war und dieses Prozess dann rückgängig machen. Falls es nicht bereits zu spät war. Denn es wirkte so… als ob Evan von der Zeit verschlungen worden war. Planet Erde – 5 Millionen Jahre nach unserer Zeitrechnung Evan betrachtete immer noch seine Hände, die inzwischen jedoch allmählich zu flackern aufhörten. Er strich sich übers Gesicht und stellte fest, dass auch es wieder eine feste Form besaß. Nachdem er sich umsah, stellte er jedoch fest, dass er sich nicht länger in einer Küche aufhielt. Auch war keine Spur von Dylan und den anderen zu erkennen. Er war allein. Wo immer er auch war. Er spürte wie Staub auf seine Haare herabrieselte und blickte nach oben. Er stand unterhalb einer brüchigen Steindecke, die jeder Zeit einbrechen konnte. Um das zu verhindern tat Evan einige Schritte nach vorne, doch er war keineswegs in Sicherheit. Erst jetzt nahm er war, dass er sich in einem teilweise eingestürzten Gang befand, in der Decke klafften bereits Löcher und einige Stützpfeiler waren ungefallen. Außerdem war es ungewöhnlich heiß, obwohl er sich scheinbar im Inneren eines Gebäudes aufhielt. Er musste aufpassen wohin er trat, denn jeder Schritt konnte hier sein letzter sein. Er versuchte zu evaluieren was passiert war, kam aber zu keinem Schluss. Er war durch keine Anomalie getreten, soviel wusste er noch. Dennoch war er ohne Vorwarnung von einem Ort an den nächsten transportiert worden. Handelte es sich dabei um eine Zusatzfunktion des Openers? Eine womit man nicht extra eine Anomalie öffnen musste, sondern direkt durch die Zeit reiste? Nein, dieser Gedanke war abwegig. Mal davon abgesehen, dass dies die Grenzen der Physik brechen würde, Evan hätte es längst bemerkt, wenn das Gerät so eine erstaunliche Funktion besitzen würde. Erleichtert stellte er fest, dass sich der Opener immer noch in seiner Tasche befand. Egal wo er auch war, es wäre ihm möglich wieder zurückzureisen. Doch noch zögerte er, denn er wollte erst herausfinden, was hier vor sich ging. Dann sprang ihm eine andere Theorie entgegen. Er war tot. Er war einmal zu viel durch eine Anomalie getreten und die Partikel hatten seine Atome auseinander fallen lassen. Also wo war er? Im Jenseits? Dem Himmel? Dieser Ort machte jedoch keineswegs den Eindruck danach. Der Hölle? Hatte Evan seinen Aufenthalt hier verdient? Er zwickte sich selbst und stellte fest, dass er immer noch Schmerz empfinden konnte. Er war also nicht tot. Vermutlich. Er wich den Hindernissen aus und trat an eine Stelle mit Fenster. Licht drang von draußen ein und Evan hoffte endlich einen Orientierungspunkt gefunden zu haben. Er wollte einen Blick hinauswerfen, doch kaum hatte er seine Hand danach ausgestreckt, schrie er schmerzend auf. Das Licht hatte seine Haut verbrannt, ein rötlicher Fleck war zurückgeblieben. Zusätzlich einige Blasen, was den Cross-Photonics Leiter dazu bewegten, die Brandwunde schnell zu verbinden. Doch wie war das möglich? Wie heiß war es draußen bitte? Dass seine Hand so schnell verbrannte musste bedeuten, dass es mindestens 70 bis 80 Grad waren. Evan kroch unter dem Fenster durch und erreichte so das Ende des Ganges. Er richtete sich auf und stand vor einer halbgeöffneten Tür. Er holte tief Luft und begann sie aufzudrücken. Kurz darauf stand er in einem weitläufigen Saal, in dem zwar keine Fenster existierten, dafür aber Strom. Evan schritt an mehreren inaktiven Terminals und futuristisch wirkenden Maschinen vorbei. An der Decke ging eine Art Lampe, die den Saal in rötliches Licht tauchte. Evan stoppe abrupt als die Person sah, die einige Meter vor ihm stand. Von der Statur her schien es sich um einen Mann zu handeln, er hatte beide Hände am Rücken verschränkt. „Hallo?“, wagte es Evan sich zu melden, doch der Mann reagierte nicht sofort. Erst als Evan nur noch einen Meter entfernt war, begann die Person sich umzudrehen. Sie lockerte ihre Hände und streckte Evan die rechte Hand entgegen. Dieser zögerte, schüttelte sie schließlich aber. „Evan Cross, es ist mir ein Vergnügen Sie kennen zu lernen.“ Der Mann kannte also seinen Namen, ein Indiz dafür, dass er Evan verraten konnte was hier vor sich ging. Der Mann war recht groß, vielleicht Ende 40. Er trug dunkelblondes Haar und Kleidung, die man dem 21ten Jahrhundert zuordnen konnte. Doch noch etwas beschäftigte Evan und das war sein Akzent. Er erinnerte sich an die Sprechweise von Konzil Nayem, doch sollte er sich in der Zukunft befinden ergab das keinen Sinn. Es war nicht derselbe Dialekt, er glich eher dem… von Mac. Ja, der Mann vor ihm besaß zweifelsfrei einen britischen Dialekt. „Wo… oder wann bin ich.“, wollte Evan sofort in Erfahrung bringen. Der Mann vor ihm musterte ihn kurz und antwortete dann. „Es ist mir unmöglich Ihnen ein exaktes Datum zu nennen. Einigen wir uns darauf, dass bereits viele Millionen Jahre vergangen sind, seit ich Sie aus der Vergangenheit zu mir geholt habe.“, erklärte er. Evan schluckte schwer und traute seinen Ohren nicht. Einige Millionen Jahre? Dabei konnte es sich nur um einen Scherz handeln. Doch dann war da die unglaubliche Hitze, die in null Komma nichts seine Hand verbrannt hatte. „Nun gut, nächste Frage. Wer sind Sie und was suche ich hier?“, fuhr er fort. Der Mann vor ihm lächelte nun. „Das sind zwei Fragen.“, kommentierte er. Evan hingegen fühlte sich gereizt und wollte den Kragen des Mannes ergreifen und ihn so zwingen zu antworten. Doch er griff ins Leere. Seine Hand durchfuhr den Körper seines Gegenübers und Evan zog sich erschrocken zurück. „Was sind Sie?“, korrigierte er seine Frage von vorhin. Der Mann seufzte und sah zu Boden. „Die Menschen die diese Technologie entwickelten, würden mich wohl einen Avatar nennen. Eine Art… künstlicher und intelligente Speichereinheit. An einem Punkt der Geschichte fürchtete man, dass alles Wissen verloren gehen könnte. Deswegen beschloss man die freien Geister der Wissenschaftler, Philosophen und anderen Denker nicht mehr erlischen zu lassen, sondern ihr Bewusstsein in eine Art holografischen Matrix zu transferieren. Das… ist auch mir passiert.“, gestand er. Evan brauchte etwas um die Information zu bearbeiten. „Und wer sind… oder besser gesagt waren Sie?“, hakte er nach. Nun erkannte er eine Spur Melancholie in den Augen des Mannes. „Oh, ich war einmal wie Sie. Ich erforschte die temporalen Interferenzen, die Sie zu Ihrer Zeit noch Anomalien nennen. Ich bin… oder zumindest die Person die ich einmal darstellte hat bis zu ihrem Tod versucht mehr über dieses Phänomen herauszufinden. Mein Name lautet Professor Nick Cutter.“, stellte er sich vor. Zu behaupten es hätte bei Evan Klick gemacht wäre wohl übertrieben gewesen. Er erinnerte, dass Mac diesen Namen einmal erwähnte. Nick Cutter war der Begründer des ARCs und ein Pionier was die Anomalienforschung anbelangte. Doch… was genau hatte er hier zu suchen? Angeblich Millionen von Jahren in der Zukunft? „Bitte folgen Sie mir.“, bat der Professor und schritt vorwärts. Evan war sich unsicher, beschloss aber vorerst mitzuspielen. Cutter war wenig später vor einem Bedienfeld angekommen und betätigte ein paar Knöpfe. Scheinbar konnte er Dinge berühren, war jedoch selbst unantastbar. Evan beobachtete wie eine Wand vor ihm teilweise nach oben fuhr und schreckte zurück. Schlagartig wurde der Saal heller, denn Tageslicht drang ein. Evan unternahm einen Versuch seine nackte Haut zu bedecken, doch der Professor bat ihn sich zu beruhigen. „Schon gut, Sie werden keine Verbrennungen erleiden. Vor dem Fenster wurde ein Schutzschild generiert, das sämtliche UV-Strahlen abwehrt.“, konnte er berichten. Evan überzeugte sich selbst und stellte fest, dass der Professor nicht log. Es war heiß, doch die Strahlen der Sonne drangen nicht ins Innere des Gebäudes. Evan wagte sich näher heran und verengte seine Augen als er nach draußen Blickte. Wie bereits im Inneren des Gebäudes lag draußen alles in Trümmern. Häuser, Straßen und andere Bauten. Dafür waren die Bäume doppelt so hoch und alles wirkte verwuchert. „Hier… können unmöglich noch Menschen leben.“, entfuhr es ihm. Cutter hatte sich wieder zu ihm gesellt und musste zustimmen. „Nein, bereits seit einiger Zeit nicht mehr. Die Menschen sind sicher schon seit etwa 2 Millionen Jahren ausgestorben.“, erzählte er. Evan betrachtete noch einmal Cutters holografischen Avatar-Körper. „Nun… es hat Vorteile wenn man nicht aus Fleisch und Blut besteht.“, erlaubte es sich dieser zu sagen. „Sie… waren die ganze Zeit allein?“, schwang nun etwas Mitleid in Evans Stimme mit. Cutter nickte, doch Evan konnte keine Frustration in seiner Miene erkennen. „Die letzten Menschen in diesem Laboratorium sind gestorben, vergaßen jedoch mich zu deaktivieren. Vielleicht gibt es noch weiterer wie mich da draußen, aber das spielt keine Rolle mehr. Wir Avatare sind alles was von der Menschheit übrig geblieben ist. Es ist traurig, aber auch der Lauf der Dinge.“ Evan wagte erneut einen Blick nach draußen. „Was… ist passiert? Eine Naturkatastrophe?“, wollte er es genauer wissen. Cutter wiegte unschlüssig mit dem Kopf. „Die Zeit. Wenn Sie diese als Katastrophe bezeichnen wollen, dann ja. Es waren keine Kriege, keine Seuchen oder ein Atomkrieg. Kein Komet der in die Erde eingeschlagen ist, zumindest nicht diesmal. Es war einfach der Lauf der Dinge. Etwas… das die Menschheit bis zu ihrem Ende nicht akzeptieren wollte.“, erzählte er langsam. Evan fragte sich wer dann diesen Planeten beherrschte, wenn nicht mehr die Menschen. Die Insekten vielleicht, wie es bereits die Wissenschaftler in ihrer Zeit vorausgesagt hatten? Er erinnerte sich an die riesigen Gottesanbeterinnen, war dies hier vielleicht teilweise ihre Epoche? Er verzichtete darauf Cutter nach Details zu fragen, er befand sich in einer Zeitperiode die absolut nichts mehr mit den Menschen zu tun hatte. „Warum bin ich hier? Haben Sie mich hergeholt?“, wand er sich an den Professor. Cutter nickte leicht und verwies auf einige der Maschinen, die noch in Takt zu sein schienen. „Ja, ich habe Sie hergebracht und was wegen eines bestimmten Grundes. Im Laufe der Zeit ist es den Menschen gelungen unerschöpfliche Energie zu entwickeln. Das erlaubt es mir noch einige Jahrhunderte zu überleben, zumindest solange bis auch die letzten Geräte in diesem Labor ihren Dienst einstellen. Nichts lebt ewig und auch wenn ich einsam war, war ich glücklich die Entwicklung dieser Welt solange bestaunen zu dürfen. Es war ein Geschenk und eine Qual gleichzeitig, doch ich bereue nichts. Auch gelang es denn Menschen auch eines Tages, unabhängig der Anomalien Zeitreisen zu entwickeln. Mit jener Maschine, die sich ebenfalls hier befindet, war es mir möglich Sie in diese Zeit zu transferieren.“, berichtete er. Doch Evan musste anmerken, dass Cutter seine Frage nicht wirklich beantwortet hatte. „Ja, aber warum ich? Weil Sie sich einsam fühlen?“, hakte er nach. Cutter wurde augenblicklich ernster und schüttelte den Kopf. „Der Grund ist das Gerät, das sich derzeit in ihrer linken Jackentasche befindet.“, wurde er konkreter. Evan wirkte überrascht und zog den Opener hervor. „Deswegen?“, fragte er verdutzt. Cutter verschränkte seine Hände wieder hinter dem Rücken und überlegte sich wie er beginnen sollte. „Zeit schreibt sich zwar vorwärts neu, doch in keinem rasanten Tempo. Ich habe hier sehr viel Zeit und studierte einige Berichte. Nun, sehr viele um ehrlich zu sein. Darunter auch Ihre Biographie in welcher Sie den tragischen Tod eines Ihrer Freunde beschrieben. Den eines Leo Donovans. Als ich nach einiger Zeit jedoch noch einmal nachsah, erfuhr ich, dass Sie ihn mithilfe des AOD retten konnten.“, kam er zum Punkt. Evan konnte ihm jedoch nicht ganz folgen. „Und… ist das falsch? Ich habe die Technologie eingesetzt um etwas Gutes zu vollrichten.“, verteidigte er sich. Cutter wirkte aber keineswegs so überzeugt wie er selbst. „Sie hätten irgendwann einen Nachfolger für Leo Donovan eingestellt. Dieser hätte im Verlauf einer Mission einem wichtigen Politiker das Leben gerettet. 7 Jahre später wäre dieser als Präsident gewählt worden und hätte einiges bewirkt.“, begann er zu erzählen. Evan wusste augenblicklich wovon er sprach. Von einem Dominoeffekt. „Aber das bedeutet nicht, dass Donovan diesen Politiker nicht ebenfalls retten kann! Soll ich ihn etwa sterben lassen, nur damit die Zeitlinie genauso verläuft wie sie soll?“, protestierte er. Evan wusste nicht, ob Cutter als Avatar Wut zeigen konnte, wenn ließ er sich zumindest nichts anmerken. „Ich will Ihnen aufzeugen, dass Ihr Handeln Konsequenzen beinhaltet. Vielleicht positive, aber wahrscheinlich auch negative. Die Zeit ist kein Spielplatz, kein Ort zum Experimentieren.“ Evan hingegen konnte nicht nachempfinden, warum ausgerechnet Cutter sich als Moralapostel aufspielte. Fühlte er sich inzwischen als höheres Wesen, nur weil er das Wissen der letzten Millionen Jahre gesammelt hatte? Das Schlimmste jedoch, war dass der Professor recht hatte. Evan war sich selbst unsicher bei dieser Entscheidung gewesen, doch für einen Freund konnte er einfach nicht zögern. „Was erwarten Sie jetzt von mir? Dass ich Donovan sterben lassen soll?“, fragte er kritisch. Cutter zögerte etwas, verneinte aber schließlich. „Nein. Ihr Freund darf leben, immerhin habe ich es Ihnen zu verdanken, dass ein paar jener Menschen die vor langer Zeit auch mal meine Freunde waren ein langes und glückliches Leben führen durften. Ich möchte nur, dass Sie verstehen warum ich das hier tue. Die Menschheit hatte ihre Chance, doch nun hat eine neue Ära dieses Planeten begonnen. Mit Leichtsinn könnten sie die Dauer ihrer Existenz leicht verringern, das müssen Sie einsehen. Ich habe sogar Ihren temporalen Klon beseitigt, der entstanden wäre, als Sie zurücksprangen um Ihren Kameraden zu retten. Auch wenn die Distanz nur kurz war… die Zeit hat ihre eigenen Regeln. Und sie lässt sich nicht davon überzeugen eine Entscheidung rückgängig zu machen die sie einst getroffen hat.“, redete er auf Evan ein. Dieser musterte den Professor nun lange und schien dann in sich zu gehen und zu überlegen. Dylan hatte recht, er hatte sich damals dazu entschlossen Brooke nicht zu retten, obwohl die Gelegenheit dazu besaß. Es ging nicht allein um ihm. Diese Kreaturen aus den anderen Epochen konnten Menschen verletzen und töten, doch sie waren die die Einzigen. Die Zeit selbst war mindestens genauso erbarmungslos wie sie, das war Evan klar geworden. „Sie haben mich überzeugt. Ich werde den Opener hier lassen und meine Arbeit in meiner Gegenwart ohne fortsetzen. Völlig gleich… was für Konsequenzen es auch haben wird.“, entschied er sich. Cutter stellte sich ihm gegenüber und nickte ihm zu. „Das ist ein sehr mutiger Schritt. Ihr Freund hat es verdient weiterzuleben, doch dass Ihre Einsicht war ebenfalls wichtig. Ich werde Sie nun zurückschicken, womit diese Ära wohl wirklich ein für alle Mal von Menschen befreit sein wird.“, erwiderte Cutter. Während der Professor zu einer der Maschinen schritt, wagte Evan einen letzten Blick nach draußen. „Was… wird mit Ihnen geschehen?“, wollte er wissen. Cutter hielt kurz inne. „Ich bin nicht weiter wichtig. Auch wenn ich nicht aus Fleisch und Blut bestehe, die Restenergie dieses Gebäudes wird bald erschöpft sein, dann wird auch mein Leben enden. Diesmal für immer. Doch keine Sorge, mein Traum ist wahr geworden. Ich konnte sehen und verstehen was dieser Planet hervorgebracht hat, das ist alles was ich je wollte.“, verriet er und begann dann den Prozess einzuleiten, der Evan zurück nach Hause schicken sollte. Dieser beobachtete erneut das Flakkern seiner Hände und bevor er es sich versah, löste sich die Szenerie vor seinen Augen auf. Der Professor und die Ruine des Laboratoriums verschwand und bald darauf stand er wieder an jenem Ort, den er erst vor kurzem verlassen hatte. Vor ihm tauchte die Kücheneinrichtungen auf und Evan war erleichtert, als er feststellte nicht mehr durchsichtig zu sein. „Evan!“, erkannte er sofort eine bekannte Stimme und ordnete sie Luke zu. Der Teamleiter betastete sich selbst um sicherzugehen, dass er wirklich wieder ganz er selbst war. Luke fiel ihm in die Arme und Evan tat ihm den Gefallen und erwiderte dies. „Was… was ist passiert? Wir dachten schon du wärst aus der Zeitlinie getilgt worden, oder dergleichen.“, konnte sich der Zoologe nur schwer beruhigen. Nun trat auch Donovan in den Raum und schien sichtlich erleichtert zu sein, dass sein Boss zurück war. „Mister Cross, ich habe mir Sorgen um Sie gemacht.“, gestand er. Evan befürchtete bereits, dass auch Donovan kuscheln wollte, doch er beließ es zum Glück nur bei einem Handschütteln. „Lange Geschichte, ich erzähle es euch später ausführlich. Aber… wo sind Mac und Dylan?“, hakte er nach. „Die beiden sind zurück zu Cross-Photonics gefahren, um dort nachzuforschen was mit dir passiert sein könnte. Donovan und ich haben uns währenddessen um die Entelodons gekümmert und sie zurück in die Anomalie verfrachtet, etwas anders konnten wir in der Zwischenzeit nicht tun.“, erklärte ihm Luke. „Ich werde die anrufen und Entwarnung geben.“, schlug Donovan vor, doch Evan bat ihn zu warten. „OK, aber teilen Sie ihnen bei der Gelegenheit gleich mit, dass ich heute Abend alle im Besprechungsraum der Firma sehen möchte. Sie und ihr auch könnt inzwischen nach Hause, ich möchte, dass ihr bis dann ausgeruht seid.“, teilte er seinen Kameraden mit. Luke fragte nach, was genau Evan vorhabe, doch dieser schien nur mehr mit halbem Ohr zuzuhören. Sein Blick wanderte zur großen Küchenuhr und er stellte fest, dass es bereits 12 Uhr Mittags war. „OK… ihr kennt eure Instruktionen. Wenn es hier nichts mehr zu tun gibt, seid ihr bis heute Abend entlassen. Ich… muss noch etwas erledigen.“, sagte er und begann hastig davonzueilen. „Wo will er denn hin?“, fragte Luke an Donovan, doch dieser konnte nur mit den Schultern zucken. Danach wählte er Macs Nummer um ihm die freudige Botschaft von Evans Rückkehr zu präsentieren. Sie hatten immer noch keine Antworten darauf was genau geschehen und wie ihr Teamleiter überhaupt zurückgekehrt war. Sie würden warten müssen, bis ihnen dieser alles im Detail erklärte. Und es gab noch etwas, das Donovan interessierte. Nämlich wohin Evan so schnell wollte? Hatte er etwa vor… sich mit jemandem zu treffen? Vancouver – Manulife Financial Als Evan zu seinem Wagen zurückkehrte, hatte er befürchtet die Tüte wäre nicht mehr darin. Es ergab keinen Sinn, wie hätte sie denn auch einfach so verschwinden sollen? Doch im Moment bahnten sich alle möglichen Horrorszenarien in Evans Kopf an. Dass sie vielleicht ebenfalls in die Zukunft transferiert wurde, außerhalb seines Einflussbereiches. Oder dass ein Entelodon seinen Wagen aufgebrochen und sie gefressen hatte. Als er sie jedoch in Händen hielt atmete er erleichtert aus. Zumindest an diesem Teil seines Vorhabens konnte es nicht scheitern. Er hatte sich auf die Fahrerseite geschwungen und war losgebraust. Er hatte wenige als eine Stunde um das Firmengebäude von Manulife Financial zu erreichen, in dem Angelika derzeit arbeitete. Er war froh wieder in seiner Zeit zu sein, denn eine Verspätung von 5 Millionen Jahren hätte er ihr bestimmt nicht erklären können. Doch ihm war klar, Professor Cutter hatte sich nicht als Wächter der Zeit aufgespielt, seine Intention war begründet gewesen. Auch er hatte sich in seinem früheren Leben den Gefahren der Anomalien gestellt und sah in Evan vermutlich eine Art Gleichgesinnten. Sowohl Cutter als auch Evan hatten einiges opfern müssen, ersterer sogar sein Leben. Auch Evan sah während jeder Mission dem Tod ins Auge, doch er war bereit dieses Risiko einzugehen. Aber… würde Angelika das auch? Er kannte die Antwort auf diese Frage bereits und das seit langem. Sie hatte sich für ihn in die Hände des Militärs begeben, aber keineswegs um ihn auszuspielen, sondern um ihn zu beschützen. Als sich die beiden endlich gefunden hatten, eilte Evan sofort zur nächsten Mission, doch diesmal mit dem Versprechen zurückzukommen. Auch wenn ihm das gelungen war, saß er beinahe ein ganzes Jahr lang in der Kreidezeit fest. Für Angelika war er faktisch tot gewesen, etwas was ihm diese vielleicht nie verzeihen würde. Das schlimmste war, dass Evan das nachempfinden und verstehen konnte. Er war wie ein Alkoholiker, ein Spielsüchtiger, der immer wieder versprach sich zu ändern, seine Nächsten jedoch stets enttäuschte. Genau dieses Bild musste Angelika von ihm besitzen und das war eine große Bürde. Evan gelang es mittels einiger Geschwindigkeitsübertretungen kurz vor 13 Uhr vor dem Manulife-Financial Gebäude anzukommen. Er parkte den Wagen und lief auf den Eingangsbereich zu. Die Glastür öffnete sich von selbst und bald darauf stand er in der weitläufigen Lobby. Rechts von ihm erkannte er eine Empfangsdame und beschloss sein Glück zu versuchen. Er war nur noch einen Meter von ihr entfernt und öffnete schon seine Lippen. In selben Moment ging die Tür eines Fahrstuhls auf und Angelika Finch betrat die Lobby. „Hat sich erledigt.“, sagte Evan schnell. Seine Freundin hatte ihn noch nicht bemerkt, die letzte Chance für kalte Füße und einen leisen Rückzug. Aber nein, so war Evan nicht und er hätte es sich auch nie verziehen so ein Feigling gewesen zu sein. Zielstrebig schritt er auf sie zu und legte ein selbstsicheres Lächeln auf. Angelika hielt an und musterte ihren ehemaligen Partner und wirkte ernsthaft erstaunt über dessen Kommen. „Evan… du bist gekommen.“, konnte sie nur sagen. In jenem Moment, als er Angelika in die Augen blickte, verflog seine Selbstsicherheit. „Ja, natürlich! Ich weiß, ich bin nicht gut darin meine Versprechen einzuhalten, doch mein Kommen soll dir beweisen, dass es mir wirklich ernst ist. Ange bitte! Gib uns… gib uns noch eine zweite Chance.“, bat er und hoffte, es mochte nicht gerade wie ein Flehen klingen. Angelika schluckte und wich seinem Blick aus. „Evan, was soll das hier werden? Auch wenn du gekommen bist, das bedeutet nicht, dass automatisch wieder alles so ist wie früher.“, insistierte sie. Evan schüttelte betrübt den Kopf. „Nein, natürlich nicht, dafür ist einfach zu viel passiert. Und… ich will auch gar nicht, dass alles wie früher ist. Ich verlange nicht von dir zu Cross-Photonics zurückzukommen. Ich weiß, du bist nur solange wegen mir dort geblieben. Du wolltest nie etwas mit den Anomalien zu tun haben und wenn es nach dir gegangen wäre, hätte ich nie damit anfangen sollen. Aber… das ist nun mal wer ich bin. Ich bin egoistisch, unvernünftig und höre nicht auf die Personen die mir etwas bedeuten, auch wenn sie nur das Beste für mich wollen. Ich habe inzwischen verstanden, dass ich dich damit weggestoßen habe und das tut mir aufrichtig leid. Aber ich bin auch bereit mich zu ändern. Aber… nicht was die Anomalien betrifft. Diese Arbeit ist einfach zu wichtig. Natürlich, du hast vollkommen recht, ich könnte sie jemand anderem überlassen, dem Militär, dem ARC, von mir aus jedem, der den Job haben will. Doch… ich kann nicht.“, führte er aus. Angelika machte ein paar Schritte auf ihn zu, behielt aber Abstand. „Ja… mir ist bewusst, wie viel dir deine Forschungen bedeuten. So war es schon immer.“ Evan schüttelte hastig den Kopf. „Ich gebe zu, dass mag anfangs ebenfalls ein Motiv gewesen sein. Aber… inzwischen habe ich nur noch einen Grund warum ich das tue. Aufgrund der Anomalien habe ich bereits zu viele Leute verloren, die mir etwas bedeuteten. Ja, jemand anderes könnte die Arbeit machen, doch derjenige hätte vermutlich nicht dasselbe durchgemacht wie ich. Mein Ziel ist es dich und alle anderen vor den Ausnahmen dieser Gefahr zu beschützen. Und das kann ich, verstehst du? Es ist nicht wie damals als ich Brooke verlor weil ich nichts unternehmen konnte. Heute ist es anders, ich habe die Technologie, das Verständnis und Freunde die mich unterstützen. Es ist alles perfekt, zumindest… bis auf dich. Das was du hier vor dir siehst ist der Mann der ich bin. Ob du dich auf so jemanden einlassen willst, ist natürlich deine Entscheidung.“ Angelika seufzte tief und trat dicht an Evan heran. „Evan, ich habe nie aufgehört dich zu lieben. Allerdings… habe ich dich auch nie aufgehört zu hassen, dafür, dass du mich einfach allein gelassen hast. Ich stand vor deinem Grab, ich habe mir die Augen ausgeheult.“, warf sie ihm. Evan nickte schwach und griff in seine Hosentasche. Er spürte die Tüte und zog sie heraus. „Dann… erlaube mir das wieder gut zu machen. Für dieses eine Jahr ohne mich, dieses eine Jahr Leid, dafür stelle ich dir mein ganzes, restliches Leben als Wiedergutmachung für Verfügung. Ob du es annimmst ist natürlich dir überlassen, aber…“, begann er nun die Tüte auszupacken und förderte ein kleines Etui ans Tageslicht. Vor über einem Jahr wäre er in der Kreidezeit beinahe gestorben. Er sah bereits das Licht vor sich und Brooke, die ihn zu sich bat. Doch Evan wusste, dass dies die falsche Entscheidung gewesen wäre. Nein, er wollte leben und das noch dazu mit einer ganz bestimmten Person. Angelika konnte ihren Augen nicht trauen und hielt sich eine Hand vor den Mund. „Evan…“, begann sie, doch ihr Freund war noch nicht fertig. Im Gegenteil, er hatte gerade erst begonnen. Er öffnete das Etui und präsentierte seiner Freundin den Inhalt. Er spürte wie seine Hände zitterten, doch er wollte es jetzt über die Bühne bringen. „Angelika Finch. Willst du meine Frau werden?“, streckte er ihr den Ring direkt entgegen. Einige Sekunden lang Stille, es war als wäre die Zeit eingefroren. „Ja.“ „Nein, warte lass mich bitte ausreden, bevor du ablehnst! Ich verspreche…“, wollte er den nächsten Versuch starten, hielt dann aber inne. „Moment! Ja?“, hakte er fassungslos nach. Angelika, immer noch die Hand vor den Mund gepresst nickte heftig. „Ja.“, wiederholte sie. „Warte! Ja bezogen worauf?“, verstand Evan immer noch nicht ganz. Angelika seufzte und ließ den Kopf hängen. „Jetzt steck mir endlich den Ring an den Finger, du Idiot!“, forderte sie ihn auf. Das musste sie ihrem Freund… oder nein, ihrem inzwischen Verlobten kein zweites Mal sagen. Sofort nahm Evan ihre ausgestreckte Hand entgegen und zog ihr den Ring um den Finger. Es war ein nostalgisches Gefühl, vor 10 Jahren hatte er Brooke zur Frau genommen. Doch Vergangenheit war Vergangenheit, nun wollte er versuchen nach vorne zu blicken. Zusammen mit Angelika. „Ich… hatte schon Angst, dass du mich zum Teufel schickst.“, witzelte Evan um seine Nervosität zu überspielen. Angelika betrachtete immer noch den Ring an ihrer Hand und sah ihren Verlobten warnend an. „Damit wir uns verstehen. Ich liebe dich und deswegen vergebe ich dir auch. Aber solltest du es je wagen dein Versprechen zu brechen und mich allein zu lassen, dann werde ich diesen Ring durch die nächste Anomalie werfen, wo er von mir aus verrosten kann.“, drohte sie. Evan musste grinsen und umarmte seine Verlobte stürmisch. „Niemals. So wie du immer für mich da warst, so werde ich auch immer für dich da sein. Von jetzt an… bis zum Ende der Zeit.“ Danach folgte endlich der langersehnte Kuss. Evan war lange fort gewesen, doch endlich spürte er, wie die Einsamkeit verflog und ihm eines klar wurde. Er war wieder zu Hause. Vancouver – Kurton-Street Dylan hatte sich in der Kommando-Zentrale von Cross-Photonics befunden, als der entwarnende Anruf gekommen war. Sie und Mac hatten Toby die Situation beschrieben und sie gefragt, ob sie sich vorstellen konnte, was genau passiert war. Toby hatte zusammen mit Evan den Opener untersucht, auch wenn sie vermutlich genauso viel von dessen Beschaffenheit verstanden hatte wie er. Doch laut ihrer Meinung war es unmöglich, dass dieses Gerät für Evans plötzliches Verschwinden verantwortlich war. Mac wollte Connor um Rat bitten, doch das Problem sollte sich von alleine erledigen. Donovan meldete sich schließlich und berichtete von Evans Rückkehr. Er kannte keine Details und auch ihr Teamleiter hielt sich über das Ereignis bedeckt. Nur, dass Evan gegen Abend alle im Besprechungsraum sehen wollte und selbst noch etwas zu erledigen hätte. „Etwas zu erledigen? Was meint er damit?“, murmelte Dylan, als sie das Gespräch beendet hatte. „Keine Ahnung, aber behaupte jetzt nicht, dass es Evan nicht ähnlich sehen würde. Er wird uns schon erzählen, wieso er sich so plötzlich aufgelöst hat und wo er war. „, meinte Mac nur dazu. Dylan unternahm einen Versuch Evan anzurufen, doch er ging nicht ran. Egal was er auch gerade plante, es schien so wichtig zu sein, dass er alles um sich herum ignorierte. „Es war ein langer Tag, du solltest dich ebenfalls ausruhen.“, schlug Mac vor und schritt zu seinem Büro. Dylan musste unwillkürlich grinsen. Es war ja nicht so, als ob der heutige Tag eine Ausnahme von der Regel darstellte. Seit 2 Jahren geschahen in ihrem Leben doch ständig eine verrückte Sache nach der anderen. Dass sich Evan in Luft auflöste und heldenhaft zurückkehrte war doch zu erwarten gewesen, oder? Erst die Reise ins Jahr 2210, wo er sich ein Duell mit Leeds geliefert hatte und dann sein Schritt durch die Annexions-Anomalie. Evan hatte jedes Mal überlebt, Dylan musste sich also keine Sorgen um ihn machen, solange der Schutzengel ihres Freundes so gute Arbeit ablieferte. Selbst den Zeitsprung nach Yvalon hatten sie bravourös bemeistert und dank Evans Einfall heil überstanden. Nein, Evan kam alleine zurecht, es bestand für sie keine Veranlassung sich unnötig Sorgen zu machen. Nicht um Evan. Wieder erinnerte sie sich an das stechende Gefühl, als sie wahrnahm, dass es Luke nicht zurück in die Gegenwart geschafft hatte. Sie war verzweifelt gewesen, so wie damals, als sie annahm, Evan wäre getötet worden. Dennoch bestand ein klarer Unterschied. „Ich glaube… ich nehme wirklich eine kurze Auszeit. Ich fahre nach Hause und nehme eine Dusche.“, meinte sie zu Toby und hauchte ein kurzes ‚Bis dann’. Wenige Minuten später war sie bereits in ihrem Wagen unterwegs, jedoch nicht wie erwähnt zu ihrer Wohnung, sondern zu eines anderen. Noch vor einem Jahr hätte sie ihr Weg zu Evan geführt, doch inzwischen war ihr klar, dass er auch ohne sie zurecht kam. Er und sie hatten einer Vielzahl von Gefahren entgegengesehen, hatten ihn anderen Epochen der Erde festgesessen und dem je anderen immer wieder aufgeholfen, wenn dieser gestürzt war, oder zu sehr erschöpft von allem. Donovan hatte ihr gesagt, dass Evan ihn und Luke nach Hause geschickt hatte, damit sie sich von den Strapazen des heutigen Einsatzes erholen konnten. Als Dylan ausstieg und die Treppe nach oben wankte, wusste sie nicht, ob Luke tatsächlich schnurstracks zurück zu seiner Wohnung gefahren war. Sie hatte es nicht gewagt ihn vorher anzurufen, ein Grund dafür war, dass sie keine Ahnung hatte was sie ihm sagen sollte. Doch würde es anders sein, wenn sie ihm gegenüberstand? Langsam strich ihr Finger über die Klingel und sie haderte mit sich, sie wirklich zu betätigen. Schließlich brachte sie es über sich und hörte drinnen das surrende Geräusch. Und es dauerte wirklich keine halbe Minute, bis ihr die Tür geöffnet wurde und ein verblüffter Luke entgegenschielte. „Hey… ich bin’s.“, sagte Dylan nun, hätte sich danach aber am liebsten geohrfeigt. Natürlich war sie es, wen hätte Luke auch sonst erwarten sollen? Einen T-Rex? Gut, bei ihrer Arbeit wäre das kaum so abwegig gewesen. „Hey… ich wollte mich etwas frisch machen und wäre nachher ohnehin gleich zu Cross-Photonics gefahren. Oder… gibt es etwas Wichtiges, dass du mich aufsuchst?“, schien der Student überrascht über den plötzlichen Besuch zu sein. Dylan wich seinem Blick aus und versuchte passende Worte zu finden. „Nein… nur… du weißt, einfach so rumzusitzen liegt mir nicht. Donovan hat sich sehr kurz gehalten, aber Hauptsache Evan ist zurück und es geht ihm gut.“, sagte sie dann. Luke schluckte und nickte knapp. „Ja, stimmt. Hauptsache Evan ist zurück.“, klang er beinahe etwas schroff. Natürlich war er genauso erleichtert wie die anderen, seinen Freund und Boss kein zweites Mal verloren zu haben, doch was seinen Enthusiasmus bremse war vermutlich diese Worte aus Dylans Mund zu hören. „Darf ich… reinkommen?“, bat seine Freundin nun, doch Luke zögerte. „Nein… wie gesagt, ich wollte ohnehin zur Firma, wie können uns ja dort treffen.“, schlug er vor. Er wartete darauf, dass Dylan von alleine ging, doch diesen Gefallen tat sie ihm nicht. „Ist es… immer noch wegen unseres Streits letztens? Glaube mir, du hast du eine Menge in den falschen Hals bekommen. Ich bin nicht in Evan verliebt, falls du das denkst. Der Grund warum es dir so vorkommt, dass wir einander so nah sind ist… weil wir uns gegenseitig respektieren und genau wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können. Als wir annahmen, Evan wäre tot, da war ich am Boden. Aber weil ich einen guten Freund… nein vielleicht meinen besten Freund verloren hatte. Und dafür werde ich mich weder schämen, noch entschuldigen. Nur dafür… dass ich dich so mies behandelt habe. Ich… war einfach auf etwas Trost angewiesen.“, erklärte sie. Lukes Blick nahm ungläubige Züge an. „Trost? Wie soll ich das verstehen? Hast du dich von mir in den Arm nehmen lassen? Hast du dich bei mir ausgeweint oder mit mir über deine Gefühle gesprochen? Alles was du wolltest war eine Affäre um dich abzulenken. Du wusstest, dass ich etwas für dich übrig habe und du deshalb nicht viel investieren musstest. Ich hieß dich jederzeit bei mir willkommen und freute mich sogar auf dich. Weil… ich dir nah sein wollte. Aber nicht nur körperlich, ich wollte die wahre Dylan. Selbst ihren Schmerz, ihre Trauer und auch ihre Hoffnungen.“, stellte er klar. Dylan holte tief Luft und entschuldigte sich erneut. „Ja und wie ich dich behandelt habe tut mir aufrichtig leid. Ich habe deine Gefühle ausgenutzt und das war falsch. Deswegen… gib mir eine Chance es wieder gut zu machen.“ Luke schüttelte aber nur den Kopf. „Das funktioniert nicht. Ich kann deine Entschuldigung gerne annehmen, doch das ändert nichts an den Tatsachen. Das was wir hatten… ist vorbei und es war ohnehin nie das Richtige. Tut mir leid, aber du kannst nichts mehr sagen, was meine Meinung ändern würde.“, sprach Luke und drückte die Tür zu. Danach spürte er einen Stich in seinem Herzen und er torkelte zurück in den Flur. Damit dürfte er Dylan ein für alle mal verloren haben. Nicht nur als Geliebte, sondern auch als Freund, was er doppelt so schmerzlich machte. Er wollte bereits in sein Zimmer zurück und heulen, als er die Klingel erneut ertönte. Luke stöhnte auf, waren seine Worte nicht klar genug gewesen? Es war bereits ein Weltwunder gewesen, dass er es überhaupt zu Stande brachte die Person, die er über alles liebte abzuweisen. Was sollte er Dylan noch entgegen werfen? Der Zoologe schritt zurück ur Tür und riss sie mit einem Ruck auf. Er wollte seine Worte von vorhin wiederholen, wurde aber von Dylan überrumpelt. „Ich liebe dich.“ Für einen Moment standen Dylan und Luke einfach nur starr da und konnten gar nichts sagen. „Was?“, kam es schließlich von dem Jungen. Dylan drängte sich nun in die Wohnung und legte ihre Hände auf Lukes Brust. „Als wir dich in der Zukunft zurücklassen mussten, war ich so verzweifelt, dass ich sofort wieder durch die Anomalie bin, ohne nachzudenken. Und als Evan heute einfach verschwunden ist, ist mir eines klar geworden. Wenn du derjenige gewesen wärst… dann hätte ich mir nicht einfach nur Sorgen gemacht, ich wäre am Ende gewesen. Luke… Evan bedeutet mir sehr viel, aber dich… liebe ich. Das habe ich nun begriffen.”, sagte sie ihm direkt ins Gesicht. Luke hingegen konnte gar nicht so recht glauben was er da hörte. „Ernsthaft?“, fragte er nochmals. Als Dylan begann ihn zu küssen, erübrigte sie sich jedoch. Luke war hingegen so überrascht, dass er kurzeitig das Gleichgewicht verlor und er somit zusammen mit Dylan zu Boden stürzte. Perplex sahen sich die beiden an, mussten aber gleich darauf lachen. Dann übernahm Luke das Ruder und küsste seinerseits Dylan. Als sie endlich voneinander lassen konnten, sahen sie sich erleichtert in die Augen. „Ich hoffe du erwähnst Evan jetzt nie mehr. Also… zumindest solange es nicht mit der Arbeit zu tun hat.“, schärfte ihm Dylan ein und bewies ihm mit einem weiteren Kuss, dass wirklich kein Grund zur Eifersucht bestand. „Kapiert. Aber trotzdem mal eine neutrale Frage. Wer sieht besser aus? Ich oder Evan?“, hakte er erwartend nach. Dylan legte ihre Hand auf die Wange ihres Freundes und lächelte ihn an. „Luke?“, fragte sie dann. „Ja?“, erwiderte dieser. „Halt einfach die Klappe, ok?“ „OK.“ Cross-Photonics Dylan und Luke wussten, dass sie um einiges zu spät gekommen waren. Auch wenn Evan keine genaue Zeit angegeben hatte, war ihnen klar, dass er nicht ewig auf sie warten würde. Doch es hatte einfach nichts geholfen. Nachdem sie endlich zueinander gefunden hatten, war es ihnen unmöglich wieder von je anderen zu lassen. Am liebsten hätten sie die Wohnung für heute gar nicht mehr verlassen, erinnerten sich aber noch rechtzeitig, dass sie professionell waren. Andererseits handelte es sich nicht um eine neue Anomalie, eine Verspätung würde ihnen also bestimmt verziehen werden. Das Cross-Photonics Gebäude war kaum noch besetzt und so nickte der Sicherheitsmann des Gebäudes ihnen lediglich zu. Dylan und Luke schritten in den Fahrstuhl und fuhren in s dritte Untergeschoss. „Sollen… wir es den anderen sagen?“, hakte Luke nach, der bereits befürchtete, Dylan wolle noch weiter ein Geheimnis aus ihnen beiden machen. „Wir können es beiläufig erwähnen.“, gestand sie ihm zu. Luke grinste, eine große Ankündigung wäre nicht in Dylans Stil gewesen, ob sie nun zu ihm stand oder nicht. „Sollen wir vielleicht Händchen halten?“, bot er an. Dylan musterte ihn skeptisch und mit zusammengekniffenen Augen. „Nein… das wäre wohl schräg.“, meinte sie. „Achja?“, erwiderte Luke etwas eingeknickt. 20 Sekunden später traten sie heraus und waren umso erstaunter, dass selbst die Kommando-Zentrale unbesetzt war. „Toby?“, rief Dylan ihre Freundin, die eigentlich noch hier sein musste. Jedoch erhielt sie keine Antwort, was sie für etwas leichtsinnig hielt. Zwar waren bisher nie mehr als eine Anomalie pro Tag erschienen, aber dennoch war es fahrlässig. Auch andere Mitarbeiter waren nicht zu entdecken. „Wir sind wohl wirklich zu spät dran, hier ist schon alles dicht.“, murmelte Luke, als er an Tobys üblichen Schreibtisch vorbei schritt. Dylan hingegen konnte das nicht glauben und rief erneut nach der jungen Frau. Sie erhielt zwar keine direkte Antwort, sah Toby jedoch wenig später aus einem Gang kommen, in ihren Händen platzierte sie ein Tablett. „Oh, ihr seid endlich da? Sehr gut, dann kann mir der Gentleman neben dir ja einiges abnehmen.“, sagte sie erleichtert. Sie drückte Luke das Tablett in die Hände und dieser bestaunte die belegten Brötchen darauf. „Toby, weißt du so Evan ist?“, hakte Dylan nach, als ihre Freundin bereits weiterwollte. Diese zeigte nun die Treppe hinauf zum Besprechungsraum. „Na oben, bei der Feier. Ihr solltet euch auch beeilen.“, riet sie und setzte ihren Weg fort. Dylan und Luke bedachten einander noch fragende Blicke, dann folgten sie ihr. Von einer Feier wussten sie nichts, geschweige denn, was es überhaupt zu feiern gab. Oben angekommen öffneten sie die Tür und betraten eine Atmosphäre, mit der sie nicht gerechnet hatten. Der Raum war hell erleuchtet und der Tisch prunkvoll gedeckt. Evan schien sich nicht lumpen zu lassen und hatte alle Möglichen Delikatessen aufgetischt. „Perfektes Timing! Damit wären unsere letzten Gäste gerade noch rechtzeitig eingetroffen.“, vernahmen sie eine Stimme und blickten zum Ende des Raums. Harold Kanan hatte sich vor den anderen Gästen in Position gebracht und räusperte sich. Links neben ihm entdeckten sie endlich Evan, jedoch mit einer unerwarteten Begleitung. Es war lange her, seit sie Angelika zum letzten Mal gesehen hatten, umso überraschender war es, sie jetzt an Evans Seite zu sehen. Die beiden waren alles andere als gut auseinander gegangen, ihre Anwesenheit musste bedeuten, dass sie sich endlich ausgesprochen hatten. Donovan trat an die beiden Neuankömmlinge heran und genehmigte sich eines der Brötchen auf Lukes Tablett. Während der Student dieses endlich hinstellte, wand sich Dylan an den Ex-Soldaten. „Hey, können Sie uns verraten was hier los ist?“, gab sie zu reichlich verwirrt zu sein. Donovan musste grinsen, wäre er zu spät gekommen, wäre er wohl ebenfalls verdutzt gewesen. „Ach nur eine kleine Verlobungsfeier.“, sagte er, als wäre es eine Kleinigkeit. Dylan und Luke starrten ihn fassungslos an. Wer hatte sich denn verlobt? Die Antwort erhielten sie wenig später von Harold. „Jedenfalls war niemand hier überraschter als ich, das könnt ihr mir glauben. Wie ihr sicher alle wisst, sind Evan und ich nicht von Anfang an die besten Freunde gewesen. Für mich war er nur ein kleiner Giftzwerg, ein mieser, arroganter Patentdieb, dem ich nie zugetraut hätte, etwas aus eigener Kraft zu schaffen.“, begann er seine Ansprache. Evan seufzte und klopfte seinem Partner auf die Schulter. „Danke Harold, ich liebe dich auch.“, kommentierte er. „Muss ich eifersüchtig werden?“, flüsterte ihm Angelika zu. Evan verdrehte die Augen und gestattete Harold fortzufahren. „Was ich sagen wollte war… dass ich mich getäuscht habe. Evan Cross hat sich als einer der integersten, tapfersten und selbstlosesten Männer herausgestellt, die sich je kannte. Ich habe zu dieser Organisation hier meinen Beitrag geleistet, doch Evan war es, der alles aufgebaut hat. Er hat sich den Anomalien und diesen Kreaturen entgegengestellt und war sogar bereit sein eigenes Leben zu opfern. Ganz ehrlich, als er solange weg war, hat er mir sogar gefehlt, ganz ehrlich.“, gestand er. „Ich wette umgekehrt war es eher weniger der Fall.“, murmelte nun Mac, der sich zu Dylan und Luke gesellte. „Hey, haben wir zufällig einen Zeitsprung verpasst, oder was ist hier los?“, raunte der Zoologe. Doch Mac hielt sich bedeckt, eher wunderte er sich, dass seine Freunde das Offensichtliche nicht erkannten. „Ich weiß, ihr alle erwartet jetzt von mir, dass ich Evan beglückwünsche, so eine wunderschöne Verlobte gefunden zu haben, aber… verdammt, wie zum Teufel soll ich ihm so eine Schönheit wie Angelika bloß gönnen? Aber scheinbar stehen die Frauen heutzutage mehr auf die Helden und Abenteurer als auf die reichen, gutaussehende Geschäftsleute. Aber gut, es hilft nichts. Mir bleibt nur noch den beiden alles Gute und eine prächtige Zukunft zu wünschen.“, beendete er seine Ansprache und ein Klatschen folgte. Dylan schritt nun nach vorne und blickte die beiden überrascht an. „Moment, ihr seid verlobt? Wow. Einfach nur… wow.“ Sie musste zugeben, dass ihre Versöhnung mit Luke dagegen abstank. Diese Neuigkeit konnten sie sich für einen anderen Tag aufheben, denn der heutige Abend gebührte allein Evan und Angelika. Letzterer erzählte nun überschwänglich wie Evan, laut ihren Worten zu Kreuze gekrochen war und um ihre Hand angehalten hatte. Dylan freute sich für die beiden und umarmte erst Angelika, dann Evan. Mac trat an die beiden heran und reichte seinem Freund die Hand. Evan nahm sie entgegen und drückte sie kräftig. „Ich weiß noch nicht ob ich dich vermissen werde.“, sagte der Captain grinsend und Evan folgte seinem Beispiel. „Ach komm, du wirst dir die Augen ausheulen ohne mich.“, provozierte er ihn. Dylan starrte ihn perplex an. „Vermissen? Gehst du etwa weg?“, schien sie tatsächlich einiges verpasst zu haben. Mac stieß einen tiefen Seufzer aus und nickte schließlich. „Ja, das schleppe ich schon einige Zeit vor mir her. Ich wollte es euch bereits vor einer Woche sagen, doch dann war da das Chaos mit den humanoiden Raptoren. Aufgrund der Ereignisse in London des letzten Jahres, wurde das Budget des ARCs aufgestockt. Der Prämieminister legt noch mehr wert auf Sicherheit und will die Anzahl der Teams erweitern. Der Leiter des ARCs meint, ich hätte inzwischen genug Erfahrung gesammelt um eines davon zu übernehmen.“, erzählte. Dylan war natürlich baff und ebenso Luke und Donovan, die nun bei ihren Freunden angekommen waren. „Und… du nimmst das Angebot an?“, hakte der Zoologe nach. Mac zögerte nun etwas. „Ganz ehrlich? Ich wollte ablehnen, weil ich dachte, Evan wäre nicht im Stande dieses Team zu führen. Doch inzwischen gebe ich zu… dass ich mich geirrt habe.“, verriet er. „Was hat deine Meinung geändert?“, fragte Dylan interessiert. Mac fuhr sich über den Hinterkopf und rang nach Worten. „Ehrlich gesagt… ihr alle. Ich dachte ich müsste der Leiter des Teams bleiben, um Evan so unter Kontrolle zu halten, doch ich habe begriffen, dass es gar nicht um mich geht. Dieses Team hat vor mir funktioniert und das wird es auch wenn ich wieder weg bin. Ich habe gesehen wie ihr alle für einander einsteht und auch wie Evan alles tun würde um euch zu beschützen. Dieses Team braucht keine zwei Teamleiter, nur starke und einzigartige Charaktere.“, begründete er seine Entscheidung. Donovan trat vor und reichte Mac die Hand. „Ich bin sicher, Sie werden Ihr neues Team genauso gut führen wie dieses hier. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, Captain.“ Mac erwiderte und dankte dem Ex-Major. Im Stillen betete er jedoch dafür, dass er sein neues Team besser unter Kontrolle haben würde als das CPT. Evan gelang es nun irgendwie sich von seinen Freunden und vor allem seiner Verlobten zu lösen und nahm den Platz ein, den kurz zuvor noch Harold innehatte. „OK, ich habe kein Glas und keinen Löffel, aber ich bin sicher ihr schenkt mir auch so Aufmerksamkeit.“, begann er lachend, obwohl er eigentlich recht nervös war. Er räusperte sich, aber alle Ohren waren bereits auf ihn gerichtet. „Wie ihr alle wisst, verlor ich vor 8 Jahren meine Frau. Ein Monster hat sie mir genommen, das direkt durch eine Anomalie kam. Ich tauchte in eine unglaubliche Welt ein, aber auch in eine kalte, gefährliche. Ich habe den heutigen Abend nicht nur einberufen, weil Ange und ich unsere Verlobung kundtun wollten. Ich meine… sie hätte mich immer noch abweisen können, dann hätte ich jetzt dumm dagestanden.“, scherzte er. Alle lachten kurz, bevor er wieder fortfuhr. „Fakt ist, dass ich unglaublich dankbar bin, dass sie immer zu mir gestanden ist. Aber nicht nur ihr möchte ich meinen Dank ausdrücken. Diese Feier heute ist nicht nur für mich, sondern auch für euch. Ohne jeden einzelnen von euch wäre ich heute nicht hier. Ohne Harolds Unterstützung wäre diese Einrichtung, die Ausrüstung und vor allem das Team nicht möglich gewesen. Ohne Tobys Fähigkeiten würde unsere Arbeit wesentlich erschwerter verlaufen und ohne Donovans Erfahrung und militärischem Können wären wir wohl alle schon gefressen worden. Und schließlich Mac, der uns mit besseren Waffen ausgestattet und solange ich weg war, die Stellung gehalten hat. Mac, ich werde dich wirklich vermissen. Und dann Luke, der… na ihr wisst schon. Und nicht zu vergessen Dylan, die von Anfang an dabei war und mit der ich wunderschöne Kurzurlaube in andere Epochen der Erde unternehmen durfte. Es stimmt, ich habe durch meine Tat die Welt gerettet, aber… ich habt dafür mich gerettet. Mein Gott, das klingt total sentimental, bitte vergesst das wieder. Habt… einfach noch einen schönen Abend.“, stieg er wieder vom sprichwörtliche Podest. Luke wirkte etwas eingeschnappt, bis Dylan ihn anstupste. „Hey, niemand weiß dein Wissen und deine Fähigkeiten mehr zu schätzen als Evan. Aber wenn du unbedingt eine Belohnung möchtest… kann ich später dafür sorgen.“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Luke schluckte und versuchte ruhig zu bleiben. Die Feier wurde fortgesetzt, die Brötchen und Desserts verdrückt und Evan und Angelika noch einmal beglückwünscht. Als es beim baldigen Bräutigam zu viel wurde entschuldigte er sich kurz und meinte sich auf die Toilette verziehen zu müssen. Er verließ den Besprechungsraum und trat auf den Gang hinaus. Er atmete tief durch und stützte sich am Geländer ab. Er blickte hinunter zur Kommando-Zentrale und fühlte ein leicht melancholisches Gefühl in sich aufkommen. „Es ist lange her, oder?“, vernahm er plötzlich eine Stimme neben sich und wand seinen Kopf. Er war so in Gedanken gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, wie Dylan sich zu ihm gesellt hatte. Evan musste angesichts der Bemerkung grinsen. „Es fühlt sich schon wie Routine an. Wir spüren diese Anomalien auf, schicken diese Tiere zurück… Wie lange wir das wohl noch machen werden?“, stellte er in Frage. Dylan sah ebenfalls nach unten in den weiten Saal. „Solange wie es nötig sein wird. Irgendwann wird jemand anderes unsere Arbeit fortsetzen, aber solange wird es unsere Aufgabe sein die Menschen vor dieser Gefahr zu beschützen. Und gemeinsam… als Team bin ich sicher, wird uns nichts und niemand aufhalten können.“, stand für sie fest. Evan stimmte ihr zu. Wäre er allein gewesen, wie noch zu Beginn dieser Geschichte, hätte ihm die Zuversicht die er inzwischen ebenfalls hatte definitiv gefehlt. Doch mit seinen Kameraden an seiner Seite, spürte er, dass er alles schaffen konnte. Gemeinsam waren sie in diese Welt eingetaucht, ob freiwillig oder nicht. Doch nun lebten sie in ihr und würden sich ihr entgegenstellen, egal was sie in der Zukunft für sie bereithalten würde. Diese fremdartige und gleichzeitig vertraute… Neue Welt. Kapitel 11: Epilog ------------------ Nick Temple hastete die Stufen nach oben und keuchte als er endlich angelangt war. Ein Blick auf die große Uhr der Universität verriet ihm jedoch, dass er sich nicht länger zu beeilen brauchte. Er bräuchte schon eine Zeitmaschine um noch einen Teil der Vorlesung mitzubekommen. Zerknirscht gab er seine Bemühungen auf und beschloss sich das nächste Mal zu entschuldigen. Jeder konnte mal der Zeit hinterherhinken, das machte Leute wie ihn erst menschlich. Nick hoffte, dass diese Ausrede auch gegenüber dem Dozenten ihren Zweck erfüllt. Aber höchstwahrscheinlich nicht. Nick schritt ruhig den Park vor dem Campus entlang und beschloss sich etwas auszuruhen, nachdem er so lange gerannt war. Sein Lieblingsplatz war eine Parkbank, direkt vor einem Brunnen, vor dem er sich stets entspannen konnte. Er atmete die tiefe, londoner Luft ein und fühlte sich gleich wesentlich besser. Als er noch 3 Schritte von der Parkbank entfernt war, stutzte er. Es hatte bereits jemand seinen Platz besetzt, womit sich Nicks Laune nicht gerade aufhellte. Allerdings war dies hier ein öffentlicher Ort, er konnte die Person darauf also kaum verscheuchen? Sollte er also warten? Nein, das konnte ewig dauern. Sich einen anderen Platz suchen? Auch das wäre unsinnig gewesen. Nick rang sich schließlich dazu durch sich neben der Person niederzulassen, immerhin war die Bank recht lang. Die Person, ein Mann mittleren Alters schien ihm erst keine Aufmerksamkeit zu schenken. Nick musterte ihn prüfend, für einen Studenten war er eindeutig zu alt. Nein, Mimik und Kleidung wiesen ihn zweifelsohne als Professor aus. Nick glaubte jedoch alle Professoren zu kennen und seine Neugier triumphierte. „Verzeihung… unterrichten Sie hier zufällig?“, sprach er den Mann an. Dieser wand sich ihm nun zu und lächelte. „Das habe ich früher einmal. Inzwischen bin ich jedoch im Ruhestand.“, verriet er. Einen derart alten Eindruck machte sein Gegenüber auf Nick zwar nicht, doch dieser akzeptierte die Antwort. „Also… haben Sie die Universität vermisst?“, führte er das Gespräch weiter. Der Professor schnaufte kaum hörbar und wirkte in Gedanken verloren. „Ehrlich gesagt… hatte ich Heimweh. Zuvor war ich an einem recht beeindruckenden Ort, mit toller Aussicht und sogar der Möglichkeit einige Studien anzustellen.“, erzählte er dem Studenten. Für Nick hörte sich dies interessant, umso mehr verstand er nicht, warum der Professor dann hier war? „Und dann kommen Sie ausgerechnet an diesen Ort? Aus Nostalgie?“, hakte er nach. Der Professor lehnte sich weiter zurück und starrte auf das Gebäude ihnen gegenüber. „Es ist mehr als Nostalgie. Es sind… die Menschen. Mein Leben lang habe ich prähistorische Tiere studiert, doch jetzt wo ich am Ende meiner Reise angelangt bin, möchte ich meine restliche Zeit nur noch mit ihnen verbringen und ihnen zusehen. Wissbegierige junge Leute, die ihre Zukunft noch vor sich haben. Ja, das hier ist genau der richtige Ort für mich.“ Nick schluckte. Restliche Zeit? War der Mann neben ihm etwa ernstlich krank? Er wollte bereits nachhacken, entsann sich dann jedoch, dass es ihn überhaupt nichts anging. Der Professor neben ihm mochte genauso seine Gründe haben an diesem Ort zu sein wie Nick selbst. Der junge Student erhob sich und nickte dem Professor zu. Er wünschte ihm noch einen schönen Tag und setzte sich wieder in Bewegung. Er ließ die Parkbank und den Brunnen hinter sich und steuerte auf die Universität zu. Trotz allem blieb ihm der geheimnisvolle Professor noch eine Weile lang in Erinnerung und er konnte sich nicht dagegen wehren sich noch einmal umzudrehen und dem Mann ein letztes Mal in die Augen zu blicken. Langsam und beinahe in Zeitlupe wand sich Nick und sah zu der Bank, die noch vor wenigen Sekunden von dem Professor benutzt wurde, der sich so freute sein Zuhause endlich wieder zu sehen. Doch die Parkbank war leer, als hätte dort nie jemand gesessen. Es war fast so… als hätte sich die Zeit entschieden diesen Mann nicht weiter in die Zukunft zu tragen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)